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živovací akce a jiných pomocných opatøení pro
nezamìstnanì.

8. Zemìdìlci a živnostníci buïtež úèinnì vy-
váženi z dluhù.

9. Danì pro drobné a støední rolníky a živ-
nostníky buïtež sníženy.

10. Vláda nech ihned z upsaných penìz na
pùjèku obrany státu poukáže èást i do našeho
území a okresu, aby ihned bylo možno zahájiti
stavby ochranných opatøení pro obyvatelstvo a
tím se zároveò vytvoøila možnost výdìlku.

Tážeme se vlády:

1. Jest vláda ochotna dáti ihned vyšetøiti
odùvodnìné stížnosti z nouzového území v údolí
Vílky?

2. Jest vláda ochotna, ještì než nastane nou-
zová zima, uèiniti potøebná pomocná opatøení
v obcích v dolním údolí Vítky?

V Praze dne 14. øíjna 1936.

Obrlik,

dr Jilly, Franz Nìmec, Inž. Schreiber, Wollner,

dr Kellner, Sandner, Fischer, Stangl, Inž. Lischka,

dr Zippelius, dr Peters, May, Inž. Künzel, Gruber,

inž. Richter, Kundt, dr Rosené, Inž. Peschka,

Illing, dr Eichholz.

Pùvodní znìní ad 664/I.

Interpellation

des Abg. Dr Alfred Rösche
an den Finanzminister

wegen Nichtbeachtung der Rechtspre-
chung des Obersten Verwaltungsgerich-
tes durch die Unterbehörden.

1. Die Kassenhonorare der Aerzte sind nach
ständiger Rechtsprechung des OVG. nicht er-
werbssteuerpflichtig, weil sie im Dienstverhält-
nis bezogen werden. Trotzdem haben die Steuer-
kommissionen erster und zweiter Instanz jahre-
lang diese Kassenhonorare der Erwerbs teuer un-
terzogen und die Ärzte genötigt, in jedem einzel-
nen Falle Berufung und, da auch diese von der
Berufungskommission abgewiesen wurde, Ver-
waltungsgerichtsbeschwerde einzulegen, dies
alles, obzwar das Verwaltungsgericht buchstäb-

lieh in einer Unzahl von Erkenntnissen immer
wieder und ohne Ausnahme diese Bezüge als nicht
erwerbspflichtig erklärt hatte. In diesen Fällen
ist jedoch vor einiger Zeit eine Aenderung ein-
getreten. Die Finanzverwaltung erkennt nun nach
jahrelangem Sträuben den Standpunkt des Ver-
waltungsgerichtes an; die Steuer Verwaltungen
erklären, dass einer Berufung, wenn sie recht-
zeitig eingebracht wird, gemäss oberbehördlichen
Weisungen stattgegeben wird, doch ist nach wie
vor der Steuerpflichtige genötigt, zur Wahrung
seines Rechtes Berufung zu überreichen. Dabei
bleibt es ein Unrecht, dass nur jene Fälle berück-
sichtigt werden sollen, in denen rechtzeitig
Rechtsmittel eingelegt wurden, während diejeni-
gen Ärzte, die keine Berufung eingelegt haben,
von den Kassenhonoraren die Erwerbsteuer zah-
len müssen, obzwar dies nach der verwaltungs-
gerichtlichen Rechtssprechung dem Gesetze wi-
derstreitet. Es würde sich empfehlen, mit den
berufsständigen Organisationen der Ärzte in Ver-
bindung zu treten und zu versuchen, dass auch
jenen Ärzten, die keine Rechtsmittel eingebracht
haben, die Erwerbsteuer von den Kassenhono-
raren abgeschrieben wird.

