Pátek 20. ledna 1922

Für die Amtszeitungen werden im Nachtrage 211.000 Kè, im Budget für 1921 6,460.000 Kè, zusammen 6,671.000 Kè angefordert und im Jahre 1922 will man das Auslangen finden mit 6,327.000 Kè. Wir wissen, daß das nicht der Fall sein wird. Was uns aber interessiert, ist die Feststellung, daß man für diese Amtszeitungen in zwei Jahren 12,998.734 Kè ausgibt.

Beim Kapitel "Ministerratspräsidium" ist es unmöglich, daß man an den Ereignissen in Graslitz vorübergeht und daß man nicht den Ministerpräsidenten an sein Wort ermahnt, das er uns gegeben hat, daß er die Hinterbliebenen der Opfer von Graslitz schadlos halten werde, und daß er nicht, wie es früher immer geschehen ist, einen so schleppenden Gang einreißen lassen wird, sondern unvermittelt und sofort alle Vorkehrungen treffen wird. Bisher ist der Herr Ministerpräsident dieser seiner Verpflichtung nicht nachgekommen.

Kapitel "Ministerium für Äußeres": Aufwand für Kulturinstitute 700.320 Kronen. Sie wissen, daß wir für Kulturzwecke immer eine freie Hand haben. Aber wir müßten wissen, für welche Kulturzwecke das ist. Für die kulturellen Bestrebungen des Ministeriums des Äußern haben wir nicht das richtige Verständnis. Wir sehen sie nicht vor uns, wir können sie nicht kontrollieren und bei aller Hochachtung vor dem Herrn Minister des Äußern mutet es uns ganz sonderbar an, daß man im Nachtragsvoranschlag mit einer Forderung von 700.000 Kè kommt, nachdem die ursprüngliche Forderung im ordentlichen Voranschlag nur 300.000 Kè ausgemacht hat. Wir möchten da um Aufklärung bitten. Die Aufklärungen, die wir erbeten haben, sind uns nicht in erschöpfendem Maße gegeben worden. Ferner: Für Equipierung und Einrichtungsaufwendungen der Betrag von 1 Million Kronen. Und da wird uns gesagt, diese Aufwendungen sind mit die wichtigsten Faktoren im auswärtigen Dienst. Gegen diese Behauptung möchten wir mit aller Entschiedenheit auftreten. Wir sehen das alte Österreich wieder auferstehen, mit all der Argumentation, wie sie im alten sterreich in den Delegationen üblich war, daß sich der österreichisch-ungarische Staat draußen repräsentieren muß, denn nur so könne er sich zur Geltung bringen. Ich glaube, daß wir uns viel besser durch die Menschen zur Geltung bringen könnten, die wir hinaus entsenden, um die Interessen der Republik und ihrer Staatsbürger in den fremden Staaten zu vertreten. Nach der Richtung hin sollte eine gründliche und gute Auswahl getroffen werden; nur die Menschen mit ihren Kenntnissen und Fähigkeiten können es machen, nicht die Paläste, sondern nur die Menschen, die wir hinaus entsenden, die das richtige Verständnis für ihre Mission haben; die sie draußen erfüllen sollen. Installationsaufwand, wieder für das Ministerium des Äußeren: 2,515.000 Kè, Stipendien: 700.000 Kè.

