Ètvrtek 16. listopadu 1922

Meine Herren, ich glaube, gegen diese Erwägungen ist ein Gegenbeweis schwer zu erbringen, umsomehr, als ich mich in dieser meiner Annahme stützen darf auf das, was von èechischer Seite gesagt wurde. Es wurde bei der Regierungserklärung von deutscher Seite durch Zwischenrufe eingewendet, daß es nur einen Kitt gibt, welcher diese Elemente zusammenhält, nämlich den Haß gegen das deutsche Volk. Aber mit Entrüstung wurde èechischerseits dagegen opponiert. Dr. Kramáø hat gesagt: "Ich bin frei von jedem Haß und es gibt nur einen Grund, der uns zusammenhält, und das ist der Grund, daß wir unseren Staat zu retten, zu erhalten und zu sichern haben." Sie sind also vier Jahre nach der Gründung Ihres Staates noch immer in der Lage, daß Sie Ihren Staat zu sichern, zu retten und zu erhalten haben. Halten Sie das nebeneinander: die Behauptung, daß Sie konsolidiert sind, und diese Behauptung., und, Herr Dr. Hnídek, wenn Sie wollen, geben Sie mir dann eine Antwort darauf, ob Ihre Auffassung richtig sei. (Posl. dr. Hnídek: To je pøece samozøejmo!) Sie haben recht: es ist samozøejmo.

Meine Herren, diese Beurteilung der Koalitionsregierung, des Koalitionssystems wollen wir sagen, gilt eigentlich für alle Regierungen, die bisher hier am Ruder waren. Denn gestatten Sie mir von allem Anfang an zu bemerken: Alle Regierungen, die wir bisher erlebt haben, waren Koalitionsregierungen, allgemein nationale Koalitionsregierungen mit gewissen feinen Nuancen. Die erste Regierung, die wir zu erblicken das Glück hatten, war die Regierung der rotgrünen Koalition. Das war eine Minderheitsregierung, aber wie hat die Opposition der anderen èechischen Parteien ausgeschaut? Die Opposition der Herren Nationaldemokraten hat so ausgeschaut, daß sie ihrem Programm getreu nur mit allen möglichen Augen danach schauen mußten, wie sie so rasch als möglich in die Regierung hineinkommen könnten, und daß sie sich bemüht haben, unter allen Umständen diese Regierung zu Fall zu bringen, um selbst eine auch formell allnationale Regierung zu bilden. Was aber die Opposition der Herren von der lidová strana anlangt, war sie so beschaffen: Die Herren von der lidová strana haben mit der einen Hand gegen die Regierung gestimmt, und die andere offen gehalten, um die Gegenleistung für ihr Umschwenken zu erhalten. Ich glaube, wenn man die Dinge richtig betrachtet, war wohl auch damals die allnationale Koalition vorhanden. Wir haben dann die Regierung Èerný gesehen. Das war ein Beamtenkabinett, aber Sie werden zu geben, daß dieses Beamtenkabinett auch nicht einen einzigen politischen Schritt tun konnte ohne vorheriger Zustimmung aller èechischen nationalen Parteien. Wir haben dann die Regierung Beneš gesehen, bei welcher unter glücklicher Mitwirkung der "Pìtka" sich gewisse Vertre ter der Koalitionsparteien im Kabinett zu sammenfanden, wenn Sie wollen, mit einer gewissen überparteilichen Spitze, und zum Schluß kommt dann in Gestalt des Kabi netts Švehla die Koalitionsregierung in Reinkultur. Dürfen wir glauben, daß die Regierungen, die wir hier an uns vorüber gehen gesehen haben, daß die alle der gleichen politischen Wertung unterliegen? Ich sage: Nein! Ich sage auch, daß das System sich gewiß nicht im wesentlichen geändert hat. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Tomášek.)

Aber ich glaube denn doch, auf zwei po litische Momente aufmerksam machen zu müssen, durch welche die jetzige Regierung sehr entschieden sich von den früheren unterscheidet. Wenn Sie diese Entwicklungsreihe, die ich aufgestellt habe, noch einmal an Ihrem geistigen Auge vorüberziehen lassen, dann sehen Sie, daß eine ofizielle Lesart möglich ist, die Lesart der "Prager Presse" und der "Èeskoslovenská Republika", und eine objektive Lesart, wie sie unbefangene, kei neswegs oppositionelle Beurteiler vorzu nehmen in der Lage sind. Die offizielle Lesart ist die: der siegreiche Gedanke der allnationalen Koalition mußte sich durch das Gestrüpp aller möglichen Hindernisse Bahn brechen; es mußte tastend der Versuch gemacht werden, ein Ministerium der Beamten zu bilden mit der allnationalen Koalition im Hintergrunde; man konnte weiterschreiten zu einem Kabinett - ich will niemand beleidigen - der dii mino rum gentium mit dr. Beneš an der Spitze, damit die Drahtzieher noch ein wenig verantwortungslos bleiben konnten. Zum Schluß endlich gelang der große Wurf, auch die Führer der Parteien unter dem Gefühl der Verantwortlichkeit auf diese Ministersessel zu bringen - theoretisch natürlich.

