Støeda 22. listopadu 1922

Meine Herren, ich habe im Budgetausschuß eingehend darüber gesprochen, daß die Möglichkeit besteht, sofort das Heer und die Lasten abzubauen. Wir brauchen nur das bestehende Wehrgesetz, das die 14monatige Dienstzeit mit gewissen Übergangsstadien verschreibt, sofort durchzuführen. Wir brauchen nur den Beschluß zu fassen, daß nicht erst 1926, sondern sofort die 14monatige Dienstzeit in Kraft zu treten hat. Wir deutschen Sozialdemokraten werden auch diesbezügliche Anträge unterbreiten.

Und nun, meine Herren, gestatten Sie mir kurz, da ich im Budgetausschuß nicht die Möglichkeit hatte, dem Herrn Minister für nationale Verteidigung auf seine Rede, mit der er meine Ausführungen beantwortet hat, zu antworten, dies hier zu tun. Ich habe an den Herrn Minister für nationale Verteidigung im Budgetausschuß die Anfrage gestellt, wo die Einnahmen bei den Militärstrafgerichten hinkommen; im verflossenen Jahre sind an Strafbeträgen viele Hunderttausende Kronen erlegt worden. Der Herr Minister für nationale Verteidigung meinte nun, daß diese Beträge einem Invalidenfond zugeführt worden sind. Wir sind einmal schon so neugierige Leute, das liegt in unserer politischen Anschauung, und wollen wissen, was für Invalidenfond das ist. Denn, soweit wir informiert sind, sind die Unterstützungsbeträge der Invaliden gesetzlich festgelegt und werden für diese Unterstützungsbeträge budgetmäßige Anforderungen gestellt.

Bei der Gelegenheit möchte ich auch auf die dringende Notwendigkeit der Reform der Militärstrafprozeßordnung hinweisen. Der Minister für nationale Verteidigung weiß ja ganz gut, daß im alten Österreich es gerade die Abgeordneten der èechischen Nation gewesen sind, die dringend die Reform der Militärstrafprozeßordnung gefordert haben. Der Herr Minister für nationale Verteidigung wurde von mir gefragt, wann die Nationalversammlung endlich dazu kommen wird, Ausgaben für die Mobilisierung budgetmäßig zu erledigen. Der Herr Minister für nationale Verteidigung meinte, die für die Mobilisierung ausgegebenen Beträge seien durch Ersparnisse gedeckt worden, und hat selbst eine Summe von 100 Millionen Kronen genannt. Herr Minister, hier stinkt etwas! Denn laut dem uns bekanntgegebenen Material wurden Bestellungen in der Höhe von 557 Millionen gemacht, Stornierungen in der Höhe von 237 Millionen Kronen, sodaß de facto 310 Millionen Kronen ausgegeben worden sind. Hundert Millionen Kronen sind an geblich durch Ersparnisse gedeckt, bleiben also noch immer 200 Millionen Kronen, über die wir dringende Aufklärung er bitten. Der Herr Minister für nationale Verteidigung hat meine sachliche Kritik an den unsachlichen Voraussetzungen der französischen Mission zum Erzieher unserer Soldaten damit abzutun zu können geglaubt, daß er sagt, ein Deutscher hat halt ein ganz anderes Bestreben als er. Meine Herren! Er hat das darauf zurückgeführt, daß wir Deutsche alle durch die Bank nur aus Gehässigkeit über die französische Mission so urteilen. Die Antwort des Herrn Ministers für nationale Verteidigung war überhaupt, wie man in Preußen zu pflegen sagt, etwas schnoddrig. Ich will dem Herrn Minister für nationale Vertei digung zur Kenntnis bringen, was mir wortwörtlich ein gewissenhafter hoher èechoslovakischer