Úterý 30. kvìtna 1922

Auch bei der Mehlversorgung und beim Brot können wir ein Gleiches verzeichnen. Es wird wohl heute gesagt, der Arbeiter lebe billiger, weil er nicht mehr im Schleichhandel die hohen Preise für Mehl und Brot zu bezahlen habe. Es ist richtig, daß die hohen Schleichhändlerpreise nicht mehr zu bezahlen sind. Aber der Arbeiter hat wohl auch seinerzeit nur sehr wenig Mehl und Brot zu Schleichhandelspreisen kaufen können, er hat nur in der äußersten Not, solange er etwas zu veräußern hatte, ein Mobilar- oder Kleidungsstück im Haushalte übrig war, im Schleichhandel Nahrungsmittel besorgen können. Aber er mußte schließlich und endlich doch aufatmen, als die staatlich bewirtschafteten Preise, die im vorigen Jahre mit 3 Kronen per Kilogramm festgesetzt waren, aufhörten und nun im freien Handel 5 Kè per Kilo bezahlt werden mußten. Das staatliche Mehl ist nach Aussagen von Fachmännern zur Broterzeugung nicht geeignet und es muß hochwertiges Mehl zur Broterzeugung verwendet werden. Damit begründet man das Festhalten an dem verhältnismäßig hohen Brotpreis. Ein Fachmann hat mir vor kurzem mitgeteilt, daß der jetzige Brotpreis ganz unberechtigt ist, daß er im Verhältnis zum Getreide- und Mehlpreis um 1 Kè niedriger festgesetzt werden könnte, ohne daß Erzeuger und Händler eine Einbuße dabei erleiden müßten. Sie könnten auch bei diesem Preise einen berechtigten bürgerlichen Gewinn einheimsen. Die Mehlpreise sind gesunken, es müßte, wenn sich unsere steigende Valuta auch beim Einkaufe ausländischer Produkte auswirken würde, auch das Auslandsmehl billiger zu erhalten sein. Wenn aber trotzdem Mehl und Brot auf dem Markte teuer bleiben, so kann die Ursache nur nackter Egoismus und Wucher sein, und auch hier sehen wir, daß die Regierung nichts unternommen hat und nichts untern immt, um dem Wucher zu steuern.

Bei einem anderen wichtigen Nahrungsmittel, beim Zucker, sind wir auf dem besten Wege, zu unserem altösterreichischen Ausfuhrprämiensystem zu gelangen. Die Zuckerfabriken haben im alten Österreich Ausfuhrprämien, eine Subvention bekommen, die in der Zuckersteuer wieder vom Inlandskonsumenten bezahlt werden mußte. Nun, wir haben wohl gegenwärtig keine Prämien für unsere Zuckerbarone, aber die Regierung bewilligt die Aufrechterhaltung der bisherigen Preise, damit, trotzdem die Preise sich andernfalls günstiger gestalten würden, die Zuckerbarone im Auslande durch niedrigere Preise konkurrenzfähig auf dem Markt erscheinen können. Es ist das nur eine andere Form, in ihrer Wirkung aber gleich. Wiederum müssen die Inlandskonsumenten dafür zahlen und bluten, daß unsere Zuckerindustrie im Auslande zu ziemlich niedrigen Konkurrenzpreisen auf den Markt gehen kann.

Wir könnten noch mehrere Beispiele, und der Beispiele wäre eine Legion, anführen. Aber ich glaube, das Wenige genügt schon, um festzustellen, daß die Regierung dem Lebensmittelwucher die Mauer macht, daß sie nichts unternimmt, die Masse vor Verzweiflung zu bewahren. Wir müssen die Regierung von dieser Stelle aus fragen, was sie zu tun beabsichtigt, um diesen unhaltbaren Zuständen ein Ende zu machen. Wir müssen sie fragen, ob sie bereit ist, dem Brotwucher dadurch zu steuern, daß sie die Preise des Brotes fallweise den Getreidepreisen entsprechend durch Gesetz oder Verfügung der Regierung festlegt. Wir müssen weiter fragen, welche Schritte die Regierung zu unternehmen gedenkt, um die Herabsetzung des Zuckerpreises zu erreichen und der Preistreiberei der Zuckerbarone ein Ende zu setzen. Wir müssen sie fragen, ob sie bereit ist, die völlig freie Einfuhr für Lebendvieh zu gestatten und Gefrierfleisch in entsprechender Menge einzuführen und mit staatlichen Mitteln Einfuhr und Erstellung der Preise für Gefrierfleisch entsprechend günstig zu gestalten. Wir müssen weiters fragen, ob die Regierung bereit ist, im Verordnungswege die Vieh- und Fleischzölle außer Kraft zu setzen und die Tarife für Vieh- und Fleischtransporte durchzuführen. Wir wollen weiters noch fragen, welche Maßnahmen die Regierung zu ergreifen gedenkt, um die Errichtung von Schlachthäusern, Kühlanlagen usw. zu fördern.

