Pátek 20. ledna 1922

Man hat unsere positive Mitarbeit auch dadurch unmöglich gemacht, daß man uns den Weg in gewisse Ministerien überhaupt verrammelt hat. Weder die politischen noch die volkswirtschaftlichen Ministerien sollten die Mitglieder der Opposition zugeteilt erhalten. Die sollten ausschließliche Domäne der Mehrheitsparteien bleiben. Der Opposition hat man gnädigst zugeteilt das Ministerium für soziale Fürsorge und das Gesundheitsministerium, also Ministerien, deren Ausgestaltung dringend notwendig ist, ohne daß im Wege der Ersparniskommission die Möglichkeit bestände, einen derartigen Antrag zu stellen, das Ministerium für Volksernährung, die Getreideverkehrsanstalt und die Fettzentrale, durchwegs also Institutionen, deren Auflösung eine Frage von Tagen ist, und die Persions- und Versorgungsgenüsse, ein Kapitel, bei welchem auch das größte Genie, insoweit der Gesamtaufwand für die Pensionisten in Frage kommt, Ersparnisse zu erzielen, nicht in der Lage sein wird.

Sie begreifen, meine Herren, daß uns so die Mitarbeit zur Unmöglichkeit gemacht wurde und daß daraus zur Evidenz hervorgeht, daß eine wirkliche Refo rm der Verwaltung, die eigentlich durch die Kommission wenigstens intendiert werden sollte, erschwert wird. Ich glaube, daß an eine solche Reform ernstlich gar nicht gedach wird. Man will etwas anderes im Wege dieser Ersparniskommission erzielen. Es handelt sich darum, im Wege dieser Ersparniskommission die Ihnen wegen ihrer politischen Gesinnung ni cht bequemen politischen Beamten und Angestellten beseitigen zu können. Gehen Sie nur diesen Weg weiter, meine Herren! Sie werden damit dem Staate sicherlich einen schlechten Dienst erweisen.

Der Herr Präsident hat sich in seiner Neujahsrbotschaft auch mit der Verwaltung beschäftigt und zu diesem Gegenstande u. a. folgendes ausgeführt: "Wir brauchen vor allem eine leistungngsfähige und gute Administrative, konkret gesprochen, eine neue anständige Bürokratie. Unsere Beamtens chaft hat die Aufgabe, eine demokratische und republikanische Beamtenschaft zu werden. Was man entösterreichern nennt, das muß vor allem unsere Beamtenschaft an sich vollziehen. Es ist ein neuer Geist notwendig, es sind neue Methoden notwendig, es sind neue Kenntnissse, eine neue Bildung notwendig." Und, meine Herren, welche Methoden haben die Mehrheitsparteien angewendet, um dieses Ziel zu erreichen? Sie haben die Bezüge der öffentlichen Angestellten gekürzt, und zwar ganz bedeutend gekürzt. Als ich als Sprecher unserer Fraktion und neben mir zwei andere Kollegen Sie hier davor wa rnten, diesen Weg zu gehen, da zuckten Sie ganz einfach die Achseln. Die Ereignisse der allernächsten Tage haben Sie davon überzeugt, wie recht wir mit unserer Warnung vor diesem Schritt hatten, als wir sagten, daß er Mißstimmung und Erbitterung unter den Staatsangestellten und Beamten hervorrufen muß und daß Sie diese Krise nicht so leicht überstehen werden. Es mag sein, Sie werden Ersparnisse erzielen, Ersparnisse am Papier.

