Úterý 1. prosince 1936

Das Budget zerfällt formell in 4 Abteilungen. Die erste und die dritte wären zu vereinigen: die Aufstellung der dritten Abteilung ist Augenauswischerei; die ganzen Posten der III. Abteilung, wie Zuweisungen an Fonde und Selbstverwaltungskörper, gehören entschieden in die erste Abteilung. Materielle Staatsverwaltung, Betriebe, Selbstverwaltung, Statsschuld: wir müssen uns ganz den Ansichten des Finanzministers anschließen - übrigens haben das alle Finanzminister festgestellt - daß wir in der Staatsverwaltung überdimensioniert, in den Betrieben unrentabel, in der Selbstverwaltung katastrophal und in den Schulden zu hoch sind. Die Staatswirtschaft und die Volks- und Privatwirtschaft unterscheiden sich darin, daß die Staatswirtschaft ihre Einnahmen nach den Ausgaben richtet, während die Volkswirtschaft und Privatwirtschaft zu allen Zeiten die Ausgaben nach den Einnahmen richten müssen, der einzig richtige Grundsatz, weil gerade darin die Keimzelle der Überlastung und Überspannung der wirtschaftlichen Verhältnisse liegt. Wir haben es erfahren, daß die Staatswirtschaft zu stark auf dem Rücken der Volkswirtschaft gewirtschaftet hat. Die Erscheinungen in der Krise, die Veränderungen in den Währungen, nicht nur in der eigenen, sondern auch in den fremden Währungen, sind alle auf den Rücken der Volkswirtschaft gegangen. Ob wir in der Währung die Inflation durchmachten, ob wir Stabilisierung, Deflation, Devalvationen durchmachten, sie haben sich in der Volkswirtschaft zum großen Teile nicht so recht auswirken können, als man zögerte, gleichzeitig die Hindernisse auf dem Gebiete der Devisen-, Bewilligungs-, Kompensations- und Kontingentierungsverfahren zu beseitigen, weil letzenendes schließlich dieser ganze Ansatz zur Belebung der Wirtschaft stecken bleiben muß, verpuffen muß, wenn man hier nicht entsprechend abhilft. Ich habe festgestellt, daß die maßgeblichen Kreise sich in dieser Richtung sehr interessiert für diese Dinge zeigen, aber noch an verschiedenen Stellen auf Widerstand stoßen. Wir müssen feststellen, daß im èechoslovakischen Wirtschaftsleben - in den Krisenerscheinungen - ein großer Anteil der Krise auf allgemeine Erscheinungen in Europa zurückzuführen ist. Wir haben es aber in der Èechoslovakei, insbesondere in den sudetendeutschen Gebieten auch mit typisch èechoslovakischen Erscheinungen zu tun, die darauf zurückzuführen sind, daß man der sudetendeutschen Wirtschaft nicht die entsprechende Fürsorge hat angedeihen lassen. Bestimmend wird sein, daß sich die maßgeblichen Stellen für den Export interessieren, mit dem wir heute von 20 Milliarden im Jahre 1929 auf rund 7 Milliarden 1935/1936 gesunken sind - ich nehme nur das Jahr 1929 an, nicht 1921, wo wir 29 Miliarden hatten. Wir dürfen nicht übersehen, daß wir in der Arbeit den Kontakt zwischen Inlandsversorgung und Export finden müssen, weil wir uns schließlich da nicht einseitig bewegen können, weil die Wirtschaftsstruktur annähernd je zur Hälfte auf Export und auf Inlandabsatz angewiesen ist. Es würde zu weit führen, wenn ich mich hier in Einzelheiten einlassen würde. Aber Sie müssen in diesen Dingen vorherrschend auf die Hinwegräumung dieser ganzen Hindernisse, die sich dem Wirtschaftsleben entgegenstellen, zielen.

Über die B esserung in der Wirtschaft sind wir glücklich. Wir sehen in dem großen Wirtschaftsgeschehen, wenn wir heute von Landwirtschaft, Handel, Gewerbe und Industrie sprechen, nicht einseitig die Rolle des Unternehmers, wir sehen in dem Problem der Industrie und ihrer Krise nicht ein Problem der Industriellen, sondern ein hervorragend soziales Problem, das maßgeblich von der Frage nach Arbeit und Brot beherrscht ist.