2. Seit dem Zuschlagsgesetz 31 aus 1920 sind
Schenkungen auch dann gebührenpflichtig, wenn
sie auch nicht beurkundet sind. Nun führt die
Erbgebührennovelle 278 aus 1915 neben den
eigentlichen Schenkungen, die im § 30 behandelt'
werden, im § 31 vier Gruppen von Zuwendungen
an, namentlich Heiratsgut, Ausstattung u. s. w.,
die Schenkungen nicht sind, aber als Schenkun-
gen im Sinne der Erbgebührennovelle zu behan-
deln sind. Das Oberste Verwaltungsgericht hat,
mit dem Erkenntnis Bohuslav 1779 aus 24 be-
ginnend, bis hinauf zu den letzten Erkenntnissen
aus den Jahren 1934 und 1935 in einer ganzen
Reihe von Entscheidungen ausgesprochen, dass
diese im § 31 der Erbgebührennovelle angeführ-
ten Zuwendungen nur dann der Schenkungssteuer
unterliegen, wenn über sie eine Urkunde errich-
tet wurde, nicht aber dann, wenn sie bloss
mündlich abgeschlossen wurden. Die Begründung
geht im wesentlichen dahin, dass die Bestimmung
des Zuschlagsgesetzes 31/1920, wonach die Ge-
bührenpflicht von der Errichtung einer Urkunde
unabhängig ist, nur für Schenkungen im eigentli-
chen Sinne gilt, wie sie § 30 der Erbgebühren-
novelle zum Gegenstand hat, keineswegs aber
für die Zuwendungen im Sinne des § 31, denn
diese sind eben keine Schenkungen, sondern sind
bloss als Schenkungen zu behandeln. Ungeachtet
dieser ständigen und sachlich zweifellos richti-
gen Rechtsprechungen des OVG. vertreten die
Finanzbehörden 1. und zweiter Instanz noch
immer den gegenteiligen Standpunkt und unter-
ziehen auch die Zuwendungen im Sinne des § 31
der Erbgebührennovelle auch dann der Schen-
kungssteuer, wenn diesse nicht beurkundet sind.
Diese Haltung der Gebühreninstanzen geht zu-
rück auf eine oberbehördliche Weisung: nämlich
auf den berüchtigten Erlass vom 11. Feber 1933,
Zahl 40. 374/32-V-16. In diesem werden die Be-
hörden nicht nur angewiesen, entgegen der ver-
waltungsgerichtlichen Rechtssprechung Zuwen-


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düngen nach § 31 der Erbgebührennovelle auch
dann der Schenkungssteuer zu unterziehen, wenn
sie nicht beurkundet sind, sondern es wird ihnen
sogar aufgetragen, die strafweise Erhöhung im
vollen gesetzlichen Ausmass vorzuschreiben;
wird sodann ein Rekurs eingebracht, so ist der
Partei das Angebot zu machen, dass die Erhö-
hung abgeschrieben wird, falls der Rekurs zu-
rückgenommen wird, es sei denn, dass die be-
sonderen Umstände des Falles gegen dieses Vor-
gehen sprechen. Würde es aber nötig, über den
Rekurs zu entscheiden, und beruft sich dieser
auf die verwaltungsgeriditliche Rechtsprechung,
so ist er trotzdem abzuweisen, und zwar mit
einer Begründung, die im Erlass ausführlich nie-
dergelegt ist, deren Unhaltbarkeit jedoch durch
das Schriftum und durch die verwaltungsgeridit-
liche Rechtsprechung wiederholt dargetan wur-
de. Allerdings scheint auch in dieser Frage die
Finanzverwaltung ihre bisherige Fronde gegen
das Verwalturtfesgericht liquidieren und allmäh-
lich einlenken zu wollen. Mit dem Erlass vom
3. I. 1936, Zahl 145, 137/1935, der sich als Nach-
trag zu dem berüchtigten Erlass vom 11. Feber
1933 bezeichnet, ordnet das Finanzministerium
an, dass von Zuwendungen nach § 31 der Erbge-
bührennovelle, soferne sie nicht beurkundet sind,
bis auf Weiteres keine Bereicherungssteuer vor-
zuschreiben sei.

Zugleich ordnet es jedoch an, es sei Vorsor-
ge zu treffen, dass die Verjährung des Bemess-
ungsrechtes unterbrochen wird, und aus diesem
Vorbehalt ergibt sich, dass die Finanzverwaltung
ihren Widerstand gegen die verwaltungsgericht-
liche Rechtsprechung mindestens endgültig noch
nicht aufzugeben gesonnen ist.

Die Interpellanten halten es für notwendig,
dass der Herr Finanzminister zu diesen Fragen
Stellung nimmt, damit die Unterbehörden in allen
Fällen den Grundsatz respektieren, dass die
Rechtsprechung des OVG. zu beachten ist.

Wir stellen an den Herrn Finanzminister die
Anfrage:

1. Sind dem Herrn Minister die gerügten
Misstände bekannt?

2. Was gedenkt der Herr Minister zu tun,
um in den genannten Fällen eine völlige Ueber-
einstimmung der Praxis mit den Erkenntnissen
und Rechtsansichten des OVG. herbeizuführen?

Prag, am 13. Oktober 1936.

