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Interpellation

des Abg. Josef Illing

an den Minister für Schulwesen

Volkskultur
und an den Minister des Innern

wegen ungerechtfertigter Bestrafung und
ungebührlicher Behandlung deutscher
schulpflichtiger Kinder durch den Be-
zirkshauptmann Dr Klima in Podersam.

Am Montag den 12. April 1938 wurden die
Klassenvorstande der Deutschen Madchenburger-
schule m Podersam mittels schriftlichen Auftrags
aufgefordert, mit den Schulerinnen Helga Klinger
der ersten Klasse und Erika Kruta der dritten
Klasse in der Kanzlei des Bezirkshauptmannes
von Podersam, Dr Robert Klima, zu erscheinen.
Diesem Auftrage wurde Folge geleistet. In der
Kanzlei des Bezirkshauptmaimes waren anwesend:
Der Bezirkshauptmann Dr Robert Klima, Ober-
kommissar Vaclav Schauer und der deutsche Be-
zirksschuhnspektor Anton Reinmann. Es wurde
erklart, dass es sich um eine Einvernahme handle

Den beiden Schülerinnen wurde vorgehalten,
dass sie auf Grund einer Anzeige die SdP-Fahne
geküsst und vor der Staatsfahne ausgespuckt hat-
ten und zwar handle es sich um die Fahnen, die
auf dem Gebäude der landwirtschaftlichen Zen-
tralkanzlei m Podersam anlässlich der Einglie-
derung der politischen Partei »Bund der Land-
wirte« m die Sudetendeutsche Partei m der Zeit
vom 24. bis 27. März 1938 gehisst waren

Die beiden Madchen bezeichneten diese An-
schuldigungen als unwahr, worauf Oberkommis-
sar Vaclav Schauer den Bezirkshauptmann frag-
te, ob er die beiden èechischen Schulkinder kom-
men lassen solle, die diesen Vorfall zur Anzeige
gebracht hatten. Ueber telephonischen Aufruf er-
schienen dann die beiden èechischen Schulerinnen
Šplechtner und Stengel von der èechischen Min-
derheitenburgerschule zusammen mit dem Sekre-
tär des èechischen Minderheitenschulinspektorates
Šlajs, der zugleich auch Obmann der Národní Jed-
nota ist. Etwas spater kam auch der èechische
Schulmspektor. Die èechischen Kinder wurden
veranlasst, ihre Aussagen zu wiederholen und den
Vorfall zu demonstrieren. Daraufhin wurden die
beiden èechischen Kinder im Nebenzimmer in An-
wesenheit des èechischen Schulinspektors, de,
Sekretárs Šlajs und des Bezirkshauptmannes Dr
Klima einvernommen. Dann kam der Bezirks-
hauptmann zurück und erklärte, die èechischen

Kinder hatten angegeben, dass die Schülerin Klin-
ger und Kruta nicht nur ausgespuckt, sondern so-
gar pfur gerufen hatten. Die mitanwesende èechi-
sche Schülerin Kadlec sagte hiezu als Zeugin, sie
habe von all dem nichts gesehen, obwohl sie mit
den Schülerinnen gegangen sei.

Die deutschen Schülerinnen Klinger und Kru-
ta konnten zwei Zeuginnen anfuhren und zwar
die Schülerin Kuhnel der ersten Burgerschulklasse
und die Schülerin Erika Bauer der zweiten Bur-
gerschulklasse. Diese Zeuginnen wurden aber nicht
einvernommen. Daraufhin beauftragte der Bezirks-
hauptmann Dr R. Klima den Oberkommissar
Schauer, die beiden Mädchen (Klinger und Kru-
ta) im Nebenraum allem zu vernehmen. Da die
Einvernahme schon sehr lange dauerte, schickte
der Bezirkshauptmann auch den deutschen Schul-
inspektor Reinmann ebenfalls in den Nebenraum
zur Einvernahme. Nach Beendingung der Einver-
nahme wurde ein Protokoll verlesen, aus wel-
chem folgendes zu entnehmen war:

