Hohes Haus! Wenn den Budgetberatungen draußen im Volk doch immer wieder Bedeu tung beigemessen wird, so gilt das Interesse vor allem heute den Kapiteln "soziale Fürsorge" und "öffentliche Arbeiten". Hundert tausende Menschen warten draußen dringend auf Hilfe, weil sie schon Jahre lang in Not und Elend dahinschmachten. Sie erwarten, daß endlich einmal die Regierung und das Parlament eingreift und nicht mehr müßig dem wachsenden Elend zusieht. Wir können sagen, daß das sudetendeutsche Gebiet und besonders der Kreis Karlsbad, den ich ver trete, zu denjenigen Gebieten gehört, die von Not, Ilunger und Elend am furchtbarsten be troffen sind. In den Bezirken Karlsbad, Gras litz und Neudek erreicht die Arbeitslosigkeit den höchsten Prozentsatz im ganzen Staate. Ich möchte hier darauf verweisen, was Professor Šalda anläßlich der Studentenunruhen in seiner Zeitschrift "Zápisník" geschrieben hat: "In den deutschen Gebieten wütet Hun ger und Not in einer Weise, wie sie dort noch kein Mensch erlebt hat. Es herrscht ein wahr haft katastrophales Elend, so grauenhaft, daß es vielleicht die ganze Bevölkerung dezimieren wird. Die Arbeitslosigkeit ist dort um mehr als 250% größer als in unseren Bezirken." Das schreibt Professor Šalda und niemand wird leugnen, daß er der Wahrheit entspricht.
Hier im Parlament hörten wir die Exposés der Minister, es werden große Reden geschwungen und man sagt uns, daß die Wirt schaftskrise allmählich abflaue und daß eine wirtschaftliche Besserung eintrete. Aber der Unterton dieser Ministerreden und die Wirklichkeit ist doch ganz anders. Aus dem Exposé des Herrn Ministerpräsidenten Malypetr geht hervor, daß die Rationalisierung im Bergbau noch weiter intensiviert werden soll. Das heißt, es werden weitere 20.000 Bergarbeiter aufs Pflaster fliegen, und vor allem in unserem sudetendeutschen Gebiet. Man sagt, daß diese Arbeitslosen in anderen Industrien untergebracht werden sollen. Ich frage, in welchen. Es gibt doch in allen noch bestehenden Industrien nur ungeheuere Überschüsse an Arbeitskräften und man weiß nicht, welcher Beruf am schwersten betroffen ist. Was soll also mit den 20.000 arbeitslosen Bergarbeitern geschehen?
Der Herr Landesverteidigungsminister Bradáè wiederum hat erklärt, daß es notwendig sei, eine Reihe von wichtigen Industrien in das Innere des Landes zu verlegen. Das bedeutet doch wiederum nichts anderes als einen weiteren Entzug der Arbeitsmöglichkeiten für unsere sudetendeutschen Gebiete. Es stimmt also nicht, wenn man sagt, daß es besser werden soll, sondern auch hier tritt klar zutage, daß noch eine weitere Verschlechterung zu erwarten ist.
Zu dieser Not und diesem Elend kommt noch die nationale Unterdrückung, indem die èechische Bourgeoisie versucht, den Großteil des Profits für sich in Anspruch zu nehmen; es kann da auch kein Wunder nehmen, wenn so die nationale Welle steigt und wenn Herr Henlein die Zahl seiner Anhänger draußen im deutschen Gebiet vergrößern kann u. zw. vor allem auf Kosten der Arbeiterparteien, die heute in der Regierung sitzen und der Bourgeoisie ihre Schützenhilfe in diesem Raubzug auf die Rechte des werktätigen Volkes leisten. Man erklärt wohl, es sollen Möglichkeiten geschaffen werden, um endlich einmal den Leuten Arbeit zu bringen; so hat der Herr Minister für öffentliche Arbeiten Dr. Czech erklärt, daß 670 Millionen Kronen für Investitionsarbeiten bereitgestellt werden, wovon 54 Millionen sofort verwendet werden sollen. Es wird auch erklärt, daß vor allen Dingen die 40-Stundenwoche durchgeführt werden soll; aber ich befürchte, daß die Summen, die hier genannt werden, wahrscheinlich nicht in dem Maßstab für öffentliche Arbeiten werden verwendet werden. Ich verweise nur darauf, mit welchem Tamtam die Arbeitsanleihe durchgeführt wurde, wobei 