Pùvodní znìní ad 138/XIII.
Interpellation
der Abgeordneten Hans Krebs, Rudolf Kasper und Genossen
an den Minister für soziale Fürsorge
betreffend die Novellierung des Arbeiterunfallgesetzes und die baldige Ausschreibung der Neuwahlen in die Unfallversicherungsanstalt.
In den letzten Jahren sind die Arbeiterunfallversicherungsanstalten zu außerordentlich großen Versicherungskörpern angewachsen.
Während im Jahre 1890 nur 19.478 versicherte Industriebetriebe mit 299.908 Vollarbeitern bestanden, ist die Zahl im Jahre 1927 auf 59.725 Betrebe mit 956.567 Vollarbeitern allein bei der Arbeiterunfallversicherungsanstalt für Böhmen angewachsen. Ähnlich verhält sich das Wachstum der Arbeiterunfallversicherungsanstalten in anderen Landgebieten.
Die Zahl der Unfälle ist nicht nur absolut, sondern auch im Verhältnis in den letzten Jahren außerordentlich gestiegen und zwar nicht nur die Unfälle, die zu einer teilweisen oder zu einer vollständigen Invalidität der Arbeiter führten, sondern auch jene, die einen tödlichen Ausgang nahmen. Während die Zahl der Arbeiter von 1920 bis 1927 sich nur um ein Drittel vermehrte, hat sich die Zahl der Unfälle beinahe verdoppelt, d. h. sie stieg von 8.809 im Jahre 1920 auf 17.427 im Jahre 1927.
Leider sind die Renten die die unfallversicherten Arbeiter, im Falle eines Unfalles oder ihre Hinterbliebenen, im Falle des Todes, erhalten, außerordentlich gering. Sowohl die Einreihung der Betriebe in die sogenannte Gefahrenklasse als auch innerhalb dieser in die Gefahrenhundertsätze, ist längst änderungsbedürftig. Vor dem Kriege wurde die Einreihung der Betriebe gesetzmäßig alle 5 Jahre durch Neuordnung geregelt. Seit dem Jahre 1914 ist an der Einreihung nichts mehr geändert worden obzwar in der Zwischenzeit eine Reihe großer Veränderungen in der Industrie vor sich gegangen ist. Es wäre daher höchste Zeit, endlich ein Neueinreihungsschema der Betriebe herauszugeben und gleichzeitig eine Verbesserung der Bezüge für Unfallsrentler durchzuführen.
Von größter Wichtigkeit aber halten es de Interpellanten, daß möglichst bald die Verwaltung der Unfallsversicherungsanstalt wieder in die Hände der gewählten Vertrauensmänner der Arbeiter gelegt werde.
Aus diesen Gründen richten wir an den Herrn Minister für soziale Fürsorge folgende Antragen:
1. Ist der Herr Minister bereit, dem Abgeordnetenhause eine Gesetzesvorlage, betreffend die Erstellung eines Neueinreihungsschemas der unfallsversicherungspflichtigen Betriebe und die Verbesserung der Renten der unfallsversicherungsberechtigten Personen, vorzulegen?
2. Ist der Herr Minister bereit, zu verfügen, daß die Wahlen in die Verwaltung der Unfallsversicherungsanstalt in kürzester Frist endlich durchgeführt werden?
Prag, den 16. Jänner 1930.
Krebs, Kasper,
Zajíèek, Knirsch, Ing. Jung, Geyer, Dr. Luschka, Dr. Hanreich, Ing. Kallina, Simm, Dr. Schollich, Dr. Keibl, Matzner, Fritscher, Köhler, Horpynka, Schubert, Bobek, Kunz, Dr. Hassold, Krumpe.
Pùvodní znìní ad 138/XIV.
Interpellation
der Abgeordneten Hans Krebs, Ing. Rudolf Jung und Genossen
an den Minister für soziale Fürsorge
betreffend den Heilfond.
