Ètvrtek 30. listopadu 1933

Große Aufgaben harren unser auf dem Gebiete der Landwirtschaft, große Aufgaben auch im Staate selbst, durch die immer noch fehlende Bereinigung des Verhältnisses zwischen Deutschen und Èechen. In solchen Zeiten kann nicht mit Kleinigkeiten gearbeitet werden, es muß das Vertrauen geschaffen werden, um für diese großen zu lösenden Aufgaben die Unterlage zu schaffen. Das Problem, welches der ehemalige Ministerpräsident Švehla mit seinen Worten "Gleiche mit Gleichen" aufgeworfen hat, harrt der Verwirklichung und vielleicht war es die oft so entsetzlich schmerzende Nadelstichpolitik, die gewisse Kreise unserer Bevölkerung an diejenigen ausgeliefert hat, die in ihrer Verantwortungslosigkeit Unheil über unser Volk gebracht haben. Wir sehen heute, daß èechische Universitätsprofessoren mit den Studenten vor die Technik ziehen und die Schließung der Technik fordern. Die Straße wird zum poolitischen Kampfgebiet gemacht und wenn auf der Straße Politik getrieben wird, so steht dann bald zu erwarten, daß bald auch wieder einmal Fensterscheiben klirren. Ich glaube, es wären der Möglichkeiten andere gegeben und Fragen unserer höchsten Schulen auf anderem Wege zu bereinigen. Wir sehen bei unserer Intelligenz und insbesondere bei unserer heranwachsenden Intelligenz auch den furchtbaren Anhieb der Krisenauswirkung. Èechen und Deutsche aus den Gebieten dieser Länder, die jetzt im Staate umfaßt sind, haben seinerzeit nach Vollendung der Studien Arbeitsmöglichkeiten überall in der Welt gefunden, aber insbesondere im Rahmen der Österreichisch-ungarischen Monarchie in dem Bereiche Bosniens, in den Alpenländern und in Galizien, wo die èechische und deutsche Intelligenz en masse beschäftigt wurde und dort Hervorragendes geleistet hat. Alle diese Gebiete fehlen. Es bleibt unsere Intelligenz auf einen verhältnismäßig kleineren Raum beschränkt und au ch sie muß den Verhältnissen Rechnung tragend bei ihren Ansprüchen auf die Verwertung des von ihr an den Hochschulen Gelernten ebenfalls mäßiger werden. Wir werden wahrscheinlich diesen Zwangsverhältnissen folgend in absehbarer Zeit schon sehen können, daß der Zustrom zu den Hochschulen ein geringerer werden muß, weil die Möglichkeit der Verwertung des Wissens in der bisherigen Art nicht mehr gegeben ist.