2 1/2 Milliarden einkamen und wo wir doch keine Arbeitsvergebung und nichts bemerkten, wenigstens nichts draußen im deutschen Gebiet, wo so viele öffentliche Arbeiten notwendig sind. Der größte Teil des Ertrages der Arbeitsanleihe wurde zur Verstopfung von Löchern im Budget verwendet. Und mit diesen 670 Millionen für öffentliche Arbeiten wird es ebenso sein. Betragen doch die Forderungen der Bauindustrie an den Straßenfond allein 650 Millionen Kronen und es ist nicht ausgeschlossen, daß der Großteil dieser für Neuinvestitionen in Aussicht gestellten Gedmittel dazu verwendet werden wird, um endlich einmal die Schuld an die Bauunternehmer zu bezahlen, sonst könnten sie jede Weiterarbeit einstellen. Es heißt, daß die Gelder vor allem für die örtlichen Arbeitslosen verwendet werden sollen. Das wäre nur recht und billig, aber es ist leider nach wie vor zu befürchten, daß es so gemacht wird, wie bisher, wenn bei uns einmal Arbeiten vergeben werden, werden sie von èechischen Firmen ausgeführt werden, die mit ihren eigenen Arbeitskräften hinauskommen und unsere Arbeitslosen zuschauen lassen. Stets wurden und werden unsere deutschen Arbeitskräfte zu Gunsten der èechischen zurückgesetzt, was wiederum ein Beispiel der nationalen Unterdrückung ist. Diese nationale Zurücksetzung zeigt sich nicht nur im Beamtenstand, wo kein Deutscher mehr aufgenommen wird, sondern auf allen Gebieten und in der rücksichtslosesten Weise. Ich verweise nur auf die Verlegung deutscher Industrien vom Randgebiet ins Innere des Landes. Die Aussichten für die deutsche arbeitende Bevölkerung sind also auch weiterhin vollkommen trostlos. Dazu kommt die finanzielle Not der Bezirke und Gemeinden. Die Selbstverwaltungskörper sind vollständig bankerott und es werden also wieder die Arbeiten nicht durchgeführt werden können, weil die Mittel fehlen. Wir müssen also unbedingt verlangen, daß vor allem dort Arbeiten durchgeführt werden, wo es notwendig ist. Und an Arbeit fehlt es nicht. Ich möchte da verweisen auf das Notstandsgebiet im Graslitzer Bezirk, wo viel Straßenbauarbeiten auszuführen wären, ein Krankenhaus errichtet werden muß, auf die Arbeiten, die in den Gebieten von Asch bis Haida notwendig wären, wo es nicht an Arbeit, wohl aber an Geld fehlt. Hier muß eingegriffen werden, hier muß die Regierung die Mittel zur Verfügung stellen, damit wenigsten einigermaßen den verelendeten Arbeitern Hilfe gebracht werden kann. Sie sind heute von allem entblöst, nichts steht ihnen zur Verfügung, hier kann bloß mit derartigen Hilfsmaßnahmen einigermaßen lindernd eingegriffen werden. Wenn Summen zur Verfügung gestellt werden sollen, dann gehören sie hinauf in diese Gebiete. Ich möchte auf eines hier verweisen. In Asch wird bereits seit 4 Jahren ein Krankenhaus gebaut; bis heute konnte es nicht fertiggestellt werden, weil es an Mitteln fehlt. Was tritt ein? Infolge der Epidemien, der vielen Kinderkrankheiten, Diphtherie usw., sind die umliegenden Krankenhäuser, vor allem das Egerer, überfüllt. Dort mangelt es an Platz, und so müssen die Kinder, die an epidemischen Krrankheiten erkrankt sind und ins Egerer Spital kommen, bevor sie vollständig ausgeheilt sind, wieder zurück in ihre Familie geschafft werden, und so wird bei diesen Zuständen der Seuchenherd nicht nur nicht eingeschränkt, sondern vielmehr erweitert. Es müßte endlich einmal das Krankenhaus in Asch fertiggestellt werden, um hier Abhilfe zu schaffen. Es ist unbedingt notwendig, daß vor allem zur Fertigstellung dieses Krankenhauses die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit auch dort die Kranken im örtlichen Maßstabe behandelt werden können. So sind die Verhältnisse in all diesen Gebieten, und wenn Geldmittel verwendet werden sollen, müssen sie dort verwendet werden.
