Vor allem waren es einmal Gründe unserer nationalpolitischen
Perspektive, die uns dies erkennen ließen. Das uns vorgelegte
Gesetz ist ein Gesetz der "Kann"- und "Wenn"-
Bestimmungen. Es fehlen alle klaren Bestimmungen darüber,
wo und wann die einzelnen Bestimmungen des Gesetzes anzuwenden
sind. Trotzdem das Gesetz die schwersten Eingriffe in das Privatleben
des einzelnen beinhaltet, trotzdem es die Bürokratie und
eine ganze Reihe von Faktoren mit einer schier unvorstellbaren
Machtfülle ausstattet, fehlen dem Gesetze vor allem jene
eindeutigen und klaren Bestimmungen, die dafür garantieren
könnten, daß mit dem Gesetz kein nationalpolitischer
Mißbrauch getrieben werden könnte. In einem Staate,
dessen innere Verhältnisse so geartet sind, daß man
ein nationales Problem nicht kennt, wären die Dinge vielleicht
weniger bedenklich und wir wären weniger von Mißtrauen
erfüllt. In einem Staat aber, der Verhältnisse hat,
wie der unsere, in dem es nationale Probleme vom Ausmaße
des unseren gibt, ein solcher Staat kann nicht Gesetze schaffen,
die "Kann"und "Wenn"-Bestimmungen enthalten
und die dem Mißbrauch zur Entnationalisierung und zur nationalen
Benachteiligung Tür und Tor offen lassen. Es soll damit gar
nicht gesagt sein, daß die Gesetzgeber selbst die schlechten
und bösen Absichten haben. Aber wer von Ihnen wird imstande
sein, zu verhindern, daß untergeordnete Organe, daß
draußen die Herren Bezirkshauptleute und Kommissäre
mit dem Gesetz Mißbrauch treiben, das wirklich in einzelnen
Bestimmungen dazu angetan sein kann, die Kluft zwischen den Nationen
noch mehr zu vergrößern, als sie schon da ist, Verhältnisse
zu schaffen, die nicht nur eine Psychose schaffen, sondern letzten
Endes auch zu Folgerungen aus dieser Psychose führen könnten.
Wir sind doch nicht von gestern auf heute an diese Dinge herangetreten.
Es stehen uns doch Erfahrungen zur Verfügung. Die Dinge liegen
doch so, daß in den 16 Jahren, die hinter uns liegen, daß
in der letzten Zeit vor allem eine ganze Reihe von Beispielen
dafür zur Verfügung stehen, wie gesetzliche Bestimmungen,
Verordnungen und Erlässe mißbraucht werden können
in nationalpolitischer Hinsicht. Wir sind der Meinung, daß
das Gesetz immer wieder für gewisse Leute, die draußen
arbeiten, eine Versuchung sein wird, Bestimmungen und Paragraphen
der Vorlage nationalpolitisch zu mißbrauchen.
Das Gesetz - und im Ernstfalle werden Sie das nicht verhindern
können - wird eines Tages unten im kleinen Bereich zum Instrument
der Entnationalisierung mißbraucht werden. Ich denke hier
nur an den § 19, an die Definition der staatlichen Unzuverlässigkeit,
ich denke an alle jene Komplexe des Gesetzes, die ungeeignet sind,
Folgerungen heraufzubeschwören, durch die nicht nur Zehntausende,
sondern Hunderttausende von Arbeitsmenschen brotlos gemacht werden,
ich denke hier z. B. daran, daß die deutsche Sozialdemokratie
sich eben vor einer Stunde darauf berufen hat, daß es dem
Einfluß der Regierungsparteien gelungen sei, aus dem §
19 jene Definition herauszubringen, die sich auf die Mitglieder
der aufgelösten Parteien mit rückwirkender Geltung bezieht.
Ein schöner Erfolg! Wohl hat man diese Bestimmung aus dem
Text des § 19 herausgebracht, dafür hat man sie hineingenommen
in den Motivenbericht und bietet so untergeordneten Organen die
Handhabe dafür, trotzdem so zu operieren, wie es ursprünglich
beabsichtigt war. (Potlesk.) Ich weiß nicht, ob Sie
sich darüber im Klaren sind, was das bedeutet. Ich glaube,
jeder vernünftige Mensch ist sich wohl im Klaren darüber,
daß von den Mitgliedern der seinerzeit aufgelösten
Parteien durchaus nicht jeder einzelne als Staatsfeind anzusprechen
ist; jeder vernünftige Mensch wird wissen, daß es ein
Wahnsinn ist, diese rund 150.000 bis 200.000 Menschen - mit ihren
Angehörigen - von vornherein zu Staa tsfeinden zu stempeln.
