Sobota 6. srpna 1921

Ein Gesetz gegen den Terror! Wenn Sie ein solches Gesetz machen wollen ich weiß nicht, ob es notwendig ist aber wenn Sie es machen wollen, so möchte ich darauf verweisen, daß ein solches Gesetz nicht aus einem Kautschukparagraphen bestehen darf. Wir sind keine Freunde des Terrors, aber dieser Paragraph hat mit Bestimmungen gegen den Terror nichts zu tun. Der § 1 trägt alle Merkmale eines Ausnahmsgesetzes an sich und wenn die Nationalversammlung ihm Rechtskraft verleiht, so statuiert sie ein Recht, mittels welchem die richterliche Gewalt und im übertragenen Sinne auch die staatliche Gewalt die Freiheit jedes einzelnen Menschen, wann immer es ihr paßt, bedrohen kann. Gerade dieser Paragraph ist geeignet die Freiheit der Person und der Uberzeugung des Einzelnen auf das Schwerste einzuschränken. Wenn Sie uns sagen könnten, dieser Paragraph wäre kein Kautschukparagraph, er wäre konkret und würde nicht allgemeine dehnbare Begriffe enthalten, und wenn Sie uns die Gewähr dafür bieten könnten, daß Sie die Macht haben ich sage das offen - dieses Gesetz objektiv nach allen Seiten hin anzuwenden, so wäre vielleicht sachlich darüber zu beraten, nicht aber in einer halben Stunde, wie gestern im Rechtsausschuß, wo sogar die Generaldebatte verweigert und nur die Spezialdebatte zugelassen wurde, so daß man nichts dazu sagen konnte. Ein solches Gesetz muß im Parlament verarbeitet werden.

Nun aber sachlich. Ist das Gesetz notwendig? Es wird soviel gesprochen über den Terror der Arbeiter, aber von dem Terror der anderen spricht man bekanntlich nicht, von dem Terror der Legionäre, von dem Terror gewisser èechischer Minderheiten. Wenn ich wollte, könnte ich Ihnen stundenlang darüber erzählen. Da aber haben Sie keine Macht oder Sie wollen sie nicht haben. Ich rede gar nicht von dem ständigen Terror, von dem Terror der Unternehmer gegenüber der Arbeiterschaft, den sie kraft ihrer wirtschaftlichen Übermacht über die Arbeiter ausüben. Ich will Ihnen ein kleines Beispiel anführen. Vor zwei Jahren wurde in der Revolutionsversammlung das Betriebsrätegesetz im Bergbau beschlossen und auf Grund dieses Gesetzes sind gewählte Betriebsräte geschaffen worden. Auf Grund dieses Gesetzes soll niemand geschädigt oder gehindert werden, der an den Wahlen teilnimmt. Wir haben heute 5 Betriebe, die seit Jahren bestehen, wo keine Betriebsräte gewählt werden können, weil jeder, der als Kandidat auftritt, bevor noch die Wahl stattfindet, und weil jeder, wenn er sich nur irgend wie bemerkbar macht und für die Organisation eintritt, aus dem Betrieb hinausfliegt. Das verhindern Sie nicht mit Ihrem Paragraphen, das ist vollständig ausgeschlossen, sondern dieser Paragraph hat nach unserer Ansicht keine andere Bedeutung als die eines Ausnahmsgesetzes gegen die Arbeiter. (Výkøiky.) Das ist so und da mögen Sie mir sagen, was Sie wollen. (Posl. Myslivec: Tady se také mluví o teroru zamìstnavatelù!) Ja, ich weiß, Herr Kollege, was in diesem Gesetze steht, ich habe es gut durchgelesen. Ich habe es mir glücklicher Weise übersetzen lassen können, so daß ich genau weiß, was drin steht. (Posl. Myslivec: Tak to špatnì pøekládáte!) Ich habe es mir von einem Beamten des Hauses übersetzen lassen und kenne das Gesetz.