Wenn Sie lediglich die Ziffern sprechen lassen, die darin ihren Ausdruck finden, so ersparen Sie wohl etwas an Gehalten, da Sie zirka 6-7 % weniger auszahlen müssen als bisher. Wenn Sie aber auf der anderen Seite in Betracht ziehen, daß Sie die Arbeitsfreudigkeit der Beamten vollständig unterbunden haben, daß Sie den Arbeitswillen, den guten Willen, den die Beamtenschaft gehabt hat, direkt getötet haben, dann, meine Herren, werden Sie zugeben, daß Sie damit ein sehr scschlechtes Geschäft gemacht haben. Und wenn Sie die Bilanz am Schlusse des Jahres ziehen werden, so werden Sie einsehen, daß sich da ein Passivum ergeben muß. Die Tatsache ist nicht wegzuleugnen: dem Abbau der Löhne muß der Abbau der Preise vorangehen. Es darf nicht der umgekehrte Weg gegangen werden. (Souhlas na levici.) Ich möchte auf die Ausführungen des ehemaligen Finanzministers Dr. Engliš in den "Lidové Noviny", die Valutafrage betreffend, reagieren und sagen, daß dem Abbau der Löhne und Gehalte, deren Steigerung in keinem Verhältnisse zur Steiggerung der Lebensmittel steht, der Abbau aller Lebensmittelbedürfnisse vorangehen muß. Nach Engliš sind die Lebensbedürfnisse 15mal, die Löhne lomal höher als sie in der Vorkriegszeit waren. Und wenn man uns mit der Kurssteigerung, deren Augenzeugen wir in den letzten Tagen sind, vertrösten will, so raten wir den Herren, denen die Finanzwirtschaft unseres Staates anvertraut ist, noch die Kehrseite der Kurssteigerung zu betrachten. Die Freude über dieses Ereignis wird dann nicht ganz ungetrübt sein. Die Lebenshaltung der arbeitenden Stände ist auch nicht annähernd dieselbe wie in der Vorkriegszeit. Wir müssen uns die Frage vorlegen, auf welchem Wege wir zu den gegenwärtigen Löhnen gekommmen sind. Wir haben zwei Kriegsjahre über uns ergehen lassen müssen, ohne daß bei einer unerhöhten Lebensmittelpreissteigerung eine Erhöhung der Löhne eingetreten wäre. Ist es bei objektiver Prüfung der Sachlage möglich, daß wir jetzt den umgekehrten Weg gehen? Und dabei muß berücksichtigt werden, daß die Staatsangestellten keineswegs zu den bestbezahlten, sondern - das muß offen gesagt werden - zu den schlechter gezahlten Schichten der Bevölkerung gehört haben. Wenn man jetzt bei diesen Leuten mit Kürzung der Bezüge vorgeht, so ist es begreiflich, daß das eine schwere Erbitterung hervorgerufen hat. Es ist notwendig, das zu sagen, weil in einer Versammlung, der auch ich beigewohnt habe, ein Abgeordnetenkollege, in die Enge getrieben, meinte: "Ja, bitte, ich habe gar nicht gewußt, von welcher Tragweite dieser Beschluß ist!" Es ist notwendig - meine Wenigkeit und Kollege Grünzner haben dies getan - daß wir Ihnen noch einmal vor Augen führen, welche Wirkungen in materieller Beziehung der Beschluß vom Dezember hat.

Ein lediger Lehrer verliert in der 11. Rangsklasse 1922 K und in der sechsten Rangsklasse 4614 K. Ein verheirateter mit zwei Kindern 3110 bis 6828 K, ein verheirateter mit sechs Kindern 4514 und in der sechsten Rangsklasse 8412 K. Fast 700 K monatlich verliert also ein Lehrer mit sechs Kindern in der sechsten Rangsklasse! Sie begreifen, daß das die Leute schwer trifft. Bei den Gemeinde- und Bezirksangestellten ist das noch viel krasser. Ein Gemeindeangestellter in einer Gemeinde unter 2000 Einwohnern, verheiratet, mit 16 Dienstjahren und einem unversorgten Kind und Naturalwohnung würde nach dem Gesetze vom 12. August 1921 13.146 K jährlich erhalten. Er wird aber jetzt nach dem Gesetze, das Sie beschlossen haben, 3900 Kronen beziehen. (Výkøiky: Schande! Skandal!) Ein Straßenwärter 2. Klasse mit einem unversorgten Kinde und sieben Dienstjahren erhält nach dem Gesetze vom 12. August 1921 11.496 Kronen, er wird aber jetzt 4200 Kronen erhalten. (Hört! Hört!) Ein Wachmann in einer Stadt mit über 10.000 Einwohnern, verheiratet, mit 13 Dienstjahren, hatte bisher Anspruch gehabt auf 13.296 Kronen, er wird jetzt 7800 Kronen bekommen. Ich halte es nicht für notwendig, nachzuweisen, daß die Erbitterung, die Empörung über die Tat, die Sie gesetzt haben, keineswegs nur in deutschen Kreisen so groß ist, daß sie auch in èechischen Kreisen mindestens so groß ist. Lassen Sie mich aus der Fülle des Materials, das uns allen zur Verfügung steht, Ihnen nicht minder als mir, das sagen, was ein Lehrer im "Èas" vom 28. Dezember 1921 gesagt hat. "Ich bin Vater von 3 jungen Studenten, von denen zwei außer Haus sind. Es war früher eine Kunst, mit 1000 Kè monatlich das Auslangen zu finden, die mir nach Begleich der Wohnung, des Schneiders und Schusters und des regelmäßigen meinen außer Haus weilenden Söhnen zur Verfügung gestellten Betrages verblieben sind. Ich kann nicht nur nicht rauchen und Bier trinken, ich bin jetzt gezwungen, meinen 19jährigen Jungen dem Studium zu entreißen. Wie schwer fällt so ein Entschluß! Wo seid Ihr, Ideale? Kann sich jemand wundern, kann uns jemand verurteilen, wenn wir massenhaft aus allen politischen und unpolitischen Vereinen austreten, alle privaten und öffentlichen Sammlungen ablehnen? Welchen Wert kann meine Arbeit in der Schule bei diesen schweren Sorgen haben? Etwas ist bei dem Menschen gerissen, er glaubt nicht mehr an Gerechtigkeit. Haben die verantwortlichen Faktoren überlegt, welcher Schaden unserer Nation, unserer Jugend zugefügt wird? Wir werden das Volk darüber belehren, wo gespart werden konnte und sollte, wo Millionen hinausgeworfen wurden. Wir werden rücksichtslos sein." Er schließt mit jenem geflügelten èechischen Worte: "Sich nicht fürchten und nicht stehlen, die Wahrheit siegt!"

