Nun gestatten Sie mir ein ganz
kurzes offenes Wort zum Schluß. (Posl. dr. Hnídek: Pane doktore,
to by nebyla suverenita státu, jak vy to øíkáte, a my jsme suverénním
státem, než aby nás nìkdo poruèníkoval v této otázce!) Aber
wenn man sich einigt, warum sollte es nicht sein? Es handelt sich
mir ja nur um ein Urteil. Wenn man sich einigt, ist es kein Eingriff
in die Souverenität. (Posl. dr. Hnídek: O té suverenitì budu
ještì mluvit! - Výkøiky.)
Místopøedseda Buøíval (zvoní):
Prosím pana posl. dr. Kafku, aby pokraèoval.
Posl. dr. Kafka (pokraèuje):
Meine sehr verehrten Herren! Auf diese Seite des Minoritätenproblems
aufmerksam zu machen, darauf aufmerksam zu machen, daß es ein
Staatsproblem ist, das ist unser Recht, aber nicht unsere Pflicht.
Unsere Pflicht ist in erster Linie, das Problem der Minoritäten
aufzufassen als ein Problem der Selbsterhaltung. Und da lassen
Sie mich Ihnen ganz offen sagen: In unseren Reihen gibt es Gegensätze,
in unseren Reihen gibt es Parteien, und auch zwischendurch Gegensätze
verschiedener Art. Wir wollen es nicht leugnen: Es gibt Meinungsverschiedenheiten
darüber, ob es möglich ist, in diesem Staate überhaupt für uns
ein Ziel zu erreichen. Es gibt Meinungsverschiedenheiten über
die Wahl der Mittel. Wir wollen das nicht verhehlen und wenn wir
es auch wollten, Sie wissen es ohnedies. Aber eines möchte ich
Ihnen sagen: Machen Sie sich nicht durch diese Meinungsverschiedenheiten
ein falsches Bild. Soweit es sich um die Abwehr von Bedrückungen
handelt, soweit es sich darum handelt, daß wir unser Recht hier
erkämpfen, daß wir unsere nationale Ehre nicht preisgeben, daß
wir für das nationale - Leben, für die nationale Entwicklung dieser
und der künftigen Generationen kämpfen, soweit gibt es in unseren
Reihen keinen Zwiespalt und keine Zwietracht. (Potlesk na levici.)
Soweit, meine Herren, diese Bedrückung in Frage kommt, gegen
die wir uns zu wehren haben, soweit besteht einmütig wie
bisher der entschiedene Wille zur Abwehr um jeden Preis und mit
allen Mitteln und diesen Willen zur Abwehr werden wir einmütig
wahren und einmütig organisieren, im kleinsten Dorf, in der größten
Stadt, durch alle Schichten, durch alle Klassen, durch alle Parteien.
(Potlesk na levici.)
Meine Damen und Herren! Obwohl es sonst üblich ist, bei der Generaldebatte über den Staatsvoranschlag eine allgemeine Rede über die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Staate zu halten, sehe ich ab, diesem Beispiele, das uns die Debatten in anderen Staaten und auch früher hier gegeben haben, zu folgen, da die gegenwärtige Beratung des Staatsvoranschlages wohlkeinen Anreiz zu einer allgemeinen Besprechung der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in diesem Staate gibt und weil wir erst vor kurzen hier eine große politische Debatte abgeführt haben. Als am Eröffnungstage des Parlaments die neuen Minister hier aufmarschierten, haben drei dieser Minister, der Ministerpräsident, der Finanzminister und der Minister des Äußern, der frühere Ministerpräsident, Exposes gehalten, sie haben Regierungserklärungen abgegeben, und diesen Regierungserklärungen ist eine ziemlich ausführliche Debatte gefolgt. In dieser Debatte hatte der Redner unserer Partei die Möglichkeit, in ziemlich ausführlicher Weise einerseits zu den Regierungserklärungen Stellung zu nehmen, andererseits auch unsere Stellungnahme zu kennzeichen gegenüber der Regierung selbst und gegenüber der Koalition, die durch diese Regierung verkörpert ist. Wir haben bei dieser Gelegenheit aber auch gleichzeitig eine Debatte über unseren Dringlichkeitsantrag betreffend die Wirtschaftskrise und die Forderungen, die wir zur Linderung dieser Wirtschaftskrise aufstellten, abgeführt. Nicht nur bei dieser Gelegenheit, sondern auch kurz vor Beginn dieser Debatte hatten wir die Möglichkeit, zur Wirtschaftskrise Stellung zu nehmen, denn es stand zur Beratung eine Regierungsvorlage, betreffend einen 100 Millionenkredit für die Arbeitslosenversicheung, und auch bei diesem Antrag war es selbstverständlich, daß von einem Vertreter unserer Partei unseren Forderungen bezüglich Behebung und Milderung der Wirtschaftskrise Ausdruck verliehen wurde. Aus allen diesen Erwägungen heraus ist es jetzt nicht notwendig, sich mit diesen allgemeinen Fragen im Verlaufe der Budgetdebatte zu beschäftigen, sondern vielleicht zeckdienlicher, wenn wir die Aufmerksamkeit wieder zurücklenken auf den Gegenstand, der gegenwärtig zur Beratung steht.