In den Kreisen der Staatsangestellten herrscht über die unmögliche Handhabung des Heilfondsgesetzes seitens der Leitung des Heilfonds in Prag berechtigte Beschwerde. Zu den verschiedenen Mißhelligkeiten hat sich in den letzten Wochen eine neue gesellt. Ende Dezember haben die Apotheker des nordwestböhmischen Industriegebietes beschlossen daß se Rezepte die zu Lasten des Heilfonds von den Ärzten ausgestellt werden, nur noch gegen Barzahlung ausführen und sie nicht mehr mit dem Heilfond in Prag verrechnen werden. Der Grund zu dieser Maßnahme liegt darin, daß der Heilfond n der ganzen Republik einseitige Verfügungen trifft, wonach Apotheker gewisse Medikamente, auch wenn diese vom Arzt in der Erkenntnis, daß sie zur Heilung des Patienten nötig sind, verordnet wurden auf Kosten des Heilfonds nicht ausgefolgt werden dürfen. Diese Maßnahme bezieht sich hauptsächlich auf verschiedene ausländische Erzeugnisse und die Leitung des Heilfondes verlangt, daß anstatt dieser minderwertige inländische und vielfach unverläßliche Erzeugnisse ausgegeben werden. So sehr man die Wahrung der Interessen der inländischen Medikamentenerzeugung vom Standpunkt des Heilfonds billigen kann, so sehr muß dagegen protestiert werden, daß die Leidenden die ein Recht darauf besitzen, vom Heilfond verläßliche Erzeugnisse zugestellt zu erhalten sich mit minderwertigen Präparaten zufriedengeben sollen. Den Erkrankten ist natürlich mit solchen Präparaten nicht gedient und viele der Bedauernswerten, die ihre sehr namhaften Beiträge in den Heilfond einzahlen müssen, sind gezwungen sich ihre Heilmittel auf eigene Kosten zu kaufen und so ihre Beiträge in den Heilfond ohne Gegenleistung zu leisten. Wenn ein Apotheker trotz der Vorschriften des Heilfonds auf Anordnung des Arztes einem Kranken ein erfolgversprechendes Medikament ausfolgt das auf dem Index des Heilfonds steht, dann wurde ihm das vom Heilfond nicht anerkannt und auch nicht bezahlt. Aus diesen Gründen haben die Apotheker des Teplitzer Gaues die Kreditierung der Medikamentenkosten für den Heilfond abgelehnt und sie können auch zur Ausfolgung derselben nach den vorliegenden oberstgerichlichen Entscheidungen nicht zur Kreditgewährung gezwungen werden.
Die Leitung des Heilfonds hat nun anstatt, daß sie schleunigst Ordnung in diesen Verhältnissen machen möchte und damit die Interessen der versicherten Kranken wahren würde, die ja ziemlich bedeutende Beiträge leisten müssen, nichts anderes unternommen, als daß sie in der Öffentlichkeit Stimmung gegen die Apothekenbesitzer macht. Mit diesem Mittel wird die Leitung des Heilfonds weder die Apotheker schädigen, noch den Kranken Hilfe leisten können. Nicht mit der Boykott-Drohung gegen die Apotheker wird diese Streitfrage aus der Welt geschaffen, sondern nur durch rasche Vereinbarungen. Im Interesse der im Heilfond versicherten Beamten richte ich daher an den Herrn Minister die Anfrage:
1. Sind dem Herrn Minister die Streitfälle zwischen den Apothekern und dem Heilfond bekannt?
2. Was gedenkt der Herr Minister zu unternehmen, daß die m Heilfond versicherten Beamten möglichst rasch wieder zu einer geordneten Medikamentenausfolgung gelangen?
Prag, den 16. Jänner 1930.
Krebs, Ing. Jung,
Ing. Kallina, Horpynka, Dr. Luschka, Knirsch, Matzner, Dr. Hanreich, Dr. Keibl, Geyer, Simm, Köhler, Dr. Schollich, Schubert, Kasper, Bobek, Dr. Hassold, Krumpe, Greif, Dr. Petersilka, Kunz, Fritscher, Oehlinger.
Pùvodní znìní ad 138/XV.
Interpellation
des Abgeordneten Hans Knirsch und Genossen
an die Gesamtregierung
betreffend die Geschäftsführung bei den staatlichen Ämtern und Behörden.
Durch die Tagespresse geht eine Notiz, die besagt, daß die Parlamentarer der deutschen Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft mit Ansuchen um Interventionen derart überschwemmt werden daß die parlamentarische Kanzlei dieser Abgeordneten nicht mehr in der Lage ist, allen Ansuchen Rechnung zu tragen.
