Pùvodní znìní ad 1029/IV.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. E. Schollich und Genossen
an den Vorsitzenden der Regierung, wegen des unerhörten Mißbrauches des Schutzgesetzes durch behördliche Stellen.
Die Zeitungen wußten dieser Tage zu berichten, daß der Olmützer Kaufmann Rudolf Kulmburg, ein früherer Fliegeroffizier, vom Mähr.-Ostrauer Kreisgerichte aus der Haft entlassen worden sei, nachdem er wegen Spionageverdachtes einige Wochen im Gefängnis zugebracht hatte. Die Verhaftung dieses in der Olmützer Gesellschaft angesehenen Kaufmannes hat seinerzeit begreiflicherweise sehr viel Staub aufgewirbelt, war doch die Veranlassung zu dieser Verhaftung keineswegs so schwer belastend und beweiskräftig, um eine so tief eingreifende Maßnahme zu rechtfertigen. Das Herrn Kulmburg zur Last gelegte Verbrechen bestand bekanntlich nur darin, für das Mährische Tagblatt in Olmütz anläßlich der Fliegermannöver Ende Juli v. J. die Berichterstattung übernommen zu haben, wozu das Blatt, wie auch alle übrigen Blätter vom Olmützer Divisionskommando ganz besonders eingeladen worden war. Dabei war der Militärverwaltung gerade bei diesen Fliegermannövern eine möglichst ausführliche Berichterstattung durchaus erwünscht, da sie besonders Wert darauf legte, die Bevölkerung über diese Mannöver und über das Verhalten bei Fliegerangriffen möglichst eingehend aufzuklären. Das war ja auch die Veranlassung gewesen, daß das Mährische Tagblatt einen erprobten Fachmann einen gewesenen Fliegeroffizier als Berichterstatter entsendet hatte. Es wird interessant sein zu erfahren, auf welche Verdachtsmomente sich die Aufsehen erregende Verhaftung dieses achtbaren Bürgers stützte um feststellen zu können, ob nicht der durchaus ungerechtfertigte heftige Angriff eines tschechischen Hetzblattes in Mähr. Ostrau gegen Herrn Kulmburg, dessen Vergangenheit als Adeliger und Fliegeroffizier dem Blatte genügend Material zu bieten schien, um ihn der Spionage verdächtigen zu dürfen, die unmittelbare Veranlassung war.
Nicht viel besser ging es dem reichsdeutschen Staatsangehörigen Roman Billik aus Ratibor, der ebenfalls am 21. Oktober 1930 wegen Spionageverdacht verhaftet und dem Kreisgerichte in Troppau eingeliefert worden war. Bis zur Feststellung der Tatsache, daß diese Verhaftung ein Fehlgrift und daß der Spionageverdacht vollkommen unbegründet war dauerte es immerhin nahezu 4 Monate, welche Billik ungerechtfertigt im Gefängnis zubringen mußte.
In beiden Fällen handelt es sich um tief schmerzliche menschliche Tragödien, um schwere Eingriffe in das bürgerliche und gesellschaftliche Leben und Dasein zweier Menschen, um die bedrohliche Gefährdung nicht bloß der Ehre sondern auch der ganzen Existenz der Betroffenen Es kann wohl einem Menschen überhaupt nichts Schlimmeres widerfahren, als wenn er der Freiheit beraubt wird. In England ist die persönliche Freiheit durch die magna carta schon seit dem Mittelalter in weitestgehendem Maße gewährleistet. Auch in Deutschland ist sie geschützt im tschechoslowakischen Freiheitsstaate dagegen ist der Mensch wie man sieht, durchaus schutzlos. Allerdings handelt es sich in der Regel nur um Deutsche oder allenfalls noch um Ungarn oder sonstige minderwertige Volkszugehörige. Es wäre eine stattliche Reihe wenn man seit Bestand des Staates die Namen aller unschuldig wegen Spionage Verhafteten, die Wochen- und Monate lang im Gefängnis unschuldig festgehalten wurden, aufzählen wollte. Wenn im alten österreichischen Obrigkeitsstaat einem Tschechen oder Polen etwas Derartiges widerfahren wäre, daß er nämlich auf einen vagen Verdacht hin verhaftet. Wochen und Monate lang eingesperrt und dann lang und klanglos wieder in die Freiheit gesetzt worden wäre, als ob gar nichts geschehen wäre, so hätte sich ohne Zweifel ein ungeheuerer Lärm im österreichischen Parlamente erhoben, der womöglich die ganze Regierung hinweggefegt hätte und die Deutschen hätten selbstverständlich aus natürlichem Gerechtigkeitsgefühl Beistand geleistet. Heute aber im demokratischen Zeitalter bleiben solche schwere Eingriffe die im schreiendsten Widerspruch zu den Grundsätzen der Demokratie, der Gleichberechtigung aller Bürger stehen, die zugleich eine schwere Verletzung aller menschlicher. Würde bedeuten, ungeahndet und unbeachtet. Wahrlich nichts kann besser den Schwindel, der mit dem Worte Demokratie allenhalben, besonders aber in der Tschechoslowakei getrieben wird, veranschaulichen!
