Hohes Haus! Wir lehnen die Vorlage 1179 ab, weil sie das Unrecht,
das an den Arbeitslosen und an den Gewerkschaften begangen wurde,
nicht rückgängig macht. Wir verlangen die Aufhebung
der Notverordnungen, die den Arbeitslosen die Unterstützungen
kürzten, die Gewerkschaften finanziell ruinierten und die
Administrative außerordentlich erschwerten. Wir verlangen,
daß im Genter System wiederum der Zustand von 1930 herbeigeführt
wird. Die Arbeitslosen wie auch die Gewerkschaften haben bisher
die schwersten Opfer gebracht, die ganzen Lasten des Genter Systems
mußten sie tragen, die Unternehmer blieben verschont. Obwohl
die Unternehmer ihre Betriebe rationalisierten, ungeheuere Profite
einsteckten, wurden sie zu der Beitragsleistung nicht herangezogen.
Es wurden Abstriche an den Staatszuschüssen gemacht, es wurden
zehntausende Arbeitslose aus der Unterstützung überhaupt
hinausgeworfen, so daß der Staat eigentlich Millionen an
den Arbeitslosen erspart hat.
Ich habe einige konkrete Fälle hier vom Industrieverband
der Bauarbeiter, aber auf Grund der kurzen Redezeit werden wir
von der speziellen Behandlung Abstand nehmen und werden dem Ministerium
für soziale Fürsorge das Material übergeben.
Es ist unerhört, daß man Kleinhäuslern oder Besitzern
von einem Stück Boden oder jemandem aus Gründen der
Nebenbeschäftigung den Staatszuschuß verweigert. Die
Gendarmerie macht ihre Erhebungen, das Ministerium für soziale
Fürsorge streicht den Arbeitslosen auf Grund dieser Gendarmerierelationen
die Unterstützungen, obwohl diese Maßnahmen in direktem
Widerspruch zum Gesetz 267 vom 19. Juli 1921 stehen, denn im §
2 steht, daß der Gewerkschaftler, der im Besitze
einer Unterstützung steht, auch Anspruch auf den Staatszuschuß
besitzt.
Besonders schlimm sind die Arbeiter aus der Schwerindustrie daran.
Sie können die schwere Arbeit nicht mehr leisten und müssen
eine Bestätigung erbringen, daß sie noch zu einer Arbeit
fähig sind. In einer anderen Branche kommen sie nicht unter,
so daß der größte Teil dieser Gewerkschaftler
von der Unterstützung ausgeschlossen ist oder nur durch schwere
Opfer eine Unterstützung wieder erlangen kann. Es sind hunderttausende
von Kronen, die das Ministerium für soziale Fürsorge
an die Gewerkschaften schuldet, denn die Gewerkschaften haben
diese Gelder ausgezahlt und können jetzt diese Beträge
nicht mehr erhalten. Das Ministerium gibt einseitige Erlässe
heraus, die wohl für die Gewerkschaften bindend sind, aber
das Ministerium behält sich selbst freie Hand vor. Niemals
finden wir Verpflichtungen von Ministerien Gewerkschaften gegenüber.
In den Ministerien brauchen wir Beamte, die die Not der Arbeitslosen
kennen und ihre Entscheidungen vom sozialen Gesichtspunkte aus
treffen. Auch der Begriff Saisonarbeiter wird bei den einzelnen
Bezirksbehörden verschiedenartig ausgelegt. Die eine Bezirksbehörde
entscheidet, daß man mit 6 Monaten Saisonarbeiter ist, die
andere Bezirksbehörde entscheidet: in acht Monaten. Wer mehr
als drei Monate im Jahr arbeitet, erhält keine Lebensmittelkarten
und wer weniger als drei Monate arbeitet, erhält auch keine
Lebensmittelkarten, weil da wiederum der Beweis erbracht ist,
daß der Arbeitslose nicht von der Unterstützung des
Staates lebt.