Was wollen Sie mit solchen kautschukartigen Bestimmungen? Sie sagen, es wird jeder bestraft und macht sich der Bedrückung oder Unterdrückung schuldig, der gegen der anderen übel verfährt, insbesondere dann, wenn er jemand anderen am Vermögen oder am Erwerb Schaden zufügt u. s. w. Dazu brauchen Sie aber kein Ausnahmsgesetz. Wir haben Gesetze in Hülle und Fülle für solche Fälle. Ich glaube, es gibt niemanden in diesem Staate, dem diese Gesetze nicht weitreichend genug sind. Wenn aber die bezüglichen Gesetzes bestimmungen Ihnen doch nicht ausreichen erscheinen, dann nehmen Sie das Strafgesetzbuch her, nehmen Sie das bürgerliche Gesetzbuch, und ändern Sie die betreffenden gesetzlichen Bestimmungen. Arbeiten Sie diese alten, teilweise unzulänglichen Gesetze im Geiste der Neuzeit um und Sie werden uns zur Mitarbeit bereit finden, um alle unzureichenden Bestimmungen abzuändern. Aber durch einen einzigen Paragraphen, durch die schwammigen Bestimmungen dieser Vorlage wird der Staatsgewalt die Möglichkeit gegeben, jeden Menschen, wann und wo es Ihnen beliebt, einsperren lassen zu können. (Posl. dr. Mazanec: To není pravda!) Ja, ja, das ist schon so. Diese Bestimmung ist, glaube ich, eine pure Unmöglichkeit.

Verzeihen Sie, meine Herren, ich komme wieder auf das Begehren, auf den Wunsch der Antragsteller vom 20. Mai 1920 zurück. Den Antragstellern ist die Regierungsverordnung vom 19. Dezember 1919 nicht weit genug erschienen. Diese Verordnung wendet sich gegen die Verdrängung der Arbeiter aus der Arbeit und es sind Schiedsgerichte und Zentralschiedsgerichte vorgesehen. Ich möchte zunächst feststellen, daß diese Verordnung ganz überflüssig ist, was wohl heute niemand bestreiten wird. Sie werden sagen, und der Herr Berichterstatter hat es schon gesagt, sie reiche nicht aus. Ich aber sage Ihnen, sie reicht vollständig aus, aber Sie beweisen nur, wie überflüssig die Regierungsverordnung ist und daß all das Geschrei vom Terror und all diesen Dingen zu 99 % nichts als Übertreibungen sind, die bewußt und absichtlich von den Unternehmern ständig verbreitet werden. (Posl. dr. Mazanec: Kdo byl jednou u rozhodèího soudu dìlnického, vidìl, že to k nièemu není!)

Ja, meine Herren, wieviel Beschwerden sind dort eingebracht worden? Das ist das Entscheidende. Ganz wenige Beschwerden sind auf Grund dieser Verordnung vom 19. Dezember 1919 eingebracht worden, weil es eben nur Übertreibungen waren. Und die Partei, die damals darauf bestanden hat, aus politischen Gründen, daß diese Verordnung geschaffen werde, diese Partei, das kann ich wohl heute offen aussprechen, hat heute längst kein Interesse mehr an dem Bestehen dieser Verordnung.

Noch auf etwas anderes möchte ich hinweisen. Es ist schon drei Monate her, daß im Senat die Klubs der deutschen und èechischen Sozialdemokraten eine Resolution unterschrieben haben, in der sie die Aufhebung dieser Verordnung vom 19. Dezember 1919 verlangen, mit dem Hinweis darauf und mit der Begründung, daß sie überflüssig sei. Und nun kommen Sie auf einmal über Nacht - aber, was sage ich, über Nacht - zwischen 2 und 3 Uhr gestern nachmittags ist es einigen Herren eingefallen. Es ist ja Schluß der Session, man muß ein großes Pensum aufarbeiten und es ist nun einmalso: jeder Klub will wie das Mädchen aus der Fremde etwas für seine Wähler nach Hause mitbringen, und da verlangt nun diese Partei, der ohnehin schon große politische Konzessionen auf dem Schulgebiete gemacht wurden ich konstruiere mir das so, ich kann es mir nicht anders erklären - daß auch dieser Antrag 49 bei dem großen Reinemachen irgendwie mit erledigt werden muß.

