Deswegen begrüßen wir entschieden die kleine Wirtschaftsentente, wenn wir auch feststellen, daß sich politische Freundschaft mit wirtschaftspolitischer Freundschaft nicht absolut deckt. Ich nehme Gelegenheit, es an dem Beispiel Frankreichs nachzuweisen. Der politischen Freundschaft Frankreichs müßte ganz entschieden eine viel größere Berücksichtigung der Èechoslovakei entsprechen. Aber das Umgekehrte ist der Fall. Anderseits dürfen wir von der Kleinen Wirtschaftsentente nicht allzuviel erwarten, weil sie hauptsächlich eine agrarische Zusammensetzung hat und die Èechoslovakei als wirtschaftlich gemischter Staat nicht ausschließlich Produkte von Rumänien und Jugoslavien aufnehmen kann, weil sie das nicht imstande ist und sie auch nicht braucht. Infolgedessen werden wir eine größere Konzeption brauchen. Ich muß gestehen, daß ich in dieser Hinsicht ein absoluter Anhänger der Ansichten des Herrn Ministers Hodža bin.
Ich gebe ohne weiteres zu, Herr Minister Hodža ist ein ganz gefährlich kluger Mann. Ich wünschte, daß wir als Industrie, Handel und Gewerbe in unserem Ressort einen genau so qualitativen Mann hätten, wie das Landwirtschaftsministerium. Ich erkläre Ihnen, daß ich ein absoluter Anhänger des sogenannten Wirtschaftsministeriums bin. Ich würde Landwirtschaft, Gewerbe, Industrie und Handel in ein Ministerium zusammenziehen, weil das Problem in der Èechoslovakei bei der wirtschaftlichen Struktur unbedingt in der gegenseitigen Verständigung zwischen Landwirtschaft, Handel, Gewerbe und Industrie beruht.
Ich hatte das Vergnügen, im Budgetausschuß mit Herrn Minister Hodža zu debattieren. Ich habe mich gefreut, daß er sich eine Stunde lang mit meinen Ausführungen beschäftigt hat. Ich habe Folgendes behauptet: Das Problem der Zusammenarbeit zwischen Handel, Gewerbe und Industrie einerseits und Landwirtschaft anderseits ist bei der politischen Bedeutung der èechischen Agrarier nicht einfach. Ich gestehe ohne weiteres zu, daß Sie, die èechischen Agrarier, großartig organisiert sind und politisch eine viel stärkere Bedeutung haben, als Sie zu den wirtschaftlichen Mitteln der Staatswirtschaft beitragen. (Výkøiky posl. dr Slávika.) Sie werden das natürlich bestreiten, aber wenn Sie es wünschen, Herr Minister Slávik, werde ich gelegentlich den Bleistift hernehmen und es Ihnen vorrechnen. Aber das ist Nebensache. Ich habe behauptet, daß das Problem der Zusammenarbeit ein Problem des Versandes, der Vernunft und der Einsicht ist, weil es letzten Endes auch der Landwirtschaft gar nicht gut geht, wenn es Industrie. Handel und Gewerbe schlecht geht. Wir brauchen Sie als Abnehmer und Sie brauchen uns als Abnehmer. Sie müssen Ihre Kartoffeln auch wo unterbringen, Sie können Sie nicht allein verzehren und Siie wollen auch Butter, Milch und Vieh unterbringen, das können Sie auch nicht allein aufessen, sondern Sie brauchen auch die anderen dazu. Schon daraus ergibt sich die Notwendi gkeit der Zusammenarbeit. Ich bin daher mit vollem Recht ein begeisterter Anhänger des Planes des Herrn Ministers Hodža über Mitteleuropa und sage folgerichtig: Das Problem Mitteleuropa besteht darin, daß wir den europäischen Kräften als Mitteleuropa 100 Millionen entgegensetzen können, und das ist etwas ganz anderes, als wenn wir hier 13 und dort wieder 15 Millionen haben usw. Aber das Problem besteht hauptsächlich darin, daß wir lernen müssen, daß wir Europäer uns in erster Linie auf Europa stellen sollen. Wir können sogar weiter gehen, wir können nicht bei dem Begriff Mitteleuropa bleiben, sondern müssen dem Begriff Europa näher kommen, oder drücken wir es landläufig aus: Wir wollen nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich zu dem Begriff Paneuropa kommen. In erster Linie muß uns allen das Hemd näher sein als der Rock und da möchte ich speziell den Agrarien die Worte Hodžas über die Bedeutung des Begriffes Mitteleuropa mit ein paar Worten kennzeichnen. Minister Hodža hat am 20. Oktober in Brünn einen Vortrag über Mitteleuropa gehalten und Sie werden sofort sehen, was es heißt, diesen Begriff richtig zu verstehen. Im Jahre 1933 hat Frankreich aus Übersee 98% seines Weizenbedarfs importiert, Deutschland 92 %, England 90%, Belgien 86%, Italien 85%, die Schweiz 79% und Holland 66%. Verstehen Sie jetzt das Problem? Versuchen Sie das Problem, daß heute die 100 Millionen Mitteleuropäer doch auf Westeuropa einen Druck ausüben müssen: "In erster Linie müßt Ihr den Weizen bei uns in Mitteleuropa kaufen und den Weizen, den Ihr nicht in Rumänien, nicht in der Èechoslovakei, nicht in Jugoslavien oder Ungarn bekommt, den kauft dann in Übersee!" Wenn wir zu diesem Standpunkt kommen, dann werden wir zum Aufrollen der ganzen Wirtschaft kommen, die Agrarier werden Arbeit bekommen, werden Preise für ihre Produkte erhalten, es wird die Industrie in der Lage sein, ihre Artikel wieder in Agrarländern absetzen zu können, wo sie gebraucht werden. Ich habe das Problem "Mitteleuropa" immer gut verstanden. Ich habe es aber niemals so gut verstanden, als damals, als Herr Minister Hodža diese Ziffern genannt hat. Bei der politischen Freundschaft Frankreichs mit der Kleinen Entente zu sehen, daß Frankreich 98% seines Weizenbedarfs aus Übersee bezieht, das soll verstehen wer will. Da werden Sie mir vollständig recht geben müssen. Schauen Sie, meine Herren! Ich kann bei der Einstellung zum Minister Hodža, die, wie Sie zugeben müssen, eine freundliche ist, nicht umhin, auf der anderen Seite ihm zu widersprechen, indem ich sage: der Begriff Pan- Europa, den er in all zu weiter Ferne sieht, sehe ich dann etwas näherliegend, wenn wir imstande sind, seine politisch en und wirtschaftlichen Seiten den Diplomaten näher zu bringen. (Pøedsednictví pøevzal místopøeseda Zierhut.) Denn hinter dem Gedanken von Pan-Europa in politischer und wirtscnaftlicher Hinsicht steht heute keme Macht. Das ist eine Idee, die erst verkörpert werden muß.
Sehr interessant war auch der Vortrag, den der Herr Minister vor der sudetendeutschen Landjugend gehalten jat. Er muß uns schon gestatten, daß wir uns auch darüber zwei Minuten auseinandersetzen. Da greife ich den Gedankengang in parteipolitischer Hinsicht auf, da Hodža eigentlich nur von der selbstständigen agrarischen Bewegzng spricht und den Begriff des Solidarismus verwirft, d. h. daß sich der Bauer von allen Parteien des sog. Solidarismus, der begrifflich den Volksparteien gleichzusetzen ist, freimachen muß. Eine Partei, die alle befriedigen wolle, müsse alle enttäuschen. Im Zusammenhang damit komme ich zum Begriff der Totalität. Solidarismus in dieser Richtung und Totalität dekken sich zu einem bestimmten Teil. Wir Sudetendeutschen kämpfen um zwei Begriffe, über die wir uns, parteimäßig gesehen, noch nicht klar sind. Wir haben auf der einen Seite den Begriff der Standespartei, auf der anderen Seite den der Volkspartei, und ich glaube behaupten zu können, daß der richtigere Begriff der der Volkspartei ist. Auf èechischer Seite sind die Agrarier zum Begriff der Standespartei durch ihre großen Organisationen gekommmmen, während die Èechen sonst im allgemeinen, ob wir uns nun die èechischen Nationalsozialisten oder die Christlichen ansehen, auf dem Begriff der Volkspartei aufgebaut sind, der den Begriff der Sammlung voraussetzt und die Stände dann in sich teilt. Deswegen sind wir viel näher dem Begriff der Volkspartei zugeneigt, aus dem einfachen Grunde, weil wir in der Sammlung, in der Vertretung der völkischen Interessen, der nationalen und kulturellen, in der Unterordnung der Stände, in der Gleichschaltung der Stände das primäre sehen, während wir mit der Standespartei dorthin kommen, daß die Gleichberechtigung der Stände eigentlich nicht existiert. Der Stärkere entscheidet über den Schwächeren, während bei den Volksparteien - bei den èechischen Nationalsozialisten wird es auch so sein - der Bauer dieselbe Bedeutung hat wie der Gewerbetreibende oder Kaufmann, während heute in der Koalition das politische Gewicht, die Bedeutung der Standespartei entscheidet.
Da ist interessant zu lesen, wie Österreich, der typische Ständestaat nach der neuen Verfassung, die Frage der Stände auffaßt. Ich möchte zwei Sätze vorlesen, die Minister Reiter gesprochen hat; er hielt den Mitgliedern des Ständerates vor Augen, daß sie dazu berufen seien, die kulturellen und wirtschaftlichen Interessen aller und nicht etwa einer einzelnen Erwerbsgruppe zu vertreten. Kein Stand dürfe eingensüchtig sein, nur an sich selbst denken, sondern er müsse sich auch an die andern erinnern, die wieder ihrerseits auf ihn Rücksicht zu nehmen haben. Mit dieser Mahnung ist das Wesentliche unterstrichen. Die ständische Ordnung beruht, richtig verstanden, auf dem Zusammenwirken der Gruppen, und nichts könnte mehr abträglich sein, als eine Art ständischer Protektionismus, als ein Hervorkehren der Sonderwünsche ohne Bedachtnahme auf den goldenen Mittelweg.
Das trifft zum großen Teil auf Sie auf der èechischen agrarischen Seite zu. Das hier ist das Primäre, und deshalb unsere Bitte, die èechischen Agrarier sollen bei ihrer politischen Bedeutung Rücksicht nehmen auf die anderen Stände, weil nur im Zusammenwirken der Stände und Berufe die gedeihliche Entwicklung von Staats- und Volkswirtschaft beruhen kann.
Minister Hodža hat vor der deutschen Landjugend des weitern über den Begriff der Totalität gesprochen und hat hier folgendes gesagt: "Denn die politischen Grundlagen seien durch ausreichende Verfassungsbestimmungen gegeben. Weder auf èechischer noch auf deutscher Seite sei eine Totalität wünschenswert. Totalität auf deutscher Seite würde eine noch größere Totalität auf èechischer Seite zur Folge haben. Es wäre zugleich ein Stillstand in der Lösung unserer nationalen Probleme, es würde überhaupt keine Problemlösung mehr, sondern nur Kampf aller gegen alle geben." Da sage ich Folgendes: "Totalität", Sammlung sämtlicher Menschen auf èechischer Seite in einer Partei wird es nie geben. Genau so wird es "Totalität" auf deutscher Seite nicht geben. Infolgedessen brauchen wir uns mit diesem Begriff gar nicht zu beschäftigen. Ich bin absolut nicht so töricht, zu glauben, daß jemand imstande wäre, die deutschen Sozialdemokraten einfach umzubringen. Er wird sie schwächen können; das ist das Um und Auf in der politischen Bewegung, aber vernichtet können sie nur werden durch eine Regierungsverordnung wie z. B. die Nationalsozialisten und die Nationalpartei. Sie können im politischen Kampf sehr geschwächt werden, aber sie werden nicht vernichtet werden. Anderseits aber kann ich mir nicht denken, daß beispielsweise die deutschen Sozialdemokraten ihre politische Anschauung aufgeben und sich dem Begriff der Totalität unterordnen werden. Ebensowenig kann ich mir es von den Christlichsozialen denken, und deshalb sage ich das eine: Der Begriff "Totalität" besteht auf èechischer Seite nicht und auch auf deutscher Seite nicht. (Posl. Hatina: Henlein! Henlein!) Sie werden auf èechischer Seite vielleicht dazu kommen, daß auf der einen Seite die Sammlung der sozialistischen Kräfte, auf der anderen Seite der agrarischen Kräfte und schließlich die Sammlung der sogenannten Rechtsradikalen erfolgen wird, wie wir sie beispielsweise um Hodáè und Støíbrný sehen. Es wird vielleicht zu einer Vereinfachung auch auf deutscher Seite kommen, aber nie zu einer Totalität. Ich behaupte, daß wir freiwillig nie dazu kommen werden.
Wenn wir über diese Dinge sprechen, so muß ich auch hier im Hause ein Wort über den Begriff "Demokratie" sprechen. Heute kommt kein Politiker mehr aus, ohne davon zu sprechen. Es gibt heute schon eine industrielle, eine agrarische, eine disziplinierte und eine nichtdisziplinierte Demokratie, und seien wir ganz ehrlich: wenn soviel über Demokratie gesprochen wird, wird in vielen Fällen darunter etwas ganz anderes verstanden. Deshalb meine ich, daß heute mit dem Wort "Demokratie" nicht so viel Schindluder getrieben werden sollte. Denn der Begriff "Demokratie" ist Volksherrschaft, geben wir also dem Wort "Demokratie" nicht eine andere Bedeutung! Sprechen wir auch ein Wort über Diktatur und Faszismus; da behaupte ich als Deutscher, daß es einen deutschen Faszismus in der Èechoslovakei nicht geben kann. (Posl. Jos. Tùma: Co Henlein, to není fašismus?) Das muß man erst klarstellen, was eigentlich der Faszismus ist. Es kann doch in der Èechoslovakei keinen anderen Faszismus geben als den èechischen. Wir Sudetendeutschen können doch nur an dem Begriff der Demokratie hängen. Mit einem Begriff der Diktatur und des Faszismus können wir gar nicht spielen. Für uns kann nur maßgebend sein der Begriff der Demokratie. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Sudetendeutschen an irgendeinem Faszismus teilnehmen. Was hat denn aber der èechische Faszismus für ein Programm? Erster Punkt: gegen die Deutschen; zweiter Punkt: gegen den Marxismus; dritter Punkt: gegen das Judentum. Das sind die drei Programmpunkte des èechischen Faszismus. Glauben Sie wirklich, daß der èechische Faszismus die Sudetendeutschen an der Regierung und an der Macht teilnehmen ließe? (Posl. Jurneèková-Vorlová: Vy myslíte zcela jiny fašismus!)
Da möchte ich Ihnen Folgendes sagen: Ich könnte mir vorstellen und das hat mir ein èechischer Politiker gesagt, dessen Name jetzt oft genannt wird, er sagte mir: "Ich möchte sehr gerne eine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Deutschen haben." Darauf ich: "Und was machen Sie dann in nationaler Beziehung?" Er antwortete: "In nationaler Beziehung gehe ich selbständig vor." Ich frage: "Und worin besteht Ihre Selbständigkeit? Darin, daß Sie die Deutschen unterdrücken wollen. Das aber, sagte ich, ist ein Unding: Auf der einen Seite wirtschaftliche Zusammenarbeit, auf der anderen Seite Haß und Gift zu speien gegen alles, was Deutsch ist, das geht nicht zusammen." Und meine Herren, es ist psychologisch überhaupt nicht zu verstehen, wie man sich das jetzt vorstellt. (Posl. Hatina: V praxi to tak není! My známe Hodáèe, a když by šlo o potlaèení demokracie, všichni si podáte ruce!) Schauen Sie Herr Kollege, ich bin jedenfalls über die Person des Professor Dr. Hodáè mit Ihnen ganz einer Meinung. Denn Hodáè ist derjenige gewesen, der die gemeinsame Zus ammenarbeit an der Spitze des Industriellen- Svaz mit dem Hauptverband der deutschen Industrie arrangiert hat und derj enige, der von der Industrie noch heute den Betrag von 300.000 oder von 250.000 Kè bekommt, zu welchem Betrage die Deutschen beitragen, und derselbe Hodáè marschiert heute an der Spitze des Faszismus. Der Mann kann für eine Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Èechen nicht in Betracht kommen. (Rùzné vykøiky.)
Meine Verehrten! Die Krise, in der wir leben, hat ungeheuere Erschütterungen in unseren Wirtschaftskörper gebracht. Das drückt sich zum Teil sehr stark aus in der Verschuldung der Èechoslovakei. Wir haben in der Staats- und Finanzwirtschaft eine Verschuldung von ungefähr 113 Milliarden Kè.
Es entfällt also auf jeden Bürger in der Republik eine Verschuldung von 3030 Kè, nur für Staats- und Selbstverwaltungskörper und ein Zinsendienst von 150 Kè pro Kopf. Die Landwirtschaft ist mit 12 bis 15 Milliarden verschuldet, zusammen mit Gewerbe, Indu strie, Baugenossenschaften usw. Da erhebt sich wohl die Frage, ob diese ungeheure Ver schuldung für die Èechoslovakei tragbar ist. Ich behaupte, daß sie zu hoch ist und daß wir bestrebt sein müssen, dem Staate, den Selbst verwaltungskörpern, dee Privatw irtschaft, der Landwirtschaft sowohl als auch Handel, Gewerbe und Industrie einen billigeren Kredit zu ver schaffen. Hier aber stehen wir wieder vor dem Problem eines langfristigen billigen Kredits für alle Zweige der Staats- und Privatwirtschaft. Die Herren von der èechischen agrarischen Seite werden es begreiflich finden, wenn wir uns gegen einseitige Entschul dung nur für die Lanwirtschaft zur Wehre setzen müssen, weil wir andere haben, die mindestens genau so verschuldet sind wie die Agrarier und genau denselben Anspruch auf Entschuldung haben.
In dieser Frage möchte ich auf einen in den letzten Tagen im "Prager Tagblatt" er schienenen sehr bemerkenswerten Artikel verweisen, der aus der Feder des Herrn Generaldirektors Tománek stammt, der eigent lich die Lösungg des ganzen Kreditproblems gefunden hat. In diesem Artikel "Betriebs wechsel-Kredit" teilt der Verfasser die Kreditfrage in zwei Teile. Einerseits in den bis herigen Kredit und andererseits in den neuen kommenden Kredit. Er hält es für tunlich, daß die Kreditfrage bezüglich des alten Kredits auf dem Wege der Langfristigkeit und der billigen Verzinsung gelöst werden kann. Nun dreht es sich aber um die neuen Mittel für die Weiterführung. Meine Verehrten! Wir kommen ja erst in die schwerste Zeit noch hinein. Wir leben heute noch im Zu stand der Krise; wenn wir aber in die Ankur belung hineinkommen, werden die Mittel für die Betriebsführung fehlen und das zeigt sich heute bereits in verschiedenen Fällen. Hier nun hat Herr Generaldirektor Tománek einen ganz ausgezeichneten Vorschlag gemacht, indem er den kurzfristigen neuen Kredit als sogenannten Betriebswechselkredit bezeich net, d. h. er schlägt vor: der betreffende Landwirt oder Industrielle, je nach dem, gibt seiner Bank einen Wechsel. Die Bank ist im stande, diesen Wechsel weiter zu escomptie ren, und die Landesbank ist bereit, mit einem Zinsfuß von 4 1/4 bis 4 1/2 % den Wechsel zu reescomptieren unter der Bedingung, daß die Handelsbank dem Schuldner nicht mehr als 6% aufrechnet. Das halte ich für einen ungemein günstigen Weg zur Ankurbelung der Wirtschaft und wir haben, glaube ich, in dieser Hinsicht der Landesbank für diese Auffassung großen Dank zu sagen und in dieser Richtung alles zu tun, unserer Wirtschaft wieder aufzuhelfen.
Nachdem ich bereits einen Zettel hier liegen habe, daß meine Redezeit erschöpft ist, möchte ich zum Schlusse nur ein paar Worte über das nationale Problem sagen. Da möchte ich Ihnen allen Ernstes Folgendes sagen: Ich habe das Empfinden, daß die Grundtendenz auf èechischer Seite doch gegen die Minderheiten gerichtet ist und zwar entweder in offener Weise auf der einen Seite oder in versteckter Weise auf der anderen Seite. Bis heute ist es zur Lösung des nationalen Problems in diesem Lande noch nicht gekommen. Die Nationaldemokraten behaupten zwar, das nationale Problem sei gelöst, und es bedürfe keiner weiteren Lösung. Ich glaube, daß wir von dieser Seite die Lösung des nationalen Problems auch in veränderter politischer Form kaum erfahren dürften.
Wir haben aber das nationale Problem
auch nicht gelöst gesehen zu einer Zeit, als die deutschen Christlichsozialen
und Agrarier in der Regierung waren, wir haben noch keine Lösung
gefunden in der jetzigen Konstellation, wo die deutschen Sozialdemokraten
und Agrarier in der Regierung sind. Da muß ich doch einmal die
Frage aufwerfen: Wann wird das nationale Problem in diesem Staate
denn überhaupt gelöst werden? Die innenpolitische und außenpolitische
wirtschaftliche Zusammenarbeit ist ganz erwünscht. In dem Momente
aber, wo über die nationalen Dinge gesprochen wird, wird die nationalistische
Seite brutal und die andere, freundliche Seite, verschiebt die
Dinge immer mit den Worten: "Geduld, Geduld, Geduld."
Ich muß feststellen, daß auf deutscher Seite alle Voraussetzungen
erfüllt sind. Auf deutscher Seite wurde eine Loyalität bekundet,
wie sie tatsächlich nicht mehr anders sein kann. Sie haben vielleicht
sogar Loyalitätsüberschreitungen feststellen müssen, die uns selbst
zuwider sind und vielleicht auch Ihnen. zuwider sein müssen. Sie
können letzten Endes auch nur eine Loyalität brauchen, die in
einem Maße gegeben ist, daß Sie an Ihre Wahr heit glauben können.
Nun sage ich Ihnen Folgendes: Es hat sich heuer bei der Präsidentenwahl
der Fall ergeben, daß die Sudetendeutschen den Präsidenten gewählt
haben, während èechische Politiker ihn nicht gewählt haben. Es
hat sich der Fall ergeben, daß wir Sudetendeutschen in ganz aufrichtiger
Weise an den Wehrtagen teilgenommen haben, wir haben Ihnen unsere
Denkungsart über Krieg und Frieden kundgegeben, wir haben unseren
absoluten Friedenswillen kundgegeben, wir haben mit Ihnen gemeinsam,
was Sie im Jahre 1918 und 1919 niemals vermutet hätten, den Staatsfeiertag
in einer Weise gefeiert, wie ihn die Èechen auch nicht hätten
würdiger begehen können. Ich hätte Ihnen gewünscht, ins deutsche
Gebiet zu kommen und dies zu sehen. Und trotzdem die sudetendeutsche
Bevölkerung diese Loyalität an den Tag gelegt hat, haben Sie Ihre
Unterdrückung, Ihre Verfolgung in nationaler, kultureller, wirtschaftlicher
und sozialer Beziehung fortgesetzt. Schauen Sie (obrácen k
posl. dr Štefánkovi), Herr Kollege, Sie sind Unterrichtsminister
gewesen. 14 Jahre dauert das Universitätsgesetz, es wurde nicht
durchgeführt in einer allnationalen Koalition, in der auch Kramáø
und Støíbrný waren; Sie sind Unterrichtsminister gewesen
und Sie haben es nicht durchgeführt. Der jetzigen Zeit blieb es
vorbehalten, das Universitätsgesetz durchzuführen, der jetzigen
Zeit bleibt es vorbehalten, den Sprachenerlaß des Vizepräsidenten
Fridrich zu bekommen, der jetzigen Zeit blieb es vorbehalten,
Artikel zu lesen, wie sie Dr. Navrátil aus dem Handelsministerium
geschrieben hat. Wenn Sie wünschen, werde ich Sie ihnen vorlegen.
Der heutigen Zeit blieb es vorbehalten, daß Sie die Sudetendeutschen
bezüglich des Lieferungswesens in keiner Weise berücksichtigen.
Ich sage Ihnen, Sie mögen über die Dinge denken, wie immer Sie
wollen: psychologisch ist in diesen kritischen Momenten, wo die
ganze Welt Europas zwischen Krieg und Frieden schwankt, Ihre nationale
Haltung uns Sudetendeutschen gegenüber ganz unverständlich, und
es muß doch einmal so weit kommen, daß wir Sudetendeutschen uns
fragen werden: "Hat denn diese Loyalität überhaupt einen
Zweck?" Wenn ich darüber nachdenke, gebe ich zu, daß sich
bis zum heutigen Tag bezüglich des nationalen Problems auf èechischer
Seite noch kein aufrichtiger Freund unseres Volkes gefunden hat.
Sehr viele gibt es bei Ihnen, die uns gegenüber loyal sind, sehr
viele gibt es, die uns vielleicht mit "lieber Freund"
ansprechen, sehr viele sind es, die die wirtschaftliche Zusammenarbeit
mit uns Sudetendeutschen schätzen, aber es gibt bis zum heutigen
Tage noch niemanden auf èechischer Seite, der sich ernstlich sagt:
"Das Problem muß gelöst werden und das Problem wollen wir
in allem Ernste lösen." Sie wollen diese Lösung in eine Zeit
hinausschieben, wo Sie vielleicht selbst damit zu spät kommen.
(Potlesk.)