Die Lage der Arbeitslosen im Grenzgebiet wird geradezu zu einer
Katastrophe. Streichungen, Schikanen, Erhebungen, willkür
liche Festsetzung der Unterstützungen, bei Widerspruch sehr
oft Beamtenbeleidigung, Arrest und Wahlrechtsverlust. Die Prager
Behörden kümmern sich wenig um diese Beschwerden der
Arbeitslosen. Die von den Sozialkommissionen gemeldeten Ziffern,
die die Grundlage der Unterstützungen bilden sollen, werden
kaum bei den Prager Behörden beachtet. Es siebt an und für
sich schon die Bezirksbehörde die Arbeitslosen durch. Es
streicht das Ministerium für soziale Fürsorge und was
noch übrig bleibt, kastriert die Abteilung 16 der Landesbehörde.
Arbeits lose Eltern müssen für ihre arbeitslosen Kinder
aufkommen. Ledige erhalten oft keine Karte; besonders in den letzten
Perioden der Ernährungsaktion stellte sich heraus, daß
für die fünfte Woche keine Karten vorhanden sind; da
streicht man rücksichtslos den Ledigen die Karten. Kleinrentner,
ältere Leute oder Frauen, die einige Kronen Alimente für
ihr Kind bekommen, scheiden aus der Ernährungsaktion aus.
Sehr schlimm geht es den übrigen älteren Arbeitslosen,
die nicht unter das Gesetz der Überaltertenunterst ützung
fallen. Sie bekommen keine Überaltertenrente und haben auch
kein Anrecht auf Unterstützung; das sind unsere Straßenbettler
draußen. Werden sie beim Betteln erwischt, so werden sie
eingesperrt.
Ich besitze einen erschütternden Brief der Arbeitslosen aus
Kunau. In diesem Brief schreiben die armen Erzgebirgler (ète):
"Wir wünschen sonst nichts, als daß uns die
Herren in Prag als Menschen betrachten, und als Menschen haben
wir ein Anrecht auf das Leben. Wenn die Kapitalisten für
ihre Hunde sorgen, dann erwarten wir auch, daß sie so viel
menschliches Empfinden haben, daß man auch uns das Notwendige
gibt, damit wir nicht zusehen müssen, wie unsere Kinder abends
hungernd ins Bett steigen und früh hungernd zur Schule gehen
müssen." Hunderten, ja tausenden Arbeitslosen geht es
so ähnlich.
Die diesjährige Winterhilfe war ein besonders krasses Kapitel.
Nicht nur daß tausende Arbeitslose aus dieser Winterhilfsaktion
ausgeschlossen waren, waren die Kartoffeln, die zugewiesen wurden,
Spirituskartoffeln, der größte Teil überdies verfault.
Man kaufte nicht bei den Bauern des Erzgebirges deren billige,
genießbare Kartoffeln, sondern man brachte diesen halb verfaulten
Mist aus der Slovakei in das sudetendeutsche Gebiet. Wir haben
Waggons gehabt, wo 50 und 60 % der Kartoffeln verfault waren.
Die Arbeitslosen sollen als Verheiratete 10 kg Mehl, 1 kg Fett,
als Ledige 5 kg Mehl, 1/2 kg Fett bekommen. Die Zuweisung langte
nicht aus, und man hat nicht nur hunderte Arbeitslose, sondern
ganze Dörfer vom Bezug aus dieser Winterhilfsaktion ausgeschlossen.
Der Zucker, der den Arbeitslosen versprochen wurde, wartet heute
noch auf die Verteilung. Wir glauben, daß das Zuckerkartell
Erpressungen ausübt, daß es Konzessionen von der Regierung
verlangt, denn sonst hätten die paar Waggons Zucker schon
längst unter den Arbeitslosen sein müssen.