Beim Ministerium für nationale Verteidigung - ich kann ja die Kapitel nur ganz kurz streifen - hat man unter der Annahme, daß die Demobilisierung im Jahre 1920 beendet sein werde, weniger angesprochen, als sich dann als notwendig herausgestellt hat, deshalb, weil die Demobilisierung erst mit Ende Feber 1921 beendet war. Es wird da der Betrag von 4,560.000 Kè abverlangt. Wir halten dafür, daß das Ministerium für nationale Verteidigung von dieser Ausgabe schon früher hätte wissen können oder daß das Ministerium für nationale Verteidigung die Pflicht gehabt hat, in der Frist, die ihm gestellt wurde, in zwei Monaten die Demobilisierung eben durchzuführen. Französische Mission: 2 Millionen. Sollen wir uns noch mit diesem Kapitel beschäftigen? Es ist ganz umsonst. Nicht nur wir von der Opposition, sondern auch die Herren der Majorität fanden so scharfe Worte gegen diese französische Mission, ohne daß sie aber den Mut aufbrächten, der französischen Mission auch zu sagen: Meine Herren, Ihr habt eure Pflicht erfüllt, wir danken Euch, Ihr könnt gehen. Man läßt sie vielmehr ruhig auf Grund irgendeiner geheimen Vereinbarung, die sicher abgeschlossen wurde, (Výkøiky na levici.) weiter provozieren. Es ist also notwendig, daß Sie alles Zweckdienliche vorkehren, was Ihnen nach dieser Richtung zweckdienlich erscheint. Interessant ist hier eine Feststellung des Ministeriums für nationale Verteidigung, die hier bei der Beratung der Staatsbeamtenvorlage allerdings abgeleugnet wurde: Die Steigerung des Aufwandes wird damit begründet, daß die Preise der Bedarfsartikel keine sinkende, sondern eine steigende Tendenz aufweisen. Ich möchte einiges übergehen, werde mich nicht mit dem Vorgehen des französischen Obersten in Mährisch-Weißkirchen beschäftigen, durch dessen Verschulden soviele Pferde ums Leben gekommen sind und der Staat um 1 Million zu Schaden kam, ich will mich nicht damit beschäftigen, weil es allgemein bekannt ist, ich will auch nicht darauf eingehen, daß man beabsichtigt, 10.000 Reitpferde zur Ergänzung des Standes im Interesse der "Schlagfertigkeit" der Armee zu kaufen.

Ich möchte nun zu dem Ministerium des Innern übergeh en und mich hiebei mit einer prinzipiellen Frage beschäftigen. Es wird bei gewissen Aufwendungen hingewiesen auf Ministerratsbeschlüsse und so z. B. auch hier: außerordentliche Zuwendungen für die Gendarmerie in Karpathorußland auf Grund von Ministerratsbeschlüssen vom 3. September und 22. Dezember 1920. Als ich im Budgetausschuß die Frage aufgeworfen habe, wieso das möglich ist, daß der Ministerrat ohne Nationalversammlung über Zuwendungen und Aufwendungen Beschlüsse faßt, hat man mir gesagt, es beruhe dies auf einem alten österreichischen Gesetz. Herrn Sektionschef Bobek war es unangenehm, er hat gesagt, er berufe sich sehr ungern darauf, aber er müsse sagen, daß das auf Grund irgendeines alten österreich ischen Patentes erfolgte. Und ich begreife, daß das den Herren sehr unangenehm ist, nämlich theoretisch, aber praktisch handhabeb Sie es nach allen Regeln der Kunst. Wenn wir einmal eine Zusammenstellung darüber machen werden, was ohne die Nationalversammlung lediglich durch den Ministerrat beschlossen wurde, wird man sehen, daß das ein hübsches Sümmchen sein wird. Es wird auf Grund der gemachten Erfahrung dringend notwendig sein, daß das Parlament das, wozu es nach dem Gesetze verpflichtet ist, nämlich den Wirkungskreis der einzelnen Ministerien festzustellen, in allernächster Zeit durchführe und hiebei auch die veralteten Bestimmungen außer Kraft setze.

Nun zum Kapitel "Unterricht": Da finden wir Subventionen für das Theater in Preßburg 2 Millionen, Brünn èechisch 350.000, Troppau 50.000, zusammen 2,400.000 Kronen; für die deutschen Theater 200.000 Kronen. Ich überlasse es Ihnen, zu beurteilen, ob das eine Relation ist. Für Kultuszwecke: im ordentlichen Voranschlag 50,673.000 Kronen, in außerordentlichen 28,565.000 Kronen: in Karpathorußland für Kultuszwecke: im ordentlichen Voranschlag 3,622.000, im Nachtragsvoranschlag 1,879.000 Kronen. Wir haben also für Kultuszwecke in diesem Jahre 1921 82 bis 83 Millionen ausgegeben. Und da wage es noch jemand, daran zu zweifeln, daß es ihnen um die Trennung von Kirche und Staat ernst ist.

