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5. Øeè posl. dr Luschky (viz str. 48 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Mit der Beratung des Voranschlages ist das Parlament in seine diesjährige Hauptsaison eingetreten, deren Höhepunkt wohl wieder die Aussprache über den Staatsvoranschlag im Plenum des Hauses ist. Der Staatsvoranschlag als solcher bietet natürlich in jedem demokratischen Gemeinwesen die pflichtgemäße Gelegenheit, sich nicht nur mit dem Voranschlag als solchen, sondern auch mit der gesamten Staatswirtschaft und Staatspolitik zu beschäftigen. Der Staatsvoranschlag selbst als Rückgrat des Staatshaushaltes in einem Kalenderjahr, in welchem sich die ganze Wirtschaft des Staates - man kann wohl sagen das gesamte wirtschaftliche und politische Leben im Staate - spiegelt, bedeutet ziffernmäßig eine große Anforderung an die steuertragende Bevölkerung, an alle Körperschaften und vor allem eine strenge Kontrolle für die Ausgaben, die im heurigen Jahre gegenüber dem Vorjahre um zirka 400 Millionen höher bemessen worden sind.

Ich kann nicht umhin, bei Beginn meiner Ausfsführungen über den Staatsvoranschlag unserer Genugtuung Ausdruck zu geben, daß der Herr Berichterstatter große Energie und Entschlossenheit aufwendet, um die h öchsten parlamentarischen Rechte gerade hinsichtlich des Voranschlages aufrechtzuerhalten, zum Teil wieder herzustellen und mit großer Energie gegen eine Bürokratie vorgeht, die durch ihre Eigenmächtigkeit die Parlamentsrechte zu schmälern sucht und den Voranschlag nur zu gerne als ihr eigenes Machtinstrument ansehen will. Es ist auch mit Genugtuung im heurigen Jahr h ervorzuheben, daß das erstemal der Voranschlag in seiner Beratung im Ausschuß Abänderungen unterzogen worden ist, die, wenn sie auch nicht von beträchtlichem ziffernmäßigen Umfange, so doch symptomatisch für den Willen des Parlaments sind, sich selbständig zu mach en gegenüber den Zifferngerippen, die früher immer nur vorgelegt und von der Mehrheit einfach geschluckt wurden, um die parlamentarischen Rechte gerade hinsichtlich der Festsetzung der Ziffern wahrzunehmen. Sicher ein Fortschritt, von dem wir hoffen, daß er ein günstiger Anfang ist zu der Entwicklung, daß immer mehr die Parlamentarier Gelegenheit nehmen können, auf die einzelnen Posten, ihre ziffernmäßige Festsetzung selbst, Einfluß zu nehmen. Es ist das umso notwendiger, als gerade bei dem Voranschlag sich in den letzten Jahren leider immer herausgestellt hat, daß er eine Hoffnung ist, die sich nicht erfüllt. Wir haben seit 1927, also seit 10 Jahren, immer das gleiche Bild erleben müssen, daß der Voranschlag mit einem Betrag von rund 1.8 Milliarden zum Staatsdefizit wurde und daß dadurch die S taatsschuld selbst von zirka 27.6 Milliarden inzwischen auf 46.8 Milliarden angestiegen ist, eine Erscheinung, die umso bedenklicher werden kann, als ja dann der Zinsen- und Tilgungsdienst der Staatsschuld eine Milliardenpost schon erfordert, die gegenüber dem Vorjahre allein im heurigen Voranschlag ein Plus von 387 Millionen Kè an Belastung zufolge der Staatsschuld für den Staatshaushalt ausmacht.

