Pùvodní znìní ad 2075/ X.
Interpellation
des Abgeordneten Otto Horpynka
und Genossen an den Minister des Innern, wegen Einschreitens des Oberrates Pížl, Bezirkshauptmannes von Tetschen, in Angelegenheit der Befreiung des vom Turnverein »Sokol« in Bodenbach aufgeführten Filmes »Vìzeò na Bezdìzí« von der Lustbarkeitsabgabe.
Am 12. Oktober 1932 wurde in den Elbhoftonlichtspielen in ßodenbach der Tonfilm »Vìzeò na Bezdézi« vorn Kimoausschuß des Turnvereines »Sokol« in ßodenbach in drei Vorstellungen zur Vorführung gebracht. Der Film, war wohl von der Zensurbehörde als kulturell-erzieherisch erklärt worden, doch hat das Stadtamt in Bodenbach den Vertretern des »Sokol« mitgeteilt, daß eine Befreiung von der Abgabe nicht bewilligt werden kann und dem »Sokol« es freigestellt, gegen diesen Bescheid die Berufung einzubringen. Seine abweisliche Entscheidung hat das Stadtamt Bodenbach mit der durch die Lustbarkeitsabgabevorschriften gedeckten Rechtsanschauung begründet, daß der von der Zensur als kulturell-erzieherisch erklärte Film nur dann die Befreiung von der Lustbarkeitsabgabe erlangen. kann, wenn er von den Behörden, Schulen und wissenschaftlichen oder Kunstunternehmungen aufgeführt wird, daß aber eine solche Befreiung im gegebenen Falle nicht stattzufinden hat, da der Film vom Inhaber der Kinolizenz vorgeführt wird. Der Turnverein »Sokol« brachte gegen diesen Bescheid des Stadtamtes keine Berufung ein., sondern es wandte »sich sein Mitglied Josef Tarant, wohnhaft in Bodenbach Nr. 148, an die Bezirksbehorde in Tetschen um Abhilfe. Dem zuständigen Referenten der Bezirksbehörde, Oberkommissär Brablc, wurde vom Stadtamte auf seine telefonische Anfrage der gleiche, den Vertretern des »Sokol« bekanntgegebene Standpunkt mitgeteilt, worauf er erklärte, daß er hievon Herrn Bezirkshauptmann Oberrat Pížl unterrichten werde. Der Vertreter des »Sokol«, Josef Tarant, gab dem Stadtpolizeiamte über den weiteren Verlauf der Angelegenheit bekannt, daß der Bezirkshauptmann Oberrat Pížl nach Einsichtnahme in die Zensurkarte erklärte, daß der »Sokol« auf seine Verantwortung die Eintrittskarten zur Filmvorführung ungestempelt verkaufen solle. Diese Weisung des Bezirkshauptmannes wurde befolgt, der »Sokol« gab zu den Vorführungen des gegenständlichen Filmes ungestempelte Eintrittskarten aus, hob keine Lustbarkeitsabgabe ein und führte auch keine Lustbarkeitsabgabe an das Rentamt in Bodenbach ab.
Das Vorgaben des Oberrates Pížl ist ein völlig ungesetzlicher Eingriff in die Autonomie der Ge-
meinde und widerspricht sowohl den Vorschriften über das Verfahren vor den politischen Behörden, als auch den Einhebungsvorschriften über die Lustbarkeitsabgabe, denn die Vorschreibung der Lustbarkeitsabgabe obliegt dem Gemeinidevorsteher. Gegen die Vorschreibung der Abgabe kann nach § 14 der Einhebungsvorschriften über die Lustbarkeitsabgabe die Berufung eingebracht werden. Diese Berufung ist innerhalb der 14tägigen Berufungsfrist beim Gemeindeamte einzubringen. Über diese Berufung entscheidet die Gemeindevertretung, erst gegen deren Entscheidung kann die Berufung an die Bezirksbehorde eingebracht werden. Erst in diesem Stadium steht der Bezirksbehörde (als III. Instanz) das Recht zu, über die Rechtmäßigkeit der Berufung zu entscheiden. Bei ihrer Entscheidung hat sich die Bezirksbehörde aber insbesondere an die Vorschriften der §§ 67-73 der Regierungsverordnung Slg. Nr. 8, 1928 zu halten. Es muß doch angenommen werden, daß einem Oberrat der politischen Verwaltung und dazu einem Bezirkshauptmann die angeführten gesetzlichen Bestimmungen bekannt sind, woraus folgt, daß das oben behandelte Vorgehen des Herrn Oberrates und Bezirkshauptmannes Pížl ein unverantwortlicher, die gesetzlichen Vorschriften verletzender Willkürakt ist, der die Gemeinde noch dazu finanziell schädigt, da der Entgang an Lustbarkeitsabgabe nach vorläufiger Berechnung 679 Kè beträgt.
