tückischen Art möglichst grosse Mengen Pflanzenschutzpräparate aufzuhalsen, die nicht etwa kommissionsweise zur Verfügung gestellt werden, sondern für welche die Landwirte als feste Käufer angesehen werden. Um das zu erreichen, wenden die Landwirte veranlagst, Scheine zu unterfertigen, deren Inhalt als unwesentlich bezeichnet und der auch vor den Landwirten bei der Unterfertigung verdeckt wird. Kein Landwirt würde sich bei klarer Kenntnis des Inhaltes der Bestellscheine und der daraus resultierenden Verpflichtungen sonst beredt finden, seine Unterschrift herzugeben.
Für die unterzeichnenden Landwirte bedeutet es eine grosse Ueberraschung, wenn nach dem Besuch der Firmenvertreter durch Gegenbriefe die getätigte Bestellung bestätigt und ihnen die Lieferung der Pflanzenschutzpräparate angekündigt wird. Schon die listig erschlichene Unterschrift der Landwirte lässt auf Betrugabsichten sdhüessen, denn die angeblich bestellten Präparate ergeben häufig derart grosse Mengen, dass die Generationen der Landwirte einiger Dörfer kaum imstande wären, sie zu verbrauchen. Den Landwirten aber zuzumuten, die Präparate zu verkaufen, bedeutet, dass die Landwirte mit den gewerbegesetzlichen Bestimmungen in Gegensatz gebracht werden, denn die Gewerbeordnung verbietet ijedwede unbefugte Handelstätigkeit. Diese Zusammenhänge sind den Firmen bekannt. Trotzdem suchen ihre Vertreter die Landwirte auf und verstricken sie in Verpflichtungen, die mit Geldausgaben verbunden sind und welche die Landwirte ausserdem in Konflikt mit dem Gesetze bringen können. Diese Art Vorgehen ist strafbar und es ist notwendig, darauf die Aufmerksamkeit der öffentlichen Verwaltung zu lenken.
Wie raffiniert die in Betracht kommenden Firmen vorgehen, beweist die Firma Armin Braun in Prag XII, Korunni 183. die sich die Bezeichnung »Landwirtschaftliche Beratungsstelle für Schädlingsbekämpfung« beigelegt hat und die durch ihre Agenten in der vorher geschilderten Art mit den Landwirten in Verbindung tritt. Diese Firma ist die Geschäftsvertretung der Oderberger chemischen Werke. Aktiengesellschaft in Neu Odenberg. die in verschiedenen Formen Saatsgutbeizen (Abavit. Benatol, Kalimat), Pflanzenschutprärparate (Plantasan. Drepin Sulikoll Arsoknll Mirbafin) Unknautbekämpfungsmittel (Raphanit) usw. herstellt. Die Firma und ihre Agenten versuchen den einzelnen Landwirten, denen sie das Schränkchen und die Verleihung der Bezeichnung »Beratungsstelle« versprochen haben, bedeutende Mengen der vom ihnen vertriebenen Präparate aufzuhängen und sie versetzen dadurch die über den Sachverhalt nicht orientierten Landwirte in Aufregung und in Unkosten, weil die Landwirte, im aus dem Verhältnis zur Firma Braun herauszukommen, teilweise rechtsfreundliche Hilfe in Anspruch nehmen und auch gegen Bezahlung eines; Abfindungshetnages von der Firma loszukommen suchen. Welche Warenwerte in Betracht kommen beweisen nachstehende Fälle, in denen auf Veranlassung der Firma Braun Pflanzenschutzmittel geliefert wurden.
Es sollte übernahmen Anton Krämer im Stokkau Nr. 38, Post Heiligenkreuz, Ware um den Betrag van 9480 Kè".