Das ist die offizielle Lesart. Meine Lesart, ich glaube die objektivere, die unbe fangenere, ist folgende: Man ist auf èechischer Seite überzeugt von der Unmöglich keit, der inneren Schwäche und der Haltlosigkeit dieser Koalition. Man weiß, daß sie gar nichts Programmatisches gemeinsam hat. Man hat sich gescheut, zu ihr zu kom men. Man hat zunächst versucht, die Notwendigkeiten, die durch die parlamentarischen Verhältnisse gegeben waren, im Wege eines Beamtenministeriums zu bekämpfen, man hat den Versuch gemacht, durch das Mittel des Kabinetts Beneš zur Beruhigung zu kommen, und schließ lich ist man in seiner letzten Not dazu übergegangen, die Obersten hinzuzuberu fen, um endlich das Feuer zu löschen oder das zu erreichen, was man erreichen wollte. Ich glaube, daß die Bildung des Kabinetts Švehla eine gar verzweifelte Ähnlichkeit mit jenen Situationen hat, in denen man im alten Rom sagte: Res ad triarios venit. Das heißt: Das ist das letzte Auskunftsmittel, das wir haben; wenn auch das nicht mehr gelingt, ist endgültig der Beweis von der Unmöglichkeit der Koalition erbracht. Und ich muß Ihnen sagen, ich glaube tatsächlich, daß mit diesem Kabinette wirklich der allerletzte Versuch dieser Koalitionsmöglichkeit unternommen worden ist. Ich sehe also keineswegs, wie es die offizielle Lesart deuten will, eine steigende Konsolidierung und den Beweis dieser steigenden Konsolidierung in diesem Kabinette, sondern ich sehe in ihm das Eingeständnis dessen, daß die Koalition auch mit den allerstärksten Mitteln, der Injektion, von heroischen Mitteln, wie es die Aufpropfung der obersten Geister der Koalition auf das Kabinett ist, aufrecht erhalten werden soll.

Das zweite Moment, das ich bei der Bildung der neuen Regierung hervorheben wollte, ist, daß wir von Regierung zu Regierung einen steigenden Einfluß der national-demokratischen Einstellung erblicken. Der Einfluß der Nationaldemokraten bestand und war stark, trotz der zahlenmäßigen Schwäche dieser Gruppe, schon gegenüber der Regierung Tusar, und ich könnte manches Detail aus der Geschichte der ersten Kriegsanleihevor lage erzählen, aus dem hervorgeht, wie sehr sich die Parteien der Mehrheit und die Regierung unter dem Terror der national-demokratischen Opposition befanden. Diese Stärkung ist immer weiter und weiter gegangen, und endlich ist es dazu gekommen, daß der geistige Führer des brutalsten Chauvinismus in diesem Staate einer der geistigen - sagen wir aus Höflichkeit - Mitleiter des Kabinetts gewor den ist, nachdem schon einmal das Kabinettformell den Namen Švehla trägt. Dr. Rašín ist derjenige, der die Geschicke dieser Regierung in allererster Linie bestimmt, und damit haben Sie zweifellos den fortschreitenden Erfolg der Nationaldemokraten im höchsten Maße bekräftigt.

Das Eigentümlichste aller dieser Koalitionskabinette ist, soweit die nationalpoli tische Einstellung in Betracht kommt, daß sich die nationalpolitische Einstellung nicht auf der mittleren Linie zwischen den chauvinistischen und den weniger chauvi nistischen Gruppen bewegt, sondern daß die nationalpolitische Einstellung bestimmt wird nach der Stellungnahme der extremsten chauvinistischen Gruppe in der Koalitionsmehrheit. Woher kommt diese Kraft der Nationaldemokraten? Sagen wir es offen. (Výkøiky: Kassa! Kassa!) Ich möchte nicht Behauptungen aufstellen, die ich nicht beweisen kann. Ich will vollkommen die Tatsachen auf mich wirken lassen, die ich beurteilen kann und wie ich sie beurteilen kann. Da möchte ich sagen: Gewiß trägt dazu bei, daß in dieser Partei ein gewisser Stamm von Intelligenzen versammelt ist, gewiß trägt dazu bei, daß die großstädtische Presse von dieser Partei beherrscht wird, daß die demagogischen Instinkte dema gogisch aufgerührt werden und es ist ein billiger Erfolg, auf diese Weise zu wirken. Gewiß tragen dazu bei die großen Sünden, die alle èechischen Parteien durch Jahr zehnte begangen haben, daß sie die Seele des èechischen Volkes immerwährend zu nationalem Haß aufgepeitscht haben. Aber der Hauptgrund ist ein anderer. Da gestatten Sie mir, meine Herren von den anderen Parteien, ein offenes Wort.

Ich glaube mich frei zu wissen nd frei zu fühlen vom Verdachte einer Hinneigung zu jener Gruppe, die dort oben manchmal ihren Platz bezieht. (Výkøik: Es ist doch niemand da!) Ich muß aber doch sagen, daß die Haltung dieser Partei sich in be merkenswerter - und dankenswerter - Weise unterscheidet von der Haltung aller anderen Parteien der èechischen Koalition. Die anderen Parteien haben nicht den Mut zu sagen: Wir sind Chauvinisten, Machtanbeter, Ausbeuter der Macht, wir sind Imperialisten! Sondern sie verbrämen das mit irgendwelchen altererbten Phrasen von Demokratie, Gerechtigkeit, Interesse für Völkerfreiheit. Dort ist das offene Eingeständnis der Brutalität, dort finden Sie keine Leute, die gekränkt sind, wenn man ihnen Gerechtigkeitsgefühl, Huma nität, demokratischen Sinn abspricht. Die Herren sind glücklich, betrachten es als Ehrennamen, wenn man sie als Gewalt politiker bezeichnet. Das bringt eine gewisse Aufrichtigkeit mit sich, das ist ein klares und offenes Bekenntnis, und ich möchte hier die beiden Namen Kramáø und Rašín als Exponenten dieser Richtung nennen. Ich bitte den Herren Dr. Kramáø von vornherein um Entschuldigung - allerdings auch nur im Wege einer mittelbaren Übermittlung, persönlich kann ich es ihm leider nicht sagen - wenn ich ihn und Dr. Rašín in einem Atem nenne. Denn ich weiß, es gibt da Unterschiede, Nuancen. Vom nationaldemokratischen Standpunkt aus betrachtet, ist dr. Kramáø leider belastet durch eine jahrzehntelange Vergangenheit als Demokrat, als Wissenschaftler und Kulturmensch und er kann diese Eierschalen noch nicht vollkommen von sich abwälzen. Das ist der Unterschied. Im übrigen, politisch betrachtet, ist die Einstellung Dr. Kramáøs und Dr. Rašíns so ziemlich die gleiche.

