Ètvrtek 1. èervna 1933

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 277. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 1. èervna 1933 dopol.

1. Øeè posl. dr Rosche (viz str. 5 tìsnopisecké zprávy):

Meine sehr geehrten Herren! Abgeordnetenhaus und Senat beschäftigen sich in der letzten Zeit und fortlaufend ganz entgegen der wirklichen Situation nicht mit wirtschaftspolitischen und sozialpolitischen Gesetzen, sondern in erster Linie mit politischen Gesetzen, die man als Gesetze zum Schutz der Demokratie bezeichnet. Wenn ich heute im Abgeordnetenhaus das Wort ergreife, so habe ich das Empfinden, daß es unsere Pflicht ist, gegen diese Art des Schutzes der Demokratie, wie sie in den Gesetzen zum Ausdruck kommt, rechtzeitig auf das schärfste zu protestieren, und besonders die deutschen Regierungsparteien vor dem Mitmachen an diesen Gesetzen ganz energisch zu warnen. Ich selbst habe mich, seitdem ich Politiker bin, ebenso wie beide Gruppen der deutschen Arbeitsund Wirtschaftsgemeinschaft zu konstruktiver, aktiver und positiver Arbeit im Staate bekannt. Wenn ich dieses Bekenntnis heute wiederhole, so geschieht das nicht aus dem Grunde irgendwelcher Angst, unter die staatsverneinenden Parteien gezählt zu werden, sondern aus dem Grunde der Verwahrung, nicht von jedem Lausbuben, der uns gedanklich gar nicht versteht, oder von einer böswilligen Journaille als Staatsfeind irgendwie bezeichnet und politisch disqualifiziert zu werden. (Potlesk.) Denn es ist doch heute in der Èechoslovakei so weit, daß irgendein Gendarm im kleinsten Dorf, daß heute irgendeine Zeitung, und wenn es die "Lidové noviny" sind, das Bestreben hat, Menschen zu disqualifizieren, unter die sogenannten staatsverneinenden Parteien zu rechnen, in dem Moment, wo sie sich heute gegen Persekution der deutschen Abgeordneten und der deutschen Bevölkerung wehren. Das sage ich auch Ihnen, Herr Dr. Stránský, daß wir dagegen schärfstens protestieren. (Potlesk.)

Der Herr Berichterstatter Dr. Mareš drückte gestern bei der Behandlung des Wahlgesetzes für die Gemeinden den Wunsch aus, nicht über die Demokratie zu sprechen. Wir deutschen Abgeordneten konnten diesem Wunsch nicht nachkommen, weil gerade diese Gesetze zum Ausdruck bringen, daß man mit ihnen die Demokratie schützen will, während wir der Ansicht sind, daß man die Demokratie nicht schützt, wenn man sie einengt und beschränkt. Demokratie schützt mán, wenn man ihre Ausübung nicht stört, während man durch diese Gesetze auf èechischer und deutscher Regierungsseite die heute bestehende Opposition mundtot machen und umbringen will, während man die Presse, die dieser Opposition dient, zensurieren, beschlagnahmen und unterdrücken will, während man die Versammlungen der sogenannten Opposition, die im Grunde genommen für Sie gar keine ist, verbieten will. Aus diesem Grunde müssen wir in diesem Zusammenhange über den Begriff der Demokratie sprechen. (Posl. Schweichhart: Schulmeistern!) Herr Koll. Schweichhart, ich gestatte Ihnen drei Zwischenrufe; und wenn die vorüber sind, borge ich Sie mir aus. (Posl. Heeger: Wir haben furchtbare Angst!) Ich habe vor Ihnen jedenfalls gar keine Angst, weil Ihr den Arbeitern keine Arbeit und kein Brot gebt. Ihr Sozialdemokraten habt doch verspielt. (Potlesk. Rùzné výkøiky.) Wir stehen in der Èechoslovakei genau so wie im größten Teil der Welt vor einem schweren Niedergang der Wirtschaft. Das wichtigste müßte doch eigentlich heute sein, daß wir über die Wirtschaft sprechen. Entscheidend für die ganzen Verhältnisse ist heute nicht das Gesetz zum Schutz der Republik und der Demokratie, sondern Maßnahmen, die den hungernden Menschen Arbeit und Brot bringen. Arbeit und Brot sind allein imstande, die Situation der Sozialdemokraten zu retten. Arbeit und Brot ist, ich gestehe ganz ehrlich, für Hitler das Wort, wenn er siegen will. Ist er nicht imstande, Arbeit und Brot zu bringen, so hat auch er verloren.

