Støeda 23. listopadu 1921

Wenn Ihr Standpunkt der ist, daß die Jugend ohne Religion erzogen werden soll, wenn Ihre freisinnigen Herren Lehrer und die freisinnigen Herren Abgeordneten für die freisinnigen Kinder freisinniger Eltern freisinnige Schulen beanspruchen, so mögen sie haben, was sie wollen. Aber Sie dürfen wieder uns, den katholischen Eltern, und den katholischen Lehrern nicht verargen, wenn wir für die katholischen Kinder katholische, konfessionelle Schulen verlangen. Unser Standpunkt ist weder der, eine allgemeine, erzwungene, konfessionelle Schule für alle Kinder zu fordern, noch eine interkonfessionelle Schule. Denn, meine Herren, die Gesetze vom Jahre 1869 und 1873 im alten Österreich, durch welche die interkonfessionelle Schule eingeführt wurde, waren das denkbar größte pädagogische Monstrum. Charakter wird nur dann erzogen, wenn Religion da ist; oder wer keine haben will, wer sich direkt dagegen wehrt, auch gut - aber nur keinen Eiertanz. Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie es in interkonfessionellen Schulen zugeht: der Katechet kommt und erzählt, das Kind stammt von Gott, und es kommt dann der Lehrer und sagt, das Kind stammt von einem entwickelten Affen ab; der Katechet sagt, nach dem Tode gibt es eine Ewigkeit, und der Lehrer sagt, nach dem Tode gibt es keine Ewigkeit. Ich kann mir es nicht vorstellen, wenn der Katechet sagt, die Grundlage der Sittlichkeit, das erste Gebot, ist Gott, und wenn dann der Lehrer sagt, es gibt keinen Gott; das erste Gebot der Sittlichkeit sei: "Gut ist, was Dir und anderen nützt." Was mehr für sich hat, unsere Weltanschauung oder die andere Weltschauung, das möge das Volk entscheiden. Für uns sind jedenfalls die größten Staatsmänner die größten Pädagogen und dabei auch der größte Teil der Wähler, auch der sozialdemokratischen Wähler, denn wenn diese gewußt hätten, daß ihre Abgeordneten im Parlament dafür einstehen werden, daß die Schulen entreligiöst werden, sowohl in der Slovakei wie bei uns, dann hätten sie Ihnen nicht die Stimmen gegeben, und ich glaube, es säßen ihrer nicht auf deutscher Seite 35 und 75 auf èechischer Seite, sondern um 50% weniger.

Also wir können wohl verlangen, daß die Religion in der Schule bleibt; der Religionslehrer und Seelsorger in der Schule haben dieselbe Pflicht, dieselbe Verantwortung und dieselbe Arbeit wie jeder andere Lehrer. Sie sollen aber auch darnach gezahlt werden. Wenn aber der Staat als Verwalter des Religionsfondes den Priestern, welche 42 Jahre lang die schwierige Seelsorgetätigkeit ausgeübt haben, im Gnadenwege höchstens 3000 Kronen, nicht monatlich, sondern jährlich auszahlt, und wenn man in den Zeitungen lesen kann, daß in den Königlichen Weinbergen ein Straßenkehrer 15.000-16.0000 K im Jahre hat, dann muß man sich wirklich an den Kopf greifen und fragen: "Was ist denn wichtiger, Religion, Ewigkeit, Gerechtigkeit oder Straßenkehrerei?" Wir müssen weiters für die Seelsorger auch insoferne ein größeres Honorar verlangen, wenn wir sie betrachten ohne Talar und ohne Kolar, sondern mit der Feder in der Hand als Matrikenschreiber. Als in Ungarn der Geistlichkeit die Matriken genommen wurden, mußten 300 Millionen für eigene Matrikenschreiber ins Budget aufgenommen werden. Bei uns wird dasselbe der Fall sein. Oder denkt man vielleicht daran, diese Matrikenschreiberei jenen 20.000 überflüssigen Eisenbahnangestellten zu übergeben?

Es muß dann auch deswegen für die Seelsorge eine größere Bezahlung verlangt werden, als sich der Staat die denkbar größten Rechte bei der Besetzung und Bestellung der Pfarr- und Seelsorgegeistlichkeit zuspricht, sogar gegen die höchste geistliche Behörde, gegen die bischöfliche.

