Ich will dem 19. Mai nicht vorgreifen. Das nationale Problem ist
anerkannt worden von Masaryk, von Beneš und
wie sie alle heißen. Wenn ein Teil sagt: "Ihr habt
mehr bekommen, als Euch gebührt", ist darüber nicht
zu diskutíeren, wiewohl wir heute feststellen können,
daß auch die Mentalität auf èechischer Seite
über die Notwendigkeit der Lösung des nationalen Problems
eine ganz andere geworden ist. Es wird sich zeigen, in welchem
Maße es dem èechischen Volke ernst ist, das Problem
grundsätzlich zu lösen. Wie waren die Verhältnisse
nach dem berühmten Ausspruch Rašíns zu
Seliger: "Mit Rebellen verhandeln wir nicht?"
Es kam das nationale Problem ohne Rücksicht auf das System
auf deutscher und èechischer Seite nicht vorwärts.
Wir haben auf deutscher Seite sog. Negativisten, Aktivisten. Neonegativisten.
Neoaktivisten. Altaktivisten. Jungaktivisten. Niemals kamen wir
an die Lösung heran, es blieb immer bei schönen Worten,
die nicht eingelöst wurden. Aber wenn ich jetzt bedenke,
wieso es denn zum heutigen Standpunkt kommen konnte. so möchte
ich Sie auf èechischer Seite auf Folgendes aufmerksam machen:
Sie haben seit dem Jahre 1926, also durch volle 10 Jahre, die
Teilnahme der deutschen Regierungsparteien an der Regierung. Sie
haben die deutschen Regierungsparteien in ihrer Stellung selbst
herunterlizitiert. Bitte, beachten Sie folgendes: Wenn wir Herrn
Minister Spina nehmen, so war er zuerst Arbeitsminister,
dann wurde er Gesundheitsminister und heute ist er Minister ohne
Portefeuille und möblierter Zimmerherr bei Minister Šrámek.
Nehmen wir die deutschen Sozialdemokraten. Herr Minister Czech
war zuerst Fürsorgeminister, dann Arbeitsminister, heute
ist er Gesundheitsminister. Nehmen Sie die Christlichsozialen,
die sind vom Justizministerium mit Mayr-Harting auf das
Ministerium ohne Portefeuille mit Zajièek gerutscht.
In Zahlen ausgedrückt hatten diese drei Parteien im Jahre
1926 45 und haben heute 22 Mandate. Dazu kam die Auflösung
der Nationalsozialisten und die Einstellung der Nationalpartei.
(Pøedsednictví pøevzal místopøedseda
Taub.) Nun kommt der denkwürdige Oktober des Jahres 1933
mit Konrad Henlein. Wir sehen, daß sich im Sudetendeutschtum
ein großer Wandel vollzogen hat. Dieser Wandel ist maßgeblich
dadurch beeinflußt, daß 70% der Bevölkerung die
Idee des Klassenkampfes abgelehnt hat, und auch die Idee der Ständepartei,
die primär nur aus dem ständischen Gedanken heraus aufgemacht
worden ist. (Rùzné výkøiky. -
Místopøedseda Taub zvoní.) Henlein
hat von allem Anfang an darauf verzichtet. Parlamentarier und
Minister zu sein. Herr Kollege Srba, ich muß ausdrücklich
erwähnen, Henlein hat es zu einem Zeitpunkt getan und diese
Erklärung abgegeben, wo er noch gar nicht gewußt hat,
welche Anhänger hinter ihm sein werden. Heute wird es ihm
maßgeblich übel genommen, daß er Nicht-Parlamentarier
ist. Deswegen muß ich darauf aufmerksam machen, weil es
notwendig war, das festzustellen. Ich verweise nur auf die Parteiobmänner
anderer Parteien, die nicht Parlam entarier sind.
