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Pùvodní znìní ad 769/VIII

Interpellation

des Abgeordneten Rudolf Sandner

an den Minister des Innern
wegen eines veralteten Faimenerlasses.

Die Interpellanten erhalten aus Wählerkreisen
folgende Zuschrift:

Wir. machen auf einen, veralterten Erlass des
Innenministeriums aufmerksam:

Im Jahre 1919 wurde ein Erlass an> die Lan-
des- und Bezirksbehörden herausgegeben, laut
welchem die »feindlichen Farben« Schwarz-Gelb,
Rot-Weiss-Rot und Schwarz-Weiss-Rot zu ver-
bieten, dagegen die Farben ScHwarz-Rot-Gelb
(Gold) zu, gestatten, seien, wenn sie nicht in her-
ausfordernder Weise gebraucht werden. Dieser
Erlass wurde nach etwa 6 Jahren erweitert, u.
zw. insoferne als diese Farben - ganz gleich, in
welcher Zusammenstellung sie zusammenstossen
- zu verbieten sind, z. B. schwarzer Fahnen-
sohaft, goldene Fahnenspitze, schwarze Fahnen-
farba; befestigt am Schaft mit gelben Nägeln,
weisses Fahnenblatt, rote Buchstaben, schwarze
Fransen.

Noch 18 Jahre nach der Gründung des Staa-
tes müssen die Referenten diesen Erlass peinlich
enthaften:

So geschah es auch wieder kürzlich, dass die
Landesbehörde Prag ein Gesuch abweisen musste,
weil in der zu einer Uniform gehörenden Mütze
das schwarze Schild, ein an diesen Schild stoss-
sender weisser Streifen, an welchen sich ein
roter schmaler Streifen anschloss, die Farben-
zusammenstellung der staatsgefährlichen Farben
ergab, obwohl die beiden erwähnten Streifen mit
der blauen Mütze die Staatsfarben bedeuten. Der
weisse Streifen musste verschwinden.

Wie lächerlich dieser Erlass ist, zeigt die
Bewilligung der Olympischen Flagge: Auf weis-
sem Grunde fünf Ringe in den Farben schwarz,
gelb, rot, blau, grünn, hier ergaben sich die ge-
fährlichen Zusammenstellungen schwarz-gelb,
schwarz-weiss-rot und dennoch konnte ein Ver-
bot nicht ausgesprochen werden, wollte man sich
vor der gesamten Welt nicht blosstellen.

Ein solcher Fall lag bei dem zum deutschen
Feuerwehrverbande gehörenden Rettungskorps in
Morchenstern vor.

Mit Herausforderung werden die Farben
Schwarz-rot-gold oder gelb getragen, wenn z. B.
die èeská menšina, bestehend aus einem Lehrer;
mehreren Eisenbahnern oder Postboten, der Be-
zirksbehörde erklärt; dass sie sich durch diese
Farben gereizt fühlt.

Im Jahre 1920 wollte die Freiw. (deutsche)
Feuerwehr in Seestadtl. am. 10. Juni eine Fahne

enthüllen, die wie folgt ausgestattet war: Schaft
schwarz,. Spitze Messing, ein Fahnenblatt orange-
gelb, ein Fahnenblatt, orangerot, Fahnen golden...

Da Spitze und Schaft schwarz-gold, Schaft
und Fahnennägel ebenfalls schwarz - gelb waren,
erklärte man sie für staatsgefährlich und der
schwarze Fahnenschaft musste braun werden:
denn ein weiser Fahnenschaft hätte die noch viel
gefährlicheren Farben schwarz-weiss-rot ergeben.

Wir stellen an den Herrn Minister die An-
frage:

Ob er bereit ist, diesen völlig veralterten
Erlass ausser Kraft zu setzen?

Prag, am 7. Jänner 1937.

Sandner,

G. Böhm, Jäkel, Axmann,. Gruber, May, Wollner,

ing. Künzel, Obrlik, Dr. Zippelius, Franz Nìmec,

Fischer, Jobst, Dr. Kellner, ing. Lischka, Illing,

Dr. Peters, Dr. Hodina, Dr. Rosche, Stangl,

iing. Peschka, Klieber.