Das ganze Schulgebiet, welches speziell für uns Deutsche immer noch ein großes Wehegebiet ist, wäre am leichtesten zu regeln, wenn man den Deutschen in Form der Schulautonomie die Bewirtschaftung dieses Gebietes unter Aufsicht und Kontrolle staatlicher Organe selbst überließe. Das, was sie brauchten, würden sie sich aufbauen können und dabei ihren sonstigen Verpflichtungen dem Staate gegenüber nachkommen. Es wäre damit ein großer Komplex von Streitfragen ausgeschaltet, die noch Jahre hindurch immer wieder nachwirken, immer wieder noch gewisse unangenehme Momente im beiderseitigen Zusammenarbeiten hervorrufen werden. Es ist eine für uns Deutsche unwürdige Erscheinung, wonach deutsche Schulen in ihrer Organisation andersnationalen Schulleitern unterstehen, d. h., daß dort - wie wir es z. B. in der Slovakei finden - die deutsche Schule in Form von Parallelklassen slovakischen oder èechischen Schulen angegliedert erscheint. Es ist eine von den Selbstverständlichkeiten, daß zumindest die Schulleitung in den Händen des betreffenden völkischen Lehrers ist, der dem Volke, dessen Kind die Schule besucht, angehört. Wenn wir z. B. in Preßburg finden, daß eine ganze Reihe von deutschen Parallelklassen einer slovakischen dreiklassigen Bürgerschule angegliedert sind, so wäre das eine von diesen Selbstverständlichkeiten, die mit zur Durchführung des Švehla wortes " Gleiche mit Gleichen" beitragen könnte, daß diese Störungen aus der Welt geschafft werden könnten. Das Gebiet der Minderheitsschulen zeigt immer noch, daß da und dort noch die Nebenregierungen versuchen, ihr Leben weiter zu fristen. Ansonsten könnte es nicht vorkommen, daß es zur Zeit des 15jährigen Bestandes der Republik noch möglich ist, eine vierklassige èechische öffentliche Schule zu einer dreiklassigen zu restringieren, 34 dadurch freiwerdende èechische Kinder in das nächste deutsche Nachbardorf zu kommandieren, um dort mit diesen 34 fremden èechischen und zwei seßhaften èechischen Kindern eine zweiklassige èechische staatliche Minderheitsschule zu schaffen. Das ganze Minderheitsschulgebiet ist sehr rasch zu bereinigen. Es brauchten lediglich die vom Herrn Minister Dr. Dérer aufgestellten Grundsätze der Verwirklichung zugeführt zu werden. Dort, wo Kinder bis zu einer gewissen Mindestzahl sind, gehört eine Minderheitsschule hin. Ausgeborgte, gekaufte, transferierte, auf Kilometerentfernung mit Bahn oder Autobus zugeführte Kinder haben mit der betreffenden Minderheitsschule in der Mehrheitsgemeinde nichts zu tun. Damit wäre ein großes Gebiet bereinigt und für ein großes Gebiet Ruhe geschaffen. Es wird gern von èechischer Seite - insbesondere sind es die Herren von der nationaldemokratischen Gruppe und insbesondere das Abendblatt des "Národ" darauf verwiesen, wie stark die Deutschen in diesem Staate bereits geworden sind dadurch, daß sie jetzt in diesem Staate immer noch Germanisierungsbestrebungen durchführen. Beweis dessen die Statistik mit dem Ausweis, es seien an 3000 èechische Kinder in den deutschen Schulen zu finden. Wir hatten schon im Vorjahre die Möglichkeit z. B. bei Reichenberg nachzuweisen, wieso diese èechischen Kinder in die deutsche Schule kommen. Es waren ihrer dort 56 und ich konnte nachweisen, daß von den 56 èechischen Kindern 40 mit Erlaubnis und über Bitte der èechischen Eltern in die 4. deutsche Bürgerschulklasse aufgenommen worden sind, damit sie deutsch lernen und daß die übrigen 16 Kinder Tauschkinder waren, für welche deutsche Kinder in die èechischen Dörfer kamen, daß also mit Willen der Eltern und mit Erlaubnis der vorgesetzten Schulbehörden sicherlich doch keine Germanisierungsbestrebungen vorliegen. Gerade so, wie es der Wille deutscher Eltern ist, ihre Kinder èechisch lernen zu lassen, finden sich zahlreiche èechische Eltern, die ihre Kinder deutsch lernen lassen wollen. Wie gesagt, auf diesem Gebiete würde in dem Augenblick Ruhe eintreten, wenn der vom Herrn Minister Dr. Dérer aufgestellte Grundsatz verwirklicht werden würde. Damit wäre viel Streit und unnötiger Hader aus der Welt geschafft. Es wird darauf verwiesen, daß 3000 èechische Kinder in deutschen Schulen sind, es wird aber vergessen, gleichzeitig hinzuzufügen, daß nach derselben Statistik die annäherndeZahl deutscher Kinder in èechischen Schulen 8000 erreicht. Ebenso verweist man darauf, daß eine ganze Menge von unnützen deutschen Schulen mit geringer Kinderanzahl besteht. Es ist aber ein groß er Unterschied wo die betreffende Schule errichtet wird. Wenn sie oben im Gebirge ist, wo infolge der ungangbaren Wege der Zugang in das Nachbardorf zur dortigen Schule den größten Teil des Jahres über für die Kinder unmöglich ist, dann ist es wohl notwendig, daß auch dort für eine Minderzahl von Kindern eine Schule oder eine Schulexpositur besteht. Es ist aber nicht notwendig, wie erst in den letzten Tagen der Versuch unternommen worden ist, z. B. in Laubendorf eine èechische Schule für 9 èechische Kinder zu errichten, trotzdem 1 km entfernt, zusammengebaut mit der Stadt, in der Stadt Polièka die hoch organisierte èechische Schule zur Verfügung steht. Aus dem einen Ortsteil sollen die èechischen Kinder nicht einen Kilometer weit gehen dürfen, während andererseits deutsche Kinder bis zur deutschen Schule - es ist ein Längenort - 3 1/4 km zu gehen haben, um zu ihrer Schule zu kommen.

