Ètvrtek 26. ledna 1922

Subventionen für Wohnungsbauten abera werden nur versprochen, erfüllt werden sie nicht. Ich habe einen geradezu klassischen Fall erlebt, und die Antwort, die ich vom Ministerpräsidenten erhielt, ist ein sprechendes Beispiel für die Zustände in dieser Republik. Der Stadtgemeinde Falkenau, eine Stadt, in der es seit Menscheengedenken keine Garnison gebeben hat, soll eine Garnison auferlegt werden, vielleicbt aus Angst vor den Bergarbeitern, die hie und da Lohnkämpfe führen, vielleicht auch aus strategischen Gründen gegen Deutschland, gegen Baiern und Sachsen, weil man Angst hat, die könnten einmal über Waldsassen und Eger zu uns hereinkommen und die Èechoslovakei bedrohen. Wir sind der Meinung, wenn die èechoslovakische Militärverwaltung aus strategischen Gründen Kasernen baut, möge sie sich sie gefälligst selber bauen. Daß man aber eine deutsche Gemeinde zwingt, brutal zwingt, Kasernen zu bauen, ist ganz ungerechtfertigt. Man will sie zwingen, ein ehemaliges herrschaftliches Gebäude herzugeben, ohne Rücksicht darauf, wo die darin wohnenden Steuerzahler und Bürger untergebracht werden sollen. Daß die Stadtgemeinde die Hand dazu hergeben soll, die Bürger und Bewohner dieser deutschen Stadt auf das Pflaster, auf die Straße zu werfen, ist unerhört. Die Stadtgemeinde wird für den Fall, als sie nicht imstande ist, das Verlangen der èechoslovakischen Militärverwaltung zu erfüllen, mit der ber ühmten Einzeleinquartierung bedroht. - Dies in demselben Staat, in dem die Stadtgemeinde Falkenau unter ungeheueren Opfern Wohnungsbauten für Arbeiter hergestellt hat, der man zwar Subventionen versprochen, leider aber keinen Heller ausgezahlt hat. Daß wir gegen eine derartige brutale Behandlung einer deutschen Gemeinde in ihrer finanziellen und wirtschaftlichen Not protestieren, ist kein Zweifel. Wir wären sehr begierig, ob der Herr Kriegsminister imstande ist, auch auf diese Anklage und auf diesen Vo rwurf eine befriedigende Antwort zu geben. Das gute Einvernehmen zur Bevölkerung wird natürlich auf diese Weise kaum hergestellt werden. (Pøedseda zvoní.)

Und nun, meine sehr geehrten Herren und Damen, werde ich, der Ermahnung des Herrn Präsidenten - ich habe zwar nicht gehört, daß eine Redezeit festgesetzt wurde - folgend, schließen und noch auf zwei Worte hinweisen: Es hat da in der Budgetdebatte einer von ganz rechts oben, vom äußersten Himmel oder vom äußersten Berg gemeint, es werde einmal die Zeit kommen, wo wir Deutsche von diesem Staate sagen werden: "Unser Staat". Andererseits hat der Generalberichterstatter über den Staatsvoranschlag gestern die Liebenswürdigkeit gehabt, ein Haar in der Suppe zu finden, daß wir Deutsche so manchmal noch "Deutschland, Deutschland über alles" singen. Da diese Art von Berichterstattung von uns als Unrichtigkeit und Ungehörigkeit empfunden wurde, lege ich hiemit gegen diese Art nachträglicher Ankämpfung namentlich gegen Nichtgesagtes Protest ein und erkläre: allerdings, "Hrom a peklo" werden wir nicht singen. Wir haben aber auch noch nie, das können wir sagen, nie haben wir Deutsche in friedlichen Zeiten "Tod, Hölle und Teufel" auf den nationalen Gegner herabgewünscht, auf solche, mit denen wir in gemeinsamem friedlichem Ringen um den Fortschritt der Kultur Mitteleuropas arbeiten wollen. Wir werden uns niemals von dem Gedanken abbringen lassen, daß Deutschland unser Vaterland und unsere eigentliche Heimat ist, sowie jeder Angehörige einer Nation den Nationalstaat als sein ureigentliches Vaterland und seine ureigentliche Heimat ansieht. Pflicht der Staaten freilich, die Angehörige anderer Nationen, vor allem in größeren Mengen und in geschlossenen Siedlungen, in ihrem Gebiet haben, ist, auf ihre Weise dafür zu sorgen, daß die anderen dann diese neue Heimat wirklich als Heimat empfinden. Was aberbis jetztvorgeht und mit den Dingen zusammenhängt, die sich zur Mobilisierung und in deren Gefolge ereignet