Wir wollen uns aber heute nicht dem ordentlichen Budget und seiner
Bedeckung zuwenden, sondern dem außerordentlichen Budget
und seiner Bedeckung, und über die Wirkung der neuen Steuern
nicht sprechen.
Bei der Besprechung des Voranschlages für 1938 habe ich laut
stenographischen Protokoll folgendes erklärt (ète):
"Nicht nur durch die Besteuerung nimmt die Staatswirtschaft
hemmend auf die Entwicklung der Privatwirtschaft Einfluß,
sondern auch durch die wachsende staatliche Inanspruchnahme des
Kreditmarktes." In Erweiterung der Feststellung des Finanzministers,
daß es namentlich die Ansprüche des Staates für
die Staatsverteidigungserfordernisse waren, die im Herbst 1937
eine gewisse Verknappung der disponiblen Mittel herbeigeführt
haben, stellte ich fest (ète): "Die letzten
Spaareinlagen in unseren Sparkassen und Volkskreditanstalten werden
vom Staate in Anspruch genommen. Jeder Staatsbürger, der
noch über einen Spargroschen verfügt, zeichnet heute
Staatsanleihe oder Staatskassenscheine. Der Unterschied liegt
nur darin, daß es der eine bewußt tut, während
es für den anderen unter staatlichem Druck sein Geldinstitut
tun muß. Welche Folgen aber diese Kreditverknappung mit
sich bringt, haben wir gerade in den letzten Deflations- und Krisenjahren
auf das deutlichste miterlebt."
Die hohe Zensurbehörde dieses Hauses hat es damals für
notwendig gehalten, diese Sätze meiner Rede aus dem stenographischen
Protokoll zu konfiszieren. Wie berechtigt jedoch meine Feststellungen
waren, zeigen die jüngsten finanzpolitischen Pläne der
Regierung. Die Auswirkungen der èechoslovakischen Finanz-
und Währungspolitik auf die sudetendeutsche Wirtschaft und
damit auf das ganze Sudetendeutschtum, stellen seit dem Bestande
des Staates eine ununterbrochene Kette von Enteignungsmaßnahmen
dar, die uns zum äußersten Mißtrauen und zur
größten Vorsicht bei der Betrachtung jeder neuen geplanten
Maßnahme zwingt.
Wenn Kollege Hatina estern erklärte, wir Deutschen
müssen uns damit abfinden, daß nach 20 Jahren des Bestandes
des Staates die èechoslovakische Regierung nun das einholt,
was sie früher versäumte, so mögen meine weiteren
Ausführungen den Herrn Kollegen Hatina avon überzeugen,
daß die Regierung hier ganz und gar nichts versäumt
hat und daß die Regierung hier überhaupt nichts einzuholen,
sondern nur noch wiedergutzumachen hat. (Sehr richtig!) Und
wenn auch Kollege Bergmann estern die Tatsachen dadurch
verwischen wollte, daß er eine ganze Reihe von nichtüberprüfbaren
Zahlen dem Hause zur Kenntnis brachte, so müssen wir doch
feststellen, daß die Verhältnisse tatsächlich
andere sind. Wir wundern uns, daß Herr Kollege Bergmann
ich wiederum mit der Frage der staatlichen Arbeiten und Lieferungen
befaßt hat und daß er angesichts der Tatsachen festzustellen
wagte, daß die sudetendeutschen Gebiete nicht nur anteilgemäß,
sondern sogar über den Anteil hinaus, berücksichtigt
worden wären. Ich habe an Hand der Daten der amtlichen "Zprávy
veøejné služby technické" in diesem
Hause zahlenmäßig nachgewiesen, daß das Sudetendeutschtum
im sudetendeutschen Raume selbst auf das schwerste benachteiligt
ist. Ich habe vor nicht langer Zeit eine Mitteilung darüber
der Öffentlichkeit üb ergeben, daß diese Verhältnisse
sich auch nach dem 18. Feber 1937 keineswegs geändert haben.
Auch nach dieser Zeit ist der Anteil der sudetendeutschen Bewerber
an der Erstehung öffentlicher Arbeiten und Lieferungen im
sudetendeutschen Gebiet ständig nicht über 24% hinausgegangen.
