Pátek 17. prosince 1937

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 128. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pátek dne 17. prosince 1937.

1. Øeè posl. G. Böhma (viz str. 25 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Drei Gesetzesvorlagen von ungeheuerer Wichtigkeit für hunderttausende werktätige Menschen laufen in wenigen Tagen ab. Bei jeder Gelegenheit haben wir darauf verwiesen, daß es zu einem System geworden ist. an unangenehme Probleme nicht, wie es richtig wäre, heranzugehen, sondern Sie haben es sich leicht gemacht, solche ungenügende Regierungsverordnungen ganz einfach kurzfristig zu verlängern. Daß Sie damit die Nöte unserer Arbeitsmenschen nicht mildern, die ungeheueren sozialen Probleme nicht lösen, müßte Ihnen eigentlich schon längst klar geworden sein. Und es wäre zu wünschen, daß Sie diesen realen Tatsachen einmal klar in die Augen sehen und sich bem ühen, durch eine wirkliche Tat zu beweisen, daß Sie willens sind, die schwebenden Probleme wenigstens teilweise zu lösen.

Der Regierungsantrag Nr. 1179, betreffend die Regelung des Staatszuschusses zur Arbeitslosenunterstützung nach dem Genter System, soll wiederum auf ein Jahr verlängert werden, ohne daß Sie den Mut dazu gehabt hätten, diese Gelegenheit zu benützen, die berechtigten Wünsche und Beschwerden gegen dieses Genter System zu berücksichtigen. Unser Standpunkt zum Genter System ist immer der gleiche, und vor wenigen Tagen habe ich im sozialpolitischen Ausschuß diesen Standpunkt bekanntgegeben, so wie wir es auch bei allen früheren Gelegenheiten getan haben. Unsere Forderung ist und bleibt die, anstelle des ungenügenden und bei uns nicht voll bewährten Genter Systems die obligatorische Arbeitslosenversicherung zu schaffen.

Dieses System hat sich vielleicht zur Zeit seiner Einführung im Staate vor 12 Jahren, als wir nicht ganz 40.000 Arbeitslose hatten, bewährt, nicht bewährrt aber hat es sich in den Zeiten, als die Arbeitslosigkeit bei uns bis auf 500, 600, 700 und 800 Tausend stieg. Denn nur ein Drittel aller arbeitslosen Menschen kommt in den Genuß des Staatszuschusses zum Genter System. Alle anderen werden nicht oder nur durch die Ernährungskartenaktion unterstützt. Wenn schon vom Staat, also von der Gemeinschaft der Staatsbürger, Opfer gebracht werden müssen, dann müssen diese Opfer gerecht aufgeteilt werden und nicht so, daß sie nur einem Teile der Bedürftigen zugute kommen.

Sie können uns wohl antworten: Es sollte eben jeder Arbeiter organisiert sein. Wir aber antworten Ihnen darauf: Der Staat hat seinerzeit mit einem Federstrich eine völkische Gewerkschaft aufgelöst und die vorhan denen Mittel, die die Sicherstellung der dort eingezahlten Beiträge der Arbeiter und damit ihr Recht bildeten, einfach beschlagnahmt. Daß Sie damit den Arbeiter durch solche Maßnahmen das notwendige Vertrauen zur Gewerkschaft genommen haben, daran ist wohl niemals klar gedacht worden. Wir können Ihnen auch weiter antworten: Was ist mit jenen tausenden Jugendlichen, die der Schule entwachsen sind, aber nicht in den Arbeitsprozeß eingebaut werden konnten und deshalb auch nicht gewerkschaftlich organisiert sein können? Und weil das alles so ist und weil noch viele andere Beschwerden dazu kommen, deshalb lehnen wir ein System ab, das nicht alle Arbeitslosen erfassen kann. Gerade aber die jetzige Zeit wäre günstig für die Einführung einer obligatorischen Arbeitslosenversicherung, weil diese eben in einer Zeit, die im Zeichen des Aufstieges steht, leichter möglich ist und weil dann auch jene Rücklagen geschaffen werden können, die man für schlechte Zeiten braucht.