Die Gefertigten fragen daher den Vorsitzenden der Regierung:
1.) Welche Vorkehrungen gedenkt die Regierung zu treffen um diesem unerhörten Mißbrauch des Schutzgesetzes durch behördliche Stellen einen Riegel vorzuschieben?
2.) Ist die Regierung bereit namentlich dafür Sorge zu tragen daß Verhaftungen nicht bloß bei Spionageverdacht sondern überhaupt nur dann vorgenommen werden dürfen, wenn ausreichendes Belastungsmaterial vorhanden ist oder Fluchtgefahr vorliegt?
3.) Gedenkt die Regierung mit ehetunlichster Beschleunigung die Durchführungsverordnung zu dem Gesetze, das die Entschädigungspflicht des Staates für unschuldig erlittene Untersuchungshaft bestimmt endlich herauszugeben?
Prag. am 20. Feber 1931.
Dr Schollich,
Horpynka, Krebs, Kasper, Oehlinger, Greif, Kunz, Scharnagl, Bobek, Schubert, Simm, Ing. Jung, Matzner, Dr Hanreich, Dr. Keibl, Ing. Kallina, Dr. Hassold, Knirsch, Köhler, Geyer, Krumpe, Dr. Petersilka.
Pùvodní znìní ad 1029/V.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Ernst Schollich
und Genossen an den Minister des Innern, betreffend das Verbot des Vortrages des Generals Lettow-Vorbeck.
Der deutsche Ortsbildungsausschuß in Neu-Titschein hatte den reichsdeutschen General Lettow-Vorbeck für einen Vortrag am 27. 2. 1931 gewonnen und beim staatl. Polizeikommissariat um die Bewilligung zur Abhaltung angesucht. Auf dieses Ansuchen erfolgte von diesem Amte folgender Bescheid der mit allen sprachlichen und grammatikalischen Fehlern wiedergegeben wird:
Mit der Zuschrift vom 19. II. 1931, Zahl 156 haben Sie in Vertretung des Deutschen Ortsbildungsausschußes in Neu-Titschein beim hiesigen Polizeikommissariate um die Bewilligung zur Veranstaltung eines öffentlichen Vortrages des reichsdeutschen Generalmajors a. D. Paul von Lettow-Vorbeck am 27 II. 1931 um 20 Uhr in dem großen Saale des Deutschen Vereinshauses in Neu-Titschein mit dem Programme: Kämpfe in Deutsch-Ostafrika gegen die südafrikanischen Buren, angesucht.
Diesem Gesuche wird nicht stattgegeben und die Veranstaltung des Vortrages wird aus Gründen der Erhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung und aus Gründen der Erhaltung des Gesetzes nicht bewilligt, da es hier auf keine Weise gerantiert wird, daß der Votrag tendenziös zur Propagation der großdeutschen Ideen, zur Herabsetzung der militärischen Verdienste der allierten Mächte im Weltkriege und indirekt zur Propagation staatsfeindlicher Ziele nicht mißbraucht wird.
Gegen diesen Bescheid kann die Berufung binnen 15 Tagen von dem Tage nach der Zustellung an gerechnet im Wege des Polizeikommissariates in Neu-Titschein an die Landesbehörde in Brünn überreicht werden.
Der Leter des Polizeikommissariates:
Hromádka v. r.
Zunächst zur sprachlichen Ausfertigung dieses Bescheides: Abgesehen von den grammatikalischen Fehlern ist der Bescheid in einem schauderhaften Deutsch abgefasst, was beweist. daß das betreffende Organ, das die Übersetzung besorgte, die deutsche Sprache nur sehr mangelhaft beherrscht. Denn was heißt es z. B., wenn gesagt wird, daß der Vortrag aus Gründen der Erhaltung des Gesetzes nicht bewilligt werden kann? Wenn man weiß, daß beim hiesigen Polizeikommissariate fast gar keine deutschen Beamten und Angestellten sind, daß die Mehrzahl der tschechischen Angestellten die deutsche Sprache nur höchst mangelhaft oder gar nicht beherrscht, dann ist ein solcher Erlaß wie der vorliegende nicht verwunderlich. Im alten Österreich allerdings wäre so et was unmöglich gewesen, die Tschechen hätten sich auch eine solche Mißhandlung ihrer Sprache nicht gefallen laßen.