Offizier schreibt: "Die Ausbildung" - so schreibt der Offizier "die wir durch die Marokkaner" - so nennt man in militärischen Kreisen allgemein die französischen Offiziere (Výkøiky: Hört! Hört!) - "bekommen, ist unzweifelhaft sehr gut. Doch paßt sie leider nicht für uns Èechoslovaken, sondern für Senegalneger, für die Sie uns betrachten." Und wenn es noch eines weiteren Beweises bedurfte, wie ungeeignet die französichen Offiziere zur Ausbildung der èechoslovakischen Soldaten sind, so genügt der kleine Hinweis in Mähr.-Weißkirchen, wo man innerhalb eines Jahres drei Kommandanten gehabt hat, darunter einen, der alles, was ihm in die Quer gekommen ist, geohrfeigt hat, auch wenn es Offiziere gewesen sind. (Výkøik: Reden die auch èechisch?) Nein! Sie können sich gar nicht mit denen, die sie ausbilden, verständlich machen. Nun nachdem man uns nicht glaubt und uns der Gehässigkeit zieht, will ich einige unbeeinflußte und unverdächtige èechische Zeugen anführen. Vor allem möchte ich auf das Urteil der Kollegen Hummelhans und Špatný gelegentlich der letzten Budgetdebatte 1921 über die französische Mission hinweisen. Das Urteil dieser beiden Kollegen deckt sich wortwörtlich mit dem meinigen, nur daß die Kollegen damals wahrscheinlich nicht Gelegenheit hatten, die sachlichen Qualitäten der französischen Offiziere zum Erzieher prüfen können. Aber ich habe noch ganz andere Quellen. Die "Tribuna", der man gewiß nicht vorwerfen kann, daß sie besonders deutschfreundlich ist oder daß sie aus Gehässigkeit über die französische Mission so urteilt, schrieb vor kurzem: Wir vertreten den Standpunkt, daß die Tätigkeit der französischen Offiziere bei uns sich auf rein militärische Angelegenheiten beschränken soll. Hingegen haben sie sich in Fragen der Erziehung nicht einzumengen, weil dieses Lehramt die Kenntnis der nationalen Tradition und des nationalen Charakters erfordert, der ihnen fremd ist. Schon vor dem Kriege war Frankreich ein äußerst bürokratisches Volk, zumindest so bürokratisch, wie es das alte Österreich war. (Hört! Hört!) Während des Krieges ist der Bürokratismus dort noch größer geworden. Von den Franzosen können wir eine moderne Administrative nicht lernen. Ich könnte das Urteil durch eine ähnliche Notiz, die durch die "Lidové Noviny" gegangen ist, ergänzen, es wird darin aber nichts wesentlicn anderes gesagt. Tatsache ist, daß durch die Anwesenheit der französischen Mission der Geist der Überhebung des Eigendünkels unter den Offizieren gestiegen ist, daß sich wie im alten Österreich und Deutschland und heute in Frankreich der auf Kastenherrschaft dringende Kastengeist, eine der kriegsgefährlichsten Erscheinungen, bei uns breit macht. Tatsache ist, das kann nicht geleugnet werden, und der Minister für nationale Verteidigung konnte im Budgetausschuß nichts anderes sagen, als daß es ihm leid tut, daß ich nicht bemerken kann, daß er sich im Ministerium doch einen Respekt verschafft hat. Tatsache istt, daß der Einfluß der Demokratie, der Einfluß der Volksvertretung, der Einfluß des Ministers in der Heeresverwaltung gleich Null ist. Und wenn der Herr Minister noch so böse über diese Konstatierung ist, ich kann mir nicht helfen, ich komme angesichts der vorliegenden Tatsachen zu keinem anderen Resultate.