In Saaz wurden 179 Arbeitslose mit einem Federstrich aus der Ernährungsaktion
hinausgeworfen, mit der Begründung, daß sie nicht den
Nachweis erbringen können, daß sie länger als
drei Monate im Jahr Hopfen gepflückt haben. Jeder Laie weiß,
daß die Hopfensaison höchstens 14 Tage bis drei Wochen
dauern kann. Wo soll der Hopfenpflücker den Nachweis hernehmen,
daß er drei Monate als Hopfenpflücker beschäftigt
war?
Sehr schlecht ist auch die Behandlung der Arbeitslosen durch die
einzelnen Arbeitsvermittlungsanstalten. Dort herrscht ein Bürokratismus
und eine unerhörte Behandlung der Arbeitslosen. Man zwingt
die Arbeitslosen auf Meierhöfen zu arbeiten oder zu anderen
Ausbeutern zu gehen. Was die Herren zahlen, ist den Beamten ganz
wurst. Und wenn sich der Arbeitslose weigert, verliert er die
Ernährungskarte, und sollte er sich da irgendwiee in Worten
widersetzen, läuft er Gefahr, noch gestraft zu werden. Wir
ken en solche Fälle in Lobositz. Das brutale Verhalten eines
Beamten ist uns auch aus Kaaden gemeldet worden, der mit den Arbeitslosen
ziemlich derb umgeht. Man muß sich wundern, daß die
Arbeitslosen noch so viel Geduld aufbringen, daß sie solche
Menschen nicht ihre physische Kraft fühlen lassen.
In den Landbezirken schaut es besonders schlimm aus. Wenn der
Koll. Dubický vom Herrn Finanzminister verlangt,
er möge prüfen und kontrollieren, ob nicht zu viel für
die Arbeitslosen hinausgeworfen wird dort könnte Herr Koll.
Dubický mit dem Herrn Finanzminister die Kontrolle
machen bei den Grundbesitzern, bei den Ziegeleibesitzern und bei
den anderen Mitgliedern auch der èechischen Agrarpartei
und der Sudetendeutschen Partei, die eine herabgesetzte Steuerb
asis erreichten, was die Gemeinden heute in den Bankerott führt.
Ein Beweis ist die Gemeinde Kriegern. Durch die Herabsetzung der
Steuerbasis bei dem Ziegeleibesitzer verliert die Gemeinde 40.000
Kè an Umlagen. Die Folge davon ist, daß man Abgaben
einführt und die armen Arbeitslosen, die nichts bekommen,
müssen noch durch diverse Abgaben und Umlagen für den
Ziegeleibesitzer bezahlen. Der Herr Koll. Klieber spricht
immer für die sudetendeutschen Kleinbauern. Er unterhält
sich im landwirtschaftlichen Ausschuß über alle möglichen
Dinge, aber an der Grundfrage der Not der deutschen Bauern (Výkøiky
posl. Kliebera.), da rüttelt auch der Herr Klieber
nicht. Der Grund der schlechten Existenz der Kleinbauern ist
der, daß sie zu wenig Boden haben, zu wenig ernten und dann
auch mit ihren Produkten keine Wucherpolitik treiben können.
Zehntausende Hektar Grund und Boden im sudetendeutschen Gebiet
liegen teils in den Händen der sudetendeutschen Parteimitglieder,
teils in Händen von Freunden der Sudetendeutschen Partei.