Zum Gegenstande selbst ist zu bemerken:
Da Lettow-Vorbeck bereits in vielen sudetendeutschen Städten Vorträge gehalten hat, ist mit Sicherheit anzunehmen daß er dazu eine ministerielle Erlaubnis besitzt es muß sich daher im Falle Neu-Titschein um eine untergeordnete und irrtümliche Entscheidung des Neutitscheiner Polizeikommissariates handeln. Um so eigentümlicher muß es anmuten, daß sich gerade das Polizeikommissariat Neu-Titschein zum Hüter der alliierten Waffenehre - es kommt nur die der Engländer in Frage - aufwirft, denn bekanntlich haben gerade die Engländer im Vorjahr General von Lettow-Vorbeck, ihren einstigen Gegner dem sie jederzeit die größte Achtung als einem einzigen Charakter und Heerführer zollten, nach England eingeladen und dort in einer Art gefeiert, wie sich dessen kein Heerführer der Amerikaner, Franzosen, Italiener oder Tschechen rühmen kann. Wie übrigens das Polizeikommissariat vom früheren Votrage Lettow-Vorbecks in Neu-Titschein weiß, liegt es nicht in der Charakterart des Votragenden, seine Gegner herabzusetzen im Gegenteil war es stets und zu allen Zeiten deutsche Art, den mannhaften Gegner zu achten. - Was die Propagation groß deutscher Ideen und staatsfeindlicher Ziele betrifft, so möchten wir nur auf die schlichte Art verwesen in der Lettow-Vorbeck dem objektivsten Historiker gleich, die geschichtlichen und strategischen Tatsachen der ostafrikanischen Kämpfe in seinem letzten Vortrage in Neu-Titschein geschildert hat daraus die oben erwähnten Verbotsgründe herzuleiten, ist hinfällig. In jedem Deutschen musste die übermenschliche Leistung der Truppen Lettow-Vorbecks Bewunderung auslösen, nicht anders, wie das bei den Engländern und bei jedem objektiv urteilenden Menschen der Fall ist. Hingegen bedeutet das Vortragsverbot des Polizeikommissariates in Neu-Titschein eine Beleidigung und Kränkung der innersten und heiligsten Gefühle jedes Deutschen und es würde uns natürlicher scheinen, wenn die Behörde sich zum Schützer dieser Gefühle aufwerfen würde als zum Schützer der englischen Waffenehre. Oder darf man 3 1/2 Mill. Staatsbürger, die durch ihre Steuergelder ausschlaggebend zur Erhaltung des Staates beitragen, wirklich bei jeder Gelegenheit vor den Kopf stossen? Seit Jahrzehnten huldigen die Tschechen einer individualistisch-egoistischen Geschichtsauslegung, es wäre im Interesse des Staates und zum Wohle aller seiner Völker, wenn sie endlich eine objektive Geschichtsbetrachtung anstreben würden, eine Geschichtsbetrachtung, wie sie für uns Deutsche immer selbstverständlich war.
Auf Grund dieses Tatbestandes fragen die Gefertigten den Herrn Innenminister:
1. Besteht ein vom Innenministerium angeordnetes Redeverbot für reichsdeutsche Redner im Allgemeinen oder für General Lettow-Vorbeck im Besonderen?
2. Wenn nicht, wie begründet das Polizeikommissariat Neu-Titschein das mit vorliegendem Bescheid ausgesprochene Verbot?
3. Sind Sie gewillt, dieses Verbot sofort aufzuheben und dem Polizeikommissariat in Neu-Titschein zu bedeuten, daß es in Hinkunft solche Verfügungen welche geeignet sind, die in der Tschechoslowake angeblich herrschende demokratische Freiheit im In- und Auslande in Mißkredit zu bringen und als lächerliche Farce erscheinen zu lassen, unterläßt?
4. Sind Sie schließlich bereit zu verfügen, daß alle Ihnen unterstehenden Behörden und Stellen ihre Erlässe und Bescheide in einem sprachlich richtige Deutsch herausgeben?
Prag, am 25. Feber 1931.
Dr. Schollich,
Dr. Keibl, Dr. Hassold, Horpynka, Dr. Hanreich, Knirsch, Ing. Kallina, Ing. Jung, Krebs, Oehlinger, Greif, Bobek, Scharnagl, Schubert, Köhler, Geyer, Simm, Kasper, Krumpe, Dr. Petersilka, Kunz, Matzner.
Pùvodní znìní ad 1029/VI.
Interpellation
der Abgeordneten Leo Schubert, Ing. R.
