Pátek 20. ledna 1922

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 123. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pátek dne 20. ledna 1922.

1. Øeè posl. inž. Junga (viz str. 2249 protokolu):

Meine Damen und Herren! Vor uns liegt ein Nachtragserfordernis der Regierung zum Haushaltsplan für das Jahr 1921. Es sei zugegeben, daß es in dieser Zeit der ungeklärten Verhältnisse auch in anderen Staaten Nachtragserfordernisse gibt, das Kennzeichnende aber an dem Nachtragserfordernis, das uns beschäftigt, liegt zum Unterschiede von anderwärts darin, daß eine ganze Reihe von Posten darin enthalten sind, welche bei einer halbwegs sorgfältigen Aufstellung des ordentlichen Staatsvoranschlages schon in diesem hätten vorkommen müssen. (Posl. Patzel: Und daß in einem anderen Staate bei Begründung eines Milliardenvoranschlages der Finanzminister da ist, während er hier fehlt!) Es ist allerdings eine allgemeine Erscheinung in diesem Hause, daß die Regierung selbst bei den wichtigsten Anlässen fehlt. (Výkøiky na levici.) Um nur ein Beispiel herauszugreifen, so konnte die Regierung von vornherein doch mit der Bewilligung der Notaushilfen für die Staatsangestellten rechnen. Ein Nachtrag wäre begreiflich und auch berechtigt, wenn es sich bloß um derartige Ausgaben handelte, die mit den Währungsschwankungen und ähnlichen Erscheinungen im Zusammenhang stehen, die also unvorhergesehen sind. So aber ist der ganze Nachtrag bloß ein Kennzeichen für die beispiellose Flüchtigkeit und Leichtfertigkeit, mit der hierzulande der Staatsvoranschlag zusammengestellt und behandelt wird. (Posl. dr. Schollich: Die Pìtka schluckt alles!) Jawohl! Es ist aber auch die Vermutung nicht von der Hand zu weisen, daß diese Fo rm mit einer gewissen Absicht gewählt wird, weil sie der Regierung die Möglichkeit bietet, sich eine Reihe von Ausgaben auf unrechtmäßige Weise bewilligen zu lassen. (Posl. dr. Brunar: Die Spiritusfabrik!) Sehr richtig, die nicht vorhanden war so wird z. B. ganz offen zugestanden, daß das Ministerium für nationale Verteidigung Beträge, die im ordentlichen Voranschlag für 1921 gestrichen worden waren, dennoch verausgabt hat. Angesichts dieser Tatsachen ist aber das Nachtragserfordernis kein Nachtrag mehr zum Staatsvoranschlag, sondern in Wirklichkeit die nachträgliche Genehmigung von Ausgaben, die entgegen dem Finanzgesetz gemacht wurden. Auf diese Weise aber sinkt das ohnehin arg geschmälerte Recht der Budgetbewilligung in diesem Hause vollends zur Narrenposse herab. (Výkøiky nìm. poslancù.) Dieser Nachtrag hat aber auch eine andere Bedeutung. Er zeigt, daß das vielgerühmte Gleichgewichtsbudget des Herrn Dr. Engliš, wie wir schon seinerzeit behaupteten, nichts anderes war, als Trug und Schein. (Souhlas na levici.) Es sollte damit der Welt die angeblich günstige Lage dieses Staates vorgespiegelt werden. Das Nachtragserfordernis nun brandmarkt diesen Vorgang auch dem Auslande gegenüber als ausgelegten Täuschungsversuch. (Sehr richtig!) Die Regierung wirbt nun, nachdem sie das ihr wenigstens von einer Seite des Hauses entgegengebrachte Vertrauen schnöde mißbraucht hat, neuerlich um Vertrauen. Richtig gesagt, ist es ja nicht dieselbe Regierung, aber es ist Blut von ihrem Blute und Fleisch von ihrem Fleische. Und wenn auch die Regierungen in diesem Hause wechseln, ihr Wesen, ihr System und die wirkliche Regierung, die "Pìtka", bleibt unverändert bestehen. (Výkøiky nìm. poslancù.) Damit man nun nicht einmal ordentlich die Wahrheit sagen kann, wird in der Drosselung der Redezeit ein selbst in diesem Hause des Maulkorbzwanges unerreichter Rekord von 6 Minuten Redezeit auf den Kopf aufgestellt. Schon diese Tatsache kennzeichnet das mit aller Rücksichtslosigkeit geübte System der Unterdrükkung, welche das wesentlichste Kennzeichnen dieses Staates bildet, der sich einst vermaß, ein Hort der freiheitlichen Entwicklung aller seiner Völker zu sein, darunter auch derjenigen, welche man zu Zwangsbürgern gemacht hat. (Výkøiky nìm. poslancù. Dieses System ist von dieser Stelle aus von Rednern aller Oppositionsparteien so oft und so nachdrücklich gekennzeichnet worden, daß ich es mir ersparen kann, darauf des langen und breiten einzugehen. (Výkøiky nìm. poslancù.) Fast jeder Tag liefert uns übrigens hier in diesem Hause, wie auch außerhalb desselben, Beispiele dafür, und Gesetzgebung und Verwaltung arbeiten dabei Hand in Hand. Von irgend einem Eingehen auf unsere Beschwerden und Forderungen ist nie die Rede. Die Regierung und die ihr nahestehenden Parteien haben ganz andere Schmerzen. Vor allem die schon ans Lächerliche grenzende Hochverratsschnüffelei, die in ihrer ganzen Aufmachung an das vo rmärzliche Österreich erinnert, das trotz aller Entösterreichung das richtige Schulbeispiel für diesen Staat ist. Kein geringerer als Masaryk hat einmal erklärt, daß Völker keinen Hochverrat begehen können. (Výkøiky nìmeckých poslancù.) Die Èechen aber erklären jedes Bestreben von unserer Seite, auch nur die kulturellen und nationalen Zusammenhänge mit unseren Volksgenossen jenseits der èechischen Grenzpfähle zu pflegen, als Hochverrat. Jede Kritik an den Verhältnissen, jede Rede im Auslande, die von irgend einem der vielen Spitzel mißverstanden wurde, ist Hochverrat, wie ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann. (Výkøiky nìmeckých poslancù. - Posl. dr. Schollich: "Demokratie ist Diskussion!") Ich werde auch darauf noch zu sprechen kommen. Jede von unserer Seite im Inlande gehaltene Rede beinhaltet nach Ihrer Meinung zumindest den Tatbestand der Aufreizung. Wenn Ihnen an Lächerlichkeit soviel gelegen ist, mögen Sie auf diesem Wege nur ruhig fortfahren. Wir haben nichts dagegen einzuwenden.