Ich kann trotzdem nicht umhin, mit enigen Worten oder einigen Sätzen auf die allgemeine politische Debatte zurückzukommen, welche wir bei der Eröffnung der Session im Hause abgeführt haben.
Ich möchte mit einigen Worten auf die Ausführungen unseres èechischen Parteigenossen, beziehungsweise Genossen Dr. Meissner, der der èechischen Bruderpartei angehört, zurückkommen, der gegen die Ausführungen unserer Redners, unseres Parteivorsitzenden Dr. Czech polimisierte. Er hat damals in seiner Rede, mit der ich mich natürlich in ihrer Gänze nicht beschäftigen kann, sondern von der ich nur einen Satz herausgreife, an uns die Einladung ergehen lassen, einerseits mitzuwirken und alles zu unternehmen, was zur Stärkung des Einflusses der sozialistischen Parteien innerhalb der Regierung notwendig ist, andererseits in diesem Staate für die Arbeiterklasse mehr zu erzielen, als es bisher möglich war. Genosse Meissner hat es zwar unterlassen, in seiner Rede auf die Fragen Antwort zu geben, die von Seite unserer Redner an die èechische Bruderpartei gestellt worden sind, er hat es auch unterlassen, festzustellen, inwiefern er sich ein Zusammenarbeiten vorstellt, inwiefern ein solches Zusammenarbeiten möglich wer den soll. Unser Redner in der politischen Debatte hat klar und unzweideutig aus einandergesetzt, wie es möglich wäre, daß die Gruppen des Staates und die Vertre tungen der Bevölkerung des Staates, welche zusammengehören, auch zusam menkommen könnten, in klarer und unzweideutiger Weise auseinandergesetzt, wie notwendig es sei, alles was uns trennt, zu beseitigen. Und nun haben wir vor kurzem in diesem Hause einen Antrag ein gebracht, von dem wir nicht wollten, daß er nur als gewöhnlicher geschäftsord nungsmäßig zu behandelnder Antrag auf Einsetzung eines Ausschusses gewertet werde, sondern von welchem wir schon wollten, daß bei dieser Gelegenheit auch der Aufgabenkreis dieses Ausschusses durch eine Willenskundgebung der gesetz gebenden Körperschaft festgesetzt werde. Wir hätten uns entsprechend der Bestim mung des § 21 der Geschäftsordnung da mit begnügen können, einen gewöhnlichen Antrag auf Einsetzung eines Ausschusses zu stellen, und Sie hätten selbstverstädlich die Möglichkeit geh abt, so wie Sie es auch nachher getan haben, diesen Antrag ab zulehnen. Aber wir wollten, daß bei dieser Gelegenheit auch gleich festgestellt werde, daß es sich um keinen solchen gewöhnli chem Antrag auf Einse zung eines Ausschusses handelt, sondern daß der Ausschuss eine wichtige Funktion zu ver richten hätte. Aber Sie haben sich hinter die Geschäftsordnung verschanzt, die Sie selbst gemacht haben, die Sie dieser gesetzgebenden Körperschaft noch vor ihrer Schaffung aufoktroiert haben. Sie haben gesagt, eine Abstimmung über einen sol chen Antrag sei nicht zulässig und es sei ein überflüssiges Bemühen gewesen, eine solch große Anzahl von Unterschriften zu sammeln, um im dringlichen Wege über die uns so wichtig scheinende Frage be raten zu können. Sie haben den Stand punkt vertreten, daß nach der Geschäftsordnung dieses Hauses die vom Hause ein gesetzten Ausschüsse sich