Und nun zum Kapitel "Finanzministerium": Die Anforderungen des Finanzministeriums sind gar nicht bescheidener, im Gegenteil sie sind ebenso groß, wie die der anderen Ministerien. Uns interessiert das Kapitel Finanzministerium vornehmlich nach der einen Seite: Wer trägt die Steuerlasten dieses Staates? Und da werden Sie selbst nach diesem Nachtragsvoranschlag finden, daß man immer wieder die breiten Massen des Volkes zur Steuerleistung heranzieht, daß die Steuerschraube immer mehr auf den breiten Massen der Bevölkerung lastet. Lassen Sie mich nun an der Hand von Ziffern den Nachweis führen. Die direkten Steuern haben betragen im ordentlichen Voranschlag 961,623.000 K, im Nachtrag svoranschlag 562,473.000 K. Dabei mache ich auf folgendes aufmerksam: Auch der Standpunkt, als ob die Personaleinkommensteuer eine gerechte Steuer wäre, ist ein längst überwundener Standpunkt. Wir wissen, daß auch durch diese Art der Besteuerung die breiten vermögenslosen Schichten der Bevölkerung perzentuell viel mehr herangezogen werden, als die ve rmögenden. Bei den Zöllen finden wir im ordentlichen Budget 192 Millionen, jetzt im Nachtrag 563 Millionen; Verbrauchssteuer 2.079,000,000, Nachtrag 395,344.000; Gebühren 1.460 Millionen. Nachtrag 736 Millionen; Monopole (Tabak, Stempel) 1.517 Millionen. Nachtrag 533 Millionen. Interessant sind diese Ziffern auch nach der Richtung, daß wir ersehen, daß beim Voranschlag für 1922 nicht mit der Offenheit vorgegangen wurde, die bei der Verarbeitung eines Voranschlages notwendig ist. Z. B.: Die direkten Steuern betragen jetzt 1550 Millionen und im Voranschlag für 1922 sind Sie, obwohl die Wirkung des Gesetzesüber die Personaleinkommensteuer erst 1922 voll zur Geltung kommen wird, mit 1576 Millionen präliminiert. Zölle, die 1921 760 Millionen betragen haben und die, wie Sie wissen, eine Erhöhung erfahren sollen, sind präliminiert im Jahre 1922 mit 528 Millionen; die Verbrauchssteuern mit 2 1/2 Milliarden, sind mit denselben Beträgen präliminiert. Wir glauben also, daß das Finanzministerium nicht mit dem guten Beispiel vorangeht, mit dem es vorangehen sollte, und daß es dieselben Methoden anwendet, wie alle anderen Ministerien.

Ich will nun einiges überspringen und nur die markantesten Sachen hervorheben. Da findet sich ein Posten "Lithographische Anstalt" Aufwand 110.000 Kronen, Ankauf von Material für die österreichische Regierung auf Grund des Prager Vertrages vom 18. Mai 1920. Ich weiß nicht, ob mir darüber Aufklärung im Budgetausschuß gegeben worden ist, denn ich selbst war nicht zugegen. Mir ist der Posten aufgefallen, weil ich nicht einsehen kann, was wir für Material für die österreichische Regierung auf Grund des Prager Vertrages zu kaufen haben. Und nun lassen Sie mich wieder mit einer prinzipiellen Frage beschäftigen: Wiederholt kommt es vor, daß sich das Ministerium darauf beruft, daß die Rechnungen für gelieferte Tuchwaren in den Jahren 1919 und 1920 verspätet vorgelegt wurden. Mit dieser Antwort kann ich mich unmöglich einverstanden erklären. So geht die Sache denn doch nicht. Ich stelle mir vor, der richtige budgetäre Vorgang wäre folgender: Im Jahre 1919 hat das Finanzministerium Tuche bestellt. Das Tuch ist geliefert worden, die Rechnung wurde aber nicht geliefert, es ist also nicht bezahlt worden, der Kredit, der für 1919 bewilligt wurde, ist nicht aufgewendet worden. Die Regierung hat nun die Verpflichtung, den für das Tuch entfallenden Betrag wieder in dem Voranschlag für 1920 als Kredit zu beanspruchen; verabsäumt sie das, so ist das ein grober Fehler. Das macht die Regierung und beruft sich darauf ganz offen in dem Voranschlag, den sie uns unterbreitet: "Wir haben die Rechnungen für die gelieferte Tuchware für 1920 und 1919 verspätet vorgelegt erhalten und wir stellen sie deshalb jetzt in den Voranschlag ein." Ich halte diesen Vorgang für nicht richtig.