Typisch für die Entwicklung der Staatswirtschaft ist das Schuldenproblem. Da möchte ich ganz besonders die verantwortlichen Herrschaften aufmerksam machen, dieser Frage Beachtung zu schenken. Die Staatsschulden haben sich progressiv von 254 Millionen im Jahre. 1918 auf 46.7 Milliarden im Jahre 1936 entwickelt, u. zwar in ständig zunehmender Progression, nie in Berg- und Tallinien. Das beweist, daß die ganze Entwicklung der Staatsschulden ohne Rücksicht auf die Verhältnisse in der Wirtschaft und ohne Rücksicht auf die Währungsverhältnisse erfolgte. Das heißt mit anderen Worten, daß wir im ganzen Staatswirtschaftsgebahren immer vor einem großen Defizit stehen, das wir ständig auf dem Anleihewege decken mußten; daraus ist das ständige progressive Anwachsen der Staatsschuld erklärlich. Bei richtiger Gebarung der Staatswirtschaft müßten konjunkturelle Erscheinungen im Wirtschaftsleben, Erscheinungen der Währung, unbedingt sich ausdrücken. Auf diesen Zustand mußte ich Sie aufmerksam machen, weil das der Zustand einer großen Gefahr ist. Wenn wir 46ÿ7 Milliarden Staatsschulden haben und statistisch ungefähr 77 Miliarden Privatschulden ausweisen, wenn wir diese mit dem Nichterfaßbaren auf 90 Miliarden schätzen, sodaß zusammen die Verschuldung 140 Miliarden ausmacht, so besteht eine große Gefahr darin, weil wir zur Dekkung des Zinsendienstes beinahe die ganzen Einnahmen der reinen Staatsverwaltung oder die Einnahmen für den Export brauchen. Wenn Sie diese Vergleichsziffern herannehmen, dann werden Sie die Bedeutung des Gesagten erkennen.

Bezüglich der Rangierung der Wirtschaft stelle ich fest, daß sie lautet: I. èechische Wirtschaft, II. slovakische Wirtschaft, III. sudetendeutsche Wirtschaft. Das ist die Rangierung in der Fürsorge und in allem anderen. Es ist interessant, daß wir im großen ganzen aus der Statistik feststellen, daß wir im gegenwärtigen Zeitpu nkt trotz der Belebung der Wirtschaft vor einer Krise in den historischen Ländern und auf der anderen Seite vor einer Entwicklung der Wirtschaft in der Slovakei stehen. In den historischen Ländern stehen wir wieder vor der typischen sudetendeutschen Krise, indem da unverhältnismäßig mehr Arbeitslose sind, wobei sich aber auch in diesem Gebiete der Grad der Besserung unverhältnismäßig geringer im Rückgang der Arbeitslosenziffer ausweist, oder besser gesagt, daß die Beschäftigung im sudetendeutschen Gebiete geringer ist als im èechischen Gebiete. Wir haben das Empfinden, daß wir im Sinne der Verfassung den Anspruch auf volle Gleichberechtigung haben und wenn wir vor diesem Problem stehen, so will ich damit den nationalpolitischen und politischen Teil meiner Ausführungen in Behandlung nehmen.

Das nationalpolitische Problem unterscheiden wir wohl von den politischen Problemen. Das nationalpolitische Problem einmal aus der Welt und der Diskussion geschafft, könnte überhaupt dann nicht mehr Streitgegenstand der ganzen Politik sein, während wir immer je nach der Entwicklung vor politischen Problemen stehen werden. Ich möchte es gleich so charakterisieren: Das nationalpolitische Problem besteht darin, daß wir im Sinne der Verfassung, die uns als gleichberechtigte Bürger anerkennt, die Benachteiligung in den rein nationalen, kulturellen, wi rtschaftlichen und sozialen Dingen sehen. Und da muß ich Ihnen sagen: Der Komplex des nationalpolitischen Problems beschränkt sich nicht auf das rein nationalpolitische, sondern auch auf das national Kulturpolitische, national Wirtschaftspolitische und national Sozialpolitis che. Die Lösung des nationalen Problems kann niemals in einer Brosamenpolitik bestehen, kann niemals in Erfolgen von Interventionspolitik und kann auch niemals darin bestehen, daß man glaubt, es mit Gummiknüppeln lösen zu können, daß man glaubt, man löst das Problem durch Brutalität oder mit der Staatspolizei. Oh nein, die Grundregelung des nationalen Problems muß auf den Kern des Ganzen gehen und muß bei der Lösung restlos alle Fragen bereinigen. Wenn das nicht geschieht, so werden wir immer nur vor Teillösungen stehen, die Reibungsflächen offen lassen und die unter keinen Umständen eine Bereinigung bringen.

Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang auf einen Umstand aufmerksam machen, den Sie eigentlich niemals beachten. Er besteht darin: Wenn Sie uns Sudetendeutsche betrachten, so glauben Sie, daß Sie mit der Mentalität der Insel- oder Binnendeutschen auskommen, während für Sie maßgeblich in der Lösung des Grundproblems der nationalen Frage die Stellung des Grenzlanddeutschen sein muß, des Menschen, der draußen im Randgebiet lebt. Wenn Sie den befriedigen, dann werden Sie gleichzeitig auch das Inselund Binnendeutschtum befriedigt haben. Dann werden Sie sehen, daß nicht die Mentalität, einseitig nur in dieser Richtung aufgefaßt, maßgeblich ist und da möchte ich Sie darauf aufmerksam machen: Es durfte und darf für Sie nicht Minister Spina und Minister Mayr-Harting als Prager, auch nicht Minister Dr. Czech als Brünner maßgeblich für die Lösung sein, weil ihre Mentalität sich niemals mit der des großen geschlossenen Grenzgebietes decken wird. Das zu erfassen, wird Ihre maßgebliche Aufgabe sein.

Ich möchte nicht Ihre Verhältnisse im alten Österreich berühren. Es ist doch kein reiner Zufall, daß wir Sudetendeutsche im Prozentsatz beinahe dasselbe ausmachen, was Sie als èechische Bevölkerung im alten Österreich ausgemacht haben. Aber es erfordert eine maßgebliche Feststellung, daß Sie als Èechen 39 % der gesamten Staatsangestelltenposten im alten Österreich bekleidet haben, während wir Sudetendeutsche je nach dem Ressort von 1% bis Maximum 7% innehaben. (Posl. Hampl: Aber die Schwierigkeiten liegen anderswo, Herr Doktor!) Herr Koll. Hampl, ich habe mir schon oft darüber Gedanken gemacht, wie weit sich überhaupt eine Vergleichsbasis für die österreichischen und für die èechischen Verhältnisse finden läßt. Aber eines steht fest, daß Sie im alten Österreich lange nicht die Benachteiligung gehabt haben, wie wir sie als Sudetendeutsche in der Èechoslovakei haben. Wir forschen jetzt in diesem Zusammenhang nicht über die Beweggründe nach, die maßgeblich waren, daß Sie uns zur Èechoslovakei wünschten. Ich stelle die reale Tatsache fest: Wir leben in diesem Staate und stehen auf dem Boden dieser realen Tatsache.

Im Anfang hat das Verhältnis zwischen dem èechischen Volke und dem sudetendeutschen sicher eine maßgebliche Bestimmung durch den rein politischen Teil gehabt, der sich eigentlich mehr in den Rahmen der Selbstbestimmung der Völker verbreiterte, die sie doch in die Verfassungsurkunde aufgenommen haben, und dann in weiterem Verlaufe der Selbstverwaltung. Das nationale Problem als solches hat sich in der Bedeutung für uns Sudetendeutsche seit der Gründung bis zum heutigen Tage progressiv entwickelt und ist durch Ihre Maßnahmen, durch Ihre Verfügungen für die Lösung immer akuter geworden und hat sich immer mehr zugespitzt. Denn das nationale Problem in dieser Entwicklung hat doch die Verschärfung durch Ihre einengenden, durch Ihre einschnürenden Beschränkungsmaßnahmen auf dem Gebiete der Sprache, der Schule, der Wirtschaft, des sozialen Lebens erfahren und hat sich durch Ihre Tendenz der Entnationalisierung, der Unterdrückung und Entrechtung für uns als immer unerträglicher erwiesen, das gelöst werden muß.

