Hohes Haus! Von welcher Seite man auch immer an die Beurteilung
der dem Hause vorliegenden Gesetzanträge über den Mieterschutz
und über die Bauförderung herantritt, immer wieder wird
man bei der Behandlung dieser Teilfragen auf die bisher ungelöste
Hauptfrage, auf das bisher ungelöste Grundproblem dieses
Staates stoßen, das wir in dem vollkommenen Verfall der
privaten und Staatswirtschaft erblicken. Dieses Problem bietet
sich uns täglich dar in der steigenden Zahl der Arbeitslosen,
in dem Sinken des Einkommens der noch in Arbeit Stehenden und
damit in der Stagnation der Neubildung jeglichen Sparvermögens.
Es wäre eine Vogel-Strauß-Politik, wenn man sich lediglich
einer Anzahl Paragraphen der vorliegenden Gesetze zuwenden würde,
ohne die Auswirkungen der geplanten Gesetze auf das kommende Wirtschaftsleben
zu prüfen, und gleichzeitig auch die Durchführungsmöglichkeiten
unter den heutigen Umständen zu beurteilen. Desgleichen muß
es Ziel des Gesetzgebers sein, nicht nur die Folgeerscheinungen
des wirtschaftlichen Zusammenbruchs in ihren Auswirkungen zu mildern,
sondern vor allem die Ursachen des Verfalles selbst zu beheben.
Da es hierzulande an einem allgemeinen aktiven, das gesamte Wirtschaftsgebiet
umfassenden Krisenbekämpfungsplan mangelt, hat man sich auf
das Herumdoktern an den einzelnen Erscheinungen verlegt und ist
nur allzuleicht geneigt, dort eine charitative Fürsorgepolitik
zu treiben, wo eine aktive Krisenbekämpfungspolitik diese
charitativen Fürsorgemaßnahmen unnötig machen
würde. Vom Standpunkt der rein charitativen Fürsorge
wird nun auch von mancher Seite die Mieterschutzfrage betrachtet,
ohne daß man davor zurückschreckt, diese Fürsorge,
die eigentlich in das Gebiet der staatlichen Sozialpolitik fällt,
aus diesem herauszunehmen und als eine Sondersteuer den Althausbesitzern
aufzulasten. Man nimmt dabei keine Rücksicht darauf, daß
die Vorteile dieser Fürsorge nur einem kleinen Teil der Kleinmieter
zufallen, die noch dazu keineswegs nach der sozialen Bedürftigkeit
ausgewählt werden, und es stört vor allem auch jene
nicht, die in dieser Weise Fürsorge treiben wollen, daß
sie diese Sondersteuer den Atlhausbesitzern auflasten, die niemals
in der Lage waren, aus der früher vorhandenen Wohnungskonjunktur
Vorteile zu ziehen, sondern die seit Jahren, man könnte sagen
seit fast zwei Jahrzehnten immer unter dem Druck der Zwangswirtschaft
gestanden haben. Wir können uns eine solche Betrachtungsweise
nicht zu eigen machen, da sie niemals zur Beseitigung dieses nur
für einen geringen Teil der Bevölkerung geltenden Ausnahmszustandes
führen kann. Dem verantwortlichen Gesetzgeber kann es nicht
darum gehen, Ausnahmszustände, die lediglich für ein
Drittel der Bevölkerung und für noch weniger Hausbesitzer
zählen, unter allen Umständen ewig aufrecht zu erhalten,
sondern es kann sich ihm nur darum handeln, möglichst rasch
die wirtschaftlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß
allgemein gültig für alle Staatsbürger ohne Unterschied
verbindliche Zustände geschaffen werden. Daß heute
nach 17jähriger Wohnungszwangswirtschaft und nach einer ebenso
lange währenden staatlichen Bauförderung das Problem
der Wohnungsfürsorge und das Problem des Mieterschutzes immer
noch nicht gelöst sind, bedeutet eine ungeheure Anklage gegen
die Verantwortlichen dieses Staates. Es ist das auch eine Anklage
gegen jene Parteien, die aus der sozialen Frage auch dann ein
Politikum machten, als sie in den guten Wirtschaftsjahren ohne
weiters gerecht lösbar gewesen wäre. Es wäre noch
zu untersuchen, ob die parteipolitischen Vorteile, die jene Parteien
eingeheimst haben, mit den wirtschaftlichen gesamtstaatlichen
Nachteilen aufzuwägen sind, die aus dem Verfall des alten
Hausbesitzes entstanden und die in die Milliarden Kè gerechnet
werden können, sich aber ebenso gut ausdrücken lassen
in Millionen Arbeitsstunden, die nicht aufgewendet wurden für
Adaptierung und Reparatur des verfallenen Althausbesitzes.
Die heutige Behandlung der Mieterschutzfrage ist ein Zeichen dafür,
daß infolge des Verfalles der gesamten staatlichen Wirtschaft
ein Problem, das lange Jahre hindurch lediglich ein Politikum
war, das lange Jahre hindurch hätte gelöst werden können
und lediglich zum politischen Schacher gewisser Parteien gut war,
unter den heutigen schwierigen Wirtschaftsverhältnissen neuerdings
eine soziale Bedeutung gewonnen hat. Es besteht kein Zweifel,
daß der unvermittelte Abbau des Mieterschutzes unter keinen
Umständen erfolgen kann. Es kann unter keinen Umständen
gemacht werden, auch dann nicht, wenn aus dem Mieterschutz ohne
Rücksicht auf die soziale Bedürftigkeit auch nur ein
geringer Teil der Bevölkerung heute seine Vorteile zieht,
weil durch den Abbau des Mieterschutzes das Elend, das sich heute
in den breiten Massen der Bevölkerung eingenistet hat, noch
eine weitere Verschärfung erfahren würde. Für uns
jedoch ist es klar, daß das Kernproblem auß erhalb
der Mieterschutzbestimmungen liegt, ebenso wie es uns klar sein
muß, daß die gestern hier erwähnten 86.000 Obdachlosen
keineswegs deshalb obdachlos geworden sind, weil man die Dreizimmer
wohnungen aus dem Mieterschutz ausgeschieden hat, sondern deshalb,
weil diese Obdachlosen heute keine Arbeit finden und infolgedessen
keinen Verdienst haben. Inwieweit das vorliegende Bauförderungsgesetz
die Voraussetzungen zum Abbau des bestehenden Mieterschutzes bringen
wird, ist eine Frage, die man separat behandeln muß. Jedenfalls
kann wohl festgestellt werden, daß die in der Mieterschutzvorlage
fixierten Termine des Abbaues reichlich für den definitiven
Abbau des Mieterschutzes genügen würden, wenn das vorliegende
Bauförderungsgesetz alle Erwartungen erfüllt, die seine
Schöpfer daran geknüpft haben. Wir müssen uns jedoch
gegen die rein schematische und rein mathematische Behandlung
des Mieterschutzabbaues mit aller Entschiedenheit wenden. In den
§ § 3 bis 5 der Vorlage wird überhaupt keine Rücksicht
darauf genommen, wie groß die Kopfzahl der Familie und die
Zahl der in einer Wohnung zus ammengepferchten Mieter ist. Wir
vermissen vor allem eine Relation zwischen der Kopfzahl und dem
Flächenraum der Wohnungen, aber auch eine Relation zwischen
der Kopfzahl und der Anzahl der unter Mieterschutz noch zuzubilligenden
Wohnräume. Das Gesetz läßt in dieser Hinsicht
jede Gliederung vermissen und wir müssen feststellen, daß
die Bestimmungen über die höchst zulässige Einkommensgrenze
geradezu dazu auffordern, eine kinderlose Ehe als Geschäft
zu betrachten. Wir können diesen Bestimmungen nicht zustimmen,
da sie in hohem Maße lebenswichtige und sozial bedeutsame
Fragen unberücksichtigt lassen.
Gegen die Bestimmung des § 6 müssen wir uns gleichfalls
wenden, durch die die Wirksamkeit des Gesetzes für weite
Gebiete nach dem Ermessen der Regierung außer Kraft gesetzt
und aufgehoben werden kann. Wir sehen darin ein Hindernis für
eine endgültige Regelung, wozu noch der unklare Begriff des
geographisch nicht näher bestimmten Gebietes kommt.
Wie bereits bemerkt, wäre es gerade Pflicht der Regierung,
in den wirtschaftlich schwachen Gebieten des Staates durch eine
aktive Wohnungsfürsorge und durch ein aktives wirksames Arbeitsbeschaffungsprogramm
in jeder Hinsicht normale Zustände herbeizuführen und
dadurch die Voraussetzungen zu schaffen, daß tatsächlich
allgemein verbindliche und für alle Teile der Bevölkerung
gleiche Bestimmungen in Kraft treten können. Sollten dennoch
besondere Umstände für die Ausschaltung der Abbaubestimmungen
dieses Gesetzes sprechen, so wäre es unserer Ansicht nach
nicht Sache der Regierung, dies festzustellen, sondern Sache der
Gemeinden, bzw. Gemeindevertretungen, die das Recht haben müssten,
ihre Anträge der Regierung zu unterbreiten, die erst dann
auf Grund dieser Anträge in die Lage gesetzt werden könnte,
die Bestimmungen des Gesetzes zu ändern. (Potlesk poslancù
sudetskonìmecké strany.)
Wenn wir uns dem Bauförderungsgesetz zuwenden, so müssen
wir uns zunächst drei Fragen vorlegen, u. zw.:
1. Ist unter den heute gegebenen Wirtschaftsverhältnissen
und bei der heute herrschenden Lage auf dem Kredit- und Hypothekenmarkt
überhaupt zu erwarten, daß das vorgelegte Gesetz in
dem geplanten Umfang zur Wirkung kommen kann?
Zweitens: Sind sämtliche Möglichkeiten, die zu einer
Belebung der Bautätigkeit führen könnten, erschöpft
worden, unter der Voraussetzung der bejahenden Antwort auf die
erste Frage?
Drittens: Ist das vorliegende Gesetz geeignet, in sozial, hygienisch
und technisch einwandfreier Weise eine Wohnungsfürsorge und
planmäßige Siedelung für Obdachlose und Erwerbslose
zu schaffen?
Schon bei der Beantwortung der ersten Frage müssen uns ernste
Bedenken auftauchen, denn es ist heute jedermann klar, daß
der vollkommen abgeschöpfte Hypothekenmarkt nicht in der
Lage ist, dem Umfang des Gesetzes entsprechend ca. 650 Millionen
an Hypotheken aufzubringen.
Es ist daher - ich gehe hier konform mit den Befürchtungen
des Vizepräsidenten Herrn Koll. Taub - von vornherein
zu befürchten, daß das Gesetz in dem geplanten Umfang
nicht zur Auswirkung kommen kann. Wir kommen daher auch bei Betrachtung
des Gesetzes über die Bauförderung wieder auf das Grundproblem
des Staates, das in der Neubelebung der zusammengebrochenen Wirtschaft,
in der Schaffung neuen Sparvermögens und neuer Kaufkraft
und Arbeitsmöglichkeit zu suchen ist.
Wir haben uns verschiedentlich mit Versprechungen verschiedener
Minister befaßt, die zur Zeit der Vorlage des Budgets ihre
Programme verkündeten und der Öffentlichkeit mitteilten,
wieviel Milliarden sie an Investitionen in die Wirtschaft hineinpumpen
wollen. (Výkøiky: Weihnachtswünsche!) Man
sprach von 5 Milliarden, dann einschränkend von 3ÿ38
Milliarden, jeder Minister gab andere Zahlen, die aber allerdings
möglichst hoch gehalten waren. Wir müssen heute feststellen,
daß von all diesen guten Weihnachtswünschen, wie sie
hier genannt wurden, kein einziger in Erfüllung gegangen
ist. Investitionen im Rahmen des Budgets werden nie in der Lage
sein, jene zusätzliche Kaufkraft zu schaffen, auf die allein
es bei der Belebung der Wirtschaft ankommen kann. Wir müssen
unter diesen Umständen umso mehr fordern, daß die Regierung
an eine aktive Krisenbekämpfung schreite, die wir lediglich
in der Ausweitung der staatlichen Arbeitsbeschaffung durch Ausweitung
des Kredits sehen. Wir haben in dieser Hinsicht verschiedentlich
unsere Vorschläge unterbreitet und ich selbst habe hier im
Hause bei der Behandlung des Budgets ausführlich über
unsere Pläne referiert. Daß dieses Arbeitsbeschaffungsprogramm
nicht durchgeführt wurde, ist nicht unser Verschulden, es
ist aber keineswegs als Vorteil der Regierung zu buchen, daß
man in dieser Hinsicht bisher nichts getan hat.
Zusammenfassend können wir wohl zur Beantwortung der ersten
Frage sagen, daß die mangelnde Aktivität der Regierung,
die bisher in der planmäßigen Krisenbekämpfung
zu verzeichnen war, die Bejahung der ersten Frage unmöglich
erscheinen läßt.
Die zweite Frage, die dahin geht, ob alle Möglichkeiten,
die für die Belebung des Arbeitsmarktes und der Bautätigkeit
in Betracht kommen, ausgeschöpft wurden, müssen wir
zunächst einmal grundsätzlich von der Tatsache betrachten,
daß die Bauwirtschaft, wie bereits vielfach bemerkt, als
Schlüsselstellung zur Belebung weiter Gebiete der Wirtschaft
zu betrachten ist. Vor allem ist die Bauwirtschaft jener Sektor
der gesamtstaatlichen Wirtschaft, der am wenigsten von den internationalen
Verflechtungen der gesamten Wirtschaft abhängig ist. Wir
gehen darin mit dem Gouverneur der Nationalbank konform, der feststellte,
daß es sich, sofern in den letzten Jahren in anderen Staaten
Konjunkturerscheinungen zu verzeichnen waren, keineswegs um Konjunkturen
handelt, die einen internationalen Ursprung hatten, sondern daß
es sich durchaus um Konjunkturen handelt, die durch nationale
Maßnahmen der einzelnen Staaten geschaffen wurden. Wir wissen,
daß es Möglichkeiten gibt, die zur Belebung der Binnenwirtschaft,
also zur Schaffung einer sogenannten Binnenkonjunktur führen
können. Im Geschäftsbericht der Nationalbank, der vor
wenigen Tagen fast gleichzeitig mit dem Bauförderungsgesetz
vorgelegt wurde, wird festgestellt, daß zusammen mit der
Exportkrise die Krise auf dem Baumarkt eine der Hauptursachen
unseres wirtschafftlichen und sozialen Verfalles ist.
Man hätte also meinen müssen, daß man gerade in
dem neuen Bauförderungsgesetz in dieser Hinsicht alle Möglichkeiten
ausnützen würde, um auf dem Wege über die Belebung
der Bauwirtschaft eine nationale Binnenkonjunktur zu entfalten.
Wir müssen sagen, daß man in dieser Hinsicht nicht
alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, und wir müssen
feststellen, daß die neue Vorlage gegenüber dem früheren
Bauförderungsgesetz bedeutende Verschlechterungen in sich
birgt. An dieser Tatsache ändert auch der Umstand nichts,
daß während der Behandlung im sozialpolitischen Ausschuß
an der Regierungsvorlage ganz wesentliche Verbesserungen vorgenommen
wurden. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß
man sich doch entschlossen hat, die Befreiung von der Gebäudesteuer
und den Zuschlägen um Jahre zu verlängern und daß
man sich entschlossen hat, entgegen den Bestimmungen der Regierungsvorlage
neuerdings eine Befreiung von der Mietzinsabgabe und der Abgabe
von benützten Räumen auf 10 bis 20 Jahre einzuführen.
Es sind doch im wesentlichen so große Beschränkungen
in dem neuen Gesetz zu verzeichnen, daß man von einer Verschlechterung
gegenüber den früheren Gesetzen sprechen kann. (Posl.
Kundt: Es verschlechtert sich bei uns alles!)
Insbesondere hat man so gut wie vollkommen auf die Mitwirkung
der Privatinitiative verzichtet. Aber wir müssen feststellen,
daß heute der sozial ist, der Arbeit schafft, und daß
wir keineswegs die Frage der Arbeitsbeschaffung und der Wohnungsfürsorge
lediglich den öffentlich-rechtlichen Körperschaften
und in diesem Falle den Gemeinden allein zumuten können.
Insbesondere ist eine Verschlechterung darin zu sehen, daß
heute der private Bauherr keinen Staatsbeitrag mehr bekommt. Dies
wird zur Folge haben, daß durch das neue Bauförderungsgesetz
lediglich Wohnungen für Arme gebaut werden, weil der Bauherr,
der Zweizimmeroder Dreizimmerwohnungen bauen will, nicht mehr
in die Lage versetzt wird, mit den, nach den früheren Gesetzen
gebauten Wohnungen in Konkurrenz zu treten. Wenn wir z. B. annehmen,
daß eine Genossenschaft nach den früheren Gesetzen
Kleinstwohnungen bis zu 40 m2 bauen konnte bei einer
90%igen Belehnung unter Staatsgarantie und einer Verzinsung und
Amortisation von 5 1/2% mit einem Staatsbeitrag von 2% und bei
einer angenommenen Verzinsung der notwendigen 10% Eigenmittel
von 3%, so kann man sagen, daß insgesamt durch den Mietzins
eine Verzinsung des aufgewendeten Kapitals von 3 1/2 % aufzubringen
ist. Das Kleinstwohn ungshaus nach der Novelle und nach dem Hauptstück
IV wird folgendes Bild zeigen: Bei einem privaten Bauherrn kann
lediglich die Staatsgarantie im Ausmaß von 75% des Bauaufwandes
gewährt werden. Dies bedeutet bei 5 1/2% Verzinsung und Amortisierung
einen Anteil von 4ÿ1%. Wenn man nun 25% der notwendigen Eigenmittel
mit nur 3 1/2% verzinst und amortisiert, so ergibt dies einen
Anteil von 1ÿ1%. Zusammengenommen also muß durchschnittlich
von dem Mietzins des Privathauses 5ÿ2% zur Amortisierung
und Verzinsung des aufgewendeten Kapitals aufgebracht werden.
Die Differenz also, die zwischen den Wohnungen nach dem neuen
Bauförderungsgesetz und zwischen den Genossenschafts-Wohnungen
nach dem alten Bauförderungsgesetz besteht, beträgt
nicht weniger als 5ÿ2% minus 3ÿ5% ist gleich 1ÿ7%,
das heißt also, daß der neue Bauherr, der auf den
Staatsbeitrag verzichten muß, um 33% billiger bauen müßte,
um die Konkurrenz mit den Bauten, die nach den früheren Gesetzen
bauen konnten, aufnehmen zu können.
Nun ist es kein Geheimnis, wenn man feststellt, daß zwar
die Baugestehungskosten gesunken sind, daß sie aber keineswegs
in einem Umfang von 33% gesunken sind. Die Folge der neuen gesetzlichen
Bestimmungen wird also sein, daß sich Private nicht mehr
entschließen können, zu bauen, da sie mit ihren neuen
Häusern gegenüber den Häusern nach den früheren
Gesetzen nicht mehr konkurrenzfähig sein werden.
Das neue Gesetz legt sein Hauptgewicht auf die Wohnungsfürsorge
für Arme und teilweise auch auf die Ansiedlung von Arbeitslosen
und Halbbeschäftigten. Wir müssen festsetzen, daß
in dieser Hinsicht sämtliche Möglichkeiten der Mitwirkung
privater Bauherrn gestrichen wurden. Man hat sogar die Möglichkeit
gestrichen, nach der gemeinnützige Bauvereine solche Wohnungen
für Arme schaffen könnten. Wir können also zur
Beantwortung der zweiten Frage zusammenfassend feststellen, daß
das Gesetz in seiner Vorlage keineswegs sämtliche Möglichkeiten
ausgenützt hat, die geeignet wären, eine Belebung der
Bautätigkeit und damit eine Entlastung des Arbeitsmarktes
herbeizuführen.
Zur dritten Frage, ob das vorliegende Gesetz in der Lage wäre,
eine sozial und hygienisch einwandfreie Wohnungsfürsorge
zu leisten, die auch den technischen Anforderungen entspricht,
können wir wie folgt Stellung nehmen. Das fünfte Hauptstück
sieht vor allen Dingen den Bau von Mietkasernen vor, die dadurch
charakterisiert werden, daß sie nur aus einräumigen
Wohnungen bestehen, also Mietskasernen, die gegenüber den
früher üblichen Mietskasernen noch einen weiteren wesentlichen
Nachteil der Kasernierung haben. Zusammengepfercht ohne Rücksicht
auf die Kopfzahl der Familie, zusammengepfercht ohne Rücksicht
auf das Alter und auf das Geschlecht, werden hier Menschen in
Mietskasernen wohnen, wobei niemals die Möglichkeit besteht,
bei künftig besseren Verhältnissen diese Wohnungen irgendwie
auszuweiten. Für diese Mietswohnhäuser für Arme
kommt lediglich der Wohnungstyp der Laubenhenhäuser in Frage.
Da außerdem die gesetzlichen Bestimmungen dahin lauten,
daß jede Wohnung ihr eigenes Gesperre haben müsse,
so ist es nicht möglich, daß man späterhin mehrere
Wohnungen zusammenlegen könnte, ohne einen wesentlichen Teil
des Bauaufwandes verloren zu geben.
Außerdem kommen als Träger dieser Bautätigkeit
und dieser Wohnungsfürsorge nur noch Gemeinden in Frage,
und damit erhält diese ganze Bauförderung wiederum nur
den Charakter einer rein charitativen Fürsorge. Die Mieter
dieser Elendswohnungen werden keine Mitverantwortung am Bauen
tragen. Sie werden aber auch keine Mitarbeit an der Erstellung
dieser Wohnungen leisten können. Sie werden in diesen Wohnungen
leben als hoffnungslose Proletarier, in der Erkenntnis, daß
sie ihre Situation niemals verbessern können.
Wir müssen daher dieses System des Bauens, das nicht gestattet,
den einzelnen Mietern jemals ein Eigentumsrecht zu geben, ihnen
jemals die Möglichkeit der Mitarbeit zur Erstellung dieser
Wohnungen zu geben, ihnen niemals auch eine Mitverantwortung auflädt,
wir müssen also dieses System der Bauförderung und der
Wohnungsfürsorge zurückweisen und sehen lediglich im
Gegensatz zu den Mietskasernen das System der Nebenerwerbssiedlungen
als Stadtrandsiedlungen als geeignet an, eine dauernde Befriedigung
der Wohnungsbedürfnisse der Armen und Arbeitslosen zu verbürgen.
Alle Bestrebungen, die dahin gehen, die Ansiedlung der Arbeitslosen
und Halbbeschäftigten in Stadtrandsiedlungen und in wachsenden
Nebenerwerbssiedlungen zu fördern, müssen wir unterstützen.
Die Kasernierung aber bedeutet in sozialer und hygienischer, aber
ebenso auch in moralischer Hinsicht einen Verfall des kulturellen
Standes der Bevölkerung.
Zusammenfassend zur dritten Frage können wir sagen, die Förderung
des Mietskasernenbaues bringt eine Stabilisierung elendster Wohnungsverhältnisse
auf Jahre hinaus mit sich. Sie bedeutet die Förderung des
gesundheitlichen und des moralischen und sozialen Verfalles und
macht die Mieter nicht zu mitverantwortlichen Mitbewohnern und
künftigen Besitzern, sondern zu hoffnungslosen Proletariern.
Nur die erweiterungsfähige Nebenerwerbssiedlung unter der
Mitarbeit des künftigen Besitzers in kollektiver Form bietet
die Gewähr für eine dauernde Befriedigung und für
eine dauernde Lösung des Wohnungsfürsorgeproblems. Nur
in dieser Richtung können wir eine wahrhaft soziale und auf
weite Sicht abgestellte Wohnungsfürsorge sehen, die auch
den heute Obdach- und Arbeitslosen die Aussicht auf die Schaffung
einer neuen Existenzgrunndlage gibt.
In zusammenfassender Stellungnahme zum gesamten Bauförderungsgesetz
kann gesagt werden: 1. Die Frage, ob überhaupt die Möglichkeit
zur Durchführung des Gesetzes im veranschlagten Umfange besteht,
muß verneint werden; 2. Kann gesagt werden, daß nicht
alle Möglichkeiten erfaßt wurden, die zur Belebung
der Bautätigkeit und damit zur Entlastung des Arbeitsmarktes
gegeben sind; 3. Können wir in der im Gesetze vorgesehenen
Form der Wohnungsfürsorge für die Armen nicht jene Art
sehen, die in Anbetracht der sozialen, hygienischen und moralischen
Forderungen unseren Wünschen entspricht. (Potlesk poslancù
sudetskonìmecké strany.)