Der Lehrer hat Tausenden sei er Klassenkollegen aus dem Herzen gesprochen, er hat das gesagt, was die Herzen aller Lehrer und Angestellten bewegt. Sie hätten noch Zeit zur Einsicht, Zeit zur Umkm ehr., Zeit zu sagen, daß das, was Sie gemacht haben, ein Fehler ist. Es ist niemals schlecht, einen Fehler einzugestehen, ihn einzubekennen und gutzumachen. Schlecht ist es nur, wenn man den Fehler erkannt hat und nicht den Weg geht, der zu seiner Behebung führt. Sie werden voraussichtlich diesen zweiten Weg gehen, den Weg, der Ihnen diktiert ist durch den Wahn, als ob Ihr Prestige irgendwie Schaden leiden würde, wenn Sie einbekennen würden, daß Sie einen Fehler gemacht haben. Wir als Vertreter der Opposition könnten, wenn es uns nicht um die Not und das Elend dieser Menschen zu tun wäre, deren wir uns annehmen und für die wir reden, hohnlächelnd darüber hinweggehen und uns denken, daß wir daraus politisches Kapital schlagen können. Wir wollen das nicht tun, weil wir sehen, daß wir es hier mit einem Elend zu tun haben, dem abgeholfen werden muß.

In derselben Zeit, in der Sie den Staatsbeamten und den Angestellten überhaupt einen derartigen Schlag versetzen, kommen Sie nun mit einem neuen Attentate gegen die Staatsangestellten. Sie muten den Staatsangestellten jetzt zu, sich ein Gesetz bieten zu lassen, mit welchem Staatsbeamte willkürlich versetzt werden können. Dieses Gesetz, mit dem wir uns in den nächsten Tagen zu beschäftigen haben werden, bedeutet einen Eingriff in die erworbenen Rechte der Staatsangestellten. Sie wollen mit einem Federstrich langerworbene Rechte der Staatsangestellten außer Kraft setzen, die Dienstpragmatik, durch welche den Staatsangestellten, mit Ausnahme der in den §§ 22 und 67 festgesetzten Fälle, verbürgt ist, daß sie nicht ohne weiters versetzt werden können. Dieses erworbene Recht wollen Sie nun kurzerhand den Staatsangestellten nehmen. Ich sage Ihnen, selbst in der Industrie und im Handel kann ein Privatangestellter nicht ohne weiters, wie Sie es da machen wollen, von einem Ressort ins andere versetzt werden, sondern nur in ein Ressort, das seinen Befähigungen entspricht. Sie wollen aber kurzerhand das Verfügungsrecht über die Staatsangestellten, die Möglichkeit haben, den Staatsbeamten versetzen zu können. Und wir wissen, was Sie mit diesem Gesetze wollen. Sie wollen von uns die Möglichkeit gesetzlich sanktioniert haben, die Staatsbeamten schikanieren zu können, mit Ihnen nach Belieben umgehen zu kö nnen. Sie wollen Maßregelungen und alles mögliche. Sie werden es begreifen, wenn wir schon heute ankündigen, daß wir dem Gesetze mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln opponieren werden.