Auch der Herr Führer des Landstandes Stibitz besitzt in Leitmeritz
eine große Schweinemästerei und eine große Herrschaft,
außerdem besitzen noch viele Adelige aus Deutschland zehntausende
von Hektar im sudetendeutschen Gebiet. Herr Stibitz hat eine große
Baumkultur, er hat ein Schloß, das er im Leitmeritzer Gebiet
bewohnt. Wir haben mehr solcher Herren, wir haben auch den Fabrikanten
Riedel, der im sudetendeutschen Gebiet ein Gut nach dem andern
aufkauft, derselbe Fabrikant Riedel, den man auch sehr oft an
der Seite von Konrad Henlein abgebildet findet. (Výkøiky
poslancù sudetskonìmecké strany.) Dann
gehen Sie nur nach Hohenelbe auf die Sportund Bundestage, dann
dürfen Sie nicht bloß Leute sehen, die auf der Straße
liegen, denen Wehrenfennig das Bundesabzeichen herunternehmen
muß. Ich bin deutlich genug geworden. (Posl. dr Peters:
Da müssen Sie deutlicher werden!) Sie sind schon ziemlich
harte Kost gewöhnt, vielleicht werde ich noch deutlicher
werden. Nun ist auch gleichzeitig die SdP. die Fürsprecherin
der Aktionäre der Zentralmolkerei in Karlsbad, darum kriegt
Ihr auch die Inserate von der Zentralmolkerei. Jetzt geht man
dazu über, nicht nur das eigentliche Karlsbader Gebiet, sondern
auch noch die Umgebung von Karlsbad dem Pasteurisierungszwang
zu unterwerfen, damit nicht nur die kleinen Bauern ihre Milch
zu einem entsprechenden Preis verkaufen können. Die Bauern
sind noch Polizeischikanen ausgesetzt.
Noch einige Fragen aus dem Grenzgebiet. Aus den Gemeinden sind
noch einige hundert Arbeiter im Dritten Reich beschäftigt.
Wenn man mit diesen Leuten oder deren Angehörigen spricht,
so erhält man den Eindruck, als wenn nicht mehr die Gesetze
der Republik, sondern die Gesetze Hitlers maßgebend wären.
Die Leute getrauen sich nicht in eine antifaszistische Versammlung
zu gehen. auch die Angehörigen von solchen Beschäftigten
getrauen sich nicht, weil in Euerer Partei Funktionäre als
Denuntianten und Spitzel sitzen, die jeden Namen drüben preisgeben,
der es wagt, an einer antifaszistischen Versammlung teilzunehmen.
Wir haben Beweise, daß man direkt Leute hinüberlockte
- denken Sie an den Fall in Brandau - daß nicht nur Mörder
herübergekommen sind, sondern auch Menschen verschleppt wurden
und andere Dinge mehr vollbracht wurden. Wir haben im sudetendeutschen
Gebiet alle Ursache, den Machinationen der SdP, ein besonderes
Augenmerk zu widmen, weil Ihr eine Hetze durchführt, weil
Ihr den Glauben der Arbeiter an die Demokratie mit Absicht untergrabt.
(Posl. Klieber: Wir brauchen das nicht zu machen, das macht
die Regierung selbst, da brauchen wir nicht helfen!) Ihr habt
keinen Mut, ein Wort gegen die furchtbaren Zustände des Dritten
Reiches zu sprechen, Ihr Verteidiger der Brotsuppenrezepte und
der Kost, die man aus Spülwässern für die Arbeiter
sucht, damit der Arbeiter genügsam ist, damit er willig schufte.
Ihr braucht willenlose Arbeiter, die Knechte für Euere Großgrundbesitzer
und Fabrikanten abgeben, die Ihr in Eueren Reihen habt. (Výkøiky
poslancù sudetskonìmecké strany.) Massig
solcher Leute habt Ihr drinnen. Ihr habet noch keinen dieser Ausbeuter
hinausgeschmissen, wir könnten Euch hunderte solcher Namen
nennen. (Hluk.)
Wir wollen die Demokratie in den Sudeten stärken. Die Hauptfrage
für uns ist die Verteidigung der Republik und wir wollen
auch, daß die demokratischen Massen genügend zum Lebensunterhalt
bekommen, um die Verteidigung mit aller Kraft durchführen
zu können. Wir wollen keinen Zustand in den Sudeten, der
vielleicht an Belgien erinnert. Wir dulden auch keine Nachgiebigkeit
gegenüber den Agenten des Dritten Reiches, obwohl wir sagen:
Nicht mit Polizeimaßnahmen und Strafen, sondern hier im
Parlament soll man über die politischen Fragen sprechen.