Durch die immerwährenden kurzfristigen Verlängerungen solcher ungenügenden Verordnungen schaffen Sie eine ungeheuere Unsicherheit, auch in den Gewerkschaften selbst, weil die Führung der Gewerkschaften sich keinen Arbeitsplan zurecht legen kann, weil aber auch auf der anderen Seite diese Gewerkschaften nicht wissen, was Sie für eine Regelung nach Ablauf dieser Frist wieder treffen werden. Wenn Sie also den berechtigten Ruf nach einer endgültigen Regelung durch eine obligatorische Pflichtversicherung nicht erfüllen können oder wollen. dann verbessern Sie doch wenigstens in kürzester Zeit dieses bestehende Gesetz.

Zur Vorlage Nr. 1181 über die Kollektivverträge muß auch festgestellt werden, daß es sich, obwohl die Verlängerung begrüßenswert ist, doch auch hier gezeigt hat, daß man von Seiten der Regierung nicht die notwendigen Folgerungen gezogen hat, u. zw. die Gelegenheit des Ablaufes dieser Verordnung dazu zu benützen, um neue gesetzliche Maßnahmen zu schaffen, die die Kollektivverträge und ihre Verbindlichkeitserklärung für die Gesamtindustrie unter Berücksichtigung der Verschiedenheiten der regionalen Lebensmöglichkeiten ermöglichen. Bei dieser Gelegenheit hätte der Staat auch die Möglichkeit, auf gesetzlicher Basis die Mindestlöhne zu regeln. Damit hätte er den breiten Schichten der Werktätigen wie auch der Gesamtwirtschaft gedient. Es ist uns klar, daß gegen die gesetzliche Regelung der Kollektivverträge Widerstände kommen müssen; doch müßte der Staat durch eine wirklich energische Tat diese Widerstände überbrücken, denn es kann sich letzten Endes wohl im wesentlichen nur um Stimmen von Unternehmern handeln, die sich ihrer sozialen Pflichten gegenüber der Arbeiterschaft nicht bewußt sind. Durch die von uns verlangte Regelung heben Sie nicht nur die Kaufkraft und das Lebensniveau der werktätigen breiten Massen, sondern dienen auch der Wirtschaft, weil dieser die erhöhten Löhne der Arbeiterschaft doch letzten Endes auf Umwegen wieder zufließen. Der Wirtschaft dienen Sie aber auch noch deshalb, weil Sie eine gerechte Kalkulationsbasis schaffen, die den sozial denkenden Unternehmer vor dem unsozialen schützt.

Wir lassen auch diese Gelegenheit nicht vorbeigehen, Mahner zu sein, daß solche sozialpolitische Vorlagen nicht so zu behandeln sind, daß man sie in ihrem ungenügenden Zustand immer und immer wieder nur verlängert, sondern daß man sich endlich dazu entschließt, diesen Problemen endlich einmal an die Wurzel zu gehen.

Die Vorlage Nr. 1180 über die Betriebsstillegungen und Massenentlassungen bietet zwar eine gewisse Handhabe gegen Stilllegungen, dennoch ist sie in ihrer Fassung nicht so, daß man sie als vollkommen ansprechen kann. Auch hier müssen wir Bedenken äußern, weil die Vorlage genügende Maschen hat, durch die jene schlüpfen können, die das Gesetz umgehen wollen. Außerdem betrifft das Gesetz nur den Schutz eines Teiles der Betriebe. Die kleingewerblichen Betriebe werden dadurch nicht geschützt, sie stehen außerhalb des Gesetzes, denn vielfach ist die unsinnige Steuerpraxis und die Übersteuerung Grund der Stillegungen, von denen jährlich tausende Arbeiter betroffen werden. Besser wäre ein Arbeitsbeschaffungsgesetz sowie Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, der Schutz der Wirtschaft vor ausbeuterischen Methoden, die häufig zu Stillegungen führen, wie es in den letzten Jahren durch die Kartelle vielfach geschehen ist. Besser als lediglich formale Maßnahmen gegen die Stilllegung zu treffen, wäre es auch, dafür Sorge zu tragen, daß keine neuen Betriebe errichtet werden, strengere Befähigungsnachweise einzuführen und besser wäre es schließlich auch, den Emigranten nicht die Möglichkeit von Betriebsgründungen zu geben, durch die vielfach sudetendeutsche Betriebe gefährdet werden. Der Schutz der breiten Massen der arbeitenden deutschen Staatsbürger, der kleingewerblichen Betriebe und ihre Förderung und Unterstützung durch den Staat ist keineswegs so, daß man beruhigt sein könnte. Aus allen diesen Gründen steht auch besonders die staatliche Fürsorge auf allen ihren Gebieten, wie: Genter System, Ernährungskartenaktion, Unfallversicherung, Pensions- und Sozialversicherung, Fürsorge für die Altersrentner, Invaliden usw. immer und immer wieder im Lichtkegel unserer öffentlichen Kritik, im Parlamente, in der Presse, sowie unserer gesamten Tätigkeit.

