Ich hatte Gelegenheit, im Budgetausschuß sehr ausführlich,
und ich glaube auch sagen zu müssen, mit einer großen
Leidenschaftlichkeit die durch das Staatsverteidigungsgesetz geschaffene
Situation im sudetendeutschen Gebiete zu besprechen und darzulegen,
welche ungeheueren Rückwirkungen materieller und psychischer
Art sich in unserer Bevölkerung gerade aus der Anwendung
dieses Gesetzes ergeben. Ich glaube, gerade bei dieser Gelegenheit,
bei Gelegenheit der Vorlagen, die die Staatsverteidigung auch
finanzieren sollen, feststellen zu müssen, daß es notwendig
ist, daß der Minister für nationale Verteidigung seine
Ankündigung im Budgetausschuß wahrmacht, daß
die Härten des Gesetzes schleunigst aus der Welt geschafft
werden, weil die ganze Entwicklung der Frage für die deutsche
Bevölkerung unhaltbar geworden ist. Auf der anderen Seite
aber muß ich sagen, daß der Herr Minister für
nationale Verteidigung auch seine Zusage im Gedächtnis behält
und auch verwirklicht, nämlich die, daß sich vielleicht
solche Schwächen und Härten des Gesetzes schon erwiesen
haben, daß das Gesetz novelliert werden muß. Ich möchte
sagen, wenn das Gesetz nicht novelliert wird und wenn die Soldaten,
die es durchführen, nicht zurückgepfiffen werden, d.
h. wenn nicht wiederum alles auf Gesetz, Norm und Ordnung gestellt
wird, [] ist für uns, die wir ein kultiviertes Volk sind
und bleiben wollen, untragbar. Sie mobilisieren hundertfache Widerstände,
und Sie können auch den Zorn eines Volkes mobilisieren, wenn
Sie an den heutigen Maßnahmen und der heutigen Durchführung
dieses Gesetzes festhalten, weil jeden Tag, jede Stunde eine neue
Welle von Unzufriedenheit, Empörung und Bewußtsein,
das Unrecht geschieht, entsteht. Deshalb, meine Herren, in der
Politik entscheidet die Tat. Es hilft uns nicht, wenn von den
Behörden und auch von Ministern anerkannt wird, daß
eine gesetzliche Regelung Härten enthält und novelliert
werden muß, wenn nicht die Tat erfolgt und tatsächlich
mit den Dingen Schluß gemacht wird.
Eine bessere Gelegenheit gäbe es nicht, als gerade jetzt,
wo der Bevölkerung durch die Bedeckung des durch die Staatsverteidigung
hervorgerufenen Abganges so große Opfer auferlegt werden.
Ich möchte noch auf einige andere Dinge hinweisen, und zwar
auch darauf, daß wir vorgestern in diesem Hause einen Gesetzentwurf
vorgelegt erhalten haben, von dem ich, da er in Behandlung ist,
nur das Eine hier feststellen möchte, daß er den letzten
Rest an Rechtsordnung auflöst und, wie ich glaube, die Ankündigung
dafür ist, daß man auf èechischer Seite überhaupt
keine Verständigung mehr will. (Potlesk poslancù
sudetskonìmecké strany.) Wir können die
Vorlage über die Auflösung der Parteien in ihrem neuen
Teil so auffassen - und ich stelle fest, daß wir sie auch
so auffassen wollen und werden - daß sozusagen die volle
administrative Willkür eingesetzt wird und wir überhaupt
gar keine Hoffnung mehr haben dü rfen, daß hier nach
Recht und Ordnung entschieden wird. (Potlesk poslancù
sudetskonìmecké strany. - Výkøiky.)
Meine Herren, ich habe auf dieses Gesetz hingewiesen, weil
es meines Erachtens in einem so krassen Widerspruch zu allen Ausführungen
des Herrn Ministerpräsidenten und verschiedener anderer politischer
Persönlichkeiten, in so krassem Gegensatz zu Ihrer Außenpropaganda
steht. Sie, die einmal sagen, daß die Minderheiten ja viel
mehr bekommen haben, als sie zu fordern Anspruch hätten,
die aber auf der anderen Seite sagen, dort, wo die Dinge eben
gewisser Besserungen bedürfen, da werden sie eben gebessert
werden, Sie meine Herren, wollen ein Gesetz schaffen, von dem
ich Ihnen auf Grund der Erfahrungen, die wir mit den Schutz- und
Vorsichtsgesetzen gesammelt haben, sagen kann, daß es den
letzten Rest an Ordnung und Recht aus der Welt schafft.