Hier soll man politisch zur SdP. Stellung nehmen und ihre verbrecherische
Politik entlarven. - Wir verlangen, daß die Verwaltung demokratisiert
wird. Wir verlangen, daß Antifaschisten zum sudetendeutschen
Sender kommen. Wir verlangen die Gleichberechtigung der Kommunisten
mit den übrigen Anhängern der Regierungsparteien. Wir
dulden nicht länger, daß unsere Leute bei verschiedenen
Anlässen zurückgestellt werden. Wir dulden keine Hetze
von Berlin und keine Kapitulation. Wir verwerfen auch die Schreibweise
eines "Èeské slovo", das die kollektive
Sicherheit torpediert, das die Friedensbestrebungen mißachtet
und das für die Zweiseitigkeit der Verträge eintritt.
Wir wollen, daß an der bisherigen außenpolitischen
Linie nicht gerüttelt wird. Gerade diese Politik ist heute
noch eine harte Nuß für den Faschismus und das verdanken
wir nur der Orientierung unserer Politik auf Moskau und Paris.
Daran lassen wir nicht rütteln.
Im èechischen Volke ist ein größerer Widerstand
gegen die reaktionären Elemente und gegen den Hitlerismus.
Unter dem Druck der èechischen Volksmassen muß die
Reaktion bei uns sehr oft kapitulieren. Schlimmer ist es im sudetendeutschen
Gebiet, wo die nationalen und sozialen Fragen mehr in den Vordergrund
treten. Wenn dort noch eine schlechte Politik gemacht wird, wenn
man die Menschen dort als Bürger zweiten Ranges behandelt,
so wächst natürlich ideologisch der Gedanke für
das Dritte Reich, für den Faschismus. Wir werden aber den
Agenten Hitlers im sudetendeutschen Gebiet mit Erfolg den Kampf
ansagen, darauf kann sich die SdP. verlassen. Bis jetzt fehlt
es noch sehr vielen Demokraten an dem entsprechenden Mut und der
Sicherheit und das macht Euch momentan noch etwas kühn; aber
denkt nicht daran, daß die Arbeiterschaft auf die Dauer
Euere Demagogie und Kindereien hinnehmen wird. Wir werden darüber
noch besonders sprechen.
Wie sieht die Arbeitsbeschaffung und die Einstellung der Arbeiter
aus? Das Eisenbahnministerium versendet Richtlinien für die
Aufnahme von Arbeitern. Darin steht: daß 1. die Söhne
einstmals angestellter Eisenbahner zu berücksichtigen sind,
2. daß die vom Militärdienst Zurückgekommenen
zu berücksichtigen sind und 3. diejenigen, die die Staatssprache
beherrschen. Nun kommt es vor, daß man in die Randgebiete,
wenn dort keine Èechen sind, Èechen aus anderen
Bezirken herbeibringt. Wir hatten vergangenes Jahr beim Oberbau
auf der Strecke Komotau-Weipert 40 Oberbauarbeiter, darunter nur
4 Deutsche. Wir gönnen den èechischen Arbeitern ihren
Verdienst, aber wir müssen im sudetendeutschen Gebiet verlangen,
daß man vor allem die arbeitslosen sudetendeutschen Arbeiter
anstellt. Wir sind nicht dagegen, daß die Leute am Oberbau
die Staatssprache erlernen, weil ja aus diesen die Dienststellen
der Bahnwächter besetzt werden. Aber eine solche Politik
ist schlecht. Das Ministerium für öffentliche Arbeiten
verlangt, daß bei den Staatsgruben keine Leute eingestellt
werden, die mit dem Schutzgesetz in Konflikt gekommen oder wegen
Diebstahls bestraft sind. In der Praxis hat sich ergeben, daß
12 Mann an die Direktion nach Brüx gemeldet wurden, die mit
4 Monaten wegen Diebstahls bestraft waren. Die wurden angestellt
und die qualifizierten Bergarbeiter blieben unberücksichtigt.