Die Nationalversammlung nimmt nicht zum erstenmale zur Teuerung Stellung. Sie hat sich wiederholt mit dieser Frage beschäftigt, hat sich außerdem mit einer zweiten Frage, die damit in enger Verbindung stand, mit der allgemeinen Wirtschaftskrise, beschäftigt, die ja nebenbei noch die durch die Teuerung geschaffene schwierige Lage für die Arbeiter noch mehr verschärfte. Die Nationalversamm. lung hat nun, um allen diesen Schwierigkeiten energisch an den Leib zu gehen, Ende März dieses Jahres ein Ermächtigungsgesetz beschlossen, durch das der Herr Finanzminister ermächtigt wurde, einen langfristigen Kredit in der Höhe von 10 Millionen Pfund Sterling in England aufzunehmen. Der Zweck dieses Kredites sollte vor allem anderen die Herbeiführung der Stabilisierung unseres Kronenkurses sein, für den heute noch viele Kreise in der Regierung und auf der rechten Seite dieses Hauses dahingehend einstehen, daß die Krone noch mehr steigen soll, daß die Krone am Zürichermarkt bis auf 14 steigen möge, ungeachtet dessen, welche katastrophale Wirkung gerade diese Steigerung unserer Währung für unsere Industrie, besonders für den Export, bedeutet Weiters sollte mit diesem Kredit die Belebung der Industrie und die Vermehrung der Arbeitsmöglichkeit herbeigeführt werden. Wir warten nun, trotzdem die Krise Tag für Tag ungeheuerliche Formen annimmt, von Tag zu Tag unerträglicher wird, seit zwei Monaten vergeblich auf die Wirkung dieser Maßnahme. Das Parlament hat mit Verständnis versucht, einen Weg zu finden, durch den die größten Härten, die größten Schwierigkeiten der Gegenwart beseitigt werden können. Die Regierung läßt sich Zeit, die Regierung mißachtet all das, was in diesem Staate immer mehr zur Katastrophe führt und auch die Auswirkung dieser vom Parlament beschlossenen Maßnahme läßt auf sich warten.

Es würde wohl zu lange dauern, all die Fragen anzuführen, durch die die Regierung dazu beigetragen hat, die allgemeine Weltkrise gerade in diesem Staate zu einer speziell èechoslovakischen Krise auszugestalten. Wir können aber auch eines konstatieren, daß, wenn sie auch unzählige Fehlergemacht hat, sie nichts getan hat, um die Krise in ihrer Auswirkung irgendwie zu mildern. Die Gewerkschaften und die Vertrauensmänner und Funktionäre der Gewerkschaften in diesem Staate, vor allem der Metallarbeiter, hatten schon im Jahre 1919 die Regierung aufmerksam gemacht, daß, wenn nicht außergewöhnliche Maßnahmen ergriffen werden, wenn vor allem die Taktik, die Politik, die die Finanzverwaltung und der Herr Finanzminister in diesem Staate eingeschlagen haben, fortgesetzt wird, die größte Gefahr droht. Wenn durch die Depotsperre, wenn durch die Notenentwertung von Fall zu Fall, besonders bei der Einlösung der Noten, die Unsicherheit immer größer wurde, wenn außerdem die Kapitalsflucht dadurch gefördert und durch keine Maßnahme in diesem Staate gehindert wurde, wenn außerdem durch die Nichtanerkennung der Kriegsanleihen und der Guthaben unserer Industrie beim alten österreichischen Kriegsministerium und ihre Entkapitalisierung immer mehr gefördert wurde, wenn andererseits neben diesen Folgen die Regierung alles getan hat, um weiterhin das Wirken und das Wiederaufleben unserer Industrie zu erschweren, besonders durch ein unvernünftiges Steuersystem, durch Steuern, die die Industrie, besonders die Exportindustrie, ungeheuer belasten müssen, so hat sie sicherlich alles getan, um die Krise in diesem Staate zu verschärfen. Wir wissen ja, daß besonders die Kohlensteuer, die Kokssteuer, daß unser unvernünftiges Tarifsystem bei den Eisenbahnen, schuld sind, daß die Höhe der Tarife auf den Eisenbahnen in keinem Einklang steht zu den ausländischen. Wir wissen weiter, daß von Direktionsbezirk zu Direktionsbezirk die Tarife wieder von Anfang errechnet werden, alles also, was dazu beiträgt, unsere Warentransporte ins Ungemessene zu verteuern. Da dürfen wir uns nicht wundern, wenn der Industrie, der mittleren und kleinen Industrie, hinter der nicht die Großbanken stehen, jede Lust zu neuen Unternehmungen, aber auch jede Grundlage für das Wiederaufleben unserer Produktion und Industrie fehlen und zerstört wurden. Die großen Unternehmungen, hinter denen die Großbanken, wie die Živnostenská und andere stehen, haben wohl auch in der letzten Zeit, auch in den letzten Monaten, auch im letzten Jahre 1921, wie ja ihre Berichte ausweisen, Riesengewinne erzielt, sie haben auch in diesem letzten Kriegsjahre, trotzdem die Krise viele mittlere und kleine Betriebe zum Stillstand brachte, Millionen und Abermillionen an Übergewinnen erzielt und Sie wundern sich nun, daß die Arbeiterschaft, die den Dingen mit offenen Augen gegenübersteht, ungehalten ist, wenn sie aufgefordert wird, Opfer zu bringen, um der Industrie und der Volkswirtschaft in diesem Staate auf die Beine zu helfen. Auch in Bezug auf unsere Zollpolitik wäre wohl eine ganze Reihe von schweren Anklagen gegen die Regierung zu erheben.