lediglich mit der Beratung der Regierungsvorlagen oder mit der Beratung von Initiativanträgen zu beschäftigen haben, und daß es nicht angehe, einen Ausschuss eizusetzen, der über diesen Rahmen hinausgeht, selbst irgendeinen Initiativantrag ausarbeitet oder eine solche Aufgabe erfüllt, wie wir sie dem Ausschuß zuweisen wollten. Und da richte ich nun den Appell nur an jene, die wirklich bestrebt sind, eine Änderung der Verhältnisse in diesem Staate herbeizuführen, durch welche ein Zusammenarbeiten der Angehörigen der Klasse ermöglicht wird. Glauben Sie ja nicht, daß die Frage, an deren Lösung wir als Angehörige der Arbeiterklasse genau so interessiert sind, wie Sie selbst, auf dem Wege über den Initiativausschuß dieses Hauses gelöst werden wird und gelöst werden kann. Es ist ausgeschlossen, daß durch einen Initiativantrag, mag er von dieser oder jener Seite kommen, eine Lösung herbeigeführt werden kann, das Nationalitätenproblem, beziehungsweise der Streit, der uns voneinander trennt, einer Lösung zugeführt werden kann. Am allerwenigsten ist es möglich, daß Sie verlangen können, daß von Seite der Minderheit ein solcher Initiativantrag gestellt wird, über den erst ein Ausschuß zu beraten hätte. Und wer nun das ehrliche Bestreben hat, Verhältnisse in diesem Staate zu schaffen, durch die ein Zusammengehen der Klassengenossen möglich ist, der hätte auch die Pflicht gehabt, für den Antrag zu stimmen, der nichts anderes bezweckt hat, als diese Ausgleichsmöglichkeit herbeizuführen. Diese Notwendigkeit haben unsere èechischen Parteigenossen, die im Hause mit den übrigen èechischen Mehrheitsparteien gegen unseren Antrag gestimmt haben, im alten Österreich erkannt, aber sie haben hier von der Verbindung, in der sie sich befinden, sich nicht loslösen können, haben, wie gesagt, gegen den Antrag Stellung genommen, gegen ihn gestimmt, und so einen Weg verrammelt, auf dem es möglich wäre, sich doch, mit der Zeit wenigstens, zus ammenzufinden. Deswegen habe ich die Äußerungen des Kollegen Dr. Meissner in der politischen Debatte zitiert, um festzustellen, daß es auf der anderen Seite an dem guten Willen gefehlt hat und fehlt, das herbeizuführen, was im Interesse der Klasse notwendig ist.
Und nun gestatten Sie mir, bevor ich zum eigentlichen Gegenstand übergehe, noch über eine Angelegenheit, die uns in diesem Moment wichtig erscheint, be sprochen zu werden, einige Worte zu verlieren. An der hiesigen deutschen Univer sität spielen sich Vorgänge ab, die wir nicht ruhig hinnehmen können und zu welchen es notwendig ist, auch von dieser Stelle aus einige Worte zu sagen. Die Sozialdemokraten haben den Kampf auch für die Hochschulen bereits im alten Österreich immer mit aller Entschiedenheit geführt. Für die Hochschulen deshalb, weil wir uns sagten, daß diese aus Schulen der Besitzenden in solche des Volkes um gewandelt werden sollen. Es soll der ge samten Bevölkerung, auch den Angehöri gen der arbeitenden Bevölkerung, die Möglichkeit gegeben werden, Hochschul unterricht zu genießen, es sollen die Hochschulen in Schulen für die Massen des Volkes umgewandelt werden.
