Im Jahre 1931 wurde wohl eine Kommission zum Studium der Rationalisierung
der Verwaltung von dem Nationalklomitee für wiessenschaftliche
Organisation begründet, die eine Abteilung für Selbstverwaltung
hat und die ihre Arbeit zuerst auf die unteren Instanzen erstreckte,
wo die Buchung der Einbekenntnisse und die Schulung des Personals
einer gründlichen und beschleunigten Reform unterzogen werden
sollte. Ein Erfolg dieser Arbeit hat sich aber bis heute nicht
gezeigt. Zur Sicherung der Bearbeitung der gesetzlichen Vorschriften
vor allem seitens der Steuerbehörden wäre eine Ergänzung
des § 338 des Strafgesetzbuches notwendig hinsichtlich eines
Ersatzanspruches der Steuerträger an den Staat für Kosten,
die ihnen durch die Einbringung von Rechtsmitteln an die oberen
Instanzen entstanden sind, wenn im angefochtenen Verfahren das
Gesetz in offensichtlicher Fahrlässigkeit verletzt wurde.
Der Staat wird sich auf die Dauer einer diesbezüglichen Regelung
nicht entziehen können.
Man erwartet sich von der Novelle Wirkungen auf eine Steuerbereinigung
und vergißt, daß diese eine Erleichterung fuür
die unmöglichen Vorschreibungen für die früheren
Jahre gar nicht bieten kann, die in erster Linie zu bereinigen
wären. Tausende Steuerzahler sind heute durchaus nicht in
der Lage, ihre Steuerrückstände, die nicht aus eigenem
Verschulden aufgelaufen sind, zu bezahlen. Exekutionen zur Hereinbringung
dieser für niemanden tragbaren Forderungen werden mit der.
artiger Härte durchgeführt, daß der Betreffende
gezwungen ist, seinen Betrieb einzustellen und sich auch in Zukunft
scheut, infolge der drohenden Pfändung, den Betrieb wieder
zu errichten und zu beleben, was nicht nur den Staat durch Verkleinerung
der Besteuerungssubstanz, sondern auch die ganze Wirtschaft durch
Einengung des Arbeitsmarktes auf das Schwerste schädigt.
Die Steuerrückstände sind bei uns durchaus nicht gering.
Haben sie im Jahre 1927 über 4 1/2 Milliarden betragen, so
betrugen sie im Jahre 1934, trotz der in den letzten Jahren besonders
scharfen Steuereintreibungen immer noch 4.846 Millionen und betrugen
- ein Vergleich soll uns die Ungeheuerlichkeit dieser Summe vor
Augen führen - damit 10% unseres gesamten Volkseinkommens,
wobei die Rückstände bei der Einkommensteuer allein
1257 Millionen, bei der Umsatz- und Luxussteuer 1724 Millionen,
an Gebühren 783 Millionen, bei der allgemeinen Erwerbssteuer
127 Millionen und der besonderen Erwerbssteuer 139 Millionen betrugen.
Daraus erhellt ebenfalls, wie hier schon wiederhollt aufgezeigt
wurde, die ungeheure Belastung der Wirtschaft, die in ihrer eigenen
Substanz auf das Schwerste bedroht ist, die Gefahr, daß
der Staat selbst seine Steuergrundlagen auf das Schwerste verkleinert.
Der Rückgang seiner Einnahmen, trotz scharfer Eintreibungsmethoden
und die Höhe der Steuerrückstände zeigen, daß
die Wirtschaft erschüttert ist. Dieser Tatsache Rechnung
zu tragen, bleibt der Verwaltung auf die Dauer nicht erspart.
Es muß ein Ausgleich geschaffen werden hinsichtlich der
Steuergleichheit und eine Grundlagenerweiterung vorgenommen werden
durch Aufhebung von Steuerbegünstigungen für große
Betriebe, betreffend die Zentralbesteuerung, sowie für Konsumvereine,
weil eine weitere Gewährung dieser Erleichterungen für
die gesamte Wirtschaft unerträglich ist, weil die Steuerausfälle
nicht mehr von den übrigen Teilen der Wirtschaft gedeckt
werden können.
Wir haben uns in Steuerfragen niemals auf den Standpunkt nur des
Steuerträgers gestellt und tun es auch heute nicht, sondern
stellen uns auf den Standpunkt des Staatsbürgers, der nicht
nur Pflichten und Rechte erhalten und haben muß, die erst
beide den Begriff des Staatsbürgers füllen. Bei der
Einstellung der Verwaltung hätten wir durchaus das Recht,
lediglich den Standpunkt des Steuerträgers einzunehmen, denn
oft wirken junge, unerfahrene Beamte, die kaum den Schimmel des
Verfahrens beherrschen, von Steuerrecht und Steuergerechtigkeit
aber ebensowenig verstehen wie von der Wirtschaft, aber über
Millionenbeträge und über Tausende Betriebe entscheiden.
