Hohes Haus! Bevor ich zu dem komme, was ich zu sagen habe, obliegt
mir, zunächst mit einigen Worten der Toten zu gedenken, die
die Opfer der letzten Grubenkatastrophe waren. Ich erkenne an,
daß die Regierung die notwendigen Hilfsmaßnahmen getroffen
hat und ich möchte Sie im Sinne der Ausführungen des
Koll. Pik bitten, nicht zuzuwarten mit einer entsprechenden
Novellierung sowohl der zivilen als auch der Strafgerichtsbarkeit,
damit die Möglichkeit derartiger Katastrophen in Zukunft
auf das möglichste Minimum herabgedrückt wird.
Wenn ich zu den Ausführungen des Herrn Abg. Krejèí
etwas sagen darf, ist es nur das eine: Wenn die Herren die Wahrheit
sagen wollten, müßten sie feststellen, daß ich
weder für die Geschäftsführun g, noch für
die Vorgänge bei der Firma Etrich verantwortlich bin ...
(Rùzné výkøiky. - Hluk.)
Místopøedseda Langr (zvoní): Prosím
o klid.
Posl. dr Kellner (pokraèuje): ... daß
ich dort nicht einmal das Stimmrecht genieße, auch keinen
Einfluß habe, weil ich eben kein Stimmrecht besitze, und
wer das Gegenteil behauptet, spricht bewußt die Unwahrheit.
(Výkøiky.) Auf der anderen Seite haben Sie
noch niemals von mir gehört, daß ich mich gegen berechtigte
Forderungen der Arbeiterschaft verschlossen oder mich geweigert
hätte, sie anzuerkennen. (Posl. Katz: Sie müssen
vor die Arbeiter treten und ihnen sagen: "Ja, Ihr
habt recht, wenn Ihr streiket!") Vor meine Arbeiter trete
ich schon, mit denen setze ich mich auseinander, aber nicht vor
Ihre. (Posl. Zischka: Hier werden Sie sich auch mit uns auseinandersetzen!)
Mit Ihnen? Das hängt von meinem Willen ab, nicht von
Ihrem. Es liegt in meinem Ermessen, ob ich mich mit einem so dekorierten
Abgeordneten auseinandersetze oder nicht. (Posl. Heeger: So
ein Abgeordneter, wie Sie sind?) Schimpfen kann jeder. (Posl.
Katz: Wann kommt die Erklärung, daß Sie aus der SDP
gehen?) Darauf werden Sie sehr lange warten können. Im
übrigen habe ich jetzt hier nicht die Absicht, mit Ihnen
zu polemisieren, sondern über die Vorlage zu sprechen. (Hluk
trvá. - Výkøiky posl. Katze.)
Místopøedseda Langr (zvoní): Žádám
pana posl. Katze, aby nerušil jednání.
(Hluk trvá.)
Žádám pana øeèníka, aby
pokraèoval. (Výkøiky posl. Heegera.)
Posl. dr Kellner (pokraèuje): Ich habe schon
dreimal gesagt, daß ich für die berechtigten Forderungen
der Arbeiterschaft bin. (Hluk trvá. - Stálé
výkøiky posl. Katze.)
Místopøedseda Langr (zvoní): Prosím
o klid. Žádám opìt pana posl. Katze,
aby nerušil. (Výkøiky posl. Zischky.)
Prosím pana posl. Zischku, aby zachoval klid. (Hluk
trvá.)
Prosím o klid. (Posl. Jaksch: Jetzt bin ich neugierig
und möchte wissen, wie die Sache zusammenhängt! -
Výkøiky posl. Heegera.)
Posl. dr Kellner (pokraèuje): Ich bin nur
Leuten gegenüber verpflichtet, mit der gleichen Moral, wie
ich sie habe. Ich habe Ihnen schon dreimal erklärt, daß
ich mich niemals berechtigten Forderungen der Arbeiterschaft verschlossen
habe. Ich bin für die Dinge nicht verantwortlich. Ich bin
übrigens nicht hierher gekommen, um mit Ihnen zu polemisieren,
sondern um zur Vorlage über die Feldgerichtsbarkeit Stellung
zu nehmen. Wenn Sie mich nicht anhören wollen, schreien Sie
mich nieder, das steht Ihnen frei.
