Støeda 22. listopadu 1922

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 171. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve støedu dne 22. listopadu 1922.

1. Øeè posl. Windirsche (viz str. 779 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Als Mitglied des Budget ausschusses möchte ich hier im Plenum meine Empfindung dahin unterstreichen, daß in der Art der Beratung des Budgets nichts anderes zu erblicken ist, als eine bloße Scheinbehandlung. Wir haben durch wegs die Empfindung - und nicht nur die Mitglieder der Opposition, sondern auch die Vertreter der Koalitionsparteien - daß die zur Verfügung stehende Zeit eine viel zu kurze ist.

Man ist ja nicht einmal imstande, innerhalb der zur Verfügung stehenden wenigen Stunden die 24 Kapitel, die man eingehändigt bekommt, nur durchzublättern, viel weniger zu studieren. Dazu kommt aber noch, daß von mancher Seite gefordert wird, es solle im Budgetausschuß nicht nur eine Überprüfung des Staatsvoranschlages stattfinden, sondern daß sogar noch gefordert wird, auch im Budgetausschuß des Paralements die Voranschläge der einzelnen Länder zu überprüfen. Diejenigen, die eine solche Meinung aussprechen, glauben gewiß nicht im Ernst daran, daß eine der artige Arbeit überhaupt durchführbar ist.

Vom Budget haben wir die Empfindung, daß durch dasselbe der steuerzahlenden Be völkerung im Staate ungeheuere Lasten auferlegt werden. Und wenn wir die Ziffer des für das laufende Jahr 1922 gültigen Budgets mit jenen für das nächste Jahr vv ergleichen, so finden wir wohl, den Kronen nach betrachtet, eine Übereinstimmung, wenn wir jedoch die Kurssteigerung der èechoslovakischen Krone im Auslande zugrunde legen, müssen wir hervorheben, daß durch das Budget für das künftige Jahr eine gewaltige Überspannung der Forderungen stattfindet. Es ist deshalb kein Wunder, daß die Bevölkerung mit sehr gemischten Gefühlen die an sie gestellten unheimlichen Forderungen aufnimmt, wenn man dabei noch die drückende Wirtschaftskrise, in der wir uns befinden, mit berücksichtigt. Es herrscht darum besondere Besorgnis auch in den deutschen Gebieten dieses Staates, wo infolge der Steuer- und Finanzpolitik gerade die deutsche Industrie zum Sterben verurteilt ist und momentan mit dem Tode ringt. Es ist deswegen auch kein Wunder, wenn man von deutscher Seite an dieser Gebahrung berechtigte Kritik übt. Derartige kritische Äußerungen jedoch gleich als Illoyalität oder sogar unter Umständen als Hochverrat zu bezeichnen, ist selbstverständlich etwas, was vielleicht nur mit der sehr empfindsamen Seele des èechischen Volkes erklärlich ist. Wie merkwürdig im übrigen die Auffassungen gerade über Hochverrat oder Verrat sind, darüber kann ich Ihnen hier einen bildlichen Beweis geben und ich zeige hier die Ilustrierte Beilage der "Prager Presse" vom 28. Oktober d. J. Ich bitte, sich auf Seite 2 dieser bildlichen Beilage die Abbildungen anzusehen und Sie werden sehen, was man unter Verrat oder Hochverrat zu verstehen hat. Sie werden mir ersparen, daß ich im Zusammenhange damit Namen nenne, und ich möchte deswegen nur die Aufmerksamkeit der Mehrheitsparteien dieses Hauses, die immer so sehr an den Deutschen zu kritisieren haben, auf diese bildlichen Darstellungen lenken.

