Wenn wir, die Sudetendeutsche Partei, aus Gründen, die im
Detail noch andere Kameraden meiner Partei anführen werden,
Nein sagen, wenn wir dem Gesetze unsere Zustimmung verweigern
müssen, so werden an unserer Stelle andere "Ja"
sagen. Es werden "Ja" sagen jene deutschen Regierungsparteien,
von denen eine sich eben vor einer Stunde vertreten ließ
durch einen Redner, aus dessen Darlegungen wohl jedem auch von
Ihnen klar geworden ist, mit welch unglaublicher Oberflächlichkeit
sich eine deutsche Partei mit einer Vorlage von der Bedeutung
des Verteidigungsgesetzes befaßt hat. (Potlesk.) Selbst
einen so wichtigen und entscheidenden Anlaß benützt
die deutsche Sozialdemokratie dazu, in einer dreiviertelstündigen
Rede 40 Minuten auf die SDP zu schimpfen und in 5 Minuten darzulegen,
warum sie zu einem derartigen Gesetz von einer solchen Bedeutung
"Ja" sagt. Ich glaube, die entsprechende Urteilsfällung
draußen im Sudetendeutschtum wird fallen, und ich wünschte
nur, daß das wahr werden würde, was hier Herr Heeger
heraufbeschworen hat: Neuwahlen. Dort würde die Antwort gegeben
werden auf eine derartige Art der Behandlung von Fragen, die so
tief und einscheidend in das Leben unserer Volksgruppen und im
besonderen in das unserer sudetendeutschen Arbeiter eingreifen.
Ich glaube, daß an der Haltung der deutschen Regierungsparteien,
die sich schon als Erfolg anrechnen, daß eine Bestimmung
aus der Gesetzestextierung in den Motivenbericht hinüber
gewandert ist, daß diese Parteien genau so bedingungslos
und ohne alle Vorbehalte "Ja" sagen werden, wie bisher.
Daran wird auch nichts ändern die am Sonntag konstituierte
Front der Jungaktivisten. Denn, meine Herren, Jung- oder Altaktivisten,
ich bin der Meinung, daß die Herren Jaksch, Schütz
und Gustav Hacker zum Start ihrer jungaktivistischen Politik
einen sehr schlechten Zeitpunkt gewählt haben. Denn selbst
angenommen, daß es ihnen ehrlich ist - und wir würden
uns darüber freuen, daß nun selbst auf Seite der deutschen
Regierungsparteien Anschauungen zum Durchbruch gelangen, die wir
seit dem Bestande unserer Partei vertreten - sind wir doch der
Meinung, daß hier viel Worte gemacht werden, ohne daß
es zu Taten und zum Handeln kommt. Die Rede des Herrn Jaksch
in Bodenbach würde ja eigentlich erwarten lassen, daß
man gerade von Seite seiner Partei zur bestehenden Gesetzesvorlage
so Stellung nimmt, daß damit dem Jungaktivismus vielleicht
wirklich das politische Gesicht geprägt würde. Wenn
das so geschieht, wie es der Herr Heeger getan hat, müssen
wir sagen; da waren ja die Altaktivisten noch besser. (Potlesk.)
Es wurde - und darauf möchte ich zurückkommen -
vom Herrn Koll. Jaksch in Bodenbach die Frage gestellt
an Sie, die èechische Seite, ob denn in der Konzeption
Ihrer Politik für das sudetendeutsche Problem überhaupt
ein Platz sei. Nach siebenjähriger Regierungstätigkeit
kommt die deutsche Soziald emokratie erst zur Erkenntnis, daß
bisher in den politischen Konzeptionen der bisherigen Koalitionsregierungen
kein Platz war für ein sudetendeutsches Problem. Ich bin
der Überzeugung, daß es auch in Zukunft nicht anders
sein wird, selbst dann nicht, wenn Sie vielleicht hergehen und
den deutschen Regierungsparteien die Konzession machen würden,
mit Ihnen über das sudetendeutsche Problem zu verhandeln.
Denn die Träger des sudetendeutschen Daseins, die Sprecher
des Sudetendeutschtums, die, die wissen, wie der Sudetendeutsche
denkt und fühlt, das sind ja doch wir und werden wir bleiben.
(Potlesk.) Für die Herren von der jungaktivistischen
Front mag ein Wort gelten, das aus der Literatur bekannt ist.