haben, zeigt uns, daß man noch immer gewillt ist, in der Politik fortzufahren, die uns unsere eigentliche Heimat verekeln will; ob wir nun seit Menschengedenken hier sitzen, oder ob wir Imigranten und Kolonisten sind, auf den Boden, den wir bewohnen, haben wir uns ein Anrecht erworben, zumal auch die èechische Nation hier ni cht seit Erschaffung der Welt seßhaft gewesen ist. (Souhlas na levici.) Die Deutschen lieben immer ihr Vaterland und auch dort, wo es ihnen manchmal wehe tut, und haben es auch geliebt, wenn sie von unglückseligen reaktionären Regierungen über das Meer getrieben wurden. Mit den Mitteln, die Sie an den Tag legen, werden Sie allerdings uns nicht dazu bringen, daß wir die Èechoslovakische Republik so rasch, als Sie glauben, als "unseren" Staat bezeichnen. Denn, meine Herren, daß ein Staat, in dem es eine herrschende Nation gibt, Angehörige einer anderen Nation durch politische Mißhandlung, wirtschaftliche Zurücksetzung und durch Kerkermauern zu irgend einer Vaterlandsliebe im Sinne der herrschenden Nation bringen könnte, das werden Sie nicht erleben, und das wird auch die spezifisch èechische Geschichtsforschnug aus keiner Tat derWeltgeschichte jemals herauszulesen in der Lage sein. (Souhlas a potlesk na levici.)

3. Øeè posl. Jokla (viz str. 2569 protokolu):

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin es der Würde dieses Hauses schuldig, ehe ich in die Tagesordnung eingehe, mit aller Entschiedenheit den Eingriff zurückzuweisen, den sich der Herr Abgeordnete Dubický gegenüber dem Präsidium erlaubt hat. (Sehr richtig!) Es ist ein Vorfall, der tief beklagenswert ist und den man in keinem zweiten Hause finden wird. Überall dort, wo man halbwegs auf Anstand und Würde hält, wird ein Abgeordneter alles unterlassen, was ihn in den Geruch des freiwilligen Polizeimannes bringen könnte. (Sehr richtig!)

Nun, meine sehr geehrten Herren und Damen, zur Sache selbst. Die Vorlage, mit der wir uns gegenwärtig beschäftigen, ist eigentlich nur finanzieller Natur, denn die Rüstungen, die durch 500 Millionen Kronen gedeckt werden sollen, sind ja eigentlich durch die diversen Budgets sachlich bereits bewilligt worden. Es wäre eigentlich genügend, auf die Debatten anläßlich der Budget- und Nachtragbudgetberatung hinzuweisen, und Ihnen in das Gedächtnis zu rufen, was damals vorgebracht worden ist; die ungeheure Steigerung, die die Posten für den Militarismus in unseren Staatsausgaben im Laufe weniger Jahre erfahren haben. Wenn wir aber trotzdem die Rüstungsfrage noch einmal hier aufrollen, tun wir es deshalb, weil wir nicht oft genug darauf hinweisen können, vor welchem Abgrund nicht nur wir, sondern die ganze Weltwirtschaft steht, wenn diesem wahnsinnigen Wettrüsten nicht endlich Einhalt getan wird. Wir haben schon einmal nachgewiesen, daß die Ausgaben für den Militarismus in unserem Staat von 11·5 % der gesamten Ausgaben im Jahre 1920 auf 16·7 % im Jahre 1921 und 19 % im Jahre 1922 gestiegen sind. Im Jahre 1906 haben in dem 54 Millionen Menschen zählenden Österreich die Ausgaben für das stehende Heer 387 Millionen Kronen betragen. Der èechoslovakische Staat mit einer Einwohnerzahl von 14 Millionen gibt 3 Milliarden aus. Selbst wenn man die valutarischen Verhältnisse in Betracht zieht, so ist die perzentuelle Belastung bei weitem größer. Die furchtbare Belastung, welcher die Volkswirtschaft der ganzen Welt ausgesetzt ist, läßt sich heute leider in Ziffern noch nicht erfassen, weil der Weltkrieg auch die Wissenschaft vollständig zerstört hat. Wir haben nun bescheidene Vergleiche in den Ziffern der Vorkriegszeit, welch ungeheuere Last die stehenden Heere, der Militarismus in seiner heutigen Form, für die Weltwirtschaft bedeutet. Die Militärbudgets Europas betrugen im Jahre 1899 7.184 Millionen Franks. Es waren 4,100.000 Mann eingestellt. Damals hat man angenommen, daß der Wert eines Mannes, den er an Arbeit leisten könnte, drei Franks