Weiter sollten die Landwirte Wenzel Nowak m Piwiana Nr. 43, Post Ullitz, Johann Biebl in Wickau, Post Tschernoschin, Peter Kellner in Otrotschin Nr. 3, Post Sohweissing, Johann Pitka in Kscheutz, Post Mies, Wenzel Kalup in Unola. Post Mies, Johann Paul in Techilowitz, Post Mies, Wenzel Pottisch in Wilkischen, Post Schweissing, Josef Jirat in Hnimitz, Post Hermannshütte, Präparate übernehmen, die in einem jeden einzelnen Falle mit ungefähr 8000 Kè, zusammen mit etwa 60. 000 Kè berechnet wurden.
Dem Landwirt Adalbert Bayer in OberGodrisch, Post Heilitgenkreuz, versuchte dieselbe Firma gleichfalls grössere Mengen ihrer Präparate aufzuhalsen.
Der Landwirt Zeptnik in Zebau, Bezirk Mies, der mit der Firma in Verbindung war, trachtete von ihr durch Bezahlung von 2000 Kè loszukommen, ohne dass er für sein Geld auch nur eine Gegenleistung erhalten hätte.
In den erwähnten Fällen, deren Zahl jedoch noch nicht erschöpft ist, war das Betätigungsfeld der Firma Braun Westböhmen. Gegen sie sind auch aus anderen Teilen Böhmens Klagen laut geworden. Es zeigt das, dass unter Vortäusahung von nicht vorhandenen Empfehlungen der landeskult'jrellen Körperschaften und des Landwirtschaftsministeriums es manchen Unternehmungen noch immer möglich ist, mühelos für säe ertragreiche Geschäfte durchzuführen und dabei die Landwirte zu übervorteilen. Es ist notwendig, dass derartigen skrupellosen Firmen rasch das Handwerk gelegt und die Fuhrung der Bezeich nung »Landwirtschaftliche Beratungsstelle«, die offiziellen Charakter offenbart, privaten Firmen überhaupt verboten wird.
Unter Hinweis auf die verstehenden Ausführungen wird die Regierung gefragt:
1. Ob sie bereit ist, die vorstehend angeführten Fälle der Uebervorteilung von Landwirten untersuchen zu lassen und Vorkehrungen zu treffen, dass dem geschilderten unreellen Vorgehen Einhalt getan wird?
2. Ob sie gewillt ist, anzuordnen, dass die Führung der Bezeichnung »Landwirtschaftliche Beratungsstelle« an bestimmte Voraussetzungen und an eine behördliche Bewilligung gebunden wird?
3. Ob sie geneigt ist. die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen derart zu ergänzen dass vor Firmen, die in der vorher erwähnten Art zu Geschäftsabschlussen gelangen wollen, von amtswegen öffentlich gewarnt wird?
Prag, am 30. Oktober 1933.
Windirsch, Scharnagl,
Oehlinger, Bobek, Greif, Dr. Luschka, Dr. Hodina, Böhm, Wagner, A. Köhler, Platzer, Krumpe, Dr. Mayr-Harting, Heller, Gläsel, Dr. Petersilka, Halke, Zajièek, Viereckl, Kunz, Fritscber, Zierhut.
Púvodní znìni ad 2376/IV.
Interpellation
des Abgeordneten Windirsch und Genossen
an den Finanzminister,
betreffend die Beschwerden der durch Hagelschlag im Jahre 1929 geschädigten Landwirte der Gemeinde Hennersdorf gegen die Steueradministration in DeutschGabel wegen nicht entsprechender Berücksichtigung des erlittenen Schadens bei der Festzetzung der pauschalierten Umsatzsteuer.