Wir haben nicht nur diesen Kampf geführt, sondern sind auch stets für die Lehrfreiheit an den Hochschulen eingetreten, mit aller Schärfe, mit allen Mitteln zu jeder Zeit. So wie wir als Angehörige der Arbeiterpartei den Kampf geführt haben für die Hochschule und für die Freiheiten an der Hochschule, so können wir nicht zulassen, daß jetzt an der Hochschule von einem Teile der Schüler gegen die Freiheit in einer Form, wie es gegenwärtig der Fall ist, vorgegangen wird, können nicht zulassen, daß ein Rassenkampf in die Hochschule getragen wird. Es ist selbstverständlich, daß wir die Vorgänge an der deutschen Hochschule mit allen Interesse verfolgen und es ist ebenso selbstvertändlich, daß wir die Angelegenheiten, die sich dort abspielen, nicht als eine Angelegenheit nur der Studentenschaft oder der Professoren betrachten können, sondern es ist schon eine Sache, in die auch wir uns gestatten werden, etwas dreinzureden. Das habe ich zu diesem Vorfall zu sagen und erhebe die warnende Stimme gegenüber denen, die sich erfrechen, in dieser Form einen solchen Kampf in das Getriebe der Hochschulen hineinzutragen.
Nun gestatten Sie mir, daß ich zum eigentlichen Thema, zum Voranschlag übergehe, und da kann ich nicht umhin, vorerst einige formale Fragen zu behandeln. Ich möchte feststellen, daß es nach der Geschäftsordnung des Hauses notwendig ist, daß jede Vorlage, welche in Beratung gezogen wird, dem Hause mindestens 24 Stunden vorher im Druck unterbreitet wird. Als der Voranschlag hier im Hause in Beratung gezogen wurde, hatten wir das Finanzgesetz, das erste Heft desselben, aber keineswegs den gesamten Staatsvoranschlag, mit dem wir uns zu beschäftigen haben, den wir zu überprüfen haben, der mit einem Worte Gegenstand der Beratung bildet, in der Hand. Auch als die Vorlage dem Ausschusse zugewiesen und der Ausschuss einberufen wurde, hatten die Abgeordneten noch nicht den Staatsvoranschlag in ihrem Besitz. Erst bei der Tür ins Beratungslokal wurde uns von den Dienern des Hauses der Staatsvoranschlag in seiner Gänze übermittelt und die noch fehlenden Hefte übergeben. Ich frage Sie nun, ob es unter solchen Umständen möglich ist, in eine gründliche Beratung einer solch wichtigen Vorlage, wie es der Staatsvoranschlag ist, einzugehen? Nicht nur wir, sondern auch sicherlich die Vertreter der Mehrheitsparteien, hätten alles Interesse daran, gegen eine solche Art der Behandlung einer so wichtigen Gesetzesvorlage in aller Schärfe Stellung zu nehmen (Posl. Taub: Und gegen eine Verletzung der Geschäftsordnung!), gegen die Verletzung der Geschäftsordnung und gegen den Umstand, daß einem die Möglichkeit des Studiums einer solchen Vorlage genommen wird. Wir haben dafür, daß die Mehrheitsparteien nicht gegen diesen Umstand protestierten, nur eine Entschuldigung, und das ist die, daß sie wahrscheinlich früher als wir, die wir der Opposition angehören, Gelegenheit hatten, sich mit den Ziffern des Voranschlages zu beschäftigen. Wir vermuten es; der Voranschlag hat sicherlich Gegenstand der Beratung nicht nur innerhalb des Ministeriums gebildet, sondern war sicherlich auch Gegenstand der Beratung der Mehrheitsparteien, lange bevor er in das Haus gekommen ist. (Posl. Nìmec: To už bylo hotovo, když nová vláda nastoupila!) Ja, der Voranschlag war fertig, bevor diese Regierung angetreten ist, Kollege Nìmec, da hast Du recht. Aber das hindert nicht, daß dieser Voranschlag im Vorstadium seines Werdens von der früheren Regierung den Parteien, die auch jetzt in der Koalition sitzen, mitgeteilt wurde. Wir haben vom Berichterstatter und auch von Vertretern der Mehrheitsparteien gehört, daß der Voranschlag ursprünglich nicht so ausge sehen hat. Der Herr Generalberichterstat ter, Prof. Srdínko, hat heute mitgeteilt, daß der Ruf nach Sparen bei Zusammenstellung des Voranschlages von der Bürokratie nicht befolgt worden ist, denn der ursprüngliche Voranschlag hat ganz an ders ausgesehen, als der uns vorliegende, er hat mit einem Defizit