Ich möchte aber von dieser Stelle aus den Herrn Finanzminister fragen, ob es wahr ist, was mir ein einflußreicher und angesehener Mann aus der Industrie vor Kurzem erklärte, daß die Skodawerke in Pilsen von Zollabgaben bei der Einfuhr der Maschinen und anderem Material befreit sind. (Hört! hört!) Wenn das Tatsache wäre, so wäre das ein Skandal sondergleichen, ein Skandal, der an offene Korruption grenzt oder ist. (Výkøiky na levici.) Wir haben weiter konstatieren müssen, daß die Unternehmungen bis heute unkontrolliert bleiben und daß der Staat nichts vorgesehen hat, um festzustellen, ob die erzielten Gewinne der Kriegszeit auch noch vorhanden sind. Wir haben seinerzeit die Beschlagnahme der Kriegsgewinne wohl verlangt. Es ist aber nicht geschehen und wir sehen, daß nichts unternommen wird, um auch heute die Tätigkeit und das Wirken der Banken, die Gewinnausschüttung der großen Unternehmungen, von Seite des Staates zu kontrollieren.

Die Vertreter der deutschen Arbeiterschaft in diesem Hause haben nicht einmal, sondern dutzendemal sich mit dieser Frage beschäftigt, ohne Erfolg. Wir haben wohl Versprechungen erhalten, aber zwischen Versprechen und Halten macht unsere Regierung jedesmal einen großen Unterschied. Wir fragen nun die Regierung, ob sie geneigt ist, binnen 8 Tagen vor allem anderen Bericht darüber zu erstatten, was mit den 10 Millionen Pfund Sterling geschehen ist, wozu diese Anleihe verwendet wird oder wurde, beziehungsweise inwieweit sie flüssig gemacht wurde. Wir haben weiter im Staatsvoranschlag für 1922 eine Investitionsanleihe, eine Anleihe für Investitionsarbeiten von 3 1/2 Milliarden vorgesehen, 2 1/2 Milliarden für die Eisenbahnen, 1 Milliarde für Bauten und öffentliche Arbeiten. Wir wollen auch da wissen, was damit geschehen ist, beziehungsweise was die Regierung in dieser Angelegenheit veranlaßt hat. Wir wollen fragen, wie die Regierung die Mittel für die Investitionen aufbringen will. Die Waggonfabriken in Böhm.-Leipa, in Stauding, in Nesselsdorf stehen vor dem Stillstand, sie erhalten keine Staatsaufträge mehr mit der Begründung, daß die Eisenbahnverwaltung kein Geld für die weitere Beschaffung von Waggons und Transportmitteln zur Verfügung hat. Wir haben eine weitere wichtige Frage. Ich will sie nur nebensächlich behandeln. Es ist die Frage des Wohnungsbaues. Ich will nicht vom Wohnungselend sprechen, aber die Frage des Wohnungsbaues und ihre Förderung sind wichtig für die Wiederbelebung unserer kleinen und mittleren Industrie. Wir müssen auch hier die Regierung fragen, wann sie endlich einmal ein entsprechendes Gesetz vorlegen wird, das sie uns versprochen hat und das wir wiederholt gefordert haben. Wir müssen weiter, nachdem wir wissen, was besonders unsere Industrie hart belastet, eine Forderung an die Regierung stellen, die auch in Regierungskreisen schon Anklang findet, schon diskutiert wird, schon Sympathien erworben hat: das ist vor allem die wiederholt geforderte Aufhebung der Kohlensteuer, die Aufhebung der Kokssteuer, die Reform der Umsatzsteuer, die z. B. in der Emailindustrie, wenn die Ware ins Magazin gelegt wird, schon 8 1/2% beträgt. Wir müssen weiter fordern die sofortige Umrechnung, beziehungsweise Reformierung der Eisenbahntarife. Wir müssen die Regierung auch in diesen Belangen fragen, wann sie geneigt ist, eine entsprechende Vorlage einzubringen. Abbau der Kokssteuer, Reform der Warenumsatzsteuer, Reform der Eisenbahntarife und Herabsetzung derselben sind die wichtigsten Vorbedingungen für einen Teil des von den Arbeitern ersehnten Preisabbaues, jenes Preisabbaues, der einzig und allein den Arbeitern die Möglichkeit gibt, auch zum Lohnabbau in der von bürgerlichen Kreisen gewünschten Form Stellung nehmen zu können. Der Herr Finanzminister hat bisher, wie ich erfahren habe, erklärt, er könne auf diese Steuern nicht verzichten, er könne einem Abbau dieser Steuern nicht zustimmen. Sehr geehrte Damen und Herren, wenn der Herr Finanzminister glaubt, durch die Negation aller Notwendigkeiten, die ich da angeführt habe, die Situation zu bessern, irrt er sich. Wir wissen, daß die Ziffern im Voranschlag des Herrn Finanzministers ohnedies zum Teil fiktive sind, man hat sie aufgebaut auf die Zeit der Prosperität, der Hochkonjunktur der Jahre 1919 und 1920. Wenn der Herr Finanzminister nun aber glaubt, daß er durch die Ablehnung dieser wichtigen Anträge, die