Einige Herren, vielleicht zwei oder drei, haben sich in den Nachmittagsstunden zusammengesetzt, auf einem gewöhnlichen Stück Papier etwas aufgeschrieben und am Abend wird es uns in aller Form mit Maschinenschrift als Bericht des Referenten über den Antrag 49. vorgelegt, Abgesehen davon, was schon Kollege Taub erwähnt hat, daß wir diesen Antrag im ersten Moment im Ausschuß gar nicht verstanden, weil er ganz èechisch war, ist dieser Antrag nicht einmal vor der Ausschußberatung vorgelegen, sondern mitten in der Ausschußsitzung, mitten im Bericht des Berichterstatters, der sogar seinen Bericht unterbrechen mußte, wurde der Antrag vorgelegt. Auf diese Weise machen Sie Gesetze!

Der § 1 gibt dem ganzen Gesetze seinen Inhalt. Wir lehnen ihn grundsätzlich und prinzipiell ab. Worum geht es denn? Wenn Drohungen, Erpressungen oder was weiß ich vorkommen, reichen dann da die Bestimmungen des Strafgesetzes nicht aus? Sie haben den § 95, den § 98 des Strafgesetzbuches, Sie haben den § 3 des Koalitionsgesetzes. Reicht denn das nicht aus? (Posl. dr. Mazanec: Neprovádí se to!)

Es wird nicht durchgeführt? Wo die sachlichen Gründe zu einer Anklage bei der Staatsanwaltschaft fehlen, wollen Sie mit leichteren Methoden die Anklage wegen Übertretung auf Grund der neuen Bestimmungen machen. Wenn es Ihnen ernst ist mit dem Gesetze gegen den Terror, dann müssen Sie selbst ein Interesse daran haben, daß diese Sache nicht so leicht genommen wird, dann müssen Sie die Angelegenheiten aus den kleinen Amtsstuben der Bezirksgerichte herausnehmen und vor das Forum der Kreisgerichte stellen.

Ich möchte da noch auf einen formellen Umstand verweisen, nämlich daß Sie fortgesetzt an unserem Richterstand ein Unrecht begehen durch die Fülle von legislativer Arbeit, mit der Sie ihn überhäufen. Die Richter können dem rasenden Tempo der Gesetzmachung hier gar nicht folgen, sie können die neuen Gesetze nicht studieren, weil sie physisch nicht dazu im Stande sind. Und nun verlangen Sie bei Gesetzen mit all diesen undefinierbaren Begriffen und Inhalt, daß sie jeder Richter so auffaßt, wie es einige Herren hier verstanden wissen wollen. Auf diese Weise wird dem öffentlichen Mißbrauch Tür und Tor geöffnet und das Gesetz wird sich in seiner Durchführung als ein nacktes Klassengesetz, als ein Ausnahmsgesetz gegen die Arbeiter, erweisen. Ich möchte es hier ganz öffentlich aussprechen: Es ist möglich, daß es einzelnen politischen Parteien im gegenwärtigen Augenblicke paßt. Aber ich mache darauf aufmerksam: Das Gesetz wird unbeschadet der politischen Verhältnisse auch in einem Zeitpunkt weiter bestehen, wo es sich möglicherweise gegen jene Parteien und Volksvertreter richten wird, die heute dem Gesetze mit Begeisterung zustimmen. (Posl. Myslivec: Advokátem teroru býti, to není hezké!) Wir unterstützen nicht den Terror - (Posl. Myslivec: Ale hájíte ho!) Nein, nein, das können Sie uns nicht nachweisen. Meine Herren, sorgen Sie zuerst einmal dafür, daß der Terror auf Ihrer Seite aufhört, und wenn Sie schon wünschen, daß Bestimmungen gegen den Terror aufgenommen werden und wenn ich diesem § 1 wirklich eine Bedeutung zumessen soll, so wäre es nur die, daß er gegen die illegalen politischen Methoden dieses Hauses angewendet werde, wo ständig die Minderheiten vergewaltigt und unterdrückt werden, wo ein solches Gesetz mit solchen Verlogenheiten plötzlich hereingebracht wird, um die Opposition zu überrumpeln und zu zeigen, daß es Ihnen mit Ihrer parlamentarischen Arbeit nicht ernst ist. Fünf Herren setzen sich zusammen und diktieren: Das und das muß geschehen, ob es notwendig ist oder nicht, und welche Folgen es immer hat.