Die Wahlen des Jahres 1935 waren ein großer Erfolg der neuen
Idee im Sudetendeutschtum. Denn wir hatten zu den Wahlen einen
Erfolg von 1.2 Millionen Stimmen und haben heute eine Organisationsstand
von über 500.000. Eines ist in diesem ganzen Kreislauf des
künftigen politischen Geschehens maßgeblich, das ist
die Beeinflussung Ihrer Gedanken, daß die Bewegung zu groß
ist. Der Wahlerfolg war für Sie auf der èechischen
Seite zu groß, aus dem Grunde heraus wurde Ihre Politik
in der Einstellung zu der Bewegung beeinflußt. Denn in dem
Programm der Bewegung kann es nicht gelegen sein. Das Leipaer
Programm hat ja in allen Teilen ganz klipp und klar den eindeutigen
aktiven, positiven Standpunkt zu Staat, Republik, Demokratie,
Außenpolitik, Fascismus und Revisionismus, etc., zu den
Grundfragen zum Ausdruck gebracht. Was ist aber auf der anderen
Seite gekommen? Es setzte gegen die Partei von èechischer
und deutscher Seite eine große Strömung ein, von deutscher
Seite entsprungen besonders aus Parteiegoismus und Konkurrenzgründen.
Der Kampf gegen die Sudetendeutsche Partei wurde mit allen Mitteln
geführt. Wir wurden en bloc Staatsfeinde, das ist zu einem
geflügelten Worte geworden, ohne uns die Definition dafür
zu geben, und wird mit dem Begriffe der Unzufriedenheit verwechselt.
Der Name Irredentist ist gang und gäbe, der Ausdruck unverläßliche
Elemente ist einfach auf der Tagesordnung. Und doch behaupte ich,
daß wir solange Staatsfeinde sein werden, als man es auf
der èechischen Seite braucht. In dem Moment, wenn sich
politische Ereignisse ergeben, wo man in der ganzen Konzeption
gezwungen wird, die Dinge anders zu sehen, wird der Begriff
der Staatsfeindlichkeit und des Irredentismus absolut keine Rolle
spielen.
Wir haben einen kleinen Trost dafür, daß wir nicht
allein Staatsfeinde sind. Es war beinahe erschütternd, wie
im Budgetausschuß der Kollege Špaèek von
der Kramáøpartei erzählte, daß die Lehrer
in den Schulen den kleinen Kindern sagen, daß die Leute
vom Národní sjednocení Staatsfeinde seien.
Soweit hat es Kramáø gebracht, daß die Lehrer
offiziell den Kindern beibringen, die Mitglieder des Národní
sjednocení sind Staatsfeinde. Es soll kein Trost für
uns sein, aber auf der anderen Seite müssen wir feststellen,
daß die Verhältnisse tatsächlich so liegen. Man
geht so weit, daß man uns Mörder nennt, daß wir
diejenigen sind, die zu Massakres greifen werden, die die deutschen
Sozialdemokraten schon nummeriert haben, wie sie samt ihren Kindern
hängen an den Bäumen werden. Was wir machen, machen
wir falsch. Was wir reden, wenn wir reden, ist es nicht richtig,
schweigen wir, ist es nicht richtig und wenn wir reden ist es
auch falsch. Sind wir loyal, dann ist es Kriecherei, sind wir
illoyal, ist es Staatsfeindlichkeit. Wenn man drei von uns beisammenstehen
sieht, was können die schon machen, sie bilden ein Komplott!
Wenn es an der Grenze ist, was können sie machen, sie können
nur Spionage treiben und wenn jemand nach Deutschland oder Österreich
fährt, was kann er machen, er kann doch nur Hochverrat begehen.
Wir sind heute so weit, daß wir bei jeder Verbindung zum
Reiche in eine verbrecherische Beziehung gebracht werden. Auf
der einen Seite ist es bei Ihnen so weit gekommen, daß Sie
das Hakenkreuz überall sehen, in einer Fabriksmarke, die
30 Jahre besteht, in einem Gebä ck. das in Karlsbad 50 Jahre
gebacken wird. Es wird noch so weit kommen, wenn wir Sudetendeutschen
die Beine über einanderschlagen, daß wir schon deswegen
Hakenkreuzler sind. (Výkøiky: Ist schon geschehen.)
Ich erkläre ausdrücklich. daß wir keine Engel
sind, wir wollen auch keine Engel sein, wir sind fehlbare Menschen.