Deshalb sehe ich mich auch gezwungen, bei der Behandlung dieser sozialpolitischen Vorlagen noch Folgendes zu sagen. Meine Damen und Herren! Der Winter steht vor der Türe, neben Hunger und Kälte gesellt sich noch das Gespenst der weiteren Arbeitslosigkeit, denn mit dem rapiden Steigen der Arbeitslosenziffer schwindet auch für den Arbeiter wieder die letzte Hoffnung auf Arbeit. Der Herr Berichterstatter gibt selbst zu, daß die Zahl der Arbeitslosen in der letzten Zeit um rund 100.000 gestiegen ist. Not und Elend wachsen wieder. Haben Sie, meine Herren, von sich aus Vorsorge getroffen, daß wenigstens in den Tagen des Friedensfestes kein Staatsbürger zu hungern braucht? "Humanität" ist ein schönes Wort, aber wenn es nur Wort bleibt, dann sinkt es herab zu leerer Form. Sie sollten, wenn Sie glauben, daß Sie immer wieder nur auf das Kapitel "Rüstungen" Geld verwenden müssen, auch daran denken, daß man damit noch lange keinen Staat verteidigen kann, denn dazu gehören in erster Reihe gesunde und kräftige Menschen (Potlesk poslancù sudetskonìmecké strany) und nicht solche, die durch Arbeitslosigkeit und unzureichende Fürsorge verbittert und ausgemergelt sind. Es sind harte Worte, die wir Ihnen immer und immer wieder sagen müssen und doch scheint es, als machten Sie sich heute weniger denn je Gedanken über die Fürsorge und Ihre sozialen Pflichten, ob sie nun Genter System, Ernährungsaktion oder sonst wie heißen. Der deutsche Arbeitslose gewinnt so den Eindruck, als ob da nun die Arbeitslosenzahl in den èechischen Bezirken bis auf geringe Ausnahmen stark zurückgegangen ist und der Staat sich wenig darum kümmert, was aus jenen Menschen in den deutschen Gebieten wird, die durch die Streichungen in der Ernährungsaktion und die unzulängliche Fürsorge betroffen werden. Sie hätten es in der Hand, heute große Beweise dafür zu schaffen, daß der Staat sicl seiner unschuldigen arbeitslosen Menschen annimmt, und es läge an Ihnen, durch eine Verordnung oder ein Gesetz diese Armen vor dem Gröbsten und Schlimmsten zu schützen. Als die Arbeitslosigkeit so groß war, daß die Staatsfinanzen eine ausreichende Unterstützung nicht mehr leisten konnten, haben Sie die Unterstützungen gekürzt. Als in diesem Jahre die Arbeitslosigkeit aller sich merklich senkte, zur Freude aller, wie ich ausdrücklich feststelle, wäre es Ihre Pflicht gewesen, die Arbeitslosen, die noch immer nicht in den Arbeitsprozeß eingebaut werden konnten, auch zum Nutznießer dieser Besserung werden zu lassen.

Einer meiner Kameraden hat im Budgetausschuß an den Minister für soziale Fürsorge Neèas die Frage gerichtet, die ich vor diesem Forum wiederhole: Wo sind die Ersparnisse aus der Ernährungsaktion des heurigen Jahres? Sie haben das Budget des Vorjahres auf Grund der Tatsache der mehr als doppelten Arbeitslosenzahl aufgestellt. Sie müßten die Mittel für diese Zahl der Arbeitslosen sichergestellt haben. Schon zu Beginn des heurigen Jahres begann doch der Abbau der Arbeitslosen und Sie selbst berichten ständig, daß die Arbeitslosenzahl um mehr als 50 % gesunken ist. Wo sind also die Ersparnisse? Statt aus diesen Ersparnissen die Lage der Werktätigen im deutschen Gebiet, die noch immer ohne Arbeit und Brot sind, zu bessern und die besteh enden Unterstützungen zu erhöhen, müssen wir täglich erfahren, daß ganz unverständliche Streichungen, die sich zwischen 15 bis 40 % bewegen, in der Ernährungsaktion vorgenommen werden.