Meine Herren, es hat keinen Zweck über die Nadelstiche zu sprechen. Sie heißen es Nadelstiche. Bei uns liegt aber das Problem ganz anders. Für uns drückt es sich als die Tendenz von Unterdrückung, Entrechtung und Entnationalisierung aus. Wir wollen heute in diesem Zusammenhange die Geschichte weglassen. Aber es ist nicht richtig, uns Sudetendeutschen gegenüber immer von dem"verdeutschten" Gebiet zu sprechen. Damit ist immer eine bestimmte Provokation verbunden. Denn Sie können die geschichtlichen Tatsachen nehmen wie Sie wollen, fest steht, daß wir vor mehr als 600 Jahren herbeigerufen wurden, daß wir friedlich in das Land gezogen sind und daß wir auf friedlichem Wege das ganze Siedlungsgebiet unserer Heimat in voller eigener Arbeit aufgebaut haben. Nach all den Grundsätzen des Rechtes sind die Ansprüche für uns voll berechtigt, sind ersessen und für Sie verjährt und deshalb höre man auf, daß man in weiterer Folge immer von dem "verdeutschten" Gebiet spricht.

Wenn wir über das nationale Problem sprechen, so müssen wir mit ein paar Worten die verschiedenen Begriffe, die dazu notwendig sind, aufklären. Wir unterscheiden zwischen Staat, Volk und Völker. Wir behaupten, daß es sich in der ganzen Geschichte erwiesen hat, daß die Staaten labil sind, daß das Bleibende immer die Völker sind. Von dem Gesichtspunkte aus ist in erster Linie die Fürsorge für das Volk maßgeblich und wenn Sie, meine Herren, auf èechischer Seite das in Ihrem ganzen Nationalismus, in Ihrem ganzen Patriotismus verfolgen, so dreht es sich in erster Linie bei Ihnen um das Volk und in zweiter Linie erst um den Staat. Maßgeblich ist für Sie immer das Volk und in zweiter Linie kommt erst der Staat. Wir unterscheiden wohlweislich zwischen Staat und Regierung. Bezüglich des Staates stehen wir auf dem Standpunkte der gegebenen Tatsache, auf den Gegebenheiten, und wir haben eindeutig festgestellt, daß wir zum Staate bejahend, aktiv und positiv eingestellt sind. Die Einstellung zur Regierung ist etwas ganz anderes. Wir stehen zur Regierung in Kampfstellung, weil wir durch die Regierung bis zum heutigen Tage noch nicht das Recht bekommen haben, das uns gebührt.