Diese Verlautbarung ist ein historisches Dokument für die Beurteilung des heutigen Betriebes in der Staatsverwaltung und der heutigen Stellung des Paramentariers im öffentlichen Leben. Die Behandlung zahlloser Akten, von deren rascher Erledigung oft die Existenz ganzer Familien abhängt, ist eine so umständliche und langwierige, daß den Betroffenen in ihrer Hilfslosigkeit und viel auch Verzweiflung nur der Weg zum Parlamentarier erübrigt, der ihnen die letzte Zuflucht in allen Nöten erscheint. Denn wie den Parlamentariern der genannten Vereinigung, ergeht es ja auch allen anderen Parlamentariern. Dem Interpellanten sind Fälle bekannt, in denen Eingaben von Staatsbürgern Jahre lang der Erledigung harren Es gibt wohl kein Gebiet der Staatsverwaltung und keine Angelegenheit des öffentlichen Lebens, auf dem sich im Amtsverkehr zwischen Staatsbürger und Behörde der Parlamentarier einzuschieben gezwungen ist. Diese Verhältnisse bringen de Beamtenschaft um die Objektivität und Selbstsicherheit, dem Parlamentarier machen sie es unmöglich seiner eigentlichen Aufgabe zu oblegen und führen schließlich zur Korrumpierung des ganzen öffentlichen Lebens. Es gehört doch zu einer der vornehmsten Aufgaben der Regierung, für eine rasche und Vertrauen erweckende Amtsführung zu sorgen Der Staatsbürger, dem der Staat die größten materiellen Opfer auferlegt und von dem er gegebenenfalls auch den Einsatz seines Lebens verlangt, hat doch zumindest ein Recht darauf vom Staate nicht schlechter behandelt zu werden als vom erstbestem Geschäftsmanne.
Die Gefertigten stellen daher an die Gesamtregierung die Anfrage:
1. Sind der Gesamtregierung diese Zustände bekannt?
2. Worin liegen die Ursachen dieser Zustände? 3.
Was gedenkt die Regierung zu tun um diese Zustände zu beseitigen?
Prag, am 16. Jänner 1930.
Knirsch,
Horpynka, Dr. Schollich, Krebs, Dr. Luschka, Bobek, Krumpe, Greif, Kunz, Dr. Petersilka, Fritscher, Oehlinger, Geyer, Kasper, Ing. Kallina, Ing. Jung, Köhler, Simm, Schubert, Dr. Hassold, Matzner, Dr. Keibl, Dr. Hanreich.
Pùvodní znìní ad 138/XVI.
Interpellation
der Abgeordneten Leo Schubert, Hans Knirsch und Genossen
an den Finanzminister
betreffend unhaltbare Gebührenvorschreibungen.
Schon wiederholt wurde von Privaten und Gemeinden Beschwerde darüber geführt, daß unhaltbare Gebührenvorschreibungen im Instanzenzuge der Finanzbehörden aufrechterhalten und erst über Verwaltungsgerichtbeschwerden zurückgenommen werden. Die staatliche Steuerbehörden lassen es eben darauf ankommen, ob die Parteien die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben oder nicht. Wird de Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben dann nimmt man die unhaltbare Gebührenvorschreibung zurück unterläßt die Partei de Erhebung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde so wird die gesetzwidrig auferlegte Gebühr eingetrieben. Heute liegt uns ein neuer Fall dieser Art vor. Der Stadtgemeinde Komotau wurde für den Ankauf des Hauses No. 60 in Komotau eine Gebühr von 2.455 Kè vorgeschrieben obwohl der Hauskauf zu Straßen-regulierungszwecken erfolgte und die Gemeinde um Zuerkennung der Gebührenfreihet ansuchte. Die Gebührenbehörden aller Instanzen verweigerten die Zuerkennung der Gebührenfreiheit, sodaß die Gemeinde Komotau genötigt war, die Beschwerde an das Oberste Verwaltungsgericht zu erheben. Kaum war dies geschehen. wurde die Gemeinde klaglos gestellt, indem ihrem Ansuchen um Zuerkennung der Gebührenfreiheit Folge gegeben wurde.
Die Unterfertigten richten daher an den Herrn Minister für Finanzen die Anfrage:
1. Sind dem Herrn Minister die oben geschilderten Zustände bekannt?
2. Ist er gesonnen dem unverantwortlichen Vorgehen der Gebührenbehörden Einhalt zu tun?
Prag, den 16. Jänner 1930.
Schubert, Knirsch,
Ing. Kallina, Horpynka, Dr. Luschka, Bobek, Dr. Petersilka, Fritscher, Scharnagl, Krumpe, Dr. Hassold, Ing. Jung, Geyer, Dr. Schollich, Simm, Kasper, Krebs, Dr. Keibl, Dr. Hanreich, Kunz, Köhler, Greif, Oehlinger, Matzner.
Pùvodní znìní ad 138/XVII.