Die Unterzeichneten fragen daher den Herrn Minister des Innern, ob er bereit ist, diesen Fall zu untersuchen und gegen die für das Vorgehen verantwortlichen Personen in strengster Weise einzuschreiten und was er zu tun gedenkt, um ein derartiges Vorgehen für die Zukunft unmöglich zu machen?
Prag, am 18. November 1932.
Horpynka,
Dr. Schollich, Matzner, Knirsch, Schubert, Geyer, Oehlinger, Krumpe, Greif, Bobek, Krebs, Simm, Ing. Kallina, Dr. Hassold, Dr. Keibl, Dr. Hanreich, Ing. Jung, Köhler, Kasper, Scharnagl, Dr. Petersilka.
Pùvodní znìní ad 2075/ XI.
Interpellation
der Abgeordneten Hadek, Štìtka, Vallo, Török und Genossen, an den Justizminister in Sachen der Verurteilung des Arbeiters Karl Biener aus B. Krumau, zu 12 Jahren schweren Kerkers durch das Geschworenengericht unter GZ Tk IV 77928 wegen Anleitung zur Brandstiftung.
Der Arbeiter Karl Biener, gebürtigt und wohnhaft in B. Krummau, verheiratet, Vater zweier
kleiner Kinder, wurde im Jahre 1928 durch das Urteil des Geschworenengerichtes in B. Budweis G. Z. Tk IV 779, 28 wegen angeblicher Anleitung zur Brandstiftung zu 5 Jahren schweren Kerkers verurteilt. Diese Strafe wurde dann vom Obersten Gericht in Brunn auf 12 Jahre schweren. Kerker erhöht. Karl Biener wurde unschuldig verurteilt.
Vor allem stellen wir fest, daß das Strafurteil, mit welchem K. Biener wegen der Anleitung zur Brandstiftung in dem Anwesen Glashütten (Skláøe) bei Krummau verurteitl wurde, gemäß der Intentionen der Justizbehörde und der Absicht der Geschworenenbank weniger eine Repression gegen die angebliche verbrecherische Handlung des Arbeiters K. Biener war, als vielmehr darauf hinzielte, die Kommunistische Partei in der ÈSR. als eine Partei zu brandmarken, welche ihre Anhänger vor keinem Mittel zurückschrecken läßt, um das von ihr gesteckte Ziel auch mit den Mitteln des individuellen Terrors zu erreichen.
Bereits die Anklageschrift vom 28. November 1928, GZ St 1901/28-18, stellt den Arbeiter K. Biener zu Unrecht in nicht mißzuvenstehender Weise den Geschworenen als den kommunistischen- Sekretär vor, welcher im Jahre 1925 und zwar am 25. oder am 26. April die direkten Anzünder Josef Hopfinger, Josef Vrážek, Adolf Král und Josef Kasbauer als Obmann der Streikleitung in der Papierfabrik in Pötschmühle bei Krummau zur Brandlegung in Glashütten (Skláøe) und Turkowitz anfeuerte, um Streikbrecher, welche aus diesen beiden Niederlassungen stammen sollten, durch Feuer von der Arbeit abzuschrecken. Festgestellt muß vor allem werden, daß der Arbeiter Biener niemals Sekretär der Kommunistischen Partei gewesen ist, insbesondere also nicht im kritischen Zeitpunkt im Frühjahr 1925. Wahr ist hingegen, daß der Arbeiter K. Biener anfangs 1927 Gewerksohaflssekretär wurde, und es bis zu seiner Verhaftung war.