Wir wollen von Ihnen nicht dasselbe behaupten, wir la ssen Sie
bei dem Standpunkt. daß Sie Engel sind. Wir wollen es nicht
sein. aber Sie müssen zugeben. daß wir aufrichtige
Menschen und Feinde der Heuchelei sind und daß wir aus unserem
Herzen keine Mödergrube machen. Aber so üble. schlimme
Menschen sind wir nicht. als die wir hingestellt werden. (Potlesk.)
Unsere Aufrichtigkeit muß aber auch auf der anderen
Seite die entsprechende Würdigung finden und darf nicht in
bewußter Verdrehung gegen uns ausgelegt werden. Ich wiederhole,
ich habe nichts hinzuzufügen, nicht viel wegzunehmen: aber
die Ausdrücke. derentwegen ich den schwarzen Punkt im Budgetausschuß
bekam "in entscheidenden positiven und negativen Momenten
werden wir für Sie nur Deutsche sein" und zweitens "auch
die Èechoslovakei ist nicht das letzte Wort in der Geschichte"
sind deswegen so tendenziös ausgelegt worden, weil die deutschen
Sozialdemokraten ganz einseitig aus den großen Debatten
die zwei Sätze aus dem Zusammenhang herausrissen. um sie
feindlich auszulegen. (Výkøiky: Weiter können
Sie nichts als denunzieren!) Wir müssen unter allen Umständen
feststellen, daß durch solche Handlungen zwangsläufig
in die ganze A thmosnhäre ein Grad des Mißtrauens hineingetragen
wird, der niemals zu verantworten ist. Man kann reden wie man
will. aber auf der anderen Seite muß man feststellen, daß
wir, trotzdem wir 67 Menschen, 44 im Abgeordnetenhaus und 23 im
Senat sind, eine parlamentarische Delegation sind, die absolut
Anstand, Ordnung. Sachlichkeit bewahrt, und daß wir auch
auf der anderen Seite in unseren Organisationen bis hinunter ein
Ordnungselement darstellen. (Souhlas.)
Was haben wir denn getan als Sudetendeutsche Partei? Wir sind
eingetreten für die Lebensrechte des Sudetendeutschtums und
haben uns im Kampfe von allem Anfange an auf die Gleichberechtigung
des Sudetendeutschen Volkes im Sinne der Verfassung gestellt.
Wir haben verlangt, daß das Problem rascher zur Lösung
komme, wir haben es mit großem Nachdrucke verlangt in einer
Weise, daß wir ein System abgelehnt haben wie es vorher
gehandhabt wurde. Meine Herren, daß wir dazu ein Recht hatten,
das brauchen wir Ihnen nicht zu sagen, daß wir in den Forderungen
um unsere Lebensrechte in nationaler, kultureller, wirtschaftlicher
und sozialer Beziehung diesen großen entschiedenen Kampf
aufgenommen haben, zu dem uns an und für sich doch unsere
Oppositionsstellung viel prägnanter zeichnet und berechtigt,
daß wir diesen Kampf mit dieser Energie aufgenommen haben,
hat uns bewiesen, daß wir auf dem richtigen Wege sind. Denn
gerade der Kampf, den wir aufgenommen haben, hat die Menschen
auf deutscher Regierungsseite und auch auf èechischer Seite
zum Nachdenken gebracht, daß diese Verhältnisse nicht
so weiter bestehen bleiben können. Denn gerade unser Auftreten
hat die Menschen auf èechischer und regierungsdeutscher
Seite unter Druck gesetzt, daß man heute von maßgeblicher
Seite an bis hinunter über die ganzen Probleme spricht und
behauptet, sie lösen zu wollen. (Výkøiky.)
Wenn wir heute über die ganzen Dinge sprechen, so kann man
an uns nicht heran, weil wir uns ganz korrekt benommen haben.
Meine Herren! Ich will nicht verweisen auf die besondere Gelegenheit
der Präsidentenwahl, wo gerade die Sudetendeutsche Partei
direkt eine große Würde an den Tag gelegt und den Staatsakt
nicht gefährdet hat, was sehr leicht in ihren Händen
gelegen wäre, weil alle Ursache dazu da war. Wir haben es
in der Einstellung zu den Gesetzen, in der Arbeit bewiesen, daß
wir absolut sachlich sind. Ich verweise auf die Stellungnahme
zum Budget, zu den verschiedenen Gesetzen, besonders zum Gesetz
der Staatsverteidigungsanleihe, zum Gesetz über die Wehranleihe.