Jung und Genossen an den Minister für öffentliches Gesundheitswesen
in Angelegenheit der Ausschreibung der Distriktsarztstelle in Mähr. Rotmühl.
In der Folge 4 vom 25. Feber 1931 der Ärztlichen Nachrichten sind nebst anderen folgende 2 bezeichnenden Anzeigen enthalten. Die erste lautet:
Ausschreibung der Stelle des Staatsdistriktsarztes in Stubenbach mit dem Anfangsgehalte der 1. Gehaltstype und Reisepauschal von 2210 Kè jährlich. Außerdem wird die Bezirks-Kranken-Versicherungs-Anstalt in Schüttenhofen demselben für die ärtzliche Behandlung ihrer Mitglieder einen Betrag von 15.000 Kè jährlich auszahlen. Der Distriktsbereich Stubenbach zählt im Ganzen 3571 Bewohner, größtenteils deutscher Nationalität.
Bezirksbehörde in Schüttenhofen
Dr. Balcar m. p. Bezirksarzt.
Die zweite lautet:
Ausschreibung auf die Stelle eines staatlichen Distriktarzt in Mähr. Rothmühl, Bez. M. Trübau, mit dem Anfangsgehalte der III. Gehaltstype und dem zugehörigen Fahrpauschale. Der Sanitätsdistrikt hat 5807 Einwohner überwiegend tschechischer Nationalität.
Der Bezirkshauptmann.
Die erstere Ausschreibung der politischen Bezirksbehörde im politischen Bezirke Schüttenhofen mit zum Großteil tschechischer Bevölkerung ist volkommen korrekt.
Die zweite Ausschreibung der Stelle in Mähr. Rothmühl betreffend ist bewußt irreführend und lügenhaft. Sie betrifft die rein deutsche Gemeinde M. Rothmühl und einen Sanitätsdistrikt, der keine 5% tschechische Bevölkerung zählt, geschweige denn überwiegend tschechisch ist. Diese die deutschen Bewerber bewußt irrig informierende Ausschreibung ist nicht einmal wie alle anderen Ausschreibungen persönlich gezeichnet, so daß der Verdacht einer Unterschiebung entstehen muß.
Die Gefertigten stellen daher an den Herrn Gesundheitsminister folgende Anfragen:
1. Ist er bereit die sofortige Zurückziehung der ungesetzlichen, weil mit falschen Tatsachen operierenden Ausschreibung zu veranlassen?
2. Ist er bereit zu erheben warum die Ausschreibung nicht vom Bezirkshauptmann namentlich gezeichnet wurde und ob dieselbe mit dessen Wissen kundgemacht wurde?
3. Ist er bereit den schuldtragenden Beamten festzustellen und denselben zur Verantwortung zuziehen?
Prag, am 5. März 1931.
Schubert, Ing. Jung,
Knirsch, Krebs, Geyer, Köhler, Simm, Kasper, Horpynka, Dr. Hassold, Dr. Schollich, Szentiványi, Nitsch, Fedor, Dr. Holota, Dr. Törköly, Dr. Hanreich, Ing. Kallina, Dr. Szüllö, Dobránsky, Matzner, Dr. Keibl, Dr. Jabloniczky.
Pùvodní znìní ad 1029/VII.
Interpellation
des Abgeordneten Rudolf Kasper und Genossen
an den Minister für soziale Fürsorge in Angelegenheit der endlichen Ausschreibung der Wahlen in die Krankenversicherungsanstalten.