Wir von deutscher Seite fordern doch nichts anderes, als die Möglichkeit der Entfaltung unseres völkischen Lebens auf dem von uns besiedelten und gleichzeitig angestammten Boden, wir wollen nichts weiter. Wieweit wir jedoch von dieser Entfaltung unseres Lebens entfernt sind, dafür haben wir Beweise in den verschiedenen Maßnahmen, die besonders gegen die deutsche Bevölkerung in diesem Staate gerichtet sind. Ich will mich nicht in Wiederholungen ergehen, in Dingen, die hier bereits ausgeführt wurden. Ich möchte bloß im Zusammenhange damit ein einziges Moment hervorheben, u. zw. die sogenannte Tafelpolitik. Fährt man heute durch die Orte Deutschböhmens, so ist man der Meinung, als ob Deutschböhmen neu firmiert worden sei. Wir sehen in allen Orten neue Ortstafeln; diese Ortstafeln hören aber in dem Moment auf, wo man die Sprachgrenze überschreitet und in das èechische Gebiet hereinkommt. Erst jetzt, wo man diese neuen Einrichtungen sieht, bekommt man einen so ungefähren Begriff von der wirklichen Größe Deutschböhmens. Es ist selbstverständlich, daß durch die Anbringung dieser Tafeln die Gemeinden mit neuen unnützen Ausgaben belastet sind und es ist das deswegen hervorzuheben, weil selbst manche Namen, die man als staatsoffizielle angebracht hat, in der späteren Zeit wiederholt eine Abänderung erfahren haben. Zum Beweis bringe ich nur eine einzige Ortsbezeichnung aus dem Bezirke Reichenberg, u. zw. von der Gemeinde Radl, die ursprünglich den Namen Kolo bekam und jetzt den Namen Radlo erhalten hat. Wenn man mit Rücksicht auf diese Unklarheiten, die noch immer bestehen, gleich die Tafeln anbringt, so ist es dann kein Wunder, wenn man endlich auf die richtige staatsoffizielle Bezeichnung gekommen ist und der Gemeinde neuerdings aufgetragen hat, den zuletzt richtiggestellten Namen anzubringen, daß sich die Gemeinde gegen derartige Aufträge überhaupt wehrt. Wenn wir ins èechische Gebiet, hereinkommen, so treffen wir durchwegs nur alte Tafeln. Die èechischen Gemeinden wehren sich mit Recht dagegen, sie erklären, daß es nicht nottut, für diese Tafeln neue Ausgaben zu machen; die Gemeinden sind oft schon genügend belastet und infolgedessen finden sie in diesen Aufträgen eine rein unbillige Angelegenheit. Damit im Zusammenhang kommt mir eine Erinnerung an den Wirkungskreis eines Ihren Patrioten, u. zw. des Abgeordneten Dürich, der seinerzeit Bezirksobmann in Münchengrätz gewesen ist. Ich erinnere mich, daß schon in der Vorkriegszeit gerade im Bereich dieses Mannes die Tafeln in den Orten durchwegs in den großslavischen Farben prangten, und es ist nun ganz merkwürdig, daß zur damaligen Zeit niemand einen Anstoß an der Anbringung oder dem Vorhandensein dieser Tafeln genommen hat.

Daß die jetzt in Schwang befindliche Tafelpolitik ganz merkwürdige Blüten zeigt, dafür kann ich Ihnen als Beleg die Gemeinde Oberrosenthal bei Reichenberg anführen. Dort befindet sich ein Bevölkerungsverhältnis von 1 : 1, d. h. die Zahl der Èechen ist ebenso groß, wie die Zahl der Deutschen. Infolge der Resignation des dortigen Bürgermeisters ist die Amtsführung auf den èechischen Bürgermeisterstellvertreter, einen den bürgerlichen Parteien angehörigen Mann übergegangen. Die Gemeinde hat nun im Sinne der geltenden Bestimmungen die Verpflichtung, doppelsprachige Straßentafeln anzubringen, nachdem der Anteil der èechischen Bevölkerung über 20 % hinausreicht. Was tut nun dieser èechische Bürgermeisterstellvertreter? Trotzdem der Auftrag an die Gemeinde ergangen ist, weigert sich nicht nur er, sondern es weigern sich auch die übrigen Èechen, den amtlichen Auftrag zu erfüllen, und sie begründen dies damit, daß der Gemeinde oder vielmehr den in der Gemeinde befindlichen Steuerzahlern nicht zugemutet werden kann, für diese Luxus angelegenheit eine Ausgabe von 30.000 Kronen zu machen.