Dann müssen wir verlangen, wenn, wie es heißt, die Vierzigstundenarbeitswoche eingeführt werden soll, daß dies ohne Lohnkürzungen durchgeführt werde. Aber was können wir konstatieren? Daß Löhne gezahlt werden, die jeder Beschreibung spotten, daß es heute schon vorkommt, daß von den Arbeitslosen Arbeiten mit diesen 8 Kè Zuschuß seitens der Regierung verlangt werden, und wenn sich die Arbeitslosen nicht dazu hergeben, wird ihnen in rücksichtsloser Weise die Lebensmittel karte entzogen und der Arbeitsdienst durch geführt. Da heißt es: entweder ihr schafft für diese 8 Kè oder es wird Euch jegliche Unterstützung entzogen! Dagegen muß schärfster Protest erhoben werden. Wir müssen verlangen, wenn Arbeiten geleistet wer den, daß sie zu Tariflöhnen bezahlt werden. Aber draußen werden die Löhne ununterbro chen weitergesenkt, denn die Unternehmer können sich darauf stützen, daß die Regie rung die Staatsbeamten abbaut, daß die Re glerung die Löhne abbaut, und da sagen sich die Unternehmer: dann können wir auch die Löhne senken. Hier müßte der Staat eigent lich beispielgebend vorangehen. Da heute Arbeiterparteien in der Regierung sitzen, wäre es ihre Pflicht, unter allen Umständen darauf zu dringen, daß die Tariflöhne auch wirklich gezahlt werden, die es den Arbeitern ermöglichen, auch in der heutigen Zeit menschen würdig zu existieren. Auf der einen Seite wer den aber nach wie vor die Löhne gesenkt, auf der anderen Seite wird das Leben immer teuerer. Not und Elend sind in den Kreisen der Arbeiterschaft unerträglich geworden, haben sich zu einem Zustande ausgewachsen, daß die Leute wirklich nicht mehr wissen, was sie machen sollen.
Neben der Arbeiterschaft aber bricht na turnotwendig auch der Kleingewerbetreibende zusammen, und der Kleinbauer versinkt in Not und Elend. Wir konnten in letzter Zeit eine ganze Reihe von Kundgebungen erleben, daß die Gewerbetreibenden vor allem gegen den ungeheueren Steuerdruck protestieren. Mit Recht! Die Exekutionen werden heute in einer Form durchgeführt, die einer jeden Beschreibung spottet. Rücksichtslos wird dem Kleingewerbetreibenden das Letzte geraubt, was er noch besitzt, werden die letzten Werk zeuge herausgeholt, dem Kleinbauern wird die letzte Kuh aus dem Stall getrieben. Trotzdem der Herr Finanzminister erklärt hat, daß human vorgegangen werden solle, werden die Exekutionen auf die furchtbarste Art und Weise durchgeführt. In jüngster Zeit sahen wir, wie einem Bauern in Kunau im Bezirk Pressnitz hochtragende Kühe verpfändet worden sind, und als ein Wald angeboten wurde, wurde das hönisch zurückgewiesen. Es genügt aber nicht bloß, daß diese Kleingewerbetreibenden und Kleinbauern protestieren, sie müssen endlich zur Einsicht kommen, daß auch von ihnen die Verelendung abgewehrt werden muß und kann, wenn sie Hand in Hand mit der Arbeiterschaft nicht nur protestieren, sondern den schärfsten Kampf gegen die ungeheuere Verelendung und Ausbeutung führen.