Wenn nun Kollege Bergmann rklärt, daß die deutschen
Selbstverwaltungskörper, vor allem die Bezirke und Gemeinden
bevorzugt bei der sogenannten Schuldenregelung berücksichtigt
würden, so beweisen die Nachrichten der Landesbehörde,
die ich hier im Original vorliegen habe, daß diese Behauptung
nicht richtig ist. Ich kann in Erwiderung auf den Herrn Kollegen
Bergmann, den èechischen Nationalsozialisten, Folgendes
mitteilen:
Nach den Darlegungen des Herrn Kollegen Bergmann tellt
die Schuldenregelung gewissermaßen ein Geschenk an die deutschen
Gemeinden und Bezirke dar. Das Gegenteil ist aber richtig und
kann durch folgende Zahlen bewiesen werden: In die Schuldenregelung
sind insgesamt aufgenommen Bezirke mit 2.286 Anleihen, mit einer
Gesamthöhe des Kapitalrückstandes von 763,515.000 Kè.
Weiters sind einbezogen 343 Gemeinden mit 2.537 Anleihen, in einer
Gesamthöhe der Kapitalrückstände von 724.9 Millionen
Kè, insgesamt also 434 öffentlich-rechtliche Verbände
der Selbstverwaltungen mit 4823 Anleihen in der Gesamthöhe
von rund 1.448,404.000 Kè. Davon sind bei den Bezirken
von 91 Bezirken 29 deutsche Bezirke mit 522 Anleihen in der Gesamthöhe
von 99,958.000 Kè, das sind also nur in Böhmen 13
% der durch die Schuldenregelung erfaßten Bezirke.
Bei den Gemeinden, meine sehr verehrten Herren, sind es von 343
Gemeinden 113 mit deutscher Mehrheit mit 899 Anleihen von 183,510.036
Kè, das sind 25.3 %. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen,
daß der Bevölkerungsanteil der Deutschen in Böhmen
- und die obigen Zahlen beziehen sich nur auf Böhmen - 33
% ausmacht.
Aus den Zahlen geht also hervor, daß die deutschen Bezirke
trotz der großen Not im deutschen Gebiet verhältnismäßig
gut gewirtschaftet haben, jedenfalls verhältnismäßig
viel besser gewirtschaftet haben (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Váávra.),
als die èechischen Bezirke und Gemeinden, denn sonst müßten
wir ja anteilsmäßig viel stärker bei der Schuldenregelung
vertreten sein, als wir tatsächlich sind.
Zu den Ausführungen des Kollegen Bergmann st weiters
zu bemerken, daß die außerordentliche Schuld nregelung,
von der er nier spracn, ubernaupt noch nicht durchgeführt
worden ist. Mit dieser Feststellung glaube ich diesen Teil der
Polemik abschließen zu onnen.
Wenn ich mich nun in meinen Ausführungen den finanzpolitischen
Maßnahmen zuwende, so muß ich feststellen, daß
die erste Etappe dieser finanzpolitischen Maßnahmmen die
Regelung der Kriegsanleihe war. Alle diese Maßnahmen stellen
ja nichts ande es als eine ununterbrochene Kette von Enteignungsmaßnahmen
dar. Die Èechoslovakei übernahm zwar in vollem Ausmaße
die Rechte, nicht aber die Pflichten des alten österreich-ungarischen
Staates. Die Kriegsanleiheschuld wurde nur in jenen Fällen
anerkannt, in denen die Gläubiger neue Staatspapiere übernahmen.
Da dies für den größten Teil der verarmten und
ausgebeuteten Bevölkerung nach dem Kriege nicht mnöglich
war, bedeutete die Übernahme der Kriegsanleihe die Vernichtung
des kleinen Sparers und des Mittelstandes. Die politischen und
kulturellen Rückwirkungen dieser Vernichtung, dieser Enteignungsmaßnahmen,
haben dem öffentlichen Leben dieses Staates bis auf den heutigen
Tag mit sein soziales, politisches und wirtschaftliches Gepräge
gegeben, das wir nach 20 Jahren Staatlicl eit heute noch festststellen
konnen.
Das zweite Glied in dieser Kette der finanzpolitischen Enteignungsmaßnahme
bildet die Stabilisierung der Kè im Jahre 1922. Nach der
Währungstrennung im Feber 1919 notierte die Krone in der
Schweiz einen halben Schweizer Franc. Von diesem Termin an setzte
eine ununterbrochene Abwertung der èechoslovakischen Währung
ein, die mit 0ÿ05 Schweizer Franc ihren Tiefstand erreichte.
