Meine Herren! Der vorliegende Staatsrechnungsabschluß für 1931 gibt uns endlich die Gelegenheit, im allgemeinen über die jetzige Wirtschaftslage und im besonderen über die Staatswirtschaft zu sprechen. Es ist tief bedauerlich, daß sich in diesem Parlamente der Brauch eingenistet hat, die Staatsrechnungsabschlüsse jeweils nur als eine reine Formalität zu behandeln, und schon die Tatsache, daß nicht ein einziger der Wirtschaftsminister während der Debatte anwesend ist, ist Beweis genug dafür, daß die Regierung nicht das geringste Interesse für die Verhandlung des Staatsrechnungsabschlusses besitzt. Durch diesen Vorgang wird nichts anderes dokumentiert, als daß die Regierung nach wie vor ohne Fühlung mit dem Parlamament zu regieren gewillt ist und daß auch die Verheißungen des neuen Ministerpräsidenten Malypetr ebenfalls nur Verheißungen geblieben sind, daß nicht die geringste Absicht besteht, die bisherige Teilnahmslosigkeit der Regierung an den parlamentarischen Verhandlungen aufzugeben.
Die Debatte über den Staatsrechnungsabschluß gäbe doch die beste Gelegenheit, über die Wirtschaftskrise und ihre Bekämpfung zu sprechen. Man behauptet zwar wir hören es immer wieder durch den Mund des Außenministers Dr. Beneš - daß die Èechoslovakei eine Insel der Demokratie darstelle, und der Welt gegenüber wird besonders die außenpolitische Stellungnahme der Èechoslovakei immer damit verbrämt, daß man erklärt, für die Erhaltung der Demokratie in Mitteleuropa kämpfen und fechten zu müssen; im eigenen Staate aber sind Verhältnisse eingerissen, die mit demokratischen Zuständen nichts mehr zu tun haben. (Posl. dr Mareš: Tohle už vám nesluší, pane kolego!) Verzeihung, Herr Kollege, können Sie das Gegenteil davon behaupten? Sind das demokratische Zustände . . . (Posl. dr Mareš: Ale vám nesluší o tom mluvit!) Wieso? Ich bin genau so wie Sie Bürger dieses Staates und auf der Grundlage des Verfassungsrechtes . . . (Posl. dr Mareš: Já vám to nemohu brát, ale už vám to nesluší! - Posl. Jaroš: Èetl jste, co øekla paní Asquithová Rosenbergovi?) Was hat das mit dem Staatsrechnungsabschluß zu tun, mit den hier herrschenden undemokratischen Zuständen? (Výkøiky.) Sie müssen lauter sprechen, ich verstehe Sie nicht. Die hier herrschenden Zustände können am besten damit gekennzeichnet werden, daß man sie als demokratische Diktatur anspricht, die interessanterweise von den sozialdemokratischen Parteien verteidigt wird. (Výkøiky poslancù èsl. strany soc. demokratické.) Es ist doch unbestreitbar die Schuld vor allem auch der sozialdemokratischen Parteien, daß hier solche Zustände einreißen konnten. Schon die jeweiligen Verhandlungen über die Staatsvoranschläge und die Staatsrechnungsabschlüsse bestätigen ja zur Genüge, daß sich die Regierung nicht einmal an die gesetzlichen Bestimmungen des Finanzgesetzes hält, denn bis zum heurigen Jahre haben wir alljährlich allein Überschreitungen, die in viele Millionen gehen, feststellen können, ohne daß die Bestimmungen des Finanzgesetzes, daß die Regierung verpflichtet ist, bei solchen Überschreitungen rechtzeitig eine Nachtragsgenehmigung des Parlamentes einzuholen, eingehalten worden wäre. (Výkøiky posl. Brodeckého.)
Auf der einen Seite beklagt man
es, daß der Parlamentarismus in diesem Staate nicht mehr das Ansehen
genießt, wie z. B. der Parlamentarismus im alten Österreich-Ungarn,
auf der andern Seite sind es die Regierungsparteien, u. zw. ohne
Unterschied deutsche und èechische Regierungsparteien, die diese
Zustände heraufgeführt haben, die geradezu zu einer Herabwürdigung
des Parlamentarismus geführt haben. (Posl. Brodecký: V Nìmecku
jste to udìlali vy!) Aber das ist doch keine Entschuldigung
für Sie. (Posl. Brodecký: Vy nemáte práva mluvit o tomto
státu, o jehož život ukládáte!) Aber verzeihen Sie, Herr
Kollege, Sie führen doch die Demokratie ununterbrochen im Munde.