Die Hintergründe der Verhaftung des K. Biener 3 Jahre nach der Brandlegung, sind in Krummau allgemein gut bekannt. Im Gerichtsakt Tk IV 779/ 28 erscheint die romantisch anmutende Erzählung, es sei bei dem ehemaligen Soz. dem., später Kommunisten und derzeit deutschen Demokraten Max Hirschel zu später Nachtstunde der Josef Hopfinger erschienen, und habe - nach 3 Jahren! von Gewissensbissen gequält, angegeben, daß K. Biener die Brandlegung befohlen hätte. Max Hirschel soll erklärt haben, er habe mit dieser Sache nichts gemein. Als besondere Stütze der Anklage bedient sich die Staatsanwaltschaft eines verbrecherischen und meineidigen Individiums, des Tischlergehilfen Johann Filaus, welcher unter Eid angibt, es habe am 25. April 1925 im Gasthaus Planský in Krummau eine geheime Sitzung des Streikausschusses unter Vorsitz des K. Biener stattgefunden, an der nur Kommunisten und Filaus selber teilgenommen hätten. Dort sei Hopfinger, Kasbauer, Král und Vrážek vom Biener aufgetragen worden, Glashütten anzuzünden, während Biener dem Filaus direkt aufgetragen habe, Turkowitz anzuzünden. Nur durch die Gewissenhaftigkeit des Untersuchungsrichters bricht der meineidige Zeuge Johann Filaus unter der Wucht der Gegenbeweise zusammen, und scheidet also im Strafverfahren
wegen falscher Zeugenaussage befindlich definitiv am 11. Dezember 1928 aus, nicht ohne für seine Henkerdienste durch das Urteil des Budweiser Strafgerichtes Tk 1080/28 mit einem Freispruch belohnt worden zu sein, in welchem zwar objektiv die falsche Zeugenaussage als erwiesen angenommen wird, dem angeklagten Filaus jedoch subjektiv zugute kommt, daß es ein Prozeß gegen Angehörige der Kommunistischen Partei war und er daher »mit der besten Absicht« Zeugeschaft abgelegt hätte.
Dieses verbrecherische Individuum, welches von der ihnen direkt unterstellten Behörde, der Staatsanwaltschaft in Budweis in der klaren Absicht geführt wurde, Stimmung gegen den Arbeiter K. Biener zu machen, mußte sich in der gegen ihn geführten Untersuchung zu dem Geständnis bequemen, es habe alle Angabe über ausdrücklichen Auftrag und Befehl des Direktors der SpiroschenFabrik Wildt gemacht, ohne daß es die Staatsanwaltschaft in Budweis für nötig befunden hätte, gegen diese so stark durch Filaus belastete Personen auch nur wegen Verdacht der versuchten Verleitung zur falschen Zeugenaussage einzuschreiten. Das Gerichteprotokoll, welches die Aussage des Direktors Wildt festhielt, ist in mysteriöser Weise aus dem Gerichtsakt verschwunden und dem Antrage auf Rekonstruktion hat das Gericht bis zum heutigen Tage aus naheliegenden Gründen nicht entsprochen. Jedenfalls konstatieren wir jedoch das enge Einvernehmen, welches zwischen der Justizbehörde einerseits und dem kleinen Herrgott der Krummauer Gegend, Papierfabrik Spiro andereseits bestand, wenn es sich darum handelte, eine Arbeiterpersönlichkeit vom. Range des K. Biener durch gemeine Denuntiationen und falsche Zeugen, die anscheinend sorgfältig vorher einstudiert wurden, zu beseitigen und auf diese verbrecherische Weise der. Einfluß einer bestimmten Partei, die die wahre Vertreterin der Arbeiterintereissen ist, im Sinne der bürgerlichen Politik zu brechen.