Die jetzige Regierung hat sich bei ihrem Amtsantritt über die soziale Frage nur mit einigen inhaltslosen Worten geäußert. Die Art und Weise, wie hier seither Sozialpolitik unter dem Schlagworte "Sparen" getrieben wird, läßt uns auch für die nächste Zukunft auf diesem Gebiete nichts anderes als neuerliche Abbaumaßnahmen erwarten. Die Staatsangestellten und Lehrer sind zwar die ersten, nicht aber die letzten an der Reihe gewesen. Heute mag vielleicht das Gefühl, daß man am 17. Dezember etwas vorschnell und übereilt gehandelt hat, weitere Kreise ziehen. Von unserer Seite ist am 12. ds. Mts. in dieser Hinsicht ein dringlicher Abänderungsantrag eingebracht worden. Wir werden an seinem Schicksal und vor allem einmal an der Abstimmung über die Dringlichkeit ersehen, ob es der Mehrheit dieses Hauses nach wie vor um nichts anderes als um einseitige Sparmaßnahmen zu tun ist.

Unerledigt sind, um nur einige Beispiele anzuführen, bisher die Fragen der Stabilisierung der Bezüge der Staatsangestellten, die Gleichstellung der Ruheständler, die Sozialversicherung und trotz bestimmter Zusagen sogar von "allerhöchster" Stelle, die Erneuerung des Kriegsanleihegesetzes geblieben. (Posl. dr. Schollich: Die Bewilligung ist eben nicht durch die Pìtka erfolgt. Das ist die höchste Instanz!) Sehr richtig. Wir werden eine neue Steigerungstufe einführen müssen. (Výkøiky nìmeckých poslancù.) Ungelöst ist auch die wohl wichtigste Frage dieses Staates, die nationale. Der deutsche Parlamentarische Verband hat in einer dringlichen Interpellation am 28. Oktober 1920, nicht vielleicht 1921, diese Frage aufgerollt. Diese Interpellation ist bisher von der Regierung unbeantwortet geblieben oder wenigstens wurde sie nur insoferne beantwortet, als man sich auf den Grundsatz stellen will, daß keine Antwort auch eine Antwort ist. (Posl. dr. Schollich: Obwohl die Regierung verpflichtet ist, innerhalb zweier Monate Antwort zu geben!) Dafür, Herr Kollege, war die Interpellation eben dringlich. Das ist etwas anderes. Die Regierungserklärung ist jedenfalls auf diese Frage nicht eingegangen. Dafür hat sie der ehemalige Philosoph und Ethiker und jetzige Präsident des èechischen Nationalstaates und seiner deutschen, slovakischen, magyarischen und ruthenischen Kolonien in seiner Neujahrsbotschaft angeschnitten. Es ist sehr interessant, den Professor Masaryk von einst mit dem Staatsoberhaupt von jetzt zu vergleichen. Vor nahezu 26 Jahren hat er sich in der Wiener Wochenschrift "Die Zeit" über die Frage des deutsch-èechischen Ausgleiches folgendermaßen geäußert (ète): "Wer im Ernst die Freiheit und soziale Gerechtigkeit will, der muß in concreto für die politische Autonomie arbeiten. Wenn Schlesien ein administratives Ganzes darstellt, warum könnte nicht auch Böhmen in 10, Mähren in vier Kreise zerfallen? Das Territorium der Kreise, wie auch der Bezirke sei womöglich sprachlich getrennt. "Ich Herr, du Herr", sage ich mit Havlíèek. Die nötigen Sprachenverordnungen" - äußert er sich weiter - "möchten ungefähr folgende sein: In den böhmischen Ländern sind alle drei Landessprachen (in Schlesien nämlich die polnische) Amtssprachen. Die Amtssprache der Behörden richtet sich nach der Sprache der Mehrheit der Bevölkerung, der die Behörde dient. Die Behörden korrespondieren untereinander in ihrer Sprache, die Zentralbehörden sind utraquistisch."