von 6 Milliarden Kronen geschlossen. Er mußte zurückver wiesen werden und es wurden nun Drosselungen und Streichungen vorgenommen. Ich kann nicht glauben und mir nicht vorstellen, daß diese Drosselungen und Streichungen von den Ministern, die am Sprun ge waren, abzugehen, selbst vorgenommen wurden oder von ihren Beamten, sondern ich glaube vielmehr, dass an diesen Drosselungen und Streichungen die Vertreter der Mehrheitsparteien mitgewirkt haben. Wir kommen nun umsomehr zu der Vermutung, daß Sie früher Gelegenheit hatten, sich mit dem Voranschlag zu beschäftigen, weil ein Umstand eingetreten ist, der als offener Skandal bezeichnet werden kann. Bevor wir im Hause in den Besitz des Voranschlages kamen, bevor die Mitglieder des Budgetausschusses die Möglichkeit hatten, festzustellen, was gefordert wurde, wurden wichtige Ziffern des Voranschlages in Regierungsblättern, oder richtiger gesagt, in der Regierung nahestehenden Blättern veröffentlicht. Es war sicherlich ein Vertrauensmißbrauch, der von irgend einer Seite begangen wurde, aber ich glaube nicht, von irgend einem Bürokraten, sondern wahrscheinlicher von irgend einem Parteigenossen der Minister. Daraus ziehen wir die Folgerung, dass Sie die Möglichkeit hatten, den Voranschlag gründlicher zu prüfen als es uns möglich gewesen ist. Nun wurde uns der Voranschlagheuer bedeutend später als im Vorjahre unterbreitet, wieder wurde der § 55 der Geschäftsordnung in Anwendung gebracht bezüglich des beschleunigten Verfahrens der Beratung, wir bekamen die Vorlage erst beim Eingang in den Saal und hatten keine Ge legenheit, uns mit ihr zu beschäftigen. In zehn Sitzungen a 4 Stunden sollte und mußte diese umfangreiche Vorlage im Budgetausschuß durchgearbeitet werden. Natürlich hätte uns es sehr interessiert, welche Drosselungen im Voranschlage vorgenommen wurden und welche Ausgaben die Minister oder die früheren Minister oder die Bürokraten der Ministerien für notwendig befunden hatten, welche Abstriche gemacht wurden. Es wurde uns versichert, daß Abstriche insbesondere beim Ministerium für Landesverteidigung gemacht wurden, daß also diese Abstriche im Interesse der Bevölkerung vollzogen worden sind. Inwieweit das zutrifft, wie es mit dem Landesverteidigungsministerium und den Ausgaben für verschiedene andere Ministerien aussieht, möchte ich später noch feststellen. Nicht nur, daß wir also nicht erfuhren, welche Abstriche durchgeführt wurden, sondern es hinderte die eingehende Überprüfung das Voranschlages auch noch ein anderer Umstand. Denn zur Zusammenstellung und Überprüfung des Voranschlages ist es wohl in erster Reihe notwendig, daß man die Ziffern der Gebahrung des Staates zur Hand hat, daß man weiß, was tatsächlich in den vorangehenden Jahren verbraucht wurde. Der Voranschlag kann selbstverständlich nichts anderes sein als ein Plan, was man auszugeben und durchzuführen gedenkt, das richtige Bild der Verwaltung des Staates aber kann man nur aus dem Rechnungsabschluß erhalten. Nun haben wir das Gesetz vom 20. März 1919, dessen § 10 bestimmt, daß das Oberste Rechnungskontrollamt verpflichtet ist, der gesetzgebenden Körperschaft längstens binnen 18 Monaten nach Ablauf eines Verwaltungsjahres den Rechnungsabschluß vorzulegen. Zur Zeit, als wir in die Beratung des Voranschlages für 1923 eingingen, hatten wir noch nicht einmal den Rechnungsabschluß für 1919. Dieser wurde uns erst vor einigen Tagen hier im Hause vorgelegt. Im Budgetausschuß wurde uns lediglich mitgeteilt, daß der Abschluß für 1919 in der Kanzlei des Hauses zur Einsichtnahme aufliege und erst in Druck gelegt werden müsse. Längst fällig war aber auch der Voranschlag für das Jahr 1920. Wir hatten aber nicht einmal jenen für 1919. Es ist selbstverständlich, daß wir bei dieser Gelegenheit Protest dagegen erheben müssen, daß dieser Bestimmung des Gesetzes vom 20. März 1919 bisher nicht entsprochen wurde, wodurch uns die Möglichkeit einer entsprechenden Überprüfung der einzelnen Posten genommen wurde.