Das Finanzministerium befaßt sich jetzt auch mit einer Neubewaffnung der Finanzwache, und zwar wendet sie dafür einen Betrag von 2,100.000 Kronen auf. Meine Herren, ich habe der Meinung Ausdruck gegeben, daß, wenn es wirklich schon so notwendig ist, daß die Finanzwache geschützt werde, dazu unser Militär, das dort ist, dienen könnte, daß man zu jedem Finanzwachmann einen Soldaten stellen kann. Die Sache ist aber nach einer anderen Richtung interessant, weil uns da zum ersten Mal erklärt wird, daß unsere Grenzfinanzwache einen so schweren, lebensgefährlichen Dienst zu verrichten hat. Ist es wahr, daß dort immerwährend Überfälle vorkommen, warum teilt man uns das nicht mit? Zählen denn die Menschenleben überhaupt nichts mehr? Ja, glauben Sie denn, weil es sich um simple Grenzfinanzwachleute handelt, daß wir uns darum nicht interessieren? Wir möchten gebeten haben, daß uns gründlich Aufklärung gegeben werde.

Sehr interessant ist eine Post im § 4: rückgezahlte Gebühren von 3 Millionen Kronen, interessant nach zwei Richtungen hin! Es wird damit begründet, der Erfolg dieser Rubrik sei ganz zufällig, und ich werde den Nachweis führen, daß er wirklich ganz zufällig ist. Unter anderem, heißt es dort, werden folgende bedeutende Beträge refundiert. Živnostenská banka 950.000 K, Živnobank 120.000 K, Živnobank 302.000 K, Živnobank 600.000 K, staatliche Einkaufsstelle 950.000 K, Èechoslavia 150.000 K, zusammen 3,072.041 Kronen. Es wird uns nun auf der einen Seite gesagt, es handle sich um 3 Millionen, auf der anderen Seite werden Teile dieser Aufwendungen angeführt und diese Teile machen aus 3,072.041 Kronen 4 Heller. Darüber möchten wir natürlich um Aufklärungen bitten. Wir möchten aber weiters gerne wissen, wieso die Živnostenská banka soviel Rückzahlungen bekommen hat. Wieviele Geschäfte macht dieser Staat mit der Živnostenská banka? Glauben Sie, daß uns das nicht interessiert und daß es nicht Ihre Verpflichtung wäre, uns einmal darüber aufzuklären, welche Geschäftsverbindungen der Staat eingegangen ist und ob diese Geschäftsverbindungen auch alle so gut sind, daß dabei das Interesse der Bevölkerung wirklich wahrgenommen wird? Das wäre schon eine Angelegenheit, die die Nationalversammlung anginge und nicht nur die einzelnen Ministerien.

Bei der Tabakregie lassen. Sie mich nur ganz kurz auf folgendes hinweisen: - Ich möchte nicht über die Güte unserer Zigarren sprechen, - glücklich derjenige, der jetzt Nichtraucher ist, nicht nur, um kein Geld ausgeben zu müssen, sondern um die schlechten Tabaksorten nicht rauchen zu müssen. Wir haben seinerzeit das Krankenversicherungsgesetz beschlossen, in welchem wir die Krankenversicherung auf die Familienmitglieder ausgedehnt haben. Daß eine staatliche Institution das Gesetz nicht respektieren wird, die Familienversicherung, für die wir gekämpft haben und von der auch Regierungskreise gesagt haben, daß sie mit dem Herzen bei der Sache sind, daß eine staatliche Institution diese Familienversicherung nicht einführen wird, hätten wir uns nicht im Traume einfallen lassen, und als uns vor ganz kurzer Zeit unsere Arbeiterschaft mitgeteilt hat, daß bisher die Familienversicherung in den Tabakfabriken nicht eingeführt ist, die Zahnbehandlung verweigert wurde, haben wir unseren Ohren nicht getraut; und doch ist es Tatsache, daß der Staat selbst seine Gesetze nicht durchführt.

Noch eine interessante Sache lassen Sie mich beim Kapitel Finanzministerium erörtern. Auf Seite 51 heißt es: Über Aufforderung des Ministeriums des Innern errichtet die Sparkasse Kgl. Weinberge in Munkaè eine Filiale unter der Bedingung, daß ihr ein unverzinslicher Staatskredit von 200.000 Kè, rückzahlbar innerhalb 10 Jahren, eingeräumt werde. So ohne weiteres kann meiner Ansicht nach die Regierung so einen Kredit einem Privaten ohne Verzinsung nicht gewähren. Und dann ist es auch politisch etwas, was mir wider den Strich geht und wofür ich kein Verständnis habe: man veranlaßt die Sparkassa Kgl. Weinberge, daß sie nach Munkaè gehe. Glauben Sie nicht, daß sich auch dort eine Sparkassa finden würde, die das Geschäft besorgen würde? Und bedenken Sie: einer kapitalistischen Organisation gibt man die Möglichkeit, sich hinunter zu verpflanzen, um dort Geschäfte machen zu können, und man subventioniert sie noch mit einem unverzinslichen Kredit von 200.000 Kè.