Wir möchten ihnen zurufen: "Spät kommt Ihr, doch
Ihr kommt" - zu spät! (Potlesk.) Denn heute liegen
die Dinge so, daß die Herren Jaksch, Schütz
und Hacker, selbst wenn sie wirklich das Beste wollen, die Legitimation
nicht mehr besitzen, im Namen des Sudetendeutschtums zu sprechen.
Für das Sudetendeutschtum spricht nur der, hinter dem die
Mehrheit der Sudetendeutschen steht und meine Herren, das ist
nicht Totalität, sondern die Feststellung einer Tatsache,
das ist Feststellung einer vorhandenen großen, solidarischen
Gemeinschaft auf Seite des Sudetendeutschtums, die nun einmal
die politische Rolle derer, die bisher nichts getan haben, als
für ein Linsengericht die sudetendeutschen Forderungen zu
verkaufen, als Sprecher anzuerkennen nicht mehr in der Lage ist.
Ich will schließen, indem ich an einen Vergleich erinnere,
den Herr Verteidigungsminister Machník vor kurzer
Zeit die Ö*fentlichkeit, ich möchte sagen, zur Entscheidung
vorgelegt hat: Žižka oder Chelèický, nach
welcher Seite sollen sich die Èechen entscheiden? Žižka,
der Kriegsmann, der Stratege, oder Chelèický, der
Sozialreformer. Und der Herr Verteidigungsminister hat sich, wie
es bei einem Verteidigungsminister nicht anders sein kann, für
Žižka entschieden, für den Mann des Krieges, für
den Mann der eisernen Faust, für den Mann, in welchem sich
vor allem für uns Sudetendeutsche der Geist des Angriffes
verkörpert. Ich weiß nicht, ob die Person Žižkas
für die èechische Seite Symbol sein kann gerade in
einer Zeit, wie wir sie jetzt durchleben. In unserer Erinnerung,
in der Erinnerung des Sudetendeutschtums, da lebt Žižka
als Mann des Krieges, des Angriffes und es gibt Gegenden, in denen
man noch jetzt bei uns mit dem Namen dieses Mannes die Kinder
schreckt. Vielleicht bedeutet die Herausstellung des Kriegsmannes
als Symbol eine Umorietierung in der geistigen Haltung auf èechischer
Seite. Wir haben dazu nur eines zu erklären: Selbst wenn
man hier in der Richtung des Angriffes denkt, wenn man denkt in
der Richtung des Angriffes vor allem gegen uns Sudetendeutsche,
so wie es Herr Minister Dérer vor ein paar Tagen
festgestellt hat, daß das èechische Vold den dreißigjährigen
Krieg, seine Trübsal und sein Elend überstanden hat,
so errinnern wir Sie daran, daß auch wir die Husitenzeiten
überstanden haben. (Potlesk.)
Wir sind der Meinung, daß der Geist des Krieges und des
Angriffes nicht geeignet ist, als Symbol vor die Augen der Massen
dieses Staates gestellt zu werden. Wer den Frieden will, der soll
an andere Dinge denken, der soll, wie ich vorhin sagte, vor allem
dafür arbeiten, daß die Menschen selbst, daß
die Herzen der Menschen und nicht die Paragraphen, die Bürokratie
und die Gendarmerie für die Sicherheit des Staates mobilisiert
werden. Wir auf sudetendeutscher Seite sind bereit, die Entscheidung
liegt aber bei Ihnen. (Potlesk poslancù sudetskonìmecké
strany.)
Hohes Haus! Herr Koll. Dr. Neuman hat in Erwiderung auf
die Rede des Kameraden Sandner hier Argumente gebraucht,
die uns sehr überrascht haben. Er hat sich bei seiner ersten
Rede im Herbst des vergangenen Jahres als ein Vertreter der jungen
Generation bezeichnet. Wir haben daher erwartet, daß er
hier auch neue Argumente bringen werde, aber das, was wir von
ihm erfahren haben, ist das, was wir täglich im "Veèerní
Èeské Slovo lesen, Berichte, die von hranièáøi
st ammen, und wenn wir sie überprüfen, meist weit übertrieben
sind. Wenn er erklärt, daß im Sudetendeutschtum eine
Psychose herrscht, so möchte ich darauf verweisen, daß
gerade Sie die Möglichkeit haben, wenn Sie von einer Psychose
reden, hier diese Psychose auch zu beseitigen. In Ihrer Macht
ist es gelegen. Daß aber Sie selber unter dem Eindruck einer
Psychose stehen, beweist ja der Leitartikel, den der Vorsitzende
des verfassungsrechtlichen Ausschusses, Ihr Parteimitglied dr
Patejdl im "Národní osvobození"
vom letzten Sonntag geschrieben hat, wo er erklärte, es sei
allerdings wahr, daß die ernste internationale Lage, die
Anarchie der letzten Zeit im internationalen Recht, die Vorlage
dieses Gesetzes beschleunigt hat. Das psychologische Moment in
einer Zeit, da das Gesetz dem Parlament vorgelegt wurde, bewirkte,
daß nach einer schnellen Behandlung gerufen wurde. Koll.