Seit mehr als 15 Jahren wartet die Mitgliedschaft der Krankenversicherungsanstalten auf die Ausschreibung ordentlicher Wahlen in diese sozialen Anstalten, ohne daß den diesbezüglichen berechtigten und oftmals wiederholten Wünschen und Forderungen der Versicherten bisher Rechnung getragen worden wäre. Alle bisherigen Krankenversicherungsgesetze wiesen stets auch umfangreiche Bestimmungen über die Durchführung von Wahlen auf, ohne daß dieselben jemals in Anwendung gekommen wären. Darüber hinaus wurden von zuständiger Stelle des öfteren Zusagen und Versprechungen aller Art gegeben, die jedoch bisher nie eingelöst worden sind. Es ist ganz klar, daß solche Zustände das Vertrauen der Mitgliedschaft in diese sozialen Anstalten stark erschüttern müssen. Im Laufe der letzten. Jahre wurde mit Rücksicht auf die herrschenden Verhältnise in den Krankenversicherungsanstalten das Verlangen nach Ausschreibung der Wahlen laut. Ganz besonders nach Inkraftsetzung des Gesetzes 221/1924 Dieses Gesetz trat mit 1. Juli 1926 in Kraft und wurde inzwischen noveliert, ohne aber gleichzeitig damit auch die Durchführung der Wahlen vorzunehmen. Im Gegenteil benützte man die im § 131 des Gesetzes 184 1928 enthaltenen Ausnahmebestimmungen dazu, um anstatt der Wahlen Ernennungen durchzuführen. Die hiebei gehandhabte Ernennungspraxis spottete jeder Beschreibung, denn durch sie wurden große Teile der Mitgliedschaft, so vor allem die im Gewerkschaftsverband deutscher Arbeiter organisierten Arbeiter, von der Mitverwaltung und Mitbestimmung in den Krankenversicherungsanstalten ausgeschlossen, andere dagegen bevorzugt und selbst verschwindende in ganz ungerechtfertigter Stärke in die Verwaltung dieser sozialen Anstalten berufen. Aus der versprochenen Entpolitisierung der Verwaltung der Krankenversicherungsanstalten wurde eine noch grössere Politisierung derselben, was keineswegs förderlich für die so dringend notwendige Reorganisation dieser sozialen Versicherungsanstalten war. Mehr denn je erfordert der gegenwärtige schwere Stand der Krankenversicherungsanstalten eine von allen politischen Einflüssen freie, lediglich dem Wohle der Anstalten und den Interessen der Mitglieder dienende Verwaltung. Nicht zuletzt ist es auch notwendig, das unter der Mitgliedschaft gesunkene Vertrauen zu den Krankenversicherungsanstalten wieder zu heben, was nur geschehen kann, wenn die ungerechten Ernennungen aus der Welt geschafft und die Leitung und Verwaltung der Krankenversicherungsanstalten freigewählten Vertretern übertragen wird. Mit Bedauern muß festgestellt werden, daß auch in der gegenwärtigen Regierungsperiode außer der Herausgabe der Regierungsverordnung vom 27 Feber 1930, S. d. G. u. V. Nr. 24 nichts geschehen ist, das geeignet wäre die Hoffnung auf baldige Wahlen in die Krankenversicherungsanstalten zu bestärken. Es hat vielmehr den Anschein als ob diese Wahlen wiederum auf unabsehbare Zeit hinausgeschoben werden sollten. Es darf der Arbeiterschaft keineswegs verargt werden, wenn sie in diesen Geschehnissen einen Mangel an dem notwendigen Willen sieht, ihre seit Jahren bestehende gerechte Forderung zu erfüllen. Durch die neuerliche Verschiebung der Wahlen in die Krankenversicherungsanstalten kommt geradezu eine merkliche Abneigung gegen die Übergabe der Verwaltung in diesen sozialen Versicherungsanstalten an freigewählte Vertreter zum Ausdruck. Mit Rücksicht darauf, daß Vertrauen der Arbeiterschaft in die Sozialversicherungsanstalten gefestigt werden muß, aber auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß sich in den Sozialversicherungsanstalten ein gegen die Mitgliedschaft und gegen die Versicherten wirkendes System herausgebildet hat. erscheint es dringend notwendig die längst fälligen Wahlen raschestens durchzuführen.
Die Gefertigen gestatten sich daher an den Herrn Minister für soziale Fürsorge nachstehend angeführte Fragen zu richten:
1. Ist der Herr Minister dazu bereit, die notwendigen Anweisungen zu geben, daß die Wahlen in die Krankenversicherungsanstalten in den nächsten zwei Monaten durchgeführt werden?
2. Ist der Herr Minister dazu bereit in der nächsten Sitzung des Abgeordnetenhauses bekanntzugeben, wann die Durchführung der Wahlen in die Sozialversicherlungsanstalten vorgenommen werden wird?
Prag, am 5. März 1931.
Kasper,
Horpynka, Dr. Keibl, Dr. Schollich, Schubert, Krebs, Knirsch, Matzner, Ing. Kallina, Geyer, Köhler, Krebs, Ing. Jung, Simm, Dr. Hanreich, Dr. Hassold, Szentiványi, Nitsch, Dr. Holota, Dr. Törköly, Dr. Szüllö, Dr. Jabloniczky, Fedor, Hokky, Dobránsky.
Pùvodní znìní ad 1029/VIII.
Interpellation
des Abgeordneten Leo Schubert und Genossen an den Finanzminister in Angelegenheit einer Ausstellung des Ausweises über die Verschuldung der Gemeinden.
Das Finanzministerium hat laut Mitteilung des statistschen Staatsamtes eine Erhebung der Gemeindefinanzen für das Jahr 1929 angeordnet. Das Staatsamt ist selbst der Ansicht, daß die Erhebung völlig unzureichend ist und ihren Zweck nicht erfüllen kann, weil sie mit Rücksicht auf die sehr stark eingeschränkten finanziellen Mittel auf das geringst möglichst mögliche Maß eingeschränkt werden mußte.