Wir leben politisch, wirtschaftlich, sozial und kulturell in schwersten Zeiten. Wir stehen in der Èechoslovakei vor den allergrößten, schwersten, ungelösten Problemen der Wirtschaft und der Sozialpolitik. Wir stehen in der Èechoslovakei vor dem ungelösten nationalen Problem, wie das gerade die Herausgabe dieser Gesetze beweist. Wenn die Herrschaften von den Regierungsbänken hinausgehen möchten, dann würden sie sehen, wie heute schon unterschiedlos in der Wirtschaft und in Bezug auf die soziale Lage der Würgengel unter Deutschen und Èechen umhergeht und ein Unternehmen nach dem anderen ruiniert, die Existenz des Gewerbetreibenden und Kaufmanns vernichtet, den Beamten aus der Stellung drängt und den Arbeiter arbeitslos macht. Wir Sudetendeutschen müssen konstatieren, daß wir verhältnismäßig unter der Krise auf Grund der Konstruktion unserer Wirtschaft viel mehr leiden, aber auch infolge Ihrer nationalen Unduldsamkeit und der dadurch entstehenden Benachteiligung der Wirtschaft, des Beamtentums und der Schule (Posl. Hadek: Das hindert Sie nicht, ein Loyalitätsbekenntnis zu diesem Staat abzulegen!). Ich bin ja nicht Kommunist! Ich stelle fest, daß die Situation sich immer mehr verschlechtert. Sie dürfen noch lange nicht glauben, daß der Tiefpunkt der Krise erreicht ist. Wenn Sie draußen im praktischen Leben stehen, so werden Sie erkennen, daß heute auf dem wirtschaftlichen Barometer noch nicht das geringste Anzeichen für eine Besserung wahrzunehmen ist. Gewöhnlich hat die Zeit des Frühlings und Sommers viele Menschen auf den Bauten usw. versorgt. Heute ist die Wirtschaft schon dermaßen ausgepumpt, daß die Bautätigkeit sehr gering geworden ist und auch in dieser Hinsicht die Abnahme der Arbeitslosigkeit wenig in Betracht kommt.

Es macht fast den Eindruck, daß wir vor einer unüberwindlichen Mauer stehen, daß es unmöglich ist, dieses wirtschaftliche Chaos und soziale Elend überhaupt zu überwinden. Vergessen Sie nicht, daß ein Großteil der Mittel, die aus der Selbsthilfe gekommen sind, erschöpft ist, daß die Staatshilfe immer schwächer wird und schließlich versagen muß, weil die Staatsfinanzen infolge des Zusammenbruches der Wirtschaft auch vor dem Zusammenbruch stehen. Wir gehen den fürchterlichsten Zeiten entgegen, und wenn Sie heute speziell auf èechischer Seite mit maßgebenden Männern der Wirtschaft sprechen, ob das nun Männer von den Banken oder aus Wirtschaftskonzernen sind oder Gewerbetreibende und Handelsleute, so sehen diese Menschen die Zukunft nur fürchterlich grau. (Výkøiky posl. Horpynky.) Ich glaube auch feststellen zu dürfen, daß die Èechoslovakei nicht glauben darf, daß sie aus der Boykottbewegung gegen Deutschland einen großen Vorteil ziehen wird. Das kann nur sporadisch sein, aber wir dürfen nicht glauben, daß es für unsere Wirtschaft ausschlaggebend sein kann. Wenn wir die Verhältnisse betrachten und uns hilflos finden, dann baut sich doch unser Vertrauen zu den gescheitesten Männern der Nationen und Staaten auf, die zum Völkerbund und auf die großen internationalen Konferenzen gesendet werden. Aber wir sehen hier das vollständige Versagen dieser Institutionen. Wir stehen vor dem Versagen der Abrüstungskonferenz und Gott sei es geklagt, ich will kein schlechter Prophet sein, es ist zu befürchten, daß auch die Wirtschaftskonferenz und die Währungskonferenz, die in London stattfinden sollen, ein Schlag ins Wasser sein werden. Auch die Kleine Entente hat sich bei ihrer Zusammenkunft jetzt in Prag hauptsächlich mit politischen Dingen beschäftigt und die wirtschaftlichen Dinge so gut wie ganz außeracht gelassen. Es ist zum Staunen, daß man heute in politischen Kreisen noch nicht das Verständnis dafür findet, daß die Wirtschaft in den Vordergrund des politischen Denkens kommen muß.