Pùvodní znìní ad 769/IX.

Interpellation

der Abgeordneten Georg Wolkier, Ernst

Kundt, Karl Hermana Frank, Dr. Gustav

Peters, Guido Klieber, Georg Böhm, Josef

Illing, ing. Franz Schreiber und

Paul Nickerl

an die Regierung

wegen bisher unterbliebener Massnahmen
zur Förderung des Exportes.

Trotz zahlreicher Vorschläge und Interven-
tionen der zuständigen Organisationen der In-
dustrie, der Unternehmer sowie der Arbeitnehmer,
hat es die Regierang bis heute unterlassen, eine
den Interessen der Exporteure entsprechende
Neuregelung der Refundierung der Umsatzsteuer,
sowie aller Verkehrssteuern zu veranlassen. Die
formale Regelung ist dermassen kompliziert, dass
eine Vereinfachung dringend geboten erscheint.
Der Exporteuer muss, einen im voraus gesicherten
Rechtsanspruch auf diese Forderungen in einer
bestimmten, festen Höhe haben und darf die Be-
willigung, einet Refundierung nicht von dem freien
Ermessen eines Beamten abhängen. Auch alle
anderen Massnahmen die zur Förderung des Ex-
portes der Regierung von den dazu berufenen in-
teressenvertretungen mitgeteilt wurden und die
in- zahllesen Denkschriften niedergelegt und allein
in, Betracht kommenden Regierungsstellen zuge-
stellt wurden und worüber bei zahlreichen An-


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lassen debattiert worden ist, harren einer endli-
chen Erledigung. Es steht fest, dass auch nach
der Devalvation der Cechoslovakischen Währung
weitere dringende Massnahmen zur Federung des
Exportes zu veranlassen sind, dass insbesondere
die Frage der Refundierung der Handelssteuern
ehestens zu erledigen ist. Dies wurde neben vielen
anderen massgebenden Faktoren auch vom Herrn
Ministerpräsidenten bei Konstituierung des In-
vestitionsallsschusses zugegeben. Es dürfte kein
Zweifel darüber bestehen, dass auch bei loyalster
Einstellung- zur Devalvation es nicht anerkannt
werden ttanm dass dies eine unmittelbare Hilfs-
massnahme für unsere Notstandsgebiete darstellt.
Die Wiederherstellung eines menschenwürdigen
Daseins der Bevölkerung in den von Sudeten-
deutschen bewohnten Randgebieten dieses Staa-
tes, bedingt energische Massnahmen zur Förde-
rung des Exportes.

Wir stellen daher an die Mitglieder der Re-
gierung die Anfrage:

1. Sind die Mitglieder der Regierung bereit,
sich mit diesem Gegenstand raschest zu beschäf-
tigen und sind sie bereit, dafür Sorge zu tragen,
dass alle- Masanahmen, die zur Förderung des
Exportes, hauptsächlich der Industrien der Rand-
gebiete, dienen in allerkürzester Zeit erledigt
werden?

2. Welche Massnahmen wurden bisher im
Sinne dieser Interpellation durchgeführt?

3. Welche Massnahmen sind für die nächste
Zeit geplant?

Prag, am 18. Jänner 1937.

Wollner, Kundt, Frank; Dr. Peters, Klieber,
G. Böhm, Illing, ing. Schreiber, Nicherl,

Obrlík, Dr. Hodina, ing. Künzel, Jobst, Dr. Zippe-
lius, Ing. Lischka, Sandner. Dr. Kellner, Graber,
Knorren Fischer, Knöchel, Ing. Richter. Hollube,
Dr. Eichholz; May, Axmann, Dr. Rösche, Jäkel.

Pùvodní znìní ad 769/X.

Interpellation

des Abgeordneten Josef Röster
an den Minister des Innern

wegen- Uebergrlffes des Beamten der

staatlichen Polizeibehörde in Friedtand,

Pokorny.