Wie liberal man dagegen wiederum im reindeutschen Gebiet, besonders auf reichs deutschem Boden, gegenüber den Bestrebungen der anderssprachigen Nationen ist - und da will ich die èechische Nation mit einbeziehen - dafür haben wir einen Beweis in einer kurzen Zeitungsnotiz, die in der "Národní Politika" am 15. d. M. erschienen ist. Dort war unter der Spitzmarna ke "Èeský hostinec v Berlínì" ein Hinweis darauf eingeschaltet, daß jene Èechen, die Berlin besuchen, die Möglichkeit haben, förmlich auf heimatlichem Boden zu ruhen, in einem èechischen Gasthaus, mit einer èechischen Aufschrift in Berlin-Neukölln. Wenn in Berlin etwas derartiges zugelassen wird, so ist darin eine gewisse Großzügigkeit zu erblicken, aber diese Großzügigkeit sollten auch Sie in Ihrem Prag bekunden, wo man aber mit der größten Aufmerksamkeit darüber wacht, daß ja nirgendwo eine deutsche Aufschrift erscheint. Französische, italienische, englische Aufschriften, die findet man in Genüge, aber Aufschriften in der Sprache jenes Volkes, das in diesem Staate einen so großen Bevölkerungsanteil stellt, sind nicht zu sehen.

Wiesehr sich Ihre Verfügungen im übrigen in das Wolkenlose verrennen, dafür ist auch das Vorgehen der staatlichen Polizeidirektion in Reichenberg ein Beleg. Wenn die dortige staatliche Polizeidirektion irgendwie etwas zu verlautbaren hat - und bekanntlich ist ja der Bevölkerungsanteil im Reichenberger Polizeirayon, soweit der èechische in Betracht kommt, immer noch unter 20% - wenn also diese staatliche Polizeidirektion zur Bevölkerung spricht, kennt sie die deutsche Sprache nicht, sondern affichiert einfach alle Verlautbarungen nur einsprachig èechisch. (Posl. dr. Luschka: Umso besser, man braucht sich nicht dran zu halten!) Das mag vielleicht für diegenigen, die man sucht, die mit dem Strafgesetz in Konflikt geraten, eine gute Sache sein, daß sie durch Nichtkenntnis der deutschen Sprache bei der Polizeidirektion gewissermaßen einen Schutz erhalten. Wenn jedoch recherchiert werden soll und man Verbrecher finden will, ist es doch eine Vorbedingung, daß man zumindest doch auch jene Sprache gebraucht, die bei dem überwiegenden Teil der Bevölkerung in der Gegendgang und gäbe ist.

Was nun den Staatsvoranschlag für 1923 betrifft, merkt man in ihm von der Tendenz des Sparens sehr wenig. Ich erinnere daran, daß die großen Anforderungen, die das Budget für das Jahr 1922 gestellt hatte, dazu geführt haben, daß man eine Ersparungskommission eingeführt hat. Diese Kommission ist jedoch sehr bald auf ein totes Geleise gelangt, weil sie sich in einer Frage, die das im Staate allmächtige Bodenamt betrifft, festgerannt hat. Wir Mitglieder der Ersparungskommission haben aber sehr bald die Überzeugung gewinnen können, daß die Sparmaßnahmen, die man durchführen will, möglicherweise und vielleicht ausschließlich auf Kosten der Deutschen gehen sollen. So erinnere ich mich an eine Sitzung anfangs März dieses Jahres, wo Verzeichnisse verteilt wurden, aus denen ersichtlich war, daß im Betriebe des Staatsbahnen 25.000 Angestellte zuviel sind. Darüber brauchen wir uns wohl nicht des längeren zu unterhalten, da tatsächlich auch der Laie den Eindruck gewinnt, wenn er so auf der Eisenbahn durch das Land fährt, daß es bei der Bahn sehr viele Leute gibt, die als überflüssig bezeichnet werden könnten. Aber wenn es zur Restringierung der vorhandenen Personen kommen soll, dann besteht die Befürchtung, daß die Kosten dieser Restringierung die Deutschen zu tragen haben werden.