Lassen Sie mich da gleich von Dr. Rašín sagen: Bei allen Mängeln, die ich Dr. Rašín vorwerfe, eines kann man ihm nicht zum Vorwurfe machen. Er hat sich nicht gescheut zu sagen: Ich mache die Kriegsanleihe deshalb nicht, weil ich den Wunsch habe, die Deutschen wirtschaftlich zu unterdrücken. Er wird nicht auf die Frage "Womit rechtfertigen Sie die Bodenreform?" von sozialen Gesichtspunkten sprechen, sondern sagen: Ich will die deutschen Gebiete èechisch kolonisieren. Er wird auf die Fragen "Warum stellt Ihr keine deutschen Beamten und Offiziere an? Warum drangsaliert Ihr die deutschen Angestellten?" nicht sagen: Es wird nach Gerechtigkeit vorgegangen, aber die einen können die èechische Sprache besser und die anderen schlechter. Er sagt offen, daß er den Willen hat, hier brutale Machtpolitik, imperialistischen Chauvinismus zu betreiben. Das ist der Vorzug und auch die innere Kraft, die diese Partei Ihnen gegenüber besitzt. Es ist eine aufrichtige Partei und ich will gerade Herrn Dr. Rašín als aufrichtigsten der Aufrichtigen hervorheben, wobei sich übrigens das ganze Haus, Majorität und Minorität, durch Augenschein überzeugen konnte, daß er nicht doppelzüngig ist. (Veselost.) Darin ist das Geheimnis gelegen, daß die anderen èechischen Parteien nicht in der Lage sind, die Macht der kleinsten èechischen Partei in der Frage der nationalpolitischen Einstellung zu brechen oder auch nur zu mildern, selbst wenn Sie es wollten, denn diese Parteien haben auf der einen Seite nicht den Mut zu sagen, daß sie sich von diesem Extremismus loslösen, und sie haben auf der anderen Seite nicht die Aufrichtigkeit, die Mäntelchen der Demokratie, die Mäntelchen all dieser schönen Idealworte abzuwerfen, um in brutalster Nacktheit dazustehen, wie es die Nationaldemokraten tun. Das ist auch die Erklärung dafür, warum die Regierung es nicht gewagt hat, auch nur mit einem einzigen Worte zu erwähnen, daß es in diesem Staate ein Problem der Minoritäten gibt. Das ist der Standpunkt nicht der èechischen Sozialdemokraten, von denen wir durch Herrn Kollegen Stivín einmal gehört haben, daß er sogar für die Autonomie in gewissen Grenzen ist. Also ich bitte, wenn man Problemlösungen ins Auge faßt, so gibt man doch mindestens das Bestehen eines Problems zu. Das ist vielleicht nicht die Auffassung mancher sonstiger Parteien auf Ihrer Seite, aber ist es die Auffassung der Nationaldemokraten, die auf dem Standpunkt stehen: "My jsme vyrovnáni!" (Posl. dr. Hnídek: Ano, ústavou a jednacím øádem!) Ich will vor allem kein Mißverständnis aufkommen lassen: Wenn ich durch die Hervorhebung der brutalen Aufrichtigkeit und des Eingeständnisses eines unbeherrschten Chauvinismus, den ich zunächst nur den Nationaldemokraten in die Schuhe geschoben habe, Angehörige anderer Parteien beleidigt haben sollte, weil auch sie der Ansicht sind, daß sie unter diese extremen Chauvinisten gerechnet werden sollen, so bitte ich, mir das nicht übel zu nehmen. Ich kann das nur darauf zurückführen, daß ich nicht über die Verhältnisse in den Parteien so klar orientiert bin und nicht die innersten Gesinnungen jedes meiner èechischen Kollegen kennen kann.