Wir sind doch nicht schuld an den Zuständen, die in einem anderen
Staate herrschen. Sie tragen die Verantwortung für die Zustände
in diesem Staate und wir haben das Recht, Kritik zu üben, aber
dieses Kritiküben paßt den Herren von den sozialdemokratischen
Parteien nicht. (Posl. Jaroš: Vy nejste k tomu povoláni!)
Ich habe als oppositioneller Abgeordneter die Pflicht, mich
mit der Tätigkeit der Mehrheitsparteien zu befassen. Ich glaube,
daß es den Herrschaften unangenehm ist, daß an ihrer Pseudo-Demokratie
berechtigte Kritik geübt wird. (Výkøiky posl. Brodeckého a Jaši.)
Aber, meine Herren, wir sprechen doch hier von der èechoslovakischen
Republik und von den Zuständen in dieser Republik. (Posl. Brodecký:
To má kritisovat jen ten, kdo to poctivì myslí, ale vy to poctivì
nemyslíte! To jest komedie!) Herr Kollege, jetzt haben Sie
das richtige Wort gewählt. Das Parlament [ ] und Sie als
die Verantwortlichen vertragen keine ehrliche Kritik. (Rùzné
výkøiky. Hluk.)
Pøedseda (zvoní):
Prosím o klid.
(Výkøiky posl. Brodeckého.)
Posl. inž. Kallina (pokraèuje): Verzeihen Sie, Herr Kollege, Sie werden im Laufe meiner weiteren Ausführungen Gelegenheit haben Stellung zu nehmen und ich bin begierig, ob Sie den Mut aufbringen werden, die von mir geübte Kritik ebenfalls einer objektiven Betrachtung zu unterziehen. (Výkøiky.)
Es ist doch unbestreitbar, daß die bisher beschlossenen 15 Staatsvoranschläge in Wirklichkeit niemals einer Beratung unterzogen worden sind, denn die unterschiedlichen Generalberichterstatter haben jeweils den verschiedenen Mehrheitsparteien erklärt, daß an den vorgelegten Ziffern der Staatsvoranschläge nicht das geringste geändert werden darf. [ ] indem man wochenlange Beratungen im Bu dgetausschuß, Beratungen hier im Plenum des Hauses, vorgetäuscht hat, während von vornherein festgelegt war, daß an diesen Ziffern nicht das geringste geändert werden darf. (Posl. Brodecký: Pane kolego, mùžete míti dvojí morálku?) Sie haben eine doppelte Moral! Sie reden stets von Demokratie und in Wirklichkeit zerren Sie die Demokratie täglich in den Staub. (Posl. Brodecký: My mùžeme mluvit o demokracii, ale jak vy o ní mluvíte, je to komedie!) Sie meinen die jetzigen Regierungsmethoden! Jawohl. [ ] Sie haben vollständig recht. (Posl. Brodecký: Vy nemáte práva mluvit o tomto státu, o jehož život ukládáte!) Ich rede vom Staatsrechnungsabschluß 1931. (Výkøiky posl. Brodeckého.) Also Sie wollen mir nicht einmal die Möglichkeit bieten, hier offen von der Parlamentstribüne zu sprechen. Sie sind eben nur für Polizeimethoden. (Posl. Brodecký: Tak se nedovolávejte demokracie, to je ostuda, když máme poslouchat èlovìka, který jde na zloèinnou diktaturu a nám chce najednou vykládat demokracii!) Das nennt sich sozialdemokratische Freiheit! (Posl. dr Mareš: Vy máte formální legitimaci o tom mluvit, ale nemáte morální!) Herr Koll. Mareš, sprechen Sie nicht von Moral. Eine Regierungsmehrheit, die [ ] brutaler Macht ausübt, hat kein Recht, über die Moral anderer zu richten.
Der erste Satz des Einleitungsberichtes des vorliegenden Staatsrechnungsabschlusses des Jahres 1931, in welchem erklärt wird, daß dieser Abschluß zur Prüfung und Genehmigung vorgelegt wird, kann mit Rücksicht auf die hier herrschenden Zustände nur als Hohn empfunden werden. Denn eine wirkliche Prüfung des Staatsrechnungsabschlusses ist schon auf Grund der Art seiner Zusammenstellung unmöglich. Ich berufe mich auf die Worte Ihres eigenen Parteikollegen, des Berichtserstatters Remeš, der als erster Berichterstatter es überhaupt gewagt hat, sowohl am letzten Staatsvoranschlag als auch an dem jetzt vorliegenden Staatsrechnungsabschluß Kritik zu üben. Freilich ist er leider nicht so weit gegangen, um daraus auch die entsprechenden Schlußfolgerungen zu ziehen, sondern er hat auch den vorliegenden Staatsrechnungsabschluß zur Genehmigung empfohlen, trotz allen seinen Überschreitungen, und obwohl gerade dieser Staatsrechnungsabschluß zur Genüge beweist, daß er eine Genehmigung nicht verdient, weil ja auch dieser Staatsrechnungsabschluß beweist, daß im Jahre 1931 die Bestimmungen des Finanzgesetzes ebenfalls nicht eingehalten wurden.