Im heurigen Budget ist eine Sonderung zwischen persönlichen und sachlichen Aufwendungen im Staatshaushalt durchgeführt. Auf diese Art und Weise will man nun einen Überblick gewinnen, wie groß die Personalaufwendungen sind, und will weiters dadurch eine Möglichkeit gewinnen, die Personalaufwendungen einzuschränken. Wir fürchten aber, wie erwähnt, daß die Kosten die Deutschen zu tragen haben werden. Dazu haben Sie ein famoses Mittel in der Qualifikation geschaffen, wobei in erster Linie jene Qualifikation in Betracht kommt, die sich auf die Kenntnis der einseitg dekretierten Staatssprache bezieht. Es wird keine Rücksicht genommen auf die fachliche Qualifikation, keine Rücksicht auf die Kenntnisse, die sich der Beamte vielleicht im Dienste erworben hat, es wird vielmehr in allererster Linie und hauptsächlich untersucht, ob der Beamte der èechoslovakischen Staatssprache mächtig ist. Daß tatsächlich mit Rücksicht auf die nationale Zugehörigkeit schon Sonderungen stattfinden, das können wir einem Aufsatz entnehmen, der kürzlich in der Zeitschrift "Der deutsche Staatsangestellte" erschienen ist. Darin wird geklagt, daß anläßlich der letzten Beförderung von Kanzleioffizialen der zehnten Rangsklasse zu Adjunkten der neunten Rangsklasse alle Beamten, welche deutsch als Muttersprache angegeben hatten, über gangen wurden. Trotz sehr guter Qualifikation und tadelloser Amtsführung ist so nach schon die deutsche Volkszugehörigkeit ein Hindernis für die Erlangung höherer Stellen. Man nimmt überhaupt nicht einmal mehr Rücksicht darauf, ob die Beamtenschaft der Staatssprache mächtig ist, sondern erblickt schon in der Volks zugehörigkeit den Grund, der am Aufstieg, respektive an der Beförderung hindert.

Wir sind gewiß der Überzeugung, daß gespart werden soll, aber wenn gespart werden muß, dann wünschen wir eine Einschränkung der ganz unproduktiven Ausgaben, zu denen wir die Ausgaben für das Heereswesen, für das Militär rechnen, ferner auch Einschränkung der Überweisungen aus staatlichen Mitteln an die Selbstverwaltungskörper, die durch eine mitunter sinnlos verschwenderische Gebarung notwendig geworden sind. Ersparungen können weiter erzielt werden durch Aufhebung von Luxusministerien, wie z. B. des Ernährungsministeriums, für das, nach unsrem Dafürhalten, kein Bedarf mehr vorhanden ist. Eine Ersparung läßt sich ferner erzielen durch die Vereinigung des Wirkungskreises der Ministerien für Volksgesundheit und für soziale Fürsorge; hier greifen Arbeiten und Ziele ineinander, die sich gegenseitig ergänzen und deshalb keinesfalls der Tätigkeit zweier Ministerien anvertraut sein sollen.

Der einfache, schlichte auf weitestgehende Ökonomie gerichtete Sinn des Landwirtes nicht nur unter den Deutschen, sondern auch unter den Èechen, vermag es nicht zu fassen, daß Milliarden von Beträgen unbedingt verwirtschaftet werden müssen. Von banger Sorge erfüllt ist das Herz der landwirtschaftlichen Bevölkerung, wenn sie auf der einen Seite die leichtsinnige Gebarung mit den in Form von Steuergeldern dem Volke abgerungenen Mitteln bemerkt und auf der anderen Seite feststellen muß, daß die Steuerforderungen dieses Staates nicht mehr erfüllt werden können. Was die Landwirtschaft betrifft, so ist ihre Sorge gewiß gerechtfertigt und man braucht nur zu diesem Zweck den ganz eminenten Preissturz zu betrachten, dem die landwirtschaftlichen Produkte ausgesetzt sind und der in der Zeit vom 1. Dezember 1921 bis 31. Oktober 1922 bei Weizen 65%, Korn 72%, Gerste 67%, Hafer 73%, Kartoffeln 85%, Milch 60% beträgt. Dazu kommt noch der Ernteausfall, der vom staatlichen statistischen Amt selbst, und zwar in den vier Getreidehauptarten mit einem Manko von 6,700.000 Mztr. Getreide beziffert wird. Das ist gewiß ein ganz gewaltiger Verlust. Man hat aus diesem Verluste herausgerechnet, daß durch die Verwertung der heurigen Ernte die Landwirte nicht einmal im Stande sind, die Bestellungskosten auch nur für das Frühjahr 1922 hereinzubringen. Diejenigen, die volkswirtschaftlich zu denken vermögen, können sich leicht darüber klar werden, welche Benachteiligung nicht allein der Landwirtschaft, sondern der gesamten Volkswirtschaft des Staates daraus erwächst.