Dr Rosche,

Ing. Schreiber, Illing, E. Köhler, Sogl, Ing. Kan-
zel, Gruber, May, Budig, Axmann, Obrlík, Jäkel,
Wagner, Hollube, G. Böhm, Birke, Ing. Lischka,
Ing. Karmesin, Ing. Peschka, Dr Peters, Stangl,
F. Nitsch, Dr Kellner, Dr Hodina, Rösler.

Pùvodní znìní ad 664/II.

Interpellation

des Abg. Georg Stangl
an den Minister des Innern

wegen Verbotes der Vorlesung des Pro-
duktionsdekretes Ferdinands des Gütigen
in einer öffentlichen Versammlung.

In der Monatsversammlung der Ortsgruppe
Schluckenau der Sudetendeutschen Partei, die am
27. August 1936 abends in der Schluckenauer
Turnhalle abgehalten wurde, meldete sich der
Bezirksschulungsleiter der Sudetendeutschen Par-
tei, Dr jur. Hans Bergmann, zur freien Ausspra-
che und führte, nachdem ihm vom Vorsitzenden,
Ortsleiter Mader, das Wort erteilt wurde, etwa
folgendes aus:

»Die hiesige staatliche Polizeibehörde ver-
bietet seit einiger Zeit das Singen von Liedern
in politischen Versammlungen und begründet die-
se Verbote mit einer formell noch in Gültigkeit
stehenden allerhöchsten Entschliessung Kaiser
Ferdinand des Gütigen aus dem Jahre 1835. Ich
möchte Ihnen daher zu Schulungszwecken den
Text dieses Gesetzes, wie er mit Dekret vom
15. Jänner 7836 den Kreishauptleuten zur Kennt-
nis gebracht wurde und wie ich ihn in einem al-
ten Bande der Provinzialgesetzsammlung in der
Bücherei des Grossvaters meines Chefs gefunden
habe, vorlesen. «

Dies untersagte jedoch der anwesende Kom-
missär Chech von der Staatspolizeiexpositur
Schluckenau, mit der Begründung, dass dies nicht
im Programme stehe und überhaupt »nicht mög-
lich« sei.

Das betreffende Dekret lautet auszugsweise:
»Es ist zur allerhöchsten Kenntnis gekommen,
dass die Zahl der herumziehenden Schauspieler-
truppen, Seiltänzer, gymnastische Künstler, her-
umziehende Musikbanden oder Eigentümer sonsti-
ger Schaugegenstände aller Art, welche die
österreichischen Provinzen in allen Richtungen
durchstreifen, seit einiger Zeit bedeuttend zu-
nehme. Vorlängst bestehende und von Zeit zu
Zeit erneuerte Polizei-Verordnungen haben be-
reits den Herren Kreishauptleuten mit besonde-
rer Hinweisung auf den Umstand, dass das
Herumziehen derlei Leute, besonders mit Schau-
gegenständen von nicht wesentlichem Belange
oder Produktionen gemeiner Art, selbst der Mo-
ralität nicht heilig, und dem Hange zum Müssig-
gange förderlich seien, und dass viele solcher
Vaganten, bei der Unzulänglichkeit der erwähn-
ten Nahrungswege, teils den Gemeinden und Orts-


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Obrigkeiten zur Last fallen, teils das zur Fristung
ihrer Subsistenz fehlende auf unerlaubte Weise
zu ergänzen suchen, immer zur besondern Pflicht
gemacht, dahin zu wirken, dass die Bewilligung
zu solchen Produktionen strenge erwogen und
selten erteilt werde.......Seine k. k. Ma-
jestät haben demnach mit allerhöchster Ent-
schliessung vom 5. Dezember 1835 hierüber für
die Zukunft nachfolgendes zur unverbrüchlichen
Richtschnur verordnet:

1. Von nun ab dürfen nur von den Länder-
Präsidenten erteilt werden.........

2. Auch in den Provinzial-Haupt- und ande-
ren Städten in welchen k. k. Polizeidirektionen
oder Polizeikommissariate bestehen, sind die
Produktionen, Deklamationen und Schaustellun-
gen aller Art um Geld von der Bewilligung der
Länderpräsidien abhängig zu machen, nur haben
sich diese vorläufig, ehe sie die Entscheidung
fällen, von diesen Polizeiorganen Bericht erstat-
ten zu lassen.

3. u. s. w. «

Das Produktionsdekret Ferdinand des Güti-
gen bezieht sich auf Schauspieler und Seiltänzer,
analogerweise vielleicht auch auf Feuerschlucker
und Schwertfresser, niemals aber auf freie Bür-
ger der Tschechoslowakischen Republik, die in
einer öffentlichen Volksversammlung Lieder sin-
gen. Lediglich unsere Administrative verwendet
dieses alte Dekret rechtsirrtümlich zum Verbote
von Liedern.