täglich beträgt. Das wäre eine Wertproduktion von 12,500.000 Franken. Außerdem zählte man damals 710.000 Pferde mit einer Wertproduktion von 2 Franks, das ist 1,400.000, zusammen 13,900.000 Frank, Wertproduktion eines Tages, die der Volkswirtschaft durch den Militarismus verloren gegangen sind. Mit 300 multipliziert, ergibt das einen Jahresverlust an produktiver Arbeit von 11.362,000.000 Frank, angenommen nach den Ziffern des Jahres 1899. Und da sich der Militarismus, die Rüstungsausgaben, in keiner Weise vermindert haben, sondern eher gestiegen sind, so geben diese Ziffern einen bescheidenen Einblick in die ungeheuere Verschwendung der Arbeitskraft, die hier vorliegt. Wir haben eigentlich keinen Einblick - und das ist auch ein so schöner Vorzug unseres Staates in den Schuldenstand und den Schuldendienst unseres Staates. Wir wissen nur so viel, daß wir Hunderte Millionen Frankreich und Italien für die Legionäreausrüstung schulden. Wir schulden außerdem 750,000.000 Goldfranks an Frankreich, die sogenannte Befreiungsgebühr, wir schulden 100 Millionen Franks für militärisches Material, das wir im Jahre 1919 ebenfalls in Frankreich angeschafft haben, und über 1 Million Dollar für Pferde, die im Jahre 1919 gekauft worden sind. Dazu 40 Millionen Frank an Unterhalt für die Legionärgruppen. Sie sehen, es sind weit über 1 Milliarde von Goldfranks, die unser Staat nachweisbar schuldet. Aber ich bin überzeugt davon, daß sich diese Summe bei genauer Prüfung noch weit erhöhen würde. Die Rüstungen finden auch ihre Verteidigung, und auch der Herr Referent hat sich bemüht, die Ausgaben für Rüstungszwecke in ein sachliches Mäntelchen zu kleiden. Die Verteidiger dieser Rüstungsausgaben haben zwei Argumente in Bereitschaft. Zuerst erklären sie immer, daß die Rüstungsauslagen ja doch eine produktive Ausgabe seien, indem sie in Form von Bestellungen wieder der Volkswirtschaft zugute kommen. Das zweite Argument der Verteidiger der Rüstungsauslagen geht dahin, daß sie erklären, die Summe, die jeder einzelne Staat für Rüstungen und für das stehenden Heer ausgibt, sei gewissermaßen eine Versicherungssumme, die man für die Erhaltung des Friedens und bei uns für den Bestand der Republik zahlen müsse. Nun, über das Produktivitätsargument haben praktische Volkswirte ein ganz anderes Urteil. Tatsache ist, daß, je mehr Rüstungen in einem Lande erzeugt werden, desto mehr Kapital, auch ausländisches Kapital - ich verweise da auf Schneider-Creuzot bei den Skodawerken in Pilsen - diesen Unternehmungen zufließt, desto mehr aber werden die anderen Unternehmungen vom Geldzufluß entblößt. Die anderen volkswirtschaftlich notwendigen Unternehmungen haben - es ist ja eine bekannte Tatsache, die ich nicht erst zu erörtern brauche, daß jede Industrieunternehmung auf Kredit, auf fremdes Geld angewiesen ist, wenn sie zeitgemäß und auf der Höhe produzieren will - diese anderen Unternehmungen haben nun entweder kein Geld oder nur teueres Geld zur Verfügung. Die häufigste, Täuschung besteht über die wirtschaftliche Rolle der Rüstungsauslagen. Vielfach besteht die Meinung, als ob das der Volkswirtschaft entnommene Geld dieser Volkswirtschaft sehr rasch wieder zufließe u. zw. denselben Wirtschaftssubjekten, die belastet werden. Das ist durchaus nicht der Fall. Zwischen dem Moment der Entnahme des Geldes aus der Volkswirtschaft und dem Zurückfluß desselben liegt ein ziemlich langer Zeitraum. Der erste Akt dieses Dramas ist die Aufbringung des Geldes für Rüstungen oder den Schuldendienst. Das bedeutet neue Steuern, neue Abgaben, die auf die Volkswirtschaft gelegt werden. Diese neuen Steuern und Abgaben werden von allen Wirtschaftssubjekten bezahlt und es ist selbstverständlich, daß die kleinen, die wirtschaftlich schwachen, am stärksten belastet werden. Wir wissen alle, daß die indirekten Abgaben, die von der breiten Masse der Bevölkerung getragen werden, die Hauptziffern des Budgets