Trotzdem die Landwirtschaft in ihrer Erwerbsfähigkeit so sehr gesunken ist, fordert man auf der anderen Seite neben den laufenden Steuern die Abstattung der Vermögensabgabe und die Vermögenszuwachsabgabe. Es ist eine natürliche Sache, daß gerade gegen diese Abgaben sich lautester Widerstand erhebt. Besonders gehaßt und besonders energisch abgelehnt wird die Zahlung der Vermögenszuwachsabgabe, und zwar deshalb, weil die Landwirte- nicht einsehen können, wieso die Finanzverwaltung, bezw. die seinerzeitigen Gesetzesmacher dazu gekommen sind, überhaupt für landwirtschaftliche Objekte, d. h. für landwirtschaftliche Kapitalsbestandteile, einen Vermögenszuwachs festzusetzen. Die landwirtschaftlichen Liegenschaften sind kein Spekulationsobjekt. Heute besteht schon die Gewißheit, daß die laufenden Einnahmen in der Landwirtschaft nicht einmal mehr hinreichen, die laufenden Steuern zu decken. Und nun kommt noch dazu die unheimliche Forderung des Staates, daß neben den laufenden Steuern auch noch die Vermögens abgabe und die Vermögenszuwachssteuer bezahlt werden soll! Ich glaube, es ist wohl kein unbilliges Verlangen, wenn hier neuerdings die Forderung ausgesprochen wird, daß das hohe Haus, nachdem das Budget verabschiedet sein wird, sich als eine der dringendsten Aufgaben eine entsprechende Novellierung der Bestimmungen über die Vermögensabgabe und die Vermögenszuwachsabgabe vor Augen zu halten haben wird.

Im übrigen hat die Landwirtschaft ja noch andere Gründe, gegen diese Abgaben zu sein, weil schon bei der Bewertung der einzelnen Kapitalsbestandteile die Finanz verwaltung aus rein fiskalischen Gründen vollständig einseitig vorgegangen ist. Die gleichen Ablehnungsgründe hat wohl auch die Industrie, die aber immerhin gegenüber der Landwirtschaft insofern eine Bevorzugung erfahren hat, als man im Vereinbarungswege mit ihr doch verschiedene Bewertungsmaßstäbe festgesetzt hat. Die Landwirte sind aber auch deshalb gegen diese Abgaben, weil sie durch Schätzungskommissionen veranlagt und beschlossen werden, in denen die Landwirte nur zu einem sehr geringen Teile oder überhaupt nicht vertreten sind. Und da möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf einige deutschen Bezirke lenken. Ich nenne nur deutsche, weiß aber, daß auch èechische Kollegen über die gleiche Benachteiligung schon geklagt haben. Ich nenne die deutschen Bezirke Gablonz, Grulich, Deutsch-Gabel, Manetin, Braunau, Dux, Mies, Friedland, Falkenau, Elbogen, Rumburg, wo die Landwirte teils überhaupt nichts, teils nur unzulänglich in diesen Kommissionen vertreten sind. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. Hruban.)