Interpellation
des Abgeordneten Hans Krebs und Genossen
an den Minister für Post- und Telegraphenwesen
betreffend die übermäßige Erhöhung der Manipulationsgebühren und der Gebühren für Scheckeinzahlungen.
Das Postscheckamt hat mit Geschäftszahl 1754-P 29 am 20. Dezember 1929 an seine Kontennhaber ein Rundschreiben herausgegeben, das unter anderem folgende Bestimmungen enthält.
Laut Regierungsverordnung vom 18. Dezember 1929 Nr. 176 Slg. d. G. u. V. über die Erhöhung einzelner Gebühren im Scheckverkehre des Postscheckamtes werden mit Gültigkeit vom 1. Jänner 1930 die im § 15. Abs. 1 a), d), f) und g) der Bestimmungen für den Scheckverkehr angeführten Gebühren erhöht und zwar:
1. Die Manipulationsgebühr für jede auf dem Scheckkonto vorgenommene Gutschritt oder Lastschrift wird von 10 h auf 25 h erhöht.
2. Die Gebühr für jede durch ein Postamt auf ein Scheckkonto mittels Einzahlungsscheines überwiesene Postanweisung wird von 5 h auf 15 h erhöht.
3. D e Gebühr für jede Scheckzahlungsanwesung mit vorgeschriebener Zustellung zu eigenen Handeln wird von 5 h auf 15 h erhöht.
4. Die Gebühr für jede Scheckzahlungsanwesung welche gegen Bestätigung der Witwenschaft, Armut des Lebens der Minderjährigen und Pflegebefohlenen u. dgl. zuzustellen ist, wird von 10 h auf 25 Heller erhöht.
Die Gebühren für die einzelnen Manipulationen des Scheckamtes werden durch diese Regelungsverordnung um 150 bis 300% erhöht. Das ist eine Belastung der gesamten Inhaber von Postscheckkonten, die beispiellos dasteht. Wir richten daher an den Herrn Minister für Post- und Telegraphenwesen die Anfrage:
1 Womit kann er die unerhört hohe Erhöhung der Manipulationsgebühren und der Gebühren für Ein- und Auszahlungen rechtfertigen?
2. Ist der Herr Minister bereit, diesen neuen Gebührentarif einer Revision zu unterziehen und ihn entsprechend herabzusetzen?
Prag, den 16. Jänner 1930.
Krebs,
Geyer, Ing. Jung, Dr. Luschka, Ing. Kallina, Schubert, Dr. Schollich, Köhler, Knirsch, Kasper, Simm, Dr. Keibl, Horpynka, Krumpe, Oehlinger, Fritscher, Dr. Petersilka, Kunz, Greif, Dr. Hanreich, Bobek, Matzner, Dr. Hassold.
Pùvodní znìní ad 138/XVIII.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Ernst Schollich und Genossen
an den Justizminister
betreffend das unglaubliche Vorgehen der Staatsanwaltschaft in Znaim gegen den Herausgeber des Znaimer Tagblattes.
Der Brünner Tagesbote berichtet in sener Folge 597 vom 28. Dezember 1929:
Ein Triumph moderner Rechtspflege.
Welche Blüten das neue Preßgesetz treibt zeigt folgender Zwischenfall: Am 27. September wurde in Znaim am späten Nachmittag das 8jährige Söhnchen des Buchdruckereibesitzers und Herausgebers des Znaimer Tagblattes Hans Bornemann auf dem Heimwege aus der Schule von einem Autobus überfahren und sofort getötet. Das Entsetzen über den schrecklichen Unfall, der sich sofort in der ganzen Stadt herumsprach, war allgemein ganz besonders aber im Hause und im Betriebe des betroffenen Buchdruckereibesitzers. In der Aufregung, die auch das Personal ergriffen hatte, wurde es nun übersehen, von einer im Druck befindlichen Zeitung es werden in der Druckerei 5 Tageszeitungen gedruckt, der Staatsanwaltschaft ein sogenanntes Pflichtexemplar zu der im Gesetz vorgeschriebenen Zeit (um 18 Uhr) vorzulegen. Die beiden folgenden Tage waren keine Arbeitstage, so kam es, daß das Pflichtexemplar erst am Montag den 30. September der Staatsanwaltschaft überreicht werden konnte. Diese belanglose Sache - belanglos insofern als es sich bei dem Versäumnis um eine Wochenausgabe einer anderen Zeitung handelte, in welcher stets schon zensurierte Nachrichten enthalten waren - fand einen Ankläger, welcher den verantwortlichen Buchdruckereibesitzer in den Anklagezustand versetzte. Da dem Richter das Gesetz keine Möglichkeit gab, den Akt in den Ofen zu werfen, kam es, daß heute am Heiligen Abend, der Angeklagte verurteilt wurde. - Ein Fall der in seiner Kraßheit vielleicht dazu beitragen könnte, daß das Preßgesetz durch einen Passus wegen höherer Gewalt ergänzt wird.