Ich muß jetzt, so interessant es wäre, auf das Post- und Telegraphenwesen einzugehen, dieses Kapitel übergehen. Beim Eisenbahnministerium möchte ich nur auf einiges aufmerksam machen. Es wird wiederholt darauf verwiesen, daß Beträge zur Regelung der Bezüge in der Slovakei verwendet werden. Wir möchten bei diesem Anlaß das Verlangen stellen, daß die Aufwendungen für die Slovakei ganz separat ausgewiesen werden, damit wir die Möglichkeit haben, zu überprüfen, wie groß der Aufwand für die einzelnen Länder ist. Der Aufwand für die Kaschau-Oderberger Bahn beträgt 359,062.980 Kronen. Und zum ersten Male wird uns hier seitens eines Ministeriums festgestellt, wie groß der Aufwand für die Legionäre ist. Der Aufwand für die aufgenommenen Legionäre beträgt bei diesem Kapitel allein 122,149.000 Kronen. Auf Seite 62 der Erläuterungen wird uns von einem Münzverlust von 38,334.000 Kronen gesprochen, der mit Valutaschwankungen begründet wird, die einen Ausgleich finden müssen. Ich halte diese Post für zu hoch und habe dem auch unverhohlen im Ausschuß Ausdruck gegeben.

Nun zum Justizministerium! Es wird dort festgestellt, daß der Aufwand für die Strafgerichte in erschreckendem Maße gestiegen ist durch eine gewaltige Steigerung der Kriminalität und daß nur anläßlich des Kommunistenputsches im Dezember 3000 Untersuchungen durchgeführt wurden, von denen die meisten in Haft waren. Die Zahl der Sträflinge ist gewaltig gewachsen. Zur Grundlage der Berechnung der Verpflegskosten für die Strafanstalten wurden in Böhmen 477.582 Verpflegstage angenommen. Bis Ende September 1921 aber wurden schon 773.435 Verpflegstage ausgewiesen. Wir werden also im Jahre 1921 um 100 % mehr Verpflegstage in den Strafanstalten haben, als ursprünglich im Voranschlage angenommen wurde. In diesem Zusammenhange glaube ich wieder der Regierung nahelegen zu müssen, ob sie nicht glaubt, daß es hoch an der Zeit wäre, die anläßlich der Dezemberunruhen Eingekerkerten endlich auf freien Fuß zu lassen. Wenn die Regierung glaubt, daß der Vorgang, der von ihr beobachtet wird, taktisch klug ist, einen nach dem anderen zu entlassen, und wenn sie glaubt, der Bewegung so zu schaden, die die Dezemberunruhen hervorgerufen hat, dann täuscht sie sich gewaltig. Dieses Vorgehen der Regierung ist nur geeignet, die Bewegung zu fördern. Es wäre ein Akt taktischer Klugheit, wenn die Regierung diesen Eingekerkerten die Freiheit geben würde. (Posl. Merta: Obrácenì, teï má narukovat 492 nových!) Das muß der Regierung überlassen werden.