So vor 26 Jahren. In seiner Neujahrsbotschaft aber erklärt er: "Über territorielle Autonomie kann und wird nicht verhandelt werden. (Výkøiky nìmeckých poslancù.). Das läßt auch die unvo rteilhafte Konfiguration der Minderheiten nicht zu." Und weiters: "Unser Staat, wie jeder andere Staat, hat und muß seine Sprache haben. Das erfordert die Einheitlichkeit und die Gedeihlichkeit der Administration. Bei gutem Willen bestimmt die politische Reife und Erfahrung, wo die Anwendung der Staatssprache keine dringende Notwendigkeit ist." (Výkøik: In der Familie!) Das wird wohl zum Schlusse die einzige Gelegenheit sein. 1896 war ihm ferner die Demokratie noch Diskussion. Heute aber wünscht er, "daß die Regierung in allen Fragen und speziell in der nationalen Frage ein klares und bestimmtes Programm habe und darnach positiv ohne Rücksicht auf das Vorgehen der Opposition vorgehe." Zwar meint er, auch heute noch schaufle Blindheit und kleinliche Herrschsucht überall das Grab der Freiheit und Selbständigkeit, (Výkøiky na levici.) aber diese Worte scheinen bloß ein für uns Deutsche bestimmtes Zuckerl gewesen zu sein. In ihrer Allgemeinheit und Unbestimmtheit klingen sie jedenfalls wesentlich anders als die ihnen entsprechenden vor 26 Jahren. Denn damals hieß es noch: "Die Regierung, indem sie einseitig die vermeintliche Notwendigkeit einer einzigen Amtssprache festhält, begeht alle Fehler des chauvinistischen Nationalismus, ja fördert diesen geradezu. Nehmen wir nun noch dazu, daß anstelle der höheren Schweiz nunmehr als Musterbeispiel Belgien getreten ist, jenes Belgien, in dem die Vlamen stets die Rolle eines minderberechtigten, unterdrückten Volkes spielten, und halten wir uns ferner das harte Urteil vor Augen, das Präsident Masaryk über die Auslandspropaganda der Deutschen fällt, der seiner Meinung nach eine "bewußte und erstaunliche Leichtfertigkeit und Unwahrhaftigkeit" innewohnt, wobei aber allerdings nicht etwa das Memoire III zum Vergleich herangezogen werden darf, so sind wir uns wohl darüber klar, daß keinerlei Hoffnung vorhanden ist, der Kurs der èechischen Innenpolitik werde sich ohne gehörigen Druck von deutscher Seite ändern. Auch wir Deutschen können also dem Präsidenten Masaryk für seine Offenheit dankbar sein. Er sagt uns wenigstens klipp und klar, daß wir uns den notwendigen Lebensraum werden erkämpfen müssen. Sonst nehmen wir freilich die Präsidentenworte nicht allzu tragisch, denn in der Politik gibt es, wie ein schon viel größerer Staatsmann (Posl. dr. Schollich: Als der Beneš?) als Beneš und Masaryk, nämlich Bismarck, erklärt hat, kein niemals. Ob daher über Autonomie und ähnliche Fragen verhandelt wird oder nicht, werden nicht allein die Èechen, sondern auch wir Deutschen bestimmen, sobald unser Volk erst einmal zu der klaren Erkenntnis seiner Lage, der Hoffnungslosigkeit aller Versöhnungsversuche und der ihm innewohnenden Kräfte gelangt ist.