Es lag daher nicht der geringste Grund vor,
die Verlesung des Hofdekretes Ferdinands des
Gütigen, das heute noch für Schauspieler, Seil-
tänzer usw. gilt, zu verbieten, um die gesetz-
widrige Praxis unserer Administrative der sach-
lichen Kritik der öffentlichen Meinung zu unter-
breiten.

Wir stellen daher an Herrn Minister des
Innern die Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt erheben zu lassen?

2. Ist der Herr Minister bereit, dafür zu sor-
gen, dass die Verlesung vorkonstitutioneller Nor-
men, die heute noch zum Bestände unserer Ge-
setzgebung gehören, in öffentlichen Versammlun-
gen nicht mehr verboten werden?

Prag, am 13. Oktober 1936.

Stangl,

Dr Kellner, Gruber, F. Nitsch, ing. Schreiber,
Birke, Ing. Karmasin, Wagner, Ing. Peschka,
Sogl Axmann, Ing. Lischka, Illing, G. Böhm, E.
Köhler, Rösler, Hollube, Dr Hodina, Ing. Künzel,
May, Jäkel.

Pùvodní znìní ad 664/ III.

Interpellation

des Abg. Rudolf Axmann
an den Minister des Innern

betreffend die ungewöhnlich intensiven
Ueberwachungsmethoden bei Ausübung
der Versammlungspolizei gegen die Su-
detendeutsche Partei.

Nicht nur die Tschechen, sondern auch die
gleichberechtigten tschechoslowakischen Staats-
bürger deutscher Nationalität (ethnischer und
sprachlicher Zugehörigkeit) haben das verfas-
sungsmässige Freiheitsrecht, sich fuhig und ohne
Waffen zu versammeln. In diesem Rechte dürfen
sie in keinem weiteren Umfange beschränkt wer-
den, als dies die öffentliche Ruhe und Ordnung
verlangt. Die Administrative muss alles daran-
setzen, damit ihre Beamten bei der Ausübung
ihrer Versammlungspolizei so taktvoll und zu-
rückhaltend als möglich vorgehen, damit nicht
der Anschein erweckt werde, als ob die Admini-
strative die Versammlungskontrolle dazu benütze,
um die verfassungsmässig gewährleistete Ver-
sammlungsfreiheit durch Massnahmen einzu-
schränken, die nichts mit der Sorge um die Er-
haltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung an-
lässlich der Versammlung zu tun haben.

Mit diesen demokratischen Freiheitsgrund-
sätzen stehen jedoch die Ueberwachungsmass-
nahmen mancher Polizeibehörden im Gegensatze
und im Widerspruch.

So ersuchte zum Beispiel der Beamte der Po-
lizeiexpositur in Karbitz den Vorsitzenden einer
Versammlung, und zwar den Ortsleiter der Su-
detendeutschen Partei von Mariaschein, es mö-
gen ihm die Namen und die Anschriften der, sich
zur Wechselrede meldenden freien tschechoslo-
wakischen Staatsbürger deutscher Nationalität
(ethnischer und sprachlicher Zugehörigkeit) be-
kanntgegeben werden, da er beauftragt sei, diese
Daten festzustellen. Selbstverständlich hat der
Vorsitzende der Versammlung diesem Auftrage
entsprochen. Dies ändert jedoch nichts daran,
dass die Interpellanten berechtigt und verpflichtet
sind, den Herrn Minister des Innern über diese
Befragungsmethode zu interpellieren.

Bereits vor einigen Monaten wurden übri-
gens von behördlichen Organen in einer Redner-
schulungstagung in Karbitz ebenfalls die Namen
und die Anschriften der Debattenredner verlangt.

Am Sonntag, den 30. August 1936, hielten die
Handels- und Gewerbetreibenden der Sudeten-
deutschen Partei in Mariaschein eine Fachbera-
tung ab, zu der ebenfalls ein Polizeiorgan er-
schien. Nach einigen Tagen erschien bei Herrn
Heidler, der den Vorsitz bei der genannten Ta-
gung führte, ein Polizeiorgan und forderte ihn
auf, er möge ihm die Namen jener Orte, in denen


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Standesgruppen für Handel und Gewerbe der Su-
detendeutschen Partei bestehen, bekanntgeben.
Selbstverständlich hat Herr Heidler dieser be-
hördlichen Aufforderung entsprochen.