Ich berufe mich auf die Vertreter der Rechten, die diesem Gesetz ihre Zustimmung gaben. Abg. Kollege Ullrich hat in der gestrigen Sitzung des Rechtsausschusses erklärt, daß das Gesetz überflüssig sei. Meine Herren, Sie werden trotzdem für dieses Gesetz stimmen, weil es eine Vereinbarung der "Pìtka" ist. Fortgesetzt kontrolliert im Rechtsausschuß einmal Kollege Švehla, einmal Šrámek den Fortgang der Arbeiten, ob die Kompromisse, die auf dem politischen Tisch ausgeheckt wurden, wirklich eingehalten werden. Daß ich über den § 1, der dem Gesetz den eigentlichen Inhalt gibt, ausführlicher sprechen mußte, ist klar. Ich wiederhole, wir lehnen das Gesetz ab, wir halten es für überflüssig, zwecklos und in seiner ganzen Fassung als Ausnahmsgesetz gegen uns und gegen unsere Arbeiter überhaupt. (Výkøiky posl. Myslivce.) Wenn Sie den Terror abschaffen wollen, Herr Kollege Myslivec, so werde ich Ihnen etwas anderes sagen. Vor 1 1/2 Jahren waren beim Bezirksgerichte Dux einige èechische Bergarbeiter angeklagt wegen Vergehen und Übertretungen. Mitten während der Verhandlung ist ein Haufen Menschen hineingekommen; das waren nicht unsere Anhänger! Sie haben die Akten des Richters unter den Tisch geworfen, den Richter mitten in der Verhandlung durchgeprügelt, und bis heute ist noch nicht einmal die Strafamtshandlung eingeleitet worden. Wenn es gilt, den Terror abzuschaffen, dann schaffen Sie ihn dort ab. Verschaffen Sie diesem Gesetze Geltung bei Ihrer Nation und in Ihrem ganzen Rechtsempfinden, bei Ihrer Bevölkerung und dann brauchen Sie keine schwammigen Ausnahmsbestimmungen.

Meine Herren, so wie § 1, aber in noch weit schlimmerem Maße - ich muß das feststellen - sind die §§ 4 und 5. Vielleicht ist das eine Antwort auf unseren Antrag, mit welchem wir verlangt haben, daß die einschränkenden Bestimmungen des Vereins- und Versammlungsgesetzes vollständig aufgehoben werden sollen, daß das Vereins- und Versammlungsgesetz frei sei, daß alle Staatsbürger, wie es einer freien demokratischen Republik entspricht, das natürliche, demokratische Recht haben, sich zu versammeln und Vereine zu bilden, wann und wo es ihnen beliebt. Mit Polizeimaßnahmen werden Sie dem Staate die Stützen nicht geben.

Diese Bestimmungen sind übernommen aus dem österreichischen Gesetze vom Jahre 1907 zum Schutze der Wahlund Versammlungsfreiheit bei Wählerversammlungen. Nun möchte ich wieder praktisch fragen, wieviel Übertretungen gegen das Gesetz von 1907 hat es gegeben? (Posl. Myslivec: Musíte se ptát, kolik jich zamezil ten zákon!) Ich glaube nicht daran, mir ist entscheidend, wieviel Strafamtshandlungen auf Grund des Gesetzes stattgefunden haben. So gut wie gar keine! Das beweist, daß in dieser Beziehung das Gesetz völlig überflüssig war. Aber was wollen wir sagen? Im § 1, der sehr allgemein gehalten ist, wird versucht, irgendwelche Handlung zu konstruieren, die eine Unterdrückung darstellt, z. B. auch, daß jemand, der gegen einen anderen übel verfährt, eine Unterdrückung begeht. Lassen Sie über diesen Begriff draußen 200 Bezirksgerichte entscheiden und Sie werden sich wundern. Vielleicht richten sich die Entscheidungen auch gegen Sie. Ich wundere mich über die Macher nicht. Ich wundere mich über den Vertreter des Justizministeriums, der seinen Richtern eine so ungeheuer undankbare und unmögliche Aufgabe zumutet, alle diese Dinge zu konstruieren. Das Delikt des Übelverfahrens gegen jemanden ist, so glaube ich, im Sprachschatze der Judikatur zum erstenmale angewendet worden. Ich weiß nicht, was man darunter versteht. Ich verstehe darunter, daß, wenn man jemandem übel will, man auf ihn diese Kautschukbestimmungen anwenden und damit jeden von uns anklagen und verurteilen kann, wo man will.