Ein weiteres Problem möchte ich noch aufwerfen, das sehr viel Unheil hervorruft. Es sind dies die gemischten Ehen und die Bestimmung der Nationalität der Kinder aus diesen Ehen. Im Gesetz heißt es: die Nationalität der Kinder richtet sich nach der Nationalität des Familienerhalters oder der Muttersprache. Es ist der Ausweg auf jeden Fall gefunden; ist der Erhalter der deutsche Teil, dann nehme ich die Muttersprache der èechischen Mutter, ist die Mutter deutsch, nehme ich den èechischen Familienerhalter. Auf jeden Fall wird das Kind aus gemischten Ehen für die èechische Nationalität reklamiert, sogar dann, wenn nach diesem Gesetz keiner dieser Fälle zutrifft. Wir haben folgenden Fall anhängig gemacht: Solange der èechische Vater gelebt hat, hat er die Erziehung seiner Kinder in der deutschen Schule durchgesetzt. Er hat diesen Willen im Rekurswege durchgesetzt. Der èechische Vater starb und es blieb nunmehr die deutsche Mutter. Also jetzt ist sowohl der Familienerhalter als auch die Muttersprache die deutsche, und trotzdem mußte jetzt erst das deutsche Kind aus der deutschen Schule ausgeschult und in die èechische Schule eingeschult werden. Das sind Wahnwitze, das sind Ausgeburten, die in einem Rechtsstaat nicht vorkommen sollen, die geeignet sind, immer wieder rascher zu bewegenden Elementen und Menschen Grund zur Annahme zu geben, hier liege Vergewaltigung vor. Es wäre hoch an der Zeit, wenn diese Fälle aus der Welt geschafft würden, um endlich in Ordnung zu kommen.

Und um diese Selbstverständlichkeiten geht es eigentlich auf allen Gebieten. Es ist zwar selbstverständlich, daß endlich die Schwellenlieferungsgeschichte in Ordnung gebracht werden muß, daß es nicht angeht, daß die staatlichen Wälder die Schwellen erzeugen, sie dann aber einem Großhändler übergeben müssen und der erst das Geschäft bei der Lieferung an das Eisenbahnministerium macht. Es ist das schon eine alte Geschichte, aber es wäre notwendig, wenn sie schon raschest zur Bereinigung käme. Die ganze Öffentlichkeit wartet darauf, daß derartig grobe Sachen gründlich bereinigt werden. Dann wird auch das Vertrauen wachsen. Es ist selbstverständlich, daß auf allen Gebieten gespart werden muß, aber bei diesen Sparmaßnahmen darf es nicht vorkommen, daß bei staatlichen Lieferungen deutsche Firmen vollständig ausgeschlossen bleiben. Es ist selbstverständlich, daß auch die deutsche Wirtschaft zu ihrer Belebung die staatlichen Vergebungen braucht und daß sie gewiß so wertungsfähig ist, den an sie gestellten Anforderungen gerecht werden zu können. Es darf nicht vorkommen, daß deutsche Soldaten vom Besuche der Reserveoffiziersschulen ausgeschlossen werden, nur deshalb, weil sie Deutsche sind. Sie sind in der Lage und auch dazu verpflichtet, dem Staat Dienst zu leisten und haben infolge dessen bei entsprechender Qualifikation auch den Anspruch, in alle die Schulen gehen zu können und zu müssen, die eben zur Verfügung stehen.