Lassen Sie mich noch ganz kurz das Kapitel "Übergangswirtschaft" streifen, u. zw. aus einem ganz bestimmten politischen Grunde. Es wird da nämlich folgendes gesagt: Der Gesandtenkonferenz in Paris, zufolge deren Zuschrift vom 12. April, gerichtet an den Gesandten unserer Republik Dr. Stefan Osuský, als Ersatz des Aufwandes für das Okkupationsheer und die internationale Plebiszitkommission, deren Amtierung und Verwaltung im Sinne des Art. VIII der Entscheidungen des obersten Rates in Paris vom 29. September 1919 ist zu entrichten in èechoslovakischen Kronen nach dem jeweiligen Kurse vom Oktober 1921 26,540.258 48 K. Daß uns diese Post interessiert, werden Sie hören, weil sie einen ganz bestimmten Zweck hat. Auf Seite 72 heißt es: Dem Bankamte des Finanzministeriums zur Deckung der Verluste bei dem Austausch der polnischen Mark, und nichtgestempelter Kronen für 13 Millionen Kè gewährt auf Grund eines Regierungsbeschlusses aus politischen Rücksichten den Konsumvereinen der schlesischen Volkspartei und dem ersten Arbeiterkonsum- und Sparverein in Bielitz 1,673.215·14 Kè. - Auch darüber wollen wir Aufklärung haben. Dem Èeskosl. Odìvní úøad in Prag für die Plebiszitkommission in Teschen gelieferte Waren 818.397·43 Kè, der Landesverwaltungskommission in Troppau als Ersatz für Plebiszitzulagen 101.705·94 Kè, dem Ministerium für nationale Verteidigung als Ersatz für Automobile, welche den Plebiszitorganen in Teschen und in der Zips geliehen wurden, 1,600.000 Kè, verschiedene Aufwendungen für Plebiszitangelegenheiten 579.923·70 Kè. Das ist ein Vorgehen, das in keinem Staate möglich ist. Sie sagen, strenge Verrechnung. Ich wünschte, daß wirklich unter den einzelnen Kapiteln eine strenge Verrechnung platzgreift. Sie findet aber nicht statt. Dort, wo es sich darum handelt, das Ministerium für nationale Verteidigung zu entlasten, überwälzt man so eine Post. Zu anderen Zwecken und für verschiedene Aufwendungen, für Plebiszitangelegenheiten 579.000 Kronen. Auf Seite 73 heißt es: Bei der Okkupation Ostgaliziens im Jahre 1919 und später im Verlauf der Kämpfe im Jahre 1920 hat das polnische Heer einzelne Truppenteile ukrainischer Nationalität auf das Gebiet unseres Staates verdrängt. Der bisherige Aufwand beträgt 64,772.962 Kè. Und da wirft sich die Frage auf: Wie groß ist die Zahl der Internierten? Wo sind sie interniert? Handelt es sich um Militär oder handelt es sich auch um Zivilpersonen? Ich frage danach deshalb, weil man in den weiteren Erläuterungen da gesagt hat, man wisse noch nicht, wie man diese Verrechnungen mach en soll, man wisse auch nicht, wer verrechnet hat, man wisse nicht, wer das Ve rmögen der Ukrainer in Empfang genommen hat. Man weiß überhaupt gar nichts, man weiß auch nicht, zu welchen Bedingungen der seinerzeitige Besitzstand der Ukrainer übernommen wurde, kurz und gut, man weiß uns gar nichts zu sagen. Wir wünschen aber Aufklärungen. Es ist das deshalb begreiflich, weil es sich um Menschen handelt, die aus ihrer Heimat verstoßen worden sind, die hier bei uns Gastfreundsch aft genießen und deren wir uns annehmen müssen. Es wird uns auch gesagt, daß einzelne Ukrainer - ob freiwillig oder gezwungen, weiß ich nicht - in die Arbeitsabteilungen aufgenommen wurden. Wir wollen wissen, ob das nach den Methoden des alten Österreicb geschehen ist, ob die Leute freiwillig gegangen sind oder ob sie hiezu gezwungen wurden. Wir wollen wissen, wie sie entlohnt werden, kurz und gut, wir wollen darüber gewissenhafte Aufklärung haben.

Zum Schlusse lassen Sie mich noch auf den Aufwand für Karpathorußland hinweisen. (Výkøik posl. Bradáèe.) Ich kann Ihnen, Herr Kollege Bradáè, nicht ersparen, auch das noch mitanzuhören. Ich habe mir errechnet, daß der Aufwand für Karpathorußland im Jahre 1921 rund 625 Millionen, im Jahre 1922 rund 791 Millionen Kronen beträgt, und daß die Einnahmen Karpathorußlands im Jahre 1921 rund 110 Millionen, im Jahre 1922 rund 236 Millionen Kronen betragen. Ich meine, es ist das ein ziemlich kostspieliges Vergnügen und es ist nicht anders, wie es im alten Österreich mit Bosnien und Herzegovina war.