Hilfe tut Not, speziell im sudetendeutschen Gebiet. Die Fraktion der kommunistischen Partei brachte hier einen Antrag ein, wonach die 150 Millionen des Bodenamtes, die heute ohne weiters zur Verfügung stehen, für Zwecke der Winterhilfe für die Arbeitslosen ve rwendet werden, und zwar derart, daß die Ledigen 150 und die Verheirateten 250 Kè als Winterhilfe bekommen. Es ist unbedingt notwendig, daß für diese Verelendeten etwas geschieht. Sie stehen heute ohne Kleider da, sie haben nicht genügend zum Essen, es fehlt ihnen an allem Möglichen. Nur wenn ihnen tatsächlich Geldmittel in die Hand gedrückt werden, werden sie sich einigermaßen gegen die Unbilden des Winters schützen können. Es ist infolgedessen notwendig, daß dieser Antrag hier angenommen wird, daß sich auch die anderen Herren endlich bereitfinden, wenn Geldmittel zur Verfügung stehen, sie tatsächlich den Ärmsten der Armen zur Verfügung zu stellen. Wir müssen auf das schärfste gegen den Raub der Lebensmittelkarten der Arbeitslosen protestieren, dagegen daß dieser Raub auch weiterhin in dem Maßstabe durchgeführt werde, wie es heuer der Fall war. Man erklärt, die Arbeitslosigkeit hätte abgenommen, sie weise nicht mehr den hohen Stand wie im Vorjahre auf. Die Herren Minister mußten selbst in ihren Berichten darlegen, daß das Verhältnis gegenüber jenen, die bei der Sozialversicherung gemeldet und die heute noch auf der Liste als Arbeitslose figurieren, kein richtiges Bild ergibt. Das heißt also, daß die Arbeitslosigkeit bedeutend höher ist, als die Zahlen, die von der Regierung aufgewiesen werden aufzeigen. Warum? Weil ein großer Prozentsatz der Arbeitslosen rücksichtslos gestrichen wird, ihnen jede Unterstützung geraubt wird und sie infolgedessen nicht mehr in den Listen der Arbeitslosen figurieren. Gegen ein derartiges Manöver müssen die Arbeitslosen den schärfsten Kampf führen. Draußen können sie in Elend zugrunde gehen und wenn sie nicht den schärfsten Kampf dagegen führen, wird dieser Raubzug auf das Wenige, was man ihnen noch gewährt, nur noch vergrößert werden.
Wir müssen auch verlangen, daß
vor allen Dingen die Refundierung der Gewerkschaften durchgeführt
wird. Heute ist es so, daß die Gewerkschaften ungeheuere Geldmittel
der Regierung vorschießen müssen, um die Arbeitslosen auszuzahlen
und jene Gewerkschaften, die diese Geldmittel nicht besitzen,
sind nicht imstande, die Arbeitslosen auszuzahlen. Die Folge davon
ist, daß die Arbeitslosen viele Wochen warten müssen, und da sie
kein anderes Einkommen besitzen, natürlich unter furchtbaren Verhältnissen
leben müssen. Daher verlangen wir, daß die Refundierung der Gewerkschaften
durchgeführt wird, daß ihnen genügend hohe Vorschüsse zur Verfügung
gestellt werden. Momentan wird in der Bevökerung draußen eine
Petition durchgeführt, in der verlangt wird, daß der Brotpreis
auf 1.5 Kè per Kilogramm herabgesetzt wird, daß das Kilogramm
Zucker 3 Kè kosten soll, daß Mehl, Fett und Kohle verbilligt werden
soll, daß den Arbeitslosen 1.000 Waggons Zucker, daß ihnen Brot
und Heizmaterial zur Verfügung gestellt wird. Diese Petition gegen
die Teuerung hat ihre volle Berechtigung, denn es geht nicht an,
daß auf der einen Seite bei der herrschenden Not die Löhne gesenkt
und auf der anderen Seite die Lebensmittel in die Höhe getrieben
werden. Das Volk muß den schärfsten Kampf dagegen führen, wenn
wir heute sehen, daß die Regierung, das Parlament und alle Institutionen
dazu da sind, um den Profit der herrschenden Klasse weiter zu
vermehren und auf der anderen Seite die breiten Massen in Elend
und Not zugrunde gehen. Hat eine Gesellschaft noch eine Berechtigung
auf Bestand, wenn wir sehen, daß die Aktien steigen, daß die Dividenden
immer in die Höhe gehen, daß die Großbourgeoisie, der Großkapitalismus
und die Großagrarier immer höhere Profite aus den Knochen der
Arbeiterschaft herauspressen und auf der anderen Seite Hunderttausende
in Not und Elend verkommen? Wenn die Massen draußen glauben, daß
Regierung und Parlament tatsächlich dazu da sind, um die Interessen
des ganzen Volkes zu wahren, so ist das eine Illusion. Sie wissen
noch nicht, daß das alles Institutionen des Machtapparates der
herrschenden Klasse sind, sie sind noch nicht zur Einsicht gekommen,
daß, wenn sie sich wirklich eine bessere Existenz schaffen wollen,
sie mit diesem Kampf erkämpfen müssen, daß alle Arbeiter, Kleingewerbetreibenden
und Bauern zusammenstehen müssen, daß alle Hand in Iland gehen
müssen, um auf dem Boden der Aktionseinheit den schärfsten Kampf
gegen die Bourgeoisie zu führen. Mit dieser Losung werden wir
auch weiter wirken und wenn wir sehen, daß die sozialdemokratische
Partei nach wie vor unsere Einheitsangebote zurückweist, so werden
wir es nicht unterlassen, bei jeder Gelegenheit immer wieder erneut
an die Arbeiter der sozialdemokratischen Partei heranzutreten,
ihnen immer wieder die Aktionseinheit vorzuschlagen. Wenn wir
sehen, daß Euere Arbeiter draußen entschlossen sind, mit uns zu
gehen, daß es Euch wohl noch gelingt, sie davon zurückzuhalten,
weil Ihr heute auf Grund Euerer Aktionseinheit mit der Bourgeoisie
die Einheitsfront mit uns nicht schließen könnten. Euere Arbeiter
aber entschlossen sind, mit uns zu gehen, werden wir ihnen immer
dieses Angebot machen und wir wissen, daß nach und nach auch Euere
ausgebeuteten Proleten mit uns gegen die Ausbeutung kämpfen werden.
Ihr wehrt noch diese Aktionseinheit ab. Ihr steht noch fest auf
dem Boden dieser bürgerlichen Gesellschaft, aber Ihr könnt schon
sehen, welche Vorstöße gemacht werden, daß es sich z. B. bei den
Studentenkrawallen nicht bloß um die Insignien handelt, sondern
um einen fascistischen Vorstoß, der sich auch gegen Euch richtet.
Nicht umsonst zogen sie auch vor Euer Arbeiterheim, mit der Absicht,
dort die Fensterscheiben einzuschlagen; das heißt also, daß vielleicht
schon morgen sich die èechische Bourgeoisie sagen kann: Wir brauchen
die sozialistischen Parteien nicht mehr, uns genügen jetzt die
Fronten des Fascismus, um auch hier das Gleiche zu befolgen wie
drüben in Deutschland und Österreich, um Euch ebenfalls an die
Wand zu quetschen und Euch hinauszudrücken. Ihr habt es noch nicht
eingesehen, aber die Zeit ist nicht mehr fern, wo Euere Anhänger
zur vollen Überzeugung kommen werden, daß es nur durch den schärfsten
Kampf, nur durch die Aktionseinheit möglich sein wird, den Fascismus
zu ver meiden, Not und Elend zu überbrücken. Nur dann, wenn die
große Masse der Arbeiter schaft die Einheit durchgeführt haben
wird, wird sie imstande sein, die Macht der Bourgeoisie zu brechen,
um sich den Weg zu bahnen zu einer freien, sozialistischen Gesellschaft.
(Potlesk komunistickych poslancù.)
Hohes Haus! In den Erklärungen des Herrn Ministerpräsidenten und des Herrn Finanz ministers klang deutlich ein Ton von Optimis mus durch, der eine Besserung der Wirtschaftslage erhofft. Dieser Optimismus fand seinen Ausdruck in den Worten von der Erreichung des Tiefstandes der Krise, von der Aufwärtsbewegung usw. Wir wären nur zu gerne geneigt, diesem Optimismus zu folgen und ihn in die Bevölkerung hinauszutragen. Aber leider Gottes müssen wir feststellen, daß dieser Optimismus wohl nur theoretisch errechnet ist. Wenigstens wir Abgeordneten aus Nordböhmen können uns zu diesem Optimismus nicht bekennen. Wir müssen das Gegenteil konstatieren, nämlich eine fortschreitende Vertiefung der Krise. Die Stillegung der Betriebe nimmt von Tag zu Tag zu, die Zahl der Arbeitslosen wächst und Hand in Hand damit geht eine steigende Verelendung des Gewerbestandes, die erst jetzt ganz sicht bar wird, da durch die letzten Elendsmonate auch die Substanz aufgezehrt ist. Dazu kommt noch eine das ganze Wirtschaftsleben abwürgende Kreditnot. Wer gar noch die un dankbare Aufgabe hat, für die Finanzen einer Gemeinde oder Stadt sorgen zu müssen, der ist weit entfernt von jedem Optimismus, da er die den Selbstverwaltungskörpern drohende Katastrophe immer näher kommen sieht. Es kann allerdings sein, daß es Gegen den gibt, wo man sich zu einer optimistische ren Auffassung bekennen kann und auch Zei chen einer Aufwärtsbewegung vorhanden sind. So werden heute z. B. die Dividenden der Firmen Schoeller und Böhmische Zucker veröffentlicht. Es ist ihnen gelungen, trotz der Elendszeit noch 7 1/2 % Dividende auf die auf gestempelten Aktien auszuschütten. Freilich hat diese Aufwärtsbewegung den bitteren Nachgeschmack, daß der Zuckerkonsum in den nordböhmischen Gebieten immer mehr sinkt und Zucker in den Familien der Arbeits losen zu einem seltenen Nahrungsmittel ge worden ist. Es gibt ja auch hier Gegenden, die die Industriekrise nicht so spüren. Freilich wir in Nordböhmen sind davon weit entfernt, da sich der befruchtende Strom der Staatsaufträge niemals zu uns wendet. So müssen wir leider feststellen, daß der Staatsvoranschlag und die im Verlaufe der Beratung abgegebenen Erklärungen der maßgebenden Faktoren für uns eine Enttäuschung darstellen und wir leider Gottes keine Hoffnung auf Besserung in der nächsten Zeit hegen können.
Der Herr Ministerpräsident hat als Abhilfe für die drückendste Wirtschaftsnot größere Investitionen zugesagt, dankenswerter Weise auch zugesagt, daß solche Investitionen in den bedeutendsten Elendsbezirken vorgenommen werden sollen. Wir sind für diese Zusagen sehr dankbar, obwohl ich sagen muß, daß diese Investitionen grundsätzlich kein Allheilmittel gegen das Wirtschaftselend sind. Sie können bei konjunktureller Krise die Krisenzeit überbrücken helfen, aber bei einer derartigen Krise, wie wir sie jetzt haben, sind sie eine ganz winzige Abhilfe und außerdem nur für eine kurze Zeit. Die Fürsorge muß in erster Linie eine vorbeugende sein, es ist weit besser zu verhüten, daß eine große Kategorie unserer Bevölkerung arbeitslos wird, als sie nachher mit Arbeitslosenfürsorge etwas betreuen zu wollen. Der Staat gleicht hier der Feuerwehr, die nach dem Brande kommt. Der Staat hat selbst vielfach verschuldet, daß große Kategorien aus dem Produktionsprozeß ausgeschaltet werden und diesen Kategorien will man dann mit einer dürftigen Fürsorge helfen. Es ist auch ohne weiters klar, daß die Investitionen, so notwendig sie sind, keine Abhilfe bringen können, da sie auch nur einen Teil der Arbeiter umfassen können. So z. B. ist es keine wirtschaftliche Hilfe, wenn ich dem qualifizierten Arbeiter Hacke, Schaufel in die Hand drücke, Werkzeuge, die ihm die Hand für seine Arbeiten lähmen, die er später zu verrichten hätte. Durch das unsinnige Automobilgesetz sind mehr als 30.000 Personen direkt arbeitslos geworden, die Zahl der indirekt Betroffenen ist viel größer. Durch das Margarinegesetz und die Kontingentierung werden im Elbetal 600.000 Arbeitsstunden verloren gehen. Will man für die 600.000 Arbeitsstunden, die durch die gesetzlichen Maßnahmen verloren gehen, durch Wegbauten einen Ausgleich schaffen? Es wäre weit wichtiger, wenn alles vermieden würde, daß keine Produktionsstörungen eintreten. Gerade diese Produktionsstörungen im Wege von Verordnungen und Gesetzen sind die maßgebende Ursache für viel Arbeitslosigkeit und Wirtschaftselend. Die nachträgliche Fürsorge durch Ernährungskarten für Arbeitslose ist ungenügend. Die vorbeugende Fürsorge ist das wichtigste. Der Herr Minister Meissner hat uns eine große Statistik über die Zahl der stillgelegten Betriebe vorgelegt, er gibt selbst an, daß 1158 Fabriken stillstehen. Es wäre eine dankenswerte Bereicherung dieser Statistik gewesen, wenn er auch mitgeteilt hätte, in wieviel Fällen die Stillegung der Betriebe durch die Steuerämter verursacht wurde. Denn diese haben ein gerüttelt Maß Schuld an der Stillegung vieler Betriebe, vor allem durch die hypothekarische Sicherstellung der Steuern auf den Fabriksobjekten, eine Sicherstellung, die meistens nur einen akademischen Charakter für die Steuerbehörden hat, die aber andererseits doch dem Unternehmer jeden weiteren Kredit abschneidet. Vernünftige Steuerarrangements mit den Firmen, die an und für sich aktiv sind, aber nur unter einer gewissen Kreditsperre leiden, würden viel beitragen, die Wirtschaftsnot nicht in der jetzigen krassen Form erstehen zu lassen.
Eine Hoffnung schimmerte in uns auf, als sich das Finanzministerium in Unterhandlungen über die Gewährung von Kreditgarantien für Industrie einließ. Es war dies wirklich eine Hoffnung, daß dadurch etwas bessere Zeiten für die schwer betroffenen Industrien anbrechen könnte. Leider sind diese Hoffnungen schwer enttäuscht worden, weil das Finanzministerium den Plan der Kreditgarantien aufgegeben und die Kreditgewährung den Landesgeldinstituten übergeben hat. Wohl ist eine Garantie von 50 Millionen für eine etwaige Ausfallhaftung an die Landesgeldanstalten vorgesehen. Aber dadurch sind die Industriekredite buchstäblich erschlagen. Denn die Gewährung kann nur im Rahmen des Statuts der Landesgeldanstalten erfolgen, d. h. z. B. die Zemská banka in Prag kann nur Hypothekarkredite gewähren. Nun sind Hypothekarkredite für Industrieunternehmungen eine unmögliche Form der Kreditbeschaffung, da der hypothekarische Pfandwert der meisten Fabriken gleich Null ist, so daß die errechnete Summe, die die Landesbank den einzelnen Industrien nach ihrem Statut zur Verfügung stellen kann, lächerlich ist und nicht einmal die Kosten der ganzen Mühe wert ist. Ich habe gestern in der Begründung des Antrages der zweijährigen Dienstzeit einen guten Gedanken gelesen. Es heißt da, daß ein Teil von den 164 Millionen des Mehrerfordernisses durch Einsparung bei der Fürsorge wieder wettgemacht werden könne. Es ist wohl eine große Täuschung, daß diese Mehrausgabe für die Dienstzeit bei der sozialen Fürsorge mit eingespart werden könne. Soweit mir bekannt, beträgt die Unterstützung eines Arbeitslosen weniger als die Unterhaltskosten eines Soldaten. Immerhin, man könnte diesen Gedanken auch bei der Steuerbehandlung und bei der Kreditgarantie zur Geltung bringen. Gerade durch die Gewährung von Kreditgarantien würde eine bedeutende Summe im Fürsorgekapitel erspart werden und man würde tatsächlich Leuten Arbeit geben, statt sie mit den dürftigen Karten abzuspeisen.
Der Herr Ministerpräsident hat zugesagt, daß die bedürftigsten Bezirke zu allererst mit Investitionen bedacht werden sollen. Herr Minister Czech erklärte in dankenswerter Interpretierung dieser Zusage, daß er dafür sorgen wolle, daß bei dieser Investition vor allem ortsansässige Arbeiter verwendet werden sollen. Ich möchte hinzusetzen, es wäre notwendig, daß das Arbeitsministerium noch eine zweite Bestimmung aufnehme, daß nämlich ortsansässige Arbeiter zu den ortsüblichen Preisen verwendet werden, und nicht nur ortsansässige Arbeiter, sondern ortsansässige Unternehmer, soweit solche vorhanden sind. Wir haben es nämlich erleben müssen, daß von all den großen Investitionen in den letzten Jahren in Nordböhmen nichts für unsere Wirtschaft abfiel. Wohl ist bedeutendes Geld ausgegeben worden. Ich erinnere an den Straßenbau von Röhrsdorf nach Rumburg, der in einer Weise durchgeführt wurde, daß die Arbeitslosen von Zwickau die Ehre hatten zuzuschauen, wie fremde Arbeiter die Investitionsarbeiten des Staates durchgeführt haben. Es ist der deutsche heimische Unternehmer bei der Vergebung staatlicher Arbeiten buchstäblich und grundsätzlich ausgeschlossen. Man muß sehen, daß fremde Unternehmer mit einem Stab von Personal angerückt kommen, und in unseren Gegenden die Arbeiten, zu welchen wir auch unsere Steuern gegeben haben, durchführen. Es ist nicht nur die Unterbietung allein, es sind auch andere Motive, nach denen die Deutschen ausgeschlossen werden. Wahr ist es, daß die Offerte der deutschen Unternehmer meist durch die Offerten der Unternehmer aus dem Innern des Landes unterboten werden. Aber wenn man ihre Kalkulation betrachtet, so sieht man, daß die Unterbietung immer auf Kosten