Das fühlen auch die Èechen, sie sind daher bestrebt, noch vor Torschluß ihr Werk möglichst auszubauen und zu sichern. Die ganze Politik des Herrn Dr. Beneš läuft darauf hinaus. Ich gebe ganz gern zu, daß er trachtet, sich von der nachgerade allzu drückend gewordenen Vormundschaft Frankreichs zu befreien. Sein Ziel ist unstreitig Mitteleuropa, aber ein solches, dessen Mittelpunkt Prag ist und das unverkennbar seine Spitze gegen das Deutsche Reich richtet, jenes Deutsche Reich, das bis auf weiteres von jeder Mitbestimmung ausgeschlossen bleiben soll. Insofern hat die Politik des Herrn Dr. Beneš mit den Bestrebungen Frankreichs das eine gemeinsam, das Deutsche Reich möglichst lange darniederzuhalten. Seine ganzen Bündnisse und Verträge verfolgen den Zweck, diesen Staat gegen Süden und Südosten abzuriegeln und zu schwächen. Schon in der oberschlesischen Frage war dieses Bestreben unverkennbar festzustellen. Der politische und wirtschaftliche Wiederaufstieg der 60 Millionen Deutschen im Deutschen Reiche soll solange als nur irgendmöglich hinausgeschoben, die 3 1/2 Millionen Sudetendeutschen gebunden und die 6 Millionen Deutschösterreicher vom Anschluß an das Reich fern gehalten werden. Das sind die unverkennbaren Ziele der kleinen Entente. Diesem Zweck dient auch das Eingreifen der Èechei in die Burgenländische Frage und dem soll auch das Abkommen von Lana dienen. Das geht aus seinen Artikeln 1, 2, 4, 6 und 8 unverkennbar hervor. Dieses Abkommen liegt eben der deutschösterreichischen Nationalversammlung zur Genehmigung vor; wir sollen erst in der Frühjahrssession das Vergnügen haben, uns damit zu beschäftigen. Ich kann es daher heute nicht verabsäumen, dem Abkommen wenigstens einige kurze Bemerkungen zu widmen.

Das allgemeine Urteil läßt sich dahin zusammenfassen, daß Österreich dabei hineingelegt worden ist. Im Artikel 1 anerkennt es zum erstenmale freiwillig das Friedensdiktat von St. Germain, das es seinerzeit nur unter dem Drucke der Entente und unter feierlicher Vorwahrung unterfertigte. Das fällt umsomehr ins Gewicht, als der Vertrag von St. Germain bereits durch das Vorgehen der Entente in der burgenländischen Frage verletzt wurde und daher nicht mehr zurecht besteht. Die Artikel 2 und 8 sind eine Bekräftigung des Artikels 1. Zusammengenommen bedeuten alle drei die tatsächliche Preisgabe des Sudetendeutschtums und den Verzicht auf den Anschlußgedanken. Der Artikel 4 kann Österreich sehr leicht zum Büttel des Èechenstaates machen, woran auch irgendeine in Aussicht genommene Milderung oder Auslegung wohl nicht viel ändern würde. Tatsache bleibt, daß die Èechei das, was ihr bisher nur durch ein weitverzweigtes und sehr kostspieliges Spitzelsystem möglich war, angeblich gegen ihren Bestand gerichtete Bestrebungen zu unterdrücken, künftighin jedenfalls billiger haben wird, weil der andere Vertragsteil auf ihr Geheiß dieses Geschäft für sie wird besorgen müssen. Sie braucht deutschen Abgeordneten keine Pässe mehr ins Ausland zu verweigern, sie kann sich die ins Lächerliche gehende Hochverratsschnüffelei ersparen; sie braucht nur zu winken und ihr unliebsamen Personen wird es sehr bald unmöglich sein, zu Volks- und Heimatsgenossen in Österreich zu sprechen. Der Artikel 4 ist in dieser Hinsicht sehr dehnbar.