Am 4. Juli 1929 ging Über dem Gelände der Katastralgemeinde Hennersdorf, Steuerbezirk Deutsch-Gabel, ein heftiges Hagelwetter nieder, wodurch die gerade in der Reife befindlichen Getreidefrüchte zum grössten Teile vernichtet wurden. Von dar Hälfte der gesamten Getreidefläche wurden 80-90% vernichtet. Der Hagelsch1ag beschädigte auch ganz bedeutend die Kartoffel- und Rübenbestände und ebenso wurden die Kleeschläge und Wiesen in Mitleidenschaft gezogen, die infolge der hohen Hageldecke zu momentanen Absterben gebracht, keinen zweiten Schnitt mehr gaben. Die Forge der Getreideverhagelung war, dass viele Landwirte für Anbauzwecke Saatgut und für die Selbstversorgung Brotgetreide zukaufen mussten. Die entstandenen Feldschäden wurden rechtzeitig von der in den Regierungsverordnungen Nr. 74/1928 und 75/1928. Slg. d. G. u. V., vorgesehenen Orts- und Bezirkskommission ermittelt und festgestellt und die notwendigen Schritte eingeleitet, um zu den in den beiden Regierungsverordnungen vorgesehenen Unterstützungen in Fällen von Elementarkaitastrophen zu gelangen. Das Ergebnis dieses Einschreitens war, dass den durch den Hagelschlag betroffenen Landwirten auf Grund der Regierungsverordnung Nr. 75/1928. Slg. d. G. u. V., eine Unterstützung von 6000 Kè gewährt und auf Grund der Regierungsverordnung Nr. 74/1928, Slg. d. G. u. V., an 111 Landwirte eine Steuerrückvergütung von 15. 867 Kè bewilligt wurde.
Die durch den Hagelschlag betroffenen Landwirte nahmen aber auch die in der Kundmachung vom 27. Mai 1930, Nr. 69, Slg. d. G. v. V., betreffend die Pauschalierung der Umsatzsteuer bei kleinen Landwirten in Böhmen, niedergelegten Bestimmungen zu Gunsten der durch Elementarereignise im Jahre 1929 nachweisbar bedeutend geschädigten Landwirte in Anspruch und sie brachten deswegen bei der Steueradminstration in Deutsch-Gabel rechtzeitig ihre Gesuche um Herabsetzung des Umsatzsteuerpauschlales ein. Das Ergebnis dies« Einschreitens war recht un-
befriedigend, sodass gegen das unzureichende Ausmass der von der Steueradministration in Deutsch-Gabel bewilligten Nachlässe der pauschalierten Umsatzsteuer fristgerecht Berufungen eingebracht wurden. Diese Beschwerden wurden von der Steueradministration Deutsch-Gabel mit Entscheidung vom 26. September 1933, G. Z. X-E (?) 1930 unter Hinweis auf die »Bestinmrungen des Abs. 16 der Verordnung (?) des Finanzministeriums vom 17. Juni 1925, Nr. 153, Slg. d. G. u. V., im Wortlaut der Verordnung (?) vom 27. Mai 1930, Nr. 69, Slg. d. G M. V., als unzulässig abgewiesen. « Dem wunde auch noch die Bemerkung beigefügt, dass »gegen diese Entscheidung ein weiteres Rechtsmittel im Instanzenzuge nicht zulässig ist. «
Für die Zustellung der vollkommen ablehnenden Entscheidungen mussten die Adressaten durchwegs eine Postgebühr von je l Kè entrichten.
Es kann nicht angenommen wenden, dass mit der vorerwähnten Entscheidung die Angelegenheit ihren entgultigen Abschluss gefunden haben soll und das umsoweniger, als es in der Kundmachung Nr. 153/1925, Slg. d. G. u. V., betreffend die Möglichkeit der Herabsetzung des Umsatzsteuerpauschales ausdrücklich heisst:
»Dagegen kann die Steueradministration nach gepflogenem Einvernehmen mit den von den Wirtschaftsorganisationen der Landwirte aus der Gemeinde und aus dem Bezirke ernannten Vertretern Landwirten, die durch Elementarereignisse im Jahre 1924 nachweisbar bedeutend geschädigt wurden, ........die Steuer mit einem entsprechend niedrigeren Betrage festsetzen, welcher dem durchschnittlichen Katastralreinertrage in diesen Gemeinden entspricht. «
Die gleiche Bestimmung kehrt natungemäss in der Kundmachung Nr. 69/1930, Slg. d. G. u. V., wieder.