Das ist eine schlechte Politik.
Auch die Politik des Zwanges verurteilen wir. Es gibt heute schon
eine solche Moral, daß ein Arbeiter in seiner Notlage zwei
bis drei Parteilegitim ationen in der Tasche hat, eine von den
èechischen Agrariern, eine andere von der SdP- und eine
von einer sozialistischen Gewerkschaft. Wir haben dafür Beweise.
Man hat eine verlorene Tasche gefunden, wo vier Legitimationen
von ver chiedenen Parteien drin waren, darunter eine von der SdP.
Wir Kommunisten haben im sudetendeutschen Gebiet einen besonders
schweren Stand. Der größte Teil der Unternehmer sind
eingeschriebene Mitglieder der SdP. Deshalb ist ja Herr Peters
so sehr dafür, daß die Regierung keine unternehmerfeindliche
Politik machen möge und noch nie hat er für die sudetendeutschen
Arbeiter so warme Worte gefunden wie für die Unternehmer
und Kapitalisten. (Posl. Kundt: Dann haben Sie ihn nicht verstanden!)
Wenn man Euere Sachen begreifen soll, muß man ein Kapitalistenknecht
sein. Als sozialistischer Arbeiter wird man das nicht begreifen.
Ich bin eben kein Kapitalistenknecht, wie Ihr es seid. (Hluk.)
Wo herrscht die größte Not und das größte
Elend? Das ist in Rothau, in Grottau, Zwickau, in jenen Metropolen
des Elends. Fabriken wurden ausgeschlachtet, den Arbeitern wurden
durch Jahre Versprechungen gemacht. Ich habe ein großes
Memorandum hier, wo ich an der Hand von Ziffernmaterial die Verelendung
der Bevölkerung und die katastrophale Lage der Gemeinden
dokumentarisch nachweisen kann. Es ist ein Skandal mit den Unternehmern;
sie wurden aufgefordert, eine Ersatzindustrie zu schaffen. Da
verlangten sie von der Regierung eine Subvention. Aktionäre,
wie von der Textilindustrie Kosmanos, haben sich nicht gescheut,
von der Regierung 10 Millionen Kè für ihre Betriebe
zu verlangen, die sie modernisieren und rationalisieren wollen.
Die Regierung soll ihnen jetzt noch Millionen in den Rachen werfe,
nicht genug, daß sie hunderte Millionen aus diesen Gebieten
fortgeschleppt und eine finanziell ruinierte Gemeinde, eine zugrunde
gerichtete Menschheit dort zurückgelassen haben.
Nun zur Frage der Koalition. In der Koalition werden die Fragen
vom Parteistandpunkt und nicht vom Standpunkt des Volkes verhandelt,
sonst dürfte es nicht vorkommen, daß wir solche Verhältnisse
in den Gebieten und im ganzen Lande haben. (Posl. Kundt: Sie
sind aber auch für Parteiwirtschaft!) Unser Ziel ist
eine Linksregierung, unser Ziel ist, daß die Reaktionäre
aus der Regierung hinauskomplimentiert werden. (Posl. Kundt:
Ihr Ziel ist, daß Sie Kriegsminister werden!) Ja, dann
würde ich Ihnen den Rucksack auf den Buckel geben und würde
Sie als Legionär nach Rußland schicken, wo Sie damals
waren. (Posl: Kundt: Damals ist es mir besser gegangen als
jetzt!)
Ein großes Hindernis liegt darin, daß die Sozialisten
in der Koalition und an der Regierung beteiligt sind, sich gebunden
fühlen in verschiedenen Dingen. In Frankreich gelang die
Volksfrontregierung leichter, weil die dortigen Parteien in der
Opposition standen und ein Ziel hatten. Hier ist das schwer. Nur
würden wir trotzdem alles versuchen, um die Hindernisse,
die uns noch trennen, zu überwinden. Der Herr Beran und
der Herr Kundt haben schon große Bedenken, denn wenn
es zu einer Verbindung, zu einem Pakt der Sozialisten käme,
dann fliegen sie nämlich beide hinaus, haben sie hier nichts
mehr zu suchen. (Veselost poslancù strany sudetskonìmecké.