Am Tage des angezeigten Vorfalles wäre es
windig gewesen und als die Kinder aus der Schu-
le gingen und an dem Gebäude mit den Fahnen
vorbeikamen, wurde ihnen die SdP Fahne ins Ge-
sicht geweht. Um mit der zweiten Fahne nicht
in Berührung zu kommen, machten die Schülerin-
nen einen Umweg. Als sich die Schülerin Klinger
umdrehte, bemerkte sie, dass zwei èechische Mad-
chen, die hinter ihnen gingen, mit den Fussen nach
der SdP Fahne stressen. Daraufhin sagte Helga
Klinger zu Erika Kruta, sie solle dorthin schauen,
wie die Kinder auf die SdP Fahne mit den Fus-
sen stressen und fugte hinzu: »Wir wollen der
Staatsfahne lieber ausweichen, damit es nicht
heisst, wir machen etwas mit ihr. «

Nach Verlesung des Protokolls wurden dm
Kinder entlassen. Der Bezirkshauptmann Dr Kli-
ma beauftragte dann den deutschen Schulinspek-
tor Reimnann mit der Weiterfuhrung der Ange-
legenheit und bemerkte, dass dieser Vorfall auch
ein merkwürdiges Licht auf die Klassenvorstän-
de der betreffenden Schule werfe. Er fugte noch
die Belehrung hinzu, dass vor der Staatsfahne
nicht nur nicht auszuspucken, sondern dass diese
auch zu grussen sei.

Am nächsten Tage mussten die Klassenlehrer
dieser beiden Madchen ein Urteil über dieselben
dem Schulinspektor abgeben, welches gunstig lau-
tete. Der Bezirkshauptmann Dr Klima gab als
Vorsitzender des Bezirksausschusses an die Di-
rektion der Madchenburgerschule den Auftrag, die
Kinder im Betragen mit »Nichtbefriedigend« zu
klassifizieren und ihnen vor der Konferenz eine
Rüge zu erteilen. Auf Grund dieses Auftrages rich-
tete die Direktion am 21. April 1938 an die Eltern
der Schülerinnen Helga Klinger und Erika Kruta
nachstehende Zuschrift:

»Sie werden hiemit aufmerksam gemacht, dass
Helga Klinger, Schülerin der ersten B Klasse
(Erika Kruta, Schülerin der dritten B Klasse) ge-
gen die Schulordnung handelt, weil sie laut Er-
lass des B. SR. vom 12. April 1938, ZI. 1487 ai
38, die der Staatsfahne gebührende Ehrenbezeu-

Pùvodní znìní ad 1354/IV.


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gung in gröbster Weise verletzt hat und über
behördlichen Auftrag »nicht befriedigend« aus Be-
tragen erhält.

Sie werden aufgefordert, diesem strafwürdi-
gen Verhalten durch entsprechende häusliche Em-
wirkung abzuhelfen und dadurch die Schule in
alner schwierigen Arbeit tatkräftigst zu unter-
stützen. «

In dem Auftrage des Bezirksschulausschusses
an die Schule war das Ausweichen vor der Staats-
fahne ebenfalls als Provokation bezeichnet wor-
den.

Diese Vorgänge sind bezeichnend:

1. Wird ein an und fur sich nichtiger Vorfall
zu einer grossen Provokation zwischen den bei-
den Nationalitäten aufgebauscht,

2. werden minderjährige Kinder ohne Ver-
ständigung der Eltern einvernommen,

3. werden Entlastungszeugen nicht zugelassen
und wird lediglich den èechischen Kindern ge-
glaubt, die den Vorfall erst nach 10 Tagen zur
Anzeige bringen,

4. wurde den zuständigen Parteien entgegen
der Bestimmung des § 48, Abs. 3, Verfahrensre-
form vom 13. Jänner 1928, Slg. 8, nicht Gelegen-
heit gegeben, von dem Ergebnisse der Beweis-
aufnahme, sofern dieses Ergebnis zur Begründung
in der Entscheidung benützt wurde, Kenntnis zu
nehmen und sich hierüber zu äussern.

Der ßezirkshauptmann Dr Klima hat in die-
sem Falle den Auftrag erteilt, die Schülerinnen
mit »Nichtbefriedigend« aus Betragen zu bestrafen
und sich damit über die Bestimmungen der Schul-
und Unterrichtsordnung hinweggesetzt, wo es
ausdrücklich heisst, dass die Klassifikation die
Lehrerberatung trifft, sodass also die Klassifikation
»nicht befriedigend« ungesetzlich ist.

Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Schulminister und an den Herrn Minister des
Innern die Anfragen:

1. Sind die Herren Minister bereit, den Vor-
fall untersuchen zu lassen?

2. Ist der Herr Schulminister bereit zu veran-
lassen, dass die »nichtbefriedigende« Klassifika-
tion sofort zurückgenommen wird?

3. Ist der Herr Schulminister bereit, zu ver-
anlassen, dass der Bescheid des Bezirkshaupt-
mannes Dr Klima und der Bescheid der Direktion
der Mädchen-Volks- und Bürgerschule in Poder-
sam, womit die Schülerinnen Helga Klinger und
Erika Kruta mit »nichtbefriedigend« klassifiziert
wurden, als ungesetzlich aufgehoben wird?

4. Ist der Herr Minister des Innern bereit,
eine Untersuchung einzuleiten, ob das Vorgehen
des Bezirkshauptmanns von Podersam Dr Robert
Klima, nicht den Vorschriften des Verwaltungi-
verfahrens widerspricht?

5. Ist der Herr Minister des Innern bereit,
eine Untersuchung einzuleiten, ob das Verhalten

des Bezirkshauptmannes Dr Robert Klima nicht
gesetzwidrig war und bloss dazu diente, in den
derzeitigen gespannten Verhältnissen neue Beun-
ruhigung und neue Provokationen der sudeten-
deutschen Bevölkerung z» verursachen?

6. Welche konkreten Verfügungen haben die
Herren Minister getroffen?

Prag, am 7. Mai 1938.

Illing,

Dr Jilly, E. Köhler, dr Eichholz, Ing. Schreiber, Dr

Hodina, Knorre, Sandner, Kunz, Stangl, Fischer.

F. Nitsch, Axmann, May, Hirte, Rösler, Kundt,

Jobst, Jäkel, Sogl, Hollube.

Pùvodní znìní ad 1354/ V.

Interpellation

des Abg. Georg Böhm
an den Minister des Innern

wegen unbegründeten Verbotes einer

Veranstaltung in Neudek und wegen

Unverständlichkeit der beigefügten

Übersetzung dieses Bescheides.

Im Bescheide der Staatspolizeiexpositur in
Neudek vom 12. April 1938 Zahl 4289 ai 1938
heisst es:

»Ihrem Ansuchen vom 12. April 1938 um Ab-
haltung eines »Frauennachnnttag« am 18. April
1938 nimt die staatliche Polizeiexpositur in Neu-
dek nicht zur Kenntnis und verbiet diese Abhal-
tung mit Rüchsicht auf den drzt. Verbot über
öffentlichen politischen Versammlungen und son-
stigen Abhaltungen der politischen Richtung, weil
in dieser Abhaltung sieht eine Richtung der po-
litischen Tendenz. Gegen diesen Bescheid können
Sie binnen 15 Tagen von dem auf den Tag der
Verkündigung dieses Bescheides folgenden Tage,
im Wege der staatlichen Polizeiexpositur in Neu-
dek an die Landesbehörde in Prag einbringen.

Der event. eingebrachten Berufung wird aber
aus dringenden Gründen die aufschiebende Wir-
kung aberkannt.

Für den Polizeidirektor. «

Dieser Bescheid ist 1. im Gesetze nicht be-
gründet, weil in dem verbotenen Heimnaclimittag
Musikstücke, Volkslieder und humoristische Vor-
tráge rein unterhaltender Natur gebracht werden
sollten. 2. Die Rechtsmittelbelehrung fehlt in dem
Bescheide überhaupt, weil das Wort Berufung
darin nicht enthalten ist; 3. ist der Bescheid


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splachlich ganz unverständlich und veistosst ge-
gen die einfachsten Regeln der Rechtsschreibung

Die Interpellanten richten an den Herrn Mi-
nister die Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, den oben ge-
fugten Tatbestand untersuchen zu lassen?

2 Ist der Herr Minister bereit, den Verliebter
den Staaispolizeiexpositur einer Prufung in den
deutschen Sprache zu unterziehen?