Aber, meine Herren, wenn schon dieser Begriff an und für sich vage ist, was soll man erst sagen, wenn es im § 6 heißt: "Der Versuch zu einer solchen Handlung, wie sie im § 1 niedergelegt ist, ist strafbar." Ich bin kein Jurist, der das festzustellen vermag, aber ich bitte die Herren Juristen sehr, es festzustellen, wann ein Versuch vorliegt, daß jemand die Absicht hat, gegen einen anderen übel zu verfahren, so daß er dann im geeigneten Moment abgeurteilt werden kann. (Posl. Myslivec: To je jasné!) Ja, bei Ihnen ist es klar. Mit gesundem Menschenverstande sind wir nicht imstande, die Sache zu begreifen. Wir lehnen den § 6 als ganz unmöglich ab. (Pøedseda zvoní.) Gestatten Sie, die Redezeit ist abgelaufen, ich will sie nicht überschreiten. Ich weiß mit Sicherheit, daß Sie diesem Gesetze die Bedeutung einer politischen und Staatsnotwendigkeit beigemessen haben. Wir werden später darüber urteilen können. Unter den vielen Hunderten von Gesetzen, von denen Sie sich die nächsten Wochen fragen werden: warum, weshalb, und warum so, wird auch dieses Gesetz sein.

Sie werden sich oft den Kopf zerbrechen: War es notwendig, es so zu machen? Für die Judikatur ist die gesetzliche Handhabe zur Wahrung der Freiheit des einzelnen Individuums gegeben und ich wiederhole noch einmal: Hat der Staat etwa in Ihrem Sinn, im kapitalistischen Sinne bisher die Möglichkeit gezeigt, die Freiheit der Person und die Freiheit der Überzeugung jedermann zu gewährleisten?

Die Toten von Aussig beweisen es uns, daß der Staat es nicht kann, und wenn der Staat für sich selbst es nicht kann, dann sprechen wir ihm das Recht ab, daß er sich zum Richter mache über andere. Zuerst muß er die Möglichkeit haben, solche Zustände zu beseitigen.

Wir sprechen diesem Gesetze den Charakter eines Ausnahmsgesetzes zu. In formeller Beziehung halten wir es für überflüssig, weil durch die bestehenden Gesetze ausreichender Schutz geboten wird und weil, wenn die Staatsgewalt will und kann, sie in der Lage ist, dem Einzelnen Schutz zu gewährleisten. Weiters besteht in formaler Beziehung kein Zusammenhang zwischen dem Antrag 49 und zwischen dem Berichte des Berichterstatters; dieser ist vielmehr eine ganz neue Sache, sowohl bezüglich des Inhaltes, als auch bezüglich des Vollzuges der Strafen. Der Antragsteller hat im Jahre 1920 nur gewollt, daß die Verhältnisse in den Betrieben geregelt werden und daß paritätische Kommissionen über Streitfälle entscheiden. Und der Berichterstatter hat daraus eine ganz allgemeine überflüssige Erweiterung und ein neues Gesetz konstruiert, das unsere Richter nur verwirren kann. Er hat daraus konstruiert, daß nicht Kommissionen, sondern ordentliche Richter zu entscheiden haben, und hat eigenmächtig noch eine Übertretung bei Versammlungsstörungen hinzugefügt.