In beiden Kundmachungen ist freilich das Wort «kann« angeführt, wodurch die Herabsetzung der pauschalierten Umsatzsteuer dem Ermessen der Steueradimnistration anheim gegeben ist. Dass jedoch auch Organe der Steueradnünistration Deutsch-Gabel die Berechtigung der Berücksichtigung der durch den Hagelschlag geschädigten Landwirte in Hennersdorf anerkannt haben, beweist die Antragstellung der Bezinkskommission auf Grund der Regierungsverordnungen Nr. 74/1928 und Nr. 75/'1928, Slg. d. G. u. V., denn es ist in diesen Verordnungen festgelegt, dass in den Bezirkskommissionen auch die zuständigen Steueradministrationen vertreten sein müssen.
Wie berechtigt die Gesuche der Landwirte in Hennersdorf auf Herabsetzung des Umsatzsteuerpauschales gewesen sind, ergibt das folgende Verzeichnis des am 4. Juli 1929 durch Hagelsohlag geschädigten Landwirte, die keine ausreichende Berücksichtigung gefunden haben. Den einzelnen Namen ist das Ausmass der durch die Elementarkatastrophe geschädigten Feld- und Wiesenfläche und ebenso die Grosse des Schadens, in Prozenten ausgedrückt, beigefügt:
Name des Landwirtes |
Haus Nr. |
Beschädigte Feld- und Wiesenfläche Hektar |
Erlittener Schaden In Prozenten |
Firanz Scharfen |
1 |
6. 45 |
54 |
Franz Prokop |
2 |
24. 44 |
35 |
Franz Sohäfer |
4 |
8. 35 |
51 |
Franz Glathe |
7 |
13. 35 |
34 |
Franziska Prokop |
9 |
16. 97 |
34 |
Wenzel Dittrich |
12 |
16. 54 |
36 |
Josef Prokop |
13 |
5. 42 |
38 |
Josef Glathe |
20 |
17. 15 |
40 |
Berta Horn |
21 |
9. 59 |
40 |
Karl Höfner |
26 |
6. 04 |
36 |
Anton Gürlich |
34 - |
18. 15 |
37 |
Anton Schäfer |
44 |
15. 60 |
33 |
Anna Werner |
45 |
10. 02 |
36 |
Anton Schäfer |
49 |
4. 12 |
35 |
Franz Schäfer |
53 |
18. 37 ' |
51 |
Anton Lehmann |
54 |
19. 38 |
51 |
Rudolf Lehmann |
56 |
11. 12 |
48 |
Emilie Künstner |
61 |
17. 12 |
48 |
Josef Prokop |
62 |
17. 51 |
48 |
Heinrich Lehmann |
63 |
11. 08 |
44 |
Wenzel Scharfen |
71 |
21. 89 |
40 |
Franz Jahne |
81 |
16, 11 |
36 |
Max Wobisch |
82 |
14. 45 |
37 |
Franz Vogt |
83 |
15. 69 |
37 |
Wenzel Jahne |
84 |
11. 21 |
38 |
Anton Lehmann |
87 |
6. 97 |
33 |
Anton Förster |
88 |
6. 50 |
30 |
Josef Taubmann |
92 |
4. 90 |
30 |
Adolf Steier |
111 |
4. 98 |
32 |
Wilhelm Hanig |
117 |
9. 87 |
31 |
Heinrich Patzelt |
119 |
15. 59 |
32 |
Anton Künstner |
130 |
15. - |
30 |
Anton Glanz |
133 |
9. 53 |
31 |
Josef Gürlich |
137 |
17. 58 |
32 |
Anton Schäfer |
141 |
16. 06 |
31 |
Josef Schrote |
142 |
2. 78 |
40 |
Rudolf Scharfen |
146 |
12. 75 |
34 |
Wenzel Wendler |
153 |
3. 75 |
33 |
Adolf Jaksch |