Zu derartigen Erhebungen besteht absolut
kein Anlass. Solche Erhebungen haben mit der
Versarnmlungspolizei nichts mehr zu tun, sondern
erwecken den Anschein einer Ueberwachungs-
tätigkeit, die geeignet ist, die Freiheilssphäre un-
bescholtener tschechoslowakischer Staatsbürger
crutscher Nationalität (ethnischer und sprachli-
cher Zugehörigkeit), denen die Gleichberechtigung
mit ihren tschechischen Mitbürgern verfassungs-
mässig gewährleistet ist, empfindlich und uner-
träglich einzuschränken.

Wir stellen daher an den Herrn Minister des
Innern die Anfrage:

1. Ist der Herr Minister bereit, den gerügten
Sachverhalt erheben zu lassen?

2. Ist der Herr Minister bereit, feststellen zu
lassen, ob die Nachforschung der behördlichen
Organe nach den Adressen der Dabattenredner
im Gerichtsbezirke Aussig tatsächlich über An-
ordnung der Amtsvorstände erfolgt ist?

3. Ist der Herr Minister bereit, diese für
gleichberechtigte tschechoslowakische Staatsbür-
ger deutscher Nationalität (ethnischer und sprach-
licher Zugehörigkeit), unerträglichen, undemo-
kratischen und unzeitgemässen Ueberwachungs-
massnahmen abzustellen?

Prag, am 12. Oktober 1936.

Axmann,

G. Böhm, Ing. Schreiber, Birke, Ing. Karmesin,

Obrlik, Dr Kellner, Wagner, Gruber, Stangl, Jäkel,

F. Nitsch, Hollube, May, Ing. Künzel, Ing. Peschka,

Rösler, Sogl, Dr Hodina, E. Köhler, Kling,

Ing. Lischka, Budig.

Pùvodní znìní ad 664/IV.

Interpellation

des Abgeordneten Georg Böhm

an den Minister des Innern
und an den Justizminister,

wegen Durchführung von Hausdurch-
suchungen ohne richterlichen
Befehl.

Es häufen sich die Fälle, dass Gendarmen
ohne richterlichen Befehl, ja sogar ohne irgend-
einen Auftrag Hausdurchsuchungen durchführen.
So erblichen die Interpellanten zum Beispiel über

einen derartigen Vorfall aus Graslitz folgenden
Bericht:

»Am Montag, den 31. August 1936 nachmit-
tags, zirka um drei Uhr, kamen in die Beriks-
steile in Graslitz drei Gendarmerieorgane, ein Ge-
heimagent der Bezirksbehörde in Graslitz sowie
ein Polizist der Stadtgemeinde Graslitz, welche
meldeten, über Auftrag des Kreisgerichtes in
Eger eine Durchsuchung der Bezirksstelle der
Sudetendeutschen Partei durchführen zu müssen.

Nach genauer Durchsicht aller Briefmappen,
Schreibtischkästen und sonstiger Kästen und
Schränke wurden 22 Mappen mit Weisungen und
Briefen zur Durchsicht bei der Gendarmerie mit-
genommen. Nach erfolgter UeberprUfung, welche
in Anwesenheit des Bezirksgeschäftsführers vor-
genommen wurde, wurden demselben 19 Mappen
wieder zurückgegeben, während die restlichen
drei Mappen zur nochmaligen genauen Durchsicht
zurückbehalten wurden.

Die Schriftstücke dieser 3 Mappen wurden
von dem Bezirksgeschäftsführer numenert und
über die zurückbehaltenen Briefe und Weisungen
ein Protokoll ausgestellt.

Am Dienstag, den 1. September 1936 wurden
dann auch die restlichen drei Mappen zurück-
gegeben und von diesen drei Mappen folgende
beschlagnahmt:

Nr. 240 Memorandum 441 v. 1. August 1936
der Bezirksstelle der Sudetendeutschen Partei
Eger.

Nr. 242 Brieikopie vom 4. August 1936 an die
Bezirksstelle der Sudetetideutschen Partei Eger.

Bei Nr. 240 und 242 handelte es sich um
irgendwelche freie Stellen in Deutschland, wo-
rüber aus dem Originalbriefe des Bezirkes Gras-
litz und der Kopie des Bezirkes Eger, die beide
in der Bezirksstelle der Sudetendeutschen Partei
in Eger aufzufinden sein müssen, der Wortlaut
ersichtlich ist.