Ich möchte doch auch die Frage aufwerfen: Es heißt
doch, daß der Besuch des französischen Außenministers
in dieser Stadt und in diesem Staate auch Fragen gilt, die der
Innenpolitik zugehören. Sollte es sein, daß zu diesen
Fragen auch das deutschèechische Verhältnis gehört,
dann müssen wir Ihnen sagen: Einen ungünstigeren Zeitpunkt
für die Vorlage dieses Gesetzes über die Auflösung
der Parteien konnten Sie sich nicht wählen als gerade jetzt,
weil Ihren behaupteten guten Absichten nichts so widerspricht
als der vierte Teil dieser Novelle. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Langr.) Wenn Sie,
meine Herren, davon überzeugen wollen, daß es von Ihnen
ernst gemeint ist, die innerpolitischen Verhältnisse zu klären,
dann könnten Sie sich aus Ihrer eigenen Vergangenheit überzeugen,
daß der Polizeiknüppel niemals Recht geschaffen hat,
sondern immer nur Unrecht, und daß innerpolitisch sehr heikle
seelische und psychologische Fragen nicht geordnet werden können,
indem man einen Zustand behauptet und als bestehend propagandistisch
darstellt, während hunderte Beweise und solche Ungeschicklichkeiten
wie der Entwurf, ganz klar nachweisen, daß es Ihnen mit
dieser Frage nicht ernst ist. (Posl. Bátková-Žáèková:
My, pane kolego, uplatòujeme demokracii spravedlivì
vùèi všem!) Frau Kollegin, ich möchte
Ihnen Folgendes sagen: Ich weiß und täusche mich nicht
darüber, was für die èechische Seite die Demokratie
bedeutet hat und bedeutet. Ich werfe Ihnen auf den èechischen
Bänken aber auch vor, daß Sie so unvorsichtig mit dem
Ihnen heiligen Gut umgehen, daß allmählich durch die
Gesetzgebung von der wahren Demokratie nichts mehr übrig
bleibt. (Výkøiky posl. Zischky, Kundta a Bátkové-Žáèkové.)
Místopøedseda Langr (zvoní): Prosím
o klid.
Posl. dr Peters (pokraèuje): Es ist nicht
möglich, daß man an einem Ideal festhält, ohne
das Ideal durch Handlungen zu verwirklichen. (Posl. Zischka:
Wenn von der Demokratie geredet wird, da habt Ihr es notwendig!)
Sie haben es sich leider abgewöhnt, Ihr Ideal der Demokratie
tatsächlich durch Handlungen zu unterbauen, die ehrlich,
offen, bedingungslos und vorbehaltlos gesetzt werden, und das
ist Ihr Fehler. (Posl. Netolický: Demokracie má
také své meze, které nesmìjí
býti pøekroèeny!) Jawohl, Herr Kollege,
ich stimme Ihnen vollkommen zu, daß auch die Demokratie
Grenzen hat, aber sie hat nicht nur Grenzen nach oben, sondern
auch nach unten. (Hluk. - Rùzné výk
øiky. - Posl. Jobst: Ein Sekretär macht Zwischenrufe,
er beleidigt Deutschland, das ist die Demokratie, die Sie einführen!
- Posl. dr Eichholz: Ein Klubsekretär macht Zwischenrufe!
- Posl. Uhlíø: Kdyby nebylo demokracie, tak
tady, pánové, nesedíte!)
Místopøedseda Langr (zvoní).
Prosím o klid.
Posl. dr Peters (pokraèuje): Eine Bemerkung
muß ich noch machen, Frau Kollegin. Sie sehen, daß
unser gewesener Koll. Štìtka Zwischenrufe machen kann.
Ich stelle fest, es ist eine unerhörte Unordnung, daß
er es machen kann, und das haben auch andere Sekretäre schon
gemacht. Aber Demokratie ist das nicht! (Potlesk poslancù
sudetskonìmecké strany.)