Wir haben einen ganz eklatanten Fall bei uns in einem ganz deutschen Dorfe im Böhmerwald, dessen Bewohner fest im Glauben sind, fest wie der Granit ihrer Berge. In diesem Dorf ist es auf einmal dem Pfarrer, es war ein èechischer Herr, eingefallen, sich eine Lebensgefährtin zu suchen. Das mag seine Sache sein, wenn er neben der heimischen auch die irdische Liebe pflegt, aber die Katholiken wollten ihn nicht und haben gesagt: Ja, mein lieber Herr, wir wollen keinen verheirateten Pfarrer. Allein der großmächtige Pascha von Prachatitz, der Bezirkshauptmann Pižl, hat ihn gehalten, und so ist dieser Herr mit seiner Gouvernante als Pfarrer und Pfarrerin 6 Monate im Pfarrhause gesessen, beschützt von Legionären mit aufgepflanztem Bajonett, welche auch die einzigen waren, die in die Kirche gingen. Und dann hat das Konsistorium einen deutschen Herrn hingegeben, der die ganze Pfarrei so gehoben hat, daß das religiöse Leben blühend wurde. Schließlich kam es zur Ausschreibung dieser Pfarre. Das Konsistorium von Budweis, das nach seiner Zusammensetzung gewiß die vollständige Garantie bietet, daß alle gerechten Ansprüche der Èechen befriedigt werden, hat erst diesen deutschen Herrn hingegeben, weil das vom Volke verlangt wurde und weil er das religiöse Leben gehoben hatte. Auf einmal aber hat die Statthalterei großartige Bedenken bekommen und gesagt, den könne sie nicht bestätigen, es seien verschiedene Anklagen gegen ihn da, und das Ministerium, dem die Sache vorgelegt wurde, hat einen anderen èechischen Herren hingegeben. Ja, welche Anklagen lagen gegen den deutschen Herrn vor? Es war die Anklage eines einundzwanzigjährigen Burschen, eines Finanzers, es war die Anklage eines Arztes und zweier èechischer Herren vom sogenannten Národní výbor und der Pošumavská Jednota. Aber es wurden Anklagen vorgebracht, welche bis zum heutigen Tage noch nicht ans Licht gekommen sind. Das Ministerium hat also einfach gegen das Konsistorium entschieden. Und was hat das Volk gemacht? Das Volk ging einfach nicht mehr in die Kirche des Dorfes, sondern ging nach Bayern hinaus; und da hat nun wiederum der hohe, großmächtige Pascha, seine Gnaden Pižl, Mittel und Wege gefunden, dies abzustellen, indem die Gendarmen keine Grenzscheine mehr gaben. Ich möchte noch kurz bemerken, daß es nicht das jetzige Ministerium ist, welches diese Entscheidubg getroffen hat. Aber ich möchte mir doch die Frage erlauben: wo bleibt da der Geist der Demokratie? Der Herr Minister Habrman hat in einer Verordnung gesagt: "Das religiöse Gefühl ist so kostbar, daß die Schüler nicht gezwungen werden können noch dürfen, eine religiöse Übung mitzumachen." Und die Eltern sollen durch Gendarmerie gezwungen werden, zu einem Pfarrer in die Messe zu gehen, den sie nicht haben wollen! Wo bleibt der Geist der Demokratie? Und ich frage weiter: wo bleibt der Geist des Rechtes? Es ist wohl wahr, daß der Katholizismus über den Parteien steht, aber eine gewisse Atmosphäre von Vertrauen muß zwischen Seelsorger und Seelsorgekinder bestehen. Können die aber Vertrauen haben, wenn sie wissen, daß ihr Pfarrer uns nicht vom Konsistorium bestellt wurde, sondern von einem 21jährigen Burschen, einem Finanzer, der sich rühmt: "Was ich will, das muß geschehen." Ist das nicht ein abusus abominabilis, wie Leo XIII. gesagt hat, ist das nicht eine Erschütterung der Staatsautorität? Wie kann man von den guten Deutschen im Böhmerwald verlangen, daß sie Autorität im Staate erblicken, wenn sie sehen, daß man in Prag nicht einmal ein bischen Wertschätzung hat selbst gegen die obersten kirchlichen Behörden, wenn sich die Leute an den Kopf greifen und fragen müssen: Ja, wer ist denn eigentlich der Herr, ist es der 21jährige Bursche, der Finanzer, sind es die Gendarmen, ist es der Herr Pascha oder vielleicht so ein obskures im schlimmsten Sinne des Wortes liberales Winkelkonsistorium der Pošumavská Jednota? Wenn man so vorgeht, dann darf man sich nicht wundern, daß man im Böhmerwald nicht die geringste Achtung vor der Republik hat, da die Republik selbst keine Achtung vor den höchsten Autoritäten hat.