Meine Herren! Wir bekommen die Gesetze zum Schutz der Demokratie. Heute sehen die Regierungsparteien und in erster Linie die Sozialdemokraten als Inspiratoren dieser Gesetze in den Verhältnissen eine Gefahr für den Staat und für die demokratisch-republikanische Staatsform. Ich sage Ihnen eines: politisch droht dem Staat von außen und innen keine Gefahr. Das ist Lug und Trug und es ist ein Schwindel, (Potlesk.) wenn einer behauptet, daß dem Staat in seiner Selbständigkeit Gefahr droht. Aber bei dem wirtschaftlichen Zusammenbruch des Ganzen droht dem Staat Gefahr. Meine Herren auf der èechischen Seite: nicht von der politischen Seite, sondern von der wirtschaftlichen und sozialen Seite droht Ihnen Gefahr, weil Sie der Dinge nicht mehr Herr werden, weil Sie den Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können, weil Sie nicht mehr ein und aus wissen, weil Ihnen die internationale Politik für Ihre Wirtschaft nicht zu Hilfe kommt. Wir müssen doch einmal einsehen, daß an dem ganzen Elend die Politik schuld ist. Die Politik versteht die Zeit nicht, sie hilft der Wirtschaft nicht und trotzdem wissen wir, daß nur eine internationale Politik in all den Dingen eine Besserung bringen kann.

Ich stelle doch einmal die Frage an Sie: Was glauben Sie denn, wielange diese Verhältnisse noch dauern können? Wenn Sie dieses riesige Zunehmen der Verschlechterung konstatieren, wenn Sie mit dem Finanzminister intern sprechen, wenn Sie mit maßgeblichen Leuten unter vier Augen reden, dann stehen diese Menschen da und fragen sich: Um Gottes Willen, wann kommt eine Besserung, wir halten es lange nicht mehr aus! (Posl. Hadek: Wenn solche Leute wie Sie nichts mehr zu sagen haben werden!) Auf Sie werden wir uns verlassen! Wenn die Kommunisten dran sein werden, dann wird es besser, das hat Rußland bewiesen. Ich stelle die Frage, wie lange diese Verhältnisse dauern können, weil ich das Empfinden habe, daß heute so viele Hunderttausende und Millionen Menschen, die dem Hunger preisgegeben sind, doch auf die Dauer diese Verhältnisse friedlich nicht mehr aushalten können. Ich glaube, daß es höchste Zeit wäre, daß sich Diplomaten, Politiker und Wirtschaftsführer in verständiger Einsicht auf der Weltwirtschaftskonferenz zusammensetzen und tatsächlich Resultate an den Tag bringen, die den Völkern und Staaten helfen, weil ich das Empfinden habe, daß Sie sich sonst unruhige Zeiten nicht ersparen können. In Kenntnis der Dinge verweise ich darauf, daß wir auf sudetendeutscher Seite in erster Linie immer mit den Klagen kommen, weil diese Verhältnisse sich an uns zuerst auswirken. Ich möchte aber feststellen, daß heute auch auf èechischer Seite viel Unzufriedenheit herrscht. Auch auf èechischer Seite wird man darauf kommen, daß mit diesem politischen Kurpfuschertum nichts anzufangen ist und gerade diese politischen Kreise hinwegfegen. Deshalb, glaube ich, ist es das Gebot der Stunde, sich darüber klar zu werden, daß in erster Linie die wirtschaftlichen Nöte behoben werden müssen; und wenn Sie diese nicht beheben können, nützt Ihnen die schönste und die beste Politik nichts, der größte Schutz für die Republik und die Demokratie nichts. Sie müssen das Spiel unbarmherzig verlieren.