Dem wahren Hintergrund des Prozesses gegen den Arbeiter K. Biener trägt noch die nichtsozialistische Presse von B. Krummau dadurch Rechnung, inden sie eine rot gebundene Broschüre über den ganzen Prozeß veröffentlichte und öffentlich auf die ungeklärte Rolle des Direktor Wildt und auf die ungeklärte Rolle des hinausgeworfenen Kommunisten Hirschel Max hinweist, und theatralisch mit der Feststellung endet, daß mit dem Strafurteil der zweite Akt des Dramas, des Streiks in der Pötschmühle abgeschlossen ist, daß aber der Vorhang über dem dritten Akt sich bereits zu heben beginnt.
Wir stellen fest, daß selbst die Kassationsinstanz, das Oberste Gericht in Brunn nicht zögerte, in der Absicht, ein Exempl gegen die Kommunistische Partei zu statuieren. So erhöht das Kassationserkenntnis, vom 18. April 1929, ZG Zm I /34/29/6, dem Arbeiter K. Biener nach Verwerfung der Nichtigkeitsbeschwerde des Verteidigers und nach Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft die ursprüngliche Strafe von 5 Jahren schweren und verschärftem Kerker auf 12 Jahre - also um mehr als um Hundert und fünfzig Prozent. Dies aber ohne Angabe von Gründen. Mit diesem Ur-
teil sollte der Arbeiter K. Biener lebendig begraben, mit diesem Urteil sollte die Kommunistisehe Partei als Brandstifterin öffentlich gebrandmarkt werden. Mit diesem Urteil aber sollte augenscheinlich anderen politischen Parteien Tür und Tor in die feste Arbeiterburg Pötschmühle bei Krumunau, die an 31/2 Tausend Arbeiter normal beschäftigt, geöffnet werden.
Die ganze Prozeßkomödie, welche mit dem Arbeiter K. Biener aufgeführt wurde, geht aus der Hauptverhandlung vom 11. und 12. Dezember 1928 sonnenklar hervor. Die Sitzung des Streiksausschusses bei Planský am 25. April 1925 war deshalb gefallen, weil der »Zeuge« Johann Filaus zugeben mußte, daß er nicht anwesend war, sondern vor der Abhaltung nur durch den Direktor Wildt informiert wurde, und weil die übrigen Angeklagten ganz entschieden bestritten, bei Planský an einer Sitzung teilgenommen zu haben. Die Feststellung der Nichtexistenz einer Sitzung am 25. April 1925 bei Plamský, wird durch die vom Senatsvorsitzeaden abgeforderte Erklärung der Gendarmeriestation in B. Krummau gekrönt, laut welcher bestimmt am 25. April 1925 bei Planský keine Sitzung stattgetfunden hatte, und wo die Gendarmerie erklärte, daß sie hätte davon unbedingt wissen müssen. So blieb nur noch die Behauptung des Josef Hopfinger aufrecht, er sei am 26. April 1925 knapp vor Einbruch der Dämmerung zu Biener befohlen worden, wo dieser ihm auftrug, Leute zu sammeln und Glashütten anzuzünden. Diesen Umstand bestreitet K. Biener entschieden und weist darauf hin, er habe am 26. April 1925, einem Samstag, in den Gewerkschaftsverband nach Prag um Streiksgelder (50. 000. - Kè) fahren müssen. Wo hätte er also Zeit gehabt, bei Anbruch der Dämmerung mit Hopfinger zusammenzukommen? K. K. Biener fuhr um das Geld mit dem Arbeiter K. Záruba nach Prag.
Das Gericht hat jedoch über Antrag der Staatsanwaltschaft in B. Budweis, für welche der Justizminister persönlich verantwortlich ist, es verstanden, die Entlastungszeugen, das Ehepaar Záruba, vor der Geschworenenbank zu entwerten, indem der Senat beschloß, die beiden Záruba nicht unter Eid zu vernehmen, da sie angeblich in wenig freundschaftlichem Einverständnis zum Ehepaar Hopfinger standen und ihre Aussage halte den Haupttäter Josef Hopfinger als alleinigen Täter belasten können.
Diese Molivierung allein mußte genügen, die unter der Oberfläche pulsierenden Strömungen, welche einem Justizmord nahekommendes Urtail gegen einen Unschuldigen zu Tage förderten, der Öffentlichkeit zum Bewußsem zu bringen.