Es herrscht vielfach noch die Hetze, noch vielfach der Chauvinismus. Der Chauvinist ist eigentlich einzig und allein nur dadurch, daß er den Chauvinismus praktisch betreibt, imstande, zu decken, was sonst an seiner Person gedeckt werden müßte oder was offen betrieben nicht so ganz das Sonnenlicht verträgt. In der letzten Zeit sind förmlich Aufforderungen hinausgegangen und mehr oder weniger geschickt der deutschen Öffentlichkeit der Auftrag zugegangen, den Beweis der loyalen Einstellung zum Staate zu erbringen. Gewisse Kreise haben sich soweit herbeigelassen, auch von uns neue Loyalitätskundgebungen zu fordern. Den Herren kann ich zur Beruhigung sagen: Unsere Einstellung zum Staate haben wir im schwersten Kampfe Deutscher unter Deutschen bereits seit dem Jahre 1924 der ganzen Öffentlichkeit bewiesen und es ist gewiß nicht notwendig, daß wir da allenfalls an Augenauswischereien oder dergleichen zu denken brauchen. Wir wissen, daß im Staat Ordnung geschaffen werden muß, daß deshalb verantwortungsvolle Funktionäre an der Arbeit sind, hier Ordnung zu schaffen. Wir sehen, wie sehr das Budget zusammengestrichen worden ist, um auf ein möglichst ausgeglichenes Budget zu kommen, das den Tatsachen halbwegs entspricht. Wir hoffen, daß die Verhältnisse nicht noch stärker an uns herantreten, daß die Voraussetzungen des Staatshaushaltplanes auch eintreten und sind willens, diese Arbeit weiterhin mitzuleisten und unsere Kräfte zur Verfügung zu stellen. In ehrlicher Mitarbeit wollen wir das Unsere dazu beitragen, daß die Wirtschaft des Staates und seine Volkswirtschaft einer Erneuerung entgegengebracht wird und wir wollen aus diesem Grunde auch dem heurigen Budget unsere Zustimmung nicht versagen. (Potlesk.)

2. Øeè posl. inž. Kalliny (viz str. 17 tìsnopisecké zprávy):

Meine Herren! Das Budgetrecht des Parlaments ist sein weitestgehendes und vornehmstes Recht; freilich nur dann, wenn das Parlament von ihm auch wirklich Gebrauch macht, nicht aber wenn es sich, wie bisher, immer wieder selbst ausschaltet. Von einem wirklichen Einfluß des Parlaments auf die Gestaltung der verschiedenen Staatsvoranschläge und darüber hinaus auf die Staatswirtschaft konnte doch bisher keine Rede sein, da doch grundsätzlich keiner noch so sachlichen Kritik Rechnung getragen wurde und von vornherein festgesetzt war, daß an keinem Posten des Voranschlags auch nur die geringste Änderung vorgenommen werden dürfe. Die Folgen dieses undemokratischen Vorgehens sind, daß die Gestaltung der Staatswirtschaft nur von einigen wenigen Personen beeinflußt wird, während die ganze Bevölkerung für die verfehlte Wirtschafts- und Staatspolitik die Zeche zu bezahlen hat. Schuld an dieser Entwicklung tragen alle Mehrheitsparteien und vor allem auch jene, die früher in Opposition stehend, unter Berufung auf den notwendigen Schutz der Wirtschaft und der steuertragenden Bevölkerung, sachliche Kritik geübt und berechtigte Forderungen aufgestellt haben, die aber in dem Augenblick, wo sie an der Macht im Staate teilnahmen, sich sofort nach den früher von ihnen so scharf bekämpften Methoden der hier üblichen Budgetierung richteten und dann alles nur zur Sicherung ihrer ureigensten Parteiinteressen taten. Für die Gestaltung der Staatswirtschaft sind dann eben nicht mehr die Volksinteressen, sondern einzig und allein die Parteiinteressen ausschlaggebend geworden und diese Entwicklung trägt die innere Hauptschuld an der Katastrophe, die über die Staatswirtschaft und damit über die gesamte Volkswirtschaft hereingebrochen ist. Allen Warnungen zum Trotz hat man dieses System fortgesetzt, niemand kann leugnen, daß wir nicht rechtzeitig die unwirtschaftliche Verwaltung vor allem bei den Staatsbetrieben kritisiert haben, namentlich bei den Staatsbahnen und auf die seit Jahren geübte verschleierte Budgetierung bei diesem größten Staatsunternehmen hingewiesen haben. Man versuchte immer wieder, diese unsere sachliche Kritik durch den Hinweis auf die in den Staatsvoranschlägen ausgewiesenen Reingewinne zu entkräften. Daß diese Reingewinne nur dadurch entstanden sind, daß man sie künstlich durch Überweisungen aus der Staatskasse konstruierte, wurde der Bevölkerung verschwiegen. Noch im Jahre 1932 hatte man den traurigen Mut, im Staatsvoranschlag entgegen den von mir geführten Nachweisen eines zu erwartenden Abganges von fast einer Milliarde zu behaupten, daß dieser Abgang nur 45,862.760 Kè betragen werde. Der nunmehr vorliegende Staatsrechnungsabschluß über das Jahr 1932 bestätigt aber, daß dieser Abgang tatsächlich den Betrag von 891,732.308 Kè erreicht hat, also um 845,869.548 Kè höher war, als er im Staatsvoranschlag ausgewiesen war.