Damit hat der Berichterstatter das Recht überschritten, das er im Rahmen der Geschäftsordnung hat. Wenn Sie die Absicht hatten, so ein Gesetz zu schaffen, dann müßte die "Pìtka" oder die Regierung hergehen und den Mut haben, einen Entwurf einzubringen und auf den Tisch des Hauses zu legen. Aber Sie wollten die Opposition und auch viele Mitglieder der Majorität überrumpeln und aus schwarz weiß machen. Das ist eine pure Unmöglichkeit. Damit die legislative Arbeit nicht so sehr in Mißkredit fällt bei der Öffentlichkeit und bei den Wählern, stellen wir den Antrag, daß aus formalen Ursachen, über diesen Bericht zur Tagesordnung übergegangen wird. Sollten Sie ihn ab lehnen, so stelle ich den Eventualantrag, den Bericht an den Rechtsausschuß rückzuverweisen und eine Rechtsgrundlage zu schaffen und festzustellen, ob es sich um einen Initiativantrag oder um eine Regierungsvorlage handelt, denn der Antrag Èuøík ist das nicht. Sollten Sie auch diesen Antrag ablehnen, so habe ich einige Abänderungsanträge eingebracht, die beim Präsidium erliegen. Ich bitte im Interesse der Würde dieses Hauses, für die Ablehnung dieses Gesetzes und daher für meinen Antrag auf Übergang zur Tagesordnung zu stimmen. (Potlesk na levici.)

4. Øeè posl. Kreibicha (Viz str. 1202 protokolu):

Meine Damen und Herren! Wenn ich mich zu dieser Vorlage zum Worte gemeldet habe, so tat ich es deshalb, um bei dieser Gelegenheit von dieser Stelle aus an die Regierung die ernste Aufforderung zu richten, vor allem die Aufnahme der Handelsbeziehungen mit Rußland mehr zu beschleunigen, als es bisher der Fall gewesen ist, und vor allem alles daran zu setzen, daß die Handelskommission, die von der èechoslovakischen Regierung nach Rußland entsendet werden soll, auch wirklich nach Rußland abgehe. Es sind hier Verzögerungen eingetreten, die den Verdacht rechtfertigen, daß einzelne Kreise ein Interesse daran haben, das Zustandekommen der Handelsbeziehungen mit Rußland irgendwie zu verschleppen oder überhaupt zu verhindern.

Die Aufnahme der Handelsbeziehungen mit Rußland ist nicht allein eine Frage von großer Bedeutung für Rußland selbst, für jenes Land, das schon vor dem Kriege eine sehr schwache Industrie hatte und vor allem nicht imstande war, Bedarfsartikel, wie: Maschinen, landwirtschaft liche Geräte usw., für Industrie und Landwirtschaft aus eigener Kraft herzustellen, das daher bezüglich des Wiederaufbaues seiner Wirtschaft und seiner Industrie zum größten Teil auf die Einfuhr aus dem Auslande angewiesen ist. Das jetzige Regime in Rußland hat, nachdem es ihm gelungen war, zu einem Frieden zu kommen, nach dem Frieden mit Polen die größten Anstrengungen gemacht, um mit dem Wiederaufbau su beginnen, und es ist ihm auch gelungen, nicht nur im Innern des Landes bedeutende Erfolge inbezug auf den wirtschaftlichen Wiederaufbau zu erzielen, sondern auch Handelsbeziehungen mit dem Auslande anzuknüpfen.

Ich will nur einige Zahlen anführen, die zeigen sollen, daß Rußland ernstlich daran ist, an seinen Wiederaufbau zu schreiten, zum Beispiel inbezug auf den Eisenbahnverkehr, von dem so viel gesprochen und gesagt wird, daß er in Rußland ganz darniederliege und gänzlich vernichtet sei. Es ist nichts anderes als eine böswillige Lüge und Verleumdung, daß auf diesem Gebiete nichts getan worden ist. Da will ich anführen, daß von 20 Millionen Schwellen, die Rußland fehlen, um sein Verkehrswesen wieder vollständig in Ordnung zu bringen, bereits 7 Millionen aus eigener Kraft hergestellt worden sind. Die Reparatur der Waggons macht ebenfalls Fortschritte, die Zahl der reparierten Waggons steigt von Monat zu Monat. Im Jänner des heurigen Jahres wurden 8480 Waggons, im Februar 9793 und im März bereits 11.247 Waggons wiederhergestellt. Der Schienenbedarf Rußlands beträgt ungefähr 3 Millionen Werst. Eingeführt wurden bereits aus dem Auslande 1,520.000 Werst, so das der Bedarf bereits zur Hälfte gedeckt ist. Von den 3337 Brükken, die in Rußland während des Krieges zerstört worden sind - und wer diese Zahl kennt, wird ermessen können, wie furchtbar schwierig der Wiederaufbau in einem solchen Lande sein muß - sind bereits 1426 aus eigenen russischen Mitteln hergestellt worden. Die durchschnittliche Tagesleistung inbezug auf den Verkehr steigt von Monat zu Monat, die durchschnittliche Tagesleistung der Lokomotiven hat sich in den beiden Monaten März und April um 9 Werst gebessert, die durchschnittliche Tagesleistung der Lastwagen hat sich im April auf 41.2 und im Mai auf 47 Werst gehoben. Seitdem Rußland die Gegenrevolution im Turkestan niedergerungen hat, kommt auch die Baumwollernte Rußlands wieder in Betracht und nach der Statistik des Ackerbauamtes der Vereinigten Staaten von Nordamerika, betrug die Baumwollernte Rußlands bereits 186.000 Ballen.