155 |
4. 94 |
39 |
Marie Gürlich |
157 |
16. 30 |
41 |
Anton Prokop |
158 |
6, 13 |
50 |
Gustav Thaun |
163 |
4. 92 |
45 |
Karl Vogt |
165 |
10. 86 |
32 |
Anna Sprenger |
167 |
5. 74 |
40 |
Franz Reiche. |
169 |
4. 11 |
35 |
Johann Prokop |
170 |
9. 75 |
55 |
W. Zimmermann |
173 |
23. 77 |
51 |
Anton Gürlich |
175 |
11. 63 |
51 |
Anton Teumer |
176 |
14. 98 |
50 |
Wenzel Mildner |
179 |
11. 06 |
52 |
Anna Steier |
189 |
9. 50 |
50 |
Anna Künster |
196 |
14. 65 |
30 |
Heinrich Werner |
212 |
18. 96 |
33 |
Wilhelm Gärtner |
225 |
4. 18 |
29 |
Karl Graf |
234 |
10. - |
33 |
Anton Prokop |
236 |
10. 90 |
43 |
Der Herr Finanzminister wird unter Hinweis auf die vorstehenden Ausführungen gefragt, ob er gewillt ist, anzuordnen, dass die in Angelegenheit der Umsatzsteuenpauschalierung der durch Hagelschlag am 4. Juli 1929 geschädigten Landwirte in der Gemeinde Hennensdorf, Bezirk Deutsch-Ga-
bel, erflossene Entscheidung der Steueradministration in Deutsch-Gabel einer Revision unterzogen wird, damit die Landwirte jene Berücksichtigung finden, die ihnen im Hinblick auf die Grosse des erlittenen Schadens wirklich gebührt?
Prag, am 3. November 1933.
Windirsch,
Heller, Oehlinger, Dr. Petersilka, Kunz, Böhm,
Wagner, Gläsel, Dr. Luschka, Zajíèek, Krumpe,
Greif, Bobek, Platzer, Halke, Dr. Mayr-Hartlug,
Zierhut, Viereckl, A. Köhler, Dr. Hodina,
Fritscher, ScharnagL
Puvodni znìní ad 2376 V.
Interpellation
des Abgeordneten Windirsch und Genossen
an die Regierung
betreffend die Ausführung landwirtschaftlicher Arbeiten am Staatsfeiertage (28. Oktober).
Am 7. Jänner 1926 wurde unter Druck 49/VII in der gleichen Angelegenheit folgende Interpellation an den Minister des Innern gerichtet:
«Mit dem Gesetze vorn 3. April 1925, Slg. d. a u. V. Nr. 65, hat der 28. Oktober die Eigenschaft: eines Sonntages erhalten, an welchem gewiss gewerbliche und industrielle Arbeiten zu ruhen haben. Anders verhält es sich dagegen mit der Landwirtschaft, die wenn die Verhältnisse es erfordern, auch an Sonntagen nicht nur in Haus und Stall, sondern auch draussen auf Feld und Wiese die notwendigen Arbeiten besorgen muss. Die Ausführung von Sonntagsarbeiten ist aber besonders dann notwendig, wenn während dringender Anbeitsiperioden durch wochenlag andauerndes ungünstiges Wetter alle Arbeiten im Freien ruhen mussten und der herannahende Winter überdies zur Eile in der Feldbestellung und Aussaat mahnt. Dann muss, wenn es halbwegs geht, jede Minute auch an Sonntagen ausgenützt wenden, um die zurückgebliebenen Feldarbeiten zu erledigen.