wir da stellen, die finanzielle Situation dieses Staates bessern und retten könne, so irrt er sich. Wenn er diese Erleichterungen nicht bewilligt, wenn die Regierung dem Standpunkt des Herrn Finanzministers nachgibt, dann können wir feststellen, daß wir in drei bis vier Monaten mit dem überwiegenden Teil, wenn nicht der gesamten Industrie, vollständig zum Stillstand kommen. Steht die Industrie still, dann kann der Herr Finanzminister weder Kohlen- noch Kokssteuer, noch Umsatzsteuer, noch Erwerbs-, noch Einkommensteuer haben, weil dann überhaupt jede Steuerleistung aufhört. Der Herr Finanzminister möge sich sehr gut überlegen, und die Regierung möge alles tun, um jene von uns angeführten Maßnahmen zu ergreifen, damit der Stillstand der Industrie hintangehalten wird. Wir haben schon jetzt zu verzeichnen, daß das ungeheure Glück, das diesem Staate bei seiner Erschaffung zur Seite stand, ein ungeheurer Reichtum an Industrie, von den Regierungen dieses Staates nicht gewürdigt wurde. Unsere Industrie wird, so wie wir schon im Jahre 1919 vorausgesagt haben, zum erheblichen Teile zum Absterben kommen. Die Absatzgebiete gehen uns immer mehr und mehr verloren, wir werden bei der gegenwärtigen Wirtschaftspolitik unseres Staates nicht mehr imstande sein, für unsere Industrie genügend Aufträge und Arbeit zu bekommen. Stillstand der Industrie bedeutet aber Wirtschaftskatastrophe und der Wirtschaftskatastrophe folgt - da können die Herren versichert sein - in diesem Staate die politische Katastrophe auf dem Fuß, Wenn Sie die Arbeiterschaft durch Fortsetzung der bisherigen Politik noch mehr zur Arbeitslosigkeit, noch mehr zu Not und Verzweiflung drängen, dann werden sie letzten Endes nicht Revolution aus politischen Motiven, sondern eine Revolution der Verzweiflung in diesem Staate haben. Ob dieser Staat so fest fundiert ist, daß er eine Revolution der Verzweiflung aushält, möchte ich dahingestellt sein lassen. Wir haben wohl nach vielem Drängen in diesem Staate mit Rücksicht auf die sich mehrende Arbeitslosigkeit durch Verbesserung des früheren Arbeitslosenfürsorgegesetzes der Regierung Mittel in die Hand gegeben, der Arbeitslosigkeit zu steuern. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. Hruban.)

Es wäre ja schön, dieses Kapitel länger zu behandeln, ich will nur ganz kurz darauf eingehen. Das Ministerium für soziale Fürsorge bemüht sich mit dem kleinen Kapital, das ihm zur Verfügung gestellt wurde, 75 Millionen Kronen für das ganze Jahr, auszulangen. Nicht die Milderung der Not, nicht die Notwendigkeit, die eigentlich hier maßgebend sein sollte, sondern der Geldvorrat bestimmt die Entscheidung des Herrn Ministers für soziale Fürsorge, wenn die Frage der Unterstützung der Arbeitslosen von ihm behanhelt wird. Wir sehen eine ungeheure Menge schikanöser Bestimmungen und Verfügungen des Ministeriums, die eine ganze Reihe von Arbeitslosen aus dem Unterstützungsbezug ausschalten, so bei den Familienangehörigen; ich habe z. B. in den letzten Tagen in Pürstein Fälle erlebt, wo Familienangehörige von 25 Jahren, die wohl in dem Häuschen des Vaters wohnten, aber nicht mehr als Familienangehörige angesehen werden können, aus der Unterstützung ausgeschieden wurden, weil sie dort bei den Eltern wohnten. Man erklärte bei Interventionen, daß diese Leute in Kost und Logis sind und bezahlen müssen, und wenn sie arbeitslos sind, nicht dort bleiben können, wurde erklärt, sie sollen einfach in die Heimatsgemeinde abreisen. Was sie in der Heimatsgemeide sollen, wo sie ebenfalls aus der Unterstützung ausgeschieden werden, hat der betreffende Referent des Ministeriums für soziale Fürsorge nicht gesagt. Das Kapitel ist so umfangreich, daß man darüber stundenlang sprechen könnte. Bei den Arbeitslosen wird gespart, für die Arbeitslosenfürsorge werden 75 Millionen und nicht mehr ausgegeben. Beim Militarismus werden Milliarden bewilligt und es kommen immer wieder Nachtragskredite und Nachtragsforderungen des Herrn Ministers für Nationale Verteidigung, die wieder in die Milliarden gehen, und sie werden ruhig von der Majorität dieses Hauses bewilligt. Wir haben in diesem Staate gegenwärtig infolge der ungeheuer schweren Wirtschaftskrise 1/2 Million Arbeitslose und Kurzarbeiter. In der wichtigsten Industrie, in der Metallindustrie, zirka 45%, bei den Textilarbeitern haben wir zirka 82.000 Arbeitslose und Kurzarbeiter von 