Daß aber nicht nur die unteren Behörden kein Verständnis
für die Verhältnisse zeigen, sondern daß vor allem
die oberen Instanzen hier richtunggebend sind, zeigt ein Problem,
das wir nicht anders als das nationale Steuerungleichheitsproblem
bezeichnen müssen. Das habe ich schon früher bei einer
Gelegenheit, bei der Debatte über den Staatsrechnungsabschluß,
an der Besteuerung von Rumburger Gewerbetreibenden gezeigt, wo
27 Steuerträger von der Behörde besteuert worden sind
in einem Verhältnis von 37 % Erwerbssteuergrundlage der vorgeschriebenen
Umsatzsteuergrundlage, wobei das Verhältnis der einbekannten
Erwerbsteuergrundlage schon 179 % der einbekannten Umsatzsteuergrundlage
betrug, so daß die vorgeschriebene Erwerbssteuergrundlage
tatsächlich 59% der einbekannten Umsatzsteuergrundlage ausgemacht
hat. Daß dies durchaus nicht eine Angelegenheit des Rumburger
Bezirkes, sondern daß dies vielmehr eine Angelegenheit fast
des ganzen Sudetendeutschtums darstellt, zeigen die Verhältnisse
in der Besteuerung in den Bezirken Reichenberg, Aussig, Teplitz
und Karlsbad, also vier vorwiegend deutschen Steuerbezirken, die
bei einer Einwohnerzahl von 470.350 im Jahre 1933 101ÿ5 Millionen
an direkten Steuern aufgebracht haben, was einer Kopfquote von
215ÿ80 Kè entspricht. Während die Steuereingänge
für die Bezirke Königgrätz, Pardubitz, Jungbunzlau,
Náchod und Pilsen, also vorwiegend èechische Bezirke,
bei einer Einwohnerzahl von 527.000 und bei einem Gesamtbetrag
von 64ÿ4 Millionen an direkten Steuern einer Kopfquote von
122ÿ1 Kè entsprechen, also um nahezu 100 Kè
weniger oder um fast 50% weniger als die Kopfquote für die
deutschen Bezirke, wobei für den ganzen Staat mit einem Steuereingang
von 1.893 Millionen und einer Einwohnerzahl von 14,726.000 die
Kopfquote 128 Kè beträgt, also immer noch um ein Weniges
mehr als in den èechischen Bezirken. Während die Kopfquote
in den deutschen Bezirken 215 ausmacht, während auch noch
länderweise ein Unterschied herrscht, beträgt für
die historischen Länder die Kopfquote 153ÿ8, für
die Slovakei 69ÿ7 und für Karpathorußland 26.7.
Wir können heute durchaus sagen, daß die wirtschaftlichen
Verhältnisse, die Einkommensverhältnisse im sudetendeutschen
Gebiet, den Einkommensverhältnissen in der Slovakei entsprechen.
Wenn wir das als Vergleichsgrundlage heranziehen, dann finden
wir, daß das sudetendeutsche Gebiet um das Dreifache mehr
besteuert ist als die Slovakei, trotzdem in diesem sudetendeutschen
Gebiet ein verhältnismäßig viel höherer Prozentsatz
an Arbeitslosen vorhanden ist. Das zeigt auch, daß das sudetendeutsche
Gebiet nicht das für den Staat bedeutet, was es eigentlich
nach der Zahl der Arbeitslosen bedeuten müßte, daß
auf der anderen Seite die Eintreibung der Steuern viel schärfer
ist, aber auch das Steuerpflichtbewußtsein der Sudetendeutschen
etwas größer ist.
Alle diese Tatsachen und Zahlen können nicht, wie es hier
so oft geschehen ist, als böswillige Argumente eines Querulantentums
oder als demagogischer Mißbrauch bezeichnet werden, sondern
sind an und für sich eine schwere Anklage gegen den ungerechten,
unerhörten Mißbrauch der Macht, der Gesetze und Rechte.
