Úterý 27. dubna 1937

Příloha k těsnopisecké zprávě

o 96. schůzi poslanecké sněmovny Národního shromáždění republiky Československé v Praze v úterý dne 27. dubna 1937.

1. Řeč posl. Krejčího (viz str. 16 těsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Wir stehen unter dem schrecklichen Eindruck des Grubenunglücks bei Rokycan. Wir haben hinsichtlich der Verfolgung der Schuldigen nicht mehr als meine Vorredner zu sagen, möchten aber aus Gründen der Notwendigkeit bemerken, daß es sich bei der Feststellung der Zustände auf der betreffenden Grube keineswegs um eine Erscheinung handelt, die nur die deutschen Unternehmer herbeiführen, sondern wir hatten gerade jetzt in Ostböhmen Gelegenheit festzustellen, daß auch in jenen Bergwerken, die von Unternehmern čechischer Nation geführt werden, die ganz gleichen Zustände wie hier herrschen. Wir wissen, daß in Schwadowitz deutsche und čechische Bergarbeiter durch die Verhältnisse, die dort herrschen, gezwungen, in einen wochenlangen Streik treten mußten, bevor sie die Unternehmer belehren konnten, daß man dem Bergarbeiter menschenwürdige Verhältnisse bieten muß.

Bei der Frage des Gesetzes über das Strafverfahren im Felde möchten wir zu dem § 453, der die Möglichkeit bietet, daß in gewissen Situationen im Hinterlande durch die Feldgerichte ein Verfahren eingeleitet werden kann, wenn eine den Staat bedrohende Situation vor allem im Grenzgebiete eingetreten ist, doch sagen, daß man hier bestimmte Garantien schaffen müßte, damit nicht, wie die Zustände gegenwärtig im Grenzgebiete sind daraus abgeleitet werden kann, daß für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung die militärischen Gerichte zuständig seien. Wie es bei uns im Grenzgebiet ausschaut, erfahren Sie tagtäglich aus den Zeitungen. Sie hören gerade gegenwärtig aus dem Gebiet, aus dem ich komme, daß dort von einem Zustand der Ruhe und Ordnung, wie sich der Bürger das vorstellt, nicht gesprochen werden kann.

Wir haben seit Wochen im Aupatal einen Streik der Textilarbeiter bei der Firma Etrich. Bei Ausbruch des Streiks ist es dort zu Ereignissen gekommen, wie man sie sonst bei wirtschaftlichen Kämpfen nicht oft zu beobachten hat. Es hat sich draußen die Meinung gebildet, als ob hier in Jungbuch weiß Gott welche politischen Ereignisse entscheidend gewesen seien, daß es zu diesen Zusammenstößen und dann im Gefolge zu dem Streik im Betrieb kam. Wir haben darüber hinaus in der Vorwoche den Ausstand von weit mehr als 3000 Textilarbeitern erlebt. Es ist notwendig, zur Aufklärung der Situation von dieser Stelle aus einige Tatsachen festzustellen. Warum sind die Arbeiter des Aupatales, vor allem bei der Firma Etrich spontan in den Streik getreten? Hier möchte ich wieder sagen: Es handelt sich nicht um das deutsche Unternehmertum allein, sondern um die Frage des Systems unserer Produktion überhaupt, denn wir stellen gerade bei uns fest, daß nicht nur bei deutschen Firmen, sondern beispielsweise auch bei der čechischen Firma Fejfar und Mládek die gleichen Zustände herrschen wie bei Etrich. Ich sage das, damit man mich nicht beschuldigt, ich hätte deutsche Unternehmer angegriffen und die Sünden der čechischen nicht gesehen. Aber die Verhältnisse in der Textilindustrie sind so fürchterlich geworden, daß man den Kampf, den die Arbeiter gegen diese maßlose Ausbeutung und Rechtlosigkeit in den Betrieben aufgenommen haben, begreifen muß, auf welchem Standpunkt man auch immer stehen möge. Es ist in der Öffentlichkeit erklärt worden, daß das, was in den Zeitungen und Flugblättern der Öffentlichkeit über die Ursache des Streiks bekanntgegeben wurde, nicht den Tatsachen entspricht. Die Firma Etrich in Jungbuch hat an alle Stellen, die sich mit wirtschaftlichen Fragen beschäftigen, auch an die Prager Zentralstellen, ein Flugblatt gerichtet, in dem die Behauptung aufgestellt wird, daß vor allem die Löhne, die draußen gezahlt werden, weit höher seien, als es von den zuständigen Gewerkschaften behauptet werde. Man stellt nach der Berechnung der Firma fest, daß der Lohn für das Jahr 1936 im Durchschnitt 134.40 Kč betragen habe. Ich habe hier die authentischen Lohnkarten der Fi rma Etrich, in der Kanzlei der Firma Etrich selbst geschrieben, (Ukazuje mzdový lístek.) und ich gestatte jedem, auch dem Herrn Dr. Kellner, in sie Einsicht zu nehmen. Wenn Sie die Lohnkarten sehen, werden Sie begreifen, daß kein Wort zu viel, sondern eher zu wenig gesagt wurde. Wir haben die Lohnkarten aus dem Jahre 1929 und die der gleichen Arbeiter und Arbeiterinnen aus dem Jahre 1936 hier. Die Arbeiterin, die im Jahre 1929 in der Woche 135, 137, 144 und auch 191 Kč vierdient hat, hat im Jahre 1936 in 14 Tagen - man ist inzwischen zur längeren Lohnperiode übergegangen - nicht mehr verdient als 171, 184 und 168 Kč. Im Jahre 1936 hat also die gleiche Arbeiterin in 14 Tagen nicht mehr verdient, als sie im Jahre 1929 in 8 Tagen verdienen konnte. (Hluk. - Různé výkřiky. - Místopředseda Mlčoch zvoní.) Wir stellen fest, daß sich dabei seit dem Jahre 1929 in dem Betrieb eine Rationalisierung vollzogen hat, die dem Arbeiter ungeheure Lasten auferlegt. (Hluk. - Různé výkřiky.)