172.000 Arbeitern. Es würde auch hier reizen, auf die Ziffern einzugehen, aber die Zeit ist zu kurz und wir haben einige andere wichtige Fragen zu besprechen. Ein bedenkliches Symptom, ein Menetekel für die Majorität des Hauses, ist der große Kampf, der gegenwärtig in Zentralböhmen zwischen Kapital und Arbeit ausgefochten wird. Seit drei Wochen stehen zirka 30.000 Metallarbeiter im Streik und zwar deshalb, weil die Unternehmer ihnen 15 bis 20% vom Lohn abbauen wollen, 15 bis 20% - offiziell. Inoffiziell, wie führende Herren in der èechischen Unternehmerorganisation an anderer Stelle erklärten, 15% Lohn, alle Zulagen, ohne Termin, das heißt zirka 30 bis 35 %, und alle 14 Tage, wenn es ihnen genehm ist, die Wiederholung. Die Metallarbeiter konnten sich mit Rücksicht auf die steigende Tendenz der Preise der wichtigsten Lebensmittel und mit Rücksicht darauf, daß der Realwert des Lohnes noch tief unter dem Realwert des Lohnes von 1914 steht, diesen Abzug nicht gefallen lassen, sie haben ihn infolgedessen abgelehnt. Die Folge ist der Kampf gewesen. Die Metallarbeiter haben bisher in den letzten drei Wochen den Unternehmern gezeigt, daß sie alle, über 30.000, solidarisch für ihren Standpunkt eintreten. Die Unternehmer glauben, daß sie die Arbeiter durch Ausdehnung und Verlängerung des Kampfes werden mürbe machen können. Sie hoffen, daß eine Zersplitterung der Arbeiterschaft herbeigeführt wird, sie hoffen, daß ein Teil des Kampfes müde wird und die Arbeit zu den Bedingungen aufnimmt, wie sie die führenden Herren des "Svaz" vorschreiben. Es sei von dieser Stelle aus gesagt, daß hinter den Metallarbeitern Mittelböhmens nicht nur ihre Berufskollegen aus den übrigen Landesteilen, sondern die gesamte Industriearbeiterschaft Mittelböhmens steht. Es wird den Herren nicht gelingen und nicht möglich sein, jenen Lohnabbau zu diktieren und jene Bedingungen aufzuoktroyieren, die sie heute als Friedensbedingungen festgesetzt haben. Der Lohnabbau, gegen den die Metallarbeiter ankämpfen, ist nicht eine Restringierung des Einkommens glatt, sondern bedeutet in diesem Falle einen Abbau an der Lebenskraft des Arbeiters, weil der Lohn des Arbeiters kaum etwas darüber hinausreichte, die Magenbedürfnisse zu befriedigen, von anderen Anschaffungen nicht zu reden. Es handelt sich aber nicht allein um Lohnabbau. Die Herren Unternehmer haben noch andere Absichten und ich möchte zum Schluß von hier die Warnung aussprechen, daß sie die Absichten, noch mehr die Erfolge des Umsturzes, der Revolution vom Jahre 1918, den Arbeitern zu nehmen, schön beiseite lassen sollen. Wir warnen die Unternehmer vor allem anderen, ihre Absicht, dir in einer Sitzung, welche vor einigen Tagen hier in Prag stattgefunden hat, und zwar im Gewerberat im Sitzungssaal des Handelsministeriums, wo die Frage des Achtstundentages beraten wurde, durchzuführen. Unter Assi tenz des Herrn Abgeordneten Petrovický wurde dort der Beschluß gefaßt, daß alle Industriellen, alle Gewerbetreibenden aufgefordert werden sollen, Material zu sammeln, das den Beweis erbringt, daß der Achtstundentag beseitigt werden muß. Die He en rüsten also, kaum daß der Lohnabbau eingesetzt hat, zu der Zeit, wo Tausende Arbeiter mit den Unternehmern gegen den Lohnabbau ringen, gegen eine der wichtigsten Errungenschaften, gegen den Achtstundentag. Es ist eine Schmach für die nationaldemokratische Partei, daß ein Abgeordneter gerade ihrer Partei sich zu dieser Handlung hergibt. Wir sagen denHerren an dieser Stelle: "Hand weg vom Achtstundentag, sonst dürfte ein Sturm entfacht werden, der wahrscheinlich jene die gegen dieses wichtigste Postulat der Revolutionsperiode ankämpfen, hinwegfegen dürfte." Wir warnen die Regierung, diese Bestr bungen zu unterstützen oder sich darauf einzulassen, diesen Kampf wieder zu ihrem Kampf zu machen und vielleicht auch auf diesem Gebiete und in dieser Frage bahnbrechend für die Unternehmeg zu wirken. Wir warnen die Regie rung, ihre bisherige verfehlte Politik fortzusetzen. Wird sie unsere Warnung nicht hören, dann wird das eintreten, was ich vorhin sagte, die wirtschaftliche Katastrophe, die politische Katastrophe, die Revolution der Verzweiflung, und wenn die Herren, die diesen Staat gebildet haben, ihn nicht selbst zertrümmern wollen, dann mögen sie die Stimme hören, die von hier aus erschallt, sie hören, solange es noch Zeit ist. (Souhlas a potlesk na levici.)