Diese Verhältnisse sind ein Beweis dafür, daß
hier in diesem Staate nicht nur das nationale Problem, sondern
auch wirtschaftliche und soziale Probleme nach einer gründlichen
Lösung schreien. Der Begriff der Demokratie der kleinen Leute,
wie er geprägt wurde, verlangt endlich 100 %ige Berücksichtigung,
verlangt für die Benachteiligten vor allem gerechten Schutz
und wahrhafte Fürsorge des Staates. Wenn man dabei den Grad
der staatsbürger.lichen Pflichterfüllung und materiellen
Leistung ins Auge faßt, dann verdient vor allem der Handels-
und Gewerbestand dabei mehr Verständnis, als ihm bisher entgegengebracht
wurde. Trotz seiner großen Steuerleistung entbehrt er nach
wie vor immer noch der Altersversicherung, der Unterstützung
und Förderung seines Organisationswesens im Sinne der dringend
nötigen Selbstverwaltung auch in nationaler Hinsicht, des
Schutzes vor unlauterer Konkurrenz und vor ungehemmter Marktstörung.
Obwohl gerade heute dieser Stand seine ungeheuere Bedeutung auf
dem Gebiete der Arbeitsbeschaffung allein hat und er eine der
wichtigsten Grundlagen unseres wi rtschaftlich notwendigen Wiederaufbaues
ist, fehlt ihm trotzdem die Anerkennung, die aber für die
Zukunft als unerläßlich bezeichnet werden muß.
Es gibt vor allem im sudetendeutschen Gebiet mehr an Gewerbestand,
als in den übrigen Gebieten, wie die Vergleichszahlen vorhin
ergeben haben. Dafür erhält aber der verarmte Handels-
und Gewerbestand, der oft gerade infolge der ungeheueren Übersteuerung
vor das Nichts gestellt wurde, nicht einmal die notwendige Gleichstellung
mit dem Arbeiter hinsichtlich der Erwerbslosenfürsorge. Ja,
er erhält nicht einmal die Garantie der Substanzerhaltung
und kann sie nicht erhalten, da Parlament und Verwaltung in der
Auferlegung von Steuerlasten allein wetteifern. Trotz der demokratischen
Staatsform herrscht bei uns weder Rücksicht auf das Volk
und die Völker, noch auf die Menschen der Völker selbst,
sondern wir werden von einer verständnislosen Bürokratie
beherrscht, wie auch diese Steuernovelle es weiterhin zulassen
wird und muß, solange sich sogar das Parlament als schwächer
erweist als die Verwaltung, statt sie mit starker Hand zu kontrollieren.
Bei dieser Tatsache kann der kleine Steuerträger draußen
im Volk nicht zur Überzeugung kommen, daß er mit seinen
schwachen Kräften imstande ist, sich erfolgreich durchzusetzen,
wenn es nicht einmal das Parlament vermag. Wir lehnen daher, und
nicht nur aus diesem Grunde, die vorliegende Novelle ab. (Potlesk
sudetskonìmeckých poslancù.)
Geehrte Frauen und Herren! Die Vorlage, welche heute in später
Abendstunde zur Diskussion gestellt isst und in kürzester
Zeit zum Gesetz erhoben werden soll, beinhaltet ein außerordentlich
bedeutungsvolles Gesetzeswerk. Der Berichterstatter, vor allem
der vorzügliche und gewissenhafte Motivenbericht, der dem
Antrag der Regierung beigeschlossen ist, sie alle haben bereits
ausführlich den Gegensstand, der zur Behandlung steht, beleuchtet.
Man braucht kein Spezialist auf dem Gebiete der sozialen Versicherungen
zu sein, um festzustellen, daß die Lage unserer Bruderladen
als des ältesten Zweiges der Sozialversicherung als geradezu
hoffnungslos bezeichnet werden muß. Der Motivenbericht berichtet
davon, daß es im Bergbau am 1. Jänner 1926 134.003
Verssicherte gab und daß die Zahl der Versicherten am 31.
Dezember 1934 auf 97.700 gesunken ist. Demgegenüber ist die
Zahl der Rentenempfänger von 84.062 am 1. Jänner 1926
auf 100.038 am 31. Dezember 1934 angestiegen. Es ist also heute
klar, daß es bei den Bruderladen mehr Renten empfänger
gibt als Versicherte, die Beträge zahlen. Es gibt meines
Ermessens eine doppelte Ursache für diese Entwicklung in
den Bruderladen: Eine tragische Schuld und ein tragisches Schicksal.