Da setzte unvermittelt im Jahre 1922 Rašín
mit seiner Aufwertungspolitik ein. Innerhalb von 24 Stunden wurde
der Kurs der èechoslovakischen Krone von 5 schw. Cent.
auf 19.7 Cent. hinaufgeturnt und später auf 15 Cent. stabilisiert.
Die Wirkung dieser ersten Deflation war der Verlust von 2/3 der
Auslandsforderungen der sudetendeuts hen Exportindustrie. Sie
war aber auch gleichbedeutend mit der Aufwertungg. um 2/3 der
Inlandsverschuldung, insbesondere der deutschen Wirtschaft. Die
Idustrie, die nach der langen Kriegszeit zur Reorganisierung ihres
Produktionsapparates geschritten war, mußte dazu in den
meisten Fällen Bankkredite in Anspruch ehmen. Durch die erste
Aufwertung der èechoslovakischen Krone erfolgte auch gleichzeitig
eine Aufwertung der Verschuldung der Wirtschaft um 66%. Die Folge
dieser Deflationspolitik waren zahlreiche Industriezusammenbrüche,
aber auch die nun entstandene und wohl auch beabsichtigte Abhängi
gkeit der sudetendeutschen Wirtschaft vom internationalen und
insbesondere vom èechischen Bankkapital. Die Konjunktur
der Jahre 1925 bis 1929 half zwar einen Teil dieser Schäden
der finanzn politischen Gewaltmaßnahmen überwinden.
Sie ermöglichte es auch einem Teil der deutschen Industrie,
sich wieder aus der Abhängigkeit vom èechischen Ba
nkkapital zu befreien. Ganz sind diese Schäden aber nicht
überwunden worden.
Das dritte Glied in dieser Kette ist die Deflationspolitik während
der Krisenzeit. Ohne Rücksicht auf die Grenzen der Tragfähigkeit
und Notwendigkeit betrieb der Staat eine überdemensionierte
Verschw endungswirtschaft, die durch ihre Steuern die Produktion
verteuerte und damit den Export einschränkte. Gleichzeitig
wurde eine Geld- und Kreditknappheit künstlich herbeigeführt,
die den Geldwert der Kè neuerdings hinauftrieb, während
logischerweise damit die Produktionsmittel entwertet wurden. Auf.
diese Weise gelangte die sudetendeutsche Wirtschaft neuerdings
in die Hände des Bankkapitals. Betriebsstillegungen, Kartellbildungen
und Verteuerungen der Produktion waren die soziologischen und
wirtschaftlichen Folgen dieser Maßnahmen. Erst als die Deflationspolitik
dieser ersten Krisenjahre der Existenz der staatlichen Wirtschaft
im allgemeinen gefährlich zu werden drohte, entschloß
man sich im Jahre 1934 zur ersten Abwertung der Kè. Und
weil diese Abwertung konzeptionslos erfolgte und ungenügend
war, mußte man im Jahre 1936 die zweite Abwertung der Kè
vornehmen. Die auch für gewisse Zweige der sudetendeutschen
Wirtschaft günstige Entwicklung der letzten Jahre ist aber
auch keineswegs auf konstruktive, wirtschaftliche Maßnahmen
der Regierung, sondern vor allem darauf zurückzuführen,
daß es der Wirtschaft und insbesondere der sudetendeutschen
Exportwirtschaft gelang, den Anschluß an die weltwirtschaftliche
Aufwärtsentwicklung zu finden. Die Analyse der èechoslovakischen
Wirtschaftsentwicklung zeigt klar: daß erstens die der Exportindustrie
zugefügten Schäden nicht beseitigt wurden. Zweitens
daß deshalb die Arbeitslosigkeit gerade in den sudetendeutschen
Exportindustriegebieten unverhältnismäßig groß
geblieben ist und drittens, daß es sich bei der Wirtschaftsbelebung
des Jahres 1937, auf die Sie alle so stolz sind, keineswegs um
eine echte Konjunktur handelt, sondern daß vor allem die
Durchführung großer Rüstungsaufträge und
Investitionsprogramme im Innern des Landes eine überdurchschnittliche
Belebung eben dieser èechischen Gebiete gebracht haben.