Wie ich schon sagte, ist es Rußland nach dem Friedensschluße mit Polen gelungen, im Verlaufe des Winters zur Herstellung von Handelsbeziehungen mit dem Auslande zu kommen, vor allem mit England und Deutschland. England und Deutschland, Länder, deren Kapitalisten und Unternehmer gewiß sehr tüchtige, und besonders die englischen, geriebene Geschäftsleute sind, haben gewiß nicht aus Idealismus, aus Begeisterung für das russische System den Handel wieder aufgenommen, sie wären auf die Handelsbeziehungen mit Rußland nicht ei ngegangen, wenn sich die Verhältnisse dort so verhielten, wie sie besonders in den Zeitungen in unserem Lande geschildert werden, wonach Rußland gar nicht imstande sei, Handelsbeziehungen mit dem Auslande anzuknüpfen. Die Einfuhr betrug im ganzen Jahre 1920, obwohl es erst in der zweiten Hälfte 1920 gelungen war, wieder Handelsbeziehungen mühsam herzustellen, 5.2 Millionen Pud Maschinen, Werkzeuge, Kohle, Lebensmittel usw. Die Ausfuhr betrug 665.000 Pud. In den ersten vier Monaten 1921 hat die Einfuhr bereits die Höhe von 5.7 Millionen Pud erreicht, also bereits mehr als im ganzen vorigen Jahre, die Ausfuhr 1.8 Millionen Pud, also fast doppelt so viel als die Ausfuhr im ganzen vorigen Jahr. Die letzten Nachrichten zeigen, daß die Handelsbeziehungen sich in rascher Entwicklung befinden; und hier komme ich darauf zu sprechen, daß diese Handelsbeziehungen nicht nur für Rußland von großer Bedeutung sind, sondern es auch für unseren Staat sein könnten, wenn sie rechtzeitig angeknüpft worden wären. Denn wir sehen in unserer Industrie die Krise, wir sehen, daß Entlassungen in den Eisenwerken vorgenommen werden. Nun führe ich nur folgende Ziffern an; nach den neuesten Nachrichten ist ein Schiff beladen mit 8000 Tonnen elektrotechnischer Artikel in Petersburg angekommen. Ich führe noch einmal die 1500 Werst Eisenbahnschienen an, die in Rußland aus England und Deutschland eingeführt worden sind. Von diesen 1500 Werst ist nicht ein Meter aus der Èechoslovakei. Ich glaube, wenn es uns gelungen wäre, bei diesen 1500 Werst Eisenbahnschienen ein Geschäft zu machen, so wäre das unseren Metallarbeitern zu Gute gekommen. Nach den Mitteilungen des Genossen Krasin werden im August 500 Lokomotiven aus Deutschland und 100 aus Schweden in Rußland ankommen. 600 Lokomotiven, und keine einzige aus der Èechoslovakei dabei! Ich glaube unsere Arbeiter hätten in Anbetracht der Arbeitslosigkeit ein Interesse daran, wenn auch Lokomotiven aus der Èechoslovakei darunter wären. Bis Ende 1921 sollen sämtliche im Auslande bestellten Lokomotiven eintreffen.