Nr. 151 Schreiben vom 8. August 1936 von
Kreisstelle VII der SdP betreffend eine Anfrage
über die Wiederbelebung des Walzwerkes in
Rothau an den Bezirk Graslitz von der Abteilung
Arbeitnehmer, welche Kopie dieses Briefes eben-
falls in Karlsbad aufzufinden sein wird.

Nr. 274/77 Weisung der Hauptstelle der Su-
detendeutschen Partei B-20/36 vom 25. August
1936, 6 Blatt, Fahnenweisung.

Nr. 239 Briefkopie vom 5. August 1936 an die
Bezirksstelle der Sudetendeutschen Partei. Plat-
ten wegen Ausstecken von Fahnen. Original in der
Bezirksstelle Platten.

Nr. 237 Brief von der Bezirksstelle der Su-
detendeutschen Partei Platten an den Bezirk
Graslitz wegen Ausstecken einer Fahne. Kopie
in der Bezirksstelle Platten.

Nr. 195 Kreisverweisung B 13/36 vom 5.
August 1936 betreffend Fahnen.

Nr. 153 Memorandum mit Zeichen P/T r/14/36
vom 12. August 1936 vom Bezirk Podersam, Wahl-


18

kreis VII wegen Fahnen. Kopte in der Bezirks-
stelle Podersam.

Nr. 154 Briefkopie eines Briefes an die Kreis-
stelle Karlsbad vom 13. August 1936 wegen Fahne.
Original in der Kreisstelle Karlsbad.

Nr. 143/145 Weisung der Haupstelle O. G.
33/36 vom 12. August 1936 in dreifacher Ausfer-
tigung.

Nr. 33/2 Skizzen für Fahnen der Ortsgruppen
und für Bezirke (2 Blatt). Weiters wurde eine Bro-
schüre beschlagnahmt »Was hat uns die Revolution
gekostet«, welche angeblich von der NSDAP aus
Deutschland stammen soll, bei der wir aber über-
haupt nicht wissen, wieso diese in die Geschäfts-
stelle gelangte. Sie lag in einem Kasten im
Schreibtisch und dürfte dorthin während der Ab-
wesenheit des Bezirksgeschäftsführer anlässlich
seiner Waffenübung gekommen sein.

Die Bezirksbehörde Graslitz erklärt auf eine
Anfrage mit Bescheid vom 9. September 1936,
Zahl 23. 041, die Gendarmerie habe diese Haus-
durchsuchung »mit Rücksicht auf die näheren
Umstände des Falles, insbesondere die plötzlich
eingetretene Verzugsgefahr, ohne Auftrag durch-
geführt«.

Eine derartige Praxis macht das verfassungs-
mässig geschützte Hausrecht wirkungslos.

Wir stellen daher an den Herrn Minister des
Innern und an den Herrn Justizminister die An-
frage:

1. Sind die Herren Minister bereit, den ge-
rügten Sachverhalt erheben zu lassen?

2. Sind die Herren Minister bereit, erheben
zu lassen, ob die Gendarmerie in diesem Falle
ohne Auftrag und ohne richterlichen Befehl zur
Hausdurchsuchung geschritten ist?

3. Sind die Herren Minister bereit, erheben zu
lassen, ob tatsächlich die Verzugsgefahr so gross
war und so plötzlich eingetreten ist, dass die Gen-
darmerie berechtigt war, die Hausdurchsuchung
ohne Auftrag und ohne richterlichen Befehl durch-
zuführen?

4. Sind die Herren Minister bereit, dafür Ga-
rantien zu schaffen, dass die Freiheit des Haus-
rechtes gegenüber jeder, nicht hinreichend be-
gründeten, von der Gendarmerie aus eigener Ini-
tiative vorgenommenen Hausdurchsuchung mit
allen gesetzlichen Mitteln geschützt wird?

Prag, am 12. Oktober 1936.

G. Böhm,

Ing. Schreiber, Birke, Ing. Künzel Gruber, Obrlik,
Wellner, Dr Zippelius, Dr Rosche, Franz Nìmec,
Dr Peters, Stangl, Ing. Peschka, May. tag. Kar-
masin. Dr Hodina, Ing. Lischka, E. Köhler, Illing,
Sogl, Rösler, Sandner.

Pùvodní znìní ad 664/V.

Interpellation

des Abgeordneten Rudolf Sandner

an den Minister des Innern und
an den Minister für öffentliche Arbeiten,

wegen Gendarmeriemassnahmen gegen

SdP-Arbelter bei einem Strassenbau

im Gerichtsbezirk Weseritz.