Meine Herren, wir haben angeblich alles ohne Erfolg getan. Nein!
Ich behaupte, daß wir als Sudetendeutsche Partei sogar einen
großen Erfolg hinter uns haben. Erstens einmal, daß
man in diesem Staate davon spricht, nun daran geht, das nationale
Problem lösen zu wollen, und daß man auch in der Welt
draußen weiß, daß es ein 3 1/2 Millionen sudetendeutsches
Volk gibt. Man beschäftigt sich mit uns. Wenn wir eine quantité
negligeable wären, würde man sich mit uns nicht so maßgeblich
beschäftigen. Minister Zajièek müßte
uns eigentlich dankbar sein. Denn Minister Zajièek gibt
noch unklugerweise in einem Interview selbst bekannt, daß
wir eigentlich die Ursache seiner Ernennung sind. (Veselost.)
Ein großer sudetendeutscher Erfolg! Konrad Henlein hat
in Eger gesprochen und die Sudetendeutschen haben einen Minister
in Zajièek bekommen. (Výkøiky.)
Wir haben noch einen größeren Erfolg, der darin
liegt, daß der Bund der Landwirte mit 5 Mitgliedern, Spina
eingerechnet, einen Minister bekommen hat, die Christlichsozialen
mit 6, die Sozialdemokraten mit 11. Bei diesem Schlüssel
würden uns ja 13 Minister gebühren. (Veselost.) Sagen
wir doch nicht, daß das gar keine Erfolge sind. Daß
die Minister Spina, Czech und Zajièek
seit dem Wahlen vom 19. Mai 1935 Minister in diesem Staate
sind, das haben Sie der Sudetendeutschen Partei zu verdanken.
(Potlesk.)
Nun möchte ich Sie auf Folgendes aufmerksam machen. Wieso
ist denn eigentlich das Ganze gekommen? Das möchte ich Ihnen
so erklären. Wir geben zu, weil wir ehrliche Menschen sind,
daß wir mit einem so großen Erfolge am 19. Mai selbst
nicht gerechnet haben. (Výkøiky komunistických
poslancù: Hört! Hört!) Das sagen wir mit
Stolz, weil wir auf der anderen Seite sehen, daß das Volk
draußen die Entscheidung getroffen hat, in einem Maße
und deutlich für die hiesige Welt und für die ganze
Welt. Das Volk hat entschieden und hat gesagt, wir sind mit den
Dingen unzufrieden, wir wollen sie anders, besser haben und wir
wollen die Entscheidung herbeiführen, weil wir den Frieden
in diesem Staate haben wollen. Und was haben Sie auf èechischer
Seite, auf demokratischer Seite gemacht? Sie haben nicht gehört
die Entscheidung des Volkes, Sie haben nicht gehört die Unzufriedenheit
von 1.2 Millionen Menschen, sondern Sie haben geglaubt, daß
Sie die Unterlegenen, die Besiegten in diesem Kampfe zu Siegern
machen müssen, und da ist für Sie das Gefühl maßgeblich
gewesen, einmal der Dankbarkeit: Um Gotteswillen, wir können
die Menschen nicht fallen lassen, die solange gedient haben. Während
Sie in diesem Sinne gedacht haben, haben Sie vielleicht dankbar
gedacht, aber Sie haben auf der andern Seite unpolitisch und besonders
undemokratisch gedacht. Was Sie auf èechischer Seite gemacht
haben, war eine falsche politische Mathematik, indem Sie geglaubt
haben, daß 67 weniger sind als 5. Sie haben die Entscheidung
des Volkes korrigieren wollen durch Ernennungen von Mitgliedern
der anderen deutschen Parteien in die Gemeinden, Bezirke und Länder.
Meine Herren, so ist auf diese Art Henlein . . . (Výkøiky:
Görkau, Mayerhöfen, Harrachsdorf!) . . . der Stein
des Anstoßes geworden. Es gibt nichts mehr, was es in diesem
Staate noch geben könnte, vielleicht noch weiter drüber
hinaus, woran nicht Henlein schuld wäre. An allem, was es
gibt, ist Henlein schuld.