Der Herr Finanzminister hat auch die letzte Gemeindefinanznovelle Nr. 169/1930 als ein Provisorium bezeichnet, er hat eine Entschuldungsaktion der Gemeinden angekündigt und er hat eine definitive Regelung der Finanzwirtschaft der territorialen Selbstverwaltungsverbände als Ziel hingestellt, das erreicht werden kann durch Abgrenzung des Aufgabenkreises, durch Abgabenteilung noch definitiven Lösung der Frage des Mieterschutzes und der Lehrergehalte.
Eine entgiltige Regelung wird immer dringender, denn die letzte Novelle drängt die Gemeinden geradezu in erhöhte Schuldenknechtschaft um die Ansprüche an die unzureichend dotierten Landesfonde herabzuschrauben.
Als wichtigste Voraussetzung jeder definitiven Regelung erachten wir eine zu Vergleichzwecken brauchbare Erhebung über Aktiva und Passiva aller Gemeinden, über die zur Erfüllung aller kommunalen Aufgaben notwendigen und zur Verfügung stehenden Mitteln. Gerade die Daten des Jahres 1930 würden sich hiezu besonders eignen, da dieses Jahr Dezenium beendet und mit 1931 die Wirksamkeit des neuen Gemeindefinanzgesetzes beginnt.
Gegenseitige Vergleichbarkeit ist aber nur dann zu erzielen, wenn Richtlinien nicht nur für die Inventarsrechnung herausgegeben werden, sondern genaue Weisungen über die Erfassung und Bewertung des Gemeindevermögens aller Art.
Wir fragen deshalb an, ob im Einvernehmen mit dem beteiligten Innenministerium der Herr Finanzminister bereit ist:
1. Richtlinien für Erfassung und Bewertung des Gemeindevermögens heraus zu geben?
2. Eine zu Vergleichsdaten brauchbare Erhebung über Aktiva, Passiva, Ausgaben und Einnahmen der Gemeinden für das Jahr 1930 durch das statistische Staatsamt anzuordnen?
Prag, am 5. März 1931.
Schubert,
Köhler, Krebs, Geyer, Knirsch, Kasper, Simm, Ing. Jung, Dr. Hassold, Horpynka, Szentiványi, Nitsch, Dr. Holota, Dr. Törköly, Dr. Keibl, Matzner, Dr. Szüllö, Dobránsky, Dr. Schollich, Ing. Kallina, Fedor, Dr. Hanreich.
Pùvodní znìní ad 1029/IX.
Interpellation
des Abgeordneten Josef Geyer
und Genossen an den Minister für Post- und Telegraphenwesen
in Angelegenheit der Dienstunfähigkeit des Postrevidenten Otokar Vrkoè beim Postamt Karlsbad I.
Wie durch Zeugen und unbefangene Einvernahme des gesamten Personals beim Postamte I in Karlsbad nachgewiesen werden kann, hat der bei diesem Postamte zugeteilte Postrevident Otokar Vrkoè im abgelaufenen Jahre 1930 nahezu keinen Dienst geleistet. Für diese Untätigkeit bezog er nichtsdestoweniger 26.976.- Kronen Jahresgehalt und 1365 Kronen Weihnachtszulage, zusammen also 28.341 Kronen. Die 70% Weihnachtszulage sind laut Gesetz an eine mindest 10 monatliche vorausgegangene wirkliche Dienstleistung gebunden, was letzteres bei Herrn Vrkoè nicht zutrifft, da die vielen Nebenberufe diesem Herrn für den Postdienst überhaupt keine Zeit übrig lassen. Zur Erhärtung dieser Tatsache sei angeführt, daß genannter folgende Nebenberufe als Hauptberuf ausübt, die ihn durch die Manigfaltigkeit und Vielfältigkeit der Betätigung vollends in Anspruch nehmen. Herr Otokar Vrkoè ist