Der Täter Hopfinger, welcher aus keinem gesetzlichen Grunde protegiert werden durfte, wurde also vor den Geschworenen als der Märtyrer hingestellt, der von den schwarzen Plänen des an geblichen kommunistischen Sekretärs K. Biener eingefangen, durch dessen starken Willen vergewaltigt, das Verbrechen der Brandlegung begangen hätte.
Der Täter Josef Hopfinger, welcher erst seine Helfershelfer Kasbauer, Král und Vrážek sich selbst aussuchte, war also das Unschuldslamm, vom
Kommunismus endgiltig bekehrt, das reuig zu seinem Gott zurückkehrte und um sich einer bösen Tat unter dem Einfluß des Teufels K. Biener anzuklagen.
Diese Rückkehr ermöglicht ihm insbesondere der Nationaldemokratische Verteidiger Dr. Autengruber, sodaß auch in nationaler Hinsicht in dem national umstrittenen Boden B. Budweis der tschechische und somit staatserhaltende Charakter des Josef Hopfinger gegenüber dem deutschen Proletarier K. Biener als Trumph ausgespielt wird.
Und die Geschworenenbank ganz sicher für ein verurteilendes Erkenntnis zu gewinnen, bedurfte er nur einer geschickten Fragestellung. Der für den Arbeiter K. Biener ungünstigen Stimmung sollte eine solche Hauptfrage aufgepropft werden, welche auch den Geschworenen klip und klar darlegte, daß im Interesse der herrschenden Justiz eine Verurteilung unumgänglich nötig sei.
Es war daher nötig, die Geschworenenbank von komplizierten Fragestellungen und Problemen zu vorschonen. Man brauchte sie nur ganz allgemein fragen, ob Karl Biener schuldig sei, kurz vor Ausbruch des Brandes einen oder mehrere oder alle direkten Täter verleitet zu haben ? Man brauchte die Geschworenen nicht über den 25. April 1925 (Planský, wo alle direkten Täter laut Filaus anwesend gewesen sein sollten) oder über den 26. April 1925 (wo Biener nur den Hopfinger verleiten sollte) getrennt zu befragen. Man brauchte nur an den Rachedurst und an das Vergeltungsgefühl, die Feindschaft gegen die Kommunistische Partei und den nationalen Instinkt einer tschechischen kleinbürgerlich-agrarischen Geschworenenbank zu appelieren, um die bejahende Antwort auf die Schuldfrage gegen den Arbeiter K. Biener zu erhalten.
Die Geschworenenbank hat tatsächlich am 12. Dezember 1928 die an sich gerichtete Hauptfrage, ob K. Biener kurz vor Ausbruch des Feuers einen oder mehrere oder alle Haupttäter zu Brandlegung angestiftet habe, bejaht und hiemit die Intentionen, die die Frage einbegleiteten, voll entsprochen.
Bei der Revision des Prozesses durch einen privatbestellten Verteidiger ist es ganz klar geworren, daß das Urteil gegen K. Biener entgegen dem Gesetz eine Zusammenzählung von Geschworenenstimmen enthält, wo da® Gesetz diese Zusammenzählung ausdrücklich verbietet. Es sind Stimmen von Geschworenen zusammengezählt worden, welche sich teils aus dem 25. April (alle Täter), teils aus dem 26. April (Josef Hopfinger) bezogen, und es wurde unmöglich gemacht nachzuprüfen, was in unserem Geschworenenverfahren immer nachprüfbar bleiben muß, wieviele Geschworen« für den 25. und wieviele für den 26. April 1925 gestimmt hatten.
Denn: Es ist der ganz schreckliche Fall naheliegend, daß die Zahl der Stimmen, welche den
25. April 1925 als erwiesen ansagen, nicht sieben betrug und daher nicht zu einem verurteilenden Erkenntnis ausreichte. Das gilt jedoch für den
26. April 1925.
Aus diesem Grunde hat der Herr Justizminister es bis heute unter allen möglichen Vorwänden zu verhüten gesucht, daß der Prozeß des K. Biener
noch einmal vor dem gesetzlich zuständigen Gericht aufgerollt werde und hat sein Ministerium kein Mittel gescheut, kategorisch jeden Versuch im Interesse des unschuldig verurteilten Arbeiters K. Biener schon im Keime zu ersticken.