Die Interpellanten erhalten aus Wählerkreisen
folgendes, Protokoll zugeschickt:

»Die Ortsgruppe der Sudetendeutschen Partei
Fftedland, veranstaltete am 19. Dezember 1936

im Scliützenhaus Friedland ihre Hauptversamm-
lung. Der Saal war laut Flaggengesetz vorschrifts-
mässig geschmückt. Die Staatsflagge, die sicht-
bar Krosser war als alle anderen Fahnen, war
am würdisten Platze u. zw. in der Mitte, seitlich
umgeben von der Fahne der Sudetendeutscben
Partei angebracht. In der linken Ecke des Saales
eine Stadtfahne der Stadt Friedland, rechts die
Ortsgruppenfahne der Sudetendeutschen Partei.

Der anwesende. Regieriingsvertreter Pokorny
beanständete diese Fahnenausschmückung:

1. da sie nicht gemeldet war,

2. veranlasste er die Abnahme der Stadtfahne
und der Fahne der Sudeteutschen Partei.

Gegen diese Massnahme erhebe ich die Be-
schwerde.

Ing. Fritsch, Friedland i. B.,

Wallensteinstrasse 5.
Zeugen:

Rudolf Erben, Friedland 660,
Hermann Erben, Fiedland, Bibersteing. 517,
Franz- Würfel, Friedland, Schillergasse 280.*

Der Einberufer der Versammlung hatte alle
gesetzlichen Erfordernisse, die für die Abhaltune
der Versammlung notwendig waren, erfüllt. Die
Staatsflagge war in einer, dem Symbol der Ce-
choslovakischen Republik entsprechenden würdi-
gen Art und Grosse gegenüber den anderen
Fahnen angebracht. Die Ausschmückung des Ver-
sammlungslokales auf die oben im angeführten
Protokoll- beschribene Weise entspricht vollkoom-
men den Bestimmungen des § 7, Abs. 4 des Ge-
setzes vonv 2h Oktober 1936, Sig. d. G. u. V.
Nr. 269.

Die Begründung für die Abnahme der Stadt-
fahne und der Fahne der Sudetendeutschen Partei
auf Veranlassung des anwesenden Regierungs-
vertreters Pokornv ist also gesetzlich nicht ge-
rechtfertigt und hat bei den anwesenden Teil-
nehmern begreiflicherweise Erregung ausgelöst.

Die Interpellanten stellen daher an den Herrn
Minister des Innern die Anfrage:

1. Ist dem Herrn Minister der gerügte Sach-
verhalt bekannt?

2. Welche Massnahmen gedenkt der Herr
Minister zu ergreifen, um die Wiederholung ähnli-
cher gesetzlich unbegründeter Entscheidungen
durch Beamte der Staatspolizeibehörden zu ver-
hindern?

Prag, am 19. Jänner 1937.

Rösler,

Hollube, Ing. Richter, Fischer, Knorre, Wollner,
Ing. Peschka, Dr. Kellner, Franz Nìmec, Illing,
Dr. Peters, Obrlik, Dr. Rosche, Kundt, Jobst, Dr.
Zippelius, Stangl, Sandner, Klieber, May; Jäkel,
Dr. Eichholz, Knöchel


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Pùvodní znìní ad 769/XI.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. Franz Karmasin
an den Minister des Innern

wegen mangelhafter Amtsführung des

Notars Caspar Geza Duba In Slowakisch

Proben - Slov. Pravno.

Den Interpellanten wird aus Wählerkreisen
folgendes Protokoll zugesandt:

»Gestern, also am 29. Dezember 1936, ging
ich zu dem Herrn Notar Caspar Geza Duba in
Slov. Proben, um von ihm die für das Arbeitsamt
bestimmten Armutszeugnisse zu verlangen. Es
war halb drei Uhr nachmittags, er war aber nicht
in der Kanzlei, sondern im Gasthaus Lichner.
Dort sass er mit zwei Männern und trank
Schnaps. Sodann ging er mit mir, Paul Lichner
und meinen zwei Begleitern Palesch Johann Nr.
50 und Johann Lichner Nr. 9 in die Kanzlei und
stellte uns dort die Armutszeugnisse für die 11
Arbeiter aus. Obzwar ihm alles richtig diktiert
wurde, schrieb er doch die Dinge anders auf,
entweder wollte er uns damit schaden oder er
war betrunken.