Ich glaube, daß die energische Tätigkeit des Berichterstatters sowie die Kontrollkommission, die ja zum Zwecke der Kontrolle des Staatshaushaltes nicht zuletzt geschaffen wurde, in der Folgezeit in derselben Richtung fortfahren werden und daß sich dadurch die Sicherung, nach der der Staatsvoranschlag auch Wirklichkeit ist und nicht Phantasie bleibt, immer mehr verwirklichen wird. Der Voranschlag selbst, der erhöht ist in der Ausgaben- und auch in der vermuteten Einnahmenseite, entspricht in vielen Posten unseren Erwartungen nicht. Wichtige Posten können uns nicht befriedigen. Vor allem möchte ich da hervorheben die Aufrechterhaltung der Abzüge der Staatsangestelltengehälter, die aus der Krisenzeit stammen und zu einer Quelle höchster Unzufriedenheit infolge der Verelendung und Verschuldung der Staatsangestellten aller Kategorien, also des Mittel- und Arbeiterstandes des Staates, geworden sind. Das immer dringender werdende Verlangen nach Wiederherstellung der pragmatischen Gehälter ist umso begründeter, als die Agenden der Staatsverwaltung ja ständig wachsen und damit die Arbeitsagenda der einzelnen Ministerien, auf der anderen Seite jedoch eine Ve rmehrung der Dienststellen nicht erfolgt und auch die Beförderungen in den meisten Zweigen der Verwaltung, man kann fast sagen in der ganzen Zivilverwaltung, immer wieder stocken.

Auch die Mittel zur Belebung der Wirtschaft, insbesondere in den Krisengebieten, die Beseitigung der Arbeitslosigkeit, dürfte noch mancher Ergänzungen bedürfen, d amit sie ihren Zweck auch erfüllen können. Bei den Investitionsarbeiten insbesondere, deren Bedeutung wohl nicht unterschätzt werden darf, wenn man von einem Zustand der Rekonvaleszenz der Wirtschaft spricht, wäre insbesondere zu fordern, daß, soweit die Erträgnisse der Wehranleihe nicht in Anspruch gen ommen werden können oder dazu nicht genügen, die Fonds aufgefüllt werden, die für Straßenbauten, die Wasserwirtschaft insbesondere, geschaffen wurden, aber bereits zum Teil ausgeschöpft sind, jedenfalls sich gegenüber den Anforderungen unzulänglich erweisen, die gerade für diese Bauten, die nicht zuletzt Notstandsbauten sind, in nächster Zeit unausweichlich werden gestellt werden. Dann dürfen die berechtigten Anforderungen zu den Entschuldungsaktionen der Länder, Bezirke und Gemeinden an den Staatshaushalt noch weitere Ansprüche stellen, damit die Sanierung der notleidenden Körperschaften und notleidenden Gebiete umso aussichtsreicher durchgeführt werden kann.

Ich gestatte mir, da besonders auf die Forderungen des Landes Mähren-Schlesien hinzuweisen, das vor zirka einem Monat dem Vorsitzenden der Regierung ein Memorandum überreicht hat, in dem die Forderungen des Landes namentlich angeführt sind und vor allem die Gleichberechtigung des Landes Mähren-Schlesien mit dem Lande Böhmen in allen Punkten verlangt wird, wo eine Dotierung aus dem Staatshaushalt an die Länder erfolgt. Wir unterstützen diese Forderungen, die gerecht sind, insbesondere inbezug auf die Gleichberechtigung, die das Land Mähren- Schlesien gegenüber dem Lande Böhmen sicher mit Recht in Anspruch nehmen kann.

Ich kann aber nicht unvermerkt lassen, daß die volle Gleichberechtigung der Schlesier auch im Rahmen des Landes Mähren-Schlesien verlangt werden muß. Die Verwaltungsreform des Jahres 1927 hat Schlesien nicht Mähren einverleibt, sondern das Land Schlesien ist ebenso wie das Land Mähren zu einem gemeinsamen Verwaltungsgebiet Mähren-Schlesien vereinigt worden. Es wäre deshalb ungesetzlich und auf das entschiedenste zu verurteilen, wenn etwa die Verwaltung des Landes Mähren-Schlesien Schlesien als Kolonie Mährens ansähe. Die Anzeichen dieser Art sind leider nicht gering. Beim regionalen Investitionsbeirat, der für das gemeinsame Land geschaffen wurde, um der Regierung zur Verfügung zu sein, wurde kein einziger Schlesier weder als Mitglied noch als Ersatzmann ernannt, weder ein Deutscher noch ein Èeche. Die Erledigung der Agenden der Bezirke und Gemeinden, Parteianliegen aller Art sind aus unserem Gebiet, aus dem Landesgebiete Schlesien, einer derart schleppenden Erledigung unte rworfen, daß das hier mit Bedauern festgestellt werden muß. Auch die Art und die Ergebnisse von Vorsprachen in Brünn sind nach den Erfahrungen derart deprimierend, sodaß wir von hier verlangen müssen, daß den Bemühungen aller berufenen Vertreter des Landes Schlesien seitens der Zentralregierung Unterstützung geliehen wird.