Bei der Beratung des Staatsvoranschlages für 1933 habe ich unter anderem auf die nach meiner Berechnung um 300 Millionen zu hoch angesetzte Post "Erlös der Tabakregie aus dem Verkauf im Inlande" hingewiesen. Ich wies darauf hin, daß man daher nicht von einer Budgetwahrheit sprechen könne und daß solche Budgetierungsmethoden sich sowohl an der Wirtschaft als auch vor allem an dem Lebensstandard, durch dann zu erwartende Kürzungen der Gehälter der Staatsbeamten katastrophal auswirken müssen. In dem letzten mir zur Verfügung stehenden Monatsausweis des Finanzministeriums für den Monat Juli dieses, also des laufenden Jahres, ist auch der bisherige Abgang in den ersten 7 Monaten in der von mir gekennzeichneten Post bei der Tabakregie schon mit 294,895.252 Kè ausgewiesen. Also eine neuerliche Bestätigung für die Richtigkeit meiner Behauptung bezüglich der vollständig unzulänglichen Beratungsund Budgetierungsmethoden und der darin gelegenen Irreführung der Öffentlichkeit. Alle diese Tatsachen hindern aber die Regierungsmehrheit auch in der jetzigen Katastrophenzeit nicht, in dem jetzt zur Beratung stehenden Voranschlag für 1934 wieder z. B. der vorhin gekennzeichneten Post der Tabakregie, entgegen dem vorliegenden Ergebnis der Staatsrechnungsabschlüsse für die Jahre 1931 und 1932 und entgegen der vorhin gekennzeichneten katastrophalen Entwicklung, im laufenden Jahr abermals einen um mindestens 90 Millionen zu hoch angesetzten Betrag auszuwerfen. Schon dieses unverantwortliche Vorgehen läßt erkennen, daß auch diesmal von einem aktiven Budget überhaupt nicht die Rede sein kann.

Es ist auch nicht unbekannt, daß zu wiederholtem Male die Bestimmungen des Finanzgesetzes nicht eingehalten wurden. Wie auch die Bestimmungen des vorliegenden Finanzgesetzes für 1934 zu werten sind, will ich an der Hand einer kurzen Betrachtung feststellen. Im Art. VII des vorliegenden Finanzgesetzes heißt es unter anderem: "Dabei dürfen nur die notwendigen Erfordernisse der Staatsverwaltung in unerläßlichem Ausmaße und in zweckmäßigster und wirtschaftlichster Weise beschafft werden." Das soll wohl heißen "verwendet" werden. "Die von der Regierung oder im Einvernehmen mit dem Finanzminister festgesetzte Höhe des Aufwandes für gewisse Maßnahmen, z. B. Bauten und andere Arbeiten, darf ohne Zustimmung derselben nicht überschritten werden". So ist der Wortlaut des Finanzgesetzes; nur die wirtschaftlichste Verwaltung der in dieser schweren Krisenzeit aus der Bevölkerung herausgepreßten Steuersummen. Wie wird aber in Wirklichkeit mit diesen Steuersummen auch in diesem schwersten Krisenjahr gewirtschaftet? Wieder nur ein Beispiel hiefür. Es dürfte nicht unbekannt sein, daß z. B. die staatliche Bergwerksdirektion in Brüx bei Preschen eine neue Tiefbauanlage in Bau hat, die bei einer Belegschaft von 1.000 Mann jährlich 6 Millionen Meterzentner, d. s. täglich 200 Waggons zu 10 Tonnen fördern soll. Bis Ende 1932 hat der Bauaufwand hiefür laut Staatsvoranschlag, der mit 45 Millionen veranschlagt war, bereits einen Aufwand von 54,616.534 Kè 64 h erfordert. Für das Jahr 1934 ist im vorliegenden Staatsvoranschlag ein weiterer Beitrag für den Bauaufwand in der Höhe von 5,700.000 Kè vorgesehen, sodaß mit Recht angenommen werden muß, daß der Gesamtaufwand dieser Tiefbauanlage über 60,000.000 Kronen erfordern wird. Diese gewaltigen Baukosten allein belasten den Waggon Kohle mit 100 Kè. Schon diese Ziffern beweisen, daß die Neuerrichtung dieser kostspieligen Anlage im gegenwärtigen Zeitpunkte mit wirtschaftlichen Motiven nicht begründet werden kann. Niemand wird leugnen können, daß die einst blühende nordwestböhmische Kohlenindustrie durch die Zerschlagung der ehemals bestandenen großen Wirtschaftsgebiete und durch die unglückselige Außen-Export- und Kohlenpolitik lahmgelegt wurde. Die Absatzkrise dieses böhmischen Braunkohlengebietes hat sich damit zu einem chronischen Zustand ausgewachsen. Es handelt sich also nicht nur um eine augenblickliche Verschlechterung der Exportlage. Es ist ja nur allzu bekannt, daß in diesem Gebiete ununterbrochen Arbeiter- und Beamtenentlassungen stattfinden, ja Stillegungen von ganzen Betrieben sind an der Tagesordnung. Nicht nur die Privatbetriebe sondern auch alle staatlichen Betriebe arbeiten seit Jahren meist nur mit zwei oder drei Förderschichten in der Woche. Es ist doch kein Geheimnis und es gehört nicht viel Sehergabe dazu, vorauszusehen, daß durch die Neuanlage der Preschener Anlage mit 60.000 Waggons jährlicher Fördermenge das Elend nur noch in unverantwortlicherer Weise verschärft werden wird. Früher behauptete man, daß es sich um einen Ersatz des Förderbetriebes am Schacht Julius II handle. Man scheint vergessen zu haben, was man im Staatsvoranschlag vom Jahre 1929 geschrieben hat. Dort ist ausdrücklich zu lesen, daß die Lebensdauer dieses Schachtes durch den im Vorjahr im Felde Julius I eröffneten Tagbau um weitere 10 Jahre verlängert wurde und daß durch das Freiwerden des Schutzpfeilers unter dem Kopitzer Rangierbahnhof der Schacht Julius II eine weitere Verlängerung der Lebensdauer um 10 Jahre erfährt, also insgesamt um 20 Jahre. Zur Begründung der neuen Tiefbauanlage in Preschen hat man aber auf die baldige Ausschaltung des Schachtes Julius II verwiesen. Das war im Jahre 1927. Im Jahre 1929 sagte man bereits das Gegenteil und verlängerte die Lebensdauer des Schachtes um 10 Jahre. Trotzdem hat der Staat in dieser furchtbar schweren Krisenzeit nichts anderes zu tun, als hier diesen Riesenmillionenbau aufzuführen, wodurch nicht nur die bestehende Kohlenindustrie mit staatlichen Mitteln gefährdet, sondern gleichzeitig weiteren hunderten und aber hunderten deutschen Kohlenarbeitern jedwede Arbeitsmöglichkeit genommen werden wird.

Das nennt man Sozialpolitik und vielleicht soll das der erste Anfang der hier feierlich verkündeten staatlichen Planwirtschaft sein, die man nunmehr zur Durchführung bringen will.

Ich habe mit Absicht nur diesen einen krassen Fall aus der Staatswirtschaft hervorgehoben, um hier die unwirtschaftliche Betätigung, ja die Schädigung der Allgemeininteressen durch die Staatswirtschaft unter Beweis zu stellen. Es darf daher nicht Wunder nehmen, wenn die Steuereingänge zurückgehen, wenn man gestützt auf die Mittel der Steuerträger der Privatindustrie eine solche unwirtschaftliche Konkurrenz macht, besonders auch eine solch' unsoziale Konkurrenz gegen jene Arbeiter, die bei Eröffnung dieser Tiefbauanlage in den anderen Schächten ihre Arbeitsmöglichkeit verlieren werden.

Solche Wirtschaftsmethoden sind die selbstverständliche Folge der restlosen Ausschaltung der oppositionellen Parteien von der Beratung über die Staatswirtschaft. Diese Ausschaltung wird bewußt seit Jahren betrieben; und es ist nicht wahr, wenn man behauptet, daß die beiden letzten Voranschläge unter Mitwirkung des Parlaments erfolgt sind. Man beurteilt das Parlament ungefähr so, wie man es vor kurzem bei der Auslegung der Wahlordnung machte. Man sagt heute, es ist nicht wahr, daß 300 Abgeordnete das Parlament bilden müssen, sondern das ist nur die Höchstzahl. Diese Rechnung stimmt eben nur dann, wenn man auf dem Standpunkt steht, daß das Parlament nur dargestellt wird durch die Parlamentarier der jeweiligen Regierungsmehrheit; es stimmt aber nicht und ist daher ein Unrecht, wenn man nicht die gesamten Mitglieder des Parlamentes darunter versteht, die auf Grund der Verfassung in das Parlament entsandt wurden. (Výkøiky posl. dr Schollicha.)

Ich muß hier betonen, daß ja die Opposition gleichermaßen von den Arbeiten der Ersparungs- und Kontrollkommission ausgeschlossen ist. Ich nehme die Gelegenheit wahr und erwarte von der gesamten Presse im Interesse der gesamten Öffentlichkeit, daß endlich mit der Irreführung der Öffentlichkeit gebrochen wird, daß man ständig von einer Mitarbeit der Erspar- und Kontrollkommission bei der Budgetvorbereitung und Beratung spricht. Das ist nicht wahr. Die Ersparungs- und Kontrollkommission wird gar nicht einmal zu einer Sitzung zusammenberufen. Seit ihrem Inslebentreten hat eine einzige Arbeitssitzung u. zw. nur als ein Anfang einer solchen stattgefunden. Als ich im Laufe dieser Sitzung drei Anträge stellte, deren Annahme es den Kommissionsmitgliedern auch wirklich ermöglicht hätte, eine Kontrolle der Staatswirtschaft zu üben, wurde die Sitzung unterbrochen. Ich forderte nämlich das ungeheuerliche, daß den Mitgliedern dieser Kontrollkommission laufend Monatsausweise übermittelt werden, in denen die Ausschreibungen aller Staatslieferungen angeführt sind, zweitens forderte ich die Bekanntgabe der Firmen, die die einzelnen Staatslieferungen bekommen haben und drittens forderte ich die Angabe, mit welchem Betrage diesen Firmen diese Aufträge zugeteilt wurden. Solche Monatsausweise in der Hand jedes einzelnen Mitglieds der Sparund Kontrollkommission würden es ermöglichen, diese 10 Milliardenaufträge im Jahre einer gewissen Kontrolle zu unterziehen und gemäß den Bestimmungen des Gesetzes über die Kontrollkonunission eine wirkli he Kontrolle auf Grund praktischer Grundlagen auszuüben. In diesem Augenblick wurde die Sitzung unterbrochen mit der Bemerkung, man müsse erst mit der Regierung Fühlung nehmen und seither wurde diese Sitzung nicht wieder fortgesetzt. Trotzdem hat man den traurigen Mut, in der Öffentlichkeit immer wieder von den Arbeiten der Ersparungsund Kontrollkommission zu sprechen. In Wirklichkeit sind dies nur Arbeiten des Ausschusses der Kontroll- und Ersparungskommission, jener kleinen Gliederung, die man nur aus Regierungsmehrheitsmitgliedern zusammengesetzt hat, mit der naturgemäßen Absicht, die Opposition und damit einen Teil des Parlamentes von jedweder Kontrolle auszuschalten; geleitet von der Absicht, um Gotteswillen die Arbeiten dieses Ausschusses nicht kontrollieren zu lassen, der sich zwar dazu aufschwang, die an sich niedrigen Staatsbeamtengehalte bedeutend herabzusetzen, der sich aber nicht dazu aufschwingen kann, an unproduktiven Ausgaben zu sparen und Korruptionsquellen zu sperren, die im Wege von verschiedenen Machinationen das öffentliche Leben belasten. Ein Einblick in die dunkeln Teile der Staatswirtschaft könnte den Mitgliedern der Ersparungskommission durch die beantragten Monatsausweise gewährt werden. Ich behaupte, daß neben den Großmachtsallüren gerade dieses staatliche Vergebungswesen die innere Quelle der furchtbaren Katastrophe ist, in die die ganze Staatswirtschaft hineingeschliddert ist.

Ich habe mich bemüßigt gefühlt, hier dies vorzubringen und erwarte auch von der èechischen Presse, daß sie von diesen Tatsachen Notiz nehmen wird, um die Öffentlichkeit und vor allem die Staatsbeamtenschaft darüber aufzuklären, wo die wirklichen Fehlerquellen der Staatswirtschaft zu suchen sind. An Hand der wenigen Beispiele wollte ich nur den Nachweis erbringen, wie dringend, sowohl im Interesse der steuertragenden Bevölkerung als auch im Interesse des Staates selbst, eine wirkliche demokratische Handhabung der parlamentarischen Einrichtungen wäre. Es genügt nicht nur von Demokratie zu sprechen, sondern es müßte auf Grund der Gleichberechtigung allen Mitgliedern dieses Hauses die Ausübung nicht nur der verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte, sondern auch der damit übernommenen Pflichten ermöglicht werden. Wir wollen trotzdem, wie ich bereits im Budgetausschuß erklärt habe, anerkennen, daß unter der jetzigen Regierung Malypetr der Versuch unternommen wurde, halbwegs Ordnung in die Staatswirtschaft zu bringen, freilich gleichfalls unter Ausschaltung der oppositionellen Mitglieder dieses Hauses und - infolgedessen auch nicht mit dem erwarteten Erfolge. Aber in Wertung dieser guten Absicht werden wir heuer für das Kap. 1 "Präsident der Republik" stimmen, weil wir wissen, welche Folgen eine weitere Zerrüttung der Staatswirtschaft vor allem für uns Sudetendeutsche mit sich brächte. Wir verhehlen uns hiebei durchaus nicht, daß die bisher in dieser Richtung getroffenen Maßnahmen unzulänglich sind und daß an der bisher immer geübten schweren Benachteiligung der sudetendeutschen Belange noch nicht die geringste Änderung eingetreten ist. Weder auf dem Gebiete der Beamtenpolitik, wo nach wie vor die deutschen Bewerber auch bei Nachweis der vollen Kenntnis der Staatssprache ausgeschaltet bleiben, noch auf kulturellem, noch auf wirtschaftlichem Gebiete ist bisher irgendetwas geändert worden.

Wie sich im übrigen im Laufe der letzten Jahre bei den, die Demokratie angeblich verteidigenden Parteien die Auffassung gegenüber den hier herrschenden Zuständen geändert hat, sei mir gestattet an Hand eines Zitates darzulegen. Ich werde bei der Verlesung an Stelle der Partei, die diesen Beschluß gefaßt hat, vorläufig den Namen weglassen und nur von einer Partei sprechen und zum Schluß erst sagen, um welche Partei es sich handelt. Ich werde infolge dessen auch, wenn von Parteigenossen die Rede ist, von Volksgenossen sprechen. Es ist die Entschließung, die eine der jetzigen Regierungsparteien am 15. August 1929, also vor einem kurzen Zeitraum, nicht etwa in der Vorkriegs- oder Kriegszeit gefaßt hat. Diese Entschließung lautet: "Die Parteivertretung stellt mit Empörung fest, daß die politische Reaktion in der Èechoslovakei neuerlich ihren Kurs verschärft hat und daß ein schrankenloses Polizeiregime die letzten Reste der ohnehin arg verkümmerten Freiheit der Meinungsäußerung, der Vereins- und Versammlungsfreiheit, der Pressefreiheit, der parlamentarischen Immunität, kurz alle Grundlagen der politischen Freiheit zu vernichten droht. Versammlungsverbote, Konfiskationen, Zeitungseinstellungen, Verhaftungen ohne richterlichen Befehl, häufen sich in einem bisher nicht dagewesenen Ausmaße. Es kakann unseren Standpunkt nicht im geringsten beeinträchtigen, daß sich die Persekutionshandlungen in erster Linie - ich sage hier zwei Parteien, es ist im Wortlaut nur eine angeführt und im weiteren Verlaufe statt Partei "Volk" - richten. Die Verfolgung unserer Jugendlichen, das Verbot von Antikriegskundgebungen, die Konfiskation der Zeitungen, die unerhörte Mißhandlung eines Parteigenossen durch die Staatspolizei zeigen, daß dieses Terrorsystem in seiner Konsequenz die ganze Volksbewegung trifft."


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