Dr. Neuman hat erklärt, daß gerade diese Vorlage
von den hranièáøi begrüßt wurde.
Ich möchte demgegenüber feststellen, daß wir bisher
immer der Meinung waren, daß es sich um ein Gesetz zum Schutze
des Staates und nicht allein ein Gesetz zum Schutze der hranièáøi
handelt. (Potlesk poslancù sudetskonìmecké
strany.)
Es ist klar, daß wir, wenn solche Äußerungen
hier fallen, immer und immer wieder schwere Bedenken äußern
müssen, daß Sie eigentlich das durch Ihren Ausspruch
bestätigt haben, was Kamerad Sandner hier zu dieser
Vorlage gesagt hat. Es scheint uns aber die Psychose, unter der
gerade die heutige Zeit leidet, nicht geeignet, hier eine fruchtbare
Arbeit zu leisten. Es scheint uns die Atmosphäre, von der
gerade die èechische Presse erfüllt ist, ungeeignet,
um ein solches Gesetz, das so tief in die Rechte und Pflichten
eines Bürgers einschneidet, hier zu beraten und zu beschließen.
Wir sind der Meinung, daß Unruhe, Nervosität und eine
fast schon chronische Überempfindlichkeit niemals eine solche
Atmosphäre werden schaffen können. Wenn man schon mit
dieser Beschleunigung so wichtige Gesetze hier behandelt, dann
müßte es in Ihrem Interesse gelegen sein, die Atmosphäre
zu entgiften, damit die Gemüter nicht ständig durch
eine sensationslüsterne Presse erregt werden, die nur darauf
ausgeht, die werd enden Keime des Vertrauens zu ersticken. Es
ist unmöglich, eine große Partei auf die Dauer kleiner
Machenschaften und einer kleinlichen Gesinnung zu verdächtigen.
Meine Herren, wir sind keine Krämerseelen, uns ist die Verteidigung
des Staates keine Frage der Taktik, sondern eine Frage der Existenz
des Staates. (Potlesk poslancù sudetskonìmecké
strany.) Wir sind hier die Vertreter einer jungen Genneration,
die hergekommen ist, nicht um grundsätzlich Opposition zu
machen, sondern um im Wege einer aufrichtigen und ehrlichen Diskusion
manches aus dem Wege zu räumen, was uns trotz einer jahrhundertlangen
gemeinsamen Tradition immer noch von einander trennt. Aber wenn
wir die Entwicklung der letzten Zeit betrachten, müssen wir
zu unserem größten Bedauern feststellen, daß
wir uns immer weiter voneinander entfernen, nicht durch unsere
Schuld. Es ist notwendig, es gerade hier bei diesem Gesetze zu
erklären, weil die Berichterstattung über unsere Arbeit
in den Auschüssen die Wahrheit geradezu auf den Kopf gestellt
hat. Ich kann Ihnen erklären, ich war selbst im verfassungsrechtlichen
Ausschuß dabei, als Kamerad Dr. Neuwirth dort erklärte,
wir seien dafür, daß Spione gehängt werden, aber
nur die Spione. Und ich war überrascht, als ich heimkam und
im "Veèerní Èeské slovo"
las: "Henleinovci pro špionáž." (Výkøiky:
Das ist objektive Bericht erstattung!)