Hohes Haus! Ich kann leider den Optimismus meines Vorredners,
Herrn Koll. Nìmec, über den Erfolg des sozialpolitischen
Ausschusses in der Vorlage über die Personalsparmaßnahmen
nicht teilen. Es ist richtig, daß der Regierungsentwurf
im sozialpolitischen Ausschuß eine Abänderung erfahren
hat. Aber wenn wir uns den Gesamteffekt dieser Arbeit anschauen,
können wir feststellen, daß man eigentlich nur bei
äußerlichen Änderungen stehen geblieben ist. Denn
letzten Endes ist den Staatsbeamten dadurch nicht mehr gegeben
worden, weil der Herr Finanzminister diesbezüglich von vornherein
die konkreten Besserungsvorschläge abgelehnt hat. Die Arbeit
im sozialpolitischen Ausschuß über diese Vorlage war
eigentlich dadurch bestimmt, daß diese ganze Vorlage in
den Staatsvoranschlag eingepaßt werden mußte und die
Beratungen über diese Vorlage eigentlich nur akademischen
Charakter hatten. Denn über das Budget war bereits abgestimmt
worden, es war daher die Ausgaben- und Einnahmenseite des Staates
festgelegt und die Verhandlungen hatten da gewissermaßen
bereits eine gebundene Marschroute. Es ist auch klar gewesen,
daß von vornherein der Staat wieder einmal wie bei sonstigen
Gelegenheiten den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen versuchte.
Er ist auch diesmal diesen Weg gegangen und so konnten wir beobachten,
daß die Staatsbeamten in ihren Erwartungen und Hoffnungen
wiederum getäuscht wurden. Jahre hindurch wird bereits den
Staatsangestellten eine Milderung ihrer Abzüge in Aussicht
gestellt und nun erleben wir es, daß diese Milderung derartig
ist, daß sie eigentlich fast gar nicht in die Wagschale
fällt. Wenn wir uns die Rede des Berichterstatters im Budgetausschuß,
des Abg. Bergmann, vor Augen führen und die Ausschußberichte
selbst lesen, dann klingt eigentlich ein sehr pessimistischer
Ton heraus. Es ist selbst im Bericht des Budgetausschusses festgestellt
worden, daß die Besserung der Abzüge ab 1. Jänner
des nächsten Jahres bei einem Einkommen von 9300 Kè
nur 23 Heller täglich beträgt und bei einem Einkommen
von 23.400 Kè nur 51 Heller täglich. Da sich innerhalb
dieser Spanne die meisten Abzüge gestalten und die meisten
Staatsangestellten davon betroffen werden, sehen wir, daß
diese Änderung eigentlich sehr geringfügig ist. Man
kann es höchstens als Erfolg des sozialpolitischen Ausschusses
betrachten, daß diese Vorlage nur auf ein Jahr terminiert
wurde, aber auch dieser Erfolg ist problematisch, wenn wir wissen,
daß die Regierung jederzeit die Möglichkeit hat, im
nächsten Jahre eine weitere Verlängerung dieser Sparmaßnahmen
im jetzigen Ausmaße zu verlangen und auch durchzusetzen.
Daß die Aufbesserung nicht in einem größeren
Ausmaß vorgenommen w urde, ist schon aus dem Grunde zu bedauern,
weil die Verschuldung der Staatsangestellten bereits ein ungeahntes
Ausmaß erreicht hat. Es ist berechnet worden, daß
die Verschuldung 2ÿ5 Mililarden beträgt. Wenn wir bedenken,
daß die Aufbesserung auf der anderen Seite wieder ausgeglichen
werden wird durch neue Steuerzuschläge und vor allem auch
durch den Wehrbeitrag, der 1.5 % beträgt, so wird hier die
Mehrbelastung eigentlich größer sein als die Mehrbezahlung.
Außerdem müssen wir mit einer allgemeinen Steigerung
der Lebensmittelpreise rechnen, so daß praktisch der Staatsangestellte
wohl von dieser Aufbesserung seiner Bezüge wenig haben dürfte.
Wir müssen hier auch eindeutig feststellen, daß es
nicht nur im Interesse der materiellen Besserstellung der Staatsangestellten
an und für sich ist, sondern auch im Interesse des Staates
selbst, denn wenn er vom Staatsangestellten Verantwortungsbewußtsein,
Opferfreude und Arbeitswilligkeit verlangt, dann muß er
auch dafür sorgen, daß er von den größten
Sorgen um die materielle Existenz befreit wird. Der Herr Ministerpräsident
hat gelegentlich einer Vorsprache der Staatsangestellten darauf
hingewiesen, daß alle Stände in diesem Staate für
die Aufrüstung des Staates Opfer bringen müßten
und daß daher auch die Staatangestellten davon nicht ausgenommen
werden könnten.
