Meine Damen und Herren! Vor uns liegt ein Gesetz, die zeitliche Regelung des Exekutionsvollzuges gegen Landwirte.
So verheißungsvoll dieses Gesetz klingt für die Landwirtschaft, so beklagenswert wird es sich gegen die anderen nicht landwirtschaftlichen Berufe und Stände auswirken. Ich begrüße diesen gesetzlichen Zahlungsaufschub der Landwirte, hätte es aber sehr gerne gesehen, wenn Handwerk und Gewerbe, sowie auch die anderen beachtenswerten Berufe der Segnungen dieses Gesetzes teilhaftig geworden wären. Es steht außer Zweifel, daß tausende und abertausende Existenzen in der Landwirtschaft ohne Selbstverschulden in schwere Not gekommen sind, es ist aber vielen anderen Berufen auch der Notnagel ins eigene Fleisch getrieben worden ohne Selbstverschulden, durch Maßnahmen einer vollständig unfähigen Staatsregierung. Die innere Wirtschaftsführung einer Staatsregierung sollte darauf bedacht sein, den Bürgern des Staates das Leben so angenehm wie möglich zu gestalten und alle Vorkehrungen treffen, daß der arbeitswillige, fleißige und sparsame Staatsbürger nicht in Schulden gestürzt werde. Die Schuldenlast der Staatsbürger ist ohne ihr Dazutun ins Riesenhafte gewachsen, so daß oft keine Hoffnungen mehr vorhanden sind, diese schwere Last abzuwälzen. Man muß selbst Landwirt sein, um bis ins kleinste hinein zu wissen, wie schwer es heute ist, einen Bauernhof zu erhalten, um ihn dann an einen Sohn als uraltes Erbe einer alteingesessenen Familie weitergeben zu können. Nicht eimal diejenigen Landwirte, die die sogenannten guten Jahre mitgemacht haben, können sich der Schulden mehr erwehren, geschweige denn erst diejenigen, die vor einigen Jahren bis in die Jetztzeit hinein eine verschuldete Wirtschaft übernehmen mußten. Diese jungen Bauern bekommen schon bei der Besitzübernahme die Schlinge um den Hals gelegt, die das Atmen schwer beeinträchtigt und zumeist ganz unterbindet. Wurde so ein armes unschuldiges Opfer unter Mithilfe der Steuerschlinge erdrosselt, so finden sich die Hyänen am Schlachtfelde der Arbeit gleich ein, um unter Führung des Steuereintreibers und Ausrufers recht gründliche Aushackarbeit zu leisten. Auch die Arbeit der Intabulation für den Fiskus gehört zu dieser Halsabschneiderei.
Im alten, so oft geschmähten und rückständig gescholtenen Österreich wäre eine solche Handlungsweise nicht möglich gewesen, da man trotz aller Rückständigkeit immer darauf bedacht war, dem Steuerzahler in vornehmer Weise entgegenzukommen. Wäre dies damals nicht der Fall gewesen, so gäbe es heute keinen inzigen èechischen und im ehemaligen Galizien keinen einzigen polnischen Bauernhof mehr, denn in diesen Rassensprachgebieten war das grundsätzliche Nichtsteuerzahlen als Rasseneigenschaft zu Hause. Beweis meiner Feststellung ist, daß man sofort nach halbwegiger Gleichgewichtserhaltung im èechoslovakischen Staate daran ging, ein Gesetz zu schaffen, das die Verzugszinsen bei nichtgezahlten Steuern bis zu 10 Prozent anordnete und gleichzeitig die Intabulation einführte. Denn die Staatssteuerkünstler hatten ja nicht umsonst im Steinhof zu Wien gesessen. In ihrer freien Zeit heckten diese Herren als Gegenmaßnahmen das oben Gesagte aus, weil sie wußten, was sie einstens ihr Volk gegen den österreichischen Staat gelehrt hatten. Wir Deutschen waren im alten Staate die fleißigsten Steuerzahler, sind es auch heute noch in dieser Republik gewesen, bis in die jüngste Zeit hinein. Doch diese ungerechte, schwere, nicht mehr tragbare Steuerlast kann der bravste, fleißigste, sparsamste und an Entbehrungen gewöhnte deutsche Steuerzahler auch nicht mehr ertrtragen. Es darf aber niemand glauben, daß dieses Exekutionsgesetz zugunsten der deutschen Steuerzahler geschaffen wird, weil eben die deutschen Steuerzahler die fast 60 Prozent betragende Steuerlast der gesamten Staatssteuern nicht mehr leisten können, die sie vor Jahren noch leisteten, dafür jetzt auch die Staatsnation etwas stärker herangezogen wurde. Man schafft mit diesem Gesetze nur eine Atempause, die auch der deutschen Landwirtschaft zugute kommt.