So hat er z. B. bei Paul Palesch Nr. 50 als
Besitz seiner Eltern 5 Joch Feld angegeben, wo-
gegen sie nur ungefähr 3 Joch haben. Das Gleiche
gilt auch von seinem Bruder Johann Palesch Nr.
43, wo auch der Besitz der Eltern mit filnf statt
drei Joch angegeben wurde. Bei der Schwester
Anna Palesch schrieb er hingegen den Besitz
der Eltern sogar mit sieben Joch. Die Eltern der
Marie Girhart Nr. 53 haben nur 3 Joch, hingegen
gibt Notar Duba sechs Joch an. Die Eltern der
Anna Simonides, geb. Lichner, Nr. 33 haben nur
3 Joch und nicht 4 Joch.

Er hat sich von Johann Lichner das Geld für
die Armutszeugnisse im Vorhinein auszahlen las-
sen u. zw. für die Arbeit 2 Kè und für den Stem-
pel 1 Kè. Die Stempel wurden ihm gegeben, für
den Betrag hat er keine Bestätigung ausgestellt.

Es kommt öfters vor, dass Notar Duba wäh-
rend der Aumtsstunden sich im Gasthaus aufhält
und betrunken ist.

Als Zeuge:

And r. Kaltwasser e. h.
Hedwigshäu.

Obiges gelesen und bestätige, dass alles der
Wahrheit entspricht:

Paul Lichner e. h.,
Hedwigshäu.«

Die Interpellanten stellen an den Herrn Mi-
nister des Innern die Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, den gerUgten
Sachverhalt erheben zu lassen?

2. Ist der Herr Minister bereit, gegen den
Notar Gaspar Gaza, Duba in Slov. Proben wegen
des gerügten Sachverhaltes ein Disziplinarverfah-
ren einleiten zu lassen?

Prag, am 19. Jänner 1937.

Ing. Karmasin,

Dr. Elchholz, Ing. Richter, Fischer, Kundt, Wollner,

Ing. Lischka, Dr Zippelius, Obrlik, Dr. Rösche,

Jäkel, Dr. Peters Stangl, Gruber, Dr. Hodina, Illing,

Ing. Künzel, Knorre, Klieber, May, Hollube,

Knöchel

Pùvodní znìní ad 769/XII.

Interpellation

des Abg. Franz Nitsch
an den Minister des Innern

wegen willkürlicher Beschränkung der
verfassungsmässig gewährleisteten Ver-
sammlungsfreiheit bei der Versammlung
am 28. November 1936 in Freudenthal
durch Dr Orlíèek, Freudenthal.

Aus Wählerkreisen erhalten die Interpellanten
folgendes Protokoll:

»Versammlung mit Herrn Dr Gustav Jonak
am 28. November 1936, 20 Uhr, Regierungsver-
treter Dr Orlicek aus Freudenthal.

Es wird zu Protokoll gegeben, dass der Re-
gierungsvertreter, Herr Dr Orlicek aus Freuden-
thal bei obiger Versammlung dem Herrn Abge-
ordneten Kreisleiter Franz Nitsch und dem Be-
zirksleiter Franz Gritzner die Anwesenheit am
Vortragstisch auf der Bühne nicht gestattete.
Einen Grund für dieses Vorgehen gab er nicht
an. Als Abg. Nitsch in seinen Ausführungen auf
das Budget zu sprechen kam, verbot ihm der
Regierungsvertreter, dieses Thema zu behandeln.
Applaus u. s. w. wurde nicht gestattet.«

Die weder durch das Gesetz noch durch das
Verhalten der Versammlungsteilnehmer begrün-
dete Entscheidung des Regierungsvertreters,
Herrn Dr Orlicek aus Freudenthal, ist geeignet,
dem Einberufer der öffentlichen Versammlung die
Erfüllung seiner Pflicht, nämlich für den ord-
nungsgemässen Verlauf der öffentlichen Versamm-
lung zu sorgen, unmöglich zu machen.