Am Freitag, den 26. Juni 1936 um 10 Uhr vor-
mittags, begannen die Arbeiten auf der Reichs-
strasse Pilsen - Karlsbad zwischen den Gemeinden
Stipokl-Trahona-Wutsch, welche die Baufirma
František Arazím, Pilsen, durchführte. Die be-
schäftigungslosen Arbeiter der Gemeinde Traho-
na erfuhren vom Beginn der Arbeit erst, als schon
von ändern Dörfern und Bezirken Arbeiter da
waren. Der Stand der bedürftigen Arbeitslosen
der Gemeinde Trahona betrug an diesem Tage 16
Mann. Diese gingen nun sofort zu dem Vorarbei-
ter der oben genannten Baufirma, Franz Trüber,
und ersuchten ihn um Einstellung in die Arbeit.
Der Bauführer erklärte jedoch vor den anwesen-
den Arbeitern, Angehörige der SdP dürfe er nicht
einstellen, sondern nur Mitglieder der deutschen
sozialdemokratischen Partei und des Bundes der
Landwirte, auch wenn letztere mehrere Stück
Vieh im Stalle hätten. Auf die Frage der Arbeiter,
wer dies anordnete, erwiderte der Vorarbeiter,
von oben, von der Behörde sei dies empfohlen
worden. Auf eine abermalige Vorstellung wurde
dasselbe geantwortet. Dies können bezeugen:
Hans Neubauer, Glashütten Nr. 14, Karl Peter-
schelka, Glashütten Nr. 18, Albert Worschech,
Glashütten Nr. 15, Alois Worschech, Glashütten
Nr. 6, Alois Weiss, Glashütten Nr. 25, Albert
Teichner, Glashütten Nr. 49, Wenzel Peterschelka
Glashütten 17, Karl Hess, Glashütten Nr. 13, alle:
Post Girsch.

Nach diesem Vorfalle äusserte sich nun ein
bereits eingestellter Arbeiter, Josef Jünger aus
Weseritz Nr. 114: »Ich bin Kassier der soz. dem.
Partei und ich kann euch helfen. Ich versorge
euch Bücheln der sozialdemokratischen Partei und
garantiere, dass ihr sofort Arbeit bekommt. « Dies
können bezeugen: Albert Worschech, Glashütten
Nr. 18, Alois Worschech, Glashütten Nr. 6, Karl
Peterschelka, Glashütten Nr. 16, Alois Weiss,
Glashütten Nr. 25, Karl Hess, Glashütten Nr. 13
und Albert Teichner. Glashütten Nr. 49, Post:
Girsch.

Die Arbeitslosen der Gemeinde Trahona be-
schwerten sich nun auf dem Gemeindeamt in
Trahona. Das war an dem gleichen Tage; Sams-
tag den 27. VI. d. J. ging das Beziricsvertrerungs-


19

mitglied Josef Spona mit dem Gemeindevorsteher
von Trahona Raimund Teichner und einem Ver-
trauensmann der Arbeiter zum Vorarbeiter Fr.
Trüber wieder mit dem Ersuchen, die Arbeits-
losen aus der Gemeinde Trahona in die Arbeit
einzustellen. Der Vorarbeiter äusserte sich nun:
Nur solche Leute aufnehmen zu dürfen, die
Empfehlungsschreiben der Gendarmerie vorwei-
sen. Hierauf stellte das Gemeindamt ein schrift-
liches Ansuchen an das Gendarmeriekommando
in Girsch, den Arbeitslosen der Gemeinde Tra-
hona eine diesbezügliche Bescheinigung auszu-
stellen, damit diese in die Arbeit eintreten können.
Das Schreiben wurde durch einen Boten zuge-
stellt. Der Postenkommandant in Girsch, Ober-
wachtmeister Sik, sagte dem Boten, dass er kei-
ne solche Bescheinigung ausstelle, da er dazu
keinen Auftrag von der vorgesetzten Behörde ha-
be und übrigens sei die Einstellung von Arbeitern
eine Privatsache. Das Bezirksvertretungsmitglied
Josef Spona kann aber den Beweis erbringen,
dass dieser Gendarm am nächsten Tage einem
ledigen Burschen aus Mansdorf, Bez. Kralowitz,
mit Namen Ernst Schiller, ein solches Empfeh-
lungsschreiben in tschechischer Sprache ausstell-
te und dieser auch Montag, den 29. VI. d. J. in
die Arbeit eintreten konnte. Dagegen erhielten
Familienväter kein Empfehlungsschreiben und
wurden auch nicht in die Arbeit eingestellt.