Ich bin der Meinung, daß ich darauf verzichten kann, Ihnen abermals eine ganze Fülle von Unterlagen und Beweisen hi erfür anzuführen, die zeigen, welch ungeheuere Härten das ganze Fürsorgewesen dieses Staates in sich trägt, die beweisen, wieviel Elend es gibt, das gemildert werden könnte, wenn nicht diese Härten in der Gesetzgebung, in den Verordnungen und in den Erlässen der staatlichen Fürsorge wären. Ich möchte hier feststellen, daß sich noch niemand Gedanken darüber gemacht hat, was es heißt, nicht nur Monate lang, sondern schon drei, fünf bis sieben Jahre ohne Arbeit zu sein und von einer kargen Unterstützung leben zu müssen, was es heißt, täglich die hungernden Mäuler der heranwachsen den Kinder zu stillen, wenn entweder nichts oder nur die bescheidene Unterstützung von 20 Kè, ein paar Brote und ein bißchen Milch da ist. Meine Herren, ich bin der Meinung, daß man gerade jetzt damit aufhören muß - ich sage ausdrücklich "muß" - daß bei der Zuweisung an die Bezirke in der Ernährungsaktion so gespart wird, weil dadurch draußen im Lande tausenden Menschen auch noch diese letzte Unterstützung entzogen werden muß.

Meine Damen und Herren, auch ich vertrete den Standpunkt, man soll sparen, und es ist Pflicht für jeden Staat. dies zu tun. Ich sage Ihnen aber auch dazu: Sparen Sie, wo immer Sie wollen, nur sparen Sie nicht an der Fürsorge und der Unterstützung für die Arbeitslosen. (Potlesk poslancù sudetskonìmecké strany.)

Meine Damen und Herren! Ich habe eingangs schon von der arbeitslosen Jugend gesprochen, von jenen Menschen, die heute zum Teil ins arbeitsfähige, zum Teil schon ins wehrfähige Alter hineinwachsen, ohne daß sie die Gelegenheit hatten, die Segnungen der eigenen Arbeit kennenzulernen. Verschiedene Körperschaften in unserer sudetendeutschen Volksgruppe gingen daran, aus eigener Initiative und mit eigenen Mitteln sowie aus Opfern der deutschen Bevölkerung für diese jungen Menschen Arbeitslager und Heime zu errichten. Man steht bei uns in den maßgebenden Kreisen des Staates noch immer auf dem ganz unrichtigen Standpunkt, daß der freiwillige Arbeitsdienst oder die Arbeitslagerbewegung nur eine Erfindung der sog. autoritären Staaten wäre und lehnt sie aus diesem Grunde von vornherein ab. Ich muß hier feststellen, daß diese Anschauung absolut unzutreffend ist und daß die Einstellung des freiwilligen Arbeitsdienstes heute fast in allen europäischen Staaten besteht, überall von Seiten dieser Staaten nachdrücklichst gefördert wird und zu den besten Erfolgen geführt hat. Auch in Amerika bestehen heute solche Einrichtungen. Der Wert und die Erfolge der Arbeitslagerbewegung kamen insbesondere auf dem internationalen Kongreß für Arbeitslager zum Ausdruck, der heuer im Sommer in Seeligsberg in der Schweiz stattfand und von fast allen europäischen Staaten beschickt war. Leider fehlte gerade unser Staat auf dieser Tagung.

Statt daß der Staat hier bei uns solche Bestrebungen - man kann sie wohl private Bestrebungen bisher noch nennen - dankbar anerkennen, unterstützen, fördern und subventionieren sollte, werden sie bespitzelt und mißtrauisch betrachtet, ob dort vielleicht nicht gar zu viel exerziert oder Nachtübungen abgehalten werden.

Mein Klubkamerad Abg. Eichholz hat vor wenigen Tagen bei der Behandlung der Staatsangestelltenfrage vom sudetendeutschen Nachwuchs in Bezug auf den Einbau in den Staatsdienst gesprochen. Tausende von Absolventen deutscher Mittel- und Hochschulen, die früher einen Posten im Staatsdienst finden konnten, füllen heute schon das Heer anderer arbeitslosen Menschen mit auf.