Auf Grund dieses Tatbestandes fragen die Gefertigten den Herrn Justizminister, ob er bereit ist, die Staatsanwaltschaft in Znaim darüber zu belehren, daß das Preßgesetz im humanen Sinne zu handhaben ist und daß ihr Vorgehen in vorliegendem Falle unmenschlich und unverantwortlich war, weiters zu veranlassen, daß solche Vorfälle für die Zukunft, wenn reicht anders durch eine Änderung des Pressegesetzes unmöglich werden?
Prag, den 16. Jänner 1930.
Dr. Schollich,
Dr. Törköly, Szentiványi, Dr. Szüllö, Dr. Hanreich, Ing. Jung, Nitsch, Fedor, Dobránsky, Dr. Jabloniczky, Hokky, Matzner, Knirsch, Krebs, Geyer, Ing. Kallina, Dr. Holota, Horpynka, Kasper, Simm, Schubert, Köhler.
Pùvodní znìní ad 138/XIX.
Interpellation
des Abgeordneten Hans Krebs und Genossen
an den Minister des Innern
betreffend den Wahlschwindel bei den Gemeindewahlen in Iglau.
Am Sonntag den 1. Dezember 1929 fanden in Iglau de Wahlen in die Gemeindevertretung statt. Während die tschechischen Parteien bei der Parlamentswahl. die am 27. Oktober 1929 stattgefunden hatte, 8370 Stimmen aufbrachten, konnten sie bei den Gemeindewahlen, die am 1. Dezember 1929 folgten, also wenige Wochen nachher abgehalten wurden, 10.411 Stimmen auf sich vereinigen. Die gesamte Zahl der abgegebenen Stimmen betrug bei der Parlamentswahl 16.974, während sie bei den Gemeindewahlen 18.730, also um 1.756 Stimmen mehr betrug. Schon diese Tatsache allen zeigt, daß bei den Gemeindewahlen irgendetwas nicht in Ordnung war, denn es ist allgemein üblich, daß besonders in den größeren Städten die Beteiligung bei der Parlamentswahl eine größere als die bei den Gemeindewahlen ist.
Wer am Tage der Wahl in Iglau war, dem mußte unwillkürlich auffallen, daß ein außerordentlich großer Teil der Bevölkerung aus den selbst in weiter Entfernung liegenden tschechischen Dörfern in Iglau anwesend war und in einer Reihe tschechischer Gastwirtschaften verpflegt, mit Wahldokumenten versehen und in Autos zum Wahllokal befördert wurden. - Da die tschechischen Parteien 11 verschiedene Kandidatenlisten eingebracht hatten, befanden sie sich bei der Zusammensetzung der Wahlkommission gegenüber den deutschen Kandidatenlisten in der Mehrheit. Diese Tatsache wurde bei den verschiedenen Anständen in den einzelnen Wahllokalen dazu ausgenützt, um die Wahlproteste einfach niederzustimmen. Der kolossale Stimmenzuwachs von nahezu 2.000 Stimmen bei den tschechischen Parteien, der sich zum Unterschied zwischen der Parlamentswahl vom 27. Oktober und den Gemeindewahlen vom 1. Dezember 1929 ergab, ist nur dadurch zu erklären, daß in den amtlichen Wahllisten Personen eingetragen waren und das Wahlrecht in Iglau als Gemeindewähler ausübten, die außerhalb der Stadt Iglau ihren dauernden Wohnsitz haben und aus diesem Grunde bei der Parlamentswahl ihr Wahlrecht nur im Orte ihres dauernden Aufenthaltes ausgeübt haben. Bei den Gemeindewahlen, die am 1. Dezember in Iglau stattfanden, war diesen unberechtigt in die Wahlliste eingetragenen Personen die Möglichkeit gegeben, nach Iglau zu kommen und hier zu wählen. Nach dem Gesetz sind alle Personen, die in die amtlichen Wählerverzeichnisse eingetragen sind, verpflichtet, an den Wahlen teilzunehmen und sind im Falle der Nichtbeteiligung an der Wahl zur Verantwortung zu ziehen. Obgleich bei der Parlamentswahl mehr als 2.000 Personen nach den amtlichen Wahllisten, wenn diese Stimmen würden. nicht gewählt haben, ist gegen diese Personen das Strafverfahren nicht eingeleitet worden. Die Einleitung des Strafverfahrens und seine Durchführung, müßte den Beweis erbringen daß diese Personen nicht zur Verantwortung gezogen werden können, weil sie eben zu Unrecht in die amtlichen Wählerverzeichnisse eingetragen worden sind und es würde gleichzeitig bestätigt, daß diese Personen, oder zumindest andere Personen für sie trotzdem bei den Gemeindewahlen Stimmen abgegeben haben.
Nach § 3 der Gemeindewahlordnung ist über den Verlauf der Wahl ein Wahlprotokoll, in welches alle Beschlüsse der Wahlkommission mit kurzer Begründung eingetragen sind, zu führen. In sämtlichen Kommissionen wurde mit Majorität beschlossen, daß tschechische Kommissionsmitglieder die Protokolle der von den deutschen Mitgliedern der Wahlkommission gestellten Anträge verweigert werden. Die dagegen erhobenen Proteste wurden auf Grund ebensolcher Abstimmungen nicht protokolliert. Durch diese Mehrheitsbeschlüsse der in der Mehrheit tschechischen Wahlkommissionen wurde das Gesetz verletzt. Nur auf diese Weise ist es zu erklären, daß nur ein Bruchteil bewiesener Wahlschwindeleien festgestellt werden konnten und die überwiegende Mehrzahl infolge der Ablehnung der Anträge der Kommissionsmitglieder durch die tschechischen Mehrheiten, der Behörde nicht zur Kenntnis gebracht werden kann. Es muß ferner hervorgehoben werden, daß die tschechischen Kommissionsmitglieder es abgelehnt haben, erwiesene Wahlschwindler zu identifizieren, daß Personen, die nicht einmal ihren Geburtsort oder ihre Wohnungsadresse angeben konnten, aufgrund der Majoritätsbeschlüsse der tschechischen Kommissionsmitglieder zur Wahl zugelassen wurden und die Protokollierung solcher Fälle von den tschechischen Kommissionsmitgliedern abgelehnt wurde. Die Polizeiorgane, deren Aufgabe es ist, jede strafbare Handlung - und eine solche ist jeder Wahlschwindel - von amtswegen festzustellen, erklärten, ohne Auftrag des Vorsitzenden der Wahlkommission nichts unternehmen zu dürfen. Die Vorsitzenden der Wahlkommissionen aber lehnten es ab, den Polizisten entsprechende Aufträge zu Feststellung der Identität erwiesener Wahlschwindler zu erteilen. Es ist festgestellt worden, daß eine große Anzahl deutscher Wähler ihr Wahlrecht nicht ausüben konnte, weil bereits vor ihnen mittels falscher Legitimationen auf ihren Namen gewählt worden war.
Ich bemerke ferner, daß die deutschen Parteien an de politische Landesbehörde in Brünn einen Rekurs gegen diese Wahlen überreicht haben. in dessen Beilage auch ein Informationszettel ist, der einem nicht n Iglau wohnhaften Wähler abgenommen wurde, und aus welchem ersichtlich ist. daß die Wahlschwindeleien auf Grund einer gut durchgeführten Organisation betrieben wurden, die so weit gingen, daß den falschen Wählern die Daten jener Personen, für welche sie wählen sollten, besonders aufgezeichnet worden sind.
Ich gestatte mir dem Herrn Minister des Innern im Nachfolgenden einige Einzelfälle anzuführen, die beweisen, in welcher Art die Wahlschwindeleien vorgenommen worden sind.