Am Montag, den 29. VI. d. J. ging das Be-
zirksvertretungsmitglied Josef Spona mit dem
Gemeindevorsteher Raimund Teichner und den
arbeitslosen Arbeitern nochmals zu dem Vorar-
beiter Franz Trüber. Durch Vorstellungen aller
Art über das Verhalten der Gendarmerie er-
wirkten sie, dass nachher die Aufnahme der
meisten Arbeitslosen durch den Bauunternehmer
selbst erfolgte.

Wir stellen an den Herrn Innenminister und
den Herrn Minister für öffentliche Arbeiten die
Anfrage:

1. Sind die Herren Minister bereit, den ge-
rügten Sachverhalt erheben zu lassen?

2. Sind die Herren Minister bereit, alle Un-
terbehörden darüber aufklären zu lassen, dass
anlässlich der Arbeitsbeschaffung alle parteipoli-
tischen Erwägungen unzulässig sind?

3. Ist der Herr Innenminister bereit, gegen
den an den gerügten Amtshandlungen beteiligten
Gendarmen das Disziplinarverfahren einleiten zu
lassen?

Prag, am 12. Oktober 1936.

Sandner,

Holluhe. G. Böhm. Ing. Schreiber, Ing. Lischka,
Ing. Kürzel. Stangl. May. Dr Peters. Dr Rösche,
Dr Zippelius, Obrlik, Gruber, Ing. Karmasin, Ing.
Peschka, Dr Hodina. Illing. Birke, Röster, Sogl,
E. Köhler.

Pùvodní znìní ad 664/VI.

Interpellation

des Abg. Paul Nickerl
an den Minister für soziale Fürsorge

betreffend die Missachtung des Wahler-
folges der Sudetendeutschen Partei an-
lässlich der Zusammensetzung der Be-
zirks- und Gemeindesozialkommlssionen.

Der beispiellose Wahlerfolg der Sudetendeut-
schen Partei, Vorsitzender Konrad Henlein, vom
19. und 26. Mai 1935 erfordert es, dass die Ad-
ministrative diesen demokratischen Willen der
Bevölkerung zur Kenntnis nimmt und ihn auch
bei den Ernennungsakten in die Bezirks- und Ge-
meindesozialkommission beachtet.

Das dies nicht geschehen ist, sondern im Ge-
genteil, jede Erneuerung dieser Kommissionen ab-
gelehnt wird, hat diese Praxis in der öffentli-
chen Meinung des Sudetendeutschtums einen
Sturm der Entrüstung hervorgerufen. Diese Ent-
rüstung ist umso berechtigter, als nahezu jede
Behörde gegenüber dem Verlangen der Bevölke-
rung nach Abänderung des Personalstandes der
Bezirks- und Gemeindesozialkommissionen einen
anderen Standpunkt einnimmt. So erklären zum
Beispiel die Bezirksbehörden Kaplitz, Bischoftel-
nitz, Senftenberg, Böhm. Leipa, Datschitz. Press-
nitz: Die Funktionsdauer ist nicht abgelaufen,
daher besteht auch kein Grund, die Kommissionen
aufzulösen und neu zu ernennen.

Die Bezirksbehörden Komotau und Königin-
hof erklären: Das Wahlergebnis vom 19. und 26.
Mai 1935 ist für die Zusammensetzung der Be-
zirks- und Gemeindesozialkommissionen ohne
Einfluss.

Die Bezirksbehörde in Tachau erklärt: Die
Aufträge der Landesbehörde müssen abgewartet
werden.

Die Bezirksbehörde Graslitz erklärt: In den
Erlässen des Ministeriums für soziale Fürsorge
ist keine Bestimmung über die Erneuerung der
Bezirks- und Gemeindesozialkommissionen ent-
holten.

Die Bezirksbehörde Teplitz-Schönau erklärt:
Diese Kommissionen werden weder gewählt noch
ernannt, sondern lediglich durch fachliche Ver-
fügungen des Ministeriums für soziale Fürsorge
getroffen.

Die Bezirksbehörde in Falkenau erklärt: Die
Kommissionen werden nicht nach einem beson-
deren Schlüssel zusammengesetzt, sondern das
bürgerliche Element wird in ihnen durch die Ver-
treter der Arbeitnehmer und Arbeitgeber reprä-
sentiert. Trotzdem wurden in Pochlowitz, Bezirk
Falkenau, Neuernennungen durchgeführt.


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