Bezüglich der Republik haben wir nichts einzuwenden. Wir stehen auf dem republikanischen Standpunkte, wir sagen aber, diese Erscheinungsform ist nicht das Maßgebliche für die Regelung des Verhältnisses der Völker. Demokratie, Diktatur: Meine Herren, es muß doch eindeutig festgestellt werden, daß wir Sudetendeutsche nichts anderes als Demokraten sein können, man mag uns 10- und 20mal sagen, daß wir Faszisten und Anhänger der Diktatur sind. Setzen Sie sich doch einmal psychologisch in unsere Situation! Wir können nichts anderes als Demokraten sein, selbst wenn wir wollten, wir müssen es sein, schon aus rein egoistischen Gründen heraus, wenn Sie uns schon keine anderen Motive zubilligen. Denn wir können in diesem Staate in die Dinge maßgeblich nur auf dem Wege der Demokratie vordringen. Wir sind nicht so töricht und einsichtslos, daß wir nicht wüßten, daß eine Diktatur nur eine èechische Diktatur sein kann und wir bilden uns absolut nicht ein, daß wir Sudetendeutschen, wenn es einmal in der Èechoslovakei zu einer Diktatur käme, irgendwelchen Anteil an den Dingen hätten. Revolutionär: Auch dieser Begriff ist festzusetzen und da sage ich Ihnen: Die Sudetendeutschen waren seit Beginn des Staates keine Revolutionäre und ich wage zu behaupten, wie ich es auch in Ausschuß ausgeführt habe: wären wir Sudetendeutschen Revolutionäre gewesen, man hätte sich gleich mit uns an einen Tisch gesetzt und mit uns verhandelt und man hätte sofort das nationale Problem gelöst. Sehen Sie, meine Herren, darin liegt ein großer Vorteil, den der Staat hat. Ich will Ihnen mit Folgendem beweisen, daß wir Sudetendeutschen immer ein Ordnungselement dargestellt haben: Der Herr Staatspräsident Beneš hat am 17. Juni 1936 in Brünn folgendes festgestellt (ète): "Wenn sich jemand vor 15 Jahren kurz nach dem Kriege eine solche Situation, wie sie heute in der Welt herrscht, mit so viel Verwirrung, sovielen Umstürzen und soviel Unsicherheit hätte vorstellen können, hätte er kaum annehmen können, daß unsere Republik und insbesondere deren inneres Gleichgewicht und Ruhe in dem Maße würden standhalten können. Ziehen wir nur einen Vergleich mit den anderen Staaten! Unsere Republik hat deswegen so gut standgehalten, weil es bei uns keine Unruhen gab." Meine Herren, in dem Staate sind wir die Unzufriedenen, wir haben keine Unruhen gemacht und deswegen hat der Staat standgehalten. (Posl. Hampl: Das ist zu einfach, wie Sie es sagen!) Das ist zu schön, als daß es so einfach wäre. Der Herr Präsident sagt dann hier weiter, daß durch den Eintritt der Minderheitengruppen und durch die Teilnahme an der Regierungsgewalt diese Zustände herbeigeführt worden sind. Nein, umgekehrt, gerade daß die maßgeblichen Kreise der Opposition zu allen Zeiten diese Besonnenheit und Ruhe an den Tag gelegt haben, ist der Beweis, daß die Republik von Unruhen bewahrt war.

Man wirft heute alles in einen Topf. Wir sind in einem Staatsfeinde, in einem Irredentisten und unverläßlich. Ja, meine Herren, ohne weitere Definition im Stadium der Vermutung, der Beschuldigung, der Verdächtigung und der Verleumdung. Ich glaube, von diesem Gesichtspunkte aus hat gerade die Vergangenheit Sie gelehrt, daß die Verhältnisse grundsätzlich doch anders liegen. Totalität: Es gibt beinahe keine Ausführungen maßgeblicher Kreise - wir haben es auch vorhin vom Koll. Hampl gehört - es gibt niemanden von verantwortlichen Personen, der nicht auf die Frage der Totalität zu sprechen käme. Wie liegt denn eigentlich die Sache mit der Totalität? Heißt Totalität Einigkeit oder Einheit oder beides zusammen? Totalität ist zu allen Zeiten der Begriff der Einigkeit. (Posl. dr Goldstein: Das ist die Ausschließung aller anderen, die anders denken!) Die Keimzelle für die Totalität liegt in der Demokratie. Wieso? Die Demokratie hat als Grundquelle die Massenparteien. Was ist Totalität? Die Totalität ist die Vereinigung zu einer Massenpartei. Und jetzt sprechen wir doch einmal ganz deutlich miteinander. Uns wirft man Totalität vor. Herr Koll. Goldstein, es ist ein maßgeblicher Irrtum von Ihnen, daß wir die anderen ausschließen wollen. Im Gegenteil, wir anerkennen und wir müssen die anderen Parteien anerkennen - das schließt aber den Kampf gegen sie nicht aus - aber das, was Sie machen, ist der Unterschied, daß Sie Totalität mit Erfolg verwechseln. Sie glauben dadurch, daß es sich einmal in der sudetendeutschen Geschichte ereignet hat, daß sich das Volk zu 70% spontan und initiativ, ganz aus sich heraus zus ammengeschlossen hat, das Recht zu haben, das Volk als das totale Volk zu bezeichnen. Meine Herren, wir sind doch nicht so einsichtslos, wir leben doch in einem demokratischen Staate, wir sind doch nicht in der Lage, die exekutive Gewalt ausüben zu können, wir haben uns den Grundsätzen der Demokratie zu beugen. Infolgedessen können wir wohl zu den Parteien im politischen Kampfe stehen und dadurch unseren Einfluß ausüben, niemals durch irgendwelche selbständige gesetzliche Verfügungen sie aus der Welt schaffen. (Výkøiky posl. Hampla.) Herr Koll. Hampl, nehmen wir doch einmal die Praxis her. Was machen denn die èechischen Sozialdemokraten, wenn sie in den Wahlkampf ziehen? Sie machen den Wahlkampf in einer Art und Weise auf, daß sie der ganzen Bevölkerung sagen: "Kommt nur Alle zu uns, Ihr Menschen, wir sind die alleinseligmachende Partei!" Genau so total erlauben wir uns auch zu sein. Sie können eine Partei nach der anderen nehmen, die èechischen Agrarier usw., keine verzichtet in der Austragung des Wahlkampfes freiwillig auf Mandate. (Posl. Hampl: Wir sprechen doch nicht über Totalität bei uns!) Wir können doch nicht über das Totalitätsprinzip in Deutschland sprechen, wenn wir über die Befriedung der inneren Verhältnisse in der Èechoslovakei sprechen. (Výkøiky posl. Hampla.) Nehmen wir wieder die Praxis her. Die Kommunisten werden nicht zugeben, daß wir sie zum Verschwinden bringen, das werden auch nicht die Sozialdemokraten sagen wollen. Wir können infolgedessen niemals zu einer Totalität kommen, selbst wenn wir sie wollten. Infolgedessen können wir in der Èechoslovakei in diesem Rahmen in der politischen Propaganda, in der Überzeugungskraft der Politik, der Idee. nur so weit kommen, daß wir den größtmöglichen Teil politisch erfassen. Aber nehmen wir den theoretischen Fall an, wir hätten in der Èechoslovakei im Sudetendeutschtum eine totale Partei. Effekt, meine Herren? Daß diese totale Partei immer wieder in der èechoslovakischen Demokratie landen müßte. Die èechoslovakische Demokratie, die bestimmen doch nicht wir, die bestimmen Sie auf der èechischen Seite und Sie sind doch die Verfechter der Demokratie. Wir haben gesagt, ob wir wollen oder nicht, selbst wenn wir eine totale Partei wären, müßten wir bei der èechoslovakischen Demokratie landen. Sie werden so lange eine Demokratie haben, als man auf èechischer Seite die Demokratie haben will.