- Posl. inž. Richter: Sie vergessen, daß wir
nicht in der Regierung sind!) Vielleicht aus dem Parlament
fliegen Sie hinaus. (Výkøiky poslancù
strany sudetskonìmecké.) Sie fliegen auch aus
den Arbeiterversammlungen heraus (Výkøiky poslancù
sudetskonìmecké strany: Aha!), weil Sie gar
keine ehrliche Absicht haben, hier im Parlament dem Volke wirklich
zu helfen, sondern weil Sie hier an dieser Stelle nur eine Demagogie,
eine Hetze und eine Provokation nach der anderen durchführen.
(Posl. Kundt: Da brauchten wir nur Ihre Reden nachzureden,
brauchten uns gar nicht anzustrengen, um Demagogen zu sein!) Wir
werden auf alle Fälle zu dieser Einheit kommen. Wir haben
schon Beweise, daß dort, wo die Einheit besteht, auch praktisch
für die Arbeiterschaft und für die Mittelschichten,
für die Werktätigen viel herausgekommen ist. (Posl.
dr Zippelius: Und in der Sowjet-Union?) Bei Streiks, lieber
Zippelius, auch bei den Betriebsausschußwahlen, bei
Lohnfragen, in sozialpolitischen Fragen, in dem Kampf um eine
Teuerungsaushilfe, hat die Gewerkschaftseinheit schon vieles für
die Arbeiterschaft gebracht und eine Einheit des werktätigen
Volkes auf der Grundlage des Klassenkampfes würde Wunder
wirken. Wir würden auch die Förderer des Streikbruches
schnell hinausjagen, aus den Betriebsversammlungen in Gablonz.
Ja, es wird die Zeit kommen, wo wir Euch nicht werden jagen brauchen,
wo Euch Euere Leute nicht nur abohrfeigen, auch hinausschmeißen
werden. Euere Leute werden das machen. (Posl. dr Zippelius:
Ihnen wächst der Bart!) Ihnen wächst kein Bart (Posl.
dr Zippelius: A ber Ihnen!), weil Sie zu jungfräulich
ausschauen.
Wie steht es mit den anderen Fragen? Wir werden den Kampf nicht
aufgeben und wir werden auch mit der Sudetendeutschen Partei,
mit der Volksgemeinschaft noch sehr viele Dinge austragen. Eine
Partei, die die Stimmen von tausenden Arbeitslosen bekam (Posl.
Kundt: Zehntausenden!), die jetzt emen Rückblick halten
kann und wo der sudetendeutsche arme Teufel feststellt, daß
sein Führer ein beschenkter Mann von deutschen Industriellen
ist, daß sein Führer mit einer Polizze auf 1 Million
versichert herumreisen darf, der Führer, der bei den Grundbesitzern
und Fabrikanten gut Freund ist, der teuere Geschenke nach Eger
vergeben kann, der niemals zu sehen ist, wenn die sudetendeutschen
Arbeiter im Kampf um Arbeit und Brot, um ihre nackte Existenz
stehen, da kommt die Abrechnung mit der Sudetendeutschen Partei,
die so viel auf ihrem Gewissen hat. Die sudetendeutsche Volkshilfe
wird parteiisch gehandhabt. Man beteilt jenen, der den Funktionären
gut zu Gesicht steht. Alle übrigen bleiben unberücksichtigt.