Bei dieser Gelegenheit will ich heute schon, und zwar vom Standpunkte der Landwirtschaft Ihre Aufmerksamkeit mit auf die Umsatz teuer lenken, die allerdings für landwirtschaftliche Betriebe bis zu einem Ausmaß von 50 ha für das verflossene Jahr pauschaliert war. Wir haben in der Art der Pauschalierung, wie sie in Gültigkeit gesetzt wurde, eine Benachteiligung der Landwirte unserer Randgebiete erblickt, und zwar deswegen, weil für die Berechnung der Pauschale als Unterlagen die hohen Katastralreinerträgnisse dienen mußten, die seinerzeit in diesen Randgebieten festgesetzt wurden. Deswegen würde ich schon heute die Anregung geben, daß man, wenn man für das laufende Jahr 1922 die damit zusammenhängenden Beratungen pflegt, für die Gebirgsgegenden entsprechende perzentuelle Abschläge von den Katastralreinerträgen als zulässig erklärt. Wir sind selbstverständlich auch von landwirtschaftlicher Seite gegen die weitere Beibehaltung der Kriegszuschläge, weil wir deren Berechtigung auch nicht mehr einzusehen vermögen. Als Sie im Vorjahre die bezüglichen Gesetze für die Jahre 1922 und 1923 beschlossen haben, waren wir damals noch inmitten einer verhältnismäßig guten Konjunktur. Die Verhältnisse haben sich aber seither gründlich geändert und deswegen wäre es nur recht und billig, wenn man möglichst bald darangehen würde, auch diese Art der ungerechtesten Besteuerung mitabzubauen und zu beheben.

Es ist wohl selbstverständlich, daß wir, da wir von deutscher und insbesondere von landwirtschaftlicher Seite in der Zusammenstellung des Budgets keine entsprechende Berücksichtigung erfahren haben, gegen den Staatsvoranschlag überhaupt sein müssen. (Potlesk na levici.)