In der Schulverwaltung, in der politischen und insbesondere in der Finanzverwaltung betone ich nur die Passivität, die nach wie vor bezüglich der Forderungen Schlesiens nach Erhaltung seiner Finanzbehörde zweiter Instanz besteht. Es ist ein förmliches Spiel "Grad oder ungrad", wenn man erfahren will, ob die Finanzdirektion bleiben wird oder nicht. An einem Tag wird es bestätigt, am anderen Tage aber wieder widerrufen, und seit Jahren ist in dieser Hinsicht eine Unzweckmäßigkeit und Unsicherheit und dadurch eine Störung des Amtsbetriebes wahrzunehmen, die sicherlich auch in der Bevölkerung Schlesiens ohne Unterschied der Nation oder Partei den ungünstigsten Eindruck hervorruft. Ebenso ist die Erfüllung der Forderungen nach der Steuerselbstverwaltung des Landes Schlesien unbedingt notwendig. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß sich die teilweise Abdisponierung der Kompetenzen der Finanzdirektion in Troppau nicht zum Vorteil des Dienstes und der Interessen des Landes und seiner Bewohner auswirkt. Es wäre da schon höchste Zeit, daß man wirklich den Dienstinteressen den Vorrang vor allen politischen Motiven gibt, und bei objektiver Betrachtung müßte man zur Überzeugung kommen, daß die Wiederherstellung der schlesischen Finanzdirektion in vollem Umfange ein Akt ist, der von jedermann im Staatsinteresse begrüßt und gefördert werden müßte.

Ebenso ist es mit der politischen Verwaltung, die nach Brünn an die zweite Instanz übersiedelt ist. Heute ist in Schlesien das Wort allgemein verbreitet, daß Prag näher zu Schlesien liegt als Brünn. Vor kurzer Zeit wurde in Kaschau eine Expositur des Landesamtes für 24 ostslovakische G emeinden errichtet. Als wir das hörten, fragten wir uns, ob nicht dasselbe ebenso für Schlesien notwendig wäre. Nach den allgemeinen Forderungen, welche diesbezüglich gestellt werden, und sicherlich nach der Tatsache, daß wir in dem Falle auch wieder die Gleichberechtigung mit den Auffassungen über die politische Administrative in der Slovakei für uns Schlesier verlangen müssen, ist das notwendig. Wir fordern Rücksicht auf die schlesischen Interessen unter der Betonung, daß wir die volle Gleichberechtigung gegenüber den anderen Landesteilen niemals aufgeben können. Wir fordern bei diesem Anlaß auch, daß man sich bewußt wird, daß es notvendig wäre, die Beamten des Landes, die ehemals eingearbeitet und mit dem Dienste verwachsen waren, in diesem Teile des gemeinsamen Landes zu belassen, und davon absieht, ewig mit Versetzungen vorzugehen und des Landes und der Verhältnisse unkundige Beamte an deren Stelle in unser Gebiet zu versetzen. Wenn nun im Falle dieser Versetzungen sich Beamte im Rahmen der Dienstpragmatik durch Vorstellungen entgegenstellen und persönliche, wirtschaftliche und soziale Verhältnisse der Familie anführen, um eine Rücknahme von allfälligen Versetzungen, die ja bereits meist eingehändigt sind, zu erwirken, so muß ich schon erklären, daß das keinesfalls als eine Hartnäckigkeit oder Bequemlichkeit der Beamten gewertet werden darf. Die Beamten sind nicht hartnäckig im Dienst, sie wären sonst ja Hasardeure am eigenen und am Schicksal ihrer Familien. Es wäre ein Wahnwitz, wenn sie sich einen unberechtigten Widerstand gegen Versetzungen erlauben würden, insbesondere bei deutschen Beamten, welche genau wissen, wie schwer es für sie ist, den Dienst zu machen, und sich deshalb doppelt bemühen, in jeder Hinsicht den Anforderungen des Dienstes gerecht zu werden. (Potlesk.) Ich muß mich daher dagegen verwahren, daß derartige Pauschalverdächtigungen etwa unter dem Einfluß irgendwelcher Èechisierungsvereine gegen deutsche Staats- und öffentliche Angestellte erhoben werden und man ihnen nach wie vor gegenüber allen anderen Erwägungen Gehör schenkt.