Místopředseda Mlčoch (zvoní): Prosím o klid.

Posl. Krejči (pokračuje): Zum besseren Verständnis möchte ich noch Folgendes sagen: (Hluk trvá. - Místopředseda Mlčo ch zvoní.) Im Jahre 1929 hat man bei der Firma Etrich für die Vorbereitung eines Ballen Jute 6.43 Kč an Lohn aufwenden müssen, im Jahre 1936 für den gleichen Arbeitsvorgang nur noch 2.97 Kč. Der Lohn ist also mehr als um die Hälfte gesunken. Diese Tatsachen festzustellen, halten wir für notwendig. Aber es sind nicht nur bei der Firma Etrich die Löhne in dieser unerhörten Weise abgebaut worden. Bei der gleichen Firma hat bei der Behandlung der Arbeiter ein System eingesetzt, das sich niemand auf die Dauer gefallen lassen kann und es wundert uns außerordentlich, daß gerade bei dieser Firma, in der die Volksgemeinschaft einen so starken Einfluß besitzt ... (Hluk.)

Místopředseda Mlčoch (zvoní): Prosím o klid.

Posl. Krejči (pokračuje): ... nicht nur deshalb, weil der Herr Dr. Kellner dieser Firma sehr nahe steht, - trotz all dem, was er in der Öffentlichkeit erklärt - er steht dieser Firma sehr nahe, könnte Einfluß auf sie haben, wenn er wollte. Abgesehen davon sind eine ganze Reihe der entscheidenden Betriebsführer Mitglieder der SDP, haben die Macht im Betriebe in der Hand und der Ausschluß des Spinnmeisters Bürger, jenes Leuteschinders, der so geschmacklos war, die ausgehungerten und ausgebeuteten und geprügelten Frauen noch zu Rendezvous einzuladen, ist nur der Beweis dafür, daß die Verbindung zwischen der Firma Etrich und der SDP sehr enge ist, u. zw. auch heute noch.

Meine Damen und Herren, sie werden es nicht für möglich halten; aber das System dieser entsetzlichen Ausbeutung und Rechtlosigkeit im Betriebe Etrich, der von den SDP-Leuten geführt wird, was man immerwieder sagen muß, hat dazu geführt, daß im Vorjahr durch die unabläßige Schikanierung der Arbeiter Dost irrsinnig geworden und im Irrsinn gestorben ist, hat weiter dazu geführt, daß in der Fabrik eine Arbeiterin neuerdings durch die maßlose Ausbeutung zusammengebrochen und gestorben ist. (Hluk. - Předsednictví převzal místopředseda Langr.) die Arbeiterin Fukner, die 45 Jahre alt ist, ist bei der Maschine geprügelt worden. (Obrácen k poslancům sudetskoněmecké strany.) Lachen Sie nicht, es ist eine Schande, daß Sie den Mut haben, dabei zu lachen ! Wenn man diese Tatsachen feststellt, so ist das nicht zum Lachen und Sie müssen sich in den Boden hineinschämen, daß das passiert ist, während Sie in diesem Betriebe führend sind. (Výkřiky.) Aber, meine Herren, es ist nicht nur bei Etrich so, auch in den anderen Betrieben, wo Sie Ihre Führer haben, ist es ähnlich. Bei der Firma Haase in Altstadt, bei dem Manne, der Ihr Vertreter in der Stadt Trautenau ist, herrschen die gleichen Zustände wie bei Etrich. Das alles sind Ihre Kameraden und die Antreiber sind Ihre Mitglieder. (Hluk trvá!)