Das ungünstige Spätsommer- und Herbstwetter des verflossenen Jahres 1925 behinderte die Landwirte gleichfalls wochenlang an der Erledigung ihrer Arbeiten und es musste dann getrachtet wenden, auch an Sonn- und Feiertagen die versäumten Arbeiten nachzuholen. Dabei musste in vielen Gegenden auch am 28. Oktober gearbeitet werden. Diese Tatsache wurde von manchen Gendarmeriekommanden so z. B. im Bezirke Kratzau aus Herabwürdigung des Staatsfeier-
tages angesehen und mussten die arbeitenden Landwirte sich hiefür verantworten. Von einer Bestrafung der Landwirte wurde zwar bisher nichts bekannt, doch hatten dieselben neben unnützen Aufregungen neuerliche Arbeitsversäumnisse infolge der Einvernahmen zu verzeichnen. Diese Tatsache war umso empfindsamer, weil die betreffenden Landwirte als Kleinlandwirte alle Arbeiten allein zu besorgen hatten und für sie nicht ausgenutzte Arbeitsstunden unwiderbringlich verloren waren.
Damit für die Zukunft die Landwirtschaft vor ähnlichen Plackereien verschont bleibt, deshalb wird der Herr Minister des Innern gefragt, ob er bereit ist, Weisungen zu erlassen, dass die Ausführung landwirtschaftlicher Arbeiten am 28. Oktober genau derselben Beurteilung unterliegt, als das bisher an Sonntagen üblich war. «
Diese Interpellation ist unbeantwortet geblieben, obwohl es wichtig gewesen wäre, eine Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen kennen zu lernen. Eine solche ist schon aus dem Grunde erforderlich, damit die landwirtschaftliche Bevölkerung darüber genau informiert wird, was sie am 28. Oktober an landwirtschaftlichen Arbeiten besorgen darf und unterlassen rnuss. Eine genaue Weisung ist aber auch deswegen nötig, damit die amtlichen Organe (Gendarmerie und Staatspolizei) an diesem Tage nach einheitlichen Gesichtspunkten vorgehen und die Landwirte an der Erledigung dringender Arbeiten nicht etwa behindern.
In dem Gesetze, Slg. d. G. u. V. Nr. 65/1925, heisst es im § 3:
»Für den 28. Oktober gelten alle Bestimmungen über die Sonntage. K
Nun ist allgemein bekannt, dass in Gebirgsgegenden, in denen infolge der klimatischen Verhältnisse in der Regel die Ernte aller Feldfrüchte verspätet ist, wodurch auch die Erledigung aller im Herbste vorkommenden Feldarbeiten, besonders der Düngung und Ackerung sehr verzögert wird. Die Ackerung ist besonders im diesjährigen Herbst sehr bedeutungsvoll, weil dadurch die katastrophal auftretende Feldmäuseplage durch Zerstörung der Feldmäusenester bekämpft wird.
Um alle wichtigen Arbeiten noch vor dem Einbruch des mitunter sehr zeitlichen Winters bewältigen zu können, müssen alle Tage, auch Sonnund Feiertage ausgenützt werden. Diese Zeitausnützung ist besonders in den kleinen in den Gebirgsgegenden in der Mehrzahl vorherrschenden landwirtschaftlichen Betrieben wichtig, in denen fast ausnahmslos von den Landwirten und ihren Familienangehörigen allein alle Arbeiten ohne fremde Hilfeleistung besorgt werden.
Auch im heurigen Jahre 1933 mussten viele Landwirte am 28. Oktober, der was das Wetter betrifft, recht günstig war, ihrer Beschäftigung nachgehen, well sie infolge der Dringlichkeit der Arbeiten, verursacht durch die Ungunst der Verhältnise gezwungen waren, viele Versäumnisse nachzuholen und weil auch dem 28. Oktober ein Sonntag folgte. Am 29. Oktober (Sonntag), der verregnet war, mussten die landwirtschaftlichen
Arbeiten im Freien ruhen und ebenso am 30. Oktober, der kalt und verschneit gewesen ist. Uebrigens ist das Wetter seither immer veränderlich und vorherrschend regnerisch gewesen.
