Støeda 28. listopadu 1934

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 349. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve støedu dne 28. listopadu 1934.

1. Øeè posl. dr Luschky (viz str. 15 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die Aussprache über den Staatsvoranschlag 1935 hat sich im Ausschuß im wesentlichen in der Hinsicht bewegt, daß die finanziellen und wirtschaftlichen Interessen, welche mit dem Staatsvoranschlag in lebenswichtiger Verbindung stehen, zur Sprache gebracht wurden. Diese sachliche und wirtschaftliche Beurteilung des Staatsvoranschlages wäre demgemäß mit größter Wahrscheinlichkeit auch der Gegenstand der Aussprache über den Staatsvoranschlag im Plenum dieses Hauses geworden, politische Probleme hätten da nicht die Hauptrolle gespielt; leider ist diese Situation in der letzten Woche vollkommen verändert. Der Ministerialerlaß des Ministeriums für Schulwesen mit dem Auftrag, die Universitätsinsignien der deutschen Universität zur Ablieferung an die èechische Universität bereit zu halten, ist wie eine Bombe in die ruhige innerpolitische Situation hineingeplatzt. Begreiflich, daß damit auch die Beratung des Voranschlags in Anspruch genommen werden muß, daß diese Angelegenheit von politischer Seite aus in den Mittelpunkt der politischen Betrachtungen gestellt werden wird.

Der Erlaß des Schulministeriums ist nämlich nicht nur die Durchführung eines Gesetzes in formeller Beziehung, nicht nur eine unmittelbare sachliche Angelegenheit der Universität selbst, er ist eine Angelegenheit von höchster kulturpolitischer Bedeutung für das gesamte sudetendeutsche Volk in diesem Staat. (Souhlas.) Das mußte vorausgesehen werden, das mußte man aus den Erfahrungen wissen, daß jede Angelegenheit der Universität weit über den Rahmen einer Universität Wellen schlägt, das mußte die Staatsregierung voraussehen, daß das nichts anderes sein werde als ein neuer Anlaß, die schwierigen innerpolitischen nationalen Verhältnisse aufzuzeigen, ein neuer Anlaß, geeignet, den nationalen Frieden zu gefährden, ein Anlaß, daß die ganze Öffentlichkeit, nicht nur die deutsche Öffentlichkeit im Staate, sondern ebenso alle anderen. Völker dieses Staates, ihre Aufmerksamkeit auf dieses Ereignis lenken werden. Das ist die große Verantwortung, die mit diesem Erlaß übernommen wird. Und die traurigen Exzesse, welche sich letzten Endes auch daran knüpften und die wir ausnahmslos verurteilen, sind der traurigste Beweis und der unwürdigste Ausdruck dieser politischen Wirkungen des genannten Erlasses.

Ich stelle fest: die sachliche Durchführung des Erlasses ist natürlich eine Angelegenheit der akademischen Behörden, und ich bin sicher, daß diese alles daran gesetzt haben, um ihre akademische Pflicht und Schuldigkeit in diesen Belangen voll zu erfüllen, die Angelegenheit in ehrenvoller Weise und ohne Erschütterung der deutschen Öffentlichkeit zu liquidieren. Ich bin überzeugt, daß sie da vollkommen ihre Pflicht getan haben und respektiere die Autonomie der Universität, ihr historisches Recht darauf und will mich mit der Angelegenheit von dieser Seite nicht befassen. Aber die politische Seite kann eben nicht verschwiegen werden. Es handelt sich um die deutsche Universität, an der das sudetendeutsche Volk hängt, es handelt sich um die oberste Bildunsstätte unseres Volkes hier im Staate, um die sudetendeutsche Pflanzstätte der Wissenschaft. Es kann und darf dem sudetendeutschen Volk nicht gleichgültig sein, was mit dieser Anstalt geschieht. Ihr Gedeihen und ihr Wohl muß allen Deutschen am Herzen liegen. (Sehr richtig!) Es ist ein historische Erbgut, nichts neu Errungenes, nichts Ergattertes, ein historisches Erbgut, das wir hier im Staate haben und das wir ungeschmälert und in allen Ehren erhalten wissen wollen. In diesem Sinne erheben wir feierlichst Protest gegen das Vorgehen des Schulminis eriums in Angelegenheit des erflossenen Insignienerlasses. (Souhlas.)