In erster Linie hat der Justizminister die Generalprokuratur veranlaßt, keine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes laut § 35 Strafprozeßordnung einzubringen. Dadurch hat er selbst die Behandlung einer Frage, soweit sie juristisch gutzumachen war, vom rein juristischen auf das rein politische Gebiet verschoben.
Das Justizministerium hat aber auch nicht gezögert, in der Person des Sektionsschef Dr. Lány, eines politisch exponierten Anhängers der tschechischen Soz. - demokrat. Partei, jede Unternehmung zugunsten K. Bieners zu vernichten und ist auch nicht vor der Veranlassung eines Redeverbotes des Verteidigers K. Bieners in Krummau zu Pfingsten 1932 zurückgeschreckt, unter dem Verwand, es könnte die Ruhe und Ordnung im Staate und der Respekt vor der Justizbehörde erschüttert werden.
Alle von ums erwähnten rechtlich relevanten Tatsachen sind von dem zur objektiven Überprüfung bestellten parteilosen Präger Advokaten Dr. Franz Littna einwandfrei festgestellt worden. Wir fragen den Herrn Justizminister:
Welche Schritte gedenkt er zu unternehmen, damit das Schreckensurteil gegen Karl Biener aufgehoben, seine Unschuld gerichtlich festgestellt und er sofort in Freiheit gesetzt wird?
Prag, am 15. November 1932.
Hadek, Štìtka, Vallo, Török,
Gottwald, Kubaè, Novotný, Zápotocký, Hrubý,
Kliment, K. Procházka, Tyll, Babel, Kopecký,
Hodinová, Èižinská, RUSS, Kuhn, Steiner, Dvoøák,
Dr. Stern.
Pùvodní znìní ad 2075 XIII.
Interpellation
des Abgeordneten Ing. Othmar Kallina
und Genossen an den Minister des Innern, in Angelegenheit der Beschlagnahme der periodischen in Karlsbad erscheinenden Druckschrift »Sudetendeutscher Volksdienst vom 27. Juli 1932.
Staatspräsident T. G. Masaryk hat bekanntlich das Wort geprägt: »Demokratie ist Diskussion. Es ist unglaublich, aber wahr, daß in der sich demokratisch nennenden Èechoslovakischen Republik die Zensurorgane alles tun, um nicht nur eine Diskussion über unhaltbare, sich im Staate auswirkende Verhältnisse, zu unterdrücken, sondern, wie wir dies besonders in der letzten Zeit erleben,
sogar die Besprechung von in der ganzen Welt angeprangerten Terrorzuständen in anderen Staaten unmöglich machen. Diese besondere Fürsorge wird vor allem völkischen periodischen Druckschriften gewidmet, da man wahrscheinlich fürchtet, daß die Bewohner dieses Staates durch Erörterung der in anderen Staaten herrschenden unhaltbaren Verhältnisse angeregt werden könnten, diese mit den hier herrschenden Unterdrückungsmethoden zu vergleichen. Im Verfassungsoktroi heißt es zwar, daß alle Macht vom Volke komme und daß die Èechoslovakische Republik ein demokratischer Staat sei, doch beweisen die hier herrschenden Zensurverhältnisse das Gegenteil. In dem vielgelästerten alten österreichischen Polizeistaat konnte, ungehindert von der Zensur, in Besprechung der Zustände in anderen Ländern viel gesagt werden, was hier, in der demokratischen Republik, dem Rotstifte des Zensors verfällt.
Zum Beweise diene die Wiedergabe des zum Teile beschlagnahmten Aufsatzes »Volksrecht bricht Staatsrecht«, in welchem nach wahrheitsgemäßer Schilderung der Zustände in Südslawien zum Schluß gesagt wird: »Schon hat die Regierung vom König den Auftrag erhalten, diesen Forderungen der Opposition weitgehendst entgegenzukommen. Der Erfolg steht aus, da die Oppositionsführung eine der gestellten Bedingungen ablehnt, nämlich Nichtaufrollung der Frage nach den für die bisherige Diktatur Verantwortlichen. Der König glaubt dies seinen Generälen schuldig zu sein, und sich schützend vor sie stellen zu müssen. Wer mit den Verhältnissen aber richtig vertraut ist, weiß, daß er dieses Verlangen wahrscheinlich mit seinem Throne wird bezahlen müssen. « Dieser letzte Satz verfiel dem Rotstifte des Zensors.