Sie begreifen, daß wir nach alledem wenig Sinn für Humor haben können. Und da kommt ein Blatt - ich war ganz erstaunt, als ich es dort gelesen habe - es waren die "Národní Listy", die darüber klagten, daß in der èechoslovakischen Politik wenig Humor zu finden sei, indem sie sagten: "Anderswo laden die Regierungsparteien auch die Führer der Opposition zu Beratungen ein. Bei uns wird jeder beiseite gestellt, der unbequem ist, und es tritt ein vollständiger Bruch der Beziehungen ein. Denn es ist notwendig, mit allen Konsequenzen zu hassen. Die Ursache liegt in nichts anderem, als in einem ungenügenden Humor. Die Schlagworte haben bei uns solch ein Unverständnis den anderen gegenüber, Haß und Unfreundlichkeit erzeugt, daß sie in der Politik jedes Fünkchen Gutherzigkeit im Keime ersticken, ja daß sie direkt alle gesellschaftliche Wärme und Herzlichkeit verhindern. Und wo nicht ein bischen guter Sinn ist, dort gibt es auch keine Großherzigkeit." Das schreiben die "Národní Listy", die Vertreter jener Partei, die den Haß sät, die überhaupt eine Völkerversöhnung nicht haben möchte und die davon lebt, daß sie den Haß unter den Völkern verbreitet. Diese Partei spricht davon, daß zu wenig Humor in der Politik herrsche. Ich habe wirklich zunächst geglaubt, es handle sich da um einen Grubenhund, den jemand den "Národní Listy" gesteckt hat, bis ich mich überzeugt habe, daß es am 31. Dezember, am Silvestertage war, an dem das dort geschrieben stand. Wenn die "Národní Listy" solche Anwandlungen haben, so nur am 31. Dezember.

Meine Herren! Nach alledem, was ich hier ausgeführt habe, werden Sie erkannt haben, daß es sich hier um einen Klassenstaat handelt, um die Belastung der wirtschaftlich Schwachen, um einen Voranschlag, bei dem die indirekten Abgaben und die Belastung der breitem Massen vorwiegen. Es handelt sich hier aber auch um einen Polizei- und Militärstaat. Für soziale Fürsorge und Gesundheitswesen nahezu nichts, für Militär- und Prestigezwecke alles.

Meine Herren! Sie stehen noch immer auf dem Standpunkt der Sieger. Lassen Sie mich schließen mit den Worten Voltaires: "Der Krieg macht binnen wenigen Jahren den Sieger beinahe so unglücklich, wie den Besiegten. Das ist ein Abgrund, der alle Ströme des Wohlstandes verschlingt." (Souhlas a potlesk na levici.)

3. Øeè posl. dr. Baerana (viz str. 2293 protokolu):

Sehr geehrte Herren! Zunächst stelle ich eines fest; daß es sich heute um eine der wichtigsten Funktionen des Staatsbetriebes handelt, nämlich um die Verhandlung des Staatsbudgets, und dabei kommt eine Teilnahmslosigkeit an den Tag, die nicht deutlich genug sprechen kann. Sie selbst stellen sich damit das Zeugnis aus, daß das Haus nicht mehr ein Parlament, sondern eine reine Abstimmungsmaschine, eine reine Komödie ist.

Jetzt will ich zum eigentlichen Thema übergehen. Ich erinnere mich noch genau, wie bei der Festlegung des Budgets, um dessen Nachtrag es sich heute hier handelt, Finanzminister Dr. Engliš stolz davon gesprochen hat, daß sich der Staatshaushalt im Gleichgewicht befindet. Wir haben es schon damals nicht geglaubt und haben offen zum Ausdrucke gebracht, daß wir daran zweifeln. Heute sehen wir, meine Herren, daß wir vollkommen Recht gehabt haben. Sie befinden sich nicht nur nicht im Gleichgewicht, sondern in einer ungeheueren Finanzkrise; denn Ihre Ausgaben sind enorm und die beruhen vor allem auf ihrer Großmannssucht. Ihre Einnahmsquellen sind aber vollkommen erschöpft. Ihre Steuermaschine kann nichts mehr herauspressen; die Posten über die Eisenbahngebühren und auch alle anderen Gebühren sind unerschwinglich, Steuern werden Sie keine mehr neu erfinden können, und Ihren Anleihen glaubt niemand. Infolgedessen befinden Sie sich in einer ungeheuren Krise.