Eine Besserung der Verhältnisse betreffend die Staatswirtschaft, die Staatsvoranschläge und Staatsrechnungsabschlüsse, könnte natürlich nur gefunden werden, wenn man endlich den Mut besäße, eine wirkliche Kontrolle der Staatswirtschaft zu ermöglichen. Durch Jahre haben wir ständig von dieser Stelle schärfste Kritik an dem sogenannten staatlichen Kontrolldienst geübt und der verstorbene Präsident des Obersten Rechnungskontrollamtes Dr. Körner hat in seinen Repliken im Budgetausschuß wiederholt zugegeben, daß das Oberste Rechnungskontrollamt mit Rücksicht auf die vollständig unzulänglichen Ermächtigungen und gesetzlichen Bestimmungen gar nicht in der Lage ist, eine Kontrolle der Staatswirtschaft auszuüben und daß das Oberste Kontrollamt eigentlich gar nichts anderes sei als ein staatliches Oberbuchhaltungsamt, welches die ihm von den einzelnen Ministerien zur Verfügung gestellten Ziffern aufzuschreiben und zu addieren hat. Eine wirkliche Kontrolle der Staatswirtschaft ist selbstverständlich insolange undenkbar und unmöglich, als nicht die gesetzlichen Bestimmungen betreffend das Oberste Rechnungskontrollamt ausgeweitet werden, u. zw. in der Art, daß der Präsident des Obersten Rechnungskontrollamtes mindestens Ministerrang erhält und die Möglichkeit hat, auf gesetzlicher Grundlage tatsächlich die Wirtschaft innerhalb der einzelnen Ressorts zzu prüfen und Übelstände abzustellen. Das ist bis zum heutigen Tage unmöglich gemacht worden und tragen infolgedessen alle Regierungsparteien für die Fortsetzung des bisherigen ungeheuerlichen Systems und den Zusammenbruch der Staatswirtschaft die volle Verantwortung. Daß man eine wirkliche Kontrolle der Staatswirtschaft gar nicht will, beweist ja allein die Tatsache, daß man auf Grund gesetzlicher Ermächtigung schon zum zweiten male eine sogenannte Ersparungs- und Kontrollkommission eingesetzt hat. Wenn man wirklich kontrollieren wollte, würde es vollständig genügen, nach den gezeichneten Richtlinien die Machtbefugnisse des Obersten Rechnungskontrollamtes auszuweiten und den Mitgliedern des Budgetausschusses die Möglichkeit zu geben, tatsächlich eine Kontrolle der Staatswirtschaft auszuüben. Um aber von vornherein der Kontrolle seitens der Mitglieder der Oppositionsparteien auszuweichen, geht man nicht diesen einzig möglichen und praktischen Weg, sondern man begnügte sich neuerlich mit der Einsetzung einer Ersparungs- und Kontrollkommission die auf Grund ihrer Best immungen nur wieder als ein Hohn auf jedwede Demokratie und jedweden Parlamentarismus bezeichnet werden muß. Denn diese Kontrollkommission wurde nur zu dem Zwecke ins Leben gerufen, um die freigewählten Mitglieder jener Parteien, die in Opposition zur Regierung stehen, von jedweder Kontrolle der Staatswirtschaft auszuschalten; und das ist die geheiligte Demokratie, für die sich die Koll. Mareš und Gen. mit solcher Begeisterung einsetzen! Es ist doch unglaublich, daß man es heute unter der Mitwirkung der sozialdemokratischen Parteien wagen kann, ganze Teile der Volksvertretung von jedweder parlamentarischen Kontrolle auszuschalten. Die Ersparnis- und Kontrollkommission, die bekanntlich seit mehr als zwei Monaten besteht, hat bisher eine einzige Sitzung abgehalten und zwar unter Ausmerzung der Mitglieder der oppositionellen Parteien. Die Regierungsparteien wollen fein säuberlich unter sich bleeiben, weil sie nur eine Kontrolle zulassen wollen, die nicht die Koalitionsinteressen schädigt. Man will eben keine wahrhafte Kontrolle im Interesse der Allgemeinheit, sondern nur eine Kontrolle, die dazu dienen soll, unter Schonung der Interessen der verschiedenen Koalitionsparteien vorzugehen. Die Folge davon ist, daß es naturgemäß niemals zu einer Ordnung innerhalb der Staatswirtschaft kommen kann und wird.