des Lohnes erfolgt. Ich habe festge stellt, daß beispielsweise beim Kasernenbau in Tetschen, bei der Adaptierung des Schlosses von den fremden Unternehmern ein Maurerlohn von 2.80 bis 3.50 Kè pro Stunde gezahlt wurde. Wenn sich jemand überzeugen will, dann möge er bei der Hoch schule in Liebwerda anfragen, wo heute 2.20 Kè Malerlohn bezahlt wird, ein Lohn, wie ihn beispielsweise ein Tetschner Malermeister seinen Lehrlingen gibt. Aber auch dort, wo eine Unterbietung nicht stattgefunden hat, wird der Unternehmer durch alle möglichen Kniffe ausgeschaltet. Nur ein Beispiel. Im Vorjahre wurde die Weiherstraße in Boden bach vergeben, die Erweiterung gegen die Elbe zu. Beim ersten Offert war das billigste Anbot, das der Firma Pittel und Brausewet ter mit 538.000, das der Firma Kratochvil mit 565.000 und das des heimischen Bau meisters Körner mit 594.000. Die Firma Pit tel und Brausewetter fiel durch gewisse Vor kommnisse heraus, so daß nur die Firmen Kratochvil und Körner als billigste in Betracht kamen. Nun wäre die Firma Körner in die 10%ige Spanne aufgerückt, den Auf schlag, der nach der Vergebungsordnung für heimische Firmen möglich ist. Um dies nun zu verhindern, wurde eine neue Ausschreibung vorgenommen, nämlich es erhielten alle Offerenten die Mitteilung, sie möchten den Preisnachlaß auf Grund der sinkenden Zementpreise bekanntgeben. Das ist eine Arbeit, die jeder Polier hätte berechnen können, weil auch die Preisanalyse und der Zement index den Offerten beigelegt war. Was ge schah aber, als die Preisreduktionen einge langt waren? Es stellte sich heraus, daß drei neue Firmen ganz neue Offerten eingebracht hatten, obwohl kein neues Preisausschreiben stattgefunden hatte und eine der drei neu offerierenden Firmen erhielt auch den Auftrag, obwohl auch nach dieser Preisreduktion die heimische Firma Körner wieder innerhalb dieses Spielraumes lag.
Es ist wieder eine neue Gefahr da. Die neue Formulierung des Automobilgesetzes ist imstande, eine Unmasse von Existenzen zu vernichten und eine neue Gruppe Arbeitsloser zu schaffen. Ich will nur einen Punkt herausheben. Das Automobilgesetz sieht vor die unbedingte Bedarfsfrage. Eine erteilte Autokonzession kann wieder zurückgezogen werden, wenn der Bedarf durch Verkehrsmaßnahmen der Eisenbahn gedeckt ist. Dadurch ist eine Investition im Automobilwesen von vornherein ausgeschlossen, da niemand einen Wagenpark anschaffen wird, wenn er in Gefahr steht, daß jeden Tag durch Einschiebung eines neuen Motorzuges die Konzession wieder eingezogen werden kann. Deshalb ist das Automobilgesetz von vornherein unannehmbar, der Entwurf bildet nicht einmal eine Basis für eine Beratung. Noch schlimmer sind die Folgen des Margarinegesetzes. Wir gestehen ohne weiteres der Regierung zu, Kontingentierungen in gewissen Produktionszweigen eintreten zu lassen, wenn es die wirtschaftliche Notlage erheischt. Aber hier kommt es scheinbar nicht auf die Kontingentierung als solche an, sondern auf die Aufteilung des Kontingentes an, die in einer Weise erfolgt, daß die bisherigen Margarine erzeugenden Fabriken auf das Schwerste geschädigt werden, wenn überhaupt die Kontingentierung durchgeführt wird. Man ist sich offenbar der Schwierigkeiten auch bewußt, da bis heute die Verordnung noch nicht in Kraft gesetz wurde und die Durchführungsverordnung noch nicht erschienen ist. Wir urgieren nicht die Durchführungsverordnung, im Gegenteil, wir verlangen, daß das Margarinegesetz parlamentarisch erledigt werde, daß dabei alle wirtschaftlichen Motive in Betracht gezogen werden und daß bis zur parlamentarischen Erledigung des Margarinegesetzes die bisherige Verordnung außer Kraft gesetzt wird.