Und wenn wir eigentlich fragen, wofür Sie dieses furchtbar viele Geld ausgeben, so können wir nur folgendes sagen: Erstens für das Militär, zweitens für Ihre Bürokratie und drittens für die Slovakei. Sie hätten sich nach dem Friedensvertrag von Versailles nur 150.000 Soldaten halten dürfen. Es ist aber eine Tatsache, daß Sie nahezu 200.000 Mann erhalten. In keinem Etat wird so gewüstet, wie im Militäretat, und ich habe schon im Budgetausschuß die Gelegenheit wahrgenommen, um zu zeigen, wie im Ministeri um für Kriegswesen gearbeitet wird, indem ich den Fall des Milan Fuèík festgestellt habe. Ich habe im Budgetausschuß die enormen Summen festgestellt, die Sie für die französische Mission ausgeben, und habe dabei weiter den Umstand erwähnen können, daß das Geld, das Sie für die französische Mission verwenden, in keinem Einklang zum Werte der französischen Offiziere steht, denn sie verweigern Ihnen den Gehorsam, wie es der Kommandant des achten Armeekorps vor kurzer Zeit getan hat. Nunmehr habe ich Gelegenheit aus Akten nachzuweisen, wie Sie selbst über die französische Mission denken. Mir liegt ein Akt eines Ihrer höheren Beamten vor, den er an das Øeditelství státních drah v Brnì geschrieben hat, und zwar von Lundenburg aus. Da lese ich folgendes: "Das Benehmen der fremden Soldateska in Lundenburg ist leider nicht klaglos. Die hiesige französische Besatzung, die keinerlei Beschäftigung hat, treibt sich in den Gasthäusern herum und bringt sich fast jeden Tag in unsere Kaserne junge Mädchen mit, mit denen sie ungeheuere Orgien aufführt. Sehr oft kommt es zu Zusammenstößen mit unseren Legionären, mit unseren Eisenbahnangestellten und auch mit jungen Bauernburschen der Umgebung, die, für solche Szenen vorbereitet, immer scharfgeschliffene Messer mit sich führen. Unsere Behörden haben nichts anderes zu tun, als sich mit derartigen, von den Franzosen provozierten Skandalszenen zu beschäftigen. Am 18. Februar wurden in Lundenburg zwei französischen Soldaten verhaftet, weil sie 40.000 Kè bei einem schweizerischen Transport gestohlen hatten. Dabei kam es zu skandalösen Szenen zwischen französischen und schweizerischen Mannschaften. Diese Leute, nämlich die Franzosen, glauben, daß sie sich in einem feindlichen Lande befinden. Dabei haben unsere Legionäre und Eisenbahner fürwahr nicht die Geduld, immer mit geladenem Revolver oder mit anderen Waffen sofort einzugreifen, um sich vor französischen Gewalttaten zu schützen. Unsere Leute sind zum äußersten entschlossen und werden sich schließlich von niemandem zurückhalten lassen, um dem Treiben des fremden Militärs auf eigene Faust ein Ende zu bereiten."

So denken Ihre eignen Behörden über die französische Mission und deren Einrichtung in diesem Staate. Aber Sie haben nicht nur mit den Franzosen unangenehme Erfahrungen gemacht. Es kam mir wieder ein Akt zur Hand, den ich zufällig erhalten habe und ich lese darin folgenden Vorfall: "Durch Lundenburg fährt ein Zug von Polen nach Tarvis herunter. Eine Abteilung dieses Zuges steht unter dem Kommando des italienischen Leutnants Celestino Vitale. In diesem Akt des Ministeriums heißt es, daß dieser Celestino Vitale ein "mladíèek" ist, also ein Mensch von knabenhaftem Aussehen. Er steht im ersten italienischen Genieregiment in Pavia. Nun wurden bei einem der Waggons, die der betreffende Leutnant kommandiert hatte, Fehler festgestellt und wegen dieser Fehler mußte der Wagen ausgeschaltet werden. Der italien. Leutnant ließ sich aber von den èechischen Behörden in Lundenburg nichts sagen, sondern zog den Revolver, und wie er das getan hatte, lief nicht nur die Beamtenschaft, sondern auch das übrige Personal davon. Und darüber beschwerten sie sich in einem Akt an das Ministerium und verwahrten sich auch gegen die italienischen Quertreibereien gegen Ihren Staat. Man muß wirklich lachen über die Freunde, die Sie in der Entente aufweisen.


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