1. Verwalter des Postlerkurhauses in Karlsbad Belle Alliance
2 Direktor der Karlografia.
3. Direktor der Tiskové a nakladatelské družstvo v Karl. Varech.
4. Vorstand der Odbor Národní Jednota Severoèeské.
5. Vorstand der Ústøední organisace pošt. úøed. dopravního pro republiku Èeskoslovenskou.
6. Hat er auch eine Buchhalter- oder Kassierstelle in der Záložna inne.
7. Verfasser eines tschechischen Kochbuches über diätetische Küche, als dessen Herausgeberin seine Frau genannt ist.
Als er vor Weihnachten seinen Dienst am Postamte antreten sollte, nahm er sich seinen pragmatikalischen 4wöchentlichen Urlaub. Nach Ablauf dieses Urlaubes, also derzeit kommt er täglich nach seinem freien Belieben auf eine Viertelstunde oder noch weniger ins Amt, um dann seinen übrigen wichtigeren Arbeiten nachzugehen. Im Feber oder März des Vorjahres oder wie in den meisten Vorjahren, wenn die Kursaison begann, kam er überhaupt nicht mehr ins Amt, weil seine Tätigkeit als Verwalter des Postlerkurhauses ihn in erster Linie in Anspruch nimmt. Es ist daher nicht zuviel behauptet, wenn man annimmt, daß Vrkoè seine staatlichen Bezüge ohne Leistung des vorgeschriebenen Dienstes also widerrechtlich und als Geschenk bezieht, während die übrige Beamtenschaft ohne Entgelt die von Vrkoè zu leistende Arbeit unter offenkundiger Überlastung stillschweigend undinnerlich murrend verrichten muß. Diese Sonderstellung des Herrn Vrkoè, die schon jahrelang besteht, scheint von den vorgesetzten Stellen toleriert zu werden, da die Bemühungen des Hern Vrkoè für ein klagloses Funktionieren des Kurhauses Belle Alliance von manchen dort absteigenden höheren Herren der Postverwaltung höher gewertet werden, zumindest denselben Beifall finden dürften, als die Bestrebungen des Herrn Vrkoè als Seele der Tschechisierungsbestrebungen mit den Resten des deutschen Elementes nicht nur bei der Post, sondern auch bei allen übrigen staatlichen Ämtern aufzuräumen. Die Postämter in Aich, Maierrhöfen, Fischern, Zettlitz, Ottowitz, Weheditz, Dallwitz, Drahowitz, Pirkenhammer, Altrohlau, Donitz, Engelhaus, Sollmus, Buchau sind nur mit tschechischen Vorständen besetzt. In Karlsbad ist der Vorstand und seine Stellvertreter gleichfalls Tschechen. Als besondere Auszeichnung des Wirkens muß der Umstand gewertet werden, daß Vrkoè zu Beginn jeder Saison angeblich mit Zustimmung des Ministeriums oder der Postdirektion auf die Dauer der Saison beurlaubt werde. Die Duldung solcher Zustände entspricht weder dem Charakter der Postverwaltung als kommerziellem Unternehmen, sondern muß auf die übrige Beamtenschaft, die ja zum überwiegend großen Teil aus Tschechen besteht, deprimierend und demoralisierend wirken. Auch liegt in dieser Duldung ein soziales Unrecht gegen Anwärter, die gerne vollwertig den durch die Dienstvorschriften vorgeschriebenen Dienst versehen müßten, während die derzeitige Beamtenschaft ohne Entgelt und Anerkennung für den abwesenden Vrkoè substituiert und ihm die Kommulierung einer Anzahl von Nebenämtern als eigentlichen Hauptberuf ermöglicht. Die Duldung solcher Ausnahmszustände ist gegenüber der sonstigen Rigorosität, mit welcher man allen Rentenempfängern, Kriegsinvaliden etc. begegnet direkt aufreizend und steht im hohnvollen Widerspruch zur letzten Regierungserklärung, in welcher von der Mitarbeit der Beamten im gegenteiligen Sinne wie in diesem Falle die Möglichkeit der Lösung die schweren Probleme der Krisenzeit erwartet wird. Die Gefertigten fragen daher den Herrn Minister:
1. Ist er bereit, die tatsächlichen Dienstleistungen des Herrn Revidenten Vrkoè zumindest im letzten abgelaufenen Jahre überprüfen zu lassen und ihn zur Dienstleistung in vollem Umfang gleich den übrigen diensttuenden Beamten zu verhalten?
2. Ist der Herr Minister bereit, eine zeitweise Beurlaubung zum Zwecke der Freistellung des Herrn Vrkoè als Verwalter des Kurheimes Belle Alliance und seiner anderen Nebenberufe als mit der Dienstpragmatik im Widerspruch stehend, in Hinkunft zu verhindern?
3. Ist der Herr Minister bereit, den von Herrn Vrkoè zu Unrecht bezogenen Gehalt diesem zum Ersatz vorzuschreiben und Anlaß zu nehmen, daß die Verwalterstelle im Kurheim Belle Alliance anderweitig, event. von einem Pensionisten versehen werde?
Prag, am 5 März 1931.
Geyer,
Ing. Jung, Köhler, Dr. Hanreich, Dr Keibl, Schubert, Krebs, Knirsch, Horpynka, Matzner, Ing. Kallina, Dr. Schollich, Simm, Kasper, Dr. Hassold, Szentiványi, Nitsch, Dr. Törköly, Dr. Holota, Dobránsky, Hokky, Dr Szüllö.