Wenn der Motivenbericht der heutigen Vorlage die Erfahrungen des
Weltkrieges ... (Posl. Beuer: Mit Jungbuch sind Sie schon fertig?
Er rettet sich ins Feldgericht! - Posl. Zischka: Als Aktionär
des Etrich Betriebes müssen Sie sich auseinandersetzen!)
Sie sind ein Lügner, wenn Sie das behaupten, ein bewußter
Lügner. (Posl. Beuer: Sie haben die Volksgemeinschaft
schon blamiert, ein schwarzer Tag für die SDP! -
Hluk.)
Místopøedseda Langr (zvoní): Prosím
o klid.
Žádám pana øeèníka, aby
pokraèoval v øeèi.
Posl. dr Kellner (pokraèuje): Wenn der Motivenbericht
die Erfahrungen des Weltkrieges mit der Feldgerichtsbarkeit nicht
ungünstig nennt, so kann ich diese Ansicht nicht teilen.
Kriegsgerichte sind nun einmal keine objektiven Gerichte, sondern
immer bereit und gewillt, Macht und Opportunität vor Recht
gehen zu lassen, d. h. die Dinge mehr von der Notwendigkeit des
Augenblicks als vom Standpunkt der Gerechtigkeit zu beurteilen.
Diese Unzulänglichkeiten der Kriegsgerichte, nicht aber der
Mangel an Zeit, wie der Motivenbericht meint, waren der Grund,
daß die revolutionäre Nationalversammlung vom Jahre
1918 das Kriegsgerichtverfahren abgeschafft hat. Indessen 18 Jahre
sind eine lange Zeit und heute gilt als Errungenschaft die Wiedereinführung
mancher altösterreichischen Institutionen, deren Abschaffung
seinerzeit als Fortschritt gepriesen wurde. (Výkøiky
posl. Zischky.).
Místopøedseda Langr (zvoní): Volám
pana posl. Zischku k poøádku.
Žádám pana øeèníka, aby
pokraèoval ve své øeèi.
Posl. dr Kellner (pokraèuje): Will man die
gegenständliche Vorlage in ihrer ganzen Tragweite beurteilen,
so darf man sie nicht als Einzelerscheinung werten, sondern muß
in ihr ein Glied jener Kette sehen, die man bei uns seit Jahr
und Tag der bei uns soviel gepriesenen Demokratie anzulegen bemüht
ist. Das erste Glied dieser Kette ist das seither wiederholt erneuerte
Ermächtigungsgesetz vom 9. Juli 1933 über eine außerordentliche
Ermächtigungsgewalt der Regierung, die der Verfassung unbekannt
ist, und die mit zahlreichen Bestimmungen der Verfassung in krassem
Widerspruch steht. Durch das, bzw. die Ermächtigungsgesetze
hatte sich die Regierung in zahlreichen Beziehungen von der ihr
lästigen verfassungsmäßigen Kontrolle der Nationalversammlung
befreit und sich für weite und sehr wichtige Sachgebiete
eine geradezu diktatorische Vollmacht verschafft, die mit dem
Wesen der Demokratie, welche die Èechoslovakische Republik
sein will, nur schwer in Einklang zu bringen ist. Ein weiterer
Schritt auf diesem Weg war dann das Parteienauflösungsgesetz
vom Oktober 1933, Slg. 201, welches im wesentlichen mit dem Grundsatz
der Gewaltenteilung einerseits und mit dem Verbot der Kabinettsjustiz
andererseits brach, Institutionen, welche bisher als Säulen
jedes demokratischen Regimes galten und demzufolge auch in unserer
Verfassung verankert sind. (Posl. dr Jar. Dolanský:
Sind Sie Aktionär oder Reaktionär?) Sie sind ein
Lügner, das weiß ich.
Fortgesetzt wurde diese Entwicklung schließlich durch das
Staatsverteidigungsgesetz, das sich vom politischen Gesichtspunkt
aus vielleicht als das wichtigste Gesetz der lezten Jahre darstellt.