5. Øeè posl. dr. Hanreicha (viz str. 650 tìsnopisecké zprávy):

Seit den zwei Jahren, die wir in diesem Hause als Vertreter des Volkes tagen, haben wir bisher bloß Stunden den wirtschaftlichen Fragen gewidmet. Im Vordergrunde standen bisher die politischen Fragen, die Kontroversen zwischen den einzelnen Nationen und zwischen den einzelnen Parteien und wenn schon Wirtschaftsfragen zur Sprache kamen, so waren sie so stark durchsetzt von Motiven der Partei- und nationalen Politik, daß auf eine gedeihliche Lösung von Wirtschaftsfragen niemals gerechnet werden konnte. Nur von ganz ferne warfen die wirtschaftlichen Wogen des Lebens den Widerschein in das Haus und wenn es geschah, so wurden sie gewertet, als ob das Haus mit diesen Fragen nichts zu tun hätte. Und schon der Zeitpunkt, in dem wir heute wieder diese Debatte abführen, ist ein Zeichen dafür, wie wenig Wert auf wirtschaftliche Fragen gelegt wird. So zwischen Tür und Angel, rasch vor Torschluß, sollen in ein paar Nachtstunden diese unliebsamen Fragen abgetan werden, mit denen sich die Regierung und die Mehrheitsparteien des Hauses scheinbar so ungern abgeben. Wir sind überzeugt davon, daß sehr bald die Zeit kommen wird, wo diese Fragen den Herren von der Mehrheit jedenfalls über den Kopf wachsen werden, wo sie nicht mehr genug Dämme werden aufbauen können, um diese Wogen zurückzuhalten. Wir Deutsche haben rechtzeitig unsere warnende Stimme erhoben und haben darauf hingewiesen, daß die wirtschaftlichen Fragen dieses Staates eine Remedur erheischen. Wir haben seinerzeit vor Jahr und Tag bereits darauf hingewiesen, daß die verfehlten Regierungsmaßnahmen hauptsächlich schuld an der verfehlten Wirtschaftspolitik dieses Staates gewesen sind und an den Krisen, die jedenfalls heraufbeschworen werden müssen. Schon die Gründung des Staates, die Gründung eines wirtschaftspolitischen Wechselbalges, sie gab uns die Sicherheit, daß wirtschaftspolitisch in diesem Staate kein Vorwärtskommen sein kann. Wie stolz war man doch darauf, daß man den Großteil der altösterreichischen Industrie im Rahmen dieses Staates glücklich erbeutet hatte. Wie stolz war man darauf, daß die Mehrzahl der Kohlengruben, der Großteil der Erzförderung, der größte Teil der Textilindustrie in diesem Staate sich zusammenhäufte, ohne daran zu denken: Wie werden wir dieser Industrie die Beschäftigung geben, wie werden wir dieser Industrie den Absatz verschaffen, den sie bisher gehabt! Man tröstete sich, daß Staaten wie die Schweiz und Belgien ja noch weit größere Industriemassen in ihrem Lande hatten und daß es diesen Industrien möglich war, wettbewerbsfähig in der Welt dazustehen. Man vergaß aber ganz, daß diese Industrien bereits vor dem Kriege auf den Wettbewerb zwischen den einzelnen Staaten eingestellt waren und daß unsere Industrie im alten Österreich ein gesichertes Absatzgebiet hatte, und dieses gesicherte Absatzgebiet ist uns durch die Friedensverträge verloren gegangen. Und man hat von Seite der regierenden Männer auch alles getan, um die Trennung von den wirtschaftlich schwächeren Teilen der Monarchie so gründlich durchzuführen, als nur überhaupt möglich. Und die Valutatrennung! Sie war eigentlich das größte Schädigungsmittel, das die èechoslovakischen Länder von den übrigen Ländern Europas trennen sollte, und diese Trennng wurde mit Eigenwillen vollzogen; und die Valutatrennung und die Hebung unserer Valuta ist aber auch heute der Hauptgrund, warum wir in Österreich, in Ungarn und in Polen nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Wir haben seinerzeit ganz stolz erklärt, wir haben alles und wir geben nichts her. Und die große Agitation, die die èechischen Brüder in Deutschösterreich bei den èechischen Wienern einleiteten, sie lautete immer: "Kommt nur zu uns, bei uns ist alles im Überfluß." Schon damals haben wir von der landwirtschaftlichen Seite davor gewarnt, sich darauf zuviel einzubilden. Es könnte auch ei nmal die Zeit kommen, wo wir eben nicht zuviel haben, und wo wir Wert darauf legen würden, etwas verkaufen zu können. Das ist heute eingetreten. Und wenn schon Export bei uns betrieben wurde, so war der Staat der erste, der an dem Export verdienen wollte. Als wir seinerzeit noch die Gerste um 70 Kronen per Meterzentner lieferten und als die Bauern dagegen remonstrierten und als flinke Legionäre in die Bauernmassen hineinschossen, da hatte unser Herr Èerný, der damalige Statthalter, bloß eine Entschuldigung: "Ihr