Noch etwas möchte ich hier erwähnen und ich freue mich, daß der Herr Minister des Innern gerade zugegen ist. Als die Mobilisierung stattfand, hat man öffentlich erklärt, und überall in den Zeitungen stand es geschrieben, daß die politischen Versammlungen ohne weiters abgehalten werden können, und es sind auch überall politische Versammlungen abgehalten worden. Ich habe selbst eine solche Versammlung abgehalten; nur Herr Pižl, der Herr Bezirkshauptmann von Prachatitz, hat mir eine unpolitische Katholikenversammlung, wo Männer und Frauen anwesend sind, aus Gründen der Staatssicherheit verboten. Ja, wird denn da nicht die Sicherheit noch mehr untergraben, wenn der Herr Bezirkshauptmann solche Erlässe herausgibt, welche nur zur Zeit des Kriegsfalles und des Standrechtes, wo Versammlungen überhaupt verboten sind, herausgegeben werden dürfen? Wenn politische Versammlungen erlaubt sind, um wieviel mehr müssen es unpolitische Versammlungen sein. Es muß da bei den katholischen Böhmerwäldern der Ge danke rege werden, daß der Herr Bezirks hauptmann als Vertreter der Regierung gegen katholische Interessen ankämpft. Man darf sich aber nicht wundern, daß man mit den unteren Seelsorgern so vorgeht, wenn man selbst vor den obersten geistlichen Behörden, vor dem Bischof selbst, keine Achtung hat. Unser Bischof, ein alter ergrauter Herr, der auf keinen Fall Bischof werden wollte und der das Amt erst auf Drängen von allen Seiten annahm, ist Gymnasial professor, es wird ihm versprochen, daß ihm unterdessen sein Professorengehalt weiter ausbezahlt wird, welcher größer ist als der Bischofsgehalt. Er geht in Pension, d. h. er nimmt Urlaub und was geschieht? Auf einmal bekommt er vom Ministerium eine Zuschrift, in welcher es heißt, es wer de ihm nachträglich ein Urlaub von drei Monaten gewährt. Er muß sich aber seinen Substituten selbst erhalten und das, was er als Professor mehr an Gehalt hat, denn als Bischof, das muß von ihm zurückgezahlt werden. Ich möchte gerne wissen: Seit wann hat denn ein Professor, der 30 Jahre lang tätig war und nie, nicht eine Woche, Urlaub genommen hat, das Anrecht ver loren, wenn er gnadenweise einen drei monatlichen Urlaub bekommt, daß ihm sein Substitut bezahlt wird? Wo steht geschrieben, daß er ihn selbst bezahlen muß? Wenn man aber von Seite des Ministeriums selbst der Obersten Kirchenbehörde, dem Bischof, solche Achtung entgegenbringt, darf man sich nicht wundern, daß das Volk auch gar keine große Achtung vor demjenigen hat, der die religiöse Sache so wenig verficht. Ich betone nochmals, das jetzige Ministerium ist nicht schuld, sondern es ist das früher geschehen.

Wir haben auch bei uns in Budweis eine sehr brennende Frage, welche uns zeigt, wie man eigentlich jenes Versprechen, das man im Memoire III in Paris den Vertretern der Entente abgelegt hat betreffend die kulturellen, und zwar auch die religiösen Interessen der Deutschen, einhält. Ich will aber diesen Fall nicht weiter aufrollen, weil ich überzeigt bin, daß bei einem gerechten und liberalen Entgegenkommen diese reli giöse Frage von Budweis so geregelt wird, daß für beide, für Èechen wie für Deutsche, der Moment des Friedens und der Brüderlichkeit im Punkte der Religion gekommen sein wird.

Ich möchte noch einige wenige Worte über die beabsichtigte Bodenreform sagen. Es ist dies in gewisser Beziehung eine vorweggenommene Trennung von Kirche und Staat; die Bodenrefo rm ist gut, aber wenn man den Großgrundbesitz parzelliert, wenn man ihm die Wälder nimmt, nimmt man ihm auch die Möglichkeit, seinen Pflichten als Patronatsherr nachzukommen. Wer wird denn das Patronat übernehmen? Das soll das Volk übernehmen! Mit anderen Worten heißt das Trennung von Kirche und Staat nach dem Grundsatz: "Was dein ist, ist mein, und was mein ist, geht dich nichts an."

Da meine Redezeit schon abgelaufen ist, möchte ich noch den verantwortlichen Faktoren dieses Hauses nachdrücklich jene Mahnung ans Herz legen, welche in den Worten enthalten ist, die über dem Tore der ehemaligen kaiserlichen Burg in Wien aufgeschrieben sind: "Justitia fundamentum regnorum", d. h.: "Die Gerechtigkeit ist die Grundlage der Reiche." Es heißt zwar der Königreiche, aber ich glaube, auch der Republiken. Republiken ohne Gerechtigkeit stürzen zusammen wie ein Kartenhaus. Ich würde nur wünschen, daß diese Worte in goldenen Lettern über allen Ministerien, über dem Parlamente, überall, wo öffentliche Gebäude sind, aufgeschrieben werden, oder besser gesagt, nicht auf steinerne Tafeln, nicht auf das steinerne Haus, sondern tief in das Herz der Menschen hinein. Wenn dieser Grundsatz: "Justitia fundamentum regnorum" auch in dieser Republik durchgeführt werden wird, dann glaube ich, werden auch andere Worte der hl. Schrift erfüllt werden, nicht bloß hier, sondern auch über ganz Europa: "Veritas et iustitia sibi obviam ierunt, iustitia et pax osculatae sunt", d. h. "Wahrheit und Recht haben einander begegnet, Gerechtigkeit und Friede haben sich den Bruderkuß gegeben." (Souhlas a potlesk na levici.)

7. Øeè posl. Warmbrunna (viz str. 941 protokolu):

Sehr geehrte Anwesende! Als Mitglied des Budgetausschusses hatte ich heuer mehr noch als im vorigen Jahre Gelegenheit, in die Verhandlungen des Staatsvoranschlages Einblick zu tun. Da ich nicht der Ansicht bin, wie ein Redner der Opposition - es war der Sprecher des deutschen Bürgertums, Dr. Lodgmann - der, als er die Rede Kafkas in der Polemik gegen Hillebrand in Schutz nahm, eine Äußerung tat, aus der man entnahm, daß diese Herren die Aufmerksamkeit darauf lenken, daß man ihrem Vortrage ja nur die gute Kinderstube anmerke und diese unterstreichen zu müssen glaube - da ich glaube als Vertreter des Proletariats aus wichtigeren Gründen hier zustehen, fasse ich mein Gesamturteil über die Verhandlungen im Budgetausschuß dahin zusammen: Ich erkläre, daß das, was dort in einer Reihe von Tag- und Nachtsitzungen durchgepeitscht wurde, unter der Machination und Fiktion einer legalen Beratung über Milliardenbeträge von öffentlichen Geldern, von Geldern, die restlos aus dem Schweiße der arbeitenden Proletariermehrheit dieses Staates aufgebracht werden, daß diese Beratungen und das Abstimmungsergebnis in den Augen und in der Mentalität, in den Moralbegriffen der arbeitenden Menschenmehrheit einen verbrecherischen, schwindelhaften Betrug sondergleichen darstellen, einen Betrug, der, würde ihn irgend ein Privatmann begehen, unter das Strafgesetzfiele, ein Betrug, der sofort das beleidigte Gerechtigkeitsgefühl der Massen zu einem spontanen, revolutionären Aufstand treiben würde, wenn die Arbeitenden und Schaffenden dieses Staates die Möglichkeit hätten, durch diese Komödie, die im Budgetausschuß aufgeführt wurde und die hier im Hause nur ihre Fortsetzung erfährt, hindurch zu sehen. Aber sie können eben nicht durchsehen. Nur infolge der Schwierigkeit der Materie, wie sie ein Staatsvoranschlag an und für sich schon darstellt, weiter infolge der Regie, die in der Hand der Mehrheitsparteien rücksichtslos in dem Sinne der Verschleierung gehandhabt wird, ist es möglich, daß die Blicke der arbeitenden Menschen draußen von dem eigentlichen Sinn und von dem eigentlichen Zweck dieser Täuschung, die sich Budgetberatung nennt, abgehalten werden. Aber ich frage Sie, wie lange noch? Mit der Naturnotwendigkeit eines chemischen Prozesses schreitet die Entlarvung, die Kompromittierung, ich möchte sagen, die Desillusionierung dieses Theaters, das sich Parlament nennt, vor sich und es kommt der Tag, wo der Arbeiter dieses System durchschaut haben wird, wo er erkannt haben wird, daß er von hier aus überhaupt gar nichts zu erreichen hat. Dieser Tag wird dann natürlich auch der Gerichtstag sein. Für das Schulbudget, mit dem ich mich hier nur in wenigen Minuten beschäftigen kann, gilt das, was ich vorhin im allgemeinen über das Budget gesagt habe, im besondern. Es hätte keinen Sinn, irgend einen Antrag auf Änderung irgend einer Post zu stellen. Einmal weil, wie es sich im Budgetausschuß bei den Abänderungsanträgen der bürgerlichen Opposition gezeigt hat, die Mehrheitsparteien dieses Staates geradezu hysterisch -- ich bitte diesen Ausdruck zu beachten -- geradezu hysterisch jeden Antrag ablehnen, so als wollten sie eben dadurch der Opposition zu verstehen geben: "Nur wenn du dich mit uns koalierst, kannst du leben." Das andere Mal stellen wir Vertreter des Proletariates keine solchen Abänderungsanträge, weil wir wissen, daß mit einer Änderung einzelner Posten nicht das Prinzip des bürgerlichen Klassencharakters des Schulbudgets geändert ist. Hinter dem, was wir für Schule und Erziehung fordern, steht nichts weniger als eine Weltanschauung, unsere Weltanschauung, die wir der Ihren schroff gegenüberstellen, nicht mit dem Wunsche einer Versöhnung oder eines Ausgleiches, sondern mit dem konstanten Willen, Ihre Weltanschauung, deren Zeit und Gültigkeit abgelaufen ist, zu entthronen und die unsere an ihre Stelle zu setzen. Wir verhandeln und feilschen nicht mit Ihnen, wir buhlen nicht um Ihre Gunst, wir bitten Sie nicht etwa um Annahme von Anträgen zu Agitationszwecken. Wir geben Ihnen nur in aller Form zu verstehen, daß Sie bei dieser Art von Schulpolitik immer im Gegensatz zu dem Denken und Fühlen der arbeitenden Mehrheit dieses Staates kommen, die hier in diesem Hause nicht ihre zahlenmäßige Vertretung besitzt. Nach der Vereinigung des èechischen, deutschen, slovakischen und magyarischen Proletariates in der kommunistischen Partei steht eine halbe Million Organisierter hinter diesen Forderungen. Ich betone, eine 1/2 Million bloß Organisierter. Nur davon, wie weit sich die Regierenden, wie weit sich die Mehrheitspartei der Ideologie dieser Masse anpassen werden, nur davon wird die Harmonie und Ruhe in der nächsten Zeit abhängen, die Ruhe, vor deren Störung sich das Bürgertum ja so sehr fürchtet.