Místopředseda Langr (zvoní): Prosím o klid.

Posl. Krejči (pokračuje): Schauen Sie, ich werde Ihnen nocht etwas sagen, wie nahe die Bindungen sind. (Posl. Schenk k poslancům strany sudetskoněmecké: Dr Stade ist ja sozusagen auch Ihr Mitglied!) Ja, das ist bekannt, Dr. Stade ist Industriellensekretär. Dieser Herr hat als Führer der Verhandlungen noch kein Wort zugunsten der streikenden Arbeiter gesprochen. Das ist Ihr Vertrauensmann, Ihr Mandatar. Und er wird auch kein Wort für die Arbeiter sprechen. Sie können hundertmal bei Arbeitertagungen den Grundsatz aufstellen, daß jeder, der sich nicht eindeutig sozial verhält, hinausfliegt; es fliegt trotzdem keiner hinaus, Dr. Kellner bleibt weiter bei Ihnen, Alfred Haase bleibt weiter, alle bleiben sie und Sie werden die Arbeiter nach wie vor quälen wie bis jetzt. (Hluk trvá.)

Schauen Sie, Ihr Kollege Birke war vor einigen Wochen mit einer Schlägerhorde der SDP bei einer sozialdemokratischen Versammlung in Nesselsdorf. Diese Knüppelgarde hat der Fabrikant Tamm geführt. (Posl. dr Jilly: Erzählen Sie von Niedergrund, von dem Attentat!) Kommt schon noch!

Von diesem Herrn Tamm habe ich mir die Lohnskala beschafft, um zu erfahren, ob er eindeutig sozial ist. (Výkřiky.) Dieser Kamerad Tamm, der in unsere Versammlungen kommt, um uns niederzuschlagen, bezahlt einem erwachsenen Arbeiter in 14 Tagen 131 Kč (Výkřiky.), zahlt einem zweiten Arbeiter 84 Kč, einem dritten 95 Kč in 14 Tagen, einem vierten 96 Kč und einem Jugendlichen 66 Kč. Das ist der Kamerad Tamm, der Mann, der nach Ihren Begriffen eindeutig sozial ist. Das sind Ihre Leute, die solche Schandlöhne bezahlen. Und da haben Ihre Zeitungen noch den Mut zu schreiben, an dem Tiefstand der Löhne seien die Sozialdemokraten Schuld. (Hluk trvá.)

Místopředseda Langr (zvoní): Prosím o klid.

Posl. Krejči (pokračuje): Ich habe nur einige Beispiele gezeigt. Sie selber kennen sie ja ebenso gut, Sie wissen ganz genau wie eindeutig sozial Ihre Unternehmer beschaffen sind. Aber wenn ich Herrn Dr. Jilly vor mir sehe, wenn ich sehe, wie er für all das nichts anderes hat, als ein Hohnlächeln. (Hluk trvá.)

Místopředseda Langr (zvoní): Prosím o klid.

Posl. Krejči (pokračuje): Wenn ich sehe, daß er für all das nichts anderes hat als ein Hohnlächeln, dann weiß ich ja, wie diese ganze Volksgemeinschaft beschaffen ist, und die Menschen draußen wissen es auch. In Jungbuch und bei dem ganzen Streik ist ja bewiesen worden, daß Sie bei den entscheidenden Schichten der Arbeiterschaft keinen Anhang besitzen. (Hluk trvá.)

Místopředseda Langr (zvoní): Prosím o klid.

Posl. Krejči (pokračuje): Es ist Ihnen nicht gelungen, auch nur den geringsten Einfluß auf die Arbeiter in den Betrieben zu gewinnen. Es ist festzustellen, daß die Arbeiter mit jedem Tag mehr in den Betrieben sich von Ihnen abwenden (Výkřiky.) und Sie werden auch diesen Einfluß nicht bekommen. (Posl. dr Jilly: Machen Sie Wahlen in die Krankenkassen!) Sie werden Wahlen noch früh genug bekommen. Es ist Ihnen, wenn Sie diese Forderung stellen, gar nicht so wohl zumute. Wir wissen schon, daß Sie Angst vor den Wahlen haben. Sie werden die Wahlen bekommen, das heißt, Sie werden Sie bekommen, wenn Sie bis zu diesem Tage noch beisammen sind. (Smích poslanců sudetskoněmecké strany.) Ich zweifle daran, denn wenn das so bei Ihnen ist, wie es der Abg. Wollner in der Versammlung in Podersam sagte: "Wir gehören nicht zum sudetendeutschen Volk, sondern wir sind ein Teil des großen deutschen Volkes, und uns kann niemand zu Čechoslovaken machen", wenn Sie schon zu dieser Meinung gekommen sind, nehme ich an, daß Sie an Wahlen überhaupt kein großes Interesse mehr haben, dann werden Sie wohl bis dahin abgewandert sein, und nachdem Ihr Herr Konrad Henlein in Rom gewesen ist und dort die neue politische Linie bestimmt hat, denke ich, daß wir zusammen keine Wahlen mehr brauchen werden. (Hluk trvá.)