Was ist in diesem Falle eigentlich die Ursache zu den Beschwerden?
Henlein ist kein Parlamentarier. Ich habe es erklärt, die
Entscheidung Henleins ist in einem Zeitpunkte gefallen, wo Henlein
noch gar nicht gewußt hat, wie die Entscheidung fallen wird.
Es wurde im vollen Bewußtsein von ihm so gemacht, im guten
Gedanken, daß er sich über den politischen Kämpfen
für das Volk erhalten soll, da wir eine Person haben, zu
der wir außerhalb der Kämpfe sehen können. Meine
Herren, es wurde Henlein übel genommen oder der Partei, daß
wir im N amen des Volkes sprechen. Gestatten Sie mir auch da ein
ganz offenes Wort. Es gibt in der ganzen deutschen und èechischen
Politik keine Partei, die nicht im Namen des Volkes sprechen würde.
Hören Sie die èechischen Parteien, wenn sie sprechen.
Sie sprechen immer vom cechischen Volke, sie sprechen nicht von
ihrer Partei, sie sprechen höchstens dann von ihrer Partei,
wenn es sich um Zölle oder änhliches handelt. Aber sonst
sprechen sie im Namen des Volkes, ohne Rücksicht auf den
Anhang, den sie hinter sich haben. Heller von den deutschen
Sozialdemokraten, der uns besonders zugeneigt ist, bestreitet,
daß wir das Recht haben, im Namen des Volkes zu sprechen.
Luschka in Marienbad erklärte, es kann jeder im Namen
des Volkes sprechen, der gewählt ist, weil das Volk über
die Wahl entschieden hat. Ich glaube, darüber darf es keine
Diskussion geben. Aber wir müssen einmal die Frage stellen,
wenn wir uns darauf einlassen und wenn wir uns vielleicht vereinbarlich
darauf einigen, daß wir sagen: Gut, wir werden nicht im
Namen des ges amten sudetendeutschen Volkes sprechen, wir werden
im Namen der 70% sprechen, aber dann frage ich, ob wir mit den
70 % nicht mehr berechtigt sind, im Namen des Volkes zu sprechen,
als die anderen mit vielleicht 10 oder 15%. (Potlesk poslancù
sudetskonìmecké strany.) Übrigens herrscht
in der èechoslovakischen Demokratie das Mehrheitsprinzip
und schon von diesem Gesichtspunkte aus wären wir berechtigt,
namens des Volkes zu sprechen.
Es wird Henlein übel genommen, daß er ins Ausland reist.
Wir haben es heute von Hampl wieder gehört. Wir hören
es von jedem R edner in der Debatte und da sei jetzt wieder einmal
Folgendes festgestellt. Henlein ist nicht nach Genf und London
über Eger gefahren. Henlein ist von Eger nach Prag gefahren.
Sofort an dem Tage der Wahl hat er die Ergebenheitstelegr amme
an den Präsidenten Masaryk und an den Ministerpräsidenten
geschickt. Sofort nachher hat er die aktive und positive Arbeit
aufgenommen. Meine Herren! Bei den Auslandreisen kann es sich
immer nur darum handeln, ob sie legal oder illegal sind. Man
k ann mir sagen, daß es vielleicht auch eine Frage des moralisch
politischen Anstandes ist. Dann sage ich Ihnen Folgendes: Wir
haben die maßgeblichen Kreise davon unterrichtet, daß
wir mit der Machnik-Beschwerde nach Genf gehen. In London hat
Henlein über Einladung einen Vortrag gehalten vor derselben
Gesellschaft, wo auch der Herr Ministerpräsident Dr. Hodža
einen Vortrag gehalten hat. In Berlin ist Henlein bei den Veranstaltungen
der Olympiade neben dem èechoslovakischen Gesandten Mastny
gesessen. Meine Herren, es geht nicht an, daß man alles
von der feindlichen Seite ansehen will.