Wir müssen in diesem Zusammenhang daran erinnern, daß
berechnet worden ist, daß die Staatsangestellten allein
auf Grund der letzten Maßnahmen aus dem Jahre 1932 und 1933
durchschnittlich 57 Millionen Abzüge jährlich zu leisten
hatten und daß auch die Abzüge in Zukunft noch eine
bedeutende Summe ausmachen werden. So werden die Staatsangestellten
nach dem 1. Jänner 1938 eigentlich noch 17ÿ8% ihrer
Bezüge dadurch einbüßen, daß die eigentlichen
Abzüge immer noch 10 % betragen. Dazu kommt, daß die
Angestellten die Weihnachtszulage und die seinerzeitigen Zuschläge
zum Pensionsbeitrag in der Höhe von 2 % einbüßen.
Die Angestellten, die einen vollen Anspruch hatten und vor der
Pensionierung stehen, werden auf Grund der bisher noch geltenden
Sätze einen Abzug von 23ÿ8 % ihrer Bezüge zu leisten
haben. Wir sehen also, daß die Staatsbeamten wirklich große
Opfer für die Erfordernisse des Staates geleistet haben und
auch noch in Zukunft leisten werden.
Ganz entschieden aber müssen wir in der Vorlage jenen Passus
ablehnen, nach dem die Pensionisten vom April des heurigen Jahres
von der weiteren Senkung der Abzüge ausgenommen werden. Es
trifft diese Pensionisten umso härter, da sie noch höhere
Abzüge haben, als die aktiven Angestellten und im allgemeinen
auch davon eine große Zahl von verhältnismäßig
jungen Pensionisten betroffen wird, Pensionisten, die noch allerhand
Auslagen für die Erziehung ihrer Kinder zu leisten haben,
die die Opfer j enes Abbaugesetzes aus dem Jahre 1924 geworden
sind, das seinerzeit mit einer Reform der öffentlichen Verwaltung
begründet wurde, das aber mehr oder weniger nur den Zweck
hatte, dem èechischen Nachwuchs Platz zu machen. Denn wir
wissen, daß am Ende dieses Abbaugesetzes mehr Staatsbeamte
aufzuweisen waren als zu Beginn dieses Gesetzes. Der Effekt dieses
Gesetzes ist also seinerzeit nicht erreicht worden und jetzt soll
noch dazukommen, daß diese Pensionisten, die damals in der
Vollkraft ihrer Jahre ein Opfer dieser Politik wurden, auch weiterhin
geschädigt werden sollen, daß sie nicht in den Genuß
der Abzügesenkung kommen werden, wie die aktiven Staatsangestellten.
Sie werden also mehr oder weniger schuldig gemacht für eine
Politik, die sie selbst nicht verschuldet haben. Es wird aus der
Pensionistenfrage ein Problem gemacht, das lediglich die Regierung
selbst gemacht hat. Wenn man aber hier wieder einen Unterschied
macht in den Pensionistenfragen, daß man sie in den Genuß
der Abzüge vom 1. Jänner treten läßt und
nicht vom 1. April, so schafft man eigentlich wieder zwei Kategorien
von Pensionisten und wir werden wieder Alt- und Neupensionisten
haben, einen Zustand, wie man ihn bereits einmal hatte, und wie
man ihn durch die Gleichstellung der einzelnen Pensionisten-Stufen
abschaffen wollte.
In diesem Zusammenhang kommen wir unwillkürlich auf die gesamte
Beamten- und Personalpolitik des Staates. Es ist zwar heuer am
18. Feber der Versuch verheißen worden, hier eine Änderung
herbeizuführen, aber der Herr Ministerpräsident hat
selbst im Budgetausschuß des Abgeordnetenhauses Zahlen angeführt,
die beweisen, daß hier noch keine ernste Remedur geschaffen
wurde, denn der Herr Ministerpräsident hat erklärt,
daß im ersten Vierteljahr nach dem Feberabkommen nur 8ÿ52
% Deutscher unter den Neuaufgenommenen im Staatsdienste waren,
im zweiten Vierteljahre allerdings etwas mehr, 12.5%, d. h. immer
noch ungefähr nur die Hälfte von jenem Prozentsatz,
der dem Deutschtum in diesem Staate auf Grund des Nationalitätenschlüssels
zukommen müßte. Es ist auch in der Frage der Ernennungen
und der Beförderungen keine wesentliche Änderung in
der Personalpolitik gegenüber dem Sudetendeutschtum festzustellen.