Wir haben eine Reihe von Interpellationen eingebracht und Sie wissen, daß Interpellationen binnen zwei Monaten beantwortet sein sollen, diese sind bis heute jedoch nicht beantwortet. Es haben Interpellationen eingebracht: die Senatoren Löw, Dr. Heller über unmenschliche Behandlung der an der ungarischen Grenze stationierten Soldaten, die Abgeordneten Pohl, Jokl, Blatný über skandalöse Zustände beim Infanterieregimente 23 in Preßburg, Hackenberg, Jokl, Häusler über Zustände beim 12. leichten Infanterieregiment in Ungvar, die Senatoren Stark, Friedrich betreffend ein auf dem Schußfeld in Staab ums Leben gekommene Kind, die Abgeordneten Kaufmann, Jokl, Heeger wegen unbefugtes Scharfschießen auf öffentlichen Wegen, die Senatoren dr. Heller, Link über gewerbliches Spielen der Musikkapellen, Dr. Heller, Perthen über Schadenersatz für die durch èechoslovakisches Militär in der deutschen gewerblichen Fortbildungsschule in Aussig angerichteten Schäden. Keine Antwort, dazu eine Reihe von Interventionen im kleinen Verkehr mit den Ministerien, wie ich sie nennen will. Wir haben Institutionen der Reserveoffiziere, wir haben keine Bestimmung im Gesetz, die diese Institution der Reserveoffiziere gesetzlich festlegt. Wir haben das Einjährigenrecht abgeschafft. Die alten österreichischen Bestimmungen können also nicht mehr angewendet werden, und trotzdem haben wir die Institution der Reserveoffiziere. Wir haben vor einem halben Jahre im Wehrausschuß einen Beschluß gefaßt, das Ministerium habe sofort bekannt zu geben, wie es sich zur Verwirklichung meiner Forderungen stellt, die Abschaffung der sogenannten Krankenlöhnung, daß der kranke Soldat nur die halbe Löhnung bekommt, und die Abschaffung des Entzuges von Geld- und Rauchgebühren als Disziplinarstrafe. Bis heute warten wir im Wehrausschuß auf diesen Bericht. Die Mitglieder des Wehrausschußes hatten die Absicht diese Dinge gegen den Willen der Militärorgane aufzuheben, weil das unerhörte dieser Einrichtungen anerkannt worden ist. Es war ein Beschluß des Hauses, u. zw. eine Resolution, die vor einem halben Jahr angenommen wurde, daß dem Haus eine ausführliche Regierungsvorlage betreffend alle Fragen militärischer Einquartierung unterbreitet werden solle. Bis heute haben wir das nicht. Im § 97 der Durchführungsverordnung des Wehrgesetzes ist die Bestimmung, daß den Mitgliedern der Turnvereine bei der Ableistung der Waffenübungen Begünstigungen zu gewähren sind. Bis heute haben wir keine nähere Weisung wie diese Begünstigungen gedacht sind und gewährt werden. Vor einem Jahr hat man uns versprochen, einen Entwurf für ein neues Unterhaltsbeitragsgesetz dem Hause zu unterbreiten, und bis heute haben wir es noch nicht. Wir haben im Ausschuß ein Gesetz für die Überprüfung der Ausgaben bei der Mobilisierung gefordert, der Ausschuß kann aber nicht arbeiten, weil ihm das entsprechende Material nicht unterbreitet wird.

Und noch eins: Wiederholt haben wir im Wehrausschuß die Vorlage eines neuen Dienstreglements gefordert. Der Generalinspektor für das Heer, der mehr bekannte Dichter als Militär Machar, hat uns die Zusage gegeben, er wird uns im Wehrausschuß einen Entwurf des neuen Dienstreglements zur Begutachtung unterbreiten. Plötzlich lesen wir in den Zeitungen, daß das neue Dienstreglement provisorisch in Kraft gesetzt worden ist. (Posl. Hirsch: Das österreichische!) Es sieht ganz österreichisch aus vor Fehlern, vor Unklarheiten. Es ist mir ja nur möglich, nur kurz darüber zu reden, weil wir uns infolge des Umstandes, daß das Dienstreglement nur in èechischer Sprache erschienen ist, bisher keine genaue Kenntnis davon verschaffen könnten. Aber soviel konnten wir feststellen, daß das, was wir gefordert haben, ein modernes Beschwerderecht der Soldaten, Vertrauensmänner für die Soldaten, daß dies in dem Dienstreglement nicht verwirklicht ist. Aber etwas anderes ist darin, ein Widerspruch zwischen dem Dienstreglement und der Praxis der Militärverwaltung. Es wurde im Budgetausschuß darauf hingewiesen und berichtet, daß bei einzelnen Truppenkörpern Koffervisiten vorkommen, daß es verboten ist, wenn Soldaten bestimmte Zeitschriften, kommunistische, lesen, daß aber einzelne Organe natürlich, weil ihnen der Unterschied zwischen den kommunistischen und den sozialistischen nicht recht klar ist, auch auf sozialistische Zeitungen übergreifen. Nun, heißt es in dem Dienstreglement ausdrücklich im § 53: Der Militärdienst verlangt von einem Angehörigen der bewaffneten Macht keine Änderung seiner nationalen, religiösen und politischen Überzeugung; das steht im Dienstreglement und in demselben Atemzug erklärt der Herr Minister für nationale Verteidigung das Vorgehen einzelner Organe gegen die kommunistische Soldaten für vollständig berechtigt und unterstreicht dasselbe noch. Wo wird gelogen und was glaubt man durch ein derartiges, das Vertrauen zur Autorität des Vorgesetzten untergrabendes Vorgehen erreichen zu können?