Heute wird durch diese Gesetze eine Gefahr für den Staat, für die Demokratie, für die demokratisch-republikanische Staatsform vorgetäuscht. In Wirklichkeit soll doch das heißen für die sozial-demokratisch-republikanische Staatsform. (Potlesk. - Hluk.) Die Demokratie ist gefährdet, wird hinausgerufen. Die jetzige Mehrheit hätte doch eigentlich die Gewähr bieten müssen, daß die Verhältnisse besser werden. Was haben die Sozialdemokraten versprochen als sie in die Regierung gegangen sind! (Výkøiky posl. Heegera.) Herr Koll. Heeger, wie weit haben Sie den Mund aufgemacht, als es um die Verwaltungsreform ging! Was haben die Sozialdemokraten getrieben, wie sind die Christlichsozialen und der Bund der Landwirte beschimpft worden! Und was macht Ihr heute? Wo ist Sektionschef Bobek, wo ist der Minister des Innern? Ich möchte Sie fragen: wie oft waren die Sozialdemokraten dort und haben die Änderung der Verwaltungsreform verlangt? Ihr wart gar nicht dort, einen Schmarren habt ihr gemacht und jetzt kommt ihr und helft mit, diese Verwaltungsreform noch zu verschärfen statt sie abzuschaffen. Das ist ein Schwindel, das ist Lug und Betrug. (Potlesk. - Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Špatný.) Wenn wir ganz ehrlich sein wollen: die Verhältnisse werden doch von einem kleinen Klüngel von Menschen gemacht und geleitet, die noch dazu glauben, sich für die Verhältnisse im deutschen Reiche hier an den Sudetendeutschen rächen zu müssen. Das bedauerliche ist, daß bei diesen Gesetzen die deutschen Regierungsparteien, im besonderen die deutschen Sozialdemokraten, mittun, diese großen Verfechter der Demokratie, die den Mund so aufmachen und hunderttausendmal das Wort "Demokratie" aussprechen und im gegenwärtigen Momente diese Demokratie morden. (Výkøiky posl. Heegera.) Herr Koll. Heeger, ich werde Ihnen etwas sagen. Wir konnten uns in russische Verhältnisse nicht einmischen, wo die Sozialdemokraten am allerwenigsten den Mund aufgemacht haben, als Millionen hingeschlachtet worden sind. Wir haben uns nicht hineinmischen können in reichsdeutsche Verhältnisse, wir können uns nicht hineinmischen in österreichische Verhältnisse, weil wir Gefahr laufen würden, von den èechischen Kollegen sofort als Staatsfeinde und Irredentisten behandelt zu werden. (Výkøiky. Hluk.) Wir haben hier als Deutsche auf dem Boden dieses Staates Politik zu machen. (Hluk. Výkøiky posl. Heegera, dr Peterse, Katze a Horpynky. - Místopøedseda Špatný zvoní.)

Das, was wir auf deutscher und èechischer Seite sehen, das ist parteipolitische Entwicklung. Betrachten wir doch die Dinge sachlich. Die Entwicklung, die wir wahrnehmen, ist nichts anderes als der Ausdruck der Unzufriedenheit der Bevölkerung - und jetzt kommt der Schwindel, den man aufdecken muß. Nicht gegen den Staat, sondern gegen dieses herrschende System wenden wir uns, weil es vollständig versagt hat. (Souhlas a potlesk.) Es ist im Leben so, speziell im politischen Leben. Was oben ist, kommt wieder nach unten und umgekehrt. Und es muß einmal damit gerechnet werden, daß heute gerade die Sozialdemokraten nichts anderes machen wollen, als die Unzufriedenheit mit der Entwicklung der parteipolitischen Verhältnisse zu unterdrücken, weil sie glauben, daß sie das heute nooch in dieser Ma htposition machen können. Heute glauben die Sozialdemokraten die parteipolitische Rückentwicklung durch die Drosselung der Demokratie aufhalten zu können.