Pùvodní znìní ad 1029/X.
Interpellation
des Abgeordneten Leo Schubert
und Genossen an den Minister für Landwirtschaft in Angelegenheit der durch das Verbot des Beeren-, Pilze- und Holzsammelns schwer betroffenen armen Bevölkerung.
Der Hauptausschuß der deutschen land- und forstwirtschaftlichen Zentral-Verbandes für Böhmen hat in seiner Sitzung vom 18. Dezember folgende Entschließung einstimmig angenommen:
Maßnahmen der letzten Zeit seitens der Verwaltung der Staatsforste haben die Öffentlichkeit unliebsam betroffen, umsomehr, wenn sie nun vorher in Privatbesitz gewesenen jetzt vom Staate übernommenen Wäldern strenge zur Durchführung gelangen, es sind dies die überaus zahlreichen Wegverbote, die hohen Gebühren für das bisher frei gewesene Einsammeln von Beeren, Pilzen und von Klaubholz, welch letzten Anordnungen gerade die ärmsten Bevölkerungsschichten treffen, der so althergebrachte Zugeständnisse genommen wurden.
Ganz abgesehen davon, daß die durch Jahrzehnte gewährte Duldung oder Bewilligung zur Wegbenützung und Einsammeln von Pilzen, Beeren und Klaubholz in vielen Fällen durch Verjährung zu einem erworbenen Recht geworden ist, sollte der Fiskus auf die ärmsten Schichten der Bevölkerung doch zumindest soviel Rücksicht nehmen, als die früheren Besitzer da die Enteignung ihrer Besitze als eine soziale Tat gewertet werden will. Dies um so mehr, als der Ertrag der Maßnahmen kein nenneswerter sein kann, denn eine rentable Forstverwaltung wird damit nicht zu sichern sein.
Die Gefertigten stellen daher an den Herrn Minister für Landwirtschaft die Anfrage:
Ist er gewillt, der heutigen Wirtschaftsnot Rechnung zu tragen und eine Aufhebung oder wenigstens Milderung der allzustrengen und von der betroffenen armen Bevölkerung als schikanös empfundenen Maßnahme anzuordnen?
Prag, am 5 März 1931.
Schubert,
Ing. Jung, Dr. Keibl, Dr. Schollich. Horpynka, Knirsch, Krebs, Geyer, Kasper, Köhler, Simm, Dr Hanreich, Dr. Hassold, Ing. Kallina, Matzner, Szentiványi, Nitsch, Dr. Holota, Dr Törköly, Dobránsky, Dr. Szüllö, Fedor.
Pùvodní znìní ad 1029/XI.
Interpellation
des Abgeordneten Ing. Othmar Kallina
und Genossen an den Minister für öffentliche Arbeiten in Angelegenheit der Aufnahme der von Oberlohma ausgehenden und durch die Gemeinde Voitersreuth bis zur Reichsgrenze bei Schönberg im Vogtlande führenden Staatsstraße m das Straßenbauprogramm des Jahres 1931.
Die Straße Oberlohma bis zur Reichsgrenze bei Schönberg im Vogtland befindet sich in einem beispiellos schlechtem Zustande und erscheint die Rekonstruktion dieser Straße sowohl im Interesse der dortigen Bevölkerung als auch des Fremdenverkehrs gelegen. Die Straße mündet unmittelbar in das Straßennetz des Bäderdreieckes: Franzensbad, Karlsbad, Marienbad, und zählt zu einer der wichtigsten Straßenstrecken, die dem Kraftwagenverkehr zwischen Sachsen und dem genannten Bäderdreieck vermitteln.
In den an der Straße liegenden Gemeinden herrscht außerdem eine große Arbeitslosigkeit und wäre es möglich, durch den Ausbau dieser Straße, also im Wege der Schaffung produktiver Arbeitslosenfürsorge gleichzeitig auch der notleidenden Bevölkerung zu Hilfe zu kommen.
Die Unterzeichneten fragen daher an, ob der Herr Minister bereit ist, unter besonderer Berücksichtigung der Notwendigkeit der Förderung d es Fremdenverkehrs und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit diesen Straßenbau noch in das Bauprogramm für das Jahr 1931 aufzunehmen.
Prag, am 9. März 1931.
Ing. Kallina,
Dr. Schollich, Horpynka, Greif, Ing. Jung, Geyer, Dr. Törköly, Dr. Holota, Krumpe, Dr. Hassold, Matzner, Dr. Mayr-Harting, Knirsch, Krebs, Schubert, Köhler, Dr. Keibl, Dr. Hanreich, Kasper, Simm, Szentiványi, Nitsch.