Was haben Sie getan, um das Vertrauen der Bevölkerung zur Finanzverwaltung zu festigen? Rein nichts. Als ich als Vertreter meines Klubs hier wiederholt die Gelegenheit wahrgenommen habe, um über die Kriegsanleihe zu sprechen, habe ich es nicht getan, um die Kapitalistenklasse zu schützen. Ich glaube, daß wir gegen den Vorwurf gefeit sind, als ob wir uns jemals der Interessen der Kapitalistenklasse annehmen. Nur vom volkswirtschaftlichen Standpunkte aus, haben wir zur Frage der Lösung des Kriegsanleiheproblems Stellung genommen und gesagt, daß es im Interesse des Staates ist, die Kriegsanleihefrage zu lösen. Sie haben es selbst eingesehen, wovon nicht nur die Erklärung des Präsidenten der Republik zeugt. Auch der Präsident hat wiederholt Gelegenheit gehabt zu sagen, daß die Kriegsanleihefrage gelöst werden müßte im Interesse des Staates, nicht im Interesse einer einzelnen Nation. Ich weiß, es gibt eine Presse, die sich immer vom einseitig nationalen Gesichtspunkte mit dieser Kriegsanleihefrage beschäftigt, immer von dem Gesichtspunkte aus, als ob nur Deutsche Besitzer der Kriegsanleihe wären. Selbst diese chauvinistische Presse, selbst diese Presse, die ganz merkwürdige finanzielle Betrachtungen anstellt, mit denen ich mich aber nicht beschäftigen will, weil meine Zeit viel zu kurz ist, als daß ich mich damit beschäftigen könnte, selbst diese Presse kommt zu der Auffassung: wenn der Staat die Kriegsanleihefrage definitiv löse, aber vorläufig nur für die wi rtschaftlich Schwachen, wird er sicher die Unterstützung der breiten Öffentlichkeit finden. Ja, verlangen wir etwas anderes? Wir sagen nur, daß das Problem nicht so gelöst werden kann, wie die "Národní Politika" meinte, sondern nur einheitlich gelöst werden kann. Wenn Sie die Reichen heranziehen, daß sie eine Vermögensabgabe in der Höhe des Ges amtbesitzes an Kriegsanleihe leisten, können Sie unserer Unterstützung sicher sein. So stellen wir uns die Lösung des Kriegsanleiheproblems vor.