Meine Herren! Das ist Beweis genug, daß wir auf diese Weise
nicht zu einander kommen werden. Es ist aber auch unmöglich,
daß man aus der kritischen Stellungnahme zu einem Gesetz
so weit tragende Schlüsse zieht, wie Sie es immer tun. Es
ist doch nicht der Sinn einer parlamentarischen Demokratie, daß
man die kritische Stellungnahme zu einem Gesetz schon identifiziert
mit der Ablehnung der Notwendigkeit und der Tendenz des Gesetzes
überhaupt. Ich erinnere daran, daß ja nicht nur wir,
sondern auch der Regierung nahestehende oder besser gesagt gewissen
Regierungskreisen nahestehende Persönlichkeiten schwerste
Bedenken geäußert haben, als dieses Gesetz veröffentlicht
wurde. Es ist dies zu beweisen durch einen Leitartikel im "Prager
Tagblatt", wo der berühmte Rechtshistoriker Dr. Bill
erklärt hat, daß mit diesem Gesetz von dem fundamentalen
Grundsatze unserer Verfassung, der Unabhängigkeit der Justiz,
abgegangen wird, indem an Stelle eines verfassungsmäßig
unabhängigen Richters über Zivilpersonen in Spionageprozessen
Militärs richten sollen. Er hat ebenso wie wir in der teilweisen
Militarisierung der Rechtsprechung die äußerste Gefahr
gesehen, die überhaupt auf diesem Gebiet uns drohen kann.
Sie setzen damit jene Praxis fort, die wir auch sonst beobachten
können, daß immer mehr die Verwaltungsbehörden
bei der Rechtsprechung maßgebend werden, daß Verwaltungsbehörden
mit ungeheuer großen sozialen und wirtschaftlichen Sanktionen
vorgehen. Auf diese Weise treiben Sie die Entwicklung in ein Fahrwasser,
von dem Sie selber noch nicht sagen können, wo Sie einmal
landen werden. (Potlesk poslancù sudetskonìmecké
strany.)
Die ganze Vorlage beweist es wieder eindeutig, daß wir erst
am Beginn einer solchen Entwicklung stehen, aber es kann sein,
daß einmal gerade Ihre èechischen Kreise diese Warnungen,
die wir heute machen, sich werden zu eigen machen müssen.
Sie haben in den Ausschüssen jede Abänderung unsererseits
abgelehnt. Sie sind soweit gegangen, daß Sie sogar stilistische
Unebenheiten, bei denen wir fürchteten, daß sie zu
Unklarheiten führen könnten, nicht geäeändert
haben, nur aus dem einen Grunde, daß man der Opposition
eben nie recht geben könne. Das hat einer von Ihren Kollegen
in einem Privatgespräch offen zugegeben. (Výkøiky:
Demokratie ist Diskussion!) Mit der These aber, der Zweck
heilige jedes Mittel, kann man unmöglich den Einbruch der
Verwaltung in die Rechtspflege rechtfertigen. Sie beweisen oder
wollen alles beweisen mit dem Hinweis auf die Staatsnotwendigkeit.
Ich sage Ihnen, die erste und oberste Staatsnotwendigkeit ist
das unbedingte Vertrauen aller Bürger in die Rechtssprechung.
(Potlesk.) Wenn Sie dieses Vertrauen wieder herstellen
wollen, haben Sie viel gutzumachen und dann werden Sie den wertvollsten
Beitrag für die Staatsverteidigung geleistet haben, den Sie
überhaupt in dieser Zeit leisten können. Denn es ist
ja eine Tatsache, daß langsam das Gefühl der Rechtssicherheit
zu schwinden beginnt, infolge der Erfahrungen, die wir in der
letzten Zeit gemacht haben.
Sie nennen diese Vorlage kurz das Spionagegesetz oder eine Novelle
zum Schutzgesetz. Ich sage Ihnen aber, daß dieses Gesetz
in gewissen Fällen eine vollkommene Änderung der ganzen
Strafprozeßordnung beinhaltet. Die Vorlage hat einen sehr
harmlosen Namen, aber wenn sie einmal Gesetz geworden ist, dann
wird sie gerade durch ihre unklare, weitmaschige und oft auch
zweischneidige Formulierung auch das letzte Gefühl der Rechtssicherheit
bei den Deutschen beseitigen. Es ist selbstverständlich,
daß gerade wir - und ich berufe mich hier auf die Geschichte
des gesamten Deutschtums durch Jahrhunderte ein unbedingtes Gefühl
dafür haben, was der Staat braucht. Aber es ist unmöglich,
daß man das hier in dieser Weise begründet. Wir sagen:
Es ist nicht nur das Recht des Staates, sondern auch seine Pflicht,
sich gegen Spione zu schützen, aber so zu schützen,
daß dadurch nicht die Existenz seiner Bürger gefährdet
wird. Gerade deswegen, weil es sich hier um letzte und nie mehr
gutzumachende Entscheidungen handeln wird, muß unter allen
Umständen verhindert werden, daß unter dem Eindruck
einer gewissen Psychose Leute abgeurteilt werden, die nie im Leben
daran denken, etwas gegen den Staat zu tun. Es ist heute so, daß
wir täglich im sudetendeutschen Sprachgebiet Verhaftungen
von Leuten erleben, die nur das Opfer von Denuntiationen geworden
sind. (Potlesk.) Gerade über dieses Kapitel der Denuntiationen
könnte man einen Riesenroman schreiben, tagtäglich kommen
solche Fälle vor und wenn durch Zufall einmal - auch das
kommt vor - ein Èeche das Opfer einer solchen Denuntiation
wird, ist Ihnen das einfach unbegreiflich.