Wir stehen also vor einer Regierungserklärung, die mit keinem einzigen Worte das Minoritätenproblem berührt. Das wäre berechtigt, das wäre selbstverständlich, wenn das Problem der Minoritäten in diesem Staate tatsächlich nur ein Problem unserer eigenen Interessensphäre wäre. Aber ich behaupte und sage hier in der Debatte, die dem Voranschlag gilt, daß das Problem der Minoritäten noch viel mehr als eine Frage unserer Interessen eine Frage der Interessen des Staates ist und daß das Problem der Minoritäten im eminentesten Sinne des Wortes ein Staats problem ist, ein Staatsproblem vor allen Dingen unter dem Gesichtspunkte der außenpolitischen Lage dieses Staates. Denn, wenn wir für unsere gerechte Behandlung eintreten, so tun wir es, das ist selbstverständlich, in allererster Linie aus Gründen der Selbsterhaltung und eines berechtigten Egoismus; aber die Forderun gen, die wir erheben, haben den Vorzug, zugleich Forderungen idealer Natur zu sein, zugleich Forderungen zu sein, die mit uns von den Kulturträgern der ganzen Welt geteilt werden. Es sind Forderungen, für die auch das Rechtsempfinden der Welt und der Menschheit streitet. Wir haben die Stütze des Rechtsempfindens der Welt mit uns, Sie haben es gegen sich. (Posl. dr. Hnídek: To se ukázalo v Ženevì!) Wir kommen auch auf Genf noch zurück. Wenn mein deutscher Vorredner früher gesagt hat: Sie leben nicht auf einer Insel der Seligen, so will ich die Frage, ob selig oder unselig, außeracht lassen. Aber Sie leben keinesfalls auf einer Insel und Böhmen ist nicht ausgeschlossen von den Einflüssen jener Bewegungen, die sich in der Welt vorbereiten und nach Geltung ringen. Ich überschätze die Kraft dieser Bewegungen nicht. Ich stelle mit aller Klarheit fest, daß wir den Sieg unserer Sache nicht von diesen Bewegungen, sondern von der Geltendmachungg unserer eigenen Kraft erwarten, nicht nur für das Deutschtum hier, sondern auch für das Deutschtum der ganzen Welt. Aber diese Bewegungen sind für uns eine Stütze und für Sie verheerende Mittel der Niederlage. Es ist dies für niemanden klarer, als für jene, die Gelegenheit hatten, bei dem letzten Völkerbundligenkongreß in Prag dabei zu sein, die Reden zu hören und die Stimmung zu beobachten, die sich damals, geltend machte. Sie haben es leicht, die Be schlüsse solcher Kongresse und Vereinigungen abzutun. Sie bezeichnen sie als Ideologien seniler Pazifisten. Wenn schon nichts anderes mehr übrig bleibt, dann sagen Sie, daß dort Germanophile sind. Nun, ich habe die Rede gehört, mit der der Rektor der Sorbonne in Paris gegen Sie Stellung genommen hat; ich habe die Rede gehört, mit der einer der angesehensten Pariser Universitätsprofessoren, Lapradelle, ein Internationalrechtler von Rang, sachlich zu den Minoritätsanträgen Dickinsons gesprochen hat; ich habe die Rede gehört, mit der schließlich ein Deputierter der französischen Regierungsmehrheit von Ihrem sonderbaren Verhalten in diesen Tagen mit weitem Ruck abgerückt ist. Wenn Sie da von Germanophilie sprechen wollen, wenn auch der Rektor der Sorbonne und ein Anhänger der Poincarémehrheit der Germanophilie verdächtigt wird, dann glaube ich, daß Sie die Germanophilie mit Hinneigung und mit Interesse für Wahrheit und Gerechtigkeit verwechseln. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Buøíval.)

Meine sehr verehrten Herren, wir können aber vielleicht noch mehr als auf diese Ereignisse gelegentlich des immerhin privaten Völkerbundligenkongresses do ch ein wenig Rücksicht nehmen auf das, was sich in Genf abgespielt hat, und da hat sich für den unbefangenen Beurteiler ergeben, daß in Genf die Situation jener Staaten, die sich mit Händen und Füßen gegen einen Minderheitsschutz gewehrt haben, daß die Stellung dieser Nationen keineswegs eine beneidenswerte war. Allerdings hat Herr Dr. Beneš in einer Antwort auf meine Anfrage im Auswärtigen Ausschuß gesagt: Die Deutschen haben ihre Sache dort verloren. Nun möchte ich zu dieser Argumentation des Herrn Dr. Beneš zunächst Folgendes sagen: Herr Dr. Beneš hat, um uns zu zeigen, warum wir die Sache verlieren mußten, gesagt: "Weil Sie Agitatoren, Demagogen, hinausgesendet haben, weil Sie sich vertreten lassen durch einen Herrn Koretz und weil Sie ganz querulantenartige Beschwerden dorthin ri chten", und hat unter dem lächelnden Beifall des Auswärtigen Ausschusses hervorgehoben: "Es hat sich jemand sogar an den Völkerbund mit einer Beschwerde über das Zinsgesetz gewendet," ich weiß nicht, ob es sich um Mietzinse oder andere Zinse gehandelt hat - er wollte die Sache einfach ironisieren. Es tut mir leid, es in Abwesenheit des Herrn Dr. Beneš sagen zu müssen: auf dieses Niveau der Mätzchenargumentation gehe ich nicht ein. Wir können nicht dafür, wenn irgend jemand als Deutscher oder im Namen der Deutschen ohne Legitimation, wenn ein Verein, der sich durch das Mietsgesetz ge schädigt erachtet, an den Völkerbund Ein gaben richtet. Wir verantworten nur das, was mit unserem vollen Namen an den Völkerbund geht. Und wenn wir das ver antworten wollen, dann können wir es auch mit Fug und Recht tun, und wenn Herr Dr. Beneš sagt, daß wir unsere Sache beim Völkerbund verloren haben, möchte ich vor allem daran erinnern, daß vielleicht in der allernächsten Zeit der Dreierrat des Völkerbundes in London zu sammentritt, um über unsere Beschwerden zu beraten und daß Dr. Beneš selbst, als ihm von Dr. Ledebur im Senat widersprochen wurde, sagen mußte: "Es ist vielleicht nicht so, daß die Deutschen verloren haben, aber auch die Èechoslova kische Republik hat nicht verloren." Halten Sie diese beiden Sätze gegeneinander und Sie werden sich vielleicht an die Herbst tage 1914 und an den österreichischen Generalstabsbericht erinnern: "Lemberg ist noch in unserem Besitz! "