Wieder sind für den staatlichen Gesamtaufwand, für Schule und Volkskultur Beträge veranschlagt, die, absolut genommen, zwar die Ziffer von 1.086 Millionen erreichen, relativ gemessen aber doch nur den 30. Teil des Gesamtbudgets und, was das Charakteristischeste ist, den vierten Teil der Beträge ausmachen, die der Staat wofür ausübt? Für Gewalt, Polizei, Militär. Wieder ist der Klassencharakter, ich betone der Klassencharakter, auf jeder Seite des Voranschlages zu lesen, da die Beträge, z. B. für die Volks- und Bürgerschulen, also für die Schulbildung der Allgemeinheit, in keinem Verhältnis zu den Beträgen der staatlichen Mittel- und Hochschulen stehen, die nach der gegenwärtigen Schulorganisation doch nun einmal den Kindern des Proletariates fast niemals zugänglich sind. Wieder hat unter dem Titel "Kultus" eine Post von 54, sage und schreibe 54 Millionen Eingang gefunden, die lediglich für die Zwecke des geistigen Volksbetruges bestimmt und die ein Zugeständnis an die Herrschaft Roms ist. Da wir voriges Jahr für den Kultus an 50 Millionen - ich glaube mich nicht zu irren - ausgaben, heuer also um 4 oder 5 Mill. mehr ausgeben, so scheint es, als ob systematisch mit jedem Jahr, mit dem wir uns vom Umsturze entfernen, der Kultus einige Millionen mehr bekommen dürfte. Voriges Jahr 50 Millionen, heuer 55 Millionen, dabei gar nicht die Ausgaben für den Religionsunterricht gerechnet, nächstes Jahr höchstwahrscheinlich, wenn es so weitergeht, 60 oder noch mehr Millionen. Das alles, bitte, unter der steten Versicherung der Regierenden, das an der Trennung von Kirche und Staat gearbeitet wird, die in 10 Jahren, wie ich höre, fertig sein soll. Bei dieser Art der Trennung, bei der Pater Šrámek und der Papst in Rom Pate stehen werden, und bei der der Kultus jedes Jahr einige Millionen an Staatsgeldern mehr bekommt, können Sie sich ausrechnen, wann wir wieder an dem Punkt des Fortschrittes ankommen, wo das Ministerium nicht heißen wird "ministerstvo školství a národní osvìty", sondern, wie im alten Österreich, "Ministerium für Kultus und Unterricht".

Die Volkserziehung bekam voriges Jahr 3 Millionen, heuer 4 Millionen. Ich hatte damals hier die Frage aufgeworfen, ob denn bei einem derartigen Betrag von 3 Millionen für Volkserziehung sich überhaupt der Name "Ministerstvo pro školství a národní osvìtu" rechtfertige. Das Interessante ist nun, daß wir vom Referenten im Budgetausschuß erfuhren, daß auch diese 3 Millionen nicht ausgeschöpft, nicht verbraucht worden sind, daß also Beträge man höre - noch übrig geblieben sind. Es wäre doch gut, sich diese Abteilung im ministerstvo školství a národní osvìty und ihre Lidová výchova einmal ordentlich anzusehen.

Soviel nur in aller Schnelle von den einzelnen Hauptposten. Und nun sei die Frage gestellt, die ich, wie ich glaube, als einziger stelle, wenn ich mich recht erinnere - ich habe nicht alle Reden der Vorgänger verfolgt - die Frage nach der Qualität der Schule. Ich konstatiere, daß sich auch im heurigen Jahr geradeso wie in den vorangegangenen Jahren seit dem Bestande der Republik gar nichts, aber halt einmal gar nichts an der Qualität der Schule geändert hat, eine Änderung, die ich im Sinne der Revolution verstehe, die einigermaßen das rechtfertigen könnte, daß wir einen Weltkrieg hinter uns haben, daß wir einen 28. Oktober hinter uns haben, daß wir vor einer geänderten öffentlichen Mentalität stehen. Nichts davon, auch nicht der leiseste Hauch einer neuen Atmosphäre in der alten Schulstube. Der Präsident der Republik hat voriges Jahr oder vorvoriges Jahr auf dem allgemeinen Lehrerkongreß gesagt, daß es Aufgabe der Schule sein wird, die Revolution geistig in der neuen Generation durchzuführen und zu verankern. Nichts ist geschehen. Keine einzige Vorlage, wie der vorige Redner unserer Partei schon gesagt hat, hat die Regierung im Kulturausschusse eingebracht. Wir haben die unveränderte alte Österreichische Klassenschule, ja, nur noch verschlechtert dadurch, daß in sie - ich muß mir den unparlamentarischen Ausdruck erlauben - durch das blödsinnige Vorgehen der Regierung bei der Errichtung der èechischen Schulen der nationale Hader in einem Maße hineingetragen wurde, wie das in Österreich nicht der Fall war. Die Frage der Befreiung der Schule vom Religionsunterricht ist von der Frage der Trennung von Staat und Kirche abhängig gemacht worden. Sowohl das eine wie das andere, selbstverständliche und dem Volke am 28. Oktober verbindlich versprochene Zusagen, sind bis heute unerledigte Fragen geblieben, ja sogar bloße Probleme.