In dem Erkenntnise des Kreis - als Pressegerichtes, Eger wird die Beschlagnahme mit der Behauptung begründet, daß in diesem konfiszierten Satze »öffentlich eine unrichtige Nachricht verbreitet wird, welche für richtig zu halten nicht genügend Gründe vorhanden sind und daß damit die Sicherheit des Staates geschädigt wird. «
Diese merkwürdige Begründung verdient für alle Zeiten festgehalten zu werden. Das Gericht, das sich hier das Recht anmaßt, die historische Entwicklung in den Balkanlandern vorausbestimmen zu wollen, hat gewiß nur als willfähriges Werkzeug politischer Winke von oben gehandelt. Denn zuerst wird erklärt, daß es sich um die Verbreitung einer unrichtigen Nachricht handelt und im Nachsatz wird hievon abweichend festgestellt, daß nicht genügend Gründe vorhanden seien, diese Mitteilung für richtig zu hallen. Noch unverständlicher aber ist die weitergehende Behauptung, daß durch die angestellte historische Betrachtung: Wer mit den Verhältnissen in Sudslawien richtig vertraut ist, weiß, daß der König dieses Verlangen wahrscheinlich mit seinem Throne wird bezahlen müssen die Sicherheit des tschechoslowakischen Staates gefährdet werden sollte. Es muß doch jedem denkenden Menschen gestattet sein, sich über Möglichkeiten der Entwicklung der politischen Kämpfe in Südslawien ein Bild zu machen. Es ist aber auch eine geschichtliche Tatsache, daß schön mancher in der Reihe der serbischen Könige seine
Regierungsmaßnahmen nicht nur mit dem Throne, sondern sogar mit dem Leben bezahlen mußte. In dem beschlagnahmten Satze wird nicht einmal eine Behauptung aufgestellt, sondern ausdrücklich ei klärt, daß der König, wenn er sich weiterhin schützend vor seine Diktaturgeneräle stelle und die Forderungen der überwiegenden Mehrheit des Volkes ablehne, ein solches Verhalten wahrscheinlich mit seinem Throne werde bezahlen müssen. Die Unterzeichneten fragen daher an, ob der Herr Minister bereit ist,
1. dafür zu sorgen, daß solche vollkommen unbegründete Konfiskationen unterbleiben, da auch bei übelwollendster Auslegung der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen eine historische Betrachtung der Verhältnisse eines anderen Staates unmöglich als Begründung der Beschlagnahme erklärt werden kann,
2. die Karlsbader Zensurorgane anzuweisen, solche Beschlagnahmungen schon deshalb zu unterlassen, weil solche und ähnliche Betrachtungen über die südslawischen Verhältnisse in allen Zeitungen der Welt zu leisen sind und daher die Gefahr besteht, daß die tschechoslowakischen Zensurstellen sich durch das entgegengesetzte Verhalten dem Fluche der Lächerlichkeit preisgeben.
Prag, am 17. September 1932.
Ing. Kallina,
Dr. Schollich, Dr. Hassold, Schubert, Köhler,
Kasper, Simm, Geyer, Matzner, Dr. Hanreich,
DT. Keibl, Horpynka, Ing. Jung, Knirsch, Krebs,
Oehlinger, Scharnagl, Zajíèek, Kunz, Fritscher,
Bobek, Greif, Krampe, Dr. Petersilka,
Dr. Luschka.