Nach dieser Einleitung, die ich für notwendig gehalten habe, lassen Sie mich nun zu dem Nachtragsbudget übergehen. Zuerst einige Betrachtungen. Der Nachtragsvoranschlag wurde uns mit Nr. 3165 am 16. November 1921 vorgelegt, mit einer Ausgabenziffer von 4.184,722.017 K und Einnahmen von 1.269,154.160 K. In der Sitzung des Budgetausschusses vom 1. Dezember beantragte der Referent, daß die Regierung aufgefordert werde, die Erläuterungen zu der Vorlage zu ergänzen. Am 10. Jänner erfolgte die Verteilung dieser Ergänzung im Hause. Und nun ist es notwendig, folgendes festzustellen: Der Herr Referent hat in der ersten Sitzung, von der ich sprach, als die ursprüngliche Vorlage den Mitgliedern des Ausschusses ausgeteilt wurde, selbst gesagt, daß er unter diesen Umständen das Referat nicht übernehmen könne, sondern verlangen müsse, daß die Regierung Erläuterungen zu diesem Voranschlag beistelle, u. zw. insbesondere in Bezug auf die Ausgabeposten. Am 10. Jänner bekamen wir nun die Erläuterungen, die Sie alle haben, allein als wir sie durchlasen, fanden wir meist nichts anderes darin, als eine Rekapitulation all dessen, was schon in der ursprünglichen Vorlage gestanden ist. Nunmehr hat sich der Referent, der zuerst so unbescheiden war wie wir, plötzlich damit beschieden. Aber ich glaube, daß der Vorgang, der hier eingehalten wurde, der Geschäftsordnung widerspricht, und ich hoffe, daß das geschätzte Präsidium nach meinen Ausführungen der Sache nachforschen wird, ob ich nicht recht habe. Was sagt der § 20 der Geschäftsordnung? Wenn ein Regierun gsantrag verteilt wird, weist ihn der Präsident in der nä chsten Sitzung dem Ausschuß zu, den er für zuständig erachtet. Die Erläuterungen, die uns dann später zu dem Voranschlag gegeben wurden, sind aber keine Erläuterungen, es ist vielmehr eine ganz neue Vorlage. Man hat geglaubt, sich über diesen Tatbestand, daß die Regierung nach der Geschäftsordnung nur die Möglichkeit hat, den Antrag zurückzuziehen, keineswegs irgendwelche Korrekturen vorzunehmen, hinwegzuhelfen. Die Regierung hatte also nur die Möglichkeit, den Antrag zurückzuziehen sie hätte dies tun müssen - und einen neuen einzubringen. Diesen Weg ist man ni cht gegangen, sondern man hat uns auf dem Wege der Erläuterungen eine neue Vorlage übergeben und damit es nicht ersichtlich sei, daß es sich nicht um einen Neudruck handle, hat man ihn nicht mit einer Nummer versehen, sondern als Erläuterung gegeben. In Wirklichkeit aber ist es eine ganz neue Vorlage, die nicht der geschäftsordnungsmäßigen Behandlung unterzogen wurde. Ich halte dafür, daß dieser Vorgang der Geschäftsordnung widerspricht, und daß wir, wenn hier wirklich parlamentarisch regiert würde und die Mehrheit und die Regierung sich wirklich nach der Geschäftsordnung halten, in die Beratungen des Voranschlages überhaupt nicht eingehen könnten, denn es sind grundlegende Änderungen, die vorgenommen wurden. Gestatten Sie einige Ziffern. Die Ausgaben sind unverändert geblieben, aber die Einnahmen sind von 1.269,154.160 K auf 3.916,997.080 K gestiegen. Des weiteren wird festgestellt, daß die im ordentlichen Voranschlag für 1921 eingesetzten Einnahmen eine Reduktion um 748 Millionen erfahren haben. Es wurde im Voranschlag also ein Überschuß von 288,181.423 Kronen erzielt, nach dem Nachtragsvoranschlag ein Abgang von 728 Millionen. Dabei möchte ich auf folgendes aufmerksam machen: Diese Veränderung ist in wenigen Wochen vor sich gegangen. In den wenigen Wochen seit Unterbreitung des ursprünglichen Nachtragsbudget hat sich auf einmal das Bild vollständig geändert. Glauben Sie mir es, daß ich auch als Mitglied der Opposition, die sachliche Opposition machen will, selbstverständlich ein Interesse daran habe, daß der Staat finanziell nicht krank, sondern gesund sei, und daß wir es mit Freude begrüßen werden, wenn alle Feststellungen über eine finanzielle Gesundung des Staates wirklich den Tatsachen entsprechen. Aber wer von uns könnte zu den Budgetposten ihres Staates noch Vertrauen haben, wenn Sie solch ein Salto-Mortale in wenigen Tagen ausführen. Gewiß, ich weiß, mit Posten kann alles mögliche gemacht werden. Aber glauben Sie, daß das Ansehen des Staates draußen im Ausland und selbst im Inland stark fundiert wird, wenn man hört, daß innerhalb weniger Wochen solche Veränderungen vorgenommen werden? Und bezeichnend ist es, daß man in dem Nachtragsvoranschlage, den man ursprünglich unterbreitet hat, noch keineswegs davon gewußt hat, daß die Einnahmen im Kapitel Übergangswirtschaft 748 Millionen übrig ließen, daß man plötzlich damit kommt, man habe es damals nicht gewußt, daß die Einnahmb en eine Erhöhung aufweisen. Aber man hat es gewußt und man kam nicht, man wollte sich entweder eine latente Reserve schaffen für die nächsten Jahre oder man hatte eine andere Absicht mit di esem Posten. Der Verdacht steigt auf, daß man ihn anderweitig verwenden wollte, denn man muß insbesondere in einem Staat vorsichtig sein, in dem man die Voranschläge ohne Rechnungsabschlüsse bekommt. Ja, welche Vermutungen müssen wir hegen? Was ist übrig geblieben im Jahre 1918, welche Beträge im Jahre 1919, welche 1920 und wie sind diese Beträge verwendet worden? Warum ist uns nicht wenigstens bei Beratung des Nachtragsbudgets oder bei den Vorschlägen für die kommenden Jahre gesagt worden, wie es um die Gebahrung des Staates in den vorangegangenen Jahren stand? Sie sehen daraus, wie unhaltbar dieser Zustand ist und daß alles daran gesetzt werden muß, daß endlich unser Wunsch nach Beistellung der Rechnungsabschlüsse zur Beratung der Voranschläge erfüllt werde, nicht in unserem Interesse, sondern in Ihrem Interesse, weil sonst alle Ziffern des Budgets als eine Fiktion erscheinen müssen, als nichts anderes als Zahlen, die jeder Realität entbehren. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda inž. Botto.)