Ich will Ihnen hier nur einmal wieder die großen Verluste
kurz aufzeigen, die das Sudetendeutschtum im Staatsdienst und
damit am gesamten Volkseigentum in den Jahren 1921 bis 1930 erlitten
hat. Es ist statistisch einwandfrei nachgewiesen, daß der
Rückgang des deutschen Elementes im Postdienst in den Jahren
1921 bis 1930 41ÿ2 %, im Eisenbahndienst 48ÿ5 %, in
der öffentlichen Verwaltung 49 % und im Militärdienst
70ÿ4% beträgt. Sie sehen daraus, meine Herren, daß
hier wirklich ungeheuere Verluste zu verzeichnen sind, und daß
die Beschwerden, die das Sudetendeutschtum in dieser Richtung
immer wieder vortragen muß, kein bloßes Querulantentum
ist, sondern wirklich sachlich und statistisch begründet
sind. Wenn ich Ihnen weiter dazu sage, daß in der Finanzwache
vom Jahre 1919 bis 1929 664 Èechen aufgenommen wurden und
nur 4 Deutsche, und in den Jahren 1930 bis 1937 762 Èechen
und nur 3 Deutsche, wenn ich weiter darauf hinweise, daß
unter 106 Bezirkshauptleuten nur 11 Deutsche sind, also nur 10
%, und im Konzeptsdienst der Staatspolizei von 270 Stellen fast
überhaupt keine einzige von einem Deutschen besetzt ist,
dann werden Sie daraus entnehmen können, daß hier tatsächlich
keine einzige wesentliche Änderung zu verzeichnen ist, denn
gerade im Kapitel Staatspolizei sind ja diese Maßnahmen
erst in den letzten Jahren getroffen worden.
Wir müssen daher auch weiterhin unbedingt verlangen, daß
das Sudetendeutschtum und vor allem der junge Nachwuchs desselben
in viel größerem Ausmaße in Zukunft berücksichtigt
wird als bisher. Das Ausmaß muß größer
sein als der nationale Schlüssel, damit wir einigermaßen
diese Lücken auffüllen, die wir in dieser Richtung heute
aufweisen. Es wird immer wieder in diesem Zusammenhang darauf
hingewiesen, daß das Sudetendeutschtum mit daran schuld
sei, wenn es heute im Staatsdienst weniger vertreten sei, als
es ihm zukomme, nicht nur zahlenmäßig, sondern auch
auf Grund der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedeutung
in diesem Staate. Das stimmt meiner Meinung nach nicht, denn diese
Verluste sind zum größten Teil durch die systematische
Abbaupolitik gegenüber dem Sudetendeutschtum entstanden und
nicht dadurch, daß der junge sudetendeutsche Nachwuchs sich
nicht vielleicht hätte in die neue Mentalität entsprechend
einleben können, wie es der Herr Ministerpräsident gesagt
hat. Es mag sein, daß in den ersten Jahren der Republik
nicht genügend sprachlich qualifizierter Nachwuchs vorhanden
war. Das ist aber eine Begründung, die meiner Überzeugung
nach heute auf keinen Fall mehr aufrecht zu erhalten ist. Denn
es gibt heute genügend j unge Sudetendeutsche, die sich bereits
die Kenntnis der Staatssprache in hinreichendem Maße in
den Schulen und vor allem im Militärdienst angeeignet haben.
Aber Sie müssen dabei vor allem mit jenem zweierlei Maß
in den Sprachprüfungen aufräumen. Wenn wir die Interpellationsbeantwortungen
anschauen, die die sprachlichen Mängel der èechischen
Staatsbeamten zum Gegenstand haben, so können wir immer wieder
feststellen, daß ihre Sprachkenntnisse als hinreichend hingestellt
werden, obwohl wir uns als Abgeordnete selbst täglich von
der unzureichenden Sprachkenntnis auch leitender Beamter bei den
Behörden überzeugen können. (Výkøiky.)