3. Ist der Herr Minister bereit, eine Unter-
suchung wegen des unbegründeten Verbotes den
Veranstaltung einzuleiten?

4. Welche konkreten Verfügungen hat der
Herr Minister getroffen?

Prag, am 7. Mai 1938

G. Böhm,

Jäkel, Fischer, Hollube, Jobst, Axmann, Illing,

Dr Eichholz, May, Ing. Schreiber, Dr Jilly, Sogl,

Kunz, Kundt, F. Nitsch, Hirte, Knorre, E. Köhler,

Sandner, Rösler, Stangl.

Pùvodní znìní ad 1354/VI.

Interpellation

des Abg. Josef llling

an den Minister für Schulwesen

und Volkskultur
und den Justizniinister

wegen gewaltsamer Entnationalisierung
der Kinder der Frau Marie Subera durch
den Lehrer der èechoslovakischen Min-
derheitenschule Bedøich Cybeta und
durch Unterstützung des èechischen Min-
derheiteninspektorates und den Vorsit-
zenden des Deutschen Bezirksschulaus
Schusses in Podersam, Bezirksuauptinami
Dr Robert Klima.

Der Bezirksschulausschuss in Podersam be-
richtete mit Zuschrift vom 24. März 1938, Zähl
1264/1938, an die Schulleitung der deutschen
Volksschule in Schaab. dass das stattliche Min-
derheitenmspektorat unter Zahl 1923 38 vom 22
März 1938 an den Beziiksschiilausschuss m Po-

dersam mitgeteilt habe, dass die Familie Subera
aus der politischen Gemeinde Schaab m die po-
husdie Gemeinde Sirbitz übersiedelt sei und die
Litern bei der Uebersiedlung den Wunsch ge-
ausseit hatten, ihre Kinder m die Èechische Min-
derheitenschuie nach Schaab zu schicken.

Unter Hinweis am § 38, Abs. 1, der neuen
det Schul- und Unterrichtsordnung sei diesen
Uebertritt nicht im Widerspruch mit den gelten-
den Schulgesetzen und könne ohne Bewilligung
des Bezirksschulausschusses eifolgen Die Schul-
leitung wird weiters aulgefordert, zu berichten,
ob die filtern ihre schulpflichtigen Kinder bei der
dortigen Schulleitung zum Zwecke des Besuches
der èechischen Minderlieitenschule ordnungsge-
mass abgemeldet haben. Weiters wird die Schul-
leitung in Schaab aufgefordert, die Schulnachnch-
ten und die Uebersiedlungsanzeigen der èechi-
schen Minderheitenvolksschule in Schaab zu über-
senden. Unterfertigt ist dieser Auftrag des Be-
zirksschulausschusses von dem Vorsitzenden, Be-
zirksliduptnidiin Dr Robert Klima in Podersam.

Dem hier geschilderten Vorfall liegt folgen-
der Tatbestand zu Grunde, den die bei dem èe-
chischen Landwirt August Hraba in Sirbitz be-
schäftigte Arbeiterin Marie Subera bei dem Vor-
sitzenden des Ortsschulrates m Schaab am 1. April
1938 protokollaiisch festlegte:

Am 18. Maiz 1938 kam zu ihr aufs Feld der
Lehrer der èechischen Minderlieitenschule Bedøich
Cybeta aus Schaab und erklarte, sie habe hier,
d h. bei dem Landwirt H. August Hraba Arbeit,
und müsse daher ihre Kinder-2 Buben und 1 Mädel
-, die sie bishet m die deutsche Schule m Schaab
schickte, da sie ja Deutsche ist, m die èechische
Schule schicken. Hierauf entgegnete Frau Marie
Subera, dass ihr der Dienstgeber Hraba bei Auf-
nahme m seine Dienste von einer Verpflichtung,
die Kinder in die Èechische Schule zu schicken,
nichts sagte, dass sie jedoch die Kinder in die èe-
chische Schule schicken werde, wenn sie eben
schicken muss. Darauf erwiderte der Lehrer Cy-
beta, ei werde sich selbst um die Sache küm-
mern.