Ich erkläre Ihnen: Wenn Staatsfeinde nicht da sind, mit solchen
Bestimmungen schaffen Sie sich die Staatsfeinde. (Potlesk.)
Anderthalb hunderttausend Menschen stigmatisieren Sie von
vo rnherein als unzuverlässig, als staatsfeindlich, als Menschen,
auf die das Gesetz anzuwenden ist. Ja, meine Herren, ich frage
Sie: Was soll denn in den Köpfen dieser 150.000 Menschen
vorgehen in dieser Zeit der Krise und der allgemeinen Wirtschaftsnot?
Das nennen Sie Gesetz zur Verteidigung des Staates! Dazu, meine
Herren, kommen noch alle jene Bestimmungen, vor allem des VI.
Hauptstückes: Schaffung einer Grenzzone, was nichts anderes
bedeutet, als die Schaffung zweierlei Gebietes mit zweierlei Recht;
einem Kerngebiet mit vollem Recht und einem Grenzgebiet mit minderem
Recht. Dazu kommen alle jene Bestimmungen, gegen die wir bereits
in den Ausschüssen Stellung genommen haben und welche nicht
geeignet sind, das zu erfüllen und das zu erzwecken, was
man mit dem Gesetz verfolgt hat.
Ich habe schon gesagt, wir behaupten nicht, daß konkrete
Absichten bestehen, mit dem Gesetz nationalpolitischen Mißbrauch
zu betreiben. Aber wir wissen ebenso genau, daß keiner von
ihnen, der uns der guten Absicht versichert, imstande ist, die
Garantie dafür zu übernehmen, daß der Mißbrauch
nicht erfolgt. Die Erfahrungen, die hinter uns liegen, sprechen
Bände. Wir haben schon jahrelang ein Gesetz zum Schutze der
Republik. Was ist aus diesem Gesetz und seiner Anwendung geworden?
Stimmt es heute mit den Intentionen der Gesetzgeber überein,
wenn das Schutzgesetz z. B. angewendet wird dort, wo junge Kerle
weiße Strümpfe tragen, oder dort, wo irgend ein Mensch
im Böhmerwald einen Hubertusmantel trägt, dessen Lederknöpfe
zufällig hakenkreuzähnlich verschlungene Lederriemen
aufweisen. Jeder Èeche mit Hubertusmantel trägt dieselben
Knöpfe. Oder entspricht es dem Gesetz zum Schutze der Republik,
wenn man in Jägerndorf Hausdurchsuchungen machte deswegen,
weil ein paar junge Menschen am Dorfplatze ein Lied gesungen haben
mit dem Schlußruf: Zickezacke, Zickezacke, hei! hei! hei!
Man entblödet sich nicht zu erklären, dieser Ruf sei
ein getarnter Heilruf für das Hakenkreuz. Meine Herren! So
wie hier ein unglaublicher Mißbrauch der gesetzlichen Bestimmungen
platzgegriffen hat, daß heute hier jeder Gendarmeriefeldwebel
draußen politische Schutzarbeit macht auf seine Art, genau
so könnte es eines Tages mit den Bestimmungen dieses Gesetzes
kommen, daß Sie vielleicht im besten Willen erarbeitet und
gearbeitet haben und die doch morgen und übermorgen draußen
zum Instrument des nationalpolitischen Mißbrauches werden.
Wir sind der Meinung, daß eine Minderheit, in deren Herzen
die bitteren Erfahrungen wach sind, die wir machen mußten,
sich nicht zufrieden geben kann mit den Versicherungen und Versprechungen
- ich bitte - verantwortlich denkender Menschen, daß eine
solche Minderheit mit solchen Erfahrungen und einer solchen Vergangenheit
Garantien verlangen muß, wenn man von ihr verlangt, daß
sie "ja" sagt zu derartigen Bestimmungen.
Vor allem erscheint uns wichtig und wesentlich die Tatsache, daß
nichts, aber auch gar nichts, an der Vorlage erkennen läßt,
daß man dem nationalen Problem gegenüber mit offenen
Augen zu handeln bereit ist. Das Gesetz ist nicht getragen von
dem Willen zur Lösung des nationalen Problems, sondern es
stellt die nationale Minderheit eben wieder vor fertige Tatsachen,
ohne sie überhaupt nur maßgebend Stellung nehmen zu
lassen. Man hätte, ehe man das Gesetz den gesetzgebenden
Körperschaften vorlegte, prüfen müssen die Lage
im Staate, prüfen vor allem die psychologischen Voraussetzungen
nicht nur auf der deutschen, sondern auch auf der èechischen
Seite, man hätte versuchen müssen, das Gesetz so zu
verfassen, daß es diesen bestehenden psychologischen Voraussetzungen
sowohl auf Seite der Minderheiten, wie auf Seite des Mehrheitsvolkes
entsprochen hätte. Das hat man nicht getan. Wir sind der
Meinung, daß es bei einem solchen Gesetz hätte darum
gehen müssen, nicht nur die Paragraphen, nicht nur die Bürokratie
zu mobilisieren, sondern daß es vor allem hätte darum
gehen müssen, die Menschen und die Herzen der Menschen zu
mobilisieren. In der gegenwärtigen Vorlage aber haben Sie
nur die Paragraphen, nur die Bürokratie und nur die öffentliche
Gewalt mobilisiert, haben aber vergessen, daß das Kriterium
der Wehrfähigkeit eines Staates in freudigem und aufrichtigem
Ja-Sagen der Bevölkerung zu liegen hat.
Wenn ich wieder an den § 19 denke, an die §§ 20
und 21, wenn ich an das VI. Hauptstück denke, dann muß
ich Ihnen sagen: Was uns Sudetendeutsche anlangt, uns haben Sie
nicht am Herzen gepackt, im Gegenteil, unsere sudetendeutschen
völkischen Arbeiter, unsere Bauern, unsere Gewerbetreibenden
haben Sie mit diesem § 19 innerlich gelähmt, haben in
sie Entsetzen hineingejagt, weil sie aus Erfahrung genau wissen,
was aus diesen Bestimmungen unter Umständen eines Tages für
sie blühen kann. Bedenken Sie doch, meine Herren, die Entwicklung
der letzten Jahre, bedenken Sie vor allem einmal die seelische
Verfassung, in der heute vor allem das Sudetendeutschtum dem Gesetz,
wie es uns vorgelegt wurde, gegenübersteht. Denken Sie dabei
auch an die eigene seelische Verfassung, in der Sie sich befinden
und fragen Sie sich dann, ob Sie nicht im Begriffe stehen, ein
Gesetz von höchster und entscheidendster Bedeutung auf Sand,
statt auf Granit zu bauen. Denken Sie an die Entwicklung seit
dem Jahre 1918. Wir wurden damals gegen unseren Willen Bürger
dieses Staates. Im Memoire III hatten Sie uns angefordert als
unentbehrlichen und integrierenden Bestandteil, und wir Sudetendeutschen
haben damals im Vertrauen auf diese im Memoire III zum Ausdruck
kommende Beurteilung des Wertes unserer Volksgruppe und im Vertrauen
auf die Minderheitenverträge erwartet, daß sich die
Dinge in diesem Staate wirklich so entwickeln würden, daß
es zu einem friedlichen Nebeneinanderleben der Völker kommen
könnte. Diese Hoffnung war leer und nichtig. Gewiß
hat man wohl da und dort schöne Worte gesprochen. Ich bin
auch überzeugt, der eine oder der andere èechische
Politiker hatte vielleicht die ehrliche Absicht, in diesem Staate
ein anständiges Nebeneinanderleben der Nationen zu verwirklichen,
aber die in der Masse selbst wirkende Stimmung, der Haß
gegen alles Deutsche war stärker als die besten Absichten.
Denn bereits nach der Gründung des Staates hat wohl nicht
so sichtbar, nicht so brutal wie heute, aber existent der Entnationalisierungskampf
eingesetzt. Zuerst auf der Basis der kulturellen Auseinandersetzungen,
Sprachengesetz, auf der geistigen Basis; mit der fortschreitenden
Entwicklung, mit dem Heranwachsen der Krise hat sich der nationale
Kampf immer mehr verschoben auf die Basis des rein Materiellen
und aus dem Kampf um die Sprache und Schule ist heute und während
der ganzen letzten Jahre ein brutaler Kampf um den Arbeitsplatz,
um Boden und Raum, um die Produktionsmittel, kurz um alle jene
Lebensbereiche entbrannt, ohne die ein Volk nicht existieren kann.
Vielleicht war es in den ersten Jahren des Staates so, daß
man sich Ihrerseits im Vorgehen gegen das Deutschtum etwas zurückhielt.
Vielleicht wollten Sie erst die Entwicklung in Mitteleuropa, die
Konsolidierung der Verhältnisse abwarten, eines aber ist
sicher und evident: Trotz des Eintritts deutscher Parteien in
die Regierung im Jahre 1926 ist der nationale Kampf nicht eingedämmt,
nicht zurückgedämmt worden, sondern hat im Gegenteil
immer stärkere, brutalere Formen angenommen und er bewegt
sich schließlich und endlich in Formen, die draußen
unsere Menschen, das Sudetendeutschtum, den sudetendeutschen Arbeiter
schließlich und endlich geradezu in den Zustand einer Psychose
hetzen.
Auf der anderen Seite freilich geben wir zu: Vielleicht war diese
Entwicklung nur möglich, weil auch Sie auf der èechischen
Seite unter dem Einfluß einer geradezu furchtbaren Psychose
standen. Ich denke daran, wie sehr Sie uns während der letzten
Jahre aus einem ganz unbegreiflichen Verhältnis dem Sudetendeutschtum
gegenüber mitgespielt haben. Ich denke daran, welche Formen
der Kampf um den Boden und Raum, um den Arbeitsplatz angenommen
hat. Wir haben bereits Gelegenheit gehabt, hier im Hause aufzuzeigen,
daß selbst der Bereich der sozialen Fürsorge heute
bereits zum Tummelplatz der nationalen Benachteiligung geworden
ist und das Beispiel von den 393 öffentlichen Arbeiten im
sudetendeutschen Gebiet, von denen nur 64 an sudetendeutsche Unternehmer
vergeben wurden, spricht ja wohl für das Ausmaß, das
der nationale Kampf bereits erreicht hat. Sie fahren fort mit
der Entnationalisierung, Sie betreiben weiterhin Ihre Nadelstichpolitik
und dann kommen Sie und verlangen ein bedingungsloses Ja-Sagen.
Fragen Sie doch: welche Stimmung muß bei uns draußen
in den Massen des Sudetendeutschtums sein, in welch seelischer
Verfassung muß sich das Sudetendeutschtum befinden? Wenn
bei unseren Versammlungen Tausende und Zehntausende aufmarschieren,
wenn es möglich sein konnte, daß am 19. Mai des vorigen
Jahres sämtliche sudetendeutschen Parteien neben uns zur
vollständigen Bedeutungslosigkeit herabgedrückt wurden,
wenn es möglich ist, daß trotz der furchtbaren Lage,
in der wir uns wirtschaftlich, sozial und politisch befinden,
die Massen unerschütterlich bei uns stehen, dann muß
dahinter ein so tiefes Erlebnis der nationalen Bedrohung stehen,
daß auch Sie sich darüber Gedanken zu machen hätten.
Freilich, ich habe schon gesagt, Sie handeln aus der Psychose
heraus, von der Sie beherrscht sind. (Pøedsednictví
pøevzal místopøedseda Langr.) Es ist
ja interessant, daß in keinem Staate soviel von Kriegsgefahr
gesprochen wird, wie gerade hier. Besonders die kommunistische
Partei sieht ja darin ihre erste Aufgabe, immer wieder die Kriegstrommel
zu rühren und den Massen draußen weiß zu machen.
Hitler stehe vor den Toren. (Posl. Breuer: Wer erzeugt diesen
Taumel?) Ich werde es Ihnen sagen. Diese Stimmung wird erzeugt
durch Euer Auftreten, sie wird erzeugt durch die Schreibweise
der èechischen Boulevardpresse, sie wird erzeugt durch
die Schreibweise jener Journalle, die z. B. den Inhalt jenes in
England erschienenen Zukunftsroman "Bomben über Prag"
veröffentlicht, um so die Masse des Volkes in eine Angst,
in eine Stimmung hineinzuhetzen, aus der heraus man mit der Masse
machen kann, was man will, wenn es gegen den nationalen Gegner
geht. Sie alle, ob Sie es eingestehen oder nicht, sind beseelt
vom Haß gegen das völkische Sudetendeutschtum. Sie
sind Gefangene der eigenen Stimmung, Gefangene jener Psychose,
die Sie selbst geschaffen haben. Meine Herren, seien wir ganz
ehrlich: Haß und Angst sind es, die heute das Kriterium
ihrer Politik dem Sudetendeutschtum gegenüber darstellen.
Angst und Mißtrauen machen sie blind gegenüber allen
ehrlichen Ausgleichsbestrebungen, Angst und Mißtrauen lähmt
ihnen die Großzügigkeit des politischen Handelns und
Angst und Maßtrauen machen Sie unfähig für jenen
politischen Weitblick, des nüchternen sachlichen Staatsmanns,
der nicht mit Gefühlen und Angstkomplexen, sondern mit politischen
Realitäten Politik macht. (Potlesk.) Ich weiß,
Sie leugnen es natürlich, daß es so ist, wie ich sage.
(Posl. Breuer: Was ist mit Hitlers Bomben?) Man führt
ih nen hier ein typisches Beispiel vor, man spricht von den Bomben
Hitlers. Das Deutsche Reich hat noch lange nicht jene Bombenflotte,
wie Sowjetrußland. Sie stellen, wenn diese Frage diskutiert
wird, immer die Behauptung auf, das, was wir sagen, sei falsch
gewesen; Sie hätten keine Angst vor dem Deutschtum und vor
allem keine Angst vor der Sudetendeutschen Partei. (Rùzné
výkøiky.)
Místopøedseda Langr (zvoní): Prosím
o klid.
Posl. Sandner (pokraèuje): Gewiß, meine
Herren, eine Versicherung, die vollständig richtig ist. Vor
uns brauchen Sie keine Angst zu haben, aber ich frage Sie: Ja,
warum dann die Politik gegen uns, die wir tagtäglich feststellen
müssen. Man kommt und erklärt: Ja, die Spionagefälle.
Meine Herren, wir sind eine Partei mit einer halben Million organisierter
Mitglieder, eine Partei mit einer Wählerschaft von ungefähr
1 1/4 Millionen. Da verstößt da oder dort einer gegen
das Schutzgesetz und dann kommen Sie und sagen: "Partei der
Spione". Meine Herren, gibt es im èechischen Volk
nicht auch da und dort Diebe und Mörder, sowie in jedem anderen
Volk? Was würden Sie uns sagen, wenn wir erklären würden:
"Ihr seid ein Volk von Räubern und Dieben?" Wir
haben eine Armee und ich frage Sie: hat es in dieser Armee nicht
Soldaten und Offiziere gegeben, die Spionage und Verrat übten,
und wer von uns hätte sich angemaßt zu sagen: "Eine
Armee von Spionen und Hochverrättern!" (Potlesk.)
Es ist Demagogie, wenn man herkommt und vom Einzelnen, vom
subjektiven Verschulden aus, Rückschlüße auf eine
Bewegung vom Ausmaß der unseren zieht. Ich habe schon gesagt,
Sie sind ein Opfer der Psychose, in die Sie sich hineingearbeitet
haben: Sie sind heute schon so weit, daß es keiner Ihrer
Politiker und keine Ihrer Parteien wagen kann, dem Sudetendeutschtum
gegenüber verhandlungsbereit gegenüberzutreten, weil
Sie eine Psychose geschaffen haben, aus der heraus Sie fürchten
müssen, daß ein solcher Politiker von der Straße
gesteinigt wird. Ihre Stellung uns gegenüber - und das scheint
uns aus besonderen Bestimmungen und Paragraphen des Gesetzes hervorzugehen
- ist kurzsichtig und nur aus dem Gefühl heraus bestimmt.
Sie ist falsch und kurzsichtig, weil sie das ganze Problem der
staatlichen Sicherheit verzehrt, weil sie das ganze Problem der
staatlichen Sicherheit auf Grundlagen der reinen Mechanik, der
Bürokratie, der Gesetzesanwendung stellt, nicht aber auf
die Grundlage der Erfassung der Menschen. Wir sagen ihnen ganz
offen: Was diesem Staat vom Standpunkt der Sicherheit her nottut,
ist das Staatsgefühl des Sudetendeutschtums. Das Staatsgefühl
der Sudetendeutschen hätten sie zu schaffen, hätten
diesen Staat auch uns zum Vaterland zu machen und damit hätten
Sie mehr getan als mit den scharf klausulierten Bestimmungen eines
rein mechanischen Gesetzes, das auf die konkreten politischen
Gegebenheiten nicht Rücksicht nimmt.
Sie werfen uns bei all desen Dingen immer wieder eine Frage an
den Kopf. (Výkøiky poslancù komunistické
strany.) Was wird das Sudetendeutschtum im Ernstfalle tun?