2. Øeè posl. Jokla (viz str. 809 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Als am 15. Mai 1919 Österreich über Befehl der Entente entwaffnet wurde, da war es der englische Staatsmann Lloyd George, welcher die Forderung aufstellte, auch alle übrigen Staaten hätten eine gewisse Abrüstung vorzunehmen. Es wurde ein Komitee von Fachleuten eingesetzt und dieses Komitee hat den Voranschlag ausgearbeitet, daß Polen ein Heer von 44.000 Mann, Rumänien von 28.000 Mann, Jugoslavien von 20.000 Mann, Ungarn 18.000 Mann und der Èechoslovakei ein Heer von 22.000 Mann einzuräumen sei. Leider ist über diesen Vorschlag der Fachleute keine Einigung zustande gekommen, man hat es den kleinen Staaten überlassen, nach ihrem eigenen Gutdünken eine Armee aufzustellen, und die Folge davon ist, daß sie weit größere Armeen aufstellten, als ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechen würde, so daß sie durchwegs unter dieser ungeheuren Heereslast furchtbar zu leiden haben. Es wurde wiederholt, insbesondere von England, der Versuch gemacht, die Abrüstung einzuleiten, doch jeder Versuch war vergebens. Wir müssen konstatieren, daß es stets die Vertreter der Èechoslovakei waren, die sich gegen den Gedanken einer Abrüstung des Heeres gestellt haben. Von der letzten Völkerbundtagung wurde bekannt, daß sich Lloyd George mit dem Gedanken trage, eine Konvention wegen der Durchführung der Abrüstung ins Leben zu rufen. Kaum war dieser Plan Lloyd Georges der Öffentlichkeit bekannt, richtete unser Minister des Äußeren Dr. Beneš an Lloyd George ein Schreiben, in dem es u. a. heißt: "In der Konvention soll vermieden werden, von der Abrüstung zu sprechen. Die Konvention soll auf den Art. 8 des Völkerbundvertrages Bezug nehmen, der die Begrenzung der Rüstungen als wünschenswert bezeichnet." Als dann kurz vor Zusammentritt der letzten Völkerbundtagung das Generalsekretariat des Völkerbundes die einzelnen Staaten darauf aufmerksam machte, daß es wünschenswert wäre und einer Resolution des Völkerbundes entspräche, daß die Ausgaben für Militär im laufenden Jahr nicht größer sein sollen, als im verflossenen Jahr, gab der Herr Minister des Äußeren Dr. Beneš folgende Antwort: "Das Militärbudget befindet sich also auf dem besten Wege zu dem Ziele, wie es die zweite Völkerbundtagung in Aussicht genommen hat, d. h. daß es schließlich mit einem Betrag festgesetzt wird, der dem Minimum der Bedürfnisse entspricht. Es muß übrigens in Rechnung gestellt werden, daß die Èechoslovakische Republik am Beginne ihrer Existenz absolut nichts vorgefundenhat, was sie zur Organisation ihrer nationalen Verteidigung hätte verwenden können." Meine Herren, da müssen wir vor allem doch feststellen, daß da einbißchen Übertreibung mitgespielt hat, denn es ist Tatsache, daß nach dem Zusammenbruche alle Magazine voll gewesen sind; ich verweise da insbesondere auf die ungeheuren Vorräte, die im Militärmagazin in Brünn gewesen sind. Freilich, wohin sie gekommen sind, das ist eine Frage, die bis heute trotz wiederholten neugierigen Nachfragen nicht beantwortet worden ist. Wir haben für den Militarismus innerhalb 5 Jahren von 1918 bis 1923 nicht weniger als 12 Milliarden ausgegeben, eine ungeheure Summe; es kann sich leicht jeder selbst ein Bild machen, für welche weit wichtigere, weit nützlichere Dinge nicht nur für unsere Volkswirtschaft, sondern auch für diesen jungen Staat diese Summen hätten verwendet werden können. Es ist eine Tatsache, die wir auch zugestehen wollen, daß heuer das Budget des Ministeriums für nationale Verteidigung ziffermäßig geringer ist als im Vorjahr. Im Jahre 1922 hatten wir ein Budget von rund 3118 Millionen Kronen, im Jahre 1923 ein solches von 2775 Millionen Kronen, so daß eine Minderforderung von 417 Millionen Kronen vorhanden ist. Das ist aber die Summe ohne Investitionen. Wir haben außerdem im Jahre 1922 für Kasernenbauten 168 Millionen K, im Jahre 1923 170 Millionen Kronen vorgesehen. Die Regierung und die offiziöse Presse konnte sich nicht genug darin tun, die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, daß nun mit der Abrüstung begonnen wurde, daß die Ausgaben für den Militarismus gesunken sind. Die Tatsache aber ist, daß diese Herabminderung der Ausgaben für den Militarismus ein aufgelegter Bluff ist, nichts anderes ist als eine Augenauswischerei der Öffentlichkeit, von der man annimmt, daß diese nicht die Möglichkeit hat, über den wirklichen Sachbestand sich informieren zu können. Um diesen Bluff aufzudecken, muß man nachforschen, aus welchen Summen sich die angeblich ersparten 417 Millionen Kronen zusammensetzen. Und da kommen wir vor allem auf den Betrag von 39.1 Millionen Kronen, der durch die 5%igen Interkalarzinsen bei den Löhnen und bei der Gagenzahlung erspart wurde. Die zweite Post in der Höhe von 252 1/2 Millionen Kronen, die höchste Ersparnis, ist auf den Rückgang der Preise für alle Verpflegsartikel zurückzuführen. Schließlich haben wir noch den Betrag von 84.7 Millionen Kronen, der 1922 für die Nachkriegszeit vorgesehen war, insgesamamt also 375.7 Millionen Kronen Ersparnis, an denen die Militärverwaltung ganz unschuldig ist. Diese Ersparnis ist nichts anderes als ein Ereignis der Zeit, eine Folge der Zeit, so daß eigentlich nur ein effektives Ersparnis von 42 Millionen Kronen vorhanden ist. In Wirklichkeit haben sich die Rüstungsausgaben, hat sich die Rüstung selbst nicht vermindert, sondern eine Steigerung erfahren, weil effektiv nachweisbar ist, daß für Rüstungszwecke heuer mehr Beträge eingestellt worden sind, als es im Vorjahr der Fall war, daß aber andererseits infolge der Wertsteigerung unserer Valuta größere Quantitäten angeschafft werden konnten, als das früher der Fall gewesen ist. Wir haben also eine absolute und eine relative Steigerung der Rüstungen.

Ich will Sie nicht viel mit Ziffern belästigen, nur ein paar wenige möchte ich vorbringen. Eine Gegenüberstellung der Ausgaben für 1922 und für 1923 zeigt folgendes: 1922 wurden für Pferde 30 Mill. Kronen verausgabt, 1923 54 Mill. Kronen, für Flugwesen 1922 105 Mill. Kronen, 1923 130 Mill. K, für Telephon und Telegraph 1922 14 Mill. Kronen, 1923 8 Mill. Kronen. Eisenbahnen: 1922 8 Millionen Kronen, 1923 18 Mill. K. Automobile: 1922 75 Mill. Kronen, 1923 80 Mill. K, Munition: 1922 43 Mill. K, 1923 53 Mill. Kronen.