Wenn wir aber schon bei Genf sind, so möchten wir in aller Offenheit auch noch über etwas anderes sprechen, worüber ich schon im Auswärtigén Ausschuß ein paar Worte gesagt habe, die ich hier nochklarer präzisieren möchte. Es ist schon vom Kollegen Feierfeil gesagt worden, daß eines Ihrer Lieblingsworte das Wort Loya lität ist. Solange Sie das Wort Loyalität als Voraussetzung unserer Behandlung als Staatsbürger gleichen Ranges in Zeitungs artikeln und Versammlungsreden ver wendet haben, solange habe ich mich für dieses Wort sehr wenig interessiert. Nicht weil ich politisch bedeutende Äußerungen meiner Gegner unterschätze, sondern weil das ein Begriff war, ein Wechselbalg, den man kritisch nicht fassen konnte, ein kautschukartiger Begriff, der einmal so und einmal so ausgelegt ward. Jetzt ist durch die gleichzeitigen Resolutionen Murray und Beneš der Begriff Loyalität als Voraussetzung für die Behandlung der Minderheitsfrage und den Schutz der Minderheiten durch den Völkerbund in den Wortschatz des internationalen Rechtes eingedrungen und zu einem Begriff geworden, mit dem man sich abzufinden und den man zu prüfen hat. Allerdings, ich beneide die Position des Herrn Dr. Beneš nicht, wie er damals beim Genfer Beratungstische diese Forderung nach der Loyalität der Minderheiten erhoben hat. Denn dort sitzen denn doch einige Herren, welche ein klares Gedächtnis für das haben, was noch nicht so weit zurückliegt, und welche sich vielleicht mit Augurenlächeln zugewinkt haben: Gracchi de seditione quaerentes!

Bitte mich auch da nicht mißzuverstehen! Erwarten Sie nicht von einem Juristen, nicht von jemandem, der sich jemals mit Staatsrecht und der Geschichte der Entwicklung der Welt beschäftigt hat, daß er so naiv sei, den Unterschied nicht zu verstehen zwischen dem Hochverrat, der zum Erfolg geführt hat, und dem Hochverrat oder wie immer Sie es nennen mögen, jeder politischen Bewegung, die nicht zum Erfolg geführt hat! Die legitimier nde Kraft des Erfolges gilt im Staatsrecht und im Leben der Völker. Ihr Hochverrat hat die legitimierende Kraft des Erfolges für sich. Wenn Sie ehrlich sagen, daß Sie die Macht ausnützen, um jede Bewegung, die Sie nicht mögen, zu unterdrücken, gut! Da lassen Sie mich ein Beispiel nennen, wiesehr beide Richtungen von einander verschieden sind. Glauben Sie nicht, daß es sympathischer ist, wenn die "Národní Listy" offen in der Besprechung der Baeran affäre sagen: Hier ist Hochverrat an unserem Staate geschehen. Es kümmert uns nicht, daß wir vor zwei bis drei Jahren Hochverrat betrieben haben. Denn unser Hochverrat und Ihr Hochverrat ist etwas anderes; to je nìco jiného; wir werden uns das Recht nicht nehmen lassen, den Hochverrat mit dem Galgen, mit dem Kerker zu bestrafen. Das ist eine Strömung, die vielleicht in der gegenwärtigen Zeit kindisch ist, weil eine politische Bewegung nicht mit solchen Mitteln bekämpft werden kann, aber sie ist klar. Auf der anderen Seite haben wir aber die Anklagerede eines Amateur-Staatsanwaltes sozialdemokratischer Couleur gehört, der mit einer Salbung und einem Pathos gesprochen hat, von dem ich sagen muß, daß sie ein geschmackvoller Staatsanwalt selbst vor Geschwornenbänken nicht mehr verwendet. Was ist Ihnen sympathischer? Das eine oder das andere? Ich muß Ihnen nur soviel sagen: Sie mögen durch alle Ereignisse der Vergangenheit niemals das Recht verloren haben, in Ihrem Staat gegen Hochverrat und gegen das, was Sie Hochverrat nennen, vorzugehen, wie Sie wollen. Ein Recht aber haben Sie für eine gewisse Zeit und für diese Generation verloren, und das ist das Recht, moralisches Pathos gegen revolutionäre Bewegungen aufzubringen, das Recht, sittliches Pathos dagegen aufzubringen, das haben Sie verwirkt. (Potlesk na levici.)