Und was soll ich dazu sagen, daß Sie uns wieder zumuten, einen Nachtragsvoranschlag für das Jahr 1921 im Jahre 1922 zu verhandeln. Was heißt Voranschlag? Ein Voranschlag ist die Aufstellung über die voraussichtlich auf Grund der Erfahrungen im Vorjahre festzustellenden Ausgaben und Einnahmen, also über die Gebarung des Staates im nächsten Jahre Und nach diesem Voranschlag sollen sich alle Verwaltungsressorts richten. Wenn Sie nun den Nachtragsvoranschlag für ein Jahr verspätet einbringen, ist es klar, daß Sie damit den Voranschlag überflüssig machen, der Vorasnchlag wird zur überflüssigsten Sache der Welt, er ist überhaupt nicht notwendig. Ich glaube, daß es auch notwendig ist, auch auf etwas ganz anderes aufmerksam zu machen. Sie verlangen von der Bevölkerung die Respektierung der Gesetze des Staates und Sie verstehen es, ganz radikal gegenüber jenen vorzugehen, die die Gesetze übertreten. Nach dem, was wir hier miterlebt haben, wäre es eigentlich notwendig, die Regierung in den Anklagezustand zu versetzten, denn sie hat das Finanzgesetz, das Sie selbst sich gegeben haben, mit Füßen getreten. Im Artikel II des Finanzgesetzes heißt es: "Die Mittel zur Deckung der ordentlichen Ausgaben mit Ausnahme jener, die in längeren als in monatlichen Raten fällig sind und der außerordentlichen Ausgaben für die Teuerungszulagen, die außerordentlichen Aushilfen und die vom Staate übernommenen Abzüge der Staatsbediensteten, der Bediensteten der Staatseisenbahnen und des Heeres können in der Regel nur nach Maßgabe des tatsächlichen Bedarfes für die einzelnen Monate des Verwaltungsjahres und höchstens mit einem Zwölftel des bewilligten ganzjährigen Kredites angefordert werden. Abweichungen von dieser Regel bedürfen der Zustimmung des Finanzministeriums. Zur Verwendung aller übrigen außerordentlichen Kredite ist die Zustimmung des Finanzministeriums erforderlich, wenn im einzelnen Falle das Erfordernis für das Verwaltungsjahr den Betrag von 50.000 Kè übersteigt." Und im Art. III wird gesagt, daß für jene Ausgaben, die abweichen vom Art. II, die Zustimmung des Finanzministers, des Präsidenten der obersten Kontrolle und des Ministerrates notwendig ist und daß zu allen jenen Ausgaben, die im Voranschlag nicht enthalten sind und die den Voranschlag überschreiten, die Zustimmung der Nationalversammlung notwendig ist. Und nun fragen wir uns, hat die Regierung das Finanzgesetz respektiert? An einigen Ziffern soll das wieder klar nachgewiesen werden. Das Ministerratspräsidium hat im Voranschlage pro 1922 einen Kredit von 175,085.499 Kè bewilligt bekommen, d. h. auf den Monat repartiert 14,590.458 Kè. Und die Nachtragsforderung beträgt 24,451.838 Kè. Man muß an den Finanzminister die Frage richten: Hat sich der Herr Ministerpräsident an den Finanzminister um die Zustimmung gewendet, daß er monatlich mehr - das muß schon wenigstens von Juni zurückdatieren - in Anspruch genommen hat, als er tatsächlich in Anspruch nehmen durfte oder nicht? Auf diese Frage möge er uns antworten.