darstellen. Diese werden also in hervorangender Weise die Lasten für den Militarismus zu tragen haben, bzw. sind sie diejenigen, die sofort getroffen werden, wenn für die Rüstungszwecke Geldmittel geschöpft werden müssen. Der zweite Akt, das Ausgeben der Gelder für die Rüstungsindustrie, erfolgt viel, viel später. Den Vorteil dieser Ausgabe haben aber nur einige Großfabrikanten und Lieferanten, nur einen ganz kleinen bescheidenen Anteil haben die Gewerbetreibenden und die Urproduzenten. In Erinnerung ist beispielsweise der Froschmäusekrieg in der Schuhindustrie, wo sich die kleinen Schuhmachermeister krampfhaft bemühten, der großen Schuhfabrik Baa die Lieferungen abzutreiben. Es ist ihnen bisher nicht gelungen, angeblich, weil sie nicht so leistungsfähig seien. Ein Teil dieser Ausgaben für Rüstungsunternehmungen fließt auch den Arbeitern und Angestellten dieser Unternehmung zu. Es ist aber nur ein winziger Teil der ganzen, durch die schweren Steuern belasteten Bevölkerung. Man muß nun die Frage aufwerfen: Kann der Vorteil, den die direkten Rüstungsinteressenten genießen - eine Schichte, die nur einen kleinen Teil unserer Volkswirtschaft darstellt - die wirtschaftlichen Nachteile, die alle übrigen Wirtschaftssubjekte in Folge der ungeheueren Abgaben erleiden, kompensieren? Die Antwort ist einfach: "Nein." Die Nachteile sind weit größer als die Vorteile. Zwischen der Einhebung und der Ausgabe des Geldes liegt ein solcher Zeitraum, daß mittlerweile zahlreiche Betriebe zugrunde gegangen sind, die konsumierende Bevölkerung durch die hervorgerufene Teuerung schwer geschädigt, wirtschaftlich und gesundheitlich zugrunde gerichtet worden ist. Dazu kommt noch der ungeheure Rückstand aller kulturellen Aufgaben. Wenn die Milliarden des Budgets des Staates für Rüstungsausgaben verwendet werden, so ist es selbstverständlich, daß die Mittel für alle sozialpolitischen Einrichtungen fehlen müssen. Das Produktivitätsargument fällt also vollständig weg, besonders, wenn, wie es bei uns der Fall ist, der größte Teil der Rüstungen im Auslande gekauft wird. Es ist eine bekannte Tatsache, daß die Liebe zu unserem französischen Bundesgenossen bewirkt hat, diesem die Möglichkeit gegeben worden ist, uns recht gründlich über das Ohr zu hauen. Ich habe schon gelegentlich der Budgetdebatte darauf hingewiesen, daß wir eine ungeheure Summe für Geschütze ausgegeben haben, die wir in Frankreich kauften, Geschütze, die wertlos, die altes Material sind, ohne Ballistik - es wurden aus ihnen schon mehr als 5000 Schüsse abgegeben. Es ist altes Gerümpel aus der Marneschlacht. Dasselbe ist mit der Munition, die unbrauchbar ist. Auch Flugzeuge haben wir in Frankreich gekauft, nur haben diese Flugzeuge die unangenehme Gewohnheit, statt hinauf, herunter zu fliegen, (Veselost na levici.) so daß jeder Pilot es vorzieht, den Flugzeugen in weitem Bogen aus dem Wege zu gehen. All das hätte man nicht nur reeller und brauchbarer, sondern auch weit billiger in Deutschland bekommen. Wir hätten in Deutschland ein Maschinengewehr oder einen Minenwerfer um 2500 Kronen bekommen. Man hat großmütig Frankreich 8000 Kronen für denselben, unbrauchbaren Rüstungsgegenstand gezahlt. Daß man auch in Österreich alles billiger bekommen hätte, davon brauche ich nicht erst zu reden. Dabei muß man in Betracht ziehen, daß alle Ausgaben für Rüstungsgegenstände in kurzer Zeit hinfällig werden, weil jeder dieser Rüstungsgegenstände in kurzer Zeit sich als unverwendbar und wertlos herausstellt und ins alte Eisen geworfen werden kann. Wenn neue Kanonen angeschafft werden, kommt das alte Rüstzeug ins alte Eisen, ist wertlos, kann abgeschrieben werden. Was aber auf viele Jahre bleibt, das sind die. Schulden, die wir gemacht haben, die Belastung, die wir der Volkswirtschaft für die Ausgaben selbst oder für die Verzinsung der gemachten Schuld auferlegt haben. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda inž. Botto.)