Wir haben erklärt, daß wir dafür sind, daß
man die Spione hängt, aber nur die Spione. Wir fürchten
nicht um die Hälse der Hochverräter, wie die "Lidové
listy" geschrieben haben, aber daß es sich hier um
weitgehende Abweichungen von den Bestimmungen des Strafverfahrens
handelt, gibt selbst der Bericht des verfassungsrechtlichen Auschusses
zu. Sie begründen dies aber damit, daß es sich nicht
nur um einen ordentlichen Vollzug des Rechtes handelt und um die
Möglichkeit einer sicheren Verteidigung, sondern eben auch
um wichtige Militärgeheimnisse. Das Verfahren müsse
daher so geregelt werden, daß es nicht das Ziel verfehlt.
Hier taucht freilich die Frage auf, ob dieses Ziel nicht auch
auf einem anderen Wege hätte erreicht werden können,
ohne dabei die Rechtssicherheit der Staatsbürger zu gefährden.
In den weiteren Paragraphen dieses Gesetzes sind Bestimmungen
enthalten, die, wie ich schon sagte, die ganze Strafprozeßordnung
für die Fälle des Militärverrates umändern.
Es werden bei einigen Kreisgerichten Sondergerichte aufgestellt,
die des Militärverrats Beschuldigten kommen vor ein solches
Sondergericht. Diesem dreigliedrigen Senat wird eine Militärperson
angehören, die als erste das Recht und die Pflicht hat, die
Stimme abzugeben, d. h., Sie wollen damit direkt die übrigen
Richter im Sinne der Militärperson beeinflussen.
Aber nicht nur das Verfahren selbst wird von einem Sondergericht
geführt, sondern auch das Vorverfahren. Die Sache selbst
bringt es mit sich, daß nicht bei jedem Kreisgericht ein
solcher Sondersenat eingeführt werden wird. Es wird daher
vorkommen, daß die Kreisgerichte, die in deutschen Sprachgebieten
liegen, größtenteils von diesen Sondergerichten ausgeschlossen
werden und daß ein des Militärverrats Beschuldigter
nach Pardubitz oder Tabor geschafft wird, in eine ihm vollkommen
fremde Umgebung. Sie werden dadurch den Mann von vornherein in
seiner Verteidigungsmöglichkeit ungeheuer schädigen.
Wenn dies damit begründet wird, daß es im Interesse
des Angeklagten liegt, hier für eine Spezifizierung und Beschleunigung
zu sorgen, dann wären wir dafür, wenn wir nicht Bedenken
hätten, daß diese Spezialisierung und Beschleunigung
auf Kosten der Rechtsfindung geht. Es ist lei cht die Gefahr gegeben,
daß eine solche Beschleunigung auf Kosten der Rechtsfindung
geht. Es ist leicht die Gefahr gegeben, daß eine solche
Beschleunigung zu Justizirrtümern führen kann. Die Beschleunigung
selbst müssen wir begrüßen, weil wir heute wissen,
daß Hunderte unserer Leute oft durch eine monatelange Untersuchungshaft
körperlich geschwächt und seelisch ze rmürbt werden,
ohne daß man irgend ein Verbrechen nachweisen kann.
Weiters schränken Sie den Mann in seiner Verteidigungsmöglichkeit
dadurch ein, daß Sie ihm das Recht der Wahl eines Verteidigers
nach seinem eigenen Ermessen beschränken. Denn das Justizministerium,
also die Verwaltungsbehörde, wird ein eigenes Verzeichnis
von Advokaten anlegen, die in eine solche Liste eingetragen werden,
die eben den Zweck hat, eine Übersicht zu geben über
die Verteidiger, die imstande sind, in Militärprozessen jemanden
zu verteidigen oder nicht. Wenn der Betreffende die Eintragung
in ein solches Verzeichnis ablehnt, können Sie mit einer
so ungeheueren Sanktion gegen ihn vorgehen, daß Sie ihm
überhaupt das Recht, in irgend einem Prozeß Verteidiger
zu sein, wegnehmen können. Das bedeutet nicht nur eine schwere
wirtschaftliche Schädigung, sondern eine Diskriminierung
des ganzen Standes, abgesehen davon, daß dieses Verzeichnis
ja eben das Justizministerium führt.