Bauern versteht die Politik nicht, denn der Staat nimmt bei Euch die Gerste um 70 Heller das Kilo, aber das Malz verkaufen wir ja um 7 Kronen das Kilo ins Ausland!" Deswegen mußten unsere Leute ausgeplündert werden und mußte Not im eigenen Lande sein, damit die Regierung für ihre wahnsinnigen Rüstungspläne und ihre wahnsinnige Korruption, die sie im In- und Auslande betreibt, das nötige Geld aufbringen konnte. (Sehr richtig!) Und als seinerzeit die Zuckerpreise in die Höhe gehen sollten, da hat uns ein einstimmiges "Nein" entgegengeklungen, nicht nur von unseren lieben Freunden, den Herren Sozialdemokraten, sondern es hat sich auch die Regierung stark dagegen ausgesprochen, und zwar aus sehr begreiflichen Gründen. Für die Produktion eines Waggons Zucker haben wir seinerzeit die Rübe durchschnitlich um den Preis von 10.000 Kè geliefert und die Regierung hat beim Export eines Waggons Zucker die Kleinigkeit von 100 bis 120.000 Kè verdient. Wer natürlich gewagt hätte, die Herren Kettenhändler, Preistreiber oder sonst etwas zu nennen, würde jedenfalls schlecht angekommen sein, und wenn man natürlich verlangt hätte, daß der Rübenpreis etwas erhöht wird, weil auch wir leben wollen, weil auch wir den landwirtschaftlichen Arbeiter bezahlen müssen, und zwar so bezahlen wollen, daß er bei seiner schweren Arbeit leben kann, dann natürlich war wieder die Regierung da. Sie hätte zu wenig verdienen können. Mit der Baumwolle war es eine ähnliche Geschichte. Die Herren glaubten ein großes Geschäft dabei zu machen, sie importierten, ließen aber nicht den Fabrikanten importieren, sie importierten selber und wollten selber dabei die großen Gewinne einstecken. Und als die Sache schief ging, wurde sie auf die Fabrikanten überwälzt, und die waren nicht so dumm, daß sie den Schaden getragen hätten und überwälzten ihn natürlich weiter auf die Konsumenten, auf die Arbeiter, die Bauern, auf die Beamten usw. Und die Kohlensteuer ist der sicherste Beweis dafür, wie verrückt die Wirtschaftspolitik des Staates ist. Wir bezogen in meiner Gegend seinerzeit den Meterzentner preußisch-schlesischer Kohle samt allem, was drum und dran hängt, um 90 Kreuzer bis um einen Gulden. Und heute kostet die oberschlesische Kohle 70 bis 75 Kronen, heute kostet die Ostrauer Kohle, wobei gewöhnlich 30% Steine darin sind, weil so schlampig gearbeitet wird, 60 Kè, bloß 30- bis 35mal soviel wie anno dazumal! Und wieder erhebt sich die Frage: Wer ist schuld daran? Die wahnsinnigen Tarife auf den Eisenbahnen, die wahnsinnige Besteuerung, die auf die Kohle schon im Werk selbst gelegt wird. Und man vergißt ganz, daß diese indirekte Steuer selbstverständlich Handel und Wandel, jedes Gewerbe, jede Industrie kolossal belastet, daß auf jedes Stück Leder, auf jedes Stück Leinwand, auf jeden wichtigsten Bedarfsartikel, den heute der einfache Mann kauft, ein Teil dieser indirekten Steuer mitentfällt. Man hat auch eine Zeit lang mit den Ausfuhrverboten wunderschön gearbeitet. Ihnen standen natürlich Einfuhrverbote gegenüber, und wir können sagen, daß die Landwirtschaft meiner Gegend, die südmährische Landwirtschaft, gerade durch das Ausfuhrverbot kolossal geschädigt worden ist. Vor dem Kriege haben wir unsere Produkte ausnahmslos nach Wien befördert. Und als der Umsturz da war, wurden die Grenzen gesperrt und eine chinesische Mauer längs der Grenze gezogen. Wer allerdings mit den damaligen Legionären usw. halbwegs zu reden verstand, - es war dabei nicht notwendig, daß er vielleicht èechisch konnte, er brauchte bloß jene internationale Verständigungssprache zu gebrauchen (Veselost na levici.), vor der sich natürlich alle Tore, auch chinesische Mauern öffnen, dem taten sie sich natürlich auf. Es ist sicher, daß die Leute etwas hinausbrachten, aber im großen und ganzen sind die Maßnahmen damals schuld daran gewesen, daß ein wirtschaftlicher Schaden von vielen Millionen in einem ganz eng begrenzten Raume ange richtet worden ist. Und als man im Jahre 1921 bereits hätte exportieren können, da hatten bereits die Österreicher und Baiern, die unsere Abnehmer für unsere Gurken, Paradeisäpfel und sonstiges Gemüse waren, die Sache im eigenen Lande ausprobiert und standen nicht mehr um unsere Erzeugnisse, und auf weiten Gebieten, wie die Schotterhaufen auf der Straße, sind fuhrenweise diese wertvollen Produkte zugrunde gegangen. Nun, meine Herren, nicht nur diese Maßnahme, auch die Maßnahme der Zwangswirtschaft, dieses unglaublichen