Seien wir doch ehrlich! Sprechen wir es aus! Warum lassen Sie nicht wählen? (Potlesk.) Lassen Sie doch wählen, dann würden wir sehen, wofür sich das Volk entscheidet, und dann würden wir konstatieren, daß die Sozialdemokraten unten durch sind. (Hluk. Výkøiky. - Místopøedseda Špatný zvoní.) Neuwahlen werden aus dem einfachen Grunde verhindert, weil die èechischen und deutschen Sozialdemokraten wissen, daß sie vollständig verlieren würden. (Hluk. Výkøiky. - Místopøedseda Špatný zvoní.) Es wird doch heute . . . . (Hluk. Výkøiky. - Místopøedseda Špatný zvoní.) Alles, was heute zum Schutz der Demokratie gemacht wird, soll richtig heißen: Zum Schutz der Sozialdemokratie. Es wird heute alles aus parteipolitischegoistischen Gründen erschlagen. Die Gesetze, die wir heute zum Schutz der Demokratie machen (Hluk.), sind nichts anderes, als eine Zukunftssicherung der Regierungsparteien, in erster Linie für die deutschen Regierungsparteien, und ich glaube, daß die deutschenn Regierungsparteien mit diesem Gesetz ihre eigenen Henker werden, denn wie nichts auf dieser Welt ewig ist, ist auch dieses System nicht ewig, und gerade die deutschen Regierungsparteien, die Sozialdemokraten nd die Landwirte, die mit so heißer Liebe und vielleicht auf ihre eigene Inspiration diese Gesetze mitmachen, werden sie am eigenen Leibe verspüren. Sie machen die Gesetze für die künftigen Systeme gegen sich selbst. (Souhlas.) Dann werden Sie schreien, aufschreien gegen diese Form der Demokratie. Wenn man so brutal die Demokratie einschränkt, dann soll man wenigstens aufrichtig sagen, aus welchen Gründen man es macht und sich nicht auf die Demokratie berufen. (Sehr richtig!) Das ist der Schwindel bei der ganzen Sache.

Und wo sind denn die èechischen Agrarier? Die èechischen Agrarier und auch die èechischen Nationalsozialisten machen diese ganzen Sachen mit. Ich habe vorhin gesagt: Was oben ist, kommt nach unten und umgekehrt. Ich sage Ihnen: Sie werden einmal die Menschen, die Sie jetzt zu Staatsfeinden stempeln, zur Teilnahme an der Regierung heranholen.

Betrachten wir die Sache einmal politisch! Das, was wir heute sehen, ist nichts anderes als politische Entwicklung. Und die Notzeiten, in denen wir leben, sind besonders geeignet, derartige parteipolitisch-umstürzlerische Verhältnisse zu bringen und zu gestalten und das Parteileben zu revolutionieren. Deswegen möchte ich den èechischen Regierungsparteien, vor allem den Nationaalsozialisten und Agrariern, sagen: auch Ihr kommt doch nicht um den Kampf gegen den Marxismus herum. Wenn Ihr aber den Kampf gegen den Marxismus aufnehmen wollt, dann braucht Ihr andere koalitionsreife Gebilde. (Výkøiky posl. Katze.) Auf den Katz aus Falkenau haben wir gewartet. (Výkøiky komunistických poslancù.) Wenn die Kommunisten - passen Sie gut auf, was ich Ihnen sage - nicht solche Scheißkerle wären, wären die deutschen Sozialdemokraten schon lange aus der Regierung draußen. Die Kommunisten haben bei der Kongrua noch die Bänke zerwischt, bei den Gesetzen zum Schutze der Demokratie sind sie ruhig. Sie sind doch heute für die Èechen schon koalitionsreif. Ich möchte wissen, weshalb Sie denn eigentlich so ruhig sind. (Výkøiky.)

Diese Zwangsmaßnahmen der Regierung, wie sie sich ausdrücken in den Bestimmungen über den Rundfunk, über Verschärfung der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses, in den außerordentlichen Verfügungen, im Gemeindewahlgesetz, im Preßgesetz und in dem noch zu erwartenden Ermächtigungsgesetze, das noch kommt, sind meiner Ansicht nach sehr schlechte Surrogate, um die Wirtschaftskrise zu beheben. Ich muß Ihnen da einen Spaß erzählen: Es kam doch da eine Verordnung über den Rundfunk heraus, daß kein Dritter im Zimmer sein darf, daß kein Fenster aufgemacht werden darf, damit ja nicht einmal eine Hitlerrede gehört wird, während doch die maßgebenden politischen Herren sich die ganzen Hitlerreden angehört haben. (Výkøiky.) Da singen die Kinder ein schönes Lied: "Die Fenster auf, der Lenz ist da!" Jetzt heißt es: "Die Fenster zu, wenn Hitler spricht, die Republik verträgt das nicht."

Nun eine andere Sache: Um den deutschen Rundfunk, die deutsche Sendung in der Èechoslovakei rauft man sich jetzt von èechischer Seite aus nationalen Gründen. Die sollen wir nicht bekommen. Aber das, meine Herren, was wir aus Deutschland bekommen, das können Sie doch gar nicht verhindern. Sie haben ja selbst diese Propaganda gemacht, weil Sie durch brutale Gewalt die deutsche Sendung hier so gut wie im Keime erstickt haben. Jetzt kennt sich überhaupt kein Mensch mehr aus. Der Heißsporn Ježek mußte zu Franke gehen und Franke mußte Ježek versprechen: es kommt kein deutscher Sender, Dann aber gab er in einem Interview zu: Vielleicht kommt er doch, aber es sind unüberwindliche Hindernisse vorhanden.

Was die Verschärfung der Geschäftsordnung anlangt, so frage ich das hohe Präsidium, was es schon mit der Opposition für Beschwerden gehabt hat. Keine! Wozu brauchen Sie dann eine Novelle der Geschäftsordnung, wenn diese Opposition auf der kommunistischen Seite nichts wert ist und die andere Opposition durch die parteipolitischen Verhältnisse lahmgelegt ist?

Die außerordentlichen Verfügungen, die Verletzung des Briefgeheimnisses, Versammlungsverbot u. s. w. sind doch Maßnahmen, die an kriegerische Zeiten erinnern müssen. Wir haben schon einmal die Verletzung des Briefgeheimnisses gehabt, als nachgesehen wurde, ob nicht Dollarnoten oder Reichsmark in den Briefen waren. Die heutigen Verhältnisse entsprechen nicht diesen Maßnahmen.

Die Gemeindewahlordnung: Sie haben Angst, daß vielleicht ein Christlichsozialer oder ein Nationaler oder ein Nationalsozialist irgendwo einmal Bürgermeister werden könnte. Weil Koll. Luschka vor 14 Tagen ein Wort gesagt hat, das ihn zum Staatsfeind macht, deshalb darf z. B. in Potschapl kein Christlichsozialer zum Bürgermeister gewählt werden, sondern der Bürgermeister muß von Ihnen ernannt werden. Wäre es denn nicht wichtiger gewesen, meine Verehrten, statt der Gemeindewahlordnung die Gemeindefinanzen in Ordnung zu bringen? (Sehr richtig!) Mit der Gemeindewahlordnung werden Sie keinesfalls die Wirtschaft der Gemeinden sanieren.

Und das Ermächtigungsgesetz? Ich prophezeihe Ihnen, die Sozialdemokraten werden das Ermächtigungsgesetz mitmachen. Und nun kommt der große Schwindel: weil sie nicht den Mut aufbringen, ihren Wählern zu sagen, daß sie Arbeitslosenversicherung, Genter System, Sozialversicherung und Krankenkassen ändern lassen müssen! Dieses Schwindels wegen brauchen sie das Ermächtigungsgesetz, damit sie sich darauf berufen können, daß sie das nicht gemacht haben, sondern die Regierung.

Aber genau so, wie ich den Herrn Hauspräsidenten gefragt habe, was denn die Opposition gemacht hat, daß sie eine solche Verschärfung der Geschäftsordnung verdient hat - wenn ich nur an die Kongrua denke, was, Frau Zemin, das war eine Obstruktion! (Veselost.) - so muß ich sagen, heute sind wir doch alle zusammen keine Opposition mehr. Genau so ist es mit den anderen Gesetzen. Kein Mensch macht etwas, die ganze Bevölkerung im Staate ist ruhig. Es gibt keine Revolution, weder in wirtschaftlicher, noch in nationaler Hinsicht, nicht einmal eine richtige Opposition, und doch kommt man in diesen ruhigen Zeiten mit diesen Verschärfungen.

Meine Verehrten, ich glaube, das ist außenpolitisch unklug. Denn wenn Sie solche Gesetze machen, dann muß sich doch das Ausland denken, daß die ganze Èechoslovakei revolutioniert ist. Es ist aber doch nicht wahr.

Ja, wenn Sie selbst an Stelle der 3 1/2 Millionen Deutschen wären, Sie hätten schon längst die ganze Bude umgedreht. Sie hätten uns gezeigt, wie wir das machen müssen. Eine loyalere Minderheit, als die Sudetendeutschen, kann es doch gar nicht mehr geben. Wären die Sudetendeutschen nicht so loyal gewesen, so hätten Sie den Staat gar nicht in eine so ruhige Entwicklung bringen können. Wären die Sudetendeutschen nicht so loyal gewesen, hätten sie Revolution gemacht, dann wären sie heute dort, wo sie sein wollten, dann wären sie gleichberechtigte Mitbürger dieses Staates. Denn bekanntlich kriegt nur der etwas, der schreit. Und wer ruhig ist, auf dem wird herumgetrampelt. Deswegen müssen wir Sudetendeutschen, die sich auf den Boden des Staates stellten und bereit sind, konstruktiv und positiv mitzuarbeiten schreien und Ihnen sagen, wie Unrecht Sie haben. (Výkøiky komunistických poslancù.) Wenn Ihr Kommunisten früher geschrieen hättet, hätten Eure Arbeiter statt 7 Kè 50 h 20 Kè bekommen.

Wir können heute bei diesen Verhältnissen konstatieren, daß ungeheuere Kontingente von Gendarmen in die Grenzgebiete kommen - wir haben beispielsweise in Nixdorf 18 Mann - denen gesagt wird: Ihr Männer, Ihr kommt in Gegenden, wo lauter Landesverräter, Hochverräter. Irredentisten, Staatsfeinde und Revolutionäre sind! Die Gendarmen sind bewaffnet bis zu den Zähnen und nun finden sie, daß ihnen kein Mensch etwas tut, daß die Bevölkerung die Leute mit "Guten Morgen!" und "Guten Tag!" begrüßt, so daß sich diese Gendarmen an den Kopf greifen, was da los sein soll; da stimmt etwas nicht. Landespräsident Sobotka hat inspiziert, er ist z. B. nach Niedereinsiedel gekommen, wo ihm die Wächter und Hüter gesagt haben: "Gehen Sie nicht vor, es passiert Ihnen etwas!" Da mußte der Präsident bei der Sparkassa aussteigen und dann hat man ihn vorsichtig, unter Bedeckung, damit ihm nichts passiert, bis zur Grenze geschafft. Da hat er gesehen, daß nichts los ist, daß die Menschen friedlich herüber und hinüber gehen. Bauschen wir doch die Verhältnisse nicht unnötig auf, die Verhältnisse sind ganz anders. (Souhlas. - Výkøiky posl. inž. Junga.)

Reden wir doch einmal ein Wort über die èechischen Minderheiten im deutschen Gebiet! Ich erkläre Ihnen, daß den èechischen Minderheiten im deutschen Gebiet in Nordböhmen und in den deutschen Randgebieten kein Haar gekrümmt wird, niemandem geschieht etwas, das einzige Opfer, das sie zu bringen haben, ist, daß sie mit den verfluchten Deutschen zusammenleben müssen. Aber in Wirklichkeit geschieht niemandem etwas.

Demokratie ist Volksherrschaft, Demokratie ist Diskussion nach Präsident Masaryk, Demokratie ist hier gleich Parteienherrschaft, im gegenständlichen Falle ist Demokratie gleich Sozialdemokratie. Wir Sudetendeutsche sind durchaus Demokraten, wir sind es schon aus praktischen Gründen, weil wir viel zu nüchtern sind und wissen, daß eine èechische Diktatur, ein èechischer Faschismus sich in erster Linie gegen uns Deutsche wenden würde. Schon aus diesem einfachen praktischen Grunde der Selbsterhaltung, aber auch sonst sind wir durchaus Demokraten und Sie haben von dieser Seite absolut nichts zu fürchten. Nun ist die Sache aber in Wirklichkeit etwas anders. Schutz der Demokratie ist hier Schutz der jeweiligen regierenden Mehrheit, Schutz der Demokratie bedeutet nichts anderes, als Angst der Sozialdemokraten vor den künftigen Geschehnissen. Das ist der wahre Grund. (Posl. Heeger: Was verwenden Sie soviel Zeit für unser Schicksal?) Da werde ich Ihnen antworten, Herr Koll. Heeger. Wir Sudetendeutschen haben den großen Fehler gemacht, daß wir uns ständig von Euch besudeln ließen und nicht den Kampf gegen den Marxismus aufgenommen haben. (Posl. Katz: Also nieder mit dem Marxismus!) Herr Koll. Katz und Heeger, gestern mußte im Verfassungsausschuß natürlich Herr Schweichhart auf Grund seiner Ausführungen mit dem Kapitalismus kommen, und da werde ich Ihnen etwas sagen. Es gibt heute unter den Sozialdemokraten dadurch, daß im Gewerbe- und Handelsstand soviel Existenzen zugrundegegangen sind, viel mehr Kapitalisten. (Posl. Heeger: Nennen Sie einmal diese Kapitalisten!) Schauen Sie sich einmal die Vertreter des Marxismus auf deutscher und èechischer Seite an! Präsentiert Euch doch, da wird nicht das Geringste von den Idealen wahrzunehmen sein! (Posl. Heeger: Nennen Sie doch Namen auf deutscher Seite, Herr Doktor!) Bitte, wollen Sie vielleicht sagen, daß Ihr Minister Dr. Czech in einer derartigen Stellung ist, daß diese den Marxismus rechtfertigt? (Posl. Heeger: Schämen Sie sich nicht, ein solches Argument zu nehmen?) Euere Repräsentanten sind alle Bourgeois geworden. (Posl. Heeger: Das sagt nicht einmal Ihr Unternehmersekretär!) Wir müssen feststellen, daß auch in der Èechoslovakei unter allen Umständen der Kampf gegen den Marxismus kommen wird.

Místopøedseda Špatný (zvoní): Upozoròuji pana øeèníka, že pøekroèil svoji øeènickou lhùtu.

Posl. dr Rosche (pokraèuje): Wir müssen konstatieren, daß in der Èechoslovakei die Sozialdemokraten stark im Abbau sind. Es ist ausgeschlossen, daß die Èechoslovakei für die Sozialdemokraten die Insel der Seligen bleibt. Schauen Sie sich die Verhältnisse in Rußland, in England, in Italien, in Deutschland, in Österreich, Bulgarien und Rumänien an! Das ist die Feststellung, daß der Kampf gegen den Marxismus auf dem Programm Europas steht. Die sudetendeutschen Parteien werden von der èechischen Seite klassifiziert: erstens in jene Parteien, die aktivistisch sind und derzeit in der Regierung sitzen, die zweiten sind die aktivistischen Oppositionsparteien und die dritten die sog. staatsverneinenden Parteien. Ich habe absolut keine Ursache, die sog. staatsverneinenden Parteien zu verteidigen, aber ich stelle fest, daß es in der Èechoslovakei auf deutscher Seite keinen Irredentismus und keine Staatsfeindlichkeit gibt. Das, was es gibt, ist Ihre Klassifizierung der Parteien zu staatsfeindlichen. Wenn, aus der fünfzehnjährigen Erfahrung heraus, die Èechoslovakei auf deutscher Seite Irredentisten und Staatsfeinde gehabt hätte, so hätte alles anders kommen müssen.


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