Bei Zwischenfällen während öffentlicher Ver-
sammlungen haben bekanntlich jene Personen den
grössten Einfluss auf die Wiederherstellung der
Ruhe, die wegen ihres persönlichen Ansehens und
wegen ihres Amtes, das sie innehaben, als füh-
rend allgemein bekannt sind. Diese Tatsache trifft


23

sowohl bei Abg. Franz Nitsch, als auch bei Herrn
Gritzner zu. Um den Einberufer der Versammlung
in seinem Amte als Versammlungsleiter zu unter-
stützen ist es notwendig, dass die in Betracht kom-
menden Personen, an einem allgemein sichtbaren
Platz, also am besten am Vortragstisch sitzen,
um sich gegebenenfalls sofort wirksam verstän-
digen zu können.

Vollständig unverständlich ist es, einem vom
Volke gewählten Vertreter zu verbieten, über das
Budget zu sprechen, da doch jeder Staatsbürger
das Recht besitzen muss, sich kritisch über die
auch durch seine Steuerleistung ermöglichte Fi-
nanzgebarung des Staates zu äussern.

Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Minister des Innern die Anfrage:

1. Ist dem Herrn Minister der gerügte Sach-
verhalt bekannt ?

2. Welche Massnahmen gedenkt der Herr
Minister zu ergreifen, dass den Staatsbürgern die
verfassungsmässig gewährleistete Versammlungs-
freiheit im vollen Umfange gewahrt bleibt?

Prag, am 19. Jänner 1937.

Franz Nitsch,

Knöchel, Klieber, Fischer, Ing. Künzel, Dr. Rösche,
Ing. Lischka, Dr. Jilly, Sandner, Jobst, Dr. Kellner,
Stangl, Illing, Wollner, Wagner, Knorre, May,
Dr. Peters, Ing. Peschka, Ing. Richter, Dr. Hodina.

Pùvodní znìní ad 769/ XIII.

Interpellation

des Abg. Franz Nìmec
an den Minister des Innern

wegen wiederholter grundloser Verwei-
gerung von Grenzauswelsen an èechoslo-
vakische Staatsbürger deutscher Natio-
nalität durch Beamte des Gendarmerie-
postens in Pressnitz.

Die Interpellanten haben schon wiederholt
die Gelegenheit wahrgenommen, den Herrn Mi-
nister auf die grundlosen Verweigerungen von
Grenzausweisen an èechoslovakische Staatsbür-
ger deutscher Nationalität (ethnischer und sprach-
licher Zugehörigkeit) aufmerksam zu machen,
ohne dass bisher wirksame Abhilfe getroffen wor-
den wäre.

Die Interpellanten erhalten aus Wählerkreisen
folgenden Tatsachenbericht:

»Am 25. November 1936 ging ich zur Gen-
darmerie in Pressnitz, um mir einen Grenzaus-
weis ausstellen zu lassen. Auf die Frage des Gen-
darmerie-Oberleutnant Toušek, wozu ich den Aus-
weis brauche, sagte ich, dass ich in Deutschland
Arbeit erhalten könnte. Es kam der Gendarme-
rie-Oberwachtmeister Kalousek hinzu und sagte
in Anwesenheit des Postenkommandanten, Ober-
leutnant Toušek, dass es in Deutschland nur für
die Mitglieder der Sudetendeutschen Partei Arbeit
gäbe und fragte mich, ob ich auch Mitglied der
Sudetendeutschen Partei wäre. Oberleutnant Tou-
šek sagte: »Das ist auch so ein Uniformierter, der
in Kupferberg war.« Darauf entgegnete Ober-
wachtmeister Šimek: »Das ist egal, es kann jeder
denken was er will, aber Sie müssen uns einen
Zettel von der Sudetendeutschen Partei bringen,
dass Sie Mitglied sind und drüben Arbeit be-
kommen.« Es hätte schon jeder diesen Zettel ge-
bracht, dann könnte ich den Grenzausweis mor-
gen, den 26. November 1936 bekommen.