Interessant ist auch der Artikel 6. Er verpfichtet beide Staaten u. a. darüber zu wachen, daß die bereits abgeschlossenen Verträge über den Schutz der Minderheiten auch eingehalten werden. In ihm wird neuerlich das alterbeingesessene Deutschtum in den Sudetenländern der èechischen Minderheit in Österreich gleichgestellt, ein Vorgang, gegen den wir wiederum auf das Nachdrücklichste Verwahrung einlegen. Nun hat Österreich im Gegensatz zu allen Nachfolgestaaten die Bestimmungen des Minderheitenschutzes in einem Maße erfüllt, das weit über die Grenzen des Gebotenen hinausging. So können sich zum Beispiel die Èechen in Wien ganz ungehemmt entfalten, im Gegensatz zu den Deutschen in Prag, Olmütz, Brünn und anderen Orten, ja selbst in rein deutschen Orten der Sudetenländer. Das ist nicht etwa eine böswillige deutsche Erfindung, sondern das geht aus dem Bericht über den im Dezember in Wien abgehaltenen Parteitag der èechischen Nationalsozialisten hervor. So wies zum Beispiel der niederösterreichische èechische Landtagsabgeordnete Klimeš auf diesem Parteitag nach, daß die Behandlung der Èechen in Deutschösterreich ungünstig sei, Èechoslovaken gäbe es dort Hundertausende, infolge des Anschlusses des Burgenlandes würden die österreichischen Slaven durch den kroatischen Teil der Bevölkerung eine neuerliche Stärkung erfahren. Klimeš wünscht einen Block der slavischen Minderheiten für die kommenden Wahlen. Das èechische Realgymnasium in Wien hat nach seinem Beri cht bereits 5 Parallelabteilungen der ersten Klasse. Er erklärt das selbst als einen bisher in der Èechoslovakei nirgends erreichten Rekkord. Im Landtag seien 3 èechische Abgeordnete, in der Wiener Gemeindevertretung 8 èechische Vertreter, welche in den Ausschüssen oft das Zünglein an der Wage bilden. Der Einwandererstrom aus der Èechoslovakei nach Deutschösterreich sei keineswegs versiegt. Auf dem Marchfelde sind 8000 slovakische Arbeiter beschäftigt, denen der Lohn in èechischer Währung ausgezahlt wird. Aus Südböhmen kommen Arbeiter in die österreichischen Eisenwerke, wie z. B. nach Eisenerz. In den Textilfabriken bilden die èechischen Arbeiter eine bedeutende Minderheit. In der Kleiderindusstrie errangen die èechischen Gewerbetreibenden sogar die Mehrheit. Der Obmann des Komenskývereines berichtet, daß die Èechen in Wien 15 öffentliche, 8 Hilfs-, 2 Bürger-, eine Real- und eine Handelsschule haben. Die èechischen Volksbildungskurse bestehen nach seinem Berichte aus 30 bis 50 Vorträgen. Jedlièka rühmt, daß der Einfluß der èechischen Gewerbetreibenden in Wien wesentlich gewachsen ist. Die Schneidergenossenschaft amtiere auch èechisch und gibt für die èechischen Mitglieder eine eigene èechische Zeitschrift heraus. Im Dezember konnten die Wiener Èechen in der Volkshalle des Rathauses eine Volksversammlung abhalten. Ich wäre sehr begierig, was für ein Gesicht Dr. Baxa machen würde, wenn wir ihn darum angingen, im Sitzungssale des Prager Rathauses eine Versammlung abzuhalten. Nun planen die Èechen sogar die Errichtung eines neuen Theaters in Wien. Es geschieht dies alles zu einer Zeit, da die Erinnerung an die Wegnahme deutscher Kulturstätten, an die Einschränkung des deutschen Schulwesens in der Èechei noch in uns in frischer Erinnerung steht. Wir 3 1/2 Millionen Deutschen dieses Staates haben viel geringere Rechte als die 100.000 Èechen in Österreich. (Posl. Stivín: Vy máte lepší školy než Nìmci v Prusku!) Das wäre erst zu beweisen, Herr Kollege. Ich finde es vollständig begreiflich, daß Ihnen die Anführung derartiger Tatsachen sehr unangenehm ist, aber das sind nicht meine Erfindungen, das geht eben aus dem Berichte des Parteitages der èechischen Nationalsozialisten in Wien hervor. So bedeutet also auch dieser Artikel letzten Endes doch nur eine einseitige Bevorzugung des èechischen Staates, der nun endlich erklärt, sich zur Einhaltung des Minderheitenschutzes bequemen zu wollen, eine Erklärung, auf die allerdings nach unseren bisherigen Erfahrungen nicht allzuviel zu geben ist. Man mag den Vertrag drehen und wenden, wie man will, er begünstigt immer wieder die Èechei.