Ich möchte nun weiter sagen: Die Entscheidung über die Größe der Sudetendeutschen Partei ist eine reine Entscscheidung des Volkes gewesen, herbeigeführt ganz auf Grund der èechoslovakischen demokratischen Wahlen. Wir haben demokratisch gewählt. Sie auf der anderen Seite können sich doch nicht auf den Standpunkt stellen, daß wir hier totalitär sind. Die Entscheidung hat das Volk getroffen und die Entscheidung, daß wir 70% der Bevölkerung ausmachen, ist eine freiwillige, initiative, bewußte Entscheidung des Volkes, die das Volk zur Änderung und Besserung der Verhältnisse herbeiführen wollte. Ich wiederhole: Totalität wird in dem Falle verwechselt mit Erfolg, genau so wie man auf der èechischen Seite Staatsfeindlichkeit, die man uns andichtet, mit Unzufriedenheit verwechselt.

Meine Herren auf der èechischen Seite! Daß Sie sich gegen die Bewegung im Sudetendeutschtum stellen, das ist psychologisch für mich ganz erklärlich, denn es hat immer der alte Grundsatz gegolten: divide et impera. Aber daß sich auf der sudetendeutschen Seite Parteien, die noch dazu programmatisch der Bewegung nahezustehen, sich diesem Gedanken der Einigkeit und Einheit widersetzen, das wird in der Geschichte des Sudetendeutschtums einmal niemand verstehen können.

Schuld daran ist in erster Linie der Parteiegoismus. Der hat nichts zu tun mit dem Volk, sondern lediglich mit der Partei. Man kommt nicht dem Volk zu Liebe zu dem Begriff der Unterordnung für das Volk, weil man den Begriff der Partei höher stellt als das Volk. Wenn Sie heute insbesondere mit der Gegebenheit der Größe rechnen müssen, so wäre es doch viel praktischer, einmal die ganze Geschichte vom Standpunkt der Verhandlungsbasis und des Verhandlungspartners zu nehmen.


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