Wenn das Sudetendeuschtum infolge der großen Not der seit Jahren arbeitslosen Menschen sich in der sudetendeutschen Volkshilfe ein Hilfswerk geschaffen hat, das Hilfe für die Ärmsten der Armen bringen sollte, dann lassen Sie uns dieses Hilfswerk ohne Störungen und ohne Einschränkungen zu Ende führen, damit wir wenigstens auf diesem Gebiete das Gefühl haben können, helfen zu dürfen, ohne daß man uns Vorschriften macht.

Ich wende mich hier bei diesem Punkte heute im Hause an den Herrn Innenminister und habe an ihn die Bitte zu richten, er möge dem Herrn Bezirkshauptmann von Neudek, Herrn Rat Skramlik, den Auftrag geben, daß er es unterlassen soll, von dem Neudeker Volkshilfssammlungen 20 % für sein eigenes Hilfswerk zu fordern. (Výkøiky posl. Kundta.)

Wie oft schon haben wir in diesem Hause von dem Elend der Arbeitsinvaliden-Rentner gesprochen, die wegen ihrer Rente von 80, 90 und 120 Kè im Monat keine Karte aus der Ernährungsaktion bekommen sollen. Diese armen Menschen sollen, alt und gebrechlich, wie sie sind, mit dieser kargen Rente Zins, Kleidung und Heizung bestreiten und sollen davon wahrscheinlich auch noch leben. Tausende solcher armer Menschen gibt es, die als Altersrentner nach einem arbeitsreichen Leben von den Handelskammern für 40jährige treue Dienste auf ihrem Arbeitsplatz, Medaillen erhalten haben. Davon sollen sie wahrscheinlich leben. Es ist eine Schande für jeden Staat, der nicht genug Hilfsmittel aufbringt für seine Arbeitsinvaliden.

Ich möchte hier gerade unter Berücksichtigung dieser Mängel und Fehler besonders in der staatlichen Ernährungsaktion an den Herrn Fürsorgeminister und an die Landesbehörde den Ruf richten, sie mögen noch vor Weihnachten einen Erlaß herausgeben, der besagt, daß sämtliche Streichungen der letzten Periode der Ernährungsaktion nachgeliefert werden, damit die Menschen, die ausgesteuert werden mußten, jetzt vor Weihnachten noch in den Besitz der Ernährungskarten kommen. (Potlesk poslancù strany sudetskonìmecké.) Meine Damen und Herren! Wenn ich diesen Vorschlag gemacht habe, daß ein Erlaß noch in letzter Minute vor Weihnachten erfolgt, dann soll mir niemand kommen und mir sagen wollen, daß das Demagogie wäre, daß ich damit Propaganda machen will. Ich kann Ihnen erklären: mit dieser Forderung, mit dieser Bitte an den Fürsorgeminister und die Landesbehörden ist es mir bitter ernst, weil ich weiß, wie schwer die Menschen unter der Not draußen leiden.

Meine Damen und Herren! Es fällt uns nicht ein, bei der Kritik an solchen sozialpolitischen Vorlagen gerade bei Ihnen den Eindruck erwecken zu wollen, als ob wir hier lediglich immer und immer wieder nur von der sudetendeutschen Not sprechen wollen. Wir stehen hier vor ihnen als deutsche Volksvertreter offen und aufrecht und zeigen Ihnen die Zustände und die Mängel auf, wie sie wirklich liegen und verlangen für unsere notleidenden Menschen, die immer noch nach 100.000 zählenden deutschen Arbeitslosen, unsere noch darniederliegende Industrie, die verarmten Handels- und Gewerbetreibenden Hilfe von Ihnen, verlangen von Ihnen, daß Sie die aus den sudetendeutschen Gebieten dem Staate in Form von Steuern zugeflossenen Milliardenbeträge in den letzten Jahren wieder in die sudetendeutschen Gebiete - zu einem kleinen Teil wenigstens - zurückfließen lassen, u. zw. nicht nur in der Form, wie die Frau Koll. Zeminová gesagt hat, durch einen Wall von Eisen und Beton, sondern durch Hilfsmaßnahmen, die wir draußen notwendig haben. (Potlesk poslancù strany sudetskonìmecké.)