Als Domis Marie wählte eine unbekannte Frau, angeblich wohnhaft Graben 43. In diesem Hause wohnt keine Person dieses Namens. - Josef Schindler wählte auf Wahllegitimation Nr. 767 in der Kommission II und in der Kommission III. Obgleich er weder Tag noch Jahr seiner Geburt angeben konnte, wurde er auf Beschluß der tschechischen Majorität in der Kommission II zur Wahl zugelassen. Die Protokollierung über Einspruch und Beschluß der Kommission hierüber wurde verweigert. - Auf Nr. 123 wählte Cyril Wala aus Gross Beranau, der unter Protest zur Wahl zugelassen wurde. Für de Wähler in der Landessiechenanstalt kam der Diener dieser Anstalt wählen und wurde trotz Protestes als Wahlbevollmächtigter der Siechen zur Wahl für diese zugelassen. Der Antrag auf Protokollierung wurde abgelehnt. - Rudolf Sommer, Fleischhauer aus Kamenitz, hatte eine amtliche Legitimation auf Èermak Ladislav, Altenbergerstraße und versuchte mit dieser m Wahllokale II zu wählen. Die Polizei versagte die Mitwirkung bei Feststellung der Identität Sommer hatte bereits in verschiedenen Wahllokalen gewählt. - Èernohorska Franziska hatte obgleich sie der Stadt verwiesen, eine amtliche Wahllegitimation auf den Namen Menšik Der diensthabende Wachmann verweigerte ein Einschreiten, die Protokollierung wurde abgelehnt. Für den Wähler Mislivec Josef, wählte en Arbeiter aus Weise. Die Feststellung des Wählers und Protokollierung des Vorfalles wurde abgelehnt. - Wasserbauer Rudolf, Legitimation Nr. 760, wurde zur Wahl zugelassen. obgleich derselbe weder Wohnort noch Geburtsdatum angeben konnte. - Trotz Geständnis des K Stross, wohnhaft Wiese 23, daß derselbe für Kohut Andreas wählen wollte wurde seine Anhaltung durch den Vorsitzenden der Kommission IV, Herrn Kocian. verhindert, ebenso verweigerte der diensthabende Wachmann seine Verhaftung bzw. Sicherstellung mit dem Hinweise, daß er den Aufschreibeblock nicht mithabe. Protokollierung wurde abgelehnt. - Für Baier, Znaimerstraße, Hable Martin, Marek und Komurka wählten unbekannte Personen, obgleich von Kommissionsmitgliedern, welche die Wahlberechtig en persönlich kannten und damit feststellen konnten, daß die zur Wahl schreitenden Personen, mit den in der Legitimation genannten nicht identisch sind. Einspruch wurde erhoben, Protokollierung abgelehnt. - Hukauer Franziska, deren Identität bezweifelt wurde, da sie weder Geburtsdaten noch Wohnung angeben konnte, wurde zur Wahl zugelassen, ebenso eine Person, die für Musil Leopold auf Legitimation Nr. 510 wählte. Protokollierung wurde abgelehnt. Dasselbe hat sich bei der Abgabe für Stimmen für Marek Ludmila und Hovorka, wohnhaft Bleiche, wiederholt. - Für Hable Marie, Lederergrund 59, wählte trotz Einspruches eine andere Person, ebenso für Adolf Rith, Znaimergasse 21, - Für Leopold Musil Znaimergasse 15, Wahlegitimation Nr. 510, Frau Kremlaèek, Frau Matekova Ludmilla, Bleiche Nr. 2, Hovorka Marie, Johann Baier, Znaimergasse 53 und Theresia Neubauer Znaimergasse 16 wählten andere Personen, obgleich gegen die Wähler Einspruch erhoben worden ist. Für Weitzova Anna wählte eine gewisse Leopoldine Rudolfa, für Kreutzmeier ein gewisser Doležal aus Klein-Studnitz. - Dem Wähler Friedel wurden die Wahldokumente nicht zugestellt. Als er dieselben im Wahlokal ansprach, stellte sich heraus, daß dieselben nicht mehr vorhanden waren und eine andere Person auf seinen Namen bereits gewählt hatte, - Für Mislivec, Legitimation Nr. 768, der in Wonau bei Stecken wohnt, und einigen Kommissionsmitgliedern persönlich bekannt ist, wählte eine andere Person deren Identitätsfeststellung von der Majorität abgelehnt wurde, - Für Kubik Franz, Legitimation Nr. 162, wählte ein Mann, der weder Geburtsdaten des eingetragenen Wählers, noch Stand abgeben konnte. - Die Wahl wurde auf Beschluß zugelassen, die Protokollierung verweigert. Der Vertrauensmann der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei, erkannte in diesem Wähler einen gewissen H. Frühauf. - Für Novotný Katharina, Schillergasse 9, und