Was die rechtliche Seite betrifft, so handelt es sich um die Durchführung eines Gesetzes, wie behauptet wird. Das ist gar kein Zweifel. Das ist unbestritten. Aber ich stelle fest: um die Durchführung eines Gesetzes der Revolutionsnationalversammlung, welche sich damals noch knapp vor Beendigung ihrer Tätigkeit damit befaßte, noch vor dem allgemein gewählten Parlament sozusagen die Annullierung der seinerzeitigen Universitätsgesetze aus dem Jahre 1882 zu besorgen. (Posl. dr Stránský: Prosím, platnost tìchto zákonù uznali také køesanští sociálové, když vstoupili do vlády! Snad nechce kol. Luschka popírati, že zákony prvního Národního shromáždìní mají stejnou platnost jako nynìjší zákony!) Herr Kollege, Sie sind selbst Universitätslehrer, ich kann es sehr gut verstehen, daß Sie für die Interessen der èechischen Universität eintreten; aber Sie können uns nicht verwehren, daß wir für die Interessen der deutschen Universität eintreten. Es ist Tatsache - das wird niemand leugnen daß dieses Universitätsgesetz deshalb so rechtzeitig gemacht wurde, um der gewählten Nationalversammlung daraus keine Schwierigkeiten zu bereiten. Es ist jedenfalls auch kein Zweifel, das haben wir immer zum Ausdruck gebracht, daß die Lösung des Universitätsgesetzes, das ohne Beteiligung der Deutschen im damaligen Revolutionsparlament zustande gekommen ist, unsere Zustimmung nicht hat und daß wir die dort getroffene Regelung der Rechts- und Vermögensverhältnisse der historischen Karl-Ferdinands-Universität geändert wissen wollen, weil wir darin eine schwere kulturpolitische Zurücksetzung gegen die deutsche Minderheit im Staate empfinden. (Posl. dr Suchý: To je podivná argumentace, pane doktore!) Das ist offen gesagt worden. Ich kann nur wiederholen, was schließlich auch allgemein bekannt ist. In der Richtung müssen wir der Meinung Ausdruck geben, daß gerade der jetzige Zeitpunkt sehr wenig geeignet erscheint, eine so heikle Frage wie die der Universitätsinsignien, vielleicht gerade deswegen, weil es sich um Symbole handelt, in einer Form zur Austragung zu bringen, die schließlich eine Enteignung zugunsten der èechischen Universität bedeutet.

Wir sind der Meinung, daß gerade der jetzige Zeitpunkt so schlecht gewählt ist, weil es sich gerade jetzt lückenlos herausstellt, daß sämtliche deutsche Parteien im Staate in loyaler Anerkennung der geschichtlichen Tatsache zum Staate stehen und wir deshalb mit Recht erwarten konnten, auf kultureller Seite speziell ein Entgegenkommen auch in der Hinsicht zu finden, daß gerade in der Frage der Austragung der Universitätsstreitigkeiten im Zusammenhang mit den Universitätsgesetzen ein Modus vivendi gefunden wird, welcher den Deutschen die Genugtuung gibt, daß man sie anerkennen und im Staate kulturell ehrenvoll behandeln will. Leider ist das nicht der Fall gewesen. Es wäre möglich gewesen, allerdings hätte dann nicht der Ministerialerlaß erfließen dürfen als Ressortangelegenheit, sondern als staatspolitischer Akt, als Symptom dafür, daß die gesamte Regierung die Gleichberechtigung in der kulturellen Position der Deutschen im Staate wünscht und daß diese Gleichberechtigung auf dem Wege ist. Der Erlaß ist eine schwere Enrtäuschung, das zu leugnen wäre verfehlt, dies aber umso mehr, als ja dieser Erlaß auch ni cht nur ein er Zentralstelle entsprungen ist, auch nicht von einer Zentralstelle allein stammt, sondern im Einvernehmen mit sämtlichen Zentralstellen erfolgt ist; sämtliche Ministerien hatten Gelegenheit zur Äußerung und trotzdem ist der Erlaß so ausgefallen, die Form der Übergabe der Insignien in einer Weise verlangt worden, die nach unse em Begriff für uns am allerverletzendsten sein mußte. Da beginnt die allgemeine Überzeugung, daß mit dem Erlaß eine schwere politische Niederlage der Deutschen verbunden ist, deren Größe erst so recht aus dem Triumph der Sieger an der èechischen Universität am vergangenen Montag erhellt. Mit dem Erlasse hat das Unterrichtsministerium das Gesetz für vollzogen erklärt, daß die Universitätsfragen, die Fragen, die aus dem Gesetze noch erübrigen, hiemit vollzogen und gelöst sind. Wir können diesen Standpunkt nicht anerkennen. Wir müssen dagegen entschieden Stellung nehmen. Denn in dem Universitätsgesetz von 1920 sind nicht nur für uns belastende Regeln und Bestimmungen enthalten, sondern es ist darin auch so manches festgelegt, was zu Gunsten der deutschen Universität hätte ausgelegt und durchgeführt werden müssen. Wir haben bisher keine Gegenleistung daraus erhalten: Kein Gesetzentwurf über den Namen der deutschen Universität ist angekündigt, keine Archivverordnung erlassen, obwohl das Archiv seit längerer Zeit bereits abgeliefert ist und durch eine Regelung auch noch weiter der deutschen Universität mit zur Verfügung stehen soll. Es sind keine Vorsorgen getroffen, um Ersatzräumlichkeiten, angemessene Räumlichkeiten für die deutsche Universität zu schaffen, keine Spur irgend einer Absicht, die entsprechenden Gebäude für die deutsche Universität herzustellen; gar keine Andeutung, daß das, was wir als für uns günstige Bestimmungen im Universitätsgesetz finden können, auch tatsächlich in absehbarer Zeit verwirklicht werden wird.

Ich muß dabei immer wieder betonen, daß die Durchführung des Universitätsgesetzes von 1920 der Form nach gar nicht schärfer hätte erfolgen können, als es auf dem Wege dieses Erlasses festgesetzt wurde. Also kein Fortschritt, sondern nur ein Rückschritt für unsere Universität! Bei diesen Erwägungen kann man es gar nicht verargen, daß die breitesten Kreise unseres Volkes vermuten, daß hiebei noch mehr politische Hintergründe eine Rolle gespielt haben, und vor allem wenn sie vermuten, daß diese ganze jetzige Regelung im ungünstigsten Zeitpunkt, im Zeitpunkt eines eingetretenen innerpolitischen Friedens im Gegensatz zur kritischen außenpolitischen Situation, erfolgte, weil damit ein Schachzug gegen die èechischen Oppositionsparteien beabsichtigt war, um ihnen einen Wahlschlager für den Wahlkampf aus der Hand zu schlagen. Es ist bekannt, daß die èechische nationale Opposition seit Monaten daran arbeitet, die Universitätsinsignien herauszubekommen, und daß sie überhaupt gegen die deutsche Universität in Prag zu Felde zieht. So ist nun naheliegend, daß in dem Erlaß nur das Bestreben gesehen wird, diesen Wahlschlager zu parieren. Leider auf unsere Kosten! (Souhlas.) Im Namen der Kulturfreiheit aller Völker legen wir entschiedenst Verwahrung ein, daß wir im Wahlkampf der èechischen Parteien etwa mit unserer Universität ausgespielt oder verschachert werden. (Souhlas a potlesk.) Wir sind da ganz eines Sinnes mit der Protestschrift, welche heute in den Zeitungen veröffentlicht ist, in der nicht weniger als 66 namhafte èechische Schriftsteller auch Protest dagegen einlegen, daß in dieser Form ein neuer Kulturstreit im Staate vom Zaun gebrochen wurde. Es ist auffallend, daß der Erlaß - ich sage dies zur Begründung der Vermutungen - mitten im Studienjahr erfolgte und nicht zu einer Zeit - die Ferien wären hiezu viel geeigneter gewesen - wo der Universitätsbetrieb ausgesetzt ist und deshalb Veränderungen viel natürlicher erscheinen. (Výkøiky.)

Weiter ist auffallend, daß im Erlaß nicht mit einem Wort Bezug genommen ist auf die Notwendigkeiten des akademischen Betriebes für die sofortige Ausfolgung der Insignien an die èechische Universität. Es ist auch auffallend - und das ist vielleicht das charakteristischeste - daß der Erlaß des Schulministeriums bei den akademischen Behörden an einem Mittwoch um 8 Uhr früh einlangte und schon eine Stunde später, um 9 Uhr, prompt das Ersuchen der èechischen Universität da war, der von ihr nominierten Abordnung die Insignien am rergangenen Montag auszufolgen. Das sind Zusammenhänge, die deutlich beweisen, daß das nicht nur eine Amtsangelegenheit von strengstem sachlichem Charakter war, sondern von allem Anfang an ein Politikum, und es noch mehr dadurch wurde, daß es dann in der Beurteilung des Erlasses zu einer unverantwortlichen Pressekampagne führte, bei der unser Volk wieder der leidtragende Teil zu sein scheint. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Roudnický.)

All das, was ich über die Begleitumstände des Erlasses angeführt habe, rechtfertigt die Vermutung, daß es sich da um einen politischen Akt handelt, der mehr oder weniger eine Bereinigung der Verhältnisse im èechischen Parteienlager zum Ziele hatte. Deshalb müssen wir von der Regierung verlangen, daß sie zur Beruhigung eine amtliche zusammenhängende Darstellung der ganzen Angelegenheit vorbringt und eine offiziele Stellung zu den Ereignissen bezieht. Im Interesse des Wiedereintritts der so notwendigen Ruhe und des Vertrauens in die Objektivität der Behörden stellen wir diese Forderung. Damit verknüpfen wir die Erwartung, daß uns auch Sicherheiten für den behördlichen Schutz der deutschen Universität in der Zukunft gewährt werden. (Posl. Babel: Das dürfen Sie nicht, sonst dürfen Sie am nächsten 28. Oktober nicht mehr mitmarschieren!) Herr Kollege, ich beschäftige mich jetzt nicht mit einer Auseinandersetzung mit der kommunistischen Partei, deshalb gestatten Sie, daß ich auf Ihren Zwischenruf weiter nicht reagiere. (Posl. Babel: Weil Sie es nicht können!) Ich könnte es mit dem naheliegendsten Argument: Kehren Sie erst vor der eignen Türe in Rußland und bis dort Ordnung ist, wie wir sie wünschen, dann kommen Sie mit Ihrer Kritik! (Výkøiky.)

Místopøedseda Roudnický (zvoní): Prosím o klid.

Posl. dr Luschka (pokraèuje): Sie werden es nicht zustande bringen, uns aus der gebührenden Ruhe zu bringen, die die Behandlung dieser Angelegenheit auch in diesem Hause verlangt. (Posl. Babel: Alles Theater! Sie wollen gar nicht den nationalen Frieden!) Wie der Schelm ist, so denkt er. (Výkøiky. - Místopøedseda Roudnický zvoní.) Es ist jedenfalls eigenartig, daß Sie glauben, eine sso ernste Angelegenheit durch solche Zwischenrufe stören zu können. Uns liegt nicht daran, ein Theater zu spielen, wir sind nur berechtigt und verpflichtet, die Angelegenheit des Universitätstreites und seine politischen Auswirkungen mit allem Ernst hier zu besprechen. Wir haben die Absicht - und ich habe das bewußt zum Ausdruck gebracht - die Angelegenheit in streng sachlicher Weise zu besprechen, sowie einen streng sachlichen Standpunkt einzunehmen - dabei wollen wir nicht verschweigen, daß wir uns direkt die Mäßigung abringen - weil wir darin die einzig richtige Art sehen, eine Angelegenheit, die einen so traurigen Fortgang genommen hat, in würdiger Weise zu behandeln, indem wir vor aller Welt eine würdige Haltung bewahren, und so zu bedeuten, daß es uns nicht um eine Prestigefrage einer Partei oder der Universität als solcher, sondern um ein lebenswichtiges kulturelles Interesse des gesamten sudetendeutschen Volkes geht. (Potlesk a souhlas.)

Deshalb treten wir mit aller Entschiedenheit für die volle Klarstellung der Angelegenheit ein. Wir erwarten und hoffen, daß die Regierung dem durch eine aufrichtige und rückhaltlose Darstellung der ganzen Zusammenhänge Rechnung tragen wird und vor allem durch eine offizielle Stellungnahme zu den Ereignissen politischer Art, welche sich leider daran geknüpft haben, uns der Beweis gegeben wird, daß sie diese Folgen nicht wollte und daß sie auch der kulturellen Position der Deutschen in diesem Staate damit keinen vernichtenden Schlag versetzen wollte Davon wollen wir in diesem Sinne Gebrauch machen.

Mit unserem feierlichen Protest verbinden wir nichts anderes als ein sachlich ernstes politisches Eintreten für die Kulturgüter unseres Volkes und erwarten, daß uns dementsprechend auch ein Entgegenkommen der Regierung bei allen weiteren Verhandlungen, die noch im Zuge sind, bevorsteht. Für uns Deutsche, für die zu sprechen ich die Ehre habe, handelt es sich um die ernsteste Sorge, um das weitere Schicksal des sudetendeutschen Volkes in diesem Staate, insbesondere in kulturpolitischer Beziehung. (Potlesk.)

2. Øeè posl. inž. Kalliny (viz str. 26 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Zum Zeichen der einheitlichen Auffassung des gesamten Sudetendeutschtums in der Verurteilung des gegen unser erstes Kulturinstitut, die deutsche Universität, geführten schweren Schlages schließt sich unser Klub den diesbezüglichen, heute hier vou ersten deutschen Redner gemachten grundsätzlichen Ausführungen vollinhaltlich an.

Vor Jahresfrist habe ich als Sprecher unseres Klubs in der Generaldebatte zum Staatsvoranschlag schon die Forderung erhoben, daß im Wege der Durchführung von Neuwahlen in allen Körperschaften, in denen es nach dem 4. Oktober 1933 auf Grund des Parteiengesetzes zu Mandatsaberkennungen gekommen ist, der Bevölkerung die Möglichkeit geboten werden solle, sich durch Männer ihres Vertrauens vertreten zu lassen. Heute, nach dem nicht nur für uns, sondern, wie wir glauben annehmen zu können, auch für die Regierenden im Staate es klar geworden ist, daß die gegen unsere Partei verhängte Einstellung auf unrichtigen Voraussetzungen beruhe, erwarten wir entweder durch beschleunigte Verhandlung unserer Beschwerde vor dem Obersten Verwaltungsgericht eine Klärung der Rechtslage oder unter Anwendung der in den § 4, § 9, Abs. 2 und § 11, Abs. 2 enthaltenen Bestimmungen die Herstellung der vollen politischen Freiheiten für alle ehemaligen Anhänger unserer Partei. Durch das Wiederaufleben des passiven Wahlrechtes für alle diejenigen, die dieses durch Aberkennung von Mandaten in Gemeinde, Bezirk und Land verloren haben, könnten alle diese heute dem Wirtschaftsleben der Selbstverwaltungsverbände entzogenen, kenntnisreichen und geschulten Kräfte diesem öffentlich en Wirkungskreise wieder zurückgegeben werden, was gewiß nur ein Vorteil für alle in Frage kommenden Körperschaften wäre.

Im Zuge dieser im öffentlichen Interesse gelegenen Maßnahmen müßte aber vor allem auch jener durch die Auswirkungen des Parteiengesetzes - u. zw., wie ich feststellen konnte, von verantwortlicher Seite nicht gewollte Auswirkungen - betroffenen öffentlichen Beamten und Angestellten gedacht werden, die in mißverständlicher Auslegung der diesbezüglichen Bestimmungen, im Wege der Durchführung von Disziplinarstrafen schwersten Schädigungen ausgesetzt wurden. Wie festgestellt werden konnte, bestand an verantwortlicher Stelle nur die Absicht und die Disziplinarbestimmungen sprechen ebenfalls nur von Tathandlungen, derer sich jemand schuldig gemacht haben muß, um verfolgt werden zu können daß öffentliche Beamte nur dann belangt werden sollen, wenn sie sich durch ein Vergehen einer Gesetzesverletzung schuldig gemacht haben, nicht aber, wie dies bei zwei Ressorts festgestellt werden konnte, wegen der Zugehörigkeit zu unserer. Partei oder ihrer Betätigung als Parteifunktionäre oder als Mandatare in den Selbstverwaltungskörpern. Die in der letzten Woche gefällten Entscheidungen der Disziplinarkommissionen haben erfreulicherweise erkennen lassen, daß sich nunmehr diese gerechte Auffassung auch hier durchgesetzt hat und es steht daher zu hoffen, daß die durch entgegengesetzte Entscheidungen betroffenen Beamten nachträglich einer gleichen Beurteilung bei Rückgängi gmachung der getroffenen, sie schwer schädigenden Maßnahmen teilhaftig werden sollen. Alle diese Menschen kannten in ihrer Betätigung im Dienste nur treueste Erfüllung ihrer Dienstpflichten und in ihrem Wirken in den öffentlichen Körperschaften nur die Erfüllung ihrer Staatsbürgerpflichten im öffentlichen Interesse. Diese Betätigung fand ja auch ihre äußere Anerkennung in der noch zwei Monate vor der Parteieinstellung erfolgten Bestätigung unserer Bürgermeister durch das Innenministerium, bezw. durch die Landesregierung.

Die gleiche Beurteilung verdienen auch die zahlreichen Mitarbeiter in den öffentlichen Institutionen und Beratungskörperschaften, wie Handelskammern, Gewerbegenossenschaften, Handelsgremien und dergleichen. Ihre Belassung in diesen Körperschaften, bezw. ihre Rückeingliederung wäre nur im Interesse der Vertretung der wirtschaftlichen Interessen der Allgemeinheit gelegen, besonders wenn man bedenkt, daß es sich hier nur um Arbeitsgebiete handelt, die fern jeder Politik, aber auch frei von allen parteipolitischen Einflüssen, wie dies ja offen von den anderen Parteien bestätigt wurde, verwaltet wurden. Allgemein wird zugegeben, daß das Verbleiben dieser erfahrenen, oft seit Jahrzehnten sich im Wirtschaftsleben betätigenden Mandatare gerade in den schweren Krisenzeiten, die wir durchleben, nur im öffentlichen Interesse gelegen wäre. Die Erfüllung all dieser Forderungen würde daher dazu beitragen, die Einsatzbereitschaft all dieser Menschen zu steigern und ihre Arbeitskraft dem öffentlichen Wohle wieder dienstbar zu machen. Auch das Rechtsbewußtsein und das Verantwortungsgefühl dieser Kreise würde durch eine solche Regelung nur fester verankert werden.

Und nun will ich zur Besprechung des vorliegenden Staatsvoranschlages übergehen, der gerechterweise nur als Krisenvoranschlag gewertet werden darf. Es ist bedauerlich, daß in früheren Zeiten, also in Zeiten guter Konjunkturen, unsere objektive, ernste Kritik ungehört verhallte und nicht rechtzeitig jene notwendigen Maßnahmen getroffen wurden, die es ermöglicht hätten, heute durch ein Zurückgreifen auf Reserven die jetzigen schweren Krisenzeiten erfolgreicher überdauern zu können. Der Herr Finanzminister hat in seinem Exposé unter anderem folgenden Satz geprägt: "Für die staatliche Wirtschaftsgebarung muß auch weiterhin der Grundsatz der größten Sparsamkeit in Geltung bleiben, und es besteht kein Zweifel, daß auch der Staatsvoranschlag für 1935 mit den größten Schwierigkeiten zusammengestellt wurde", und der Finanzminister sagt an anderer Stelle: "In dieser Situation wäre es ein unverzeihlicher Fehler, wenn wir im Voranschlag 1935 das so hartnäckig und schwer erreichte niedrigere Maß der Staatswirtschaft verlassen würden". Im weiteren Verlaufe seiner Ausführungen verteidigte er trotzdem die vorgesehene Erhöhung der Staatsausgaben und die damit naturgemäß verbundene Erhöhung der Staatseinnahmen für 1935.

Ich glaube, daß der dadurch zutage geförderte Optimismus in keiner Weise begründet ist, auch nicht unter Hinweis auf die angeblich so erhöhten Steuereingänge des laufenden Jahres. Sie dürfen nicht vergessen, daß man bei den vorgesehenen Erhöhungen der Einnahmen im kommenden Jahr mit einer Erhöhung der Steuereinnahmen und Abgaben um rund 510 Millionen Kronen rechnet und daß man mit diesen erhofften Mehreinnahmen ein weiteres Anwachsen des Betriebsdefizits der Staatsbetriebe, das mit 181 Millionen Kè errechnet wird, und einer weiteren Erhöhung der Ausgaben um 382 Millionen Kè rechnet. Diese Tatsache allein bestätigt ja, daß man eben nicht mehr mit einem auf innerer Wahrheit aufgebauten Voranschlag rechnen kann. Denn selbst der Herr Generalberichterstatter hat bei Besprechung des laufenden Voranschlagsjahres darauf hingewiesen, daß man durchaus nicht mit einem günstigen Ergebnis der Staatsabrechnung rechnen könne, sondern daß er selbst das heurige Defizit auf rund 500 bis 700 Millionen Kè einschätzt. Wie man bei dieser Beurteilung gleichzeitig aber auch einer Erhöhung der Staatsaussgaben für 1935 das Wort reden kann, ist mir einfach unverständlich.

Wir haben im Laufe der Jahre unsere Kritik an den vorgelegten Staatsvoranschlägen und an der Staatswirtschaft selbst immer wieder gewissermaßen in drei Hauptpunkten einsetzen lassen, u. zw. erstens vor allem in der Tatsache, daß sich das Parlament praktisch seines vornehmsten Rechtes, des Budgetrechtes, dadurch begeben hat, daß die vorgelegten Staatsvoranschläge ständig zwar nach den sogenannten Beratungen des Budgetausschusses und des Plenums unverändert zur Annahme gelangten, daß aber niemals auch nur eine einzige Post entsprechend den Ergebnissen der Beratungen und Verhandlungen des Parlamentes abgeändert worden ist. Dadurch hat sich praktisch das Parlament von jeder Kontrolle der Staatswirtschaft ausgeschaltet.

Eine weitere Ausschaltung dieser Parlamentskontrolle beruht vornehmlich darin, daß durch eine Reihe von Gesetzen, von der Mehrheit beschlossen, ein Fondsystem in diesem Staate ausgebildet wurde, durch welches alljährlich Milliardenbeträge von vornherein jeder weiteren Kontrolle durch das Parlament entzogen wurden. Wir sehen durch die Auswirkung dieser Fondswirtschaft ein weiteres ständiges Anwachsen der Staatsschuld und ein Anwachsen jener Beträge, die für die Verzinsung und Tilgung der Staatsschuld in Abteilung 4 des Voranschlages untergebracht werden.

Eine weitere berechtigte Kritik wandten wir immer auf gegen die Gebarung der Staatsbetriebe. Und es ist bezeichnend, daß der Herr Generalberichterstatter auf Grund seiner reichen Erfahrungen zu gleichen Urteilen kommt, indem in dem vorliegenden Bericht des Budgetausschusses auf Seite 7 in Besprechung der Staatsbetriebe ausdrücklich Folgendes gesagt wird: "Bei Ausschaltung der beiden Betriebe Tabakregie und Klassenlotterie, die ja Finanzmonopole sind und keine eigentlichen Staatsbetriebe, muß bei allen Betrieben - es werden 15 größere und 3 kleinere angeführt - auch im kommenden Jahr mit einem Defizit von 530 Millionen gerechnet werden. Wir sehen also, daß auch im kommenden Jahre die Staatsbetriebe mit einem Defizit von über 1/2 Milliarde abschließen. Anschließend daran erklärte der Herr Generalberichterstatter, daß die Wirtschaft bei den Staatsbetrieben im ganzen durchaus nicht erfreulich ist." Und trotzdem - und das wurde mir leider auch bei den Verhandlungen im Budgetausschu nicht aufgeklärt, - hat man im Finanzgesetz im Artikel II eine Änderung vollzogen und eine neue Bestimmung aufgenommen, dahingehend, daß der Reinertrag der Staatsbetriebe mit mehr als einer Milliarde errechnet wird, die genaue Ziffer lautet 1.050,000.000, die an die Staatskasse abgeführt werden müssen. Ich verstehe nicht, wenn auf der einen Seite die Staatsbetriebe mit einem Defizit von 530 Millionen Kè abschließen, daß da im Finanzgesetz heuer zum erstenmal mit einem genau präzisierten Reingewinn gerechnet wird.

Besonders beklagt haben wir immer die systematische Ausschaltung der Opposition von der praktischen Beratung im Parlament, vor allem beim Staatsvoranschlag. Denn wenn auch heute von Seiten der Mehrheitsparteien darauf hingewiesen wird, daß der heurige Staatsvoranschlag in Zusammenarbeit mit der Spar- und Kontrollkommission aufgestellt wurde - es handelt sich in Wirklichkeit höchstens um den Spar- und Kontrollausschuß, der unter Ausschaltung der Opposition zusammengesetzt ist - so müssen wir doch mit allem Nachdruck darauf hinweisen, daß doch in einem parlamentarisch-demokratisch regierten Staat die Opposition gewissermaßen als Korrektiv wirken müßte und sollte. Ihre Ausschaltung bedeutet einerseits eine Untergrabung des parlamentarischen Ansehens und andererseits die Aufrichtung eines autoritären Syst ems, in welchem das nackte Mehrheitsprinzip sich praktisch immer mehr der Mehrheitsdiktatur nähert. Naturgemäß birgt eine solche Entwicklung die Gefahr in sich, daß die Teilnehmer solcher Mehrheitsregierungen, die sich streng gegen die Opposition abschließen, mit der Zeit ihre eigenen Parteiinteressen mit den Staatsinteressen gleichzustellen sich bemühen und infolgedessen eine Staatswirtschaft und eine Staatsführung zustande kommt, die durchaus nicht im Interesse der Ges amtheit der Bevölkerung des Staates gelegen ist. Diese Gefahr wird umso bedrohlicher, wenn man es sogar verhindert, daß weite Bevölkerungskreise im Wege der Durchführung von Neuwahlen ihr Urteil sprechen, ja es werden sogar bereits fällige Wahlen aufgeschoben um zu verhindern, daß das Volk seine Meinung kundgibt.

Wir haben alljährlich auch die Verpflichtung gefühlt, u. zw. an Hand von Anführung genauer Ziffern den Nachweis zu erbringen, daß das Sudetendeutschtum innerhalb seiner Lebensbereiche im Staatsvoranschlag vernachlässigt wird, was naturgemäß dem demokratischen Grundgesetz der Gleichheit aller Staatsbürger widerspricht. Es kann und konnte nicht bestritten werden, daß vor allem unser deutscher Nachwuchs bei der Einstellung in den Verwaltungsdienst bei sämtlichen Staatsbetrieben systematisch ausgeschaltet wurde und wird. Wir haben im Laufe der Jahre immer wieder nachdrücklich den Beweis geführt, wie insbesondere unserer deutschen Wirtschaft schwerster Schaden zugefügt wird durch ungerechte Zuteilung der Staatsaufträge, die bekanntlich in viele Milliarden gehen. Im heurigen Staatsvoranschlag betragen sie ungefähr 9 Milliarden. Die Verkürzung des Deutschtums auf kulturellem Gebiet, auf dem Gebiete der Schule, der Kunst, der Wissenschaft, des Theaters usw. ist nur allzu bekannt.


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