Wir verlangen aber auch eine solche Behandlung, wie sie dieselbe jedem anderen Staatsbürger auf sozialpolitischem Gebiete angedeihen lassen. Wir haben insbesondere ein Recht, diese nicht unbillige Forderung zu stellen, weil wir dem Staat und seinen Regierungen bis heute nichts schuldig geblieben sind. Wenn wir also auch die gesetzliche Verankerung unserer Lebensrechte von Ihnen fordern, so ist das keineswegs eine überspannte Forderung, sondern es ist eine Forderung, die sich stützt auf die bösen und schlechten Erfahrungen der vergangenen 19 Jahre.

Meine Damen und Herren! Ich möchte hier einmal einige Fragen stellen und Sie ersuchen, uns Beweise zu bringen. Bringen Sie uns auch nur einen Beweis, daß wir unsere Steuern nicht bezahlt haben, solange wir noch Geld besessen haben. Bringen Sie uns Beweise, daß der deutsche Arbeiter nicht ebenso verläßlich ist wie andere Arbeiter. Bringen Sie uns Beweise, daß der deutsche Staatsbeamte weniger taugt als ein anderer Staatsbeamter. Bringen Sie uns Beweise, daß die deutsche Industrie weniger erzeugungsfähig ist und schlechtere Erzeugnisse herstellen läßt als die im Inneren Böhmens liegenden Industrien, und bringen Sie uns schließlich Beweise, daß der deutsche Gewerbe- und Handelsstand keine Wertarbeit erzeuge und in den Handel bringt. Wir haben ein Recht dazu, zu verlangen, vom Staat bei allen vorgesehenen, der Bekämpfung der Wirtschaftsnot und der Arbeitslosigkeit dienenden Maßnahmen in erster Reihe berücksichtigt zu werden, weil wir am stärksten und auch am längsten darunter leiden. Wenn wir immer wieder davon hören und lesen müssen, daß wir von der sudetendeutschen Partei zu radikal seien, daß unsere Forderungen zu überspannt sind, so sind das lediglich Ausreden für Ihr Nichtwollen. Wenn wir davon hören und lesen, die deutschen Aktivisten seien viel gemäßigter und bescheidener, paßten sich Ihnen und Ihrer Demokratie besser an, dann, meine Damen und Herren, möchte ich Ihnen heute hier einmal Folgendes sagen: Wem hat denn dieses Anpassen und dieses ewige Sichzufriedengeben eigentlich genützt? Ihnen und dem Staat wohl, besonders aber den "Jednotas", damit die leichter und geräuschvoller ihre Entnationalisierungsmethoden in den deutschen Gebieten durchführen konnten, auch genützt den einzelnen Herren Ressortministern aus früheren Jahren, weil sie dadurch ohne Widerspruch leichter in der Lage waren, zehntausende deutsche Staatsbeamten abbauen zu können. Wir spielen eben hier als sudetendeutsche Partei in Prag nicht den sanften Heinrich, wie die deutschen Regierungsparteien, und lassen da draußen in unseren Gebieten alles so weiterlaufen, wie es läuft, sondern sagen Ihnen hier auf parlamentarischem Boden, was gesagt werden muß, daß der deutsche Arbeiter und der deutsche Arbeitslose noch hungern und nach Arbeit lechzen, daß deutsche Angestellte und deutsche Akademiker zu Tausenden herumgehen und nicht wissen, was sie anfangen sollen, daß die deutschen Jugendlichen, die aus der Schule kommen und ins arbeitsfähige Alter hineinwachsen, nicht wissen, was Sie mit dem ihnen von Gott geschenkten Leben anfangen sollen. Sechs bis sieben solcher grauenvoller Jahre der Not lasten wie eine Strafe auf dem Sudetendeutschtum. Wieviele Beweise Ihres wirklichen guten Willens haben Sie denn durch die Tat bisher schon gegeben, gegeben trotz der Teilnahme Deutscher an der Regierung und trotz der Mahnungen und Warnungen und trotz der Versprechungen, daß es anders wird?

Kommen Sie uns nicht mit dem 18. Februar. Wir glauben nicht an diesen 18. Februar und die Budgetdebatte hat bewiesen, daß selbst die eine Partnerseite, die deutschen Aktivisten, längst nicht mehr daran glauben und das ganz offen sagen. Sie können einwenden, meine Damen und Herren, daß es besser wird und daß die Arbeitslosenziffer es bestätigt. Es wäre unsachlich und ungerecht, wollten auch wir uns nicht darüber freuen. (Posl. Pik: 18. únor vede k smíøení a vy chcete štvaní! - Hluk.)