Im übrigen aber bitte ich Sie, nehmen Sie konkret zu den Fragen Stellung, die ich aufgeworfen habe. Wie steht Ihr zum Streik des Aupatales, wie steht Ihr zu den Hundelöhnen, die gezahlt werden? (Výkřiky poslanců sudetskoněmecké strany: Billigen wir nicht!) Dann werft die Leute hinaus! So lange Ihr die Ausbeuter behaltet, so lange billigt Ihr diese Methoden. Sie haben noch gesprochen von Niedergrund. Gestatten Sie, daß ich auch dazu ein Wort sage. Wenn man in gegnerische Versammlungen geht, so wie Sie es in der letzten Zeit tun, weil Sie sich anders nicht mehr bemerkbar machen können (Smích poslanců sudetskoněmecké strany.), dann muß man damit rechnen, wenn man jene, die die Versammlungen arrangieren, beschimpft, daß man hinausgeworfen wird. Wir laden Sie nicht ein, in unsere Versammlungen zu kommen. Wenn Sie aber eingeladen werden, haben Sie sich anständig zu verhalten (Hluk trvá.), wenn Sie uns beschimpfen, dann laufen Sie Gefahr, daß Sie hinausgeworfen werden. So werden wir es auch in Zukunft halten, Sie können machen was Sie wollen, wir werden uns die Freiheit der Versammlung durch Sie nicht nehmen lassen, wir werden die Mittel finden, um gegen Sie vorzugehen. (Výkřiky posl. Maye a Zischky. - Hluk trvá.)

Místopředseda Langr (zvoní): Prosím o klid. Volám pana posl. Maye k pořádku.

Pana řečníka upozorňuji, aby mluvil k věci. (Posl. May: Ich lasse mich nicht beschimpfen!)

Volám pana posl. Maye po druhé k pořádku. (Výkřiky posl. Maye. - Hluk.)

Volám pana posl. Maye po třetí k pořádku. (Hluk. - Výkřiky posl. Zischky.)

Volám pana posl. Zischku k pořádku. Prosím pana řečníka, aby pokračoval.

Posl. Krejči (pokračuje): Ich komme zum Schlusse. Ich habe Ihnen gesagt, was Ihnen zu sagen notwendig war, Ihnen und der gesamten Öffentlichkeit dieses Staates. Man muß aufzeigen, was Sie sind. (Hluk trvá. - Místopředseda Langr zvoní.) Nach der einen Seite deklarieren Sie sich als Freunde der Arbeiterschaft, nach der andern Seite sind Sie hartherzige, brutale Unternehmer und ihre Söldlinge. Und diese Tatsache gibt uns die Möglichkeit, in den Massen der Arbeiterschaft den Kampf gegen Sie zu führen, bis zu Ihrer restlosen Vernichtung. (Hluk trvá. - Místopředseda Langr zvoní.) Was immer Sie auch sagen, mit einer solchen Politik vermögen Sie sich nicht zu halten. (Hluk trvá.)

Místopředseda Langr (zvoní): Prosím o klid.

Posl. Krejči (pokračuje): Wir werden Sie nicht nur in den Anklagezustand versetzen, sondern wir werden jedem Menschen aufzeigen, was Sie sind: ein Heer von Phrasenmachern, die nichts können, als die Dienste der Unternehmer zu besorgen, die nichts können, als einer kleinen Kaste von Menschen Vorrechte zu schaffen, aber die der deutschen Arbeiterschaft noch nicht das geringste gebracht haben und auch nicht bringen werden. (Výkřiky: Schreiben Sie Wahlen aus!) Sie werden am Samstag Gelegenheit bekommen, festzustellen, wie die Gemeindewahlen ungefähr ausfallen werden. Schauen Sie sich am Samstag die Maiaufmärsche unserer Partei an und dann werden Sie wissen, welche Zukunft Ihrer wartet. (Hluk trvá.)

Místopředseda Langr (zvoní): Prosím o klid.

Žádám pana řečníka, aby mluvil k věci.

Posl. Krejči (pokračuje): Mit uns geht das Recht, mit uns ist die Zeit, wir werden den Kampf um die deutsche Arbeiterklasse trotz Ihnen weiterführen. (Potlesk. - Hluk trvá.)


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