Für die Richtigkeit der Angaben:
Ernst Fischer.«

Die ungeheure Not im Grenzgebiet zwingt
die Bevölkerung, auch ausserhalb des Staatsge-
bietes Arbeit zu suchen. Bekannterweise finden
innerhalb des Staatsgebietes des Deutschen Rei-
ches auch Personen Beschäftigung, die nicht der
Sudetendeutschen Partei angehören oder sollte
man annehmen, dass beispielweise Anny Ondra
oder Lida Baarovä Mitglieder der Sudetendeut-
schen Partei gewesen sind?

Wie in vielen anderen Fällen, so liegt auch
im oben angeführten Fall kein für die Interpellan-
ten erkennbarer Grund zur Verweigerung des
Grenzausweises an den arbeitsuchenden Ernst
Fischer in Pressnitz vor.

Die Interpellanten richten daher an den Herrn
Minister des Innern die Anfrage:

1. Sind dem Herrn Minister die unzähligen
Fälle unbegründeter Verweigerung von Grenz-
ausweisen für èechoslovakische Staatsbürger
deutscher Nationalität (ethnischer und sprachli-
cher Zugehörigkeit) bekannt?

2. Welche Massnahmen gedenkt der Herr Mi-
nister zu ergreifen, dass sich schikanöse Verwei-
gerungen von Grenzausweisen an èechoslovaki-
sche Staatsbürger deutscher Nationalität nicht
mehr ereignen können?

Prag, am 19. Jänner 1937.

Franz Nìmec,

Obrlik, Illing, May, Stangl, Jobst, Wollner, F.

Nitsch, Dr. Rosené, Wagner, Gruber, Dr. Jilly, Dr.

Peters, Ing. Künzel, Dr. Kellner, Jäkel Dr. Zippelius,

Fischer, Kundt, Sandner, Ing. Lischka.


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Pùvodní znìní ad 769/XIV.

Interpellation

des Abg. Richard Knorre

an den Minister für Post
und Telegraphenwesen

wegen Verletzung des Sprachengesetzes

durch das Postamt I (Hauptpost) in

Troppau.

Das Postamt 1 (Hauptpost) in Troppau hat
an die vollkommen fehlerhaft bezeichnete »Sude-
tenpartei v Opava « eine Anzeige der Unzustell-
barkeit unter Zahl 1319, mit Poststempel vom
31. XII. 36-12/51, ausgefertigt. Diese Anzeige ist
ausschliesslich in èechischer Sprache abgefasst.
Auch die Anforderung, das Schriftstück binnen
7 Tagen dem Postamte zurückzustellen, ist aus-
schliesslich in 5echischer Sprache abgefasst.

Da das Postamt offenbar wissen musste, dass
die Propanenten der Sudetendeutschen Partei
deutsch sind und sich die Anzeige auf den Ge-
richtsbezirk Troppau bezieht, in dem nach der
letzten Volkszählung mehr als 20 % Deutsche woh-
nen, verletzt das Schriftstück dieser Postbehörde
den § 2 des Sprachengesetzes.

Wir stellen an den Herrn Minister für Post
und Telegrafenwesen die Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt erheben zu lassen?

2. Gedenkt der Herr Minister Garantien da-
für zu bieten, dass sich ähnliche Verletzungen des
Sprachengesetzes beim Postamte in Troppau nicht
mehr wiederholen?

3. Ist der Herr Minister bereit, gegen die
schuldtragenden Beamten, die offenbar wissent-
lich einsprachig èechische Zustellungen an die
Sudetendeutsche Partei vorgenommen haben und
überdies deren Namen in »Sudetenpartei« ver-
stümmelt haben, das Disziplinarverfahren einleiten
zu lassen?

Prag, am 19. Jänner 1937.

Knorre,

Obrlik, Illing, Fischer, Dr. Peters, Jäkel, Dr. Jilly,

Ing. Künzel, Dr. Rosche, Dr. Zippelius, Dr. Kellner,

Stangl, Sandner, Nickerl, Gruber, Wollner, Franz

Nìmec, Ing. Karmasin, Ing. Peschka, Jobst,

Wagner.

Pùvodní znìní ad 769/XV.

Interpellation

des Abgeordneten Gustav Obrlik
an den Minister des Innern

wegen ausschliesslicher èechischer Be-
zeichnung von Luftschutzeinrichtungen.