Místopøedseda Langr (zvoní): Prosím o klid.

Posl. G. Böhm (pokraèuje): Aber meine Damen und Herren! Sehen Sie sich doch einmal die Ziffern der Arbeitslosigkeit in den deutschen Gebieten im Vergleich zu den èechischen Gebieten an! Wo ist die Arbeitslosigkeit noch am stärksten und wo steigt sie schon wieder am schnellsten? Unsere deutschen Arbeiter und Arbeitslosen haben also ein Recht, Gerechtigkeit von Ihnen zu verlangen, denn Sie haben genau so den Anspruch auf Leben in diesem St aate, wie jeder andere Staatsbürger.

Ich sage Ihnen noch zum Schluße, meine Damen und Herren, daß es höchste Zeit ist, hauptsächlich deswegen, falls der Regierung daran gelegen ist, zu verhindern, daß die bereits bestehende Meinung, daß es zweierlei Staatsbürger in diesem Staate gibt, nicht zum entscheidenden gefahrvollen Denken wird. Mein Klubkamerad Dr. Peters hat vor einigen Tagen von dieser Stelle aus darüber gesprochen, was Sie von der Opposition denken sollten. Und auch ich nehme heute hier Gelegenheit bei der Behandlung dieser Vorlagen Ihnen zu sagen, daß wir nicht Kritik nur einfach um der Kritik willen üben, daß wir nicht nur Opposition machen, weil wir in der Opposition stehen. Dies tun wir schon aus dem Grunde nicht, weil uns die Situation, in der sich das Sudetendeutschtum in diesem Staate befindet, viel zu ernst ist. Aber eines tun wir allerdings zum Unterschied von den deutschen Koalitionsparteien: Die Wahrheit sagen wir u. zw. so klar, als es überhaupt nur denkbar möglich ist, und wir nennen die Dinge bei den Namen, bei denen sie genannt werden müssen. Wir zeigen Ihnen die Wurzeln aller dieser uns bedrückenden wirtschaftlichen, sozialen und nationalen Übels auf, damit sie dieselben endlich erkennen sollen und Ihnen, wenn Sie wollen, an den Leib gehen können. Dabei bedienen wir uns aber auch all der ehrlichen Überzeugung, die in uns allen ist. Denn, meine Damen und Herren, auch das muß immer gesagt werden: Wir sind keine Irredentisten, wir sind keine Staatsfeinde, als die uns gerne ein Teil von ihnen hinzustellen beliebt. Wir hetzen damit keineswegs gegen den Staat, weil wir genau wissen, daß wir damit unserem eigenen Volke nur einen sehr schlechten Dienst erweisen würden, denn wir wissen, daß neben Ihrer Heimat in diesem Staate auch unsere liegt. Deshalb verlangen wir für uns Deutsche - und dabei sprechen wir, ob Sie es nun wahr haben wollen oder nicht, ist uns letzten Endes vollkommen gleichgültig - für 70 % des Sudetendeutschtums, daß Sie, die Sie die Macht und damit die Mittel haben, Zustände ändern, die sich letzten Endes nicht nur für unser Volk, sondern wenn Sie es weiter so treiben, für den Staat schlecht auswirken müssen. Wir können dies sagen, weil wir diesen Kampf, der unser wirtschaftliches, soziales und nationales Leben, aber auch schon unser kulturelles Leben bedroht, nicht gewollt haben, sondern weil Sie uns diesen Kampf aufgezwungen haben. Und daß wir uns mit allen uns zur Verfügung stehenden legalen Mittel zur Wehr setzen, das, meine Damen und Herren, ist unser gutes Recht und davon werden Sie uns niemals abbringen. Von diesem Kampfe um unser Recht und um die soziale Besserstellung der breiten Schichten unserer ma

nuellen und geistigen Arbeiter wird man uns erst dann abbringen, wenn Sie durch Ihr zukünftiges Handeln und durch Taten den Beweis liefern, daß es Ihnen wirklich ernst um die Lösung des sudetendeutschen Problems zu tun ist, wenn Sie Beweise schaffen werden, die uns die Sicherung der Existenz unserer Volksgruppe verbürgen. (Potlesk poslancù strany sudetskonìmecké.)


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