Es verletzt zahlreiche Bestimmungen der Verfassungsurkunde, so
die gewährleistete Gleichheit vor dem Gesetz, insbesondere
in den § § 19 und 21, die sich auf die staatliche Verläßlichkeit
beziehen.
Es bricht mit dem im § 3 der Verfassungsurkunde festgesetzten
Grundsatz der Einheitlichkeit des Staatsgebietes, indem es eine
eigene Grenzzone schafft, der 56% des Staatsgebietes angehören
und für die Sonderbestimmungen gelten. Es widerspricht demzufolge
aber auch dem in der Verfassungsurkunde festgelegten Begriff einer
demokratischen Republik, welche die Èechoslovakische Republik
sein will. Gleichzeitig verschafft das Staatsverteidigungsgesetz
der Regierung zusammen mit dem Präsidenten für den Fall
des dort vorgesehenen Ausnahmszustandes eine geradezu überragende
durch keine parlamentarische Kontrolle beschwerte Stellung, die
Möglichkeiten eröffnet, welche sonst nur in autoritären
Staaten zu Hause sind.
Auch der vorgelegte Entwurf ist nur ein weiterer Schritt auf diesem
Wege. Das kommt insbesondere im zweiten Absatz des § 453
des Entwurfes zum Ausdruck, der es zuläßt, daß
ein Feldgericht außerhalb des Feldes oder in der Zeit, wo
ein Feld noch nicht besteht, errichtet werden kann, u. zw. durch
die Regierung mit Zustimmung des Präsidenten der Republik
im Wege einer Verordnung, wenn im Innern des Staates oder an seinen
Grenzen Ereignisse eintreten, die die Einheit des Staates, seine
demokratisch-republikanische Form, die Verfassung oder die öffentliche
Ruhe und Ordnung in erhöhtem Maße bedrohen. Die Rechtsgüter,
die uns hier geschildert sind, sind uns aus einer Reihe zahlreicher
anderer Gesetze bekannt, Schutzgesetz, Staatsverteidigungsgesetz
usw. und es sind demnach für diese Rechtsgüter Sicherungen
in hinreichendem Maße vorhanden, sodaß dazu eine Sonderbestimmung
hinsichtlich der Feldgerichtsbarkeit nicht notwendig ist und ein
Bedürfnis auf Ausdehnung der Feldgerichtsbarkeit nicht gegeben
ist. Die Ausdehnung der Feldgerichtsbarkeit auf ein Gebiet außerhalb
des Feldes oder auf die Zeit, wo noch kein Feld besteht, ist auch
verfassungswidrig u. zw. aus folgenden Gründen: Nach §
95 der Verfassungsurkunde heißt es, daß die Gerichtsbarkeit
in Zivilrechtssachen den bürgerlichen Gerichten u. zw. den
ordentlichen oder außerordentlichen und den Schiedsgerichten
zusteht, die Gerichtsbarkeit in Strafsachen steht den bürgerlichen
Strafgerichten zu, insoweit sie nicht durch ein besonderes Gesetz
den Militärstrafgerichten zugewiesen wird. Die Zuständigkeit
der Militärgerichte für die Zivilbevölkerung ist
nur zur Zeit des Krieges gegeben und auch nur für die zu
dieser Zeit begangenen Handlungen. Nun finden wir in den §
§ 128 und 129 des Staatsverteidigungsgesetzes, daß
dort die Militärgerichtsbarkeit an sich auf eine Reihe von
Zivilpersonen ausgedehnt wird. Indem nun der § 471 des Entwurfs
die Zuständigkeit der Feldgerichte auf alle der Militärgerichtsbarkeit
unterliegenden Personen ausspricht, so entzieht er damit jene
Zivilpersonen, die durch das Staatsverteidigungsgesetz der Militärgerichtsbarkeit
unterworfen wurden, in verfassungswidriger Weise den ihnen von
der Verfassung vorgeschriebenen Gerichten und bricht damit auch
mit dem Grundsatz, daß niemand seinem ordentlichen Richter
entzogen werden darf.