Gehen wir nun zum Ministerium für nationale Verteidigung über. Das Erfordernis beträgt 2.346,910.110 Kè, monatlich ergibt dies einen Bedarf von 195,575.842 Kè. Die Nachtragsforderung beträgt 224,885.891 Kè. Sehr interessant gestaltet sich die Gebarung beim Ministerium des Innern. Beim Ministerium des Innern war der bewilligte Kredit 421,099.601, also auf den Monat umgerechnet 35,091.633 Kè. Die Nachtragsforderung beträgt 195,075.80 Kè. Ich glaube, daß das Finanzministerium im Monate Mai schon gesehen hat, daß das Ministerium des Innern mit dem bewilligten Kredit nicht das Auslangen finden kann, und es war Pflicht des Finanzministeriums, bzw. der Regierung, mit einer Nachtragsforderung für das Ministerium des Innern vor die Nationalversammlung zu kommen. Dieses Vorgehen verstößt nicht nur gegen den Art. II, sondern auch gegen den Art. III des Finanzgesetzes und es wäre nichts naheliegender, als daß wir in Anbetracht dieses Umstandes und anderer Umstände, die ich hier noch ausführen werde, verlangen würden, daß die Regierung zur Verantwortung gezogen wird wegen Übertretung dieser gesetzlichen Bestimmungen.

Beim Eisenbahnministerium wird es gar zu augenfällig; diesem Ministerium wurden bewilligt 3.423,554.500 K, also auf Monate umgerechnet 285,296.208 K und die Nachtragsforderung beträgt "bloß" 1.773,498.600 K. Ich glaube, daß zu Beginn des Jahres schon der Eisenbahnminister sehen mußte, daß er mit dem Kredit das Auslangen nicht finden kann und er hätte vor die Nationalversammlung kommen müssen, wenn er noch ein bißchen Respekt vor dem Parlament hätte. Und da wirft sich einem die Frage auf, über die ich schon anläßlich der Beratung des ordentlichen Voranschlages gesprochen habe, werden wir selbst mit den erhöhten Anforderungen, die an uns für das Jahr 1922 gestellt wurden, das Auslangen finden. Bei der Zusammenziehung der bei den einzelnen Kapiteln im Voranschlage und Nachtragsvoranschlage für das Jahr 1921 enthaltenen Ziffern und bei dem Vergleiche mit den Ziffern des ordentlichen Voranschlages für das Jahr 1922 kommen wir zu ganz interessanten Feststellungen.

Wir haben im Jahre 1921 für das Kapitel "Pensionen und Versorgungsgenüsse" ausgeworfen 613 Millionen; im Jahre 1922 ist für denselben Zweck ein Betrag von 525 Millionen vorgesehen. Wir haben im Ministerium des Innern für 1921 622 Millionen vorgesehen. Im Jahre 1922 werden wir mit 557 Millionen das Auslangen finden. Für Schulwesen 843 Millionen, im Jahre 1921 749 Millionen. Es beträgt das Budget des Finanzministeriums 2024 Milionen im Jahre 1921 und im Jahre 1922 1724 Millionen. Post und Telegraph 1049 Millionen, im Jahre 1922 879 Millionen. Bei den Eisenbahnen 5576 Millionen, im Jahre 1922 4660 Millionen. Ich kann Ihnen eine erfreuliche Tatsache ermitteln, daß wir für das Jahr 1922 Ersparnisse machen werden von 1.643,638.431 Kronen. Ich glaube es nicht, ich glaube, daß die Tatsachen mir recht geben werden, wenn ich daran nicht geglaubt habe, sondern wir werden wahrscheinlich wieder zu einem Nachtragsvoranschlag pro 1922 kommen. Ich weiß, daß die Mehrheit auch dieses Vorgehen der Regierung stillschweigend hinnehmen wird. Da läßt sich nichts machen und wir müssen uns damit abfinden. Ob das im Interesse des Staates und einer Gesundung der finanziellen Verhältnisse des Staates gelegen ist, möchte ich bezweifeln. Aber es ist notwendig, daß man die Aufmerksa keit auch nach anderer Richtung lenkt.

