Die Tendenzen dieser Gesetze sind erstens oppositionsfeindlich und zweitens deutschfeindlich. Ich wiederhole, daß die Gesetze, die zum sog. Schutz der Demokratie gemacht werden, in erster Linie oppositionsfeindlich, in zweiter Linie deutschfeindlich sind.
Ich freue mich sehr, den Herrn Justizminister Dr. Meissner zur Hand zu haben. Es ist absolut keine feindliche Einstellung gegen ihn, aber ich möchte Folgendes feststellen: Als im Jahre 1927 im Budgetausschuß fünf Monate hindurch die Steuerreform durchgemacht wurde, war Dr. Meissner mit seinen Genossen ebenso wie ich in der Opposition. Es ist kein Tag vergangen, wo nicht in sachlichen Ausführungen zu dem Gesetz Stellung genommen worden wäre und wo nicht die Regierungsmehrheit ungeachtet dieser sachlichen Einstellung der Opposition zum Gegenstand einfach über unsere Anträge hinweggegangen wäre, die Opposition vollständig mißachtet hätte, und es ist kein Tag vergangen, wo sich Dr. Meissner ebenso wie ich nicht über das bittere Unrecht gegenüber der Opposition beschwert hätte. Die Dinge sind anders gekommen. Dr. Meissner ist in die Regierung gegangen und was erleben wir? Ich bin selbst Oppositioneller, ich rufe die ganzen oppositionellen Parteien auf: Was hat denn Dr. Meissner für die Opposition getan? Da werden wir feststellen, daß Dr. Meissner für die Opposition in Außerachtlassung der eigenen Erkenntnis von damals, als er selbst in Opposition war, nichts getan hat, daß gerade Herr Dr. Meissner heute dieses Gesetz zum Schutz der Demokratie, das sich in erster Linie gegen die Opposition und gegen die Deutschen richtet, als Justizminister mitmacht. Herr Dr. Meissner, wo bleibt Ihr oppositioneller Standpunkt? Wir haben uns nicht verändert in diesen Zeiten, Sie konnten mit der Opposition reden, Sie haben in keinem Falle, nicht einmal über Ihre eigenen Gesetzentwürfe mit der Opposition gesprochen, Sie haben es in keinem einzigen Falle zugelassen, daß die Opposition auch nur ein Quäntchen Erfolg hätte aufweisen können, aus dem einfachen Grunde, weil sie einen vernünftigen Gedanken aufgebracht hat. (Posl. dr. Stránský: Pane doktore, vy jste patrnì osnovu, ke které mluvíte, ani neèetl!) Meine Herrschaften, mit der Opposition und den Regierungsparteien ist es doch in Wirklichkeit so: Ich erinnere mich da an den erkrankten Ministerpräsidenten Švehla; wenn der übrigens heute da wäre, so hätte er diese Gesetze nicht zugelassen. Ich sprach mit Švehla seinerzeit im Budgetausschuß über nationale Fragen und da kamen wir auch auf die Regierungsteilnahme der Deutschen zu sprechen. Da sagte mir Dr. Švehla: "Ich regiere mit dem Teufel, ob das Kommunisten sind, oder Irr edentisten, ich regiere mit dem Teufel. Die Hauptsache ist, ich regiere". Das hat Švehla gesagt und er erlebt es, daß der Irredentist Dr. Czech, daß die irredentistische Partei der Sozialdemokraten, wie sie doch in den Augen der èechischen Politiker gewertet wurden, regierungsreif, regierungstreu wurden und diese regierungsreife Partei der deutschen Sozialdemokraten ist für Sie heute der Staatsfreund und morgen, wenn Dr. Czech einmal mit seinen Genossen außerhalb der Regierung sein wird, wird er in den Augen der èechischen Politiker genau derselbe Irredentist und Staatsfeind sein wie vorher.
Wir haben ja heute in Wirklichkeit auf èechischer Seite bereits eine Diktatur. Wir haben die Diktatur eines kleinen Direktoriums. Die Opposition hat nichts zu reden, aber selbst die Mitglieder der Regierungsparteien haben keine Ahnung, was in diesem Direktorium gemacht und beschlossen wird. Auch die Regierungsparteien werden als Stimmvieh einfach vor vollendete Tatsachen gestellt. Vom Präsidenten Masaryk, vom Minister Beneš und den maßgebenden èechischen Politikern wird anerkannt, daß das sudetendeutsche Problem besteht. Und wie wird das sudetendeutsche Problem gelöst? Das sudetendeutsche Problem löst man dadurch, daß man derartige Gesetze, die sich in erster Linie gegen die deutsche Opposition und einen großen Teil der deutschen Bevölkerung wenden, macht. Wir stehen heute in diesen schweren Zeiten im Zeichen der Verfolgung in nationaler, kultureller, wirtschaftlicher und sozialer Beziehung. Es genügen für Sie die lächerlichsten Momente, um jemanden zum Staatsfeind zu machen. Und trotz des guten Willens, vom Präsidenten Masaryk angefangen bis zu den maßgebenden èechischen Politikern, ist noch nichts gemacht worden, um die Atmosphäre etwas besser zu gestalten. Wir stehen heute vor einem ausgebildeten Spitzel- und Denunziantentum, wir stehen vor Verdächtigungen, Beschuldigungen, die sich auf ganz haltlose Momente berufen.
Das, was uns von èechischer Seite
angetan worden ist, kann niemals gutgemacht werden. Sie aber unternehmen
auch nicht den geringsten Versuch zur Besserung der Verhältnisse.
Der beste Beweis dafür sind doch die deutschen Regierungsparteien,
die nicht den geringsten Erfolg in nationaler Beziehung aufweisen
können. Sie, meine Herren auf der èechischen Seite, haben für
unseren Kampf um unser Leben nicht das geringste Verständnis.
Bei Ihnen ist scheinbar die Generation schon ausgestorben, die
den nationalen Kampf für ihre Nation durchgefochten hat. Wenn
diese Generation noch leben würde, müßte sie Ihnen sagen: Begeht
nicht denselben Fehler, den das alte Österreich begangen hat!
Wenn jemand heute auf èechischer Seite trotz Gegnerschaft für
unseren nationalen Kampf das größte Verständnis hat in der Auffassung,
psychologisch und in der Mentalität, dann ist es Dr. Kramáø.
Místopøedseda Špatný (zvoní):
Upozoròuji znovu pana øeèníka, že svoji øeènickou lhùtu pøekroèil.
Posl. dr Rosche (pokraèuje): Sie lieben es so sehr, mit der deutschen Seite als dem Staatsfeind zu sprechen. Prüfen wir doch einmal und sehen wir doch einmal in der Geschichte des parteipolitischen Lebens nach, ob die Deutschen die größten Staatsfeinde gewesen sind, ob nicht jene einen viel schlechteren Patriotismus an den Tag gelegt haben, die in Verschwendungssucht den Staat zu Tode regiert haben, den Staat, der an materiellen Gütern jeder Art so reich war. Ich erkläre aus 15jähriger Erfahrung heraus, daß es auf deutscher Seite keine Staatsfeinde und Irredentisten gibt. Wenn es solche gibt, dann werden sie durch Sie zu solchen gestempelt. Wir Deutschen müssen damit rechnen, daß Sie uns alle als Staatsfeinde ansehen. Wir sind schon Irredentisten, wenn wir mit Ihnen über die Persekutionen sprechen. Da erkläre ich, wenn im alten Österreich ein Èeche politisch verfolgt wurde, dann ist das ganze Volk aufgestanden und hat sich wie ein Mann hinter den Verfolgten gestellt. Hier in der Èechoslovakei wollen Sie jene Menschen als Irredentisten und Staatsfeinde bezeichnen, die sich gegen die Persekutionen wenden.
Ich bin am Schlusse meiner Ausführungen.
Ich weiß, daß Minister Spina und Minister Czech
das nationale Problem in der Èechoslovakei nicht lösen werden.
Ich weiß auch, daß auf èechischer Seite derzeit noch absolut keine
Geneigtheit dafür besteht, dieses Verhältnis zwischen den beiden
Nationen initiativ zu lösen. Ich glaube Ihnen Folgendes sagen
zu dürfen: Wir Sudetendeutsche haben keine reichsdeutsche und
keine österreichische Politik zu machen. Wir haben auf dem Boden
und im Rahmen des Staates als Deutsche Politik zu machen. Deswegen
muß unsere Politik selbständig sein und deswegen gibt es für uns
keinen sehnlicheren Wunsch, als daß bald die Zeit kommen möge,
wo unsere sudetendeutsche Parteipolitik geeinigter und fester
sein möge. Ich erhebe feierlich schärfsten Protest, weil diese
Gesetze eine feindliche Tendenz gegen die Opposition und gegen
einen großen Teil der deutschen Bevölkerung haben und ich warne
die deutschen Regierungsparteien, diese Gesetze mitzumachen, weil
die Zeit kommen wird, wo diese Gesetze sich sehr scharf gegen
sie selbst auswirken werden. (Potlesk.)
Der Herr Abg. Rosche hat von dieser Stelle aus der deutschen werktätigen Bevölkerung in seiner Rede derartige Dinge unterschoben, daß sie nicht unbesprochen bleiben dürfen. Wir werden uns mit den prinzipiellen Erklärungen des Dr. Rosche noch an anderer Stelle auseinandersetzen, vor den Massen der werktätigen deutschen Bevölkerung. Aber einige seiner markantesten Äußerungen müssen sofort festgenagelt werden.
Dr. Rosche erklärt unter dem Beifall aller sonstigen deutschen Parteien, daß er der èechischen Bourgeoisie empfiehlt, sich um bessere Bundesgenossen zum Kampfe gegen den Marxismus umzusehen, als es bisher die deutschen Sozialdemokraten gewesen sind. Diese Tatsache zeigt zur Genüge, in welches Fahrwasser die Vertreter der deutschen Parteien bereits gelangt sind. Vor einiger Zeit hörte man von Dr. Rosche ein anderes Lied. Da hat er nicht genug Anbiederungsversuche an die Sozialdemokratie machen können, an die Loyalität und Staatstreue dieser Partei. Heute, weil er glaubt, daß die politische Konjunktur eine andere geworden ist und wie in Deutschland draußen der faszistische Wind etwas schärfer weht, sieht er auch in der Èechoslovakei seine Stunde für gekommen und glaubt, daß der Faszismus in der Lage ist, mit Hilfe der verschiedenen mehr oder weniger faszistischen Parteien die deutsche werktätige Bevölkerung mit denselben Metoden niederschlagen zu können, wie es in Deutschland der Fall ist. Abg. Rosche hat nicht genug seine Sehnsucht zum Ausdruck bringen können, auch bei uns einen solchen Zustand herbeizuführen. Wir glauben sehr gerne, wenn es nach ihm ginge oder nach einer Reihe anderer sogenannter Vertreter der deutschen werktätigen Bevölkerung, daß auch bei uns sehr rasch jener Zustand eintreten würde, daß an der Seite des èechischen Gendarmen ein deutscher SA-Mann gegen die deutsche werktätige Bevölkerung vorgehen wird. Der Abg. Rosche hat aus seinem Herzen sicherlich keine Mördergrube gemacht. Er hat das ausgedrückt, was er schon lange denkt und fühlt. Er hat jetzt den Zeitpunkt für gekommen angesehen, um derartige Töne anzuschlagen, weil er einerseits dadurch hofft, der deutschen Bourgeoisie den Konkurrenzkampf gegen das èechische Kapital zu erleichtern, und weil er anderseits glaubt, jene Wählermassen, jene Schichten, die bisher zu seiner getreuesten Gefolgschaft gehört haben und die ihm jetzt untreu werden und hinüberschwenken zum Heer des Hakenkreuzes, noch weiter zu seiner Gefolgschaft zählen zu können.
Wir glauben, daß dieser Eiertanz, den Dr. Rosche hier aufgeführt, jene Zirkuskunststücke, die er hier vollführt hat, seiner Partei nicht mehr helfen können, weil die werktätige Bevölkerung des deutschen Gebietes immer klarer erkennt, wo ihre wirklichen Vertreter sind und welchen Weg sie zu gehen hat. Dr. Rosche hat sich lustig gemacht über die verschiedenen Rezep te, die seitens der Staatsmänner der Kleinen Entente in der jetzigen Sitzung aus den Schubladen herausgekramt werden. Rosche hat aber selbst in seiner Rede ein Rezept herausgekramt, das er der deutschen werktätigen Bevölkerung empfiehlt, und das heißt nicht mehr und nicht weniger, als daß die deutsche werktätige Bevölkerung schreien soll, damit es ihr besser gehe. Wir glauben, daß sie diesen Ratschlag nicht befolgen wird, weil sie genau weiß, daß in dieser Situation das Schreien nichts hilft, sondern daß nur konsequenter, zäher, beharrlicher Kampf zum Erfolge führen kann. Deshalb wird sie die Rede des Abg. Rosche ablehnen, sowie den Ton, den er heute angestimmt hat. Es war einerseits eine Anbiederung, eine Kapitulation vor der èechischen Bourgeoisie, um die Versöhnung mit der èechischen Bourgeoisie zu erleichtern, andererseits das Gelöbnis, der èechischen Bourgeoisie im Kampfe gegen das revolutionäre Proletariat behilflich zu sein, das aber sehr klar die Zirkuskunststücke Rosches durchschaut.
Wir sagen der deutschen werktätigen
Bevölkerung, daß sie sich auf die Worte eines Vertreters der deutschen
Bourgeoisie nicht stützen darf, daß sie diese Worte eindeutig
ablehnen muß. Wir wissen aber auch, daß die deutsche werktätige
Bevölkerung bereits so vorgeschritten ist, daß sie weder auf Rosche,
noch auf Jung, noch auf die übrigen Vertreter der deutschen
Bourgeoisie hören wird, ja auch nicht mehr auf die Abgeordneten
der deutschen sozialdemokratischen Partei, daß sie sich vielmehr
im einheitlichen, geschlossenen Kampfe, wie sie das im Winter
getan hat, auch in Zukunft zus ammenschließen wird zum Kampf um
Arbeit, Brot und Freiheit. Dieser Kampf wird und muß durchgeführt
werden. Kein Schreiien, nur dieser Kampf ist imstande, der deutschen
werktätigen Bevö kerung des Staates Brot und Arbeit für alle Zukunft
zu garantieren. (Potlesk komunistických poslancù.)