Ich stelle noch Folgendes fest: Es hat nach der Ansicht des Herrn
Ministerpräsidenten Dr. Hodža sich die Situation
am Anfang eigentlich ganz gut entwickelt. Wir haben als konstruktives
Element an den Dingen mitgewirkt. Nun sei aber als harter Schlag
gegen die ganze Sache die Rede von Eger gekommen. Der Herr Ministerpräsident
Dr. Hodža hat in seiner Rede vom 2. Juli 1936 und
auch in seiner Rede im Budgetausschuß vom 10. November 1936
wieder in der Richtung geantwortet, daß die Egerer Rede
Konrad Henleins am typischsten in dem Satzte gipfelt: Ich will
lieber mit Deutschland gehaßt werden, als zum eigenen Vorteil
zu Lasten Deutschlands gehaßt werden. Meine Herren, da habe
ich das Empfinden, daß sich hier in den ganzen Dingen ein
grundlegender Irrtum festgelegt hat. Ich fühle mich verpflichtet,
auf diese Auffassung hinzuweisen, weil ich einfach nicht annehmen
kann, daß man diesem Satze bewußt eine andere Auslegung
geben will. Denn die Rede Konrad Henleins haben wir alle als Parlamentarier
gehört und wir haben uns mit der ganzen Rede vollständig
einverstanden erklärt. Bei seiner Rede hat Henlein die Kundgebungen
des Herrn Staatspräsidenten und des Herrn Ministerpräsidenten
im Verhältnis der Èechoslovakei zu Deutschland gekannt.
Wenn er den Satz gebraucht hat, dann nur in dem Zusammenhange
als Protest, daß die Grundstimmung, hervorgerufen durch
die èechische oder auch deutsche Presse verschiedener Richtungen
dahin ging, das Verhältnis zu Deutschland zu vergiften. Es
hat fast den Eindruck gemacht, wenn wir die verschiedenen Pressen
hernehmen, daß gerade derjenige persona grata in der öffentlichen
Stimmung werden sollte, der die Stellung gegen Deutschland bezieht
und aus dieser Tendenz heraus ist der Ausspruch gefallen. Meine
Herren! Konrad Henlein hat es nicht notwendig, diese Rede zu interpretieren.
Ich sage Ihnen, wir haben die Rede alle miterlebt und diese Rede,
die vollständig frei, ohne Konzept, ohne "ausländischen"
Einfluß gehalten wurde, diese Rede war für uns alle
ein Ereignis. Diese Rede hatte eine Tendenz: Die Befriedung in
diesem Lande zwischen den Völkern herzustellen, dem Frieden
in der Èechoslovakei und dem Frieden Europas zu dienen.
Wenn man jetzt auf der anderen Seite sich daran gestoßen
hat, daß Konrad Henlein gesagt hat, "man möge
ein anständiges Verhältnis zu Deutschland herbeiführen",
so führe man doch diesen Satz auf das richtige Maß
bei der Interpretation zurück! Wir haben festgestellt, daß
der Herr Ministerpräsident und daß der Herr Staatspräsident
in allen Kundgebungen sich festgelegt haben auf das absolut korrekte
Verhältnis zu Deutschland. Wenn heute ein anständiges
Verhältnis gefordert wird, so ist damit zum Ausdruck gebracht
ein Verhältnis, das über die Korrektheit hinausgeht.
Das heißt mit anderen Worten ein freundnachbarliches, ein
freundschaftliches Verhältnis. Daß bei uns dieser Wunsch
vorherrscht, ist eine ganz reine Selbstverständlichkeit,
die sich aus dem Gedanken des Blutes und der Rasse, wie der Herr
Koll. Luschka so schön in Marienbad gesagt hat und
aus allem anderen ergibt. Dieser Wunsch beinhaltet aber immer
den Frieden zwischen beiden S taaten. Und da möchte ich auf
eine Kundgebung des Obmanns des Bundes der Landwirte, Hacker,
verweisen, der übrigens auch kein Parlamentarier und Parteiobmann
ist, die er laut "Montagsblatt" vom 16. November gehalten
hat. In dieser Rede verlangt Hacker, daß wir als sudetendeutsche
Volksgruppe umsomehr berechtigt sind, alle unsere Kräfte
dafür aufzubieten haben, daß das Verhältnis unseres
Staates zum Deutschen Reich über die korrekten Beziehungen
hinaus zu einem freundschaftlich-nachbarlichen werde. Das ist
der Standpunkt gewesen, wie ihn Hacker zum Ausdruck gebracht hat.
