Sehr geehrte Herren! Es ist uns schon ich glaube es ist jetzt ungefähr anderthalb Jahre her - wenn auch nicht in diesem Hause ein Entwurf über ein Kartellgesetz vorgelegen. Heute ist das Kartellgesetz im Hause selbst. Die Regierung ist mit einer neuen Vorlage erschienen und ich gglaube, daß bei objektiver Prüfung dieser Vorlage Sie den früheren Entwurf gegenüber als ein Fortschritt zu bezeichnen ist. Allerdings, viel darf man sich auch von diesem Gesetz nicht versprechen, allzu große Wirkungen wird es wahrscheinlich nicht zur Folge haben. Aber ich möchte nur daran erinnern, daß einmal ein englischer Staatsmamann, als die Rede auf die englische Flotte kam, ein sehr gutes Wort gesagt hat; er meinte, die englische Flotte wirke "in beeing", das heißt dadurch, daß sie da sei. In dieser Beziehung möchte ich auch den Wert dieses Gesetzes in erster Linie charakterisieren. Dadurch, daß die Kartelle des Geheimnisses, das um sie liegt, entkleidet werden, dadurch daß der Kartellvertrag vorgelegt werden muß, daß die Urkunden, wenn sie auch der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind, was meiner Ansicht nach durch das Geschäftsgeheimnis begründet ist, daß diese Urkunden immerhin hinterlegt werden müssen und daß die Regierung die moralische Verpflichtung erhält, die Preisbewegung zu überwachen, daß insbesondere aber auch die Personen, seien es die Teilnehmer des Kartells, seien es die Konsumenten, einen Schutzanspruch bekommen, daß sich übervorteilt fühlende Teilnehmer eines Kartellvertrags ein Rücktrittsrecht bekommen - in all diesen Dingen, besonders darin, daß die Kartelle aus dem Dunkel, in dem sie bisher gestanden sind, auf die immerhin beleuchtete Bühne der Öffentlichkeit vordringen, sehe ich einen Fortschritt dem früheren Zustand gegenüber und in der Einrichtung der Kompetenzzen, die in dem neuen Gesetz über wirtschaftliche Monopolstellungen enthalten ist, sehe ich einen Fortschritt gegenüber dem ersten Entwurf.
Es ist ein Schiedsverfahren vorgesehen, es ist ein Einschreiten der Regierung vorgesehen, bzw. der zu errichtenden Kommissionen, es ist ein Kartellgericht vorgesehen, und es ist dabei nicht ausgeschlossen worden, daß reine Rechtsfragen, wie sie sich beispielsweise aus dem Rücktrittsrecht ergeben, wor die ordentlichen Gerichte kommen. Gegenüber dem zuerst seinerzeit vorgesehenen ganz ungefügen Organ, das juristische und admdministrative Fragen zu beantworten hatte, sind die neuen Kommissionen entschieden ein Fortschritt. Immerhin hätte ich mir vorstellen können, daß sie auch anders gestaltet werden und sie wären wahrschscheinlich anders gestaltet worden, wenn man etwas getan hätte, was eigentlich Pflicht der Regierung ist und was diesmal leider wieder unterlassen wurde. Denn soviel ich gehört habe, ist dieser Entwurf neuerdings vorgelegt worden, ohne daß die dazu kompetenten Organisationen, die Handels- und Gewerbekammern, ihre Meinung hätten äußern können. Sie haben vor vielen, vielen Jahren einen Wirtschaftsbeirat ins Leben gerufen und dieser Wirtschaftsbeirat ist teils durch das Verschulden der Regierung, teils durch eigenes Verschulden eingeschlafen. Man hat ihn mit großem Trommelfeuer zu neuem Leben erweckt und nun kommen wirtschaftliche Maßnahmen von immerhin ziemlich großer Tragweise und niemand hat gehört, daß dieser Wirtschaftsbeirat Gelegenheit auch nur zu einer Äußerung gehabt hätte. Ich weiß, daß in diesen Äußerungen oft gewisse Gefahren liegen, indem die Sachen verschleppt werden, man kann aber schließlich einer solchen Organisation einen derartigen Entwurf übermitteln mit einer angemessenen Frist zur Beantwortung mit dem Beifügen, daß man einfach zur Tagesordnung übergehen wird, wenn in der angegebenen Zeit die Erledigung nicht eintrifft. Ich glaube aber auf das entschiedenste meine warnende Stimme erheben zu müssen, daß auf diese Weise fortgefahren wird, daß die dazu berufenen Handels- und Gewerbek ammern, die gerade bei uns in der Èechoslovakei über eine Anzahl ausgezeichneter fachlicher Kräfte verfügen, einfach übergangen werden, als ob sie Luft wären. Diese Kommissionen, die eingesetzt werden und bei denen der Schwerpunkt der ganzen Verfügungen ruht, diese Kommissionen setzen sich bei uns ausschließlich aus Beamten zusammen. Ich frage mich, was stand denn im Wege, schon bei der ersten Instanz auch das Leienelement wirksam werden zu lassen? Welche Aufgaben mutet man dem Beamten zu, von dem man verlangt, derartige in dide Feinheiten des Wirtschaftslebens einschneidende Verfügungen sua sponte zu treffen? Gewiß, man hat ihm das Recht eingeräumt, auch Schverständige zu hören, aber andererseits kennt man das Bestreben, die Tendenz gewisser Beamten, ja nur nicht in diese Atmosphäre der Souveränität, in die sie sich an ihrem Schreibtisch eingelebt haben, eingreifen zu lassen.
Hier ist entschieden ein Nachteil und man kann heute noch nicht sagen, ob der Mangel der obligatorischen Einstellung des Laienelements schon bei den Kommissionen dazu führen wird, daß die Kommissionen verfehlte Entscheidungen treffen werden, oder ob er dazu führen wird, daß die Behörde, die beamtete Kommission davor zurückschrecken wird, in vielen Fällen, wo es erforderlich erscheint, eine Entscheidung zu treffen.
Was das Prinzipielle anbelangt, stehe ich auf dem Standpunkt, daß, wenn ich auch einer gewissen Freiheit der Wirtschaft das Wort spreche, eine Überwachung dieser Organisationen, ob sie Kartelle, Syndikate, Verkaufsbureaux oder Trusts heißen, im allgemeinen Interesse notwendig ist, und ich begrüße daher eine derartige Maßnahme. Natürlich kommt es dabei, und das muß immer hervorgehoben werden, viel weniger darauf an, was in diesem Gesetz steht, es kommt gerade bei einem solchen Gesetz, wie es das Kartellgesetz ist, darauf an, wie man sich zu den wirtschaftlichen Fragen einstellt, inwiefern man Produktion und Konsum schützen will, kurzum auf das Maß von Verständnis für die Allgemeinheitsowie für den indiividuellen Betrieb, auf die Erfahrung, den guten Willen und insbesondere auf den Willen zur Objektivität kommt es an, wenn man den Wert eines solchen Gesetzes auf längere Sicht beurteilen will. Es ist auch zu begrüßen, daß das Gesetz nicht bei den Organisationen der Unternehmungen stehen geblieben ist, sondern auch die sogenannten Privatmonopole und sogar gewisse Outsiders mitinbegriffen hat, obzwar in den betreffenden Paragraphen das Wort "stupeò", d. h. "derselben Stufe" nicht recht glücklich gewählt erscheint, da man sich unter diesem Wort verschiedenes vorstellen kann. Aber das ist schließlich ein geringfügiger Mangel, demgegenüber die Vorteile überwiegen. Jedenfalls sind dem Gesetz, wenn es auch natürlich nicht ein Gesetz für, sondern gegen die Kartelle ist, jene Schärfen genommen, die im ersten Entwurf enthalten waren und die in vielen Fällen sehr leicht hätten dazu führen können, daß man das Kind mit dem Bade ausgeschüttet hätte. Denn daß Kartelle - so schädlich auch ihre Wi rkungen in der Preispolitik und auf den Konsum sein können - nicht an und für sich durchaus schädlich sind, hat selbst die Staatsgesetzgebung und die Praxis der Staaten vor dem Kriege erwiesen. Ich weise nur darauf hin, wie sich der preußische Staat seinerzeit zum Kohlensyndikat eingestellt hat und wie sich auch der èechoslovakische Staat heute diesen Syndizierungen gegenüber verhält, wobei ich nur das Getreideoder Viehsyndikat erwähne. Daß die Kartelle, insbesondere auch was den technischen Aufschwung betrifft förderlich wirken können und bisweilen günstig sind, wenn lebensunfähige, weil veraltete Betriebe durch Kartelle ausgeschaltet werden, ohne daß der Inhaber unbedingt zugrundegerichtet wird, sondern noch eine Entschädigung bekommt, ist klar; das sind Einrichtungen, bei denen die Vorteile die Nachteile überwiegen.
Nun ist, wie schon mehrere meiner Herren Vorredner hervorgehoben haben, die Preispolitik und die Einflußnahme auf dieselbe das wesentliche. Bevor ich auf diesen Punkt eingehe, glaube ich etwas feststellen zu müssen. Ich glaube, daß ein Teil meiner Herren Vorredner in einem Irrtum befangen ist. Einer der Herren, ich glaube es war ein Herr von der kommunistischen Partei, hat hervorgehoben, es sei ein Fehler des Gesetzes, daß es sich nur gegen Kartelle im vollen Sinne des Wortes richtet, aber nicht die sogenannten Gentlemenagreements, die Pools und die Trusts umfaßt. Ich glaube, daß diese Auffassung unrichtig ist und in dieser Beziehung dem Gesetz Unrecht getan wird. Denn wenn man sich das Gesetz durchliest, so sind meiner Ansicht nach bei geradliniger Auslegung alle möglichen Syndizierungen mit inbegriffen. Es heißt im § 1: "Kartellvereinbarungen nach diesem Gesetz sind Vereinbarungen der selbständigen Unternehmer, womit sich die Vertragsparteien verpflichten, untereinander die Freiheit des Wettbewerbs durch Regelung der Produktion usw. einzuschränken oder auch auszuschließen, falls der Zweck der Vereinbarung die möglichst wirksame Beherrschung des Marktes ist." Diese Definition schließt auch Gentlemenagreemennts und Trusts mit ein, wenigstens verstehe ich das so, wobei ich bemerke, daß nach unserer Terminologie die Begriffe des Kartells und des Trusts durchaus nicht streng voneinander geschieden sind. Nun sagt der § 2: "Zur Giltigkeit von Kartellvereinbarungen ist es erforderlich, daß sie schriftlich getroffen werden. Das gleiche gilt von Änderungen derselben." Das heißt aber nach meiner Ansicht durchaus nicht, daß damit die Gentlemenagreements, die nicht schriftlich getroffen werden, begünstigt werden. Denn wenn das Gentlemenagreement nicht schriftlich abgeschlossen ist, so kann sich niemand auf dasselbe berufen, wenn er beispielsweise einen Prozeß zu führen hat. Das Gesetz ist also wohl in diesem Sinne zu verstehen und man wollte hier keine Ausnahme zugunsten der Gentlemenagreements, der Trusts und Pools machen, sondern das Gesetz möglichst weit fassen.
Dagegen sind im § 38 Bestimmungen enthalten, die immerhin Anlaß zu Bedenken geben. Es ist in diesem Paragraphen ausgesprochen, daß die Bestimmungen dieses Gesetzes sich nicht auf Staatsmonopole und die auf Grund des Gesetzes vom 18. Dezember 1922, Slg. d. G. u. V. Nr. 404, betreffend die Regelung der Gebahrung in staatlichen Betrieben, Anstalten und Einrichtungen, die nicht vorwiegend Verwaltungsaufgaben zu erfüllen haben, verwalteten staatlichen Betriebe, Anstalten und Einrichtungen beziehen, sofern diese Betriebe, Anstalten und Einrichtungen nicht Vertragsparteien von Kartellvereinbarungen sind oder gemeinnützigen Zwecken dienen. Was soll mit dieser Bestimmung gesagt werden? Es handelt sich hier vor allem um die wirtschaftlichen Unternehmungen des Staates, also die Eisenbahnen, die Post, die staatliche Forstwirtschaft u. s. w. und dann um die Syndikate, welche eine monopolartige Stellung einnehmen. Diese unterliegen dem Gesetz nur dann, wenn sie Vertragspartner von Kartellvereinbarungen sind. Wenn sie dagegen als Monopole ähnlich wie Privatmonopole auftreten und üb ermäßige oder nicht angemessene Preise und Tarife festsetzen, sind sie von den Eingriffen dieser Kommissionen, von all den Schutzbestimmungen, die im Gesetz zum Schutz von Produzenten und Konsumenten vorgesehen sind, ausgeschlossen. Es wäre Sache einer liberalen Gesetzgebung gewesen, sich zu sagen: es soll auch der Prüfung unterliegen die Gebahrung derartiger staatlicher Unternehmungen, die ihrer ganzen Natur nach kommerzielle Unternehmungen sind.
Nun haben wir in der allerletzten Zeit ein ganz interessantes Beispiel vor uns. Die staatlichen Forstbetriebe haben es durchgesetzt, daß Schutzzölle für Holz eingeführt werden. Während in diesem Gesetz ein eigener Paragraph davon handelt, daß Zölle sogar herabgesetzt werden können, und zw ar durch die Regierung als die Trägerin des staatlichen Hoheitsrechtes, sind in einem solchen Falle staatliche Betriebe, wenn sie nicht gerade Mitglieder eines Syndikats oder Kartellbüreaus sind, von diesen Maßnahmen ausgeschlossen. Es wäre also, wenn man es grob ausdrücken will, soweit dieses Gesetz ein Gesetz gegen diesen Wucher ist, eine Ausnahme, ein Privilegium für wuchernde staatliche Betriebe geschaffen. Das ist nach meiner Ansicht ein Mangel des Gesetzes, umsomehr weil dieses Gesetz im Sinne der Deflationspolitik arbeiten soll. Weil wir uns nun jetzt gerade an einem so entscheidenden Wendepunkt der ganzen Währungs- und Wirtschaftspolitik in der ganzen Welt befinden, glaube ich, ist es vielleicht nicht unangebracht, daß wir uns mit dieser Frage der Deflationspolitik in der Èechoslovakei etwas näher befassen, daß wir uns die Frage vorzulegen haben: Haben wir eine Deflationspolitik in der Èechoslovakei und inwieweit haben wir, wenn wir die erste Frage bejah en, Deflationspolitik? Und die weitere Frage ist: Ist diese Deflationspolitik gesund, sollen wir diese Deflationspolitik weiter treiben? Ich glaube, die Frage, ob wir in der Èechoslovakeei eeine Deflationspolitik haben, unb edingt bejahen zu müssen. Man kann diese Frage bejahen nach gewissen positiven Best immungen in der Gesetzgebung, aber auch nach gewissen Tendenzen, die man aus der Gesetzgebung und ihren Verordnungen herauslesen kann.
Eine gesetzliche Bestimmung, die eine rein deflatorisch-politische Best immung ist, findet sich in den Satzungen der Èechoslovakischen Nationalbank, insofern als die Vermögensabgabe und die Vermögenszuwachsabgabe eingehoben wird, um die Zahl der umlaufenden Noten zu verringern und die Banknoten zu untermauern. Die Vermögensabgabe und Vermögenszuwachsabgabe hatte den Zweck, das große umlaufende Notenmaterial zu verringern, die Staatsbürger dazu beitragen zu lassen, eine gesunde Währung herbeizuführen. Deshalb sollte jeder Staatsbürger aus seinem Vermögen ein Opfer bringen. Wenn wir uns aber die Wirksamkeit dieser Vermögensabgabe und Vermögenszuwachsabgabe in den letzten fünf Jahren näher ansehen, so finden wir, daß die Vermögensabgabe und die Vermögenszuwachsabgabe von allem Anfange an zum Teil von einem fingierten Vermögen eingehoben wurde. Denn es standen Sätze, wie gewisse Wertpapiere, Valuten u. s. w. zu berechnen sind, fest da. Inzwischen traten ungeheuere Stürze ein, aber die Vermögensabgabe und die Vermögenszuwachsabgabe blieben unberührt, man arbeitete mit Fiktionen. Aber nun frage ich weiter: Wird denn diese Vermögensabgabe und Vermögenszuwachsabgabe wirklich vom Vermögen eingehoben? Nur der geringste Teil dieser Beträge wurde wirklich aus dem Vermögen, aus dem "majetek" der Staatsbürger gezahlt. Der größte Teil dieser Steuer, die noch heute eingehoben wird, wird ja aus dem Einkommen gezahlt. Wir haben also eine Einkommensteuer daraus gemacht, und weil diese Deflationspumpe seit 15 Jahren noch heute wirkt, haben wir hier eine auf die Einkommen der Staatsbürger noch heute wirkende, gesetzlich festgelegte, deflatorisch fungierende Maßnahme.
Aber man kann die Deflationspolitik auch noch nach anderen Gesichtspunkten feststellen. Unsere ganze Gesetzgebung arbeitet, u. zw. ausgehend von der Erhaltung der Stabilität der Krone, auf die Ermäßigung, die Herabsetzung der Gehälter und Löhne hin, u. zw. fängt man bei den Staatsbeamten an. Wir hatten bereits einen wiederholten Abbau der Staatsbeamtengehälter, der Staatsangestellteneinkommen und der Pensionen. Gut, würde man sagen, der Staat hat nicht so viel Geld, also beschränkt er die Einkommen seiner Angestellten. Das an sich wäre noch nicht deflatorisch. Aber wir seh en immer wieder Bestimmungen, daß beispielsweise auch die übrigen öffentlich en Körperschaften, also Land, Bezirk und Gemeinde, ja sogar die Handels- und Gewerbekammern mitgehen müssen. Warum müssen sie mitgehen? Wei die Tendenz obwaltet, von den geringeren Einkommen zu den geringeren Preisen zu kommen. Man hat sich vorgestellt, wenn das große Heer der öffentlichen Beamten und Angestellten in ihrem Einkomm en gedruckt wird, wird sich dadurch auch Industrie und Handel bestimmen lassen, ebenfalls mit den Preisen herunterzugehen, und wir werden so zu niedrigeren Preisen kommen, oder anders gesprochen, zu einem erhöhten Wert der Krone. Eben in dieser Tatsache, daß man von den Staatsbeamtengehältern aus wirken will auf die Preise und dann auf die übrigen öffentlichen Angestellten und weiter hinaus durch dieses Beispiel auf die privaten Angestellten, sehen wir ganz deutlich die deflatorische Tendenz in unserer Gesetzgebung.
Man sagt mit Recht und mit vollem Recht, und jeder in diesem Hause wird das unterschreiben: Wir sind gegen die Deflation. Die Schaffung einer künstlichen Kaufkraft durch das Papier ist ein Unfug, der die Staatsbürger auf das schwerste schädigen und das Vertrauen auf das tiefste erschüttern muß. Fragt man aber gewisse maßgebenden Stellen, ob wir nicht eine Deflation haben, so antworten sie: Wir haben eine stabilisierte Währung, wir haben weder Inflation noch Deflation! Das mit der Inflation ist wahr, das mit der Deflation ist unwahr. Wir haben eine organisierte, zielbewußt arbeitende Deflation und haben uns nur die Frage vorzulegen: Ist diese Deflation gesund, nützlich, und wohin wird sie uns führen? Die Anhänger dieser Deflation haben bis jetzt folgendermaßen geurteilt: Wir wollen die Krone aufrecht erhalten, Stabilität der Krone, immer verstanden gegenüber dem Wechselkurs der Goldwährungen und nicht gegenüber dem Durchschnittsindex der Warenpreise. Wir wollen die Stabilität aufrecht erhalten. Wenn wir sie aufrecht erhalten wollen, müssen wir mit unseren Waren heraus, wir müssen exportieren. Wenn wir aber exportieren wollen, müssen wir billiger sein als die anderen. Wenn wir billiger sein wollen als die anderen, müssen wir niedrigere Löhne und Gehalte haben u. s. w. Man hat aber nicht hinzugefügt - und da hat sich der große Deflator Staat nicht angeschlossen: Wir müssen auch niedrigere Steuern, Gebühren und Abgaben haben. Diese Seite wurde von der Deflationspolitik ausgeschieden, und das war ein logischer Fehler. Was haben wir aber mit dieser Deflation bis jetzt erlebt? Wir haben - legen wir uns doch Rechnung - den Export beflügeln wollen. Eine der ersten Antworten hat uns Amerika gegeben. Man hat von dem sozialem Dumping der Èechoslovakei in Amerika gesprochen und Amerika hat daraufhin für die Èechoslovakei die Zölle besonders hinaufgesetzt; die Leinenweberei u. s. w. kann dadavon so manches Lied erzählen. Damit haben wir also kein Glück gehabt. Wir haben aber auch auf anderen Seiten kein Glück gehabt, z. B. bei den Waren mit gebundenen Preisen. Wir haben miterlebt, daß die landwirtschaftlichen Produkte unter dem Eindruck der Überproduktion und des großen Preisverfalls in den Vereinigten Staaten ganz bedeutend gesunken sind, aber die Schere hat sich geöffnet: ein Teil der Industrieartikel wollte nicht herunter. Ein Teil, wie Schuhwaren oder Textiilwaren, ist ganz beträchtlich heruntergegangen, aber andere wollten nicht heruntergehen, und jetzt kommt das entscheidende Wort: Sie konnten vielfach nicht heruntergehen wegen der Steuern, Abgaben und sozialen Lasten.
Welches Resultat ergibt sich bei unserem Status zwischen Inflation und Deflation? Eine Inflation haben wir nicht und wir hatten sie nicht. Gott sei Dank! Bei der Deflationspolitik aber fährt der Staat auf ein em Doppelgeleise. Auf der einen Seite wird die Deflationspolitik, obwohl sie offiziell in Abrede gestellt wird, befördert, auf der anderen Seite, wo nämlich der Staat als Wirtschafter auftritt, bei Steuern, Gebühren und Abgaben, tritt keine Verbilli gung ein. Wir haben also eine einseitig betriebene Deflationspoolitik und jeden Tag sozusagen tritt die Frage mit größerer Entschiedenheit an uns heran: Dürfen wir auf diesem Wege weitergehen oder was soll geschehen? Jedenfalls müssen wir, auch wenn wir heute keine Antwort geben, daß diese oder jene Maßnahme ergriffen werden muß, uns doch eine Reihe von Möglichkeiten vor Augen halten. Denn wir können uns doch nicht vorgaukeln, daß in der Welt gar nichts geschieht und daß wir ganz einfach die Hände in den Schoßlegen können mit irgend einer konservativen Politik, die aber trotz allem Konservativismus, wie ich eben dargetan, in der Frage der Deflation eigentlich nicht weiß, wohin sie will. Soviel wissen wir: Wenn wir die Preise weiter herunterdrücken, hätten wir ja die Möglichkeit einer besseren Ausfuhr und Konkurrenz gegenüber dem Ausland, falls nicht unsere Maßnahmen durch zollpolitische, jetzt aber auch durch währungspolitische Maßnahmen konterkariert würden.
Wenn ich diese Gedankengänge, die ich hier nur als Probleme skizziere, im Zusammenhang mit dem neuen Kartellgesetz vortrage, so tue ich dies deshalb, weil ich sage: Auch das Kartellgesetz weiß gar nicht, wohin es eigentlich hinaus will. Es will auf der einen Seite den Konsumenten dadurch schützen, daß die Regierung mit Hilfe der Kommissionen die Preise heruntersetzt, aber auf der anderen Seite nimmt es schon die staatlichen Betriebe heraus und gibt ihnen das Recht zu unbeschränkter Gestaltung und Hinauftreibung der Preise. Das sind ja leider Inkongruenzen, die zeigen, daß man sich eigentlich gar nicht darüber klar ist, wo man hinaus will. Ohne Rücksicht darauf, ob wir die Deflationspolitik weitertreiben sollen oder nicht, sage ich: Ein Kartellgesetz ist prinzipiell gesund, weil es Übervorteilungen des Konsumenten, Auswucherungen durch einen Marktbeherrscher begegnen kann. Aber darüber hinas werden ja doch unsere großen Probleme absolut nicht beantwortet. Es wird uns insbesondere auch nicht die Frage beantwortet, was eigentlich aus unseren Krediten werden soll.
Wir müssen uns doch die Tatsache vor Augen halten, daß wir vor einem vollständigen Erlahmen der Kredite stehen. Es ist heute weder ein Hypothekarkredit, noch ein Produktionskredit zu bekommen. Unser ganzes Kreditwesen liegt schwer da rnieder. Die Sparkassen draußen in Deutschböhmen haben eine Reihe von Moratorien eingeführt, d. h. die Gläubiger bekommen nicht ihre ganzen Einlagen zurück, wenn sie sie wollen, sondern nur einen Teil. Die Folge davon ist Mißtrauen. Was soll denn da weiter geschehen? Sollen wir denn die Wirtschaft einfach verdorren lassen? Haben wir denn gar kein Mittel im Inland, um dieser Wirtschaft, um den Krediten, soweit sie gesund sind, ein wenig auf die Beine zu helfen?
Wir müssen uns nur die Geschi chte unseres Kreditwesens der letzten Jahre in Erinnerung zurückrufen, um zu wissen, worauf das alles zurückzuführen ist. Bedenken Sie doch, meine Herren, daß die Banken und Geldanstalten eigentlich ihrer früheren Funktion entkleidet sind. Der Kredit beruhte, und dadurch auch die Banknotenausgabe, zum großen Teil auf dem Handels wechsel. Dieser Handelswechsel hat durch die Schrumpfung des Verkehrs zum großen Teil aufgehört. Die Wechsel aber, die die Banken ausgestellt haben, waren ja auch Produktionskredite. Die Bank hat demjenigen, der eine Produktion einrichten wollte, zunächst ein Kontokorrent eröffnet, eventuell auf seine schönen blauen Augen hin. Dann begann auf Grund dieses Kontokorrents sich die Wirtschaft dieses Mannes in Bewegung zu setzen, und als die Wirtschaft in Bewegung war, produzierte er Handelswechsel, die auch bei der Nationalbank reeskomptiert wurden. Das war ehemals. Diese Funktion der Privatbanken hat aufgehört oder zum großen Teil aufgehört, es haben die Kontokorrente, die Produktionskredite, es haben die Handelswechsel zum großen Teile aufgehört, und wenn jetzt ein Betrieb, auch wenn er auf gesündester Basis ruht, einen Kredit braucht, bekommt er ihn nicht, und warum? Weil wir bei aller unserer Gescheitheit es nicht zustande gebracht haben, eine Organisation zu schaffen, um auch gesunde Kreditbedürfnisse zu befriedigen. Als seinerzeit nach dem Krach der österreichischen Kreditanstalt die Goldguthaben auch aus der Èechoslovakei zurückgezogen wurden, stand die Nationalbank da und mußte ihre Kreditmöglichkeiten einschränken. Warum? Da wir wieder die 35%ige Golddeckungsvorrschrift maßgebend. Wenn auch die Nationalbank Kredite hätte geben wollen, waren ihr die kurzfristigen Golddevisen entzogen, sie hatte nicht das notwendige Gold und stand, wenn irgend ein Kreditnehmer auftauchte, stets mit verschränkten Armen da.
Darum frage ich Sie: Ist es denn notwendig, daß wir eine 35%ige Golddeckung haben? Wenn ich hier Deutschland erwähne, so tue ich es durchaus nicht, um es als ein beispielgebendes Muster hinzustellen. Aber die Tatsache können wir doch nicht wegleugnen, daß die Mark auch bei 9%iger Golddeckung ihren Wert bisher erhalten hat. Daraus will ich nichts anderes folgern, als daß die èechoslovakische Krone, wenn sie statt einer 35%igen nur eine 25%ige Golddeckung hätte, dem Ausland wie dem Inland gegenüber nicht um einen Heller weniger wert wäre. Und wenn wir z. B. die Möglichkeit hatten, Russenwechsel hereinzubekommen, so hat die Nationalbank gesagt: ich kann sie nicht eskomptieren, es fehlt die Unterschrift. Ja, warum haben wir nicht ein Zwischeninstitut, eine Schaltbank, ein Relais eingeführt, um derartige Kredite gewähren zu können? Sind das denn bei der heutigen Geld- und Währunggstechnik Dinge der Unmöglichkeit? Gewiß, die Politik der Nationalbank war insofern beispielgebend, als sie uns vor allen Erschütterungen geschützt hat, als sie ein gutes Stück Vertrauen von der Èechoslovakei aus nach Europa getragen hat. Aber das besagt nicht, daß der Gesetzgebung die notwendige Elastizität mangeln darf.
Ich möchte nun im Zusamenhang
mit diesem Gesetze mit Folgendem schließen: Das Gesetz ist nicht
schlecht, allzu große Erwartungen dürfen wir aber daran nicht
knüpfen, insbesondere die Preispolitik darf allzugroße Anregungen
davon nicht erwarten, weil wir uns selbst hier überhaupt noch
nicht klar geworden sind, was für eine Preispolitik wir in Hinkunft
treiben wollen, ob wir, wie die Agrarier es wollen, auf höheren
Preise, oder ob wir, wie es andere Kreise wollen, auf niedrige
Preise hinarbeiten sollen, und wir wissen insbesondere nicht,
wohin wir mit unserer Kreditfrage steuern.
Místopøedseda Stivín (zvoní):
Žádám pana øeèníka, aby skoncil.
Posl. Bacher (pokraèuje):
Zum Gesetze wäre nur noch das eine zu sagen, daß es nicht
darauf ankommt, was in dem einzelnen Paragraphen steht, sondern
darauf, in welchem Sinne und in welchem Geiste es gehandhabt wird.
(Potlesk.)