Was konnte nun Österreich zum Abschluß eines solchen Vertrages bewogen haben? Seine entsetzliche wirtschaftliche Lage allein kann es nicht sein, wenn auch das arme, geschundene, vom Raubverband der Entente ausgeplünderte, schmählich betrogene und verlassene Österreich ein Ertrinkender ist und sich daher an jeden Strohhalm klammert. Aber die wirtschaftlichen Abmachungen hängen vorderhand noch vollständig in der Luft, ganz abgesehen davon, daß auch sie wieder dem èechischen Staate, der auf die Ausfuhr von Kohle und Zucker geradezu angewiesen ist, bedeutend mehr Vorteile bieten werden, als Österreich. Also wäre vielleicht der in der letzten Zeit vielgenannte Geheimvertrag zwischen Dr. Beneš und Dr. Renner der Grund? Es ist zwar sehr interessant, festzustellen, daß in einem Zeitalter, das ausdrücklich Geheimverträge verwirft und nach all dem Geschrei über die Geheimdiplomatie, solche Geheimverträge doch abgeschlossen werden. Noch interessanter ist es, daß der Abschluß in unserem Falle gerade durch zwei Staatsmänner erfolgte, die schon auf Grund ihrer Parteizugehörigkeit und ganzen Vergangenheit unbedingt Gegner jeder Geheimdiplomatie sein müßten. Aber bindend war diese Abmachung keineswegs mehr, als es zum Vertrage von Lana kam. Sie war schon dadurch hinfällig geworden, daß der offensichtliche Zweck, die ungeschmälerte Sicherung des Burgenlandes für Österreich, nicht erfüllt wurde. Wir kennen also die Gründe nicht, die die österreichische Regierung zum Abschlusse des Vertrages von Lana bewogen. Noch ist er von der dortigen Volksvertretung nicht gebilligt. Geschieht das, so wird es für uns Deutsche der Sudetenländer ein schmerzliches Erlebnis werden!

Wenn gleich der Vertrag von Lana uns ebenso wenig bindet wie der Vertrag von St. Germain, so steht dann doch die Tatsache fest, daß wir in Hinkunft in jeder Hinsicht auf uns allein angewiesen sind, daß uns auch der bescheidene moralische Rückhalt, den wir bisher seitens unserer Brüder in Österreich genossen, mangelt. Sind wir auch dann noch stark genug, das Ziel zu erreichen, das wir uns demnächst zu stellen haben? Das ist die Frage, die uns bewegt. Es müßte ein Ziel sein, das klar und eindeutig und allen Kreisen unseres Volkes gemeinsam ist. Wir sind stark genug, wenn wir nur wollen. Gelang es den an Zahl nicht viel stärkeren Iren, das mächtige Großbritannien zum Vergleich zu zwingen, so muß es auch uns möglich sein, einen viel schwächeren Gegner zu beugen. Das aber muß und soll unsere nächste Aufgabe sein! Wie mein Klub stimmen wird, das brauche ich wohl nicht erst nähäher zu betonen. (Souhlas a potlesk na levici.)