Nun, Loyalität als Voraussetzung von internationalen Rechten. Meine Damen und Herren! Es gibt mehrere Deutungen dieses Begriffes. Loyalität ist unter Umständen eine gefühlsmäßige Beziehung zum Staat. Ich muß sagen, ich freue mich feststellen zu können, daß sowohl Herr Dr. Beneš, als auch Herr Dr. Kramáø mir offen gesagt haben, daß sie eine gefühlsmäßige Beziehung zum Staat nicht erwarten und unter Loyalität nicht verstehen. Es wäre auch unmöglich, denn eine gefühlsmäßige Beziehung zum Staat kann unter keinen Umständen als etwas Unwägbares Gegenstand der Voraussetzung von Rechten sein. Es ist möglich, in diesem Zusammenhang auch die Frage unserer Stellungnahme zu der rechtlichen Grundlage des Staates aufzuwerfen. Sie wissen, daß wir auf dem Standpunkt stehen, den wir in unserer Rechtsverwahrung niedergelegt haben. Ich glaube aber nicht, daß einer von Ihnen in der Lage sein könnte, diese unsere Haltung vor einem Völkerbund als illoyal zu bezeichnen, Sie, die seit vielen Jahrzehnten Geheime Räte, Minister und alles mögliche geworden sind auf dem Boden der Rechtsverwahrung, Sie, unter denen Dr. Kramáø auf dem Boden der Rechtsverwahrung sich als guter, ja vielleicht als der beste Österreicher bezeichnet hat, den Österreich gehabt hat. So bleibt allerdings vom Standpunkt des Völkerrechtes nicht anderes übrig, als den Sinn von Loyalität im Wortsinne zu nehmen, und Loyalität mit Gesetzmäßigkeit zu übersetzen Wenn dem aber so ist, dann kann ich sagen, wir wünschten nichts sehnlicher, als daß eine Prüfung durch den Völkerbund veranstaltet werde, selbst durch den so zusammengesetzten Völkerbund, über unsere Gesetzmäßigkeit und über Ihr Verhalten gegenüber den Minderheiten. Wir fürchten uns vor diesem ständigen Delegierten des Völkerbundes nicht, Sie aber haben mit Entrüstung die Mö lichkeit der Entsendung eines solchen Delegierten abgewehrt. Noch eines: Es kann der Einwand gemacht werden und ist mir auch im Ausschuß gemacht worden: Wie verhült sich der Hinweis auf die Gesetzmäßigkeit der deutschen Bevölkerung, den Sie zu Tausenden- und Tausendenmalen erbracht hat, mit den Worten, die hier von einem der Gemäßigtesten unter den Gemäßigten gesprochen worden sind und die angedeutet haben, daß auch ein Zeitpunkt kommen kann, wo es notwendig ist, Gewalt mit angemessener Gewalt zu vertreiben? Ich sage: Es ist ein Satz des allgemeinen und des besonderen Strafrechtes, daß der einzelne das Recht der Notwehr besitzt, daß, wenn jemand sich gegen meine Ehre, mein Leben, meine Freiheit oder mein Eigentum vergeht, ich das Recht habe, ihn mit allen angemessenen Mitteln von mir abzuhalten, und dieses Notwehrrecht der Person gilt auch für die Notwehr eines Volkes. Wir handeln, wenn wir in Notwehr handeln, immer noch auf dem Boden der Gesetze und des Rechtes, des innerstaatlichen Rechtes und insbesondere des internationalen Rechtes, das hier allein in Betracht kommt. (Posl. dr. Hnídek: Jenom s tím rozdílem, že o to, co jste øíkal, vám nejde! Vám nebìží ani o jmìní, ani o život, ani o svobodu, ani o nic! To je nìco jiného! - Hluk. Rùzné výkøiky.)

Místopøedseda Buøíval (zvoní): Prosím o klid!

Posl. dr. Kafka (pokraèuje): Herr Kollege Hnídek, wir können uns selbstverständlich darüber nie verständigen. Was wir ais Gewalt betrachten, betrachten Sie als Ausübung eines Rechtes. Aus diesem Grunde wäre es wünschenswert, einmal einen unbefangenen Beurteiler in unserer Mitte zu sehen und ihn zu fragen, ob wir oder Sie Recht haben.

Aus diesem Grunde, aus der ganzen Entwicklung des Rechtsempfindens in der Welt heraus betrachtet, wird das Minderheitsproblem in diesem Staate zu einem Problem des Staates.