Ich habe vorher von den Abstrichen, von den Drosselungen gesprochen und es hat der Herr Berichterstatter und der Herr Minister auseinandergesetzt, daß diese Abstriche vorwiegend mit Rücksicht auf den Preisabbau, also bei den Sachleistungen, durchgeführt wurden und durchgeführt werden konnten. Ich will hervorheben, daß sich dieser Voranschlag von denen früherer Jahre dadurch unterscheidet, daß eine Trennung des Sachaufwandes vom Personalaufwand vorgenommen wurde. Ich will hervorheben, daß diese Neuerung ganz wertvoll ist, daß aber heuer, da es sich um ein Novum handelt, dadurch eine Erschwerung der Überprüfung und Vergleichung mit den Ziffern früherer Jahre verursacht wurde, obwohl, wie erwähnt, das ganze eine zweckdienliche Neuerung darstellt. Minister und Berichterstatter haben also erklärt, daß diese Abstriche vorwiegend beim Sachaufwand durchgeführt wurden; begründet haben sie es mit der Verbilligung infolge des Preisabbaues.
Wir können nun feststellen, daß das Erfordernis nach der Korrektur, welche vom Budgetausschuß vorgenommen wurde, 19.371 Millionen beträgt, daß als Bedeckung dem 18.812 Millionen gegenüberstehen, daß also gegenwärtig ein unbedeckter Abgang von 558 Millionen besteht, von dem allerdings der Herr Berichterstatter und der Herr Finanzminister glauben, daß er nicht dauernd sein wird, sondern daß die Möglichkeit da sein wird, im Laufe des Jahres auch diese Beträge dadurch hereinzubringen, daß sich manche Ausgabe, die für den Sachaufwand präliminiert ist, infolge des weiteren Preisabbaues verringern dürfte. Außer diesen Posten haben wir es zu tun mit einem Inve stitionskredit von 2.999 Millionen und wir finden im Finanzgesetz die Bestimmung, daß diese 3 Milliarden und die erwähnten 558 Millionen durch Kreditoperationen ge deckt werden sollen. Die Herren der Ma joritätsparteien nd insbesondere der Herr Berichterstatter tut sich ungeheuer viel darauf zugute, daß wir immer günstiger gebahren, immer aktiver werden, daß eine Konsolidierung auch der finanziellen Verhältnisse im Staate herbeigeführt werde, was in den Ziffern des Staatsvoranschlages zum Ausdruck komme. Sie tun sich ungeheuer viel darauf zugute, daß die Ausgaben sinken, daß wir im Jahre 1923 um 433 Millionen weniger als im Jahre 1922 auszugeben beabsichtigen, daß wir im Vorjahre 19.812 Millionen und heuer nur mehr 19.371 Millionen präliminieren. Inwieweit wir Ursache haben, darob zufrieden zu sein, werde ich Ihnen im Verlauf der weiteren Verhandlungen an einigen Ziffern zeigen. Es ist ein großer Optimismus des Ministers und des Berichterstatters zu glauben, daß es möglich sein wird, mit den Einnahmen, die im Voranschlag angeführt sind, die Ausgaben zu decken, besser gesagt, noch mehr Einnahmen zu erzielen als angenommen worden sind, so, daß auch das Defizit, das noch vorhanden ist, gedeckt werden wird. Als Folgerscheinung der Krise ist sicherlich zu gewärtigen, daß viele der Erwartungen, welche der Finanzminister und der Berichterstatter an den Steuerertrag knüpfen, sich nicht erfüllen werden. Bei zwei Steuer gattungen, und zwar bei der Umsatzsteuer und der Kohlensteuer haben Finanzmini ster und Berichterstatter damit gerechnet, daß als Folgeerscheinung der Krise ein Minderertrag zu verzeichnen sein wird ich glaube um je 400 Millionen K.