Es gibt heute schon Menschen unter Euch, die es sittlich und moralisch
nicht mehr ertragen, einer solchen Partei und einem Klub anzugehören,
die Leute verherrlichen, die vom sudetendeutschen Volke gerichtet
sind, weil sie das ganze sudetendeutsche Volk geschändet
haben. Ihr macht ihnen jeden Gefallen, ihr findet Kranzablösungen,
ihr deckt solche Dinge, die tausende sudetendeutscher Eltern nicht
verstehen können. Es wurde der Nachweis erbracht, daß
Euer Führer nicht einmal fähig ist, einen Aufruf an
das sudetendeutsche Volk allein zu verfassen. Dazu hat er die
alten Nazi gebraucht, von denen Ihr immer sagt, daß Ihr
nicht immer gut Freund mit ihnen seid und den Herrn Ing. KaIlina
von der Nationalpartei. Führer, die vom Größenwahn
besessen sind, Führer, die sich anmaßen, das oder jenes
zu sein, sind nur eine Durchgangspost im sudetendeutschen Gebiete.
Es wird wieder eine andere Zeit kommen, wo das Volk zurückdenken
wird an jene Jahre, mit Schaudern zurückdenken, wo 44 Mann
ins Parlament eingezogen sind, und wo niemals das Elend so groß
war und die nationale Verhetzung so groß war, wie es heute
der Fall ist, und wo niemals die Ausbeuter die Menschen so ungestraft
ausplündern durften, wie heute. Das ist die Zeit, wo die
44 Abgeordneten in das Parlament der Republik eingezogen sind.
Zum Schlusse (Posl. dr Zippelius: Gott sei Dank!) - das
glaube ich Ihnen sehr gerne, denn der Herr Zippelius hat
alle Ursache dazu.
Wir sagen von dieser Stelle allen Arbeitslosen und Werktätigen
im sudetendeutschen Volke: Ihr werdet nur das erhalten, was Ihr
Euch im Kampfe von der Regierung, von den Kapitalisten und Großagrariern
abringen werdet. Die Arbeitslosen müssen heraustreten aus
ihrer Reserve, sie müssen demonstrieren und ihr Elend in
alle Öffentlichkeit hinausschreien. Es muß Schluß
gemacht werden mit der Aushungerung der ganzen Bezirke. Wir verlangen,
daß die Arbeitslosen ohne Unterschied der Partei sich zusammensetzen,
über ihre Fragen und Forderungen beraten, ihre Ausschüsse
wählen, ihre Forderungen den Behörden unterbreiten,
und neben diesen Forderungen auch den entsprechenden Kampf organisieren.
Wir erwarten, daß dieser berechtigte Kampf der Arbeitslosen
in den Gemeinden Unterstützung findet, wir erwarten, daß
niemand, mag er welcher Partei immer angehören, abseits steht,
wenn hunderttausende Menschen um ihr Brot ringen. Und wiederum
sagen wir: Nur in einer Einheit, aber ohne Großkapitalisten
und Großgrundbesitzer, ohne die Klieber, Zippelius und
Kundt muß diese Einheit geschaffen werden. Denn das
ist eine sehr faule Einheit, die Ihr Einheit nennt. Die Volksgemeinschaft
ist heute schon so wie ein Hering: Sie stinkt vom Kopf bis zum
Schwanz. Das ist Euere Volksgemeinschaft, das ist Euere Einheit,
die Ihr als etwas Großes des sudetendeutschen Volke hinstellen
wollt. Das sudetendeutsche Volk wird auch über die Geschichte
der SdP. hinweggehen. Ihr werdet dann nicht mehr alle vorhanden
sein, denn Ihr werdet Euch von dannen gemacht haben, Ihr werdet
verschwunden sein, oder werden Einzelne von Euch wiederum bei
einem anderen Laden anfragen, ob sie in der nächsten Session
des Parlamentes ein Mandat erhalten können. Die kommunistische
Partei reicht allen Sozialisten, allen ehrlichen Demokraten, allen
Antifaschisten die Hand zum Kampf für die Verteidigung der
Republik, für die Verteidigung der Demokratie, für die
Hebung des Lebensniveaus und für die Erweiterung der politischen
Rechte der Völker in diesem Staate. (Potlesk poslancù
komunistické strany.)