Der Luftschutz ist für die gesamte Bevölke-
rung da. Er soll vor allem die Frauen und Kinder
vor den Schrecknissen des Luftbombenkrieges
und der giftigen Gase schützen, ohne Unterschied
ob die gefährdeten èechoslovakische Staatsbürger
Deutsche oder Èechen sind. Trotzdem verwen-
det die Bezirksbehörde in Plan für die Bezeich-
nung des Luftschutzes auch in doppelsprachig
ausgefertigten Bescheiden, insbesondere im Be-
scheide vom 8. Juli 1936, Zl. 21716/1936 die voll-
ständig èechische Abkürzungsbezeichnung »CPO«.

Im Gerichtsbezirke Plan wohnen mehr als
95%, also auf jeden Fall mehr als 20% èechoslo-
vakischer Staatsbürger deutscher Natonalität
(ethnischer und sprachlicher Zugehörigkeit). Es
ist daher klar, dass auch die Abkürzungsbezeich-
nung für die Luftschutzeinrichtungen nicht nur in
èechischer sondern auch in deutscher Sprache an-
geordnet werden muss.

Dennoch hat die Landesbehörde in Prag als
Berufungsbehörde der Beschwerde des Rudolf
Köppner in Plan Nr. 49/I mit Bescheid vom 25.
November 1936, Zahl 461/6 ai 36, odd. 1 keine
Folge gegeben und die eigenartige Rechtsauffas-
sung vertreten, dass die Verwendung der allge-
mein eingeführt und daher unübersetzbaren tech-
nischen Abkürzung »CPO« auch im deutschen
Texte der Erledigung keine Verletzung der Spra-
chenvorschriften sei.

Wenn diese eigenartige Auffassung der Be-
zirksbehörde Plan und der Landesbehörde in Prag
Schule macht, werden wir es erleben, dass alle
èechischen offiziellen Bezeichnungen im deut-
schen Text einfach mit den èechischen Anfangs-
buchstaben bezeichnet werden.

War haben es wiederholt erlebt, dass die
Herren Ressortsminister bei Interpellationsbeant-
wortungen die Entscheidungen der zweiten In-
stanz vorbehaltlos übernehmen. In dieser Bestä-
tigungspraxis liegt eine Gefahr: Denn wenn das
Oberste Verwaltungsgericht derartige Fehlent-
scheidungen - wenn auch erst nach zwei bis
drei Jahren - kassiert, müssen die Interpella-
tionsbeantwortungen, die mit den Entscheidungen
des Obersten Verwaltungsgerichtes im Wider-
spruch stehen, zu einem Prestigeverlust der
Herren Ressortminister führen. Im gerügten Falle
liegt eine klare Gesetzwidrigkeit vor, denn es ist
der § 2 des Sprachengesetzes und die Artikel 15
und 18 der Sprachenvorordung 17/26 eindeutig
verletzt worden. Es ist amtspflicht des Herrn Mi-


25

nisters des Innern, zu dieser Interpellation mit ju-
ristischen Argumenten Stellung zu nehmen und
seine Rechtsansicht in der Interpellationsbeant-
wortung mit dem Gesetze, der Verordnung und
der Judikatur des Obersten Verwaltungsgerichtes
m begründen.

Wir stellen an den Herrn Minister des Innern
die Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt erheben zu lassen?

2. Ist der Herr Minister bereit, zu veranlassen,
dass niemals wieder in deutschen Bescheidaus-
(ertigungen einsprachig cechische Abkürzungsbe-
zeichnungen verwendet werden?

3. Ist der Herr Minister bereit, dafür zu sor-
gen, dass insbesondere auf dem Gebiete des Luft-
schutzes die Sprachenrechte peinlich genau ein-
gehalten werden, weil die deutsche Bevölkerung
einen Rechtsanspruch darauf hat, nicht nur den
Haupttext der Entscheidungen, sondern auch die
Abkürzungen in deutscher Sprache und keines-
wegs m Form von unverständlichen Abkürzungs-
bezeichnungen kundgemacht zu erhalten?

Prag, am 19. Jänner 1937.