Bei dieser Situation haben wir die Worte des Finanzministers begrüßt,
der in seinem Exposé bei der Behandlung des Staatsvoranschlages
für das Jahr 1938 Folgendes äußerte (ète):
"Die Regierung, durch die Krise belehrt, hat sich das
Ziel gesteckt, die Arbeitsgelegenheiten auszudehnen und für
eine gesunde Wirtschaftsentwicklung zu sorgen. Die Erfüllung
dieses Programmes hätte die Regierung veranlassen müssen,
nicht nur vor allem die Rüstungsindustrie und die Verteidigungsmaßnahmen
bedigungslos zu fördern, sondern diese Förderung auch
dem Sektor der friedlichen Wirtschaft und vor allen Dingen der
sudetendeutschen Exportwirtschaft zuzuwenden. Dazu gehört
aber auch die Pflege des privaten Kreditmarktes und dazu gehört
vor allem auch die Respektierung des privatwirtschaftlichen Kreditbedürfnisses."
Daß die Regierung nicht beabsichtigt, dieses Programm durchzführen,
beweist der Gesetzvoranschlag des Finanzministeriums, der nach
jüngsten Pressemeldungen dem interministeriellen Verfahren
in den letzten Tagen zugeleitet wurde. Dieser Entwurf befaßt
sich mit der zwangsweisen Sicherstellung des ungeheueren Kreditbedarfes,
den der Staat für Rüstungszwecke hat. Der Entwurf bewei
st aber auch, daß die Regierung gar nicht daran denkt, für
eine gesunde Wirtschaftsentwicklung zu sorgen. [ ]. Von offizieller
Seite wurde in der letzten Zeit wiederholt festgestellt, daß
es unmöglich sei, einen Auslandskredit für die außerordentlichen
Rüstungsmaßnahmen zu erhalten. Es wurde aber auch festgestellt,
daß die Regelung einer langfristigen Anleihe auf dem Inlandsmarkte
unmöglich ist, da der Anleih emarkt nach der Emission der
Verteidigungsanleihe vom Jahre 1936 für eine neue Anleihewerbung
noch nicht reif genug sei. Mit dieser letzten Feststellung wird
von offizieller Seite selbst folgendes zugegeben: Erstens daß
das Vertrauen der Bevölkerung für eine weitere Rüstungsanleihe,
die so kurze Zeit nach der Verteidigungsanleihe des Jahres 1936
aufgelegt werden müßte, nicht vorhanden ist. Zweitens,
daß die zu geringe Kapitalsneubildung die Aufnahme einer
langfristigen Rüstungsanleihe nicht ermöglicht.
Trotz dieser Erkenntnis und trotz feierlicher Erklärungen,
daß es in di esem Staate niemals zu einer Zwangsanleihe
kommen würde, greift man jedoch in indirekter Weise zu diesem
Mittel. Bei dem vorgeschlagenen Gesetz handelt es sich darum,
die Geldinstitute zu zwingen [ ], ohne Rücksicht auf die
Kreditbedürfnisse der Privatwirtschaft Staatspapiere zu kaufen
Bei der besonderen Struktur der sudeten-. deutschen Wirtschaft
und des sudetendeutschen Geldwesens bedeutet aber dieses Vorhaben
einen Angriff auf das Sudetendeutschtum, der sich würdig
in die Kette jener finanzpolitischen Maßnahmen einreiht,
von denen ich bereits gesprochen habe. Nach diesem Plan sollen
die Geldanstalten gezwungen werden, 12 bis 22 % vom Stande der
Bücheleinlagen und der Kass ensch, seine in langfristigen
Staatspapieren anzulegen. Bei Sparkassen soll dieser Prozentsatz
sogar 22 bis 25 % erreichen. In noch höherem Maße werden
selbstverständlich die Landeskreditinstitute und die Postsparkassa
herangezogen und vor allem die Sozialversicherung, und die Versicherungsinstitute
sollen mindestens 70 % ihres Zuflusses bis zum Jahre 1942 in Staatspapieren
anlegen. (Posl. Birke: Der Schwarz will noch Tanks!) Damit
er mit den Tanks spazierenfahren kann.
Hand in Hand mit diesen Maßnahmen geht die Einschränkung
der Kreditmöglichkeiten für öffentlich rechtliche
Korporationen und für die autonomen Selbstverwaltungskörperschaften.