Es zeigt sich besonders in diesem Falle, dass der Landwirt der Sklave seiner Scholle ist. Viele Landwirte hätten am 28. Oktober lieber auf die Ausführung der Feldarbeiten verzichtet und wären gerne mit den übrigen festlich gestimmten Menschen in die Städte gegangen. Der Besitz zwang sie jedoch, daheim zu bleiben und im -Dienste der Allgemeinheilt Arbeiten zu verrichten, deren Lohn nur sehr bescheiden und häufig auch ungewiss ist. Wenn die Landwirte demnach gezwungener Weise aus der Natur der Sachlage heraus ihre Arbeit verrichtet haben, so bedeutet das sicher keine Entweihung des 28. Oktober, sondern es ist die Arbeit gerade an diesem Tage für die loyal empfindenden, srtaatstreu gesinnten Landwirte als ein Opfer anzusehen gewesen, das in erster Linie im Interesse der Gesamtheit zu erfüllen war. Aus der Arbeit der Landwirte am Staatsfeiertage eine böse Absicht abzuleiten, so wie das in einigen Gegenden versucht wurde, ist daher unzutreffend.
Damit jedoch für die Zukunft die Landwirte bei der Ausführung dringlich gewordener Arbeiten am 28. Oktober, vor eventuellen Uebergriffen untergeordneter amtlicher Organe bewahrt bleiben, deswegen ist notwendig, dass die seinerzeit erwartete Antwort gegeben wird.
Die Regierung wird daher gefragt, ob sie bereit ist, in dieser Hinsicht die erforderlichen Weisungen zu geben?
Prag, am 3. November 1933.
Windirscb,
Heller, Oehlinger, Dr. Mayr-Harting, Fritschen Dr.
Hodina, Zierhut, Gläsel, A. Köhler, Kunz, Bobek,
Grell, Scharnagl, Platzer, Krampe, Dr. Luschka, Dr.
Petersilka, Wagner, Viereckl, Böhm, Halke,
Zajíèek.
Púvodní znìní ad 2376/VIII.
Interpellation
der Abgeordneten Hadek, Štìtka und Genossen
an den Justizminister,
betreffs der unhaltbaren Verhältnisse
beim Bezirksgericht in Hohenstadt
und der Willkür der dortigen
Beamten.
Die Verhältnisse beim Bezirksgericht in Hohenstadt spotten jeder Beschreibung. Die Zellen
sind modrig, der Aufenthalt im Gefängnis gefährdet die Gesundheit der Häftlinge im höchsten Grade. Der Zustand des Gefängnisses ist so schlimm, dass dieses sofort aufgelassen werden müsste. Die Gefangenen sind den Launen und Sekaturen des Gefängnisaufsehers und seiner Frau preisgegeben. Die Beschwerden gegen sein willkürliches Verhalten verlaufen ergebnislos, da der Vorstand des Gerichtes, ein fanatischer Sokol, gegen die proletarischen politischen Häftlinge ebenfalls voreingenommen ist. Die Gefangenen erhalten keinen Ausgang oder nur dann, wann es den Herren gefällt, die Zellen werden überhaupt nicht oder, nur sehr wenig geheizt, ebenso wird mit dem Licht gespart und die Kost ist ausserordentlich schlecht. Die Häftlinge werden angebrüllt und überhaupt schlecht behandelt. Adolf Altmann aus Hohenstadt waren vom Kreisgericht in Olmütz die Vorteile des Staatsgefängnisses im Urteil zugesprochen worden, aber das Bezirksgericht in Hohenstadt, bei dem er die Strafe absass, verweigerte ihm die Gewährung der gesetzlichen Vorteile. Die Intervention beim Justizministerium hatte keinen Erfolg, da das Bezirksgericht in Hohenstadt überhaupt keine Antwort erteilte, solange Altmann in Haft war. Uebrigens haben sich die Verhältnisse bei diesem Gerichte auch nachher nicht im geringsten gebessert.