Stanclova, Steingasse 5, wählten 2 Frauen aus Antonienthal. Der Einspruch wurde abgewiesen, die Protokollierung abgelehnt. - Als Inspektorswitwe Bezdek, die dem Kommissär Robert Lang persönlich bekannt ist, wählte eine unbekannte Frau mit Kopftuch. - Die Leiterin des tschechschen Kindergartens, Berghäusergasse 89, wählte auf den falschen Namen Kolešova. - Dem Losagenten Alfred Jelinek wurde trotz Vorweisung von Dokumenten die Ausfolgung der Legitimation verweigert. - Der Frau Rosa Dufka und deren Tochter, Unterer Graben 15, wurde die Ausfolgung der Legitimationen verweigert. Nach ihrem Fortgehen wählten trotz Einspruch auf die Legitimationen der Vorgenannten zwei unbekannte Frauen. Protokollierung wurde abgelehnt. - Der Frau Josefine Zeizinger wurde die Herausgabe der Legitimation verweigert. Für se war bereits gewählt worden. Protokollierung wurde abgelehnt - Menoušek Bahnangestellter, wählte zweimal, Menoušek wohnt Iglau, Schwarzer Weg. - Für Exner wählte der Glasarbeiter Josef Hudja, Simmersdorf, obgleich die Wahlkommissäre Schmidt Josef und Grimshandel, den Hudja, wie auch Exner persönlich kennen, Einspruch wurde abgewiesen, Protokollierung verweigert - Für Karl Dohnal, Legitimaton Nr. 371, wählte ein gewisser Ballan für Rudolf Böhm, Legitimation Nr, 355, wählte der bereits oben genannte Eisenbahner Menoušek, Iglau, Schwarzer Weg, für August Seidel, Leg, Nr. 68 wählte Josef Hudec aus Simmersdorf. - Auf Legit. Nr. 161 und 162 wählten die in Pukitz wohnenden Eheleute Fišt. - Außerdem wurde festgestellt, daß nachfolgende, nie in Iglau wohnhaften Personen, bei den Gemeindewahlen in den verschiedenen Wahllokalen gewählt haben und zwar in der Kommission XVII Josef Rutta, Oberbauarbeiter in Schrittenz, N. Jiska (Jirka), Schleifersgattin aus Rotenkreuz N. Semerad, Witwe, Antonienthal, M. Hovorka, Schleifer in Schrittenz. In der Kommission XX Joh. Bouchna, Maschinist, Antonienthal, N. Belina, Glasermeister in Antonienthal in der Kommission XXIV. Šoula, Schrittenz. -
Es ist natürlich unmöglich alle Wahlschwindeleien, die vorgekommen sind, wiederzugeben, da nicht alle nahezu 2,000 Falschwähler festgestellt werden konnten, weil, wie oben wiederholt bemerkt worden ist, entweder de Vorsitzenden der Wahlkommission die Feststellung des Wahlschwindlers verweigerten, oder die diensthabenden Wachleute zu einem Einschreiten nicht zu bewegen waren. Diese unerhörten und einzigartigen Fälle von Wahlschwindeleien, wie sie bei den Iglauer Gemeindewahlen am 1. Dezember 1929 vorgekommen sind, veranlassen mich, an den Herrn Minister des Innern folgende Anfragen zu richten:
1. Ist der Herr Minister bereit, sich sofort den Akt, betreffend den Rekurs der deutschen Parteien gegen die Gemeindewahlen vom 1. Dezember 1929 in Iglau, der bei der politischen Landesbehörde in Brünn erliegt, vorlegen zu lassen?
2. Ist er bereit, auf Grund dieses Rekurses und der vorliegenden Interpelation eine strenge Untersuchung der Wahlschwindeleien vom 1. Dezember 1929 in Iglau n die Wege zu leiten?
3 Ist der Herr Minister bereit, gegen alle jene Personen, die bei der Parlamentswahl am 27. Oktober 1929 in der Stadt Iglau ihr Wahlrecht nicht ausübten, das nach dem Gesetz vorgeschriebene Strafverfahren einzuleiten?
4. Ist der Herr Minister bereit, gegen jene Vorsitzenden der Wahlkommissionen in Iglau, die bei den Gemeindewahlen vom 1. Dezember 1929 gegen offenkundige Wahlschwindeleien nicht einschritten und Proteste der deutschen Mitglieder der Wahlkommissionen nicht protokollieren ließen, auf Grund des Gesetzes einzuschreiten?
5. Ist der Herr Minister bereit den Auftrag zu erteilen, daß die durch die Wahlschwindeleien ungesetzlich gewordenen Wahlen aufgehoben und Neuwahlen ausgeschrieben werden, bei denen Sicherheiten für eine reine Wahl geschaffen worden sind?
Prag, den 16. Jänner 1930.
Krebs,
Zajíèek, Ing. Jung, Horpynka, Köhler, Dr. Hanreich, Krumpe, Geyer, Dr. Hassold, Ing. Kallina, Bobek, Matzner, Dr. Schollich, Dr. Keibl, Dr. Luschka, Fritscher, Kunz, Kasper, Simm, Schubert, Knirsch.