Bei allen anderen, beziehungsweise bei den meisten anderen Steuern rechnet der Herr Finanzminister mit einem anderen Ertrag und der Herr Berichterstatter glaubt, daß diese Hoffnungen des Finanzministeriums gerechtfertigt wären. Die Grundsteuer wird mit einem Betrag von 153 Millionen veranschlagt, wo voriges Jahr 151 Millio nen Kronen vereinnahmt wurden; die Zinssteuer mit einem Ertrag von rund 57 Millionen Kronen, wo wir voriges Jahr 49 Millionen Kronen vereinnahmt haben, die Klassensteuer mit 11,260.000 K, wo vori ges Jahr 11,210.000 K veranschlagt wur den. Bei der Erwerbsteuer - und nun beginnen jene Steuergattungen, um die es sich bei Besprechung der Frage hauptsächlich handelt - rechnet der Finanzminister mimit einem Ertrag von 211,480.000 K, wo voriges Jahr 190 Millionen Kronen vereinnahmt wurden. Wie wenig gerechtfer tigt ist nun diese Hoffnung, wenn wir be rücksichtigen, in welchen Verhältnissen wir uns gegenwärtig befinden! Nehmen Sie sich nur die Tageszeitungen zur Hand und betrachten Sie, wieviel Konkurse, wieviel Ausgleiche tagtäglich als Folge der Wirtschaftkrise zu fin den sind. Haben wir da nicht recht, wenn wir bezweifeln, daß es möglich sein wird, im kommenden Jahr diesen Steuer ertrag zu erzielen, bei der Erwerbsteuer der zur öffentlichen Rechnungslegung ver pflichteten Unternehmungen eine Steige rung von 175 Millionen auf 215 Millionen oder bei der Einkommensteuer eine Stei gerung von 630 Millionen Kronen auf rund 810 Millionen Kronen? Wie kann die Stei gerung der Einnahmen bei der Erwerbs steuer in Aussicht genommen werden, wo soviele Existenzen durch die Krise zu grunde gerichtet werden, wo infolge der Krise und auch herbeigeführt durch das gute Beispiel, das der Staat selbst seiner zeit gegeben hat, mit dem Lohn- und Gehaltsabbau eingesetzt wird? Es ist ausge schlossen, daß diese Beträge zu erzielen sind. Bei den Zöllen zum Beispiel rechnet man mit einer Steigerung der Einnahmen von 128 Millionen Kronen auf 676 Millionen Kronen und so geht es weiter mit Ausnahme - wie ich vorhin sagte - der Kohlen- und der Umsatzsteuer. Wir haben wohl Recht, wenn wir glauben, daß es bei dieser Krise, die nach dem Zugeständnis und der Ansicht des Herrn Finanzministers, wie Sie in den gestrigen Abendblättern lesen konnten, noch ziemlich langeandauern wird, unmöglich sein wird, jene Erträgnisse zu erzielen, die erhofft wer den und daß das Defizit ein weit größeres sein wird, als es im Voranschlag zum Ausdrucke kommt. Nun haben wir vom Herrn Finanzminister, wie auch vom Herrn Berichterstatter und von den Vertretern der Mehrheitsparteien immer wieder gehört, es sei Pflicht aller zu sparen und zu arbei ten. Im Arbeiten und Sparen liegt unsere Rettung. Wir möchten Ihnen, die der Ver völkerung den Rat geben, zu sparen, nur anempfehlen, mit dem Sparen dort zu be ginnen, wo es in erster Linie notwendig und angebracht ist. Der Herr Bericht erstatter hat gemeint, es habe die Regierung ihre Pflicht erfüllt und bei Zusammenstellung des Voranschlages gespart, wo immer es nur möglich ist. Wir sind nun einer anderen Ansicht. Wenn wir uns die Posten des Voranschlages ansehen, so finden wir, daß dort, wo es notwendig und am Platze gewesen wäre, nicht in entspresprechendem Ausmaße gespart wurde, und wir finden bei dieser Betrachtung der Budgetposten auch noch etwas anderes: nämlich, daß die Herren, die diesen Staatsvoranschlag zusammengestellt und die unangenehme Aufgabe haben, ihn hier vertreten zu müssen, nicht daran gedacht haben, welche Pflichten sie zu erfüllen haben, und wie notwendig es ist, den Forderungen gerecht zu werden, die darauf abzielen, eine Milderung der Erscheinungen der Krise herbeizuführen.