Meine Herren, aber etwas anderes hat das Dienstreglement. Es hat einen Punkt "Fest- und Ehrenbezeugungen". In diesem Punkte heißt es: Falls eine Militärabteilung einen Priester mit der Monstranze begegnet, ist die Ehrenzeugung zu leisten, der die Abteilung führende Offizier muß solange salutieren, bis der Priester vorübergegangen ist. Diese Ehrenbezeugungen werden sonst nur dann geleistet, wenn die Staatshymne gespiel wird; nicht einmal, wenn der Präsident vorübergeht, wird diese Ehrenbezeugung geleistet, die hier im Dienstreglement für den Priester der römisch-katholischen Konfession vorgeschrieben ist. Es darf uns daher nicht wundern, wenn das Garnisonskommando von Groß-Prag einen Befehl herausgegeben hat, wornach Soldaten der katholischen Konfession an dem Kirchengang teilzunehmen haben. Sowie im alten Österreich haben sich Säbel und Weihwedel zu einer Ehe zusammengefunden, von der nichts anderes als eine Mißgeburt herauskommen kann. Es ist jedes Reden zwecklos über die Militärverwaltung, denn der Generalstab kommandiert und der Herr Minister und die Volksvertretung haben nach seinem Kommando zu tanzen und die Glieder zu bewegen. Es ist ja den Herren selbst einmal unfreiwillig dieses Geständnis herausgerutscht, als man zum ersten Mal über das Gesetz der Gewährung von Begünstigungen an Familienerhalter im Wehrausschuß beraten hat. Da sagte jemand, ich glaube, es war der Referent, es geht nicht an, die in der Vorlage vorgesehenen Begünstigungen weiter auszudehnen, denn der Generalstab gibt seine Zustimmung nicht und man hat dem Generalstab nur diese geringen Konzessionen abringen müssen. Ob Sie es waren, Herr Kollege Bradáè, weiß ich nicht, aber die Äußerung ist gefallen. Das war das Geständnis, daß hier in diesem Staate niemand etwas zu reden hat in militärischen Dingen, sondern der Generalstab, die Kamarilla des alten Österreich nur in anderer Ausgabe, in allen militärischen Dingen die Entscheidung zu treffen hat.

Meine Herren, wie es mit der Mannschaft bei uns aussieht, haben Ihnen gezeigt zum Teil die Titel der Interpellationen. Der Minister für Nationalverteidigung, riesig schneidig, hat die Offiziere, die am 28. Oktober in Preßburg nicht den Staatsfeiertag gefeiert haben, zur Verantwortung gezogen. Es würde uns interessieren zu hören, wie er den Offizier zur Verantwortung gezogen hat, der wider Recht und Gesetz sich erfrecht hat, einen Soldaten anbinden zu lassen. Das würde uns interessieren, ob hier dieselbe Schneidigkeit am Platz war, oder ob der Mann vielleicht noch auf eine andere Dienststelle hinaufbefördert worden ist. Das wenig demokratische, das sich in unsere Heeresoragnisation herübergerettet hat - ich will nicht sagen, aus besserer Vergangenheit - die Menagekommissionen, die aber während des Krieges für die Soldaten eine große Bedeutung gehabt haben, weil sie die Soldaten schützten vor den Diebereien zu gunsten der Offiziersmessen, diese sind aufgelöst worden. Aber der èechoslovakische Militarismus hat einen Vorzug gegenüber dem Militarismus, den Heeresorganisationen in den anderen Staaten und dieser Vorzug liegt darin, daß wir über eine staatliche Anzahl von Toten und Krüppeln aus den Friedensverhältnissen hinweisen können. Ich erinnere daran, was sich, als im Jahre, ich glaube es war 1911 oder 1910, in Pola das große Unglück bei Schießversuchen geschehen ist, das infolge Springen eines Rohres ein Soldat getötet und 2 zu Krüppeln verwundet worden sind, im ganzen Österreich zugetragen hat. Im Parlament wurde tagelang darüber gesprochen und die Militärverwaltung konnte nicht