Ich befürchte nur das eine, daß dieAuswirkungen dieses Gesetzes neuen teuflischen Gedanken Raum geben werden, nämlich, wie man erfolgreich für den Staat, den èechischen Staat, Erfindungen zu Tage fördert, wie man auf gesetzlichem, èechischrechtlichem Wege ein deutsches Besitztum nach dem anderen in den èechischnationalen Volksbesitz überleiten kann. Warum dehnt man diese Atempause, diese Stundung bis zum Ende dieses Jahres nicht auch auf andere Berufe aus? Weil man genau weiß, daß in dieser Zwischenzeit viele Existenzen zugrunde gehen werden, die man doch da und dort aufsaugen könnte zugunsten Allslavias. Wer ein wahrhafter Wächter seines Volkes ist, kann sich dieses Gedankens nicht erwehren.
Es wäre dies das erste Gesetz, das in diesem Hause mit oder ohne Deutsche geschaffen wurde und sich nicht gegen die Deutschen ausgewirkt hätte. Dieses Gesetz mit seinen 4 Paragraphen ist so unklar gehalten, daß man bei der Handhabung wiederum gar vieles herauslesen wird. Nirgends ist ersichtlich, wie sich das Gesetz gegenüber den Raiffeisenkassen auswirken wird, mir steigen da allerlei Bedenken auf. So wurde nichts gesagt, wie die Stundungen den landwirtschaftlichen Genossenschaften gegenüber ausgeübt werden sollen.
Dieses Gesetz hat nicht bloß einen Schönheitsfehler, sondern gleich mehrere, neben dem großen Schönheitsfehler der Unvollkommenheit und schleuderhaften Aufmachung hat es noch den Fehler, nur bis Ende dieses Jahres in Gültigkeit zu bleiben. Dieses Achtmonategesetz ist schon bei der Entstehung eine Mißgeburt, ohne Belebung und große Wirtschaftsgestaltung für die Landwirtschaft, da es nur Verwirrung in das geschäftliche Zusammenleben trägt und ohnhne viel Erfolg gestiftet zu haben bei denjenigen, für die es geschaffen wurde, um alsbald plötzlich zu verschwinden und dann den jetzt herrschenden Gewaltzuständen neuerdings Tür und Tor zu öffnen. Würde man es mit der notleidenden Landwirtschaft ehrlich und ernst meinen, so kämen andere wirkungsvollere Maßna hmen in Betracht, die tatsächlich helfen könnten.
Wollte man schnell und ausgiebig helfen, so müßte eine bäuerliche Entschuldungsaktion vom Staate eingeleitet werden. Wollte man eine allmächtige Entschuldung durchführen, so müßten die Steuerlasten abgebaut werden. Die Kriegszuschläge, die man jetzt in Krisenzuschläge umwandelt und in unverschämt hohen Forderungen eintreibt, die unerschwinglichen sozialen Lasten in ein erträgliches Verhältnis bringen, die hohen Versicherungsprämien abbauen, die un erhört hohen Tarife, ob bei diesem oder jen em Unternehmen, ob wirtschaftlicher oder juristischer Art, in Gleichklang zur heutigen Lebens- und Wirtschaftsführung bringen, damit wäre viel mehr getan, als mit dem, was uns Landwirten das kleine Moratorium bringt.
Ginge der Staat mit gutem Beispiele voran im Abbau seiner Geschäftemacherei und würden auch andere im gleichen Masse dazu verhalten, so abzubauen, wie die Landwirtschaft schon abgebaut hat, wäre das Gleichgewicht im èechoslovakischen Staate gleich hergestellt. Zuerst müßte der Staat mit seinen Monopoleinrichtungen um 50 Prozent heruntergehen. Zum Beispiel das Viehsalz ist im Verhältnis zu anderen Staaten viel zu teuer, eine Verbilligung um die Hälfte des heutigen Preises würde Wunder in der Landwirtschaft wirken können. Bei den jetzigen Viehsalzpreisen muß man beim Einkaufe schon Angst haben, daß der Staat auf den Einkauf von Viehsalz nicht noch eine recht empfindliche Luxussteuer als Krisenzuchlag einheben werde. Hätte dieser Staat seit den Tagen der Gründung nicht so blindwütig darauflosgewirtschaftet, so könnte und müßte er der bestfundierte Staat in der ganzen Welt sein. Mit soviel Reichtum hat kein Staat der Erde sein Erbe angetreten wie der èechoslovakische Staat die historischen Länder übernommmen hat. Hätte man die Bodenzuteilung bis in die Jetztzeit verlegt, so wären Millioneneingänge von Steuergeldern dem Staatssäckel sicher gewesen. So aber zahlen die Steuerträger auf jeden Hektar staatlich bewirtschafteten Bodens 140 Kronen zu. Den vierten Teil in sudetendeutschem Besitze befindlichen Bodens haben die Èechen den Deutschen weggenommen, das sind rund 700.000 Hektar. Das Bodenamt kostet dem Staate allein jährlich nur 500 Millionen. Würde man nur allein diese Post in die heutige Wirtschaft stecken, so dürfte nicht soviel Not im Lande sein. Den Kunstdüngerfond verteilte man unter die guten Freunde in einer Zeit, wo es noch vielen gut ging, insbesondere den Èechen, die den ganzen Kunstdüngerfond für ihre Zwecke erhielten, obwohl die Deutschen zu dem Fonde den Löwenteil geleistet hatten. Zum Danke dafür bekamen die Deutschen nicht eine Krone, mir ist wenigstens nichts bekannt.
Es ist eigentlich vollständig
müßig, über dieses oder jenes Geschehen sich solange aufzuhalten.
Den Grundzug der Staatsnation kennen wir alle hierzulande wohnenden
Deutschen zur Genüge, es nützt auch nichts, ob man lang oder kurz
zu einem Gesetzentwurf spricht und gu tmeinte Abänderungsanträge
einbringt, die Regierungsmehrheit schluckt alles. Da dieses zur
Beratung stehende Gesetz eine kleine Erleichterung für die Landwirtschaft
bringen wird, stimmt die Deutsche Nationalpartei für dieses Gesetz.
(Potlesk.)
Hohes Haus! Der Gesetzentwurf bezüglich der zeitlichen Regelung des Exekutionsvollzuges gegen Landwirte ist ebenso kurz als inhaltsleer. Meine Herren! Notzeit erheischt Opfer bringen. Dieses haben Sie in der Regierung grün dlich unterlassen, ja nicht nur unterlassen, Sie haben die große Wirtschaftsnot, die Notlage, in der sich ein Großteil der heimischen Landwirtschaft befindet, durch eine ganze Reihe von neuen Steuergesetzen verschärft und verschlimmert. Die schwebenden Exekutionen, die von irgendeiner Seite vor Beginn der Wirksamkeit dieses Gesetzes gegen Landwirte laufen, bzw. eingebracht wurden, sollen nun über Antrag des Schuldners bis nach dem 31. Dezember d. J. aufgeschoben werden. Worin sehen Sie nun in diesem Gesetze einen Vorteil? Ich kann nur folgendes feststellen: in erster Linie handelt es sich doch um eine große Reihe von überschuldeten Restgutbesitzern, