Støeda 11. prosince 1935

Ich will darauf verzichten, des weiteren noch auf die Unzuständigkeiten einzugehen, die in der Debatte vielfach aufgeworfen wurden. Ich will nur einiges zurückweisen. Wenn hier dem Koll. Karmasin gegenüber der Vorwurf gemacht wurde, er arbeite bei dem Minderheitsschulkapitel mit unrichtigen Daten, so erwidere ich: Jedes Jahr werden bei der Beratung des Schulkapitels von deutscher Seite diese Daten voll aufgedeckt und zur Verfügung gestellt, jedes Jahr ist von deutscher Seite an die èechische Seite die Bitte gerichtet worden: Gebt doch auch ihr einmal die Daten her, damit ein Weg gefunden werde, auf dem eine Ausgleichung dieser schmerzlich empfundenen Verhältnisse erfolgen kann! Bis heute ist das aber nicht geschehen. Ja, im Gegenteil, selbst in der Spar- und Kontrollkommission, in der Jahre hindurch die unangenehmsten Sachen behandelt worden sind, war es mir nicht möglich, eine Überprüfung des Minderheitsschulwesens durchzuführen. Es ist dies scheinbar etwas, wovor man sich auf èechischer Seite fürchtet, und doch hat Švehla seinerzeit die Deutschen aufgerufen, als er im Kampfe mit seinen èechischen Kollegen, sagte: "Nein, ich nehme die Deutschen nicht hinein ihrer schönen blauen Augen wegen, sondern ich brauche im Staate ihre Kontrolle". Und er wird gewußt haben, daß es Anlaß zu dieser Kontrolle gibt. Und zu dieser Kontrolle meldeten sich seinerzeit die Regierungsparteien und zu dieser Kontrolle melden wir uns jetzt in der Gesamtheit unseres Volkes, von dem wir bei den Wahlen 70% aller Stimmen erhalten haben. Diese Kontrolle durchzuführen ist selbstverständlich unangenehm, aber es wird Zeit, daß die Èechen mit uns zusammen an die Kontrolle dieser Zustände und Verhältnisse herantreten, um dadurch Befriedigung und Sicherheit im eigenen Staate zu schaffen. Erst die Befriedung der Minderheitenfrage gibt dem Staate die große Sicherheit. Was sagte Ministerpräsident Dr. Hodža in seinem Schlußworte, bei seinen Ausführungen im Abgeordnetenhaus: "Niemand möge sich mit einem flüchtigen Blick auf die Oberfläche unseres täglichen öffentlichen Lebens zufriedengeben; wenn er dann in dessen Tiefe schaut, wird er sehen, was für eine groteske Unwahrheit es ist, daß wir infolge unserer Parteischichtungen gegenseitig irgendwie bedenklich voneinander entfernt wären, da der èechoslovakische Bürger auch inmitten seiner großen Sorgen und inmitten seiner persönlichen und Gruppeninteressen gemeinsam mit uns als den verantwortlichen Faktoren höher strebt". Ja, meine Herren, bis heute einigten sich die Èechen immer wieder nur in dem Rufe: Nìmci, Nìmci! Aber es muß nicht immer sein und das hat schon seinerzeit Neruda als Warnung ergehen lassen, die sich so mancher von den Unentwegten noch einmal zu Gemüte führen sollte. Die Unterschiede zwischen dem èechischen Volke sind so tiefgehend und leidet der Staat darunter in so hohem Maße, daß wohl der alte Haßruf nicht mehr am Platze ist. Gerechtigkeit dem andern Volk gegenüber ist sicherlich wertvoller für den Aufbau am Staate als die Duldung dieser wüsten Hetze und des brutalen Schimpfes. Schimpf beweist nur den Mangel sachlicher Beweisgründe. Derart mißbrauchte Demokratie zur wahren Meinung der Völker im Staate umzugestalten, unternimmt Ministerpräsident Dr. Hodža, während die èechischen Parteien noch recht fleißig um das Wirken èechisch lizitieren. Nerudas Mahnung möge als Warnung dienen. Wir Deutschen sind bereits einen Schritt weiter: an Stelle des falschen "Ich" ermächtigte uns die große Mehrheit unseres Volkes durch den Wahlausgang das "Wir" des deutschen Volkes im sudetendeutschen Gebiet zu setzen und Politik zu betreiben im Interesse unseres Volkes und unseres Staates. Ich schließe mit den Worten des Ministerpräsidenten Dr. Hodža, der sagte: "Auch heute müssen wir das Selbstvertrauen unseres Volkes anrufen und alle Menschen zur Mitarbeit rufen an dem großen Werk der moralischen und wirtschaftlichen Erneuerung. Die ärgsten Gegner des eigenen Volkes sind immer die Menschen kleinlichen Glaubens. Das Volk darf sich nicht fürchten, das Volk ist nur dann Volk, so lange es an sich glaubt und an seine Kraft. Wir wollen alle gemeinsam arbeiten, damit an Stelle der unfruchtbaren Skepsis die Hoffnung auf eine bessere Zukunft kommt und anstatt der zerstörten Kleingläubigkeit Wagemut tritt und anstatt des ermüdenden sich besiegt Fühlens der feste Glaube und die Sicherheit, der Glaube an sich und die Sicherheit über den Erfolg der ehrlichen Arbeit". Die Herren von der èechischen Seite müssen uns schon gestatten, daß wir diese Worte des Herrn Ministerpräsidenten Dr. Hodža zu unseren eigenen machen. Ich glaube an die eigene Kraft, an die Arbeit im Interesse unseres Volkes. (Potlesk poslancù sudetskonìmecké strany.)

4. Øeè posl. inž. Richtera (viz str. 56 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Vor wenigen Minuten wurde hier die Frage gestellt, ob man unter den gegebenen innerpolitischen Neuerungen überhaupt noch zu dem Voranschlag für 1936 hier Stellung nehmen soll. Wir sind der Ansicht, daß wir unsere grundsätzliche Stellungnahme zum Budget jederzeit beziehen können ohne Rücksicht darauf, welche Regierung diesen Staat verantwortlich leitet und wir sind der Ansicht, daß wir auch diese grundsätzliche Stellungnahme hier einnehmen müssen.

Wir haben uns im Detail mit dem Voranschlag in seinen sämtlichen Kapiteln in den verschiedenen Unterausschüssen und im Budgetausschuß besonders befaßt und wir können es uns hier versagen, auf die einzelnen Kapitel auch der Wirtschaftsgruppe im Detail näher einzugehen. Wir stehen, meine Herren, heute am Ende dieser sogenannten Budgetberatungen und gerade ich, der mit vielen meiner Kameraden zum erstenmal vor wenigen Monaten in das Parlament eingezogen ist, kann es mir erlauben zu sagen, daß wir uns gerade von den Budgetberatungen etwas ganz anderes erwartet haben. Denn das Wort Beratung läßt darauf schließen, daß das Budget, welches man nach diesen sogenannten Beratungen beschließt, das Ergebnis dieser Beratungen wäre. Hingegen muß man feststellen, daß das Budget bis in die letzten Ziffern vollkommen ausgearbeitet dem Hause vorliegt und daß dem Hause nichts anderes übrig bleibt, als zu dem Budget Ja oder Nein zu sagen. Dazu kommt noch, daß mein sehr geschätzter Herr Vorredner von dieser Stelle aus verkündet hat, daß jener, der gegen den Voranschlag sei und gegen ihn stimme, damit seine Staatsfeindlichkeit dokumentiere. da es sich ja hier um den Voranschlag des Staates handle und wenn man gegen den Voranschlag des Staates sei, -so sei man auch gegen den Staat selbst. Meine Herren, es ist hier große Mode geworden, das Wort Demokratie. das Wort Staatsg.esinnung, das Wort Staatstreue jeder für sich nach seiner eigenen Meinung auszulegen. Wir müssen Ihnen empfehlen. das ganze Parlament nachhause zu schicken, wenn es Ihnen unangenehm ist, eine Opposition zu haben, die sich gegen eine Gruppe des Budgets aus Überzeugung oder gegen den ganzen Voranschlag wendet. (Potlesk.) Aber die Männer, die für die Regie dieser sogenannten Beratungen verantwortlich zeichnen, können sich gratulieren. denn es ist Ihnen eine Reihe von Kunststücken geglückt. von denen wir noch in der letzten Woche nicht annehmen konnten, daß sie so reibungslos durchgeführt werden könnten. Da ist es Ihnen zunächst gelungen, neuerdings unter Aufrechterhaltung der sogenannten demokratisch-parlamentarischen Fassade das Budget durch sämtliche Ausschüsse, Unterausschüsse und durch das Plenum fristgerecht zu treiben, so daß man das Provisorium für die ersten Monate des Jahres 1936. mit dem man allseits rechnete. noch vermeiden kann. Es ist weiter das große Kunststück gelungen. daß man dem Hause ein ausgeglichenes Budget vorgelegt hat, obzwar sich sämtliche Finanzmänner und insbesondere auch der Finanzreferent darüber im Klaren waren. daß die Ausgeglichenheit lediglich formaler Natur sei und daß man am Ende des Jahres 1936 mit einem Abgang von mehr als 1.3 Milliarden Kè wird rechnen müssen.

Meine Herren, wir haben uns, die wir noch verantwortlich von politischer Arbeit denken, oft gefragt, wie denn eine Koalition in der Lage ist, ein so vorgelegtes und auf diese Weise sogenannt durchberatenes Budget überhaupt zu bewilligen und damit eine so schwere Verantwortung auf sich zu nehmen, wie sie durch die Bewilligung des Budgets bei der heutigen wirtschaftlichen Lage des Gesamtstaates auf sich genommen werden muß. Ich habe den Voranschlag des Arbeitsministeriums genau studiert und ich muß mich wundern, wie es dem Herrn Arbeitsminister möglich ist zu verkünden, daß ihm eine Milliarde für Investitionszwecke zur Verfügung stünde. Diese Milliarde ist nicht hier. Man hat darauf hingewiesen. daß man heuer der Verbesserung und Schaffung neuer nichtstaatlicher Straßen einen Betrag von 122 Millionen Kronen mehr zur Verfügung stellen würde, als es im Vorjahre geschehen ist. 122 Millionen mehr als im Gesetz begründet sind Meine Herren. wenn Sie näher Einblick nehmen in den Voranschlag. können Sie feststellen. daß diese 122 Millionen Subventionen sind, die in früheren Jahren bewilligt, aber nicht ausgezahlt wurden und wenn man schon im Jahre 1936 der Hoffnung ist, sie auszahlen zu können, was fraglich ist. da die wirtschaftliche Lage im Jahre 1936 schlechsein wird als während der vorhergehenden Jahre, so bedeutet das keineswegs Investition. sondern die Bezahlung längst fälliger Schulden, die normalerweise ein Kaufmann solange überhaupt nicht hätte offen lassen dürfen Es kommt darauf an, daß der Staat die Initiative ergreift und daß von staatswegen die Voraussetzung zur Schaffung von zusätzlichen Arbeitskräften geschaffen wird.

Verschiedene Abgeordnete der Koalition haben auf diese meine ernsten Bedenken erwidert. daß man jahrelang Mitglied des Hauses sein müsse. um in die Gepflogenheiten des Hauses und in das Getriebe des Parlamentes selbst. die richtige Einfühlung zu bekommen. Ich bin der Ansicht. daß eine meh rjährige Gewöhnung an dieses Svstem mit der Zeit jede Kritikfähigkeit ausschließen muß und ich bin daher der Ansicht. daß gerade jene Menschen, die noch vor kurzer Zeit aus der großen Masse der Bevölkerung hierher abgesandt wurden, in der Lage sind, verantwortliche Kritik an diesem Svstem zu üben. Uns liegt keineswegs daran. uns durch meh rjährige Gewöhnung Routine anzueignen. die sich lediglich in der Handhabung der sogenannten Maschinerie des Parlamentes auswirken kann. uns kann lediglich da ran liegen, hier im Parlamente praktische und positive aber auch verantwortliche Arbeit zu leisten. Routine, meine Herren, ist uns nie das Primäre gewesen. Wir können aber also auch dem Lob der Schnelli gkeit, das im Prager deutschen Rundfunk über die Behandlung des Budgets gesungen wurde, nicht zustimmen, insbesondere deshalb nicht, weil diese Schnelligkeit notwendigerweise erkauft werden müßte mit dem Verlust an Gründlichkeit, mit dem Verluste an Sachlichkeit und letzten Endes auch unter Einbuße der Verantwortlichkeit der betreffenden Faktoren. Es ist hier üblich geworden, daß man jenen, der sich getraut, an den parlamentarischen Formen und an den schlechtangewandten Formen der Demokratie Kritik zu üben, glattweg als Staatsfeind und als Feind der Demokratie betrachtet und ihn auf diese Weise zu diffamieren sucht. Ich muß mich gegen dieses Vorgehen verwahren, und wenn ich Kritik an der Form der sogenannten Budgetberatung geübt habe, so geschah dies lediglich aus dem Gefühl heraus. daß Sie es nicht zulassen können, daß dieses Parlament zu einem zweiten Hvdepark in Europa wird. Man mag sagen, daß der Hydepark in England eine außerordentliche demokratische Einrichtung ist, weil es dort jedem Menschen gestattet ist, zu allem und jedem ungestraft Stellung zu nehmen. über das und jenes zu reden. ohne daß die Regierung jemals die Absicht hat, zu dem, was dort gesprochen wurde, in irgend einer Form Stellung zu nehmen. Wir glauben aber, daß sich jeder Engländer energisch dagegen verwahren würde. wenn man sagen würde: Ihr habt einen Hvdepark in London und deshalb seid ihr ein demokratisches Land. Für eine verantwortlichere Behandlung des Budgets spricht auch die Tatsache, daß die gesamte Öffentlichkeit von dem Staate heute eine Linderung der wirtschaftlichen Verhältnisse erwartet. Nach dem totalen Zus ammenbruch der Privatwirtschaft erwartet man, daß nun der Staat initiativ für die Wi rtschaftsbelebung eintritt und man sieht im Sta atsvoranschlag die Voraussetzung für diese Notwendigkeiten. Die Einstellung der breiten Öffentlichkeit ist längst der Einstellung gewisser maßgebender Faktoren vorausgeeilt. Man ist sich heute längst im Klaren, daß es sich nicht mehr um eine jener zyklischen Kreise handelt, die im Verlauf der letzten Jahrzehnte die Wirtschaft zu erschüttern pflegten, man ist sich im Klaren darüber, daß der tiefste Punkt der Krise, auf dem wir seit Jahren angelangt zu sein scheinen, nicht automatisch abgelöst werden wird durch eine aufsteigende Linie der Wirtschaft. Man ist sich in den breiten Massen der Bevölkerung darüber im Klaren, daß es sich hier um eine strukturelle Änderung der Wirtschaftsvoraussetzungen handelt und daß diese Änderung hauptsächlich durch politische Einflüsse der letzten 20 Jahre bewirkt wurde. Insbesondere die Sudetendeutschen wissen ein Lied davon zu singen, denn gerade unsere Industrie und unser Gewerbe hatte früher in der großen österreichisch-ungarischen Monarchie ein großes Absatzgebiet mit 54 Millionen Menschen. Durch politische Einflüsse wurde dieses Absatzgebiet zertrümmert. Letzten Endes waren es auch politische Einflüsse, die mit die gesamte Weltwirtschaft ad absurdum geführt haben. In dieser Hinsicht gewinnen natürlich jene Faktoren an Bedeutung, die über politische Macht und politische Verantwortung verfügen und die einzig und allein in der Lage sind von der politischen Seite her die Wirtschaft zu beleben. Wir müssen feststellen, daß in dieser Richtung seitens der verantwortlichen Regierung dieses Staates wenig geleistet wurde. Es ist zwar hie und da etwas unternommen worden, man hat diese und jene krassen Mißverhältnisse abgestellt, aber man kann wohl feststellen, ohne als Querulant bezeichnet werden zu können, daß seitens der Regierung ein großes Aktionsprogramm zur Belebung der Wi rtschaft nicht vorgelegt wurde. Seit einigen Monaten überschwemmt man die Öffentlichkeit mit Nachrichten, daß Milliardenbeträge für Investitionen zur Verfügung gestellt wurden. Als wir hier ins Parlament einzogen, war es der Herr Ministerpräsident Malypetr, der damals der Öffentlichkeit verkündete, daß 5 Milliarden für Investitionszwecke zur Verfügung stünden und im Verlaufe der Budgetbesprechungen hörten wir vom Herrn Fürsorgeminister, daß so und so viele Milliarden der Wirtschaft zugeführt werden sollten. Meine Herren! Wir sind der Ansicht, daß das falsche Methoden sind, die Öffentlichkeit zu beruhigen, denn diese Milliardenbeträge hat man auch in früheren Jahren an Investitionen ausgegeben und angelegt. Wir sind der Ansicht, daß man in dem Investitionsprogramm fortfahren muß, wir sind jedoch der Ansicht, daß die Fortführung dieser Investitionen keineswegs zu zusätzlicher Schaffung von Kaufkraft führen kann und allein auf die zusätzliche Schaffung von Kaufkraft kommt es überhaupt an. Wir sind daher der Ansicht, daß man über kurz oder lang einmal auf den Vorschlag wird zurückkommen müssen, den wir im sozialpolitischen Ausschuß der Regierung vorgelegt haben, denn es geht nicht, daß dieses oder jenes Ministerium verkündet, es hätte Milliarden zur Verfügung und wenn man dann das Budget genau prüft, sieht man, daß von den Milliarden hundert Millionen in Abzug zu bringen sind; Wir sehen die Möglichkeit nur in der Kreditausweitung des Staates, in der Form der Begebung sogenannter Arbeitsbeschaffungswechsel. Großzügige Notstandsmaßnahmen können heute ohne Mitwirkung des Staates und der Nationalbank einfach nicht mehr durchgeführt werden. Wir müssen daher im Interesse der gesamten werktätigen Bevölkerung dieses Staates fordern, daß die Nationalbank aus ihrer bisherigen Reserve heraustritt, da keine Möglichkeit mehr besteht, auf dem Wege privater Anleihen auch nur die geringste Initiative zur Neuentfaltung der Kaufkraft zustandezubringen. Der Staat hat also hier die Pflicht in die Bresche zu springen, denn nur durch eine Kreditschöpfung, die der Staat allein vermag, ist es möglich, die Voraussetzung zu einer Belebung der Wirtschaft zu schaffen.

Es ist richtig, wenn verschiedene Seiten behaupten, daß die Begebung von sogenannten Arbeitsbeschaffungswechseln eine Belastung zukünftiger Jahre ist. Was tut aber denn die Regierung heute? Schauen Sie sich das Kapitel Schulden im Staatsvoranschlage und im Rechnungsabschluß an. Ist darin nicht eine beängstigende Belastung der Zukunft enthalten? Die schwebende Schuld beträgt 71/2 Milliarden, man hat bereits Jahre vorweg belastet, ohne aber die Voraussetzung zu schaffen, diese kurzfristigen Schulden abzutragen. Hat man da nicht die Zukunft weitgehend belastet, ohne die Voraussetzung für die Erschließung neuer Steuerquellen und neuer Sparkapitals zu schaffen? Wir sehen in der von uns propagierten Form der Kreditschöpfung keineswegs eine Gefahr, denn durch die Kreditausweitung, durch die Schaffung zusätzlicher Kaufkraft wird gleichzeitig zusätzlich auch eine neue Steuerquelle geschaffen. Durch unseren Vorschlag wäre es möglich, daß die neuaufgelebte Wirtschaft neues Sparkapital bildet, wodurch die Voraussetzung gegeben ist, die schwebenden kurzfristigen Schulden durch Begebung neuer langfristiger Anleihen zu konsolidieren. Es ist wahr, daß sich auch heute noch eine ganze Reihe von Menschen nicht vorstellen kann, daß der Umlauf des Bargeldes, der Wechsel nicht in unmittelbaren Zusammenhang mit der sogenannten Golddeckung stehen muß. Man sieht in unserem Vorschlag eine Gefahr für die Stabilität der Währung und befürchtet, durch die Begebung der Arbeitsbeschaffungswechsel eine Inflation herbeizuführen.

Ich muß mir an dieser Stelle gestatten, die Verantwortlichen noch einmal darauf hinzuweisen, daß diese Befürchtungen nicht zu Recht bestehen. Wir haben einerseits unseren Vorschlag dahin begrenzt, daß man diese Wechsel nur in jener Höhe begeben möge, die gleich ist der Differenz zwischen dem heute abnormalen Notenumlauf, und dem von uns als normal angesehenen Notenumlauf von 7 1/2 Milliarden Kè. Wir sehen in dieser Begrenzung der Kreditschöpfung die Gewähr dafür, daß eine Inflation durchaus nicht möglich ist. Es ist auch darauf hinzuweisen, daß Kreditschöpfung in der Form unseres Vorschlages auch in früheren Jahren und Jahrzehnten stets getan wurde. Denken Sie daran, was die Handelsbanken im Laufe der letzten Jahrzehnte getan haben, als sie die Schaffung des Wohlstands, der sich durch die Entwicklung der Exportindustrie ergab, zunächst einmal finanziell einleiteten. Die Handelsbanken haben in weitem Maße Kreditschöpfung betrieben. wobei sie Kredite für eine Basis gaben, die man wohl oft als fiktiv bezeichnen konnte. Denn es ist nicht richtig, daß Kredite nur auf einer durchaus liquiden Deckungsbasis gegeben werden. Ich verweise da z. B. auf das größte finanz-politische Kunststück. das durch die Schaffung der Rentenmark und die Stabilisierung der Reichsmark in Deutschland gemacht wurde. Auch das war keineswegs auf liquider Dekkungsbasis fundiert, denn der Deckung der Rentenmark fehlte damals vor allem eine Voraussetzung, die für die Deckung notwendig ist, nämlich die Liquidität. Damals, als der Reichsbankpräsident Schacht die Rentenmark schuf, um die Reichsmark zu stabilisieren, hatte er überhaupt keine liquiden Deckungsmittel in der Hand und wenn wir heute. im Bewußtsein der großen Reserven, in einem bestimmten Ausmaße Arbeitsbeschaffungswechsel begeben wollen, so müssen wir sagen, daß die liquide Deckung für diese Wechsel sogar teilweise vorhanden ist, daß aber diese Deckung in liquider Form nicht nötig ist, da sie in den Werten, die diese zusätzliche Arbeit schafft, begründet ist.

Dieser von den Banken normal betriebene Vorgang der Kreditschöpfung kann heute nur vom Staat selbst besorgt werden. Die Privatwirtschaft ist abgeschöpft, neues Sparkapital wird nicht gebildet. Wer soll also die zusätzliche Kaufkraft schaffen? Wer soll initiativ die Wirtschaft beleben, wenn es nicht der einzige Wirtschaftsfaktor sein kann, der das vermag, nämlich der Staat.

Es ist von mir bereits gesagt worden, daß eine Voraussetzung der Begebung der Arbeitsbeschaffungswechsel natürlich auch die sein muß, daß sie in einer kurzen Zeit liquidiert werden. Diese Voraussetzung ist dadurch gegeben, daß die neubelebte Wirtschaft die Erschließung neuer Steuerquellen ermöglicht und die Bildung neuen Sparkapitals die Auflegung langfristiger Anleihen gestattet. Wenn man daher heute noch der Ansicht ist, daß die Belebung der Wirtschaft lediglich durch drei Voraussetzungen, die ich hier noch anführen werde, erfolgen kann, so ist das meiner Ansicht nach ein bedauerlicher Irrtum, der mit Hunderttausenden und Aberhunderttausenden Existenzen bezahlt wird. Man ist in diesen Kreisen der Ansicht, daß eine Wirtschaftsbelebung nur finanziert werden kann: ersten durch Begebung von Anleihen auf dem freien Markt, zweitens durch erspartes Kapital der Wirtschaft und drittens Finanzierung dieser Belebung durch Steuern. Es ist klar, daß alle diese drei Punkte bei den heutigen Verhältnissen nicht mehr anwendbar sind.


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