Die Sprachprüfungspraxis geht soweit, daß man sich
hier nicht mit dem tatsächlichen praktischen Gebrauch der
Sprache begnügt, sondern daß man allerhand andere Anforderungen
daran knüpft. Andererseits können wir wieder beobachten,
daß man noch ein anderes Mittel in den letzten Jahren ersonnen
hat, um den sudetendeutschen Nachwuchs vom Staatsdienst fernzuhalten.
Man prüft nämlich nicht nur die Gesinnung des Betreffenden
selbst, der sich um eine Stelle im Staatsdienst bewirbt, sondern
auch die Gesinnung der gesamten Verwandtschaft, seines ganzen
Bekanntenkreises und stützt sich dabei auf Informationen
von Privatleuten. Ich könnte Ihnen hier den Beweis bringen
von einem Gendarmeriebericht aus dem Tetschener Bezirke, wo ein
Gendarm an die Bezirksbehörde schreibt, er wisse zwar nichts
über den Betreffenden und seine Leute, aber er habe festgestellt,
daß sie deutschnationaler Gesinnung seien und er bitte daher,
diese Leute in dem Verzeichnis der staatlich unzuverlässigen
Personen zu führen. (Výkøiky posl. dr Peterse.)
Es ist also so, daß hier bloß Vermutungen gelten,
daß die deutschnationale oder völkisch nationale Gesinnung
allein schon ein Verbrechen sein soll, um diesen Mann als staatlich
unzuverlässig zu stempeln. Ich bin bereit, den Bericht dieses
Gendarmen vorzulegen, wenn Sie diese Sache nicht glauben wollen.
(Výkøiky.) Hier ist nur durch Z ufall einmal
eine solche Sache aufgeflogen. Dieselbe Gesinnungsschnüffelei
treibt man aber nicht nur bei der Neuanstellung von Beamten und
Angestellten im Staatsdienst, sondern auch bei der Beförderung
und Ernennung von Beamten in höhere Rangsklassen. So kommt
es, daß wir heute z. B. im Finanzdienst und bei der Gefällskontrolle
meist nur Beamte und Angestellte in den mittleren Gehaltsstufen
haben. Die meisten davon sind pensionsreif und es ist zu erwarten,
daß, wenn diese Leute in Pension gehen werden, es dann in
Böhmen im Jahre 1940 nur 8 Beamte in der staatlichen Gefällskontrolle
geben wird. Es ist also hier ein System zu verurteilen, an dem
wir aber auch noch nicht die geringste Besserung und Änderung
sehen.
Wir müssen verlangen, daß Sie endlich auch einmal die
verschiedenen Disziplinarfälle gegen deutsche Staatsangestellte,
die sich schon jahrelang hinziehen, liquidieren und daß
die deutschen Staatsangestellten auch hinreichend in den Qualifikationskommissionen
vertreten sind. Denn heute sind sie sozusagen fast gar nicht vertreten.
Das ist nicht nur eine Diffamierung der einzelnen deutschen Staatsangestellten,
sondern das ist eine Diffamierung des Sudetendeutschtums schlechthin.
(Potlesk poslancù sudetskonìmecké strany.)
Wir können uns auf die Dauer diese Diffamierung nicht
mehr gefallen lassen und weisen darauf hin, daß das Sudetendeutschtum
sich gerade auf diesem Gebiete ungeheuere Verdienste erworben
h at, nach der Gründung der Republik, denn was hätten
Sie damals gemacht ohne die erprobten deutschen Verwaltungsbeamten,
die Sie aus der alten österreichisch-ungarischen Monarchie
übernommen haben (Posl. dr Peters: Und die man zum Danke
dann hinausgeschmissen hat!), und als sie diese Dienste erfolgreich
geleistet hatten, hat man sie entweder nicht weiter befördert
oder abgebaut. Es ist hier weiterhin eine Diskriminierung des
Sudetendeutschtums festzustellen, und weil wir nicht die Überzeugung
haben, daß Sie in absehbarer Änderung in der Personalpolitik
werden, deswegen lehnen wir a Vorlage ab. (Potlesk poslancù
nìmecké strany.)