Die Kinder smd inzwischen aus der deutschen
Schule ausgeschult und m die èechische Schul:
in Schaab eingeschult worden.

Der ganze geschilderte Worfall ist wiederum
ein typischer Beweis von Entnationalisierung und
beweist wiedeiumtn, wie notwendig die Durch-
ruhrung des § 134, Satz 2 der Verfassungsurkunde
ist, der festsetzt, dass die Nichtbeachtung den
m ihm ausgesprochenen Grundsatzes als strafbare
Handlung eiklait werden soll.

Aus dem Protokoll des deutschen Ortsschul-
uitcs m Schaab vom 1 April 1938 geht ganz klar
hervor, dass Marie Subera nur durch den von
dem Lehrer der èechischen Minderheitenschule,
Bedrich Cybeta, ausgeübten Druck und nur durch
die Androhung, sie weide ihre Stelle bei dem
èechisdien Landwiit Hraba in Sirbitz verlieren
bereit var, ihre Kinder aus der deutschen Volks-
schule in Schaab abzumelden und bei der èech-
schen Minderlieitenvolksschule in Schaab anzu-


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melden. Weiters geht aus diesem Protokoll her-
vor, dass die Mutter der drei schulpflichtigen Kin-
der keineswegs von sich aus die Kinder aus der
deutschen Schule herausnahm und bei der èechi-
schen Schule anmeldete, dass dies alles der èe-
chische Lehrer Bedøich Cybeta tat.

Nach der Schul- und Unterrichtsordnung darf
eine Umschulung während des Schuljahres, vor
allem aber im zweiten Semester, nur aus schwer-
wiegenden Gründen und ganz ausnahmsweise vor-
genommen werden. Da solche Gründe nicht vor-
handen sind, hat das èechische Minderheiten-
inspektorat in Podersam die Uebersiedlung von
der Gemeinde Schaab in die Gemeinde Sirbitz
zum Anlass genommen, um die Umschulung durch-
zusetzen. Zwar sind die Gemeinden Schaab und
Sirbitz selbständige politische Gemeinden, doch
gehört die politische Gemeinde Sirbitz zur
Schulgemeinde Schaab, sodass man zwar von
einer Uebersiedlung in eine andere politische
Gemeinde, nicht aber in eine andere Schul-
gemeinde sprechen kann. Der Vorsitzende
des Bezirksschulausschusses, Bezirkshauptmann
Dr. Klima, dem dieser Umstand bekannt ist, hätte
die Pflicht gehabt, die Aufforderung des staatli-
chen Minderheiteninspektorates in Podersam ab-
zuweisen. Dies hat der Vorsitzende des Bezirks-
schulausschusses nicht getan, sondern hat ein-
fach den Auftrag zur Umschulung erteilt.

Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Schulminister und den Herrn Justizminister die
Anfrage:

1. Ist der Herr Schulminister bereit, diesen
Fall strengstens untersuchen zu lassen?

2. Ist der Herr Schulminister bereit, sofort zu
veranlassen, dass die Kinder der Marie Subera
wiederum in die deutsche Volksschule in Schaab
zurückkehren?

3. Ist der Herr Schulminister bereit, gegen
den Lehren der èechischen Minderheitenvolks-
schule in Schaab, Bedøich Cybeta, das Diszipli-
narverfahren einleiten zu lassen?

4. Ist der Herr Schulminister bereit, gegen
den Vorsitzenden des Bezirksschulausschusses in
Podersam eine Untersuchung einzuleiten?

5. Ist der Herr Justizminister bereit, unter-
suchen zu lassen, ob der geschilderte Fall nicht
den Tatbestand einer strafbaren Handlung nach
dem Gesetze No. 309 ex 1921 darstellt?

6. Welche konkreten Verfügungen haben die
Herren Minister getroffen?

Prag, am 7. Mai 1938.

Illing,

Dr Eichholz, E. Köhler, Ing. Schreiber, Dr Hodina,

Knorre, Hirte, Axmann, May, F. Nitsch, Fischer,

Rösler, Stangl, Sandner, Kundt, Jobst, Sogl, Kunz,

Hollube, dr Jilly, Jäkel.

Pùvodní znìní ad 1354/VII.