genug beteuern, daß sie alles tun werde, um dieses Unglück so klein als möglich zu machen. Wie sieht das bei uns aus in Bezug auf Unglücksfälle, auf Schießplätzen bei Schießübungen u. s. w. Ich habe mir die Mühe genommen, eine kleine Statistik auf zustellen, vonderartigen Unfällen im Laufe des letzten Jahres oder 1 1/2 Jahre. Ich will nun kurz mitteilen: In der Mährisch Weißkirchner Akademie durch Granat zündschlag zwei Zöglinge tot; Millowitz, Unglücksfall bei Handgranatenwerfen ein Zugsführer tot; Prerau Artillerieschieß übungen, Explosion eines Schrapnells, 1 Zivilist tot, 2 schwer verwundet, 3 Soldaten leicht verwundet; Obermostenitz, Explosion eines Geschützes beim Laden, 1 Soldat schwer verwundet; Obermostenitz, Fund eines Blindgängers, Explosion, 1 vierzehn jähriger Junge zerrissen, tot; Neudörfel bei Freudenthal, Fund eines Blindgängers" Explosion, 1 Mann tot, einer schwer verwundet; Blumenau bei Freudenthal, Abla den von Alteisen, darunter war ein Granat zünder, der explodierte, 1 Zivilist tot. Znaim: von einem Maschinengewehr bei Schießübungen 3 Soldaten verletzt an den Füß en, Pilsen: Explosion eines Blindgängers, ein Knabe schwer verletzt. Staab: Fund einer Handgranate, ein 14jähriger Knabe tot, Eger: Fund von Handgrana ten durch Kinder, drei Kinder schwer ver letzt, Navsi: Fund von Handgranaten, zwei junge Leute schwer verletzt, Navsi: Handgranatenübung, ein Soldat tot, ein Soldat verletzt, Freiwaldau: ein Knabe tot, der auf dem Exerzierfelde auf einen Blind gänger getreten ist, Neutitschein: bei dem Auffahren eines Geschützes ein Mann er drückt. Eine kleine Blütenlese der Opfer des Militarismus im Frieden. Es hat in der Vergangenheit keine Periode gegeben, wo unter gleichen Verhältnissen so viele Opfer gefallen wären. Und dabei das Tragische, daß sich das Ministerium für nationale Verteidigung weigert, die Opfer materieller Natur, die die Anverwandten der Opfer zu bringen hatten, zu vergüten, zu ersetzen. Besonders tragisch ist der Unfall eines Sol daten auf dem Exerzierfelde in Navsi. Der Soldat sieht einen Blindgänger liegen. Be wußt des Unglückes, das geschehen kann, nimmt er ihn und will ihn wegschleudern, damit nicht ein Zivilist auf ihn tritt. Die Granate krepiert, dem Soldaten werden sämtliche Finger weggerissen. Er kommt vor die Superarbitrierungskommission und die erklärt, er sei das Opfer eigener Ver schuldung geworden. In der Vergangenheit hat man das Lied vom braven Mann ge dichtet. Der brave Mann hat sein Leben eingesetzt, daß nicht Zivilpersonen zu grunde gehen, und er bekommt dann nicht einmal den Bettel der Invalidenrente. Wir haben vom Herrn Minister gefordert, daß die Angehörigen der Opfer des Militaris mus entschädigt werden. Er hat erklärt, dem Ministerium für nationale Verteidigung stehen keine Mittel zu diesem Zwecke zur Verfügung. Das ist eine Unwahrheit. Im Budget ist eine Reihe von Posten, die die Entschädigung der Angehörigen der Opfer ermöglichen. Ich verweise nur auf die Post "Unvorhergesehene Auslagen" und "andere Verwendungen". Aber es ist eine Post direkt dazu bestimmt, solchen Ersatz zahlen zu können. Im Budget des Herrn Ministers für nationale Verteidigung ist auf Seite 20 unter dem Titel 1 eine Post von 180.000 K eingestellt unter dem Titel "Für Unterstützungen und Ersätze". Ich glaube, einig zu sein mit dem ganzen Hause, wenn ich die Forderung aufstelle, daß das Ministerium für nationale Verteidigung die einfache menschliche Pflicht nachhole und die Angehörigen der Opfer, die so schrecklich ums Leben gekommen sind, aus diesem Titel unterstützt.