2. Øeè posl. Tauba (viz str. 2259 protokolu):

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In seiner Neujahrsbotschaft hat sich der Herr Präsident auch mit der nationalen Frage beschäftigt und er hat da unter anderem gesagt: "Meiner Ansicht nach ist die deutsch-èechische Frage die wichtigste Frage, ja eigentlich haben wir nur diese Frage." Er hat gemeint: "über eine territoriale Autonomie kann und wird nicht verhandelt werden, das lasse auch die unvorteilhafte Konfiguration der Minderheiten nicht zu". "Von èechischer Seite," sagt er weiter, "ist öfters betont worden, daß wir eine Lösung nach Schweizer Muster wünschen: vielleicht könnte man eher von dem belgischen Muster sprechen." Er wünscht, daß "die Regierung speziell in der nationalen Frage ein klares, bestimmtes Programm habe und nach demselben positiv vorgehe, ohne Rücksicht auf das Vorgehen der Opposition". Und weiter sagt er: "Europa und die Menschheit sind durch den Krieg und durch die Friedensregelung auf eine Stufe gekommen, auf welcher der nationale Chauvinismus überwunden ist. Der Chauvinismus ist durch seine Blindheit und kleinliche Herrschsucht allenthalben zum Grabe der Freiheit und Selbständigkeit geworden."

Nun müssen wir uns die Frage vorlegen, ob diese Worte, die der Herr Präsident der Republik gesprochen hat, den Tatsachen, wie wir sie vor uns in der Èechoslovakischen Republik sehen, wirklich entsprechen. Ich weiß schon, daß ein Präsiden in einer demokratischen Republik in die Verwaltung nicht einzugreifen hat, ich weiß auch, daß er keine ausschlaggebende politische Rolle spielt. Aber ich habe mir den Präsidenten einer demokratischen Republik immer so vorgestellt - und ich glaube, Masaryk will es auch sein daß er die Stimmung des Volkes zum Ausdruck bringt. Ich glaube aber, das dies hier nicht der Fall ist. Der Herr Präsident der Republik ist nicht für die nationale Autonomie. Darüber will er nicht mit sich reden lassen. Er ist auch nicht für die Lösung des nationalen Problems nach Schweizer Muster. Er ist für die Lösung nach belgischer Methode. Welche Methode wendet nun unsere Regierung und deren Vo rmund "die Pìtka" an? Sie ist nicht für die Autonomie, sie ist nicht für die Schweizer Methode, sie ist nicht für die belgische Methode, sie ist für eine spezifisch èechische Methode und vielleicht - um den Herren aus der Slovakei Rechnung zu tragen - zu gewissen Zeiten für eine spezifisch èechoslovakische Methode, wenn auch ein ganz ansehnlicher Teil der Slovaken wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, daß er mit dieser Methode der Regierung aber schon ganz und gar nicht einverstanden ist.

Man flunkert immerfort mit schönen Worten, ohne die Worte in die Tat umzusetzen. Wir haben Beschwerden dagegen vorgebracht, daß die Deutschen im statistischen Amt überhaupt nicht vertreten sind, zu einer Zeit, wo es sich darum handelt, die Volkszählung durchzuführen, die Grundlagen zu schaffen, auf denen die nationale Frage erst gelöst werden soll. Meine Herren, glauben Sie, daß Sie jemals den Deutschen werden einreden können, daß die Statistik, die da auf Grund von Ziffern zusammengestellt wurde, wobei die Deutschen überhaupt nichts dreinzureden hatten, den Tatsachen entsprech en? Glauben Sie nicht, daß Sie die Verpflichtung gehabt hätten, dafür zu sorgen, daß die Deutschen dort vertreten sind, um kontrollieren zu können, ob alles mit rechten Dingen zugeht? Sie haben unsere diesbezüglichen Beschwerden nicht beachtet.

Wir haben dagegen Beschwerde erhoben, daß wir in einem so wichtigen Amt, wie dem Bodenamt, überhaupt nicht vertreten sind. Naturnotwendig muß das zur Folge haben, daß eine Verbitterung unter den breiten Massen des Volkes platzgreift und daß sich die Leute sagen: Was muß denn im Bodenamt vorgehen, wenn man uns als deutschen Vertretern einen Einblick in die Geschehnisse und in die Gebahrung des Bodenamtes überhaupt nicht gewährt? (Sehr richtig!)