Wir haben in dieser Hinsicht nur zu betonen, daß wir hinsichtlich des Beamtenproblems die Ansicht der Bevölkerung teilen, daß die bodenständigen Beamten die geeignetsten sind, um durch ihre Kenntnis von Land und Verhältnissen im öffentlichen Dienst zu wirken. Die Gleichberechtigung ist der Sammelbegriff für Forderungen aller Art, sie ist auch der Sammelbegriff der nationalen Forderungen, welche hier in Hinsicht des Nationalitäten-, bezw. wie man es zu nennen pflegt, des Minderheitenproblems gestellt werden. Und wir stellen als Sudetendeutsche die Forderung nach Gleichberechtigung und wissen uns darin im gesunden Rechte, das uns auch verfassungsmäßig gegeben ist, dessen Verwirklichung aber de facto aussteht, für dessen Verwirklichung wir alle unsere politische Arbeit einsetzen müssen. Realisierung der Gleichberechtigung in allen Belangen des öffentlichen Lebens für uns Sudetendeutsche im Staate ist das Leitmotiv sudetendeutscher nationaler Politik, und ist auch für uns das Leitmotiv und Ziel gewesen, weshalb wir als deutschen christlichsoziale Volkspartei im Juni dieses Jahres über Einladung des Herrn Vorsitzenden der Regierung in die Regierung einngetreten sind. Die Arbeit für unser Volk und im Dienste unseres Volkes an Seite der anderen Koalitionsparteien scheint uns wirks amer gemacht werden zu können, insbesondere jetzt in einem Zeitpunkt, wo es unter den sich überstürzenden Ereignissen der Welt immer offenkundiger wird, daß das Minderheitenproblem im Staate einer ehebaldigen Lösung harrt und daß diese Übergangszeit, die nach der Verfassung bis zum heutigen Tage keine definitive Befriedigung der Minderheitenvölker im Staate gebracht hat, abgelaufen ist. An dieses Problem heranzutreten ist die Aufgabe, die wir uns stellen, und ich bin ganz überzeugt, daß es auch das richtig verstandene Staatsinteresse ist, wenn jene Koalitionsparteien auf èechischer Seite, welche sich für die gemeinsame Arbeit mit uns entschlossen haben, ebenso daran interessiert sind, die Beschwerden und Schwierigkeiten aus der Welt zu schaffen, welche sich einem friedlichen Nebeneinanderleben der Völker h ier im Staate immer wieder entgegenstellen. Daran sind meiner Überzeugung nach alle Bürger im Staate, die es mit ihm ehrlich meinen, interessiert, ohne Unterschied, insbesondere ohne Unterschied aller Volksteile und Schichten unseres, des sudetendeutschen Volkes. Dabei mitzuwirken, halten wir für die oberste Pflicht aller national denkenden und fühlenden Körperschaften im Parlamente, insbesondere aller deutschen Parteien. Wenn wir zu diesem Zwecke Anhänger der Einheitsfront der deutschen Parteien im Parlamente sind, so eben aus der Erwägung, daß in diesem vielleicht historischen Momente alle Deutschen verpflichtet sind, das Gewicht eines 3 1/2 Millionen-Volkes im Staate in die Wagschale zu werfen, damit dem deutschen Volke, das für den Staat ist, auch Gerechtigkeit werde, die es von dem Staate verlangen kann. (Potlesk.)