Meine Herren, die Regierung kommt uns mit Nachträgen über die Dinge, von denen sie schon im Jahre 1919 gewußt hat. Und es heißt, überhaupt jede finanzielle Gebarung außer Kontrolle stellen, wenn man so wirtschaftet, wie da gewirtschaftet wird, und es heißt, jede gesetzliche Bestimmung selbst mit Füßen treten, wenn man sie so weiter handhabt wie sie die Regierung gehandhabt hat. Wenn man uns jetzt mit Forderungen für Dinge kommt, die schon im Jahre 1919 beschlossen wurden, von denen die Regierung im Jahre 1919 und 1920 gewußt hat und uns nicht damit gekommen ist, sondern erst jetzt, so ist das ein Vorgehen, für das mir die richtige Bezeichnung fehlt. Ich werde nachweisen, daß auch einige Fehler im Voranschlag sind. Ich habe nicht die Möglichkeit gehabt, alle Punkte zu addieren, der Aufgabe konnte ich mich nicht unterziehen. Wenn die Zeit reicht, werde ich mich auch der Aufgabe unterziehen. Aber in diesem Berichte des Referenten finden Sie gleich auf der ersten Seite einen sehr interessanten Fehler, der auf die Eile, mit der hier alles gemacht wird, zurückzuführen ist. Es heißt hier, die ordentlichen Ausgaben betragen 1.675,000.000 Kè, die außerordentlichen 2.509,000.000 Kè, zusammen 4.184,000.000 Kè. Die ordentlichen Einnahmen betrugen 3.843,000.000 Kè, die auß erordentlichen 674,942.000 Kè, zusammen 3.168,000.000 Kè. Es ist nur ein Fehler mit diesen 679 Millionen geschehen, die wirklich nicht mehr Einnahmen sind, sondern eine Restrinktion der Einnahmen darstellen, die im Voranschlag für 1921 enthalten sind. Das alles ist natürlich zurü ckzuführen auf die saloppe Art, mit der hier überhaupt diese Dinge verhandelt werden. Hoffentlich werden nun derartige Feststellungen Sie mit der Zeit doch dazu führen, daß Sie sich doch etwas mehr Zeit lassen und auch uns mehr Zeit zur Behandlung dieser Gegenstände gönnen werden. Dabei möchte ich auf den Umstand hinweisen, daß die im Laufe des Jahres 1921 bewilligten Kredite überhaupt nicht einbezogen sind, ein Umstand, den auch der Herr Referent in seinen Ausführungen zum Voranschlage rügt. Aber es ist notwendig, daß man auch von dieser Stelle aus darauf hinweist.

Nunmehr zu den einzelnen Kapiteln und Posten des Voranschlages: Kanzlei des Präsidenten, Lana: 6,920.799 Kè im Nachtragsvoranschlag, im Voranschlage für das Jahr 1922 11,665.598 Kè, zusammen 18,586.397 Kè. Meine Herren! Ich muß schon sagen, daß man in einer Zeit, in der es der Bevölkerung so schlecht geht, denn doch etwas vorsichtiger bei der Ausgestaltung des Gutes Lana vorgehen sollte. Ich bitte, 18 1/2 Millionen! Bedenken Sie: Der zehnte Teil dessen, was der Aufwand für die Staatsbeamten erfordert, wird da für das Gut in Lana ausgegeben. Ich glaube nicht, daß das im Sinne Masaryks sein kann, ich glaube nicht, daß in einer Zeit, wo die breiten Massen des Volkes so schwer zu ringen und so schwer zu leben haben, so viel in das Gut Lana investiert werden sollte.

Im statistischen Amt möchte ich eine interessante Feststellung machen: Da wurden als Leihgebühr für Rechenmaschinen ursprünglich 315.000 Kè ausgewiesen und diese Post dann auf 756.000 Kè erhöht. Ich habe schon im Ausschuß Gelegenheit gehabt, das zu kritisieren. Ich habe gesagt, daß ich es unmöglich verstehen und begreifen kann, daß man an Leihgebühr für die Rechenmaschinen 756.000 Kè ausgibt und nicht der Frage näher tritt, ob es nicht zweckmäßiger wäre, diese Maschinen anzukaufen. Es hat mir im Ausschuß der Vertreter des statistischen Amtes eine unbefriedigende Antwort gegeben. Er hat gemeint, es sei ein Vertrag abgeschlossen, nach welchem die Summen, die wir jetzt als Leihgebühr bezahlen, später von der Kaufs umme in Abrechnung gebracht werden. Soweit ich die Verträge bei Abmietung derartiger Maschinen kenne, ist die Sache so, daß nur ein Bruchteil von den Anzahlungen, die man geleistet hat, eingerechnet wird und daß der Verlust so enorm ist, daß man, wenn man beabsichtigt, die Maschinen anzukaufen, der Sache viel besser dient, offen Farbe zu bekennen. Wir alle wissen, daß das statistische Amt wird ausgestaltet werden müssen und daß auch nach Beendigung der Volkszählungsarbeiten für die Maschinen volle Beschäftigung vorhanden wäre. Es wäre also besser, Sie kommen offen und sagen: Wir brauchen die Rechenmaschinen und wir ersparen dem Staate so und soviel Hunderttausende Kronen, wenn wir mit dem Ankauf vorgehen. Aber nein, es wird eben nur geflickt!


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