Sie kennen unsere Klagen über die Schule. Kein Zeichen ist sichtbar, das andeuten würde, daß in den Methoden, die Sie bisher gegenüber dem deutschen Schulwesen angewendet haben, sich irgendeine Wandlung vollzogen hätte. Sie wissen sich an die Verhandlungen, an den einhelli gen Beschluß des Senates über die Landes verwaltungskommission zu erinnern. Es wurde uns Deutschen keineswegs, vollkommen. Rechnung getragen bei diesem Beschlusse des Senates. Von 14 Landesausschußbeisitzern wurden uns 3 zugestanden. Aber wir haben dies schon als ein Anzeichen dafür quittiert, daß sich bei Ihnen doch vielleicht das Gewissen regt und daß Sie sich sagen, daß die Bevormundung der Deutschen so wie bisher auf die Dauer nicht möglich ist. Was haben wir auf Grund des einhelligen Beschlusses des Senates erzielt? Der Beschluß ist verschwunden. Die Obrigkeit, die Pìtka, hat anders beschlossen. Es ist anders gekommen. Wir erhalten nicht die beschlossene Vertretung, sondern eine viel geringere, obwohl auch die Vertretung, die wir auf Grund des Senatsbeschlusses bekommen sollten, nicht dem nationalen Schlüssel entsprochen hat. Sie wissen sich an die Beschwerden zu erinnern, die wir schon wiederholt wegen der Sprachenfrage geführt haben.

Soll ich Ihnen wieder und wieder die Zustände in Erinnerung bringen, die sich hier im Parlamente herausgebildet haben, dadurch, daß diese Lösung der nationalen Frage, die so brennend, so dringend ist, gerade in diesem Hause nicht näher treten wollen? Um Ihnen zu zeigen, daß Sie von der nationalen Phraseologie sich überhaupt nicht mehr losreißen können, gestatten Sie, daß ich auf ein Ereignis der allerletzten Zeit hinweise. Sie haben eine Ersparniskommission eingesetzt. Ich bin der letzte, der da geglaubt hat, daß diese Ersparniskommission Wunder wirken wird und wir haben mit unserer Anschauung über diese Ersparniskommission und über das Gesetz, das diese Ersparniskommission eingesetzt hat, nicht zurückgehalten. Wir haben mit aller Deutlichkeit gesagt, was eigentlich mit diesem Gesetz betreffs der Ersparniskommission bezweckt wird. Aber wir sind doch in die Ersparniskommission hineingegangen, weil wir geglaubt haben, wir werden durch unsere Mitarbeit, durch unser Wirken doch vielleicht die Möglichkeit haben, den Herren den Weg zu weisen, der zu gehen wäre, um hier in diesem Staate Ersparnisse zu machen. Und was mußten wir erleben? Das erste, was in dieser Ersparniskommission geschah, war, daß ein Statut festgesetzt wurde. Und in diesem Statut hat man an nichts anderes gedacht, als daran, es solle nur ja nicht die nationale Frage, wie sie hier besteht, irgendwie tangiert werden. Man hat uns also gesagt: Wir werden Euch Referate zuteilen, aber Ihr müßt Euch selbstverständlich verpflichten, die Referate in èechischer Sprache zu halten. (Hört! Hört!) In deutscher Sprache könnt Ihr die Referate natürlich nicht halten. Nun haben wir geglaubt, daß die Bestimmung, die in das Gesetz über die Ersparniskommission hineingekommen ist, wonach diese eventuell von den Bestimmungen der Geschäftsordnung abweichen könne, zu dem Zwecke hineingekommen ist, um uns wirklich eine positive Arbeit in dieser Ersparniskommission zu ermöglichen, nicht in unserem Interesse, sondern im Staatsinteresse. An Stelle dessen sehen wir, daß sofort die nationale Frage aufgeworfen wird und daß man uns nicht die Möglichkeit geben will, dort in unserer Muttersprache zu referieren, über Sachen, die ja nicht in die Öffentlichkeit kommen, sondern nur für einen kleinen Kreis von Menschen bestimmt sind, und die vorgebracht werden, um ernste Verwaltungsreformen in diesem Staate durchzuführen. Man läßt das nicht zu. Ja, man ist sogar noch weiter gegangen und hat sich gesagt: Ja, diese verfluchten Deutschen! Da müssen wir äußerst vorsichtig sein und dürfen die deutschen Mitglieder der Ersparniskommission nicht in Ministerien zulassen, wo sie in das ganze Getriebe des Staates Einblick bekommen könnten, sondern wir müssen ihnen jene Ministerien und Stellen zuschanzen, von denen wir annehmen können, daß da die Deutschen nichts verderben können, daß da keine Ersparnisse zu machen sind, sondern im Gegenteil ein Antrag auf Mehraufwand gestellt werden müßte. Nachdem aber im Sinne dieses Gesetzes ein derartiger Antrag nicht gestellt werden kann, so wären die Deutschen dort zur Ohnmacht verurteilt. Sie begreifen, daß wir uns mit einer derartigen Rolle nicht abfinden können.


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