Es gibt noch ein anderes Argument dafür, daß dieses Problem als Staatsproblem gewertet wird: das ist die ganze innerpolitische Situation dieses Staates. Glauben Sie wirklich, daß Sie mit dieser allnationalen Koalition auf die Dauer auskommen können? Glauben Sie wirklich, daß Sie eine Mehrheit auch im nächsten Jahr finden können, um noch einmal eine Verschiebung der Gemeindewahlen durchzudrücken? (Výkøiky: Gewiß!) Ich für meine Person wage daran zu zweifeln. Glauben Sie wirklich, daß Sie nach dem Ausgang der Gemeindewahlen, deren Richtung deutlich erkennbar ist, aus den Nachwahlen, die Möglichkeit haben werden, eine Majorität in diesem Hause aufzurichten? (Výkøiky: Die Bajonette werden das Übrige tun!) Auf die Bajonette kommen wir noch. Eine Majorität, die in diesem Sinn wirken kann, wie die jetzige? Nein, Sie können es nicht glauben. Deshalb frage ich die Parteien, welche nicht zu den nationaldemokratischen Chauvinisten gehören, wie sie sich die Entwicklung dieses Staates vorstellen und ob sie wirklich schon einmal soviel Pflicht und Verantwortungsgefühl aufgebracht haben, um sich vom Standpunkt des Staatsinteresses dieses Problem gestellt zu haben. Die Nationaldemokratie hat es sich leicht gemacht. Sie hat sich für die außenpolitische Seite des Problems folge de Formel zurecht gelegt: "Wir haben für eine gewisseAnzahl von Jahren durch das Geschick die Macht über Euch in die Hände bekommen; diese Macht muß konsumiert werden bis aufs Letzte; wir müssen versuchen, in diesen wenigen oder vielen Jahren dazu zu kommen, daß wir nach Möglichkeit das deutsche Element ausgemerzt haben - und damit Schluß." Das, meine sehr Verehrten, ist etwas, wozu Sie sich zu bekennen denn doch weigern werden. Im allgemeinen werden die Parteien dieses Bekenntnis abzulegen nicht geneigt sein, weil sie sich durch demokratischePhrasen in ihrem Programm selbst gehandikapt haben und weil vor allem ein einsichtiger Politiker einsehen muß, daß es mit diesen lächerlichen Mitteln gewaltsamer Kolonisation und Drangsalierung doch nicht angeht, eine bodenständige Bevölkerung auch nur um einen Streifen zu verdrängen. Die Nationaldemokraten haben aber auch für die innerpolitische Situation ein Hilfsmittel: Wenn nicht mit dem Parlament, dann kann es auch ohne das Parlament gehen, wenn es nicht mit dem Parlament geht, können wir auch zu einer Militärdiktatur greifen. Ich glaube, daß einige von Ihnen vielleicht nicht dagegen sein werden, auch den Versuch mit einer solchen kleinen Diktatur zu machen, aber die Militärdiktatur hat eine Eigenart! Diese Militärdiktatoren, meine Herren, wenden sich nicht nur gegen jene, gegen die sie gemeint sind, sondern wenn sie einmal auf ihren hohen Stühlen sitzen, dann kitzeln sie mit ihren Bajoneten auch solche, an die man zunächst nicht gedacht hat, und ich glaube, daß gerade die sozialistischen Parteien dieses Staates denn doch noch einige Einwendungen dagegen haben werden, wenn es sich um die Einsetzung einer derartigen frischfröhlichen Militärdiktatur handeln wird. Die Nationaldemokraten sind in einer beneidenswerten Lage Ihnen gegenüber. Sie sind folgerichtig von A bis Z, folgerichtig in ihrem Programm, Sie aber versagen vollkommen in dem Moment, wo man Sie vom Standpunkte des Staatsinteresses fragt: Wie wollt Ihr in diesem dringendsten Problem, der Minoritätenpolitik vorgehen! Wir haben noch nicht einmal eine Methode der Diskussion, geschweige denn das Thema dieser Diskussion abgegrenzt. Ich will hier das Wort "Demokratie ist Diskussion" nicht zitieren, mit aller, wie soll ich sagen, Reserve, will ich feststellen, daß ich von diesem vielzitierten Wort nicht entzückt bin. Diese Apercus haben den Nachteil, daß sie eine Seite des Gedankeninhaltes erschöpfen auf Kosten aller ander en. Demokratie ist viel, viel mehr als Diskussion. Aber man kann jedenfalls sagen: Diskussion gehört auch zur Demokratie und Demokratie ohne Diskussion ist unmöglich. Sieweichen aber auch der Diskussion aus, nicht nur deshalb, weil sie den Antrag der 117 abgelehnt haben ich meine, das war von Ihrem Standpunkt aus selbstverständlich, solange Sie in dieser glorreichen Koalition sitzen - sondern deshalb, weil wir die Methode der Diskussion noch nicht beherrschen. Denn wenn wir einmal miteinander sprechen, offiziell, nicht in den Couloirs, was sind dann Ihre Argumente, wenn wir unsere Forderungen bringen, ernsthaft und gedrängt von denen, die wir zu vertreten haben, unserer Verantwortung bewußt und erregt - was bringen Sie uns dann als Gegenargument? Dann sagen Sie: "Alles ist unwahr, was wier hier sagen!" Eine Lüge, die schon zu kurze Beine hat, als daß sie nur kurze Zeit noch gelten könnte. Meritorisch ist man aber noch nie auf unsere Forderungen eingegangen. Ich habe oft gefragt und Ihre Antwort war immer die gleiche - und ich nehme die Größten nicht aus von dieser Art der Diskussion, ich zitiere insbesondere den Herrn Dr. Kramáø, den ich sonst gewiß als geistig hochstehenden Menschen schätze - auch er hat doch nichts anderes zuwege gebracht, als dieses: Wie ist es uns ergangen im alten Österreich und wie wäre es uns ergangen, wenn Ihr gesiegt hättet! Eine solche Gedankenarmut von Argumenten, ein solcher Mangel an Sachlichkeit, ein solcher Hinweis auf eine Vergangenheit, über die hundertfach zu sagen wäre, wie oft und wieviel sie gerade für das èechische Volk bot, bei allem Unrecht, das Ihnen geschehen sein mag, und schließlich der lächerliche Hinweis auf