Dabei sind die Rüstungen eine Schraube ohne Ende, ich glaube, es ist eine Alltäglichkeit, die ich nicht erst erörtern muß, die man schon oft erlebt hat: heute wird hier ein Gegenstand, sagen wir Geschütze oder Gewehre, angeschafft, man glaubt, schon das Modernste und Entsprechendste zu haben, und morgen wird dieser Gegenstand wertlos gemacht, weil die nimmermüde Rüstungsindustrie schon das Gegenmittel für das erste Rüstungsmittel gefunden hat. Wenn man Schiffsgeschütze baut, die die stärksten Panzerplatten durchschlagen, so hören wir am nächsten Tage, daß man anderswo schon stärkere Panzerplatten macht, die diese stärkeren Geschütze wieder unwirksam machen. Heute schafft man Handfeuerwaffen, Gewehre mit irgend einem Vorzug an und morgen ist dieselbe Industrie schon am Wege, den Vorzug dieser Handfeuerwaffe zu nichte zu machen. Heute plagen sich die Chemiker damit, um ein Gas zu erzeugen, das mögli chst schmerzlos und rasch die Menschen ins bessere Jenseits befördert, und morgen kommen andere Rüstungsfabrikanten und bringen Gasmasken, bringen Gegenmittel, um auch diese Waffe unwirksam zu machen. Alles Arbeiten auf Vorrat in Rüstungen stellt sich daher als nichtig heraus. Und genau so wie das Produktivitätsargument zur Begründung der Rüstungen nicht zutrifft, genau so ist es mit den Versicherungsargumenten. Vor dem Kriege hat es Leute gegeben, die ziffermäßig berechnet haben, was jeden einzelnen Staat die Versicherung für den Frieden kostet. Mit dieser Spielerei hat der Weltkrieg gründlich aufgerä umt. Es ist heute schon unbestritten, daß das Gegenteil das richtige ist: die fortgesetzten Rüstungen bilden die größte Kriegsgefahr, die man sich vorstellen kann. Die fortgesetzten Rüstungen rufen eine Rivalität zwischen den einzelnen Staaten hervor und dieser Rivalität entspringt ein Angstgefühl, das durch die Rüstungen immer mehr und mehr gefördert wird. Wir brauchen uns nur die Argumente ins Gedächtnis zurückzurufen, die von der deutschen und österreichischen Regierung gebraucht worden sind, warum sie gezwungen waren, die Kriegserklärungen erfolgen zu lassen. Die deutsche und österreichische Regierung erklärten, daß sie das Gefühl hatten, die Entente warte nur auf den Moment, um Deutschland und Österreich zu überfallen. Und begründet wurde dieses Gefühl mit dem Hinweis auf die fortgesetzten Rüstungen zu Wasser und zu Lande, die seitens der Entente durchgeführt worden sind. Es ist charakteristisch, daß einer der klügsten und weitsichtigsten Weltpolitiker, der englische Premier Lloyd George, in der jüngsten Zeit wiederholt ein vernichtendes Urteil über die fortgesetzten Rüstungen gefällt hat. Im November 1921 sagte Lloyd George auf dem Bankett des Londoner Bürgermeisters über die Rüstungen folgendes: "Im Frieden war ihre Bürde schon niederschmetternd, ihre Folgen im Kriege wären zu schrecklich, um sie auszumalen. Die Abrüstung ist der einzige Weg zur Sicherheit für die menschliche Rasse. Befürchtungen, Mißverständnisse und Streitigkeiten sind zwischen Völkern und Personen unvermeidlich. Wenn tötliche Waffen zur Hand sind, wird eines Tages ein neuer Krieg ausbrechen." Und derselbe Mann sagte vor einigen Tagen erst auf der nationalen Konferenz der Koalitionsliberalen folgendes: "Zur Erreichung eines dauernden Friedens müssen die Rüstungskosten der Länder eine große Verminderung erfahren. Die Nationen müssen bereit sein, ein Risiko für den Frieden auf sich zu nehmen." Das ist eine sehr deutliche Sprache, nicht aus dem Munde eines Sozialdemokraten, sondern aus dem Munde eines zweifellos der größten Weltpolitiker, die wir haben. Mit den Rüstungen steht auch das stehende Heer in Verbindung, das wiederum in naturgemäßer Folge die Offizierskaste geschaffen hat, die, schon um ihre Existenzberechtigung nachzuweisen, immer alles auf eine Kriegspolitik angelegt hat. Einer der typischesten Repräsentanten der Offizierskaste, Moltke, hat in einem Brief