Wir verlangen, dass sofort Abhilfe Beschaffen und der Vorsteher sowie der Gefängnisaufseher des Bezirksgerichtes exemplarisch bestraft werden, und fragen den Herrn Minister:
Ist er bereit diesen gerechtfertigten Forderungen Genüge zu tun?
Prag, am 8. November 1933.
Hadek Štetka,
J. Svoboda, Gottwald, Kliment, RUSS, Kuhn, Dr.
Stern, Steiner, Tyll, Kubaè, K. Procházka, Babel,
Štouraè, Vallo, Török, Juran, Dvoøák, Hrubý,
Èižinská, Hodinová-Spurná.
Púvodní znìni ad 2376/1X.
Interpellation
des Abg. Gläsel und Genossen an den. Minister für Finanzen
wegen Beschwerden über das Vorgehen der Steuerbehörde in Eger.
Das Vorgehen der Steuerbehörde in Eger gibt in letzter Zeit viel Anlass zu Beschwerden. Es kamen in den letzten Tagen die Eimkommen-
steuervorschreibungen für das Jahr 1932 heraus. Dabei konnte festgestellt werden, dass die Steueradministration Eger mindestens allen pauschalierten, aber auch vielen nicht pauschalierten Landwirten, die ein regelrechtes Einbekenntnis eingebracht hatten, die Abschläge für vielgliedrige Familien nach § 20 des Steuergesetzes nicht zuerkannt hat, trotzdem bereits seit 3 Jahren eine Unzahl von Rekursen wegen dieser Verweigerung der Steuernachlässe eingebracht wunden, nachdem das gleiche Vorgehen bereits auch in den früheren Jahren festgestellt werden muss.
Die Egerer Steueradministration missachtet also die klaren Bestimmungen des Gesetzes, ja sie geht selbst so weit, eine Einkommensteuer auch dort vorzuschreiben, wo infolge des Familienstandes das steuerfreie Minimum nach § 3 des Steuergesetzes nicht erreicht wurde. Sie scheint die Begriffe »Familienangehörige« und '»Haushaltungsmitglieder«. wie sie in den §§ 3. 5 und 20 festgelegt sind, nicht auseinanderhalten au können und stellt sich scheinbar auf den Standpunkt, dass das Pauschal für Landwirte, unbekümmert um Familiennachlässe, voll zu zahlen sei. Anders ist die hartnäckige Verweigerung dieser gesetzlichen Abschläge nicht zu erklären.
Wir betonen ausdrücklich, dass in allen Fällen, die festgestellt werden konnten, der Familienstand durch das vorgelegte Bekenntnis nachgewiesen erschien. Aber auch Ausgedinge- und Schuldzinsen wurden in manchen Fällen ohne jede Begründung nicht als Abzugsposten anerkannt. Die Anführung der einzelnen Fälle würde hier viel zu viel Raum beanspruchen und glauben die Gefertigten unterlassen zu können, weil die Angelegenheit bei der Steuerbehörde in Eger allgemein so gehandhabt wird. Tatsache ist, dass wie bereits angeführt, seit 3 Jahren eine grosse Zahl von Berufungen eingebracht wurde, die jedoch bis heute ebenfalls unerledigt geblieben sind.
Die Gefertigten fragen den Herrn Minister:
1. Ist der Herr Minister bereit, von der Steuerbehörde in Eger einen diesbezüglichen klaren Bericht abzuverlangen?
2. Ist der Herr Ministar bereit, die Steuerbehörde in Eger anzuweisen, den Landwirten des dortigen Steuerbezirkes die gesetzlichen Begünstigungen, die die Steuergesetze gewähren, zuzuerkennen?
Prag, am 7. November 1933.
Gläsel,
Dr. Mayr-Hartlng, Windirsch, Bobek, Wagner,
A. Köhler, Bohm, Fritscher, Kunz, Greif, Oehlinger,
Dr. Luschka, Dr. Hodina, Scharnagl, Haike, Dr.
Petersilka, Krampe, Zierhut, Zajièek, Platzer,
Heller, Viereck!.