Wie aus den Mitteilungen des Genossen Krasin hervorgeht, ist es auch bei den neuen in letzter Zeit abgeschlossenen Handelsgeschäften mit dem Auslande schon gelungen, bedeutend niedrigere Preise zu erzielen, als es bei den ersten Handelsgeschäften der Fall war. Das ist ein Zeichen dafür, daß die Industriellen, die Geschäftsleute, mit denen Rußland diese Handelsgeschäfte abgeschlossen hat, einzusehen beginnen, daß es nicht Lüge ist, wenn gesagt wird, mit Rußland könne Handel gepflogen werden, daß sie einsehen, daß die Geschäfte mit Rußland für sie vorteilhaft sind; und von diesem Standpunkte aus - ich will gar nicht vom Standpunkte des arbeitenden Volkes in allen Ländern und auch bei uns sprechen; auch die Arbeiter, die Proletarier aller Nationen haben den Wunsch und das Interesse, daß dem russischen Proletarier und Bauer beim Aufbau der Wirtschaft geholfen werde. Von diesem Standpunkte aus will ich das garnicht behandeln, weil ich weiß, daß ich von diesem Standpunkte aus in diesem Hause bei der großen Mehrheit keinen Anklang finden würde - also vom rein geschäftlichen Standpunkte aus, erlaube ich mir auf der anderen Seite aufmerksam zu machen, daß das Verhalten der englischen und deutschen Industriellen zeigt, daß auch vom rein kapitalistischen Standpunkte absolut keine Einwendungen gegen die Anknüpfung solcher Beziehungen zu erheben sind und daß daher die Weigerung, die Handelsbeziehungen mit Rußland anzuknüpfen, nichts anderes bedeutet als eine Schädigung der Wirtschaft unseres Staates und vor allem eine Schädigung der Arbeiter dieses Staates, die nach Arbeit lechzen, und von denen Tausende und Tausende arbeitslos sind. Es geht nicht an, daß die Èechoslovakei, sowie es bisher der Fall war, nach Rußland nur einen einzigen Artikel exportiert, nämlich Spitzel. Es ist bekannt und besonders in Rußland bekannt, daß bei der Entente niemand anderer als jene Herrschaften, die unter der Armee Kolèak gegen Rußland gekämpft haben, die beliebtesten Spitzel sind, die von der Entente nach Rußland gesendet werden.

Meine Herren, ich benütze diese Gelegenheit, um auf die Wichtigkeit der Anknüpfung von Handelsbeziehungen nicht nur für Rußland, sondern auch für die Volkswirtschaft, die Arbeiter, für die Proletarier der Èechoslovakei hinzuweisen, auf die Wichtigkeit besonders deshalb, weil die Anknüpfung von Handelsbeziehungen mit Rußland ein Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit darstellt.

In den letzten Tagen ist auch sehr viel von dem Hilfswerk für Sowjetrußland gesprochen worden. Wir sind bereit, an dem Hilfswerk unter der Voraussetzung teilzunehmen, daß wir sehen werden und die Gewißheit haben werden, daß das Werk ohne politische Hintergedanken durchgeführt wird, daß nicht die Not, die Rußland durch die Elementarkatastrophe betroffen hat, dazu ausgenütz werde, um den russischen Proletariern und Bauern, welche die Herrschaft in Händen haben, den Dolchstoß der Gegenrevolution von hinten zu versetzen. Ich schließe, indem ich nochmals auf die Wichtigkeit der Anknüpfung von Handelsbeziehungen aufmerksam mache. Die Proletarier aller Nationen dieses Staates haben ein gewaltiges Interesse daran und wir werden den Arbeitslosen bei jeder Gelegenheit sagen, daß sie auch die Forderung erheben: Gebt uns Arbeit, auch durch die Anknüpfung von Handelsbeziehungen mit Sowjetrußland. (Potlesk komunistických poslancù.)

5. Øeè posl. Hirsche (Viz str. 1207 protokolu):

Hohes Haus! Die Vorlage beschäftigt sich mit einem Teuerungszuschlage zu den Renten der Mitglieder der Pensionsanstalt.

Das Gesetz über die Pensionsversicherung der Angestellten wurde am 5. Feber 1920 für diesen Staat entsprechend abgeändert, insbesondere wurden die Beiträge und Leistungen dieses Gesetzes abgeändert, jedoch nicht in dem Maße, als es die Entwertung des Geldes erfordern würde.


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