Eine auffallende Bestimmung enthält schließlich der
letze Absatz des § 462, in dem es heißt, daß
als Beisitzer Personen mit einem größeren Lebenshorizont
auszuwählen sind, welche die militärischen Verhältnisse
und Vorschriften kennen, und für die Erfordernisse des Staates
Verständnis haben. Das ist eine Selbstverständlichkeit.
Man kann nicht jemanden zum Richter machen, dem diese Qualifikation
fehlt. Wenn man aber eine solche Bestimmung hineinnimmt, eröffnet
man damit die Gefahr, daß man hier gerade wieder dem zuständigen
Kommandanten ein Mittel an die Hand geben will, ohne besondere
Begründung einzelne Personen von der Teilnahme an den Feldgerichten
auszuschließen.
Ebenso zu rügen ist die Bestimmung des § 473 des Gesetzes,
in dem es heißt, daß Vertreter oder Verteidiger vor
dem Feldgericht nur eine in das Verzeichnis der zur Verteidigung
in diesen Angelegenheiten berechtigten Verteidiger eingetragene
Person oder ein aktiver Offizier des Justizdienstes sein kann,
von den nichtaktiven Offizieren des Justizdienstes nur derjenige,
der auch in dieser Liste der Verteidiger erscheint. Hier ergibt
sich ohne weiteres die Möglichkeit, daß jemand, der
die Qualifikation hat, Offizier zu sein - der Staat schenkt ihm
Vertrauen darüber hinaus nicht die Erlaubnis erhält,
vor diesem Gericht zu verteidigen; das steht ja doch in einem
gewissen Widerspruch zu einander.
Zu rügen ist endlich Absatz b) des § 477. Danach kann
das Ministerium für nationale Verteidigung wieder aus Gründen
der Erhaltung der militärischen Zucht oder Sicherheit des
Militärs oder der öffentlichen Ruhe und Ordnung jedes
Rechtsmittelverfahren ausschließen.
Hohes Haus! Wie ich schon sagte, verfügen die Regierung und
die Behörden über so viel Mittel, die militärische
Zucht und Sicherheit des Militärs, die öffentliche Ruhe
und Ordnung zu erhalten, daß es absolut nicht notwendig
und nicht einzusehen ist, daß man zum Nachteil des Angeklagten
aus diesen Scheingründen den Rechtsmittelzug bedeutend verkürzt.
Beanständen muß ich auch noch jene Bestimmung des §
481, nach der es ganz allein und auss chließlich dem Ermessen
des Kommandanten anheimgestellt ist, ob er ein Gnadengesuch weiterleiten
will oder nicht. Damit bek ommt, kann man sagen, der zuständige
Kommandant fast das ausschließliche Begnadigungsrecht. Ihm
allein bleibt es überlassen, ob er jemanden der Begnadigung
zuführen will oder nicht. Es wäre statt dessen besser,
den alten Zustand wieder herzustellen, wonach das Begnadigungsgesuch
unbedingt vorzulegen ist und dem betreffenden Kommandanten nur
eine Befürwortung oder Abweisung zusteht.
Wenn ich noch einmal zurückkomme auf die Möglichkeit,
ein Feldgericht auch außerhalb des Krieges oder zur Zeit,
wo noch kein Feld existiert, zu errichten, so muß ich sagen:
Um jene Rechtsgüter, die hier geschützt werden sollen,
zu schützen, genügt voll und ganz die Institution des
Standrechtes, wie sie in beiden Strafprozeßordnungen, sowohl
in der Militärstrafprozeßordnung wie in der Zivilstrafprozeßordnung,
vorkommt. Die Regierung hat damit so viele Möglichkeiten,
jede Unruhe und all das, woran hier gedacht ist, zu unterdrücken,
daß keine weiteren Notwendigkeiten vorhanden sind, die Feldgerichtsbarkeit
auch außerhalb des Feldes, zur Zeit, wo das Feld noch nicht
besteht, anzuwenden.
Aus diesen Gründen lehnen wir die Vorlage ab. (Potlesk
poslancù sudetskonìmecké strany.)