Alle Welt weiß, vielleicht bis auf Myslivec und Feierfeil, daß die Sätze der Kirche wissenschaftlich erledigt sind, daß sie in der Mentalität des überwiegenden Teiles der Bevölkerung überwunden sind und daß sie durch die Kriegskatastrophe vollends ihre Verurteilung erfahren haben und doch nimmt man in der Schule überhaupt keine Notiz davon. Man weiß, daß die wirkliche Reform der Bildung nur an dem Tage beginnen kann, an dem der Katechet die Schule verläßt, aber es getraut sich hier in diesem Staate keine Macht, dem Katecheten den Weg zur Schule zu verlegen. Die èechische Nation, die in ihrem tiefsten Kern freiheitlich und das ist das Charakteristische - dogmenfeindlich ist, die Nation, die einen Hus geboren hat, und in der er bis zum heutigen Tage lebendig weiter wirkt, diese Nation, die von Rom und Habsburg so unendlich viel gelitten hat, sie hat im vierten Jahre ihrer Freiheit einen Ministerpräsidenten, der sich um die Trennung von der Abhängigkeit Roms mit dem Wortspiele der "Demokratie" herumdrückt. Sie haben es ja alle gehört. Was ist denn diese Demokratie? Bedeutet sie denn wirklch soviel, diese Demokratie, von der hier so viel gesprochen wurde, daß jeder Ausbeuter, jeder Profitler dasselbe Mitbestimmungsrecht an dem Aufbau des Staates wie der schaffende arbeitende Mensch hat? Bedeutet Demokratie etwa, daß das, was die die Wissenschaft, Forschung, Erfahrung und der Mehrheitswille verworfen hat, daß Kultur- und lebensfeindliche Faktoren weiterwirken und weiterherrschen? Bedeutet das Demokratie? Wenn das Demokratie bedeutet, dann wollen wir sie bekämpfen, denn sie ist nichts anderes als das Schutzwort der Reaktion. (Souhlas komunistických poslancù.)