Ein sehr dankbares Kapitel wäre auch eine gründliche Besprechung der vor genommenen Korruptionsfälle, die ja nur eine Ausgeburt, eine Folgeerscheinung der heutigen militärischen Organisation sind. Ich will nur ganz kurz einen Fingerzeig geben, wo diese vorgekommen sind und wann sie aufgedeckt wurden. So haben die "Lidové Noviny" einmal eine sehr aus führliche Darstellung über die Unhaltbarkeit der Vergebung der Heu- und Strohlieferungen an die Zentrokooperativa gebracht. Die Radiostation am Laurenziberg wurde erweitert, hiefür ein Betrag von 11 Mill. K bewilligt, die Lieferung bekam eine französische Firma, die sie sofort an die "Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft" in Berlin weitergegeben hat. (Hört! Hört!) Ein Hauptmann K. des Brünner Zeughauses hat sich aus ärarischen Mitteln in militärischen Objekten und mit ärarischen Arbeitskräften eine komplette Werkstätte eingerichtet. Es wurde eine Pulvererzeugungsgesellschaft gegründet, die den Verkauf des Pulvers an private und an Militärbehörden durchführt. Es ist charakteristisch, daß die meisten Herrn dieser Gesellschaft zugleich Beamte der Abteilung 23 des Ministeriums für nationale Verteidigung sind. Man hat sich entschlossen, die Messingpatronenhülsen nicht in eigener Regie zu erzeugen, sondern sie an eine Privatfirma weiterzugeben. Betreiber dieses Beschlusses war der Oberstauditor Weinerek, und die Lieferung der Messingpatronenhülsen hat eine Gesellschaft bekommen, an deren Spitze der Schwiegervater des Weinerek steht. Wie es mit der Druckerei des Ministeriums für nationale Verteidigung aussieht, hat ein berufener Fachmann in Druckereiangelegenheiten, der Koll. Hummelhans, im Wehrausschuß ausführlich dargestellt. Im übrigen hat sich auch das "Právo Lidu" in anerkennungswerter Weise wiederholt mit diesem Drama beschäftigt.

Recht interessant ist auch das Kapitel der militärischen Wirtschaftsbetriebe. Die Rechnungslegung und Budgetierung der Wirtschaftsbetriebe zeichnet sich dadurch aus, daß sich darin kein Mensch auskennt. Ich will nur ein Beispiel anführen, der landwirtschaftliche Betrieb des Ministerium für nationale Verteidigung umfaßt 3111 ha und hat einen Reingewinn von 600.000 K. Ich bin kein hervorragender Landwirt, aber daß von einem Grundbesitz von 3000 ha ein Reingewinn von 600.000 K meiner Meinung nach etwas zu niedrig ist, werden Sie wohl zugeben. Ich wiederhole die Frage, die ich im Budgetausschuß an den Herrn Minister vergebens gerichtete habe. Er hat mir keine Antwort gegeben. Als in der alten Revolutionsnationalversammlung im März 1920 das Wehrgesetz beschlossen wurde, hat man auch gleichzeitig eine Resolution angenommen, welche den Weg weisen sollte, wie die Wirtschaft der Militärbetriebe eingerichtet werden soll. Es wurde damals unter dem ungeheuren Beifall der Revolutionsnationalversammlung folgender Beschluß angenommen: Das Ministerium für nationale Verteidigung wird beauftragt, sich bei den weiteren Arbeiten