Selbst dort, wo keine nominelle Steigerung der Ausgaben vorhanden ist, sind die Summen ungeheuer groß. So geben wir für die Artillerie und Handfeuerwaffen noch immer 535 Mill. K aus, darunter für Panzerautos, für Gasmasken, für Handgranaten und Gewehrgeschosse nicht weniger als 132 Mill. K gegen 17 Mill. K im Vorjahr aus. Das ist die Abrüstung, wie sie die Èechoslovakei durchführt, wie man sie der Öffentlichkeit glaubt einreden zu können. Dabei müssen wir im Auge behalten, daß das eine Schraube ohne Ende ist, die sich von Jahr zu Jahr immer wiederholt. Denn die Posten, die für diese Zwecke im Budget eingesetzt sind, sind ja nur Ratenzahlungen. Erste, zweite, dritte, und ich weiß nicht wieviel Raten noch nachkommen, mit einem Wort: ein Schrecken ohne Ende.

Ein solcher Schrecken ohne Ende scheinen auch die neuen Ausgabeposten für die Manöver zu sein. 1922 wurden dafür 40 Mill. K ausgegeben, für 1923 hat man 52 Mill. K ins Budget eingesetzt. Wer einen Einblick in die Dinge hat, wer vom Militärwesen nur etwas versteht, weiß, daß die ganzen Manöver hinausgeworfenes Geld sind. Ich habe schon im Budgetausschuß ausführlich über diese Dinge gesprochen und darauf aufmerksam gemacht, daß die Manöver eigentlich das Unglück eines jeden Heeres sind. Die Soldaten, die im Herbst 1914 und im Frühjahr 1915 in den Krieg gegangen sind und die manövermäßig gedrillt waren, sind vom Kriegsschauplatz weggefegt wor den, sind durchgängig die Opfer des Krieges geworden, weil sie der Meinung waren, man könne manövermäßig eine Schlacht gewinnen. Im übrigen wissen wir auch, daß die Augaben für Manöver nicht den Soldaten zugute kommen, sondern daß dar an hauptsächlich die diversen Ausgaben für Repräsentationspflichten, die zahlreichen Manöverkiebitze, die auswärtigen gelade nen Gäste partizipieren und daß diese den größten Teil der ausgegebenen Summen verschlingen.

Meine Herren! Ich habe Ihnen ein Bild von der Abrüstung in der Èechoslovakei gegeben. Ich will Ihnen, um dieses Bild noch besser auszuarbeiten, mitteilen, wie ernst andere Staaten die Frage der Abrüstung in Angriff genommen und durch geführt haben. England vor allem hat im letzten Budget die Ausgaben seiner Wehr macht um 79 Mill. Pfund Sterling redu ziert, das sind rund 1100 Mill. èechische Kronen. Der gesamte Heeresstand der britischen Truppen beträgt 152.836 Mann. Die englische Regierung hat den Heeresstand um 48.000 Mann herabgesetzt. In Dänemark wurde die Rekrutenzahl von 11.500 auf 6.700 Mann herabgesetzt, die Militär ausgaben von 65 Mill. K auf 43 1/2 Mill. K. Rumänien verzeichnet eine Herabsetzung des Heeresstandes von 150.000 Mann auf 125.000 Mann. Japan hat den Beschluß gefaßt innerhalb von 10 Jahren das Heer um 56.000 Mann und um 13.000 Pferde ab zubauen, die Dienstzeit um 3 Monate. Frankreich hat die Dienstzeit auf 18 Monate herabgesetzt. Und bei uns? Wir haben einen Heeresstand so hoch wie die Vereinigten Staaten von Nordamerika, jedoch sind dort 100 Mill. Menschen, während wir nur 14 Mill. Menschen haben, aber den glei chen Heeresstand von 150.000 Mann. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. Hruban.)


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