Diese Verbände und insbesondere die Bezirke und Gemeinden
sind von jeher wichtige Auftraggeber und wichtige Mittel bei der
Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gewesen. Nun werden die Kredite
über 500.000 Kè für diese Institutionen nur noch
mit Bewilligung des Finanzministeriums möglich sein. Ganz
abgesehen von der Tatsache, daß jene Körperschaften
auch bisher nur Kredite mit Zustimmung der übergeordneten
Aufsichtsorgane aufnehmen konnten, muß festgestellt werden,
daß diese geplanten Einschränkungsmaßnahmen sicherlich
nur getroffen wurden, um die Kreditaufnahmen für diese Korporationen
so sehr als möglich zu erschweren und wenn möglich überhaupt
unmöglich zu machen. Wenn man darauf hinweist, daß
durch diese Maßnahmen das Geld der Arbeitsbeschaffung, die
man hier plant, nicht entzogen wird, weil es ja den Rüstungsinvestitionen
zugeführt wird, so irrt man sich. Denn erstens sind die Rüstungsinvestitionen
viel zu unproduktiv, als daß sie über die einmalige
Arbeitsbeschaffung hinaus zur Steigerung der Kaufkraft und des
Konsums beitragen können. (Posl. dr Klíma: Øeknìte
to Hitlerovi, ne nám!) Lieber Herr, Sie müssen
sich einmal mit der wirtsch aftspolitischen Struktur des Deutschen
Reiches vertraut machen, ehe Sie einen solch unbesonnenen Zwischenruf
machen können. Sie sehen an der wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung
in Deutschland, daß der Anteil des Rüstungssektors
verschwindend klein ist, verschwindend klein gegenüber dem
Rüstungssektor der èechischen Wirtschaft. Das verstehen
Sie allerdings nicht, sonst würden Sie nicht so vor sich
hinkichern.
Ich wiederhole also, daß diese Rüstungsinvestitionen
viel zu unproduktiv sind, als daß sie über die einmalige
Arbeitsbeschaffung hinaus eine Kaufkraft und Konsumsteigerung
zur Folge hätten. (Výkøiky posl. dr Klímy.)
Sie können sich dann zum Worte melden, es steht mir nicht
dafür, darauf zu reagieren - also weil diese Rüstungsinvestitionen
nicht in der Lage ssind, über die einmalige Arbeitsbeschaffung
hinaus eine steigende Tendenz der Kaufkraft und des Konsums herbeizuführen;
zweitens erfolgen die Rüstungsinvestitionen vor allem im
èechischen Wirtschaftsraum und der sudetendeutsche Arbeitsmarkt
wird durch diese Rüstungsinvestitionen so gut wie überhaupt
nicht entlastet. (Výkøiky.) Dazu können
Sie dann Stellung nehmen, wenn Sie das Gegenteil beweisen wollen.
Diese einschränkende Bestimmung wird es also den sudetendeutschen
Selbstverwaltungskörpern in Hinkunft bis zur Unmöglichkeit
erschweren, produktive Investitionen vor zunehmen und damit die
Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. In derselben Richtung aber
liegen die Auswirkungen der sogenannten Manipulation des Geldmarktes,
unter welchem schönen Worte sich die zwangsweise Plazierung
von Staatspapieren bei den Geldanstalten verbirgt. (Posl. Klieber:
Parallel zur politischen Manipulation.) Jawohl. Um die Auswirkungen
dieses Planes auf die sudetendeutsche Geldwirtschaft zu ermessen,
muß der bisherige Wertpapierbestand betrachtet werden. Nach
den Ausweisen, die allerdings nur bis zum Stande vom 31. Dezember
1936 reichen, betrug der Wertpapierbestand bei den deutschen Sparkassen
19 % der Einlagen, bei den landwirtschaftlichen Bezirks-Spar-
und Vorschußkassen 4 %, bei den bürgerlichen Vorschußkassen
7 %, bei den gewerblichen Vorschußkassen 2% und bei den
Raiffeisenkassen 4%. Es geht nicht klar hervor, wie groß
der Anteil der Staatspapiere an diesem Gesamtblock der Wertpapiere
ist. Man kann aber annehmen, daß dieser Anteil der Staatspapiere
bei den Sparkassen vier Fünftel und bei den genossenschaftlichen
Geldanstalten nur zwei Drittel des gesamten Wertpapierblocks ausmachte.
Je größer der Anteil der nichtstaatlichen Papiere ist,
umso fürchterlicher ist die Rückwirkung des von der
Regierung geplanten Vorhabens. Die Summe der Einlagen der aufgezählten
Geldanstalten betrug am 31. Dezember 1936 10.646 Millionen, die
Summe der Wertrtpapiere betrug 1.335 Millionen. Daraus folgt nun,
daß der Zwangsvorschrift entsprechend die deutschen Geldanstalten
bis zum Jahre 1942 mehr als 1 Milliarde Kè Bargeld aus
der ausgebluteten sudetendeutschen Wirtschaft herauszuholen haben.
Insbesondere wird dieser Zwang gerade die landwirtschaftlichen
Vorschußkassen, die gewerblichen Vorschußkassen und
die Kreditgenossenschaften betreffen, die für den kleinen
Mann von besonders weittragender Bedeutung sind. Wohin soll sich
denn der kleine Gewerbetreibende, Kaufmann oder Bauer wenden,
wenn nun ihr Kreditbedürfnis befriedigt werden soll? Zu den
Aktienbanken können sie nicht gehen, weil die sich mit so
kleinen Leuten gar nicht befassen. Zu den eigenen Geldanstalten
können sie gehen, der Gang wird aber erfolglos sein, weil
die Maßnahmen, die die Regierung plant, die Kreditgabetätigkeit
dieser Anstalten einfach lahmlegen.
Für das Sudetendeutschtum aber, das dem konzentrischen Angriff
des èechischen Wirtschaftsimperialismus ausgesetzt ist,
bedeutet die geplante Maßnahme die Vernichtung der letzten
Selbsterhaltungsmöglichkeit. Wenn man diese Milliarde Barmittel
aus dem Sudetendeutschtum herauspreßt, dann ist es klar,
daß auf Jahre hinaus nicht nur fast jede Kreditgewährung
für Industrie, Handwerk, Handel oder Landwirtschaft unmöglich
gemacht wird, sondern daß im Gegenteil sogar die Geldinstitute
gezwungen sein werden, gegebene Kredite zurückzurufen, um
die erforderlichen Barmittel herbeizuschaffen. [ ]. Die Folgen
dieser Maßnahmen sind gleichbedeutend mit den katastrophalen
Folgen der jahrelangen Deflationspolitik, die zu einer ungeheueren
Entwertung des sudetendeutschen Sachkapitals geführt hat.
[ ].
Wenn man darauf hinweist, daß die èechischen Geldanstalten
bereits heute perzentuell soviel Staatspapiere haben, die deutschen
Sparkassen in Zukunft haben sollen, so ist das kein Wunder. Man
darf nicht vergessen, daß sich die sudetendeutschen Geldinstitute
von den Nachwirkungen der Wirtschaftskrise noch lange nicht erholt
haben. Der Stand der Spareinlagen hat in den meisten Fällen
den Stand des Jahres 1929 noch nicht wieder erreicht. Zu einer
neuen Veranlagung zugewachsenen Sparkapitals konnte es daher selbstverständlich
gar nicht kommen. Ein treffendes Bild der Entwicklung des sudetendeutschen
Geldwesens liefert uns die Gebarung der 151 deutschen Sparkassen,
die im deutschen Sparkassenverband zusammengeschlossen sind. Diese
deutschen Sparkassen haben in den Jahren 1932, 1933 und 1934 im
ganzen rund 880 Millionen, und wenn man die kapitalisierten Zinsen
mit dazu rechnet, 1.560 Millionen, also mehr als 11/2 Milliarden
Kè an Einlagen verloren. Der Einlagenstand dieser Sparkassen
betrug Ende 1936 5.641 Millionen Kè. Vergleichen wir diesen
Einlagenstand mit dem größten Einlagenstand, den die
deutschen Sparkassen Ende 1931 mit 6.454 Millionen erreichten,
so ergibt sich eine Differenz von 813 Millionen. Unter Zugrundelegung
der neuesten Einlagerechnung für Ende 1937 er gibt sich bei
einem Einlagenstand von 5.779 Millionen noch immer ein Fehlbetrag
von 675 Mi lionen gegenüber dem Stande von 1931.
Da sich die offiziellen Stellen so stark auf die Neubildung vor
Sparkapital berufen, so sei hinsichtlich der deutschen Sparkassen
Folgendes festgestellt: Im Jahrre 1934 hat nur bei 6 Sparkassen
die Neueinlage die Behebungen überschritten. 1935 waren es
46 Anstalten und 1936 wiederum nur noch 28 Anstalten, die
einen Einlagenzuwachs aufzuweisen hatten. Das Gesamtbild der Kapitalsbewegung
der 151 Sparkassen stellt sich mit Ende 1936 wie folgt dar: Die
Behebungen überwogen die Einlagen, sodaß es noch in
diesem Jahre zu einem reinen Einlagenausfall kam, der mit ca 159.4
Millionen anzusetzen ist. Allein der Zuschlag der kapitalisierten
Zinsen im Betrage von 160 Millionen bewirkte es, daß in
diesem Jahre der gesamte Einlagenausfall buchmäßig
nur 3.4 Millionen betrug.
Ich begrüße es, daß sich im Hause der Herr Finanzminister
eingefunden hat, und ich hoffe, daß er diese Zahlen zur
Kenntnis nimmt, weil sie ihn endguültig von der Annahme befreien
können, daß es im sudetendeutschen Gebiete einen maßgeblichen
und spürbaren Einlagenzuwachs bei den Anstalten gibt. Überhaupt
wird das Bild der letzten Jahre allein durch den Zuschlag der
kapitalisierten Zinsen günstig beeinflußt. Würde
man diese kapitalisierten Zinsen dem vorhandenen Kapital nicht
zuschlagen, so äre das Bild außerordentlich trist.
Unter Außerachtlassung dieser kapitalisierten Zinsen ist
seit dem Jahre 1932 ein fortgesetzter Einlagenrückgang aufzuwei
sen. Nur im Jahre 1937 ist ein kleiner Einlagenzuwachs von 0ÿ3
% des veranlagten Kapitals festzustellen, der lediglich dem Werte
von 17 Millionen Kè entspricht. Bei der Besprechung der
Situation der deutschen Sparkassen können wir es nicht unterlassen,
vor aller Öffentlichkeit Folgendes festzustellen: Mit Zustimmung
der deutschen Splitterparteien wurde die Centralbank der Deutschen
Sparkassen unter großen Verlusten für das gesamte Sudetendeutschtum
liquidiert. Eine Sanierung kam angeblich auch deshalb nicht in
Frage, weil die Centralbank, auch nach Ansicht der deutschen Splitterparteien,
nicht lebensfähig war. Die deutschen Sparkassen aber wurden
gezwungen, sich der èechischen Sporobanka anzuschließen
und bei dieser Bank Pflichteinlagen im Gesamtbetrag von 150 Millionen
Kè zu erlegen. Diese Einlagen sind auch tatsächlich
Ende 1937 vorgenommen worden. Die Tatsache, daß diese Einlagen
vorgenommen werden konnten, beweist unumstößlich und
eindeutig, daß eine deutsche Girozentrale lebensfähig
gewesen wäre und daß wir es nur dem Vernichtungswillen
des Systems und der Interesselosigkeit und der Unvernunft der
deutschen Regierungsparteien zu verda nken haben, wenn diese Girozentrale,
die Zentralbank nicht mehr besteht.
Das gleiche geht auch von der deutschen Emissionsanstalt, der
Zentralbank. Trotzdem die Emissionsanstalt auch während des
Moratoriums der Zentralan talt ihre ebensfähigkeit voll und
ganz bewiesen hat, weil sie in der Lage war, während des
Moratoriums den Zinsendienst aufrecht zu erhalten, und weil die
eventuellen Risken durch gute Reserven mehr als gedeckt waren,
hat man diese einzige deutsche Emissionsanstalt, deren Bedeutung
insbesondere auf dem Gebiete des Kommunalkredites lag, mit Zustimmung
der deutschen Splitterparteien liquidiert und in die Zentralbank
der deutschen Sparkassen übergeleitet. Obgleich die deutschen
Sparkassen durch die erwähnten Pflichteinlagen ein Viertel
aller Einlagen bei dieser Centralbank der èechoslovakischen
Sparkassen eingelegt haben, sind sie in den Verwaltungsorganen
interessanterweise nur mit einem Zehntel vertreten. An diesem
Zustande kann auch dank eines fürsorglich aufgestellten Statutes
die heute erfolgende Zeichnung von Aktien der Sporobanka nichts
mehr ändern. Das sudetendeutsche Geldwesen ist unter dem
Motto " Gleiche unter Gleichen" bei dieser Anstalt auf
weitere Zeit mit 10 % vertreten. Die Güte dieser Vertretung
in den Verwaltungsorganen wird auch dadurch keineswegs gewährleistet,
daß sich unter den zwei Vertretern nur ein einziger Fachmann
befindet, dafür aber der sozialdemokratische Parteisekretär
Kremser, der von seinen Parteikollegen in Position gebracht wurde.
Wenn wir uns nun wieder der Einlagenbewegung der deutschen Geldanstalten
zuwenden und hier feststellen, daß es zur Neubildung von
Sparkapital bisher in keinem befriedigendem Maße gekommen
ist, müssen wir es als ganz unerhört empfinden, daß
nach dem Gesetzesvorschlag die Geldinstitute auch dann, wenn ihre
flüssigen Mittel nicht ausreichen, dazu gezwungen werden
sollen, 50 % des Einlagenzuflusses bis zum Jahre 1942 zum Ankauf
von Staatspapieren zu verwenden. Durch diese Bestimmung werden
mehr als 20 % der Volksgeldanstalten des sudetendeutschen Geldwesens
getroffen. So haben z. B. kleine genossenschaftli he Geldanstalten
bei einem Wertpapierbestand von Null bis 7 % der Einlagen nur
8 bis 10 % flüssige Bar mittel. Diesen Barbestand müssen
sie selbstverständlich aus Geschäftsgründen liquid
erhalten und können ihn nicht zum empfohlenen Ankauf von
Staatspapieren benützen. Wenn man bei dieser Situation bedenkt,
daß von den zuwachsenden Einlagen ohnedies bereits 10 %
an das RReescompteinstitut abgeführt werden müssen,
so bedeutet die neue Zwangsmaßnahme eine Einschränkung
des privaten Kreditmarktes um volle 60 %.
Die Aufgabe der Volkskreditanstalten besteht nicht nur darin,
das Sparve rmögen der Bevölkerung mündelsicher
anzulegen und zu verwalten, sondern auch darin, dieses Sparvermögen
dem Kreditbedürfnis der Bevölkerung wiederum zum Wohle
der Volkswirtschaft zufließen zu lassen. Heute schon kann
dieses Bedürfnis bis zu einem gewissen Maße nur durch
Rückfluß erfüllt werden, denn heute sind die Geldanstalten
vor allem darauf angewiesen, aus Rückflüssen der Einlagen
wenigstens zum Teile die Kreditbedürfnisse zu befriedigen.
Der Hypothekenmarkt muß durch diese Zwangsmaßnahmen
schwer betroffen werden. Die Wirkungen auf den bauwirtschaftlichen
und den industri ellen Sektor der Wirtschaft und damit auch auf
die gesamte Sozialpolitik sind gar nicht abzusehen. Die Kapitalsneubildung
ist, wie ich gezeigt habe, keineswegs derart, daß diese
geplante skrupellose Abschöpfung des Kreditmarktes für
Rüstungszwecke die Privatwirtschaft nicht schwer betreffen
und einschränken müßte. [ ].
Als der Voranschlag für jenes Jahr beraten wurde, über
dessen Rechnungsabschluß wir heute debattieren, stellte
der Berichterstatter vier Grundgedanken in seinem Exposé
auf: 1. erklärte er, daß keine ordentliche Wirtschaft
mehr ausgeben darf, als sie einnimmt; 2. stellte er fest, daß
es einem jeden verantwortlichen Menschen klar ist, daß der
Staat eine weitere Belastung nicht verträgt; 3. erklä
rte er, daß auf Pump nur bis zu einem gewissen Maße
gewirtschaftet werden kann und daß dieses Maß bereits
überschritten sei; 4. stellte er die Frage, ob wir, wenn
wir diesen Weg fortsetzen, nicht an den kommenden Generationen
sündigen, denen wir eine riesige Zinsen- und Amortisierungsverpflichtung
auflasten. Die staatliche Finanzpolitik hat sich diesen gesunden
Grundsätzen niemals angepaßt. Der Staat gibt auch weiterhin
mehr aus, als er einnimmt. Die Erhöhung der Belastung ist
weiter bis zur Preisgabe des gegenwärtigen Lebensstandards
fortgeschritten, sodaß wir die Fortsetzung dieser Politik
als einen Marsch in die Verarmung bezeichnen können. [ ].
Die letzte Frage des Berichterstatters aber muß auch von
uns heute endgültig bejaht werden. Das herrschende System
ve rsündigt sich an den kommenden Generationen, vor allem
deshalb, weil die Politik der Verschuldung und Verarmung den Staat
auch politisch an den Rand des Abgrundes führt. Wir sind
der Ansicht, daß diese Politik nicht der einzig mögliche
Weg für die Erhaltung der staatlichen Souveränität
ist. (Sehr richtig!) Wir sind vielmehr der Überzeugung,
daß einzig und allein die Neuorientierung Ihrer politischen
Haltung gegenüber dem Deutschtum im Inland und im Ausland
Ihnen die Voraussetzungen für eine auf innere Kraft gestützte
und damit allein wahrhafte Souveränität bietet. (Potlesk
poslancù strany sudetskonìmecké.)