von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen: "Die ganze Wirtschaft des Ministeriums für nationale Verteidigung wird einer Kontrolle von Organen unterstellt, an deren Spitze eine Zivilperson steht, welcher alle fachlichen Kräfte, sowohl militärische als auch zivile, unterstellt sind. Das Kontrollorgan ist verpflichtet, zu seinen Arbeiten je nach Notwendigkeit als Experten Personen aus Zivilkreisen, Vertreter der Industrie des Handels, des Gewerbes der Arbeiterschaft und der Landwirtschaft beizuziehen. Die Wirtschaftsgruppe des politischen Präsidiums des Ministeriums für nationale Verteidigung wird deshalb im Sinne dieser Grundsätze so erweitert, daß sie diese Aufgaben übernehmen und durchführen kann." Diese Resolution sagt uns, daß schon die Revolutionsnationalversammlung zur Wirtschaftsführung des Militarismus und der neuzuerrichtenden Heeresorganisation kein Vertrauen gehabt hat. Und um sich zu sichern, um das Gewissen zu beruhigen, hat man einen Kurator bestimmt für diese Unternehmungen des Ministerium für nationale Verteidigung. Ich frage nochmals wie im Budgetauschuß: Wer ist dieser Kontrollor? Wer ist dieser Vormund für die Wirtschaftsunternehmungen dieses Ministeriums? Damit man uns nicht mit Ausflüchten kommen kann, haben wir den Antrag gestellt, daß diese Institution, die die vorhergehende Nationalversammlung beschlossen hat, auch durchgeführt wird.

Aber nicht nur ir sind es, die Kritik an der heutigen Heeresorganisation üben. Wenn der Minister für nationale Verteidigung mir, so indirekt, vorgeworfen und gemeint hat - er hat das so umschrieben gesagt - daß wir Deutsche nur das Bestreben haben, die Heeresorganisation des Staates zu schwächen und den Ausbau des Heeres zu hindern, so kann ich ihm sagen, daß es auch Kreise der èechischen Bevölkerung sind, die genau so denken und handeln wie wir. Da erschien jüngst im "Èeské Slovo" ein Artikel. Ich will ihn nicht vorlesen, sondern nur das wichtigste zur Kenntnis bringen. Da heißt es unter anderem: Das ist nicht mehr die Armee, von der wir nach dem Umsturze geträumt haben. Langsam, unauffällig kehrt in sie der alte Geist zurück? Mit jedem Tag mehren sich die Erscheinungen, welche zeigen, daß der Militarismus doch nicht so definitiv tot ist, wie viele geglaubt haben. Wir haben eine Reihe von Fällen zu verzeichnen, wovon einige wirklich empörend sind. Die Aufklärung kam uns zu spät, und im letzten Falle, als es sich überhaupt um das Anbinden eines Soldaten gehandelt hat, nicht zu. Es ist dies eine gefährliche Politik, die schon unter Minister Husák begonnen, hat, scheinbar das Ministerium zum mächtigen Verteidiger hat, als daß sie sich ändern könnte." Schließlich fungiert die Zensur. Dieselbe wird so gehandhabt, wie es der österreichische Zensor tat. Auch das "Èeské Slovo" sagt dasselbe, was ich in meinen Ausführungen gesagt habe, daß die Einflußlosigkeit des Ministers für nationale Verteidigung gegenwärtig eine weit größere ist, als sie bei irgendeinem Minister in der Vergangenheit war.