Es wird weiters dahin kommen, daß der Kläger den gewählten
Vertrauensmann ablehnen kann und daß der Angeklagte einfach
eine Liste von Vertrauensmännern vorgelegt bekommt, die er
gar nicht kennt, von denen er aber unbedingt einen zu schlucken
hat. Hier ist die Gefahr gegeben, daß der Vertrauensmann
eher ein Vertrauensmann des Klägers als des Angeklagten ist.
(Potlesk poslancù sudetskonìmecké strany.)
Der § 8 enthält dann Bestimmungen über die Anklageschrift
und über das Urteil. Auch hier soll es im Interesse der Wahrung
des Militärgeheimnisses geheim bleiben, d. h. Sie werden
nicht einmal dem Verteidiger die Möglichkeit geben, eine
wirkliche Berufung an eine höhere Instanz auszuarbeiten.
Es ist daher geradezu unbegreiflich, daß in dem Bericht
des Wehrausschusses erklärt wird, durch diese Maßnahme
würde die Stellung des Beschuldigten keineswegs eine Verschlechterung
erfahren. Es kann doch unmöglich der Sinn einer nach allen
Seiten gerecht sein wollenden Gesetzgebung sein, nur den Vorteil
der einen Seite zu wahren, gleichzeitig aber die Lage des anderen
durch Schaffung einer besonderen Strafprozeßordnung unnötig
zu erschweren. Es ist erwiesen, daß es eine Unmenge von
Fällen gibt, wo Leute, die nach § 6 des Schutzgesetzes
beschuldigt wurden, nachträglich nach § 17 abgeurteilt
wurden. Aber es ist ja bekannt, daß diese Novelle nicht
so sehr einem Bedürfnis der Ju risten, als vielmehr dem Bedürfnis
der Militärs und Politiker entsprungen ist.
Sie haben im Zusammenhang gerade mit dieser Novelle ebenso wie
beim Staatsverteidigungsgesetz die Forderung gestellt, daß
man hier Ja und Amen dazu sagt. Sie haben in der Kritik allein
schon eine Ablehnung der Tendenz dieses Gesetzes gesehen. Sie
kommen langsam dahin, daß Sie eine jede kritische Stellungnahme
zu irgendeiner Vorlage zu einem Kriterium der Loyalität machen.
Man könnte daher leicht daraus die Folgerung ziehen, daß
Sie die Absicht haben, überhaupt eine jede Opposition mundtot
zu machen. Wie weit entfernen Sie sich damit von dem Gedanken
Masaryks, der einmal gesagt hat: Demokratie ist Diskussion!
Soll aber dieses Wort wirklich einen Sinn haben, dann dürfen
Sie nicht in jeder Diskussion einen Akt der Illoyalität oder
Staatsfeindlichkeit sehen. Wenn Sie das wollen, dann können
Sie die Gesetzgebung einfacher und billiger gestalten, dann brauchen
Sie der Regierung nur eine Generalvollmacht zu geben.
Wir können unmöglich glauben, daß es die Absicht
der maßgebenden Faktoren dieses Staates ist, das Parlament
tatsächlich nur noch zu einer Fassade zu machen. Wir sind
der festen Überzeugung, daß nicht nur die Sorge um
die Verteidigung des Staates eine Aufgabe des Parlaments ist,
sondern auch die Sicherung der verfassungsmäßig garantierten
Rechte aller seiner Bürger.
Deswegen haben wir in den Ausschüssen für die materielle
Seite dieses Gesetzes gestimmt, nur damit wir zeigen, daß
wir für die Sicherung der Wehrinteressen, aber gegen jede
Erschütterung der Rechtsstellung der Bürgerschaft sind.
Dies sind die zwei Grundbedingungen für eine gesunde Entwicklung
des Staates. Uns scheinen diese zwei Grundbedingungen nicht gegeben
und wir lehnen daher die Vorlage in dieser Form ab. (Potlesk
poslancù sudetskonìmecké strany.)