Die Handelspolitik der Männer, die für die Handelspolitik
unseres Staates ganz besonders im ersten Jahrzehnt der jungen
Republik verantwortlich zeichneten, hat unserem Export schwere
Wunden geschlagen. Nicht nur, daß die Bemühungen um
unseren Kohlenexport vollkommen erfolglos blieben, weil sie sehr
oft von falschen hhandelspolitischen Voraussetzungen vorausgingen,
die Schließ ung vieler Industriebe triebe dieses Landes
hat den Kohlenverbrauch erheblich verringert und dadurch die Zahl
der arbeitslosen Bergarbeiter wesentlich erhöht. Jeder arbeitslose
Bergarbeiter aber kam als Beitragszahler für seine Bruderlade
in Wegfall. Daß die verantwortlichen Männer die Rationalisierungsmaßnahmen
im Bergbau bis zum Rationalisierungswahns inn wachsen liessen,
ohne gleichzeitig die Hauptgewinner an den Rationalisierungsmaßnahmen
zu erhöhten Leistungen für die Sozialversicherung der
Bergleute heranzuziehen, bleibt eine tragische Schuld der dafür
Verantwortlichen. Im Falkenauer Braunkohlenrevier ist der Förderanteil
pro Schicht und Mann von nicht ganz 14 q im Jahre 1921 auf mehr
als 31 q im Jahre 1935 angestiegen, also die Steigerung hat mehr
als ein Zweieinhalbfaches ausgemacht. Bei Verwertung dieser Steigerung
würde die Not der Bruderladen niemals den uns alle bedrückenden
Umfang angenommommen haben, wenn die Kohlengesellschaften den
aliquoten Teil, den sie durch die Rationalisierung verdienten,
den Bruderladen hätten zuführen müssen.
Zur Schuld, die nach Sühne schreit, und die in dieser Vorlage
nur teilweise wieder gutgemacht wird, kommt das Schicksal. Die
Gleichstellung der Anwartschaften der slovakischen, karpathorussischen
und Hultschiner Bergleute mit den übrigen Rentnern, die ja
an sich eine Selbstverständlichkeit ist, brachte der Zentralbruderlade
bedeutend erhöhte Ausgaben. Dazu kommen noch die letzten
sieben schweren Krisenjahre mit ihren gerade für den Kohlenbergbau
furchtbaren Begleiterscheinungen. Sie brachten neue Sorgen und
wenn die Regierung nicht immer wieder mit Krediten eingesprungen
wäre, hätten die genannten Ursachen zu einer regelrechten
Katastrophe für die Versicherung und damit zur Verzweiflung
der Provisionisten, Witwen und Waisen führen müssen.
Seit mehreren Jahren beschäftigen sich nun alle Beteiligten
mit der Suche nach einem Ausweg. Es bleibt das Verdienst vor allem
des Prof. Schoenbaum, diesen Ausweg gefunden zu haben. Er liegt
nun in dem zur Diskussion stehenden Gesetzesantrag vor. Das Ke
rnstück des Antrages bildet der Sanierungsvorschlag, der
dahingehend lautet, daß die Versicherungsprämien 66
Kè monatlich betragen sollen, von denen die Hälfte
die Arbeitgeber, die Hälfte die Bergleute begleichen, daß
außerdem die Bergbauunternehmungen noch 21 Kè monatlich
pro Beschäftigten bezahlen müssen, daß außerdem
die Unternehmer 2 1/2 Prozent der tatsächlich ausgezahlten
Lohnsumme den Bruderladen zuführen, und daß 1% der
empfangenen Lohnsumme die Bergleute opfern, daß schließlich
eine Sanierungsabgabe von 15 Heller pro 1 q Braunkohle, von 25
Hellern pro 1 q Steinkohle und von 30 Hellern pro 1 q Koks eingehoben
wird. Außerdem schießt der Staat in seinem Voranschlag
90 Millionen Kè pro Jahr zu.
Es ist schmerzlich, daß dadurch außer den normalen
Beiträgen die beschäftigten Bergleute noch 9 Millionen
Kè opfern müssen und es wurwde von mehreren Seiten
der gewiß billige Wunsch geäußert, ob man nicht
den Bergleuten, diie durch viele Feierschichten mit ihren Familien
geradezu auf eine unerträgliche Lebenshaltung gesetzt wurden,
nicht diesen Beitrag hätte erlassen können. Im Subkomitee
wurde dieser Wunsch von mehreren Seiten vorgebracht. Prof. Schoenbaum
und Ministerialrat Bednáø vom Arbeitsministerium
vertraten jedoch die Ansicht, daß eine solche Änderung
den Entwurf als Ganzes gefährdet. Wenn nun die Bergleute
trotz Krisennot und Arbeitslosigkeit dieses Opfer für ihre
Sozialversicherung auf sich nehmen, dann dürfen sie wohl
mit Recht erwarten, daß man für eine Reihe anderer
Wünsche Verständnis hat. Besonders erwartet die Bergarbeiterschaft,
daß die Regierung den anhaltenden und fortgesetzten Rationalisierungsmaßnahmen
im Bergbau ihr Augenmerk zuwendet.