In Kürze nur noch etwas zur Frage der Schule als nationales Kampfobjekt, zu dem sie leider die Regierung gemacht hat durch die so viel besprochenen Schuldrosselungen. Es scheint wirklich, wenn man die Verhandlungen im Budget- und im Kulturausschuß verfolgt, als ob wir für Jahrzehnte hinaus, und noch länger, keine anderen Schulfragen mehr kennen sollten, als: wieviele èechische, wieviele deutsche Schulen es geben soll. Schon das einleitende Schulbudgetreferat des Kollegen Srdínko im Budgetausschuß - es war sehr bezeichnend - zeigt diesen Ton, indem es nicht anderes als eine zahlenmäßige Vorrechnung war, mit dem einen tendenziösen Zwecke, den Deutschen, sagen wir den deutschen Chauvinisten zu zeigen, wie gut sie es in Bezug auf die Zahl der Schullen hätten. Es war auch interessant, die Debatte zu verfolgen. Der Sprecher der deutschen sozialdemokraten und die übrigen Oppositionsredner antworteten, automatisch möchte ich sagen, darauf mit einer Unzahl von Klagen, die dartun sollte, wie benachteiligt natürlich die Deutschen, und wie im Vorteil eigentlich die Èechen wären. Dieses Spiel wiederholt sich immer wieder. Es wird der Ball von der einen Seite auf die andere geworfen. Da nun jede Kulturausschußsitzung, wie ich bereits erwähnt habe, ganz auf denselben Ton abgestimmt ist, ist wirklich wenig Hoffnung vorhanden, daß wir zu einer anderen Art der Betrachtung der Schule überhaupt kommen. Die Frage ist - ich habe es im Vorjahre schon betont - eine psychologische und derart, daß sie weder die nationale èechische Bourgeoisie, noch die nationale deutsche Bourgeoisie lösen kann; auch dann nicht - und ich bedauere es, daß die deutschen Sozialdemokraten hier nicht anwesend sind - wird diese Frage gelöst werden können, wenn die deutschen Sozialdemokraten sich mit auf den Standpunkt der deutschen Bourgeoisie zu stellen bemüßigt fühlen, indem sie die nationale Schulautonomie fordern. Sie sagen, wir wollen nationale Schulautonomie; aber man sage mir doch, wie wollen sie denn diese Schulautonomie durchführen? Vielleicht auf Grund der Steuergelder? Wie wollen Sie zwischen èechischen und deutschen Steuergeldern unterscheiden? Wenn der deutsche Kohlenbaron in Brüx seinen Pro fit und seine Steuern aus èechischen Arbei tern zieht, so frage ich Sie, sind das èechi sche oder deutsche Steuern? Glauben Sie, daß, wenn die Schulscheidung streng mathematisch sagen wir nach der Kopf zahl durchzuführen wäre, glauben Sie denn, daß dann das Gehetze der deutschen und der èechischen Bourgeoisie aufhören würde? Nein, meine Herren! Diese Frage ist rein psychologisch. Durch Schulautono mie, durch Trennung also und durch Scheidung kann die Frage nie gelöst werden, sondern nur durch die Vereinigung, durch Übereinko mmen. Den Weg und den Willen, diese Frage zu lösen, zeigt das Proletariat, jenes Proletariat, das seine Organisationen verschmolzen hat. Ich spreche nur aus der Wirklichkeit der Erfahrung, wenn ich Ihnen sage, daß für diese èechischen und deutschen Proletarier, die sich in der Organisation gemeinsam gefunden haben, daß es für die praktisch keine nationalen Schulbesitzstandfragen mehr gibt. (Posl. Deutschová: Die deutschen Proletarier werden aber anderer Ansicht sein, wie Sie!) Nein, Genossin Deutsch, wenn Sie das verfolgt hätten, müßten Sie das zu geben, daß es für das vereinigte Proletariat keine Schulbesitzstandfragen gibt. Das ist nur Vorrecht der deutschen Bourgoisie und der deutschen Sozialdemokraten, daß sie den Besitzstand ins Nationale übertrugen. Im alten Österreich war einfach die deutsche Bourgoisie am Ruder und sie glaubte Wunder wie dem Deutschtum zu nützen, wenn sie überall in fremdem Sprachgebiet, also auch im èechischen, deutsche Schulen gleichsam als Trutzschulen errichtete. Nun ist das Verhältnis anders geworden. Die èechische Bourgoisie ist zur Herrschaft gelangt, sie hat sich ihren Staat gegründet, und nun geht das Lamento los, weil nämlich die èechische Bourgoisie nicht um ein Haar besser ist als wie die deutsche Bourgoisie. Die deutsche Bourgoisie, die einmal Zehntausende von Proletariern in Wien ohne eine einzige Schule ließ, beklagt sich natürlich, wenn ihr jetzt mit derselben Münze heimgezahlt wird, als wie sie ehemals zahlte. (Posl. Deutschová: Wir haben protestiert!) Ja, ja, Sie haben protestiert, aber nur erfolglos protestiert, geradeso wie es jetzt die èechischen Sozialdemokraten tun, indem sie auch protestieren, aber erfolglos. (Rùzné nìmecké výkøiky.) Ich kann - die Zeit ist leider zu kostbar - auf Ihre weiteren Zwischen rufe nicht reagieren. Ich kann nur die zwei großen Schulforderungen wie sie im Interesse des Proletariates liegen, anführen: Er weiterung und Ausbau der Schule zur all gemeinen Erziehungsanstalt, welche die jetzt von den Familien geleistete Erzie hung und psychische Pflege übernimmt, und Umbau der Schule auf den Grundlagen des Erlebens und der im Produktionskreis lauf der Wirtschaft nützlichen manuellen Arbeit.


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