Pùvodní znìní ad 2075 XIV.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Ernst Schollich
und Genossen
an den Justizminister,
betreuend die Beschlagnahme des
»Deutschnationalen Taschenzeitweisers
1933. «
Es gehört zu den Gepflogenheiten der Staatsanwaltschaft in Neu-Titschein, dem Inhalte des von mir jährlich herausgegebenen »Deutschnationalen, Taschenzeihweisers eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Wie kleinlich bei dieser Fürsorglichkeit die Auffassung der Staatsanwaltschaft ist, beweisen am besten die aus dem Jahrgang 1933 beschlagnahmten Stellen.. Es verfielen der Beschlagnahme:
Aus dem »Berichte über die Parlamentesession 1931/32« Seite 105 der Satz:
«daß mit brutaler Gewalt dem Sudetendeutschlum der tschechoslowakische Patriotismus eingebläut werden soll-...,
weiters auf Seite 118, 123 und 129 die Bezeichnung des Organisaticnsgaues »Sudetenland«-, dann auf Seite 163 der Abschnitt
»6. Sudetendeutscher Heimatbund, Sitz Wien. Bundeskanzlei und Sudetendeutsches Arbeitsamt: Wien VIII., Fuhrmannsgasse 18 a, Fernruf A-26-266. Verwaltungsgebiet Wien: Verwaltungsstelle und Geschäftsstelle für den Kreis Deutschöeterreich: Wien VIII., Fuhrmannsgasse 18 a, Fernruf A-262-66. Verwaltungsgebiet Berlin: Verwaltungsstelle und Geschäftsstelle für den Kreis Berlin-Brandenburg: Berlin SW 61, Großbeerenstraße 79 II, Fernsprecher Bergmann 7171; Geschäftstelle für den Kreis Mitteldeutschland: Halle a. S., Wörmlitzerstraße 102; Geschäftsstelle für den Kreis Rheinland-Westfalen: Bielefeld, Oberntorwall 3 B. Verwaltungsgebiet Dresden: Verwaltungsstelle und Geschäftsstelle für den Kreis Sachsen: DresdenA. 1, Zinzendorfstraße 49/II; Geschäftsstelle für den Kreis Bayern: Passau, Obernzellerstr. 7II; Geschäftsstelle für den Kreis Schlesien: Liegnitz, Sophienstr. 32. «
Und schließlich auf Seite 181 der Abschnitt »Sudetenlandlied«:
1. Es zieht der Schütze froh und frei, mit ihm die ganze Jagerei, und kommt der Feind ins Land herein, und soll's der Teufel selber sein, es ruhen unsere Stutzen nicht, bis daß das Auge bricht. La, la, lalala.
2. Und ist das Schwarze noch so klein, ein jeder Schuß der muß hinein. Und kommt der Feind ins Land herein usw.
3. Es lebe das Sudetenland, mit ihm das ganze deutsche Land. Und kommt der Feind ins Land herein usw. «
Das Kreis- als Pressegericht in Neu-Titschein hat mit Erkenntnis vom 26. August 1932 diese Beschlagnahme vollinhaltlich bestätigt und gefunden, daß die Veröffentlichung dieser Stellen den Tatbestand des Verbrechens nach § 14 und 17 des Gesetzes zum Schütze der Republik bildet, weil hoffentlich die Republik in verhetzender Weise derart geschmäht wird, daß es ihre Würde herabsetzen kann, gegen den Staat wegen seiner Entstehung, gegen seine Selbständigkeit und verfassungsmäßige Einheitlichkeit aufgewigelt und die Tätigkeit einer geheimen Organisation unterstützt wird, deren Zweck es ist, die Selbständigkeit und verfassungsmäßige Einheitlichkeit der Èechoslovakischen Republik zu untergraben. «
Diese Begründung ist gewiß höchst bemerkenswert. Vergebens wird ein mit gesunden und normalem Verstand begabter Mensch versuchen, aus dem Inhalte der beschlagnahmten Stellen alles das herauszufinden, was hier das Pressegericht als staatsgefährlich beezichnet hat. Die Behauptung, daß dem Sudeiendeutschtum der tschechoslowakische Patriotismus gewaltsam, oft mit brutalen Mitteln beigebracht werden soll, kann an der Hand von Beispielen seit der Zwangseinverleibung der sudetendeutschen Gebiete in den tschechoslowakischen Staat tausendfach bewiesen werden. Diese Tatsache ist auch allen Sudetendeutschen bewußt. Die Beschlagnahme der Feststellung dieser