Die arbeitende Bevölkerung - und natürlich nicht nur sie allein - verlangt eine Herabsetzung verschiedener Abgeben, durch die eine Verschärfung der Krise herbeigeführt wird, sie verlangt eine Herabsetzung der Abgaben, wodurch wir besser produzieren können und konkurenzfähiger sind, indem wir in der Lage sind, auszuführen und Beschäftigungsmöglichkeiten für die Masse der Arbeitsschaft zu schaffen. Wir sind nicht imstande, unsere Waren in eigenen Lande abzusetzen, selbst dann nicht, wenn das Volk kaufkräftig genug wäre. Die Kaufkraft ist gesunken, natürlich nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Staaten, aber bei uns in besonders hohem Maße. Es hat sich das Absatzgebiet bei uns sehr verringert. Wir sind mehr als sonst auf die Ausfuhr unserer Erzeugnisse in das Ausland angewiesen. Wir sind konkurrenzunfähig. Wir haben ja über die Ursachen dieser Erscheinung ausführlich bei der politischen Debatte gesprochen und insbesondere auf die valutarische Frage hingewiesen, die die Verschärfung unserer Krise mitherbeigeführt hat. Wir haben gefordert, daß alles unternommen werde, um die Ausfuhr zu erleichtern und um die Produktion wieder zu beleben. Wir forderten die Abschaffung einer der drückendsten Abgaben, der Kohlenabgabe. Wir verlangten außerdem die Beseitigung der Umsatzsteuer, welche seinerzeit von einem hervorragenden Mitgliede der Regierungspartein, dem ehemaligen Finanzminister Dr. Engliš eine unsoziale, unmoralische, die Volkswirtschaft schädigende Steuer genannt wurde, deren Dauer durch das in der Revolutions-Nationalversammlung beschlossene Gesetz eingeschränkt worden ist. Sie haben es damals erkannt, daß diese Steuergattung schädigend ist und haben ihre Dauer eingeschränkt. Sie haben aber trotzdem die Umsatzsteuer im vorigen Jahre durch ihren Beschluß verdoppelt. Es ist selbstverständlich, daß Umsatzsteuer, Kohlenabgabe, hohe Tarife - nicht jedes einzelne, aber all das zusammen - von Einfluß auf die Produktion sind und daß es notwendig wäre, unseren Forderungen näher zu treten und sie zu verwirklichen. Der Herr Finanzminister hat nun kürzlich im Ausschuß und dann in einer Versammlung erklärt, es sei ausgeschlossen, die Ausgaben des Staates erhöhen und die Einnahmen des Staates verringern zu wollen. Es sei ausgeschlossen, die Kohlenabgabe und die Umsatzsteuer zu beseitigen, ohne gleichzeitig daran zu denken, dem Staate einen Ersatz für diesen Entgang zu schaffen. Ja, meine Herren, wir beschäftigen uns ja auch mit der Frage, wie es möglich wäre, den Ausfall zu decken. Da aber kommen wir zu dem Ratschlage, den uns der Herr Finanzminister und die Majoritätsparteien immer geben: Sparen! Sparen, aber beim Staate selbst, sparen im Staatshaushalt, Unterlassen jedweder überflüssigen Ausgaben, Unterlassen insbesondere den kolossalen Aufwand für das stehende Heer, für die Polizei, für die Gendarmerie, mit einem Wort alle unproduktiven Ausgaben unterlassen. In der Zeit der Krise ist es notwendig, alles zu unternehmen, um Arbeitsgelegenheit zu schaffen, und da gilt es nicht nur zu sparen, um drückende Belastungen zu vermeiden, sondern zu sparen bei überflüssigen Ausgaben, um notwendige Ausgaben machen zu können. Und da haben wir denn mit aller Entschiedenheit gefordert, daß man in größerem Umfange als bisher Investitionsbauten in Angriff nehme. Wenn wir den Voranschlag nach dieser Richtung ansehen, finden wir, daß ein Betrag von rund 3 Milliarden eingestellt wurde.