Schwindels, der an der breiten Öffentlichkeit verübt worden ist, sind Schuld gewesen, daß unsere wirtschaftliche Lage sich nicht rechtzeitig konsolidieren konnte. Als wir ins Parlament eingetreten waren, hat mein Kollege Heller einen Antrag wegen Aufhebung der Zwangswirtschaft eingebracht. Im Initiativausschuß wurde dieser Antrag dem Herrn Kollegen Srba als Referenten zugeteilt. Nachdem ich das wußte, wollte ich mich auf parlamentarisches Verhandeln einlassen und habe den Herrn Kollegen Srba ersucht, er möge sein Referat möglichst rasch erstatten, worauf er meinte: "Pardon, Herr Kollege, für das Jahr 1920 haben wir schon eine Regierungsverordnung, das ist doch schon erledigt! Erst im Jahre 1921 können wir davon reden." So stellt sich Herr Srba wahrscheinlich die Demokratie vor, die er selber vertritt, - er hat es ja schon im Titel seiner Partei eingetragen - Sozialdemokratie, wenn er der Regierung das Pouvoir gibt, etwa, womöglich durch Verordnungen, dem Parlamente Arbeit abzunehmen. Im Jahre 1921, da saß er als Ernährungsminister auf einem wichtigen Posten und da kam die berühmte Verordnung, die im Einvernehmen der èechischen Koalitionsparteien von der Regierung gemacht worden war; und es war so wunderschön, wenn man in den Versammlungen draußen hörte: "die Agrarier werden über Minister Èerný schimpfen, daß er der Böse ist, welcher die Verordnung gegen die Agrarier gemacht hat". Und die Herren Sozialdemokraten haben genau so auf Èerný losgedroschen: "Er ist schuld daran." Das ist das Wunderschöne an einer Beamtenregierung, und ich glaube, wenn es sich unlängst der Herr Ministerpräsident vielleicht überlegt hätte, doch zurückzutreten, hätte man wahrscheinlich doch wieder den Ausweg zu einer Beamtenregierung finden müssen, weil das das Bequemste ist bei dem politischen Schwindel, der heute an der Tagesordnung ist. Wir wollen uns aber heute das eine zu fragen erlauben: Wer wird das Defizit decken, das durch die staatliche Ernährungswirtschaft enstanden ist? Wir haben in ganz kleinen Bezirksgetreideämtern Abgänge von 1/2, einer ganzen und auch mehreren Millionen (Hört! Hört!) und wir können, obwohl uns die Sache schon unglaublich interessiert, bis heute nicht erfahren, wann die Liquidation des Ernährungsamtes durchgeführt wird und wieviel Defizit dabei herauskommen soll. Am meisten interessiert mich das eine, wieso heute bei dem Überschuß an Mehl, an dem scheinbar unser Herr Minister gelitten hat und noch weiter leidet, daß er es gar nicht mehr absetzen kann, womit er es begründen will, daß heute noch immer draußen Rückstände aus den Jahren 1920 und 1921 bei den Bauern eingetrieben werden, (Unerhört!) und womit es dieser Herr rechtfertigen will, daß heute auf einen Zentner nichtgeliefertes Getreide 1000 Kè Strafe eingehoben werden sollen. Unlängst erst ist mir der Fall passiert, daß man eine Bäuerin für die nicht vollständige Lieferung vom Jahre 1919 zuerst zu 1000 Kè Strafe verurteilte; und als sie die Strafe nicht binnen 8 Tagen bezahlte, wurde sie aufgefordert, im Bezirksgericht zum Strafantritt auf einen Monat Arrest zu erscheinen. Und da hat der Herr versichert, daß die alten Strafen nachgesehen sind. Diese Gewalttaten werden draußen verbrochen und hätte ich nicht rechtzeitig eingegriffen, die Gendarmerie wäre in dem Dorfe erschienen. Man darf sich nicht wundern, daß die Landleute sich das ni cht mehr bieten lassen, daß sie heute willens sind, auch die bewaffneten Büttel dieses Mißgesetzes zu Boden zu werfen und aus den Dörfern hinauszujagen. Sie dürfen nicht glauben, daß es ewig so weiter geht. Die moderne Robot, die uns die Herren in diesem Hause aufgepelzt haben, die lassen wir uns nicht gefallen, und ob sie auch mit Ihren roten Bataillonen kommen, wir werden Ihnen unsere Bataillone entgegenstellen und diese Robot, die werden wir uns verbieten. Und das sage ich offiziell dem Herrn Minister, er solle es sich überlegen, mit den Eintreibungen der 1000 Kronen-Strafe Ernst zu machen. Wir sind nicht willens, sie zu bezahlen, weil wir nicht die Kontrolle haben, was der Herr Minister mit diesem Gelde macht. Wir haben bis heute keine Abrechnung über die Staatsgebahrung erhalten, wir haben keine Kontrolle über das Geld und über die Gebahrung damit; infolgedessen können wir nicht Geld geben, das unkontrolliert bleibt. Und wir müssen uns dagegen verwahren, daß diese Praktiken weitergetrieben werden.


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