das, was geschehen wäre, was also niemand weiß, dieses Hinweisen darauf, daß hie und da eine Gruppe im Deutschen Reich oder vielleicht hier unverantwortlich ein Programm für dieNachkriegszeit aufgestellt hat, diese pauschale, nicht ernst zu nehmende Behandlung der Angelegenheit, ist, glaube ich, einer Versammlung von Parteien nicht würdig. Das will ich noch hervorheben. Das ist Ihr beliebtes Experiment: Sie nehmen sich irgend etwas, was Ihnen gerade paßt, heraus und schmieden daraus pauschaliter Argumente gegen das Deutschtum oder die Minderheiten; wenn zwei oder drei unreife Knaben irgendwo, vielleicht in der Trunkenheit, Exzesse anstellen, dann fassen Sie das als Beweis germanischer oder deutscher Roheit auf. Wenn wir so pauschaliter vorgehen wollten - wir würden uns selbst schämen, zu solchen Mitteln zu greifen. Ich würde es niemals wagen, die Kulturhöhe der èechischen Nation zu beurteilen nach dem parlamentarischen Benehmen des Herrn Dr. Rašín oder nach dem besonderen Feingefühl für internationalen Takt, das Herr Dr. Mareš auf internationalen Kongressen zeigt. (Veselost na levici.) Wir haben also noch keine Methode der Diskussion, geschweige denn ein Ziel gefunden, und doch sage ich, daß es von Ihrem Standpunkt aus, vom Standpunkt des Staates, dessen Interessen zu vertreten Sie übernommen haben, eine dringendere Notwendigkeit ist, zu diskutieren und an ein Ende der Diskussion zu kommen als von unserem Standpunkt. Durch Verschiebungen und Vertagungen werden Sie nicht weiterkommen. Gestatten Sie, daß ich an ein Wort erinnere, das Napoleon über das alte Österreich geprägt hat, indem er sagte, es wäre seit je das Schicksal Österreichs, um eine Armee oder um eine Idee zu spät zu kommen. Sie haben die Erbschaft des alten Österreichs übernommen, Sie haben es in ganz eigenartiger Weise getan. Wir kennen Erbschaften cum beneficio inventarii und Erbschaften sine beneficio inventarii. Aber eine Erbschaft, die nur die Aktiven ergreift und die Passiven nicht, die haben wir im bürgerlichen Rechte nicht. Sie haben sich der materiellen Lasten, die mit dieser Erbschaft verbunden waren, entledigt, das heißt - ich will nicht pauschalieren, ich weiß, Sie haben die Vorkriegsrenten übernommen - Sie haben sich also zu einem großen Teil der Lasten entledigt, Sie konnten sich aber nicht entledigen der großen ideellen Schuldenpost, der größten Belastung des alten Österreich, der Belastung durch das Nationalitätenproblem. Nachdem Sie diese Erbschaft angetreten haben, haben Sie auch das geerbt, wovon Napoleon gesprochen hat. Wie es mit der Armee steht, weiß ich icht. Ich weiß es vorläufig nicht, denn ich glaube, bisher ist Ihre Armee nicht in Aktion getreten. Denn ich glaube an das Gefühl der èechischen Offiziere appellieren zu können, wenn ich sage, daß sie nicht den Wunsch haben dürften, daß jene Schlachten von Aussig, Eger, Graslitz, Asch usw., wo gewisse Kompa gnien einen Erfolg gegen wehrlose Bürger errungen haben - ich glaube kein einziger èechischer Offizier und kein ehrlicher Èeche überhaupt wird den Wunsch haben - diese Erfolge in Ihrer Kriegsgeschichte Auf nahme finden. Sonst weiß ich nicht, wie es hier in der Armee steht, ich spreche nicht darüber, es geht uns in diesem Zu sammenhange auch nichts an. Aber, meine verehrten Herren, auf einen Umsstand, nämlich daß es Ihnen leicht pas sieren kann, um eine Idee zu spät zu kom men, hinzuweisen, erachte ich denn doch für notwendig. (Posl. dr. Hnídek: My jsme, pane doktore, dokázali, že jsme ideovì vždy šli v èele ostatních státù! - Odpor nìmeckých poslancù.) Verehrter Kollege, viel leicht sind Sie da doch ein wenig in Ihrem Urteil befangen, da Sie jenen angehören, welche diese Fortschritte durchgesetzt ha ben. Ich will gar nicht leugnen, daß in die sem oder jenem Punkte vielleicht das èe chische Volk etwas getan hat, was andere Staaten noch nicht getan haben und was man eine Art Fortschritt nennen kann. Aber, was die Minoritätenfrage anlangt, möchte ich nur sagen, es gibt unter anderen einen Staat, der zwar kulturell sehr hoch steht, aber im politischen Leben doch keine besondere Rolle spielt, von dem festzustellen, ist, daß er weit, weit in der Lösung des Mi noritätenproblems vorausgegangen ist. Und das ist nicht die Schweiz, damit Sie nicht meinen, daß ich wiederum dieses lästige Beispiel vorbringe, das ist - verzeihen Sie das harte Wort - Finnland. (Posl. dr. Patejdl: Tam jsou minority loyální!) Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Patejdl, wenn Sie meine Ausführungen gehört hätten, so hätten Sie wohl feststellen können, daß die Loyalität, welche allein hier gemeint sein kann, das gesetzmäßige Handeln der Be völkerung, daß das in unseren Reihen, in den Reihen unserer Bevölkerung, weit, weit mehr als irgend jemand nach den Verhält nissen bei der Gründung des Staates annehmen konnte, vorhanden ist, ja daß wir über die Gesetzmäßigkeit hinausgegangen sind, daß die deutschen Beamten viel mehr geleistet haben, als ihre eigentliche Pflicht, daß viele Fachmänner von unserer Seite Ihnen in vielen Angelegenheiten weit, weit über dasjenige hinaus geholfen haben, was man als gesetzmäßigesHandeln bezeichnen kann. Das ist die Loyalität, und wenn wir uns schon über den Begriff der Loyalitätstreiten wollen: Warum sind Sie dann dagegen, daß jemand von dem von Ihnen mit geschaffenen Völkerbund herkommt, um zu prüfen, ob wir loyal sind oder nicht?


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