Interpellation

des Abgeordneten Richard Knorre

an den Minister für Schulwesen und
Volkskultur

wegen der auf die Schüler der Volks- und
Bürgerschule in Jauernig ausgeübten Nö-
tigung für sie unverständliche Exemplare
des Wehrkalenders 1938 zu kaufen.

Der Leiter der Volks- und Bürgerschule in
Jauernig, Dir. Karl Ludwig besteht darauf, dass
die Kinder der deutschen Volks- und Bürgerschule
in Jauernig den Wehrkalender vom Jahre 1938
herausgegeben vom Generalstab, Abteilung für
Wehrerziehung, zum Preise von Kè 2. - kaufen,
obzwar dieser Kalender nur einsprachig èechisch
ist und daher von den Kindern nicht verstanden
werden kann.

Der Wehrkaiender, der an die Kinder ver-
kauft wird, ist, abgesehen von seiner Unverständ-
hchkeit für die deutschen Kinder, nicht als Grund-
lage für die Wehrerziehung geeignet, weil nach
§ 2 des Ges. Nr. 184/1937 ausdrücklich als Zweck
der Wehrerziehung erklärt wurde, in der Bevöl-
kerung der Èechoslovakischen Republik nach
Alter, Bildung und Beruf (Beschäftigung) jene
sittliche Eigenschaften, köperliche Tüchtigkeit,
Kenntnis und Fertigkeit zu pflegen, die zur Ver-
teidigung der Staates notwendig sind. Und wie
ist dies möglich, wenn der Inhalt dieser Kalender
sogar schon sprachlich nicht verstanden werden
kann? Der erste Abschnitt der Wehrerziehung
ist nach § 3 desselben Gesetzes, die sittliche, die
taktische und körperliche Wehrvorbereitung. Von
einer sittlichen und taktischen Wehrvorbereitung
kann nicht im entferntesten die Rede sein, wenn
den Kindern ein ihnen vollständig unverständli-
cher Kalender mit einer Karte zu kaufen aufge-
diängt wird, wo nicht eine einzige Stadt und
nicht ein einziger Berg ihrer Heimat in ihrer
Muttersprache angeführt ist und wo auch unter
den Gedenktagen des Jahres nicht ein einziger
Tag angeführt ist, der mit dem Weltkriegserleben
ihrer eigenen Väter und Brüder in Beziehung
stünde.

Die Interpellanten fragen den Herrn Minister:

1. Ist der Herr Minister bereit, die gerügten
unrichtigen Wege, die die Wehrerziehung bei der
Volks- und Bürgerschule in Jauernig geht, unter-
suchen zu lassen?

2. Ist der Herr Minister bereit, gegen die
eifrige Verkaufstätigkeit der Direktors Karl


18

Ludwig der Volks- und Bürgerschule in Jauernig
wegen der offensichtlichen Zwecklosigkeit dersel-
ben entsprechende Massnahmen zu treffen?

Prag, am 7. Mai 1938.

Knorre,

Hollube, E. Köhler, Illing, Fischer, Jobst, Sogl,
Dr Eichholz, Jäkel, Dr Jilly, F. Nitsch, Ing. Schrei-
ber, Hirte, Sandner, Axmann, May, Kunz, Stangl,
Rösler, Kundt, Birke.

Pùvodní znìní ad 1354/VIII.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. Franz Karmasin
an den Justizminister

wegen Missachtung der Sprachenrechte
im Gerichtsgebäude in Bratislava.

Im neuen Gerichtsgebäude in Bratislava sind
sämtliche Aufschriften einsprachig slowakisch.
Nach dem Ergebnis der letzten Volkszählung woh-
nen in Bratislava 29. 5% Deutsche, 42. 3% Èecho-
slowaken und 23. 7% Magyaren. Sämtliche dem
Ministerium für Justiz unterstehenden Gerichte
und Behörden sind an die in der Sprachenverord-
nung vom 3. II. 1926, SIg. d. G. u. V. No. 17 auf-
gestellten Grundsätze gebunden, weshalb der ge-
rügte Zustand eine Nichtachtung des geltenden
Sprachenrechtes darstellt.

Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Minister die Anfrage:

1. Ist dem Herrn Minister der gerügte Sach-
verhalt bekannt?

2. Ist der Herr Minister bereit, in dem neu
errichteten Gerichtsgebäude in Bratislava den
Sprachenrechten der qualifizierten deutschen Min-
derheit Geltung zu verschaffen?

Prag, am 7. Mai 1938.

Ing. Karmasin,

Hollube, Sogl, Kundt, Rösler, Axmann, Fischer,

Ing. Schreiber, Stangl, Dr Eichholz, Dr Jilly, May,

Knorre, Illing, Jobst, Hirte, Jäkel, F. Nitsch, Kunz,

E. Köhler, Sandner.

Pùvodní znìní ad 1354/IX.

Interpellation

des Abgeordneten Paul Nickerl
an den Minister des Innern

wegen einsprachig èechischer Erledigun-
gen durch die Bezirksbehörde in Kaaden.

Die Bezirksbehörde in Kaaden hat den doppel-
sprachigen Bescheid vom 23. März 1938, Z. 9492,
an Frau Alice Lipkovsky in einem Umschlag mit
einsprachig èechischen Aufdruck zugeschickt. Und
dies, trotzdem der Bezirksbehörde bekannt ist,
dass Frau Alice Lipkovsky deutscher Nationali-
tät ist, was ja auch aus der Doppelsprachigkeit
des Bescheides hervorgeht.

Gerade diese einsprachig èechische Aufschrift
auf dem Briefumschlag zeigt, dass es sich immer
wieder um kleine Nadelstiche gegen die sudeten-
deutsche Bevölkerung handelt, welche aber in
ihrer Gesamtheit eine Beleidigung des Sudeten-
deutschtums darstellen.

Die Interpellanten stellen an den Herrn Mini-
ster die Anfragen:

1. Ist der Herr Minister bereit, den angeführ-
ten Fall untersuchen zu lassen?

2. Ist der Herr Minister bereit, dafür zu sor-
gen, dass endlich diese unentwegten Verletzun-
gen des Sprachenrechtes der sudetendeutschen
Bevölkerung aufhören und die schuldigen Organe
in Disziplinaruntersuchung gezogen werden?

3. Ist der Herr Minister bereit, gegen den im
gegebenen Falle schuldtragenden Beamten ein
Disziplinarverfahren einleiten zu lassen?

4. Welche konkreten Verfügungen hat der Herr
Minister in diesem Falle getroffen?

Prag, am 7. Mai 1938.

Nickerl,

E. Köhler, May, Fischer, Sogl, Hollube, Stangl,

Jäkel, Rösler, Illing, Jobst, Kundt, Axmann, F.

Nitsch, Knorre, Kunz, Hirte, Birke, Sandner,

Ing. Schreiber, Dr Hodina.


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Pùvodní znìní ad 1354/X.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Fritz Köllner

an den Minister für Post-
und Telegraphenwesen,

wegen sprachlich vorschriftswidriger An-
zeige der Unzustellbarkeit durch das
Postamt in Hirschenstand, Bezirk Neudek.

In seiner Interpellationsbeantwortung vom
28. 8. 1937, Druck No. 1063/XX hat der Herr Mini-
ster erklärt, dass die Postverwaltung die Ver-
fügung getroffen habe, dass jene Postämter, in
deren Bereiche nach der letzten Volkszählung
wenigstens 20% derselben, jedoch einer anderen
als der èechoslowakischen Sprache wohnen, auf
den Postsendungen, die zu ihnen als unzustellbar
mit einer in der Sprache einer nationalen Minderheit
geschriebenen Adresse zurückgekommen sind, um
diese dem Absender zurückzustellen, noch vor die-
ser Zustellung den Grund der Unzustellbarkeic
auch noch in der Minderheitssprache hinzuzu-
schreiben haben, in welcher die Adresse geschrie-
ben ist, ausser wenn dem Postamte nicht bekannt
wäre, dass der Absender Angehöriger der betref-
fenden Minderheit ist.