an Bluntschli im Jahre 1880 folgendes geschrieben: "Der ewige Friede ist ein Tra um und nicht einmal ein schöner, und der Krieg ein Glied in Gottes Weltordnung. In ihm entfalten sich die edelsten Tugenden des Menschen, Mut, Entsagung, Pflichttreue, Opferwilligkeit mit Einsetzung des Lebens." Wir müssen uns überhaupt die Frage vorlegen, warum dieser europäische Rüstungswahnsinn? Deutschland und Österreich sind doch erledigt, beide Staaten sind wehrlos gemacht. Wo ist eigentlich der Feind, der die moralische Berechtigung geben würde, zur Ausrede, so ungeheuere Rüstungen durchzuführen, und warum machen wir diesen Wahnsinn eigentlich mit? Wir brauchen nur einen Blick auf die Landkarte zu werfen, brauchen nur die Gestaltung unseres Staates anzusehen, und da müssen wir uns sagen, daß wir alles, nur keine Gewaltpolitik, nur keine Politik des Säbelrasselns, der drohenden Rüstungen machen dürfen. Wir dürfen nur eine Friedenspolitik machen und dabei dürfen wir uns nicht darauf beschränken, wie es in der letzten Zeit wiederholt vorgekommen ist, den Frieden in schönen Worten zu feiern und zu begrüßen, sondern wir müssen auch mit Taten vorgehen, um dieser Friedenspolitik den Weg zu ebnen. Da gestatten Sie, daß ich mit ein paar Worten auch auf die Friedenskonferenz in Washington zu sprechen komme, die vom Präsidenten der Republik und auch vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses warm begrüßt worden ist. Das Resultat dieser Friedenskonferenz ist gleich Null. "Es kreisten die Berge und sie haben ein Mäuslein geboren." Die Folgen dieser Verhandlungen in Washington sind eigentlich, wenn man es genau nimmt, keine Abrüstung, sondern eine weit stärkere Rüstung zur See. Alle Staaten waren für die Abrüstung, aber jeder von den dort vertretenen Staaten wollte, daß der andere den Anfang mache. Weil aber keiner den Anfang machen wollte, ist nichts geschehen. Ich werde darauf zurückko mmen, daß eben wir die moralische Verpflichtung hätten und uns ein Verdienst um die ganze Menschheit erwerben würden, wenn wir in diesen Wall von Voreingenommenheit und Rückständigkeit Bresche schlagen würden. Das Scheitern der Friedenskonferenz von Washington ist vor allem auf den Widerstand Frankreichs zurückzuführen. Sie alle werden sich noch erinnern, daß eines jener Argumente, warum der Weltkrieg bis zum Weißbluten geführt worden ist, seitens der Ententepolitik angeführt wurde, daß dem preußischen Militarismus endgültig der Garaus gemacht werden müsse. Und das ist auch so ziemlich gelungen. Nun sehen wir aber, daß der preußische Militarismus in noch viel verschärfter Form seine Wiedererstehung in dem französischen Militarismus feiert, der an Rückständigkeit, Kurzsichtigkeit und Borniertheit in gar keiner Weise dem preußischen nachsteht. Es ist eine traurige Pflicht, die wir erfüllen müssen, hier zu konstatieren, daß die Èechoslovakei die Söldnerin Frankreichs sein soll und daß die ganze Militärpolitik, die Rüstungspolitik, die heute in diesem Staate betrieben wird, auf diesen Gesichtspunkt eingestellt ist. Die Èechoslovakei ist nicht nur die Trödlerbude für das alte Rüstungsmaterial Frankreichs, sondern sie soll auch die Menschenmassen liefern, wenn etwa die französischen Militärgewalten es zu irgendeinem Gewaltakt kommen lassen wollen. Es ist ein ebenso trauriges Zeichen, daß das èechoslovakische Bürgertum Frankreich förmlich ermuntert und beglückwünscht hat, daß es eine so ablehnende Haltung auf der Friedenskonferenz in Washington eingenommen hatte. Daß die Friedenskonferenz in Washington eigentlich so resultatlos verlief, hat uns Sozialdemokraten nicht mehr überrascht. Der Krieg ist eine Begleiterscheinung des Kapitalismus und solange die kapitalistische Gesellschaftsordnung besteht, wird auch immer Kriegsgefahr bestehen. Man wird von keiner Regierung eines kapitalistischen Staates erwarten können, daß sie ernstlich als Gegnerin des Militarismus auftritt.