Meine Herren, ich will hier einmal ein ganz offenes Wort sprechen;
so wie die Entwicklung gegenwärtig läuft, können
wir für zwei Dinge garantieren: Für die Aufrechterhaltung
der Ruhe und Ordnung und für die Bereitschaft zur Mitarbeit
des Sudetendeutschtums. Wenn die Entwicklung so weiter geht, dann
wird im Ernstfalle keine Macht der Welt für Handlungen eines
Volkes garantieren können, das sich im Zustand der Psychose
befindet. Es geht darum - und hier hätte ihre Arbeit für
die Sicherheit des Staates einzusetzen - es geht darum, die Angstpsychose
zwischen den beiden Nationen aus der Welt zu schaffen, die Verhältnisse
wieder zu normalisieren, so daß wir alle auf dem Boden des
Staates, auf der Grundlage der Sicherheit zu handeln imstande
wären. Die Psychose muß abgebaut werden. Die SDP wird
alles tun, was sie dazu beitragen kann. Sie wird es aber nur tun
unter der vollkommenen Wahrung der Ehre und Würde des Sudetendeutschtums
und sie wird es nur dort tun, wo man sie nicht so wie die Regierungsparteien
dazu zwingt, grundsätzlichen Verzicht auf die Rechtsgrundlagen
unseres Kampfes, auf die Minderkeitenverträge und die Verfassungsgesetze
des Staates zu leisten. (Potlesk.) Es ist müssiges
Gerede, immer davon zu sprechen: Gegen wen werden die Sudetendeutschen
schießen? Jeder vernünftige Mensch weiß, daß
sich Naturgesetze nicht organisieren lassen. Jeder vernünftige
Mensch weiß, was eine Psychose ist, und jeder vernünftige
Mensch wird mir recht geben, wenn ich nochmals erkläre: Schaffet
die Psychose aus der Welt, bei Euch und bei uns, und wir werden
anders mit einander reden können! Hätte das Gesetz in
seinen wesentlichen Bestimmungen allen diesen Gegebenheiten entsprochen,
dann wäre es möglich, selbst in der heutigen Lage, der
zur Debatte stehende Vorlage die Zustimmung zu erteilen, dann
wären da klare Bestimmungen über die Anwendung des Gesetzes,
dann wäre da klar gesagt, wer denn überhaupt staatlich
unzuverlässig ist, da stünde es dem Beschuldigten frei,
den Weg der Berufung zu gehen und sich Klarheit wenigstens darüber
zu schaffen, wessen man ihn anklagt, da wären ausgeschaltet
alle jene unmöglichen "wenn"- und "kann"-Bestimmungen,
die nur dazu angetan sind, Gummi, Kautschuk zu sein in den Händen
machtlüsterner Bezikshauptleute, Gendarmeriewachleute u.
s. w. Vor allem der Wegfall des Hauptstückes VI wäre
geeignet gewesen, auch der Opposition des Sudetendeutschen Partei
die Möglichkeit zum Jasagen zu geben. Aber wie ich schon
eingangs sagte, Sie sind auf unsere Darlegungen ja nicht eingegangen,
nicht ein Antrag der Opposition fand auch nur wenigstens eine
ernste Bearbeitung und Prüfung. Sie haben Ihr Gesetz gemacht,
sowie Sie Ihre Steuergesetze machen, so wie Sie meinetwegen ein
Wilderergesetz beschließen, im engen Rahmen der Koalition
und unter Außerachtlassung aller jener schwerwiegenden Einwände,
die wir gebracht haben und die nur wir bringen konnten aus der
Kenntnis der Lage im Sudetendeutschtums heraus. (Potlesk.)
Es hätte bei einiger Einsicht und bei einigem Entgegenkommen
der Opposition gegenüber uns allen und vor allem den Massen
der Wählerschaft das Gefühl der wirklichen Gleichheit
unter Gleichen vermitteln können. Sie hätten Gelegenheit
gehabt, gerade an diesem Gesetz, von dem gesagt wurde, es sei
nicht eine Angelegenheit der Koalition, sondern eine Angelegenheit
der Gesamtheit, aufzuzeigen, daß Sie bereit sind, auch die
Opposition als Bestandteil dieser so oft zitierten Gesamtheit
anzuerkennen. Sie erkennen uns aber immer nur dann als Bestandteil
der Gesamtheit an, wenn es um die Leistung geht. (Potlesk.)
Dort, wo es vorbereitet wird, dort schließen Sie uns
aus, dort machen Sie Ihren Kram allein.