Schon bei der Beschlußfassung über den Staatsvoranschlag für das Jahr 1931 hat der damalige Finanzminister Dr. Engliš darauf hingewiesen, daß seiner Meinung nach der Staatsvoranschlag um eine Milliarde zu hoch sei, und es ist Schuld der Regierungsparteien, daß sie damals diesem Warnungsruf Engliš's nicht Folge geleistet und den Voranschlag nicht nur in seinem alten Ausmaß, sogar noch mit einer Erhöhung von rund 600 Millionen beschlossen haben. Wir haben schon damals bei der Beratung des Voranschlages für das Jahr 1931 darauf hingewiesen, daß auch dieser Voranschlag zum großen Teil nur auf Ziffern aufgebaut ist, die durchaus nicht fundiert sind und nach Vorlage des Rechnungsabschlusses für das Jahr 1931 ist ja neuerlich der Beweis erbracht, daß die Staatsvoranschläge nicht auf Grundlage der Erfahrungen der früheren Jahre aufgestellt werden, sondern auf Grundlage der allein maßgebenden Koalitionsinteressen. Es müssen die einzelnen Parteien mit ihren Forderungen befriedigt werden und ob die Wirtschaft im Staate diese ungeheueren Lasten tragen kann oder nicht, wird als gleichgültig betrachtet. Entscheidend ist nur, daß die verschiedenen Koalitionsparteien mit ihren besonderen Interessensphären befriedigt werden. Die Folge davon ist naturgemäß, daß der Voranschlag mit einem Riesendefizit, wie es selbst der Generalberichterstatter Koll. Remeš zum Ausdruck gebracht hat, von rund 2 Milliarden, abgeschlossen hat.
Die bisher vorliegenden Staatsrechnungsabschlüsse für die Jahre 1918 bis 1931 gewähren einen interessanten Einblick in die Führung der Staatswirtschaft und ich habe schon anläßlich der Beratung über den Staatsvoranschlag für das Jahr 1933 Gelegenheit genommen, einzelne interessante Ziffern herauszuheben. Heute will ich mich damit begnügen, darauf hinzuweisen, daß jedwede Überprüfung der Staatsvoranschläge - das hat übrigens Koll. Pružinský von dieser Stelle aus vor mir schon behauptet infolge des verschleierten Aufbaus sowohl der Staatsvoranschläge als auch der Staatsrechnungsabschlüsse mindestens 99% der Mitglieder dieses Hauses hier nicht möglich ist. Ich habe mich der Aufgabe unterzogen, um zum Teil zu einer Entschleierung dieser Staatsrechnungungsabschlüsse beizutragen und ist es mir gelungen, gewissermaßen ein Bild der Staatswirtschaft zu erhalten, das mindestens den herrschenden Wirtschaftszuständen im Staate nahekommt. Freilich war es hiezu notwendig, daß man - ich habe den Voranschlag für das Jahr 1924 gewählt einen Voranschlag und seinen technischen Aufbau zur Grundlage nimmt und daß man versucht, alle Staatsvoranschläge der früheren und späteren Jahre auf diese einheitliche Grundlage zurückzuführen. Denn ich behaupte, daß nur nach Schaffung einer solchen einheitlichen Grundlage möglich ist, ein en Vergleich zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Staates im Laufe der vergangenen Jahre zu ziehen. Auf Grund dieser Umrechnung ergab sich im Jahre 1931 eine Gesamteinnahme mit 12.795,825.254.65 Kè und die Staatsausgaben mit 14.765,385.620.40 Kronen. Es ergibt sich mithin für das Jahr 1931 auf Grund des Staatsrechnungsabschlusses ein Defizit von 1.169,560.365.80 Kè. Alle diesbezüglichen Ziffern, die von dieser Stelle aus bisher vorgebracht wurden, variieren voneinander, und das hat seine Ursache darin, daß jeder Redner auf einer anderen Grundlage aufgebaute Ziffern errechnet hat. Aber für den vorliegenden Staatsabrechnungsabschluß ist es bezeichnend, daß sogar die Ziffern des Koll. Remeš, die er als Berichterstatter vorgebracht hat, gewissermaß en erst nach einer Rekonstruktion gewonnen werden konnten, wodurch doch zumindest die Unklarheit der Vorlage bestätigt erscheint.