Eine Änderung und eine Erlösung von diesem Übel kann nur vom Volke selbst kommen, durch einen Druck von unten, durch eine Demokratisierung, nicht nur der Gesetzgebung, sondern der gesamten Verwaltung. Ein Teil der Verwaltung und der Einrichtungen des Staates ist ja die Heeresorganisation. Der erste Schritt wäre die Umgestaltung des stehenden Heeres aus seiner heutigen Form in eine Miliz, und von hier wäre ein weiterer Schritt zur Diskussion der Frage, ob nicht neben der Festlegung, daß über Krieg und Frieden nur das Volk selbst zu entscheiden hat, in allererster Linie diejenigen zu entscheiden haben, ob ein Krieg begonnen werden soll oder nicht, welche gezwungen wären, diesen Krieg auch mit ihrem Körper auszukämpfen. Keine Rüstungen, sondern Ausbau der Weltwirtschaft, das ist es, was wir brauchen. Anatole France, der berühmte französische Dichter, sagte auf dem letzten Kongreß der französischen Lehrer: "Solange es Soldaten gibt, wird es Kriege geben. Deshalb haben unsere Diplomaten den Deutschen ihre Soldaten gelassen, um des Vorwandes willen, im eigenen Land welche halten zu können!" - Es gibt wenige so vernünftige Sätze wie diesen. Überall schwingen die Minister die Friedenspalme, sie reisen von Land zu Land, orientieren sich östlich und westlich, aber das Militär bleibt. Es hat sich nichts geändert. Der nicht endenwollende internationale Militarismus, er ist das krasseste Beispiel für die Einigkeit der kapitalistischen Weltauffasung. Der Krieg ist aus, der Schacher kann fortgehen! Der Friede ist bloß die Fortsetzung der Kriegspolitik mit anderen Mitteln! Die Wahrung der nationalen Sicherheit, das ist die Sicherung des Arbeitsfeldes für den Profit. Man muß den Deutschen die Soldaten lassen, die Leute können am Ende merken, daß man auch ohne sie leben könnte. Und wie sollte man es dem eigenen Volke plausibel machen, daß man eine zweijährige Dienstpflicht und soundsoviel Jahrgänge unter den Waffen brauche?

Die Bourgeoisie aller Länder ist nach wie vor militaristisch. Das Militär ist der deutlichste Exponent der noch immer bestehenden Ausbeuterpolitik. Wir wenden uns nicht gegen den èechischen Militarismus, weil er èechisch ist, wir würden uns ebenso gegen einen deutschnationalen Militarismus wenden. Wir sind gegen jedwedes Militär, weil es das Instrument der Ausbeuterklasse gegen das Proletariat ist. Wir wenden uns gegen jedweden Militarismus aus der tiefsten Überzeugung von seiner Unsittlichkeit. Welche Schmach ist es doch, für Maschinengewehre Millionen aufzubringen, und für Schulen keinen roten Heller. Welche Schmach ist es, die Jugend in der Blüte ihrer Jahre in Kasernen zu pferchen und sie zum Instrumente gegen ihre eigene Klasse zu machen! Wir hören mit Grauen von den schrecklichen Kulturen barbarischerVölker, die im grauen Altertum oder auf fernen Kontinenten durch gräßliche Menschenopfer und Massenmorde einer imaginären Gottheit zu dienen und die Menge in gläubiger Furcht und Knechtschaft zu halten pflegten. Der Name des phönizischen Gottes Moloch ist bis heute sprichwörtlich für etwas Ungeheuerliches, Entsetzliches. Die Phönizier opferten das Blut ihrer Kinder, ihrer Lieblinge, dem Gott Moloch. Auch wir modernen Menschen haben unseren Moloch, dem wir opfern. Leider wissen es noch nicht alle Menschen, unter welchem Bann und Druck wir schmachten. Dieser Moloch hat aber durch die Wissenden und Ahnenden seinen Namen erhalten: Militarismus. Der Militarismus ist der Kultus des modernen kapitalistisch-proletarischen Zweiklassenstaates. Wir wiederholen: Ein Kultus ist er, der Molochkultus der rohen Interessengewalt. Und als solcher durchdringt er alle Poren des modernen Lebens und fordert seine Opfer allüberall mit der gleichen unersättlichen Gier wie Gott Moloch, möge er im Phönizierland des Morgenlandes oder unter anderem Namen im Abendland herrschen. Wenn es aber vom Menschen heißt: An seinen Werken werdet Ihr ihn erkennen, - so erkennen wir den Moloch Militarismus an seinen Opfern. Daher weg mit dem Militarismus, der der gleiche der Vergangenheit ist. Keine Rüstungen! Lassen Sie uns vorangehen in der Schaffung eines wirklich demokratischen Volksheeres. Lassen Sie uns vorangehen in der Erbauung von Schulen, Krankenhäusern, Invaliden- und Greisenheimen, anstatt der Kanonen und anderer Mordinstrumente! (Potlesk na levici.)

4. Øeè posl. dr. Schollicha (viz str. 2579 protokolu):

Meine Damen und Herren! Ich habe mich deshalb zum Worte gemeldet, damit es vielleicht nicht den Anschein erwecke: Wer schweigt, scheint zuzustimmen. Qui tacet, consentire videtur. Diesen Vorwurf möchte ich nicht gerne auf unsere Partei laden, trotz meines Standpunktes, der darauf hinausgeht, daß es Schade ist, in diesem Hause auch nur ein Wort zu verlieren. Es ist ohnehin vollständig unfruchtbar, da es vollständig ausgeschlossen ist, jemanden hier vielleicht durch den Einfluß des Wortes überzeugen zu wollen. Es ist vollständig gleichgültig, ob hier gesprochen wird oder nicht, weil die "Pìtka" einfach alles schluckt, was gebracht wird. Das ist ja der ganz spezielle èechische Parlamentarismus, der sich hier entwickelt hat, die ganz eigene Art, wie hier gearbeitet wird, daß die Vorgänge im Hause eigentlich niemanden bewegen, kein Interesse erregen, daß dagegen hinter geschlossenen Türen und draußen in der Restauration alles zusammen gepackelt wird, und daß erst dann ein Gegenstand ins Haus kommt, bis er vollständig fertig ausgeknobbelt ist. Die Opposition ist vollständig machtlos dagegen, ihre Worte verhallen ungehört und es ist Schade, hier eigentlich viele Worte zu verlieren. Es ist eine Komödie, die hier gespielt wird. Es ist infolgedessen nicht notwendig, daß ein Herr von den Koalitionsparteien hier das Wort ergreift und es mutet ganz eigentümlich an, wenn ja, wie vorhin Herr Kollege Veverka, einer der Herren der Koalition, hier im Hause auftritt und ein paar Worte spricht, weil man es nicht gewohnt ist, und die Herren sich sonst nicht die Mühe nehmen, hier zu sprechen. Es wäre noch viel schöner, wenn anläßlich der Verhandlung dieses Gesetzes vielleicht ein Vertreter der sozialistischen Koalitionsparteien heraufkommen würde, um dieses Gesetz zu vertreten. Früher im alten Österreich, im Wiener Parlament, haben Sie immer gegen den Militarismus gesprochen und gekämpf, nicht vielleicht nur gegen den österreichischen Militarismus, sondern aus Prinzip gegen jeden Militari smus aus Ihrem Parteiprogramm heraus. Das finde ich vollständig begreiflich; aber es ist mir unbegreiflich, daß dann dieselben Parteien heute mit Verleugnung ihrer früheren Ansichten und ihres Parteistandpunktes für den Militarismus eintreten können. Allerdings, die Sachlage hat sich etwas geändert; wir haben heute einen èechischen Militarismus und für den heißt es, schwere Opfer bringen, selbst auf Kosten der Popularität, obwohl auch heute die Ansichten der Bevölkerung sich in gar keiner Weise geändert haben, obwohl man heute gleichfalls nur ein geringes Verständnis in der Öffentlichkeit für diese unfruchtbare Militärspielerei und die damit verbundenen Kosten hat. Ich sage, es ist Schade, über diese Dinge zu sprechen und solche Vergleiche anzustellen, aber wir müssen doch von Zeit zu Zeit gegen die Art, wie hier Parlament gespielt wird, denn anders kann man es nicht bezeichnen, Protest erheben.


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