Obrlik,

Jäkel, Birke, Ing. Lischka, Ing. Peschka, Nickel
Dr. Rösche, Dr. Zippelius, Fischer, Hollube, Graber,
Dr. Peters, Kundt, Illing, Ing. Künzel, Sandner,
Dr. Hodina, Axmann, Dr. Kellner, Wollner, Jobst.

Pùvodní znìní ad 769/XVI.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. Franz Karmasin

an den Justizminister

und den Minister für Schulwesen und

Volkskultur

wegen der Schmuggelaffäre des Profes-
sors Josef Maria Seewarth in Bratislava.

Im Jänner wurde in Bratislava der pensio-
nierte Professor Josef Maria Seewarth verhaftet.
Als Grund wird angeführt, dass er das Haupt
einer weitverzweigten Schmuggelbande war,
welche Zweigstellen in allen Ländern hatte und
Millionenwerte in Valuten und Wertpapieren über
die verschiedenen Grenzen verschob. Im Zusam-
menhang mit dieser Verhaftung brachten die
meisten Blätter des Inlandes, viele Zeitungen des

Auslandes bereits am nächsten Tag ausführliche
Berichte über die Vergangenheit des Verhafteten.
Sie berichteten unter anderem:

1. dass Prof. Seewarth unschuldige Menschen,
Mitglieder seines Lehrkörpers denunzierte und
sie auf diese Weise auf längere Zeit um ihr Brot
gebracht hat. (Seine Denunziationen stellen sich
als haltlos heraus),

2. dass er schuldtragend war an der unbe-
gründeten behördlichen Auflösung des Deutschen
Bezirksbildungsausschusses in Bratislava,

3. dass in der unter seiner Leitung stehenden
Volkshochschule in Bratislava hauptsächlich por-
nographische Vorträge gehalten wurden,

4. dass, während er Direktor der städt. deut-
schen Handelsschule war, dort eine üble Protek-
tionswirtschaft geherrscht hat, was hauptsächlich
daraus hervorgeht, dass seine Tochter, trotzdem
sie keinerlei Gualifikationen besass, als Lehrkraft
angestellt wurde. Die in diesen Angelegenheiten
beantragten Disziplinaruntersuchungen wurden nie
durchgeführt.

Aus der Tatsache, dass die Blätter bereits
am Tage nach der Verhaftung derart ausführli-
ches Material über Seewarth hatten, geht hervor,
dass diese Tatsachen in breitesten Kreisen be-
kannt sein mussten. Nur die vorgesetzte Schul-
behörde scheint keine Ahnung davon gehabt zu
liaben, sondern beliess ihn im Dienst.

Nach sehr konkreten Zeitungsangaben in den
ersten Tagen nach der Verhaftung werden von
offizieller Stelle und halb offiziellen Zeitungen
die Verfehlungen Seewarths als nicht so gross
dargestellt. Es liegt die Vermutung nahe, dass man
behördlicherseits daran gehen will, Verbrechen
oder Verfehlungen des Professors Seewärts zu
vertuschen.

Wir gestatten uns daher die Anfrage:

1. Ist der Herr Schulminister bereit, uns Auf-
klärung darüber zu geben, wieso ein derart
schwer belasteter Mann so lange Zeit unbehelligt
und noch dazu an leitender Stelle im Schuldienst
tätig sein konnte?

2. Ist der Herr Schulminister bereit, die daran
schuldigen Beamten festzustellen und eine Diszi-
plinaruntersuchung über sie zu verhängen?

3. Ist der Herr Schulminister bereit, Mass-
nahmen zu treffen, dass ausschliesslich die Quali-
fikation bei Beurteilung der ihm unterstellten
Lehrpersonen massgebend ist, nicht aber eine
Parteilegitimation?

4. Was gedenkt der Herr Justizminister zu
veranlassen, dass die Untersuchung gegen See-
warth und Genossen mit aller Schärfe durchge-
führt wird und alle Schuldigen und Beteiligten
einer gerechten Strafe zugeführt werden, ohne
Rücksicht auf Rang, Stellung und Parteizugehö-
rigkeit?

5. Ist der Herr Justizminister bereit, gegen
alle die amtlichen Organe das Disziplinarve r-


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