Und nun ein Wort über die Autonomie. Der Herr Staatspräsident
Beneš und der Herr Ministerpräsident Dr. Hodža
haben unsere Autonomieforderungen abgelehnt - der Herr Staatspräsident
ging in Reichenberg in der Ablehnung sogar über die Autonomie
hinaus zur Ablehnung föderalistischer Gedanken. Die Autonomie
ist eine politische Forderung und wir finden es psychologisch
erklärlich, daß wir seitens des Herrn Staatspräsidenten
und des Herrn Ministerpräsidenten darauf in diesem Stadium
keine zusagende Antwort bekommen, wiewohl ich darauf verweise,
daß die Autonomie ein Programmpunkt der gesamten deutschen
Parteien auch heute noch ist. Gerade der Bund der Landwirte hat
in seinen Kundgebungen nach der Ablehnung des Gedankens durch
den Herrn Ministerpräsidenten spontan von der Selbstverwaltung
gesprochen, genau so hat Luschka in Marienbad gesagt, daß
wir alles tun müssen, was im Rahmen des Aufbaues der Selbstverwaltung
liegt. Nun möchte ich doch das eine sagen: Wenn man den Karpathorussen
- ich will nicht prüfen, wie es zu dieser gesetzlichen Verankerung
gekommen ist - die Autonomie gesetzlich zugesagt hat, wenn die
Slovaken ständig auf ihrer Autonomieforderung bestehen, so
müssen auch wir Sudetendeutsche das Recht haben, diese Forderung
zu stellen. Denn ich konkretisiere hier noch einmal: Die Forderungen,
die wir namens des Sudetendeutschtums und im besonderen seitens
der Sudetendeutschen Partei erheben, gliedern sich in drei Grundarten.
In erster Linie sind es die Forderungen nach Gleichberechtigung
auf nationalem, kulturellem, wirtsch aftlichem und sozialem Gebiete
im Sinne der schlüsselmäßigen Beteiligung im Sinne
der Verfassung; zweitens die Forderungen, die in den Gesetzen
begründet, und nicht rein nati onale, aber politische Forderungen
sind, und drittens politische Forderungen, zu denen die Autonomie
gehört, die gesetzlich nicht schon verankert und begründet
sind, die wir im politischen Kampfe auszufechten und durchzusetzen
haben. Das grundlegende Problem der nationalen Frage in diesem
Staate wäre bald gelöst; es ist eigentlich bei gutem
Willen, mit Ausnahme der dritten oben angeführten Kategorie
von Forderungen, ein reiner Akt der Administrative. Bei gutem,
ernstlichen Willen sind der Staatspräsident und die Regierung
als Parteien in der Lage, das Problem mit einem administrativen
Federstrich zu lösen, den ganzen Karren um 180 Grad herumzudrehen.
Wir wollen vor Ihnen nicht als Bettler und als Gesuchsteller stehen,
wir pochen im Stadium des Rechtskampfes auf unser Recht, wir brauchen
nichts von Ihnen als den Befehl an die unteren Stellen, daß
Sie im Sinne der Gleichberechtigung vorzugehen haben. Das Problem
wird erst gelöst, wenn Sie diesen S tandpunkt einnehmen und
wenn Sie dem Innenministerium den Auftrag geben werden; Staatspolizei,
Gendarmerie, Finanzwache haben in dem Sinne zu arbeiten und wenn
Sie bei der Besetzung der Beamtenstellen den gerechten Schlüssel
anwenden - bei den Investitionsarbeiten usw. ist dieser Schlüssel
anzuwenden. Mit einem Ruck haben Sie das nationale Problem gelöst.
Wir können uns schon aus zeitlichen Gründen absolut
nicht d amit beschäftigen, daß Sie sich auf den Weg
einfacher Detailfragen oder Teilprobleme oder sogar einfacher
Teilsachen begeben, Sie können die Befriedung der ganzen
Verhältnisse erst herbeiführen, wenn Sie sich auf den
Weg der Grundlösung der ganzen Frage begeben haben.