Die Mittel für die Bergarbeiterkinder-Erholungsaktion in
den Erholungsheimen sind vollkommen unzureichend. Man möge
daher Maßnahmen zur Auffüllung dieser Mittel in Angriff
nehmen.
Der vorliegende Entwurf nennt sich Sanierung der Bruderladen.
Weil er ein Kompl romiß aller Beteiligten ist und weil er
unseres Ermessens angesichts der bedrohlichen Lage der Bruderladen
im Augenblick den fast einzig möglichen Ausweg darstellt,
deshalb stimmen wir dieser Vorlage gerne zu. Die Annahme dieses
überragenden Gesetzeswerkes möge gleichzeitig der bescheidene
Versuch zur Abtragung einer großen Dankesschuld sein, welche
die gesamte Bevölkerung unseres Landes gegenüber den
Bergarbeitern hat. Gewiß, es müssen alle Arbeiter und
Angestellten ihre ganze Kraft in den Betrieben einsetzen, um die
bei uns üblichen, entsetzlich kleinen und kargen Löhne
zu erreichen. Aber niemand gibt seine ganze Kraft unter solch
harten und schweren Bedingungen her wie der Bergmann. Sein Arbeitstag
ist ein ununterbrochener Einsatz des Letzten und Höchsten,
was der Mensch zu geben hat, seines Leebens, für das Wirtschaftsvolk
und die Staatsbevölkerung. Dieser Einsatz ist nicht bloß
anerkennender Worte, sondern auch wirklich sichtbare und fühlbarer
Taten wert. Die Männer, die ihren Leib krank, müde und
invalid geschunden haben, dürfen an ihrem Lebensabesa nd
nicht um ihre kargen Renten zittern. Sie müssen das Gefühl,
sie müssen die Überzeugung haben: unser fortwährender
Einsatz des Lebens, die Hingabe unserer Gesundheit und unserer
Jugendkraft wird von der Gesamtheit der Bevölkerung anerkannt,
gewürdigt und gelohnt. Nur unter solchen Gesichtspunkten
ist das Los der Bergarbeiter erträglich.
So groß das Sanierungswerk der Bruderladenversicherung auch
sein mag, so uneingeschränkt es auch unsere Anerkennung findet,
es ist nur ein Anfanag und nicht das letzte Wort. Mit Mühe
und Not sind die Bruderlaen durch dieses Gesetz vor dem Zusammenbruch
bewahrt geblieben. Verödet und wüst aber liegen die
Halden zwischen Eger und Aussig. Etwa 13.000 ha Kulturland ließen
sich durch die Wiederherstellung des verwüsteten Bodens gewinnen.
Der geldliche Gesamtaufwand bedeutet kein unüberwindliches
Hindernis. Nach den bisherigen Erfahrungen kann man den Aufwand
für die Rekultivierung eines Hektars durchschnittlich mit
8000 Kè einschätzen. Mit 90 bis 100 Millionen einmaligen
Sanierungsbeitrag für die verwüsteten Böden würde
dieses große Werk zu vollenden sein. Bedenkt man, daß
die Bodenreform einen Aufwand von 20.000 Kè pro ha erforderte,
der tatsächlich auch aufgebraucht wurde, so kommt man zur
Ansicht, daß im Zuge der so viel genannten Bemühungen
zur Arbeitsbeschaffung auch das angeschnittene Problem einen durchaus
gangbaren Weg zur Linderung der Arbeitslosennot darstellt.
Viele Söhne der Bergleute würden gern den Beruf des
Vaters ergreifen, trotz aller Not und Gefahr. Aber der Weg zur
Grube bleibt ihnen versperrt. In die anderen Industrien zu übersiedeln
ist für sie unmöglich, weil diese Industrien nicht nur
den eigenen Nachwuchs nicht aufnehmen können, sondern auch
ihre alte Belegschaft immer wieder empfindlich kürzen müssen.
Aus diesem Grunde bildet die Rekultivierung des verödeten
Bergbaugeländes so wie die Sanierung der Bruderladen eine
unausweichliche Aufgabe für die Männer, die vor Gott,
ihrem Gewissen und den Völkern dieses Staates die Aufgabe
übernommen haben, für die Wohlfahrt der Bevölkerung
besorgt zu sein. (Potlesk.)