Am 16. 4. 1938 sandte nun die Schrauben und
Metallwarenfabrik Adolf Seifert in Bergstadt Plat-
ten einen Brief an die Ortsleitung der Sudeten-
deutschen Partei, Vorsitzender Konrad Henlein,
in Hirschenstand. Obzwar in der kleinen Ortschaft
Hirschenstand jedweder Einwohner genau bekannt
ist und man auch wusste, wohin der Brief zuzu-
stellen war, wurde der Brief nach Bergstadt Plat-
ten zurückgeschickt mit dem Vermerk: »Zpìt,
Horní Blatná; Spolek zde není hlášen, udejte
jméno jednotlivce!«

Es kann zum ersten nicht angenommen wer-
den, dass einem Briefträger in Hirschenstand, sei
er auch der deutschen Sprache nicht mächtig, die
Ortsleitung der Sudetendeutschen Partei nicht be-
kannt ist; es geht aber auch aus dem Firmenauf-
druck auf dem Briefumschlag nicht hervor, dass
dem Postamte nicht bekannt geworden wäre, dass
der Absender deutscher Volkszugehörigkeit ist.
Die Interpellanten stellen also fest, dass das be-
treffende Organ des Postamtes in Hirschenstand
nicht die nötige Sorgfalt zur Auffindung des Adres-
saten angewandt hat und sich auch nicht an die
Weisungen, die der Herr Minister mit Druck
1063/XX als bestehend bekanntgab, gehalten hat.

Die Interpellanten fragen daher den Herrn
Minister:

1. Ist der Herr Minister bereit, beim Post-
amte in Hirschenstand eine die Zustellung der
Postsendungen betreffende Untersuchung einleiten
zu lassen?

2. Welche konkreten Verfügungen hat der
Herr Minister getroffen, dass Misslände der ange-
zeigten Art sich nicht fortsetzen oder wieder-
holen?

Prag, am 7. Mai 1938.

Dr Köllner,

Stangl, Fischer, E. Köhler, Kunz, Axmann, Röster,

Obrlik, Hirte, Illing, Franz Nìmec, Kundt, May,

F. Nitsch, Jäkel, Sandner, Hollube, Sogl

Ing. Schreiber, Dr Jilly, Dr Eichholz.

Pùvodní znìní ad 1354 XI.

Interpellation

des Abg. Paul Nickerl
an den Minister des Innern

wegen grundloser Vedächtigung des
Staatsbürgers Karl Martika aus Falkenau
durch das Gendarmeriekommando In Fal-
kenau und die Bezirksbehörde in
Falkenau a/E.

Arn 3. März 1938 suchte Karl Martika, geb.
am 27. 8. 1919 wohnhaft in Falkenau a/E., Egerer-
strasse 35, zuständig nach Unter-Reichenau, Be-
ruf Handlungsgehilfe, bei der politischen Bezirks-
behörde in Falkenau um einen Eintrittsschein zum
freiwilligen Militärdienst in die èechoslovakische
Wehrmacht an. Auf eine Anfrage der Bezirksbe-
hörde in Falkenau vom 5. 3. 1938, Zahl 316 über
die moralische Wohlverhaltenheit und die staats-
bürgerliche Verlässlichkeit antwortete das Gen-
darmeriekommando in Falkenau, Oberwacht-
meister Simy, mit Bericht vom 15. III. 1938, Zahl
193 dùv/1938, dass alle Angehörigen der Familie
des Gesuchstellers und ebenso die ganze Ver-
wandtschaft Angehörige der Sudetendeutschen
Partei sind und wenigstens mit dieser Partei stark
sympathisieren, weshalb es nicht möglich wäre,
sich vollkommen sicher über deren Verlässlich-
keit einschliesslich der des Gesuchstellers auszu-
drücken.

Auf Grund dieses Berichtes der Gendarmerie
teilte die Bezirksbehörde dem Gesuchsteller Karl
Martika mit Schreiben vom 5. 4. 1938 mit, dass
seinem Gesuche um Ausfolgung eines Eintrittschei-
nes zum freiwilligen Eintritt in die Wehrmacht
nicht entsprochen werden könne. Der Gesuch-
steller Karl Martika hatte um diesen Eintrittschein
deshalb angesucht, weil er möglichst bald seine
Militärdienstzeit abdienen wollte, da er beabsich-
tigt in Kürze ein eigenes Geschäft zu eröffnen.


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