Der Herr Kollege Hummelhans hat im Budgetausschuß sehr gründlich an einzelne Einrichtungen unserer Heeresorganisation Kritik geübt. Es war für mich gestern eine schmerzliche Enttäuschung zu hören, oder besser gesagt, nicht zu hören, daß er dasselbe nicht wiederholt hatte. Dagegen hat er in gründlicher Weise uns einen Vortrag über die Möglichkeit der Einführung der Miliz gehalten. Ich unterschreibe jedes Wort, das Kollege Hummelhans diesbezüglich gesagt hat. Es deckt sich ja mit meinen Ausführungen im Budgetausschuß, wo ich schon darauf hingewiesen habe, daß es nicht wahr ist, daß die Einführung der Miliz teuerer zu stehen käme, wie die gegenwärtige Heeresorganisation, daß wir ein Beispiel haben, nach dem wir unsere Miliz organisieren können, nämlich die Miliz der Schweiz. Aber wenn ich an die Worte des Kollegen Hummelhans anknüpfe und dann aus einem anderen Grunde. Aus dem Grunde, um ihm meine Neugierde mitzuteilen zuhören, wenn der Tag kommen wird, wo sich die èechischen Sozialdemokraten ernstlich aufraffen und versuchen werden, ihre Theorien in die Praxis umzusetzen. Dazu wäre es die höchste Zeit und da lassen Sie mich schließen mit dem, was unser alter Freund Nìmec - nur schweren Herzens sehe ich ihn in dieser Gesellschaft - am 12. Dezember 1912 im alten österreichischen Abgeordnetenhause gesagt hat: "Meine Herren! Es ist selbstverständlich, daß wir diese Vorlage nicht votieren, weil wir auf dem Standpunkt stehen: für den heutigen Militarismus keinen Groschen und keinen Mann. Es ist auch selbstverständlich, daß wir gerade in dieser Zeit den leitenden Kreisen ihre Pflicht ins Gedächtnis rufen und, wenn sie erklären, sie müssen die Militärmacht stärken, weil dies das Interesse des Reiches verlangt, darauf hinweisen, daß sie in erster Linie die wirtschaftlichen Verhältnisse sanieren müssen, denn dort liegt die Kraft der gesamten Bevölkerung dieses Staates. Sie können uns mit einem ganzen Wald von Bajonetten und Geschützen umgeben, wenn die Bevölkerung nichts zu essen haben wird, wenn sie un zufrieden sein wird, dann bricht das alles zusammen. Sie sehen ja, meine Herren, wie es der Türkei ergangen ist. Warum ist die Türkei zusammengebrochen? Sie ist zusammengebrochen, weil sie ent wicklungsunfähig war, sie ist zusammen gebrochen, weil sie auch die Entwicklung der anderen gehindert hat und deswegen hat sie keinen Platz mehr unter den Balkanvölkern gefunden." Wort für Wort, das Kollege Nìmec im Jahre 1912 im österreichischen Parlamente ausgesprochen hat, trifft für uns heute zu. Wir haben wichtigere Sorgen als die Ausgestaltung des Militarismus, wir haben die wirtschaftlichen Verhältnisse zu sanieren, der Bevölkerung Not und Elend, drohende Sorgen von ihrem Haupte zu nehmen. (Souhlas a potlesk na levici.)

3. Øeè posl dr. Luschky (viz str. 823 tìsnopisecké zprávy):

Sehr geehrte Herren! Freudestrahlend wurde von jener Seite, welche dem Regie rungssystem nahesteht, beziehungsweise politisch oder geschäftlich daran interes siert ist, verkündet, daß das Defizit des kommenden Jahres nur 565 Mill. K im Hauptvoranschlag betragen wird gegen über 788 Mill. K im letzten Jahre. Geradezu entzückend, so wie es die Freude gewisser Regierungszeitungen verkündet hat, ist dieses Ergebnis des Voranschlages sicher lich nicht; denn als voriges Jahr um diese Zeit der Voranschlag verhandelt wurde, stand die èechishe Krone in Zürich, als dem stabilen Wertmesser der Valuta, auf 5 Francs für 100 èechische Kronen; heute steht sie über 17, so daß man die dreifache Geldwertung der èechischen Krone heute feststellen kann, daß demnach ein Defizit von nur 565 Mill. K, nach dieser Berech nung im Vergleich zum Vorjahr zirka 1700 Mill. K ausmacht; also ist tatsächlich das Defizit dieses Jahres, im internationalen Geldwert der èechischen Krone aus gedrückt, gegenüber dem Vorjahre mehr als doppelt so groß. Aber, meine Herren, die Ursachen dieses Defizits liegen sehr dieses Staates, dort liegt auch die Kraft tief und es ist sicher schon eine besondere Kunst gewesen, daß der ursprüngliche Fehlbetrag von 6 Milliarden, wie man hörte, auf den Betrag von 565 Mill. gebracht wurde, natürlich auf Kosten jener Bedürfnisse, welche uns als Vertreter des deutschen Volkes insbesondere betreffen. (Posl. dr. Kafka: Es werden schon Nachtragskredite kommen!) Das ist ja nur der Hauptvoranschlag.


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