Ich wundere mich - ich muß es aufrichtig sagen - daß sich heute Abg. Dr. Rosche dagegen ausgesprochen hat, sich auf die Erfahrungen der Vergangenheit mit dem Deutschen parlamentarischen Verbande berufend. Ich wundere mich deshalb, weil er ja die Organisation des parlamentarischen Verbandes, wie wir sie vor Augen haben und wie sie im ersten Parlamente tatsächlich vorhanden war, gar nicht mitgemacht hat. Ich, weil ich dabei war, kann ruhig dem entgegenstellen, daß die Deutschen im Deutschen parlamentarischen Verband damals viel mehr Einfluß zu üben imstande waren, obwohl sie einer èechisch-nationalen Koalition gegenüberstanden, welche die Regierung führte, als die heute um zwei Mandate stärkere sudetendeutsche Partei, die heute nur froh sein könnte, wenn sie in der Lage wäre, auf parlamentarischem Boden so viel Anteil nehmen zu können, wie es unser gemei nsamer nationaler parlamentarischer Verband tatsächlich seinerzeit, wenigstens in den Jahren 1920 bis 1923, zu nehmen imstande war.

Ich muß aufrichtig sagen, das wundert mich. Es wundert mich auch aus einem anderen Grunde, weil es mir doch direkt widerspruchsvoll erscheint, wie eine Partei, welche eine so große Verantwortung für das gesamte Volkstum du rch die letzten Wahlen übernommen hat, sich weigern kann, im Interesse der von ihr immer hervorgekehrten Einigkeit gemeinsame Arbeit mit all jenen zu leisten, welche ehrlich nationale Forderungen hier im Staate auf dem Boden des Parlaments gemeinsam vertreten. Es ist mir ganz unerklärlich, und es ist eben da der Verdacht naheliegend, daß es mit der Einigkeit wirklich nicht so weither sein muß, die uns von dieser Seite immer vorgehalten wird. Sonst könnte es nicht dazu kommen, daß es für die Einigkeit der Deutschen gerade von der Seite ein Hindernis gibt, die unter dem Zeichen der Volksgemeinschaft gerade mit so überragendem Erfolge in dieses Haus gewählt worden ist. Ich muß aufrichtig sagen, daß ich bezüglich der Einigkeit, die da entstehen und zum Nutzen des Ganzen sich auswirken könnte, nicht pessimistisch bin. Die Erfahrungen haben es gezeigt und schließlich müßte unter den gegenwärtigen schwierigen Verhältnissen der gute Wille da sein. Insbesondere im gegenwärtigen Momente, wo man ernstlich an die Lösung der Nationalitätenfragen heranzugehen scheint, könnte gerade dieser gute Wille noch viel mehr Einigkeit hervorbringen. Wir wünschen es.

Unser Programm ist die Einheitsfront. Das haben wir 1920, als wir als Christlichsoziale in das Parlament gewählt wurden, programmatisch erklärt und haben es bis heute konsequent aufrecht erhalten. Wir haben es praktisch mitgemacht und sind jederzeit bereit, in gleicher Weise eine solche vereinte Arbeit in nationalen Dingen mit allen deutschen Parteien aufzunehmen, die auf dem Boden des Staates stehen und diese positiven Aufgaben mit uns zu erfüllen gewillt sind.

Abg. Dr. Rosche hat heute den Anspruch auf Beteiligung bei der Lösung des Minderheitenproblems angemeldet, u. zw. offiziell angemeldet. Ich bitte ihn, nicht durch Fragen der Taktik, wie wir das unter uns ausmachen, von vornherein die Möglichkeit der Mitarbeit zu verwirren. (Posl. Kundt: Siehe Staatsangestelltenausschuß und Schulausschuß!) Ein Schulausschuß war in Schlesien, da hat er sich sehr bewährt. (Výkøiky posl. Kundta.) Ich wüßte nicht, warum das nicht jetzt für uns gehen sollte. Das würde sich alles ergeben, wenn wir in den großen Ideen zusammenkommen könnten. In allen Fragen aber, die über das Nationale gehen, müssen wir uns unsere Gesinnungsfreiheit vorbehalten. Es ist ganz klar, daß in einem demokratischen Staatswesen es nicht zu einer Einheitspartei kommen kann, ohne daß sich schwerste Konsequenzen an den Gesinnungsgemeinschaften ergeben würden, welche doch nicht aus einem leichtfertigen Grunde entstanden sind, sondern z. B. nach Weltanschauungen entstanden sind. Es ist unsere Pflicht, auf dem Boden unseres Progr ammes stehen zu bleiben in der großen A ufgabe, welche in allen anderen Belangen des öffentlichen Lebens von uns verlangt wird. Aber in den nationalen Fragen haben wir ebenso die Pflicht, allen die Hand zu reichen, die wie wir in der gemeinsamen Aufgabe durch Volksauftrag gestellt sind, die schwebenden nationalen Differenzen zu bereinigen und den Einfluß dazu und die Wirkung hiefür mit allen verfügbaren Mitteln und Kräften gemeinsam zu bestreiten. Die Einigkeit würde schon möglich sein. Wenn mir vorgehalten wurde, daß es in der christlichsozialen Partei angeblich auch keine Einigkeit gebe, daß auf der einen Seite Hilgenreiner und Luschka für die Einheitsfront sprechen, auf der anderen Seite Mayr-Harting dagegen, so stelle ich fest, daß durch die Richtlinien der Partei wie durch unsere ganze Tradition wir noch niemals den Standpunkt aufgegeben haben, der für alle Mitglieder ohne Unterschied bindend ist, wonach wir für die Einheitsfront einstehen. Wenn eine persönliche Differenz etwa aus irgendeiner Versammlungsäußerung von Seiten der Sudetendeutschen Partei gegen uns herauskonstruiert wird, so möchte ich Herrn Dr. Rosche nur um eines bitten: punkto Uneinigkeit der eigenen Partei lieber vor der eigenen Tür zu kehren. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Taub.)

Die Aufgaben, die wir haben, sind höhere, als darüber zu streiten und uns noch mehr auseinanderzubringen, wo es sich um höchste völkische Interessen handelt. Das nationale Problem ist ohnedies so schwer, daß es unter den gegebenen Verhältnissen der größten Kunst und Klugheit bedürfen wird, um das aufgegriffene Pflänzlein, welches noch sehr zart ist, am Leben zu erhalten und zu einem mächtigen Baum, eingewurzelt in den Boden unserer Heimat, zu gestalten. Ungeheuer schwer für alle, die selbst besten Willens sind. Wir sind uns über die Schwierigkeiten da gar nicht im Unklaren. Aber es handelt sich um ein solches Volksinteresse, daß wir davon nicht ablassen können und immer wieder versuchen müssen, es in Angriff zu nehmen nach bestem Wissen und Gewissen vor unseren Wählen, ich möchte sagen, von unserer historischen Sendung im Staate, das Problem in Angriff zu nehmen, eine Aufgabe, zu der Mut erforderlich ist. Zur Durchführung des Problems sind unendlich viel Kenntnisse aller Belange in politischer, administrativer und legislativer Hinsicht notwendig, und wenn wir die Ergänzung durch große Parteien auf èechischer Seite hiezu in Anspruch nehmen, werden wir sicher auch auf deutscher Seite berechtigt sein, auch von unseren Volksgenossen, die in den Parlamentsparteien vertreten sind, Mitarbeit zu verlangen. Ich mache aufmerksam, daß wir bei dieser Hoffnung, die uns erfüllt, daß es zur Lösung wenigstens der größten Differenzen kommen wird, uns dessen bewußt sind, daß das Problem bis an die Wurzel klargelegt werden muß und daß erst dann der modus vivendi, von dem bereits gesprochen wurde, geschaffen werden kann. Wir dürfen da nur feststellen, daß wir mit halber Arbeit nicht zufrieden wären, umso weniger, wenn man gleich stecken bleiben würde oder wenn man dieses hohe und heilige Problem nicht nur für unser Volk, sondern für den ganzen Staat, nur zu theoretischen Diskussionen herabsinken lassen würde.

Das ist die Aufgabe der Parteien in der Regierung, das ist die Aufgabe und die schwere Verantwortung insbesondere der deutschen Regierungsparteien, damit zu beginnen, was bisher vielleicht durch die politischen Verhältnisse nicht möglich war, was aber jetzt durch die Entwicklung der außenpolitischen Verhältnisse nicht nur möglich ist, sondern immer notwendiger wird.


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