Wie im Staate gewirtschaftet wird, geht besonders aus einer Detailaufstellung hervor, aus welcher man ersehen kann, welche Beträge von diesen Gesamtausgaben von 14.765 Millionen auf die einzelnen Ressorts entfallen. Freilich war es auch hier wieder notwendig, aus den einzelnen Ressorts die verschleiert untergebrachten Posten herauszuholen und unterzubringen, wohin sie gehören. Da kommt man zu dem überraschenden Ergebnis, daß z. B. die Ausgaben für den èechischen Militarismus im Jahre 1931 den Betrag von 2.235,560.403ÿ99 Kè erreicht haben, also bedeutend mehr, als die sogenannte Höchstgrenze von 1.400 Millionen Kè, wie sie immer im Kapitel für Militärangelegenheiten ausgewiesen wird. Ich habe bei der Entschleierung des vorliegenden Staatsrechnungsabschlusses besonders darauf gesehen, daß alle jene Beträge, die für Militärzwecke in diesem Jahre verausgabt werden, tatsächlich auch zu Lasten des Ministeriums für nationale Verteidigung gebucht werden. Ich gebe zu, daß das immerhin besonders für die Angehörigen der beiden sozialdemokratischen Parteien außerordentlich peinlich ist, wenn ihnen als Antimilitaristen nachgewiesen wird, daß mehr als 2.2 Milliarden in dem schweren Krisenjahr 1931 bei der ständig anwachsenden Zahl der Arbeitslosen für den Moloch Militarismus in diesem Staate hingeopfert wurden, während man immer, wenn es sich darum handelt, Beträge für die Arbeitslosen, für die produktive Arbeitslosenfürsorge freizumachen, erklärt, daß kein Geld in der Staatskassa wäre. Besonders interessante Ziffern erfährt man auch, wenn man die Ausgaben aus dem Kapitel Finanzministerium und Staatsrechnungsabschluß herauszieht, die dem Eisenbahnwesen zugeflossen sind. Hier erreichen die aus der Staatskassa überwiesenen Beträge - auch wenn man sie zum Teil als gewährte Anleihen bezeichnet, sie sind tatsächlich aus den Steuergeldern entnommen und der Staatseisenbahn zugewiesen worden - im Jahre 1931 den Gesamt-Betrag von 1.997,994.376 Kronen 78 Heller. Wenn man sich diese Ziffern, die fast an die Zwei-Milliardengrenze heranreichen, vor Augen hält, wird man begreifen, warum die Staatskassen so plötzlich leer geworden sind und wird begreifen, warum man mit Recht von einem vollständigen Zusammenbruch der Staatswirtschaft sprechen muß. Ich habe in den vergangenen Jahren immer die Gelegenheit wahrgenommen, um darauf hinzuweisen, daß besonders in der Richtung des Staatseisenbahnwesens Maßnahmen getroffen wuwurden, die geradezu eine Irreführung der gesamten Öffentlichkeit bedeutet haben. Man hat einfach Beträge, z. B. Eingänge der Verkehrssteuern, ohne sie unmittelbar im Staatsvoranschlag oder bei den Staatseinnahmen oder Staatsausgaben zu buchen, den Staatseisenbahnen überwiesen und hat noch das Kunststück fertiggebracht, im Verlaufe der letzten Jahre 1929/31 von einem Reingewinn der Staatseisenbahnen zu sprechen, obwohl ein rechnungsmäßiger Reingewinn nur dadurch ermöglicht wurde, daß man jährlich 400 Millionen Steuerkronen den Staatseisenbahnen aus der Staatskasse überwiesen hat. Schon damals wäre es an der Zeit gewesen, dem ständigen Defizit der Staatseisenbahnen an den Leib zu rücken und es ist die Schuld unterschiedlicher Regierungsparteien, daß sie es nicht getan haben, sondern im Gegenteil, immer durch ihre Zustimmung diese Verschleierungsmethoden gedeckt und dadurch zum Zusammenbruch der gesamten Staatswirtschaft beigetragen haben.
Es ist überhaupt bezeichnend, daß die Regierungsparteien sich mit den Staatsrechnungsabschlüssen fast gar nicht beschäftigt haben und es nunmehr zur Ausrede nehmen, daß sie über den schlechten Stand der Staatsfinanzen überhaupt nicht orientiert waren. Es ist daher begreiflich, daß Dr. Beneš's Politik trotz ihrer katastrophalen Folgen gutgeheißen wurde und er immer von der Èechoslovakei als von einer Insel der Seligen sprechen konnte. Als die Zahl der Arbeitslosen bereits auf 72.000 gestiegen war, erklärte er noch - bekanntlich nach Zerschlagung der deutsch-österreichischen Zollunion, die tatsächlich die Möglichkeit geboten hätte, an einen Wiederaufbau zu schreiten - daß die Verhältnisse der Èechoslovakei so fest gegründet seien, daß nicht zu befürchten stehe, daß irgendeine kommende Entwicklung die Wirtschaftslage der Èechoslovakei erschüttern könnte. Freilich vergingen nicht ganz 1 1/2 Jahre und die Zahl der Arbeitslosen war von 72.000 auf 600.000 gestiegen, ein Beweis dafür, daß Dr. Beneš als Prophet, vor allem auf volkswirtschaftlichem Gebiet nicht mehr ernst zu nehmen ist. Aber von den Regierungsparteien hätte man zumindestens erwarten können, daß sie auf Grund der selbst aus den vorgelegten Staatsrechnungsabschlüssen erkennbaren Defizite Vorsorge getroffen hätten, um ein weiteres Abgleiten der Staatsfinanzen zu verhindern, weil dadurch naturgemäß die wirtschaftliche Grundlage der Staatswirtschaft sowie die gesamte Volkswirtschaft erschüttert werden mußten. Es ist ja für die Verantwortungslosigkeit der Regierenden kennzeichnend, daß sie sich nicht gescheut haben, die Staatsausgaben, und zwar zur Befriedigung der einzelnen Forderungen der Koalitionsparteien ständig zu erhöhen, statt den Warnungen des Finanzministers Dr. Engliš Gehör zu schenken, eine Milliarde abzubauen. Und zwar ergaben sich für das Jahr 1929 11ÿ9 Milliarden, für das Jahr 1930 12 Milliarden, für das Jahr 1931, das schwerste Krisenjahr, für das der Staatsrechnungsabschluß vorliegt 14.7 Milliarden. Wir sehen also, wie in engherzigem Parteiinteresse, im sog. Koalitionsinteresse, auf Kosten der gesamten Volkswirtschaft unverantwortlicher Weise bei sinkenden Einnahmen die Staatsausgaben gewachsen sind.
Dies wollte ich im allgemeinen zum vorliegenden Staatsrechnungsabschlusse sagen. Nun möchte ich mich mit einigen Einzelheiten beschäftigen, die erkennen lassen, wie riesenhaft die Verantwortung der Parteien ist, die bisher das hier herrschende System, besonders auch auf volkswirtschaftlichem Gebiete gedeckt haben. Ich möchte mich vor allem den Staatsbetrieben zuwenden. Das Kapitel Staatsbetriebe ist wohl eines der traurigsten Gebiete der allgemeinen Staatswirtschaft. Es ist bezeichnend, daß man die ganzen Jahre hindurch ständig der Öffentlichkeit gegenüber behauptet hat, daß die Staatsbetriebe einen Reingewinn abwerfen, und zwar wurde dieser immer mit Milliardenbeträgen ausgewiesen, während in Wirklichkeit die Staatsbetriebe schon seit vielen Jahren nur mit Defiziten gearbeitet haben, die zum Teil bis zum Jahr 1930 durch Überweisungen aus der Staatskassenverwaltung künstlich abgedeckt wurden. Wie gewissenlos man aber bei der Aufstellung der Staatsvoranschläge nicht nur in den vergangenen Jahren, sondern auch beim Voranschlag für das Jahr 1933 vorgegangen ist, werde ich nunmehr an der Hand von unanfechtbaren Unterlagen beweisen und ich würde es begrüßen, wenn der anwesende Vertreter des Finanzministeriums und vor allem auch der Herr Generalberichterstatter für den Staatsrechnungsabschluß zu diesen meinen Feststellungen noch im Laufe dieser Debatte Stellung nehmen würde. Wir haben in dem vergangenen Jahre immer darauf hingewiesen, daß die Staatsvoranschläge zum großen Teile nur auf Hausnummern aufgebaut sind und nicht den tatsächlichen Verhältnissen und Erfahrungen der vergangenen Jahre entsprechen. Die unterschiedlichen Generalberichterstatter der früheren Jahre haben diese meine ähnlichen Behauptungen, ohne sie widerlegen zu können, immer bestritten. Heute bin ich in der Lage, Ihnen unanfechtbares Material vorzulegen, um zu beweisen, daß auch trotz der Beratungen des sog. privaten Siebener-Ausschusses neuerlich für das Jahr 1933 ein Vo ranschlag vorgelegt wurde, der auf unhaltbaren Grundlagen aufgebaut ist.
Nach dem vorliegenden Ausweis des Finanzministeriums über die verschiedenen Eingänge an Steuern, Zöllen, Abgaben und Einnahmen der Tabakregie im Jahre 1932, betrugen die Einnahmen für die im Inlande verkauften Tabakregieerzeugnisse 2.172 Millionen 957.028 Kè. Im Jahre 1931 betrugen diese Einnahmen 2.171,208.786 Kè, also im Jahre 1932 trotz der Erhöhung der Tabakregiepreise nur um 1,749.034 Kè mehr als im Jahre 1931. Man hätte also auf Grund der Erfahrungen im abgelaufenen Jahr 1932 die Erkenntnis schöpfen müssen, daß aus den Tabakregieerzeugnissen eine Mehreinnahme nicht erzielt werden kann. Es ist daher mehr als erstaunlich, wenn die Vertreter des Finanzministeriums, gedeckt durch die gesamte Regierung und die Regierungsparteien, im Voranschlag für das Jahr 1933 die mutmaßliche Einnahmeziffer mit einem Betrag von 2.475,000.000 Kè einsetzen. Es wird also hier entgegen den Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre, trotzd em eine weitere Verschlechterung der allgemeinen Wirtschaftslage eingetreten ist, bei dem Kapitel Tabakregie mit einer Mehreinnahme von 300 Millionen gerechnet. Es ist naturgemäß, daß wir es hier auf Grund dieser Feststellungen neuerlich mit einer Hausnummer zu tun haben und daß die Einstellung dieses höheren Betrages nur zu dem einzigen Zweck erfolgte, um bei dem Gesamtabschluß der Staatsbetriebe wieder mit einem sogenannten Reinertrag und einem aktiven Staatsbudget aufwarten zu können. Ich bitte sich weiters vor Augen zu halten: Das Absinken des ganzen Handelsvolumens im vergangenen Jahre 1932 allein ist doch schon darin zu ersehen, daß gegenüber dem Jahre 1931 die Eingänge an den Zöllen einen Minderertrag von 425 Millionen Kè ergeben haben. Es ist naturgemäß damit zu rechnen, daß im laufenden Jahre 1933 ein weiteres Absinken dieser Ziffern eintreten wird. Also auch diese wenigen Ziffern lassen jedoch erkennen, daß wir nach wie vor mit einem Absinken der Wirtschaftsziffern zu rechnen haben und es ist daher ungeheuerlich, wenn im Staatsvoranschlag für 1933 die Erträgnisse aus dem Verkauf der Tabakerzeugnisse im Inland mit einem Mehrbetrag von 300 Millionen ausgewiesen werden.
Ich halte es überhaupt für verfehlt, daß man die Tabakregie mit den anderen Staatsbetrieben zusammenlegt. In meinen Augen ist die Tabakregie ein Unternehmen ganz besonderen Charakters, welches gewissermaßen nur als Mittelding eingeschoben wird, um von der Bevölkerung eine Rauchersteuer einzuheben. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Špatný.) In den vergangenen Jahren wurden die 21 Staatsbetriebe immer gemeinsam ausgewiesen und zum Schluß wurde immer mit einem Reinertrag der Staatsbetriebe von rund 1200 bis 1500 Millionen geprotzt, während dieser Reinertrag nur auf die Erträgnisse der Tabakregie zzurückzuführen war, und die ganzen Staatsbetriebe mit Defizit gearbeitet haben. Das sind unhaltbare Zustände, die unbedingt, abgestellt werden müssen, soll nicht die gesamte Bevölkerung unter der Fortsetzung dieser Mißwirtschaft bei den Staatsbetrieben leiden.
Ein ganz interessantes Kapitel ist auch das Kapitel der sogenannten Aktiven des Staates. Mein Vorredner Koll. Dr. Pružinský hat siich auch schon mit dieser Frage beschäftigt. Es ist bezeichnend, daß man kann nur sagen aus Gründen der Irreführung der Öffentlichkeit - auch im vorliegenden Staatsrechnungsabschluß wieder Aktiven des Staates in der Höhe von 9.012 Millionen 548.910 Kè 75 Heller ausgewiesen werden. Sogar der Herr Generalberichterstatter hat darauf hingewiesen, daß diese Ziffern durchaus nicht fundiert sind, weil bekanntlich hier Ziffern ausgewiesen werden, mit denen vor allem die Länder als Schuldner und der Staat als Gläubiger auftreten, Schulden, die niemals eingetrieben werden können und es wäre Pflicht der Regierungsparteien, hier endlich Ordnung zu schaffen und an die Abschreibung dieser nur formell bestehenden Außenstände zu schreiten, weil sie in Wirklichkeit keine Aktiven sind. Denn der Staat hat sich die ganzen Jahre hindurch zur Beschaffung dieser den sogenannten Aktiven gegenüberstehenden Zahlungen die notwendigen Steuern bewilligen lassen, also den Ländern diese Steuererträgnisse vorenthalten. Die Beträge wurden also im Wege von Steuern vom Staate eingehoben und nur buchhaltungsmäßig als Vorschuß den Ländern zur Bezahlung der Lehrergehalte usw. überwiesen. Der Staat hat der Bevölkerung Geld schon abgenommen und es ist undenkbar, daß die Länder jemals in die Lage kommen, diese Beträge zurückzuzahlen. Es wäre hoch an der Zeit, den gesamten Betrag der sogenannten Aktiven, soweit aus diesem Titel die Länder als Schuldner in Frage kommen, zur Abschreibung zu bringen.
Bei dieser Gelegenheit will ich mich mit einer Frage beschäftigen, die ebenfalls für die herrschenden Verhältnisse kennzeichnend ist. Unter den Aktiven des Staates werden auch rund 300 Millionen ausgewiesen, die einzelnen privaten Körperschaften, vor allem den Èechisierungsvereinen, auf Grund eines einfachen Ministerratsbeschlusses bewilligt wurden, u. zw. zum Teil als verzinsliche und zum Teil als unverzinsliche Darlehen. Es erhebt sich hier die Frage, ob der Ministerrat allein berechtigt ist, solche Beschlüsse zu fassen und über den Rahmen des Staatsvoranschlages hinaus privaten Vereinigungen solche Beträge zu bewilligen. Wer den Staatsrechnungsabschluß in den vergangenen Jahren durchsieht, kann die auffallende Feststellung machen, daß wiederholt innerhalb dieser hier ausgewiesenen Aktiven des Staates Veränderungen in der Richtung eintraten, daß man plötzlich einer privaten Körperschaft einen Betrag von 3 Millionen Kronen als unverzinsliches Darlehen bewilligt hat, welcher Betrag, ohne daß ein Heller Zinsen gezahlt wurde, in den Aktiven in den folgenden Jahren nicht mehr erscheint. Da liegt in der Zwischenzeit offenbar ein neuerlicher Beschluß des Ministerrates, vor daß dieses seinerzeitige Darlehen in eine Spende des Ministerrates an den Èechisierungsverein umgewandelt wurde. Auf Grund dieser Erkenntnis habe ich seinerzeit, um einer durch Arbeitslosigkeit am schwersten bedrohten Stadtgemeinde unseres sudetendeutschen Heimatsgebiets zu helfen, welche Stadt sich in einer trostlosen finanziellen Lage befindet und trotz der großen Zahl ihrer Arbeitslos en gar nicht in die Lage kommen kann, weitere neue Darlehen aufzunehmen, im Wege einer Interpellation die Regierung aufgefordert, der Stadtgemeinde Weipert zur Ermöglichung und Durchführung von Notstandsbauten auf derselben Grundlage, wie man in früheren Jahren es gegenüber Èechisierungsvereinen getan hat, durch Ministerratsbeschluß ein Darlehen in der Höhe von 1.5 Millionen Kronen zu gewähren. Es war hoch interessant, was die Regierung auf diese meine Interpellation geantwortet hat. Sie hat erklärt, daß die Regierung keine rechtliche Grundlage besitze, um dieser Aufforderung nachzukommen, während sie die ganzen Jahre hindurch viele Zehnmillion enbeträge durch einfachen Ministerratsbeschluß den verschiedenen privaten Vereinigungen zukommen ließ. In dem Augenblick, wo es sich um eine deutsche Gemeinde handelt, hat die Regierung plötzlich erklärt, daß sie keine rechtliche Grundlage für einen solchen Beschluß besitze. Ich habe die Antwort des Gesamtministeriums der Presse übermittelt, u. zw. mit einigen einleitenden Sätzen. Ich muß da vorausschicken, daß diese Veröffentlichung in der Presse, worin von der Antwort des Gesamtministeriums Mitteilung gemacht wird, der Konfiskation verfallen ist. Ich habe nun eine neue Interpellation eingebracht, in der es heißt: Im Verfassungsoktroi steht zu lesen, daß alle Macht vom Volke stamme, und daß die Èechoslovakische Republik ein demokratischer Staat sei. Und doch beweisen die hier herrschenden Zensurverhältnisse das Gegenteil. Seit Antritt der Regierung Malypetr wird wenn möglich sogar die gegen die deutschen Zeitungen gerichtete Zensur noch verschärft und man hat den Eindruck, daß es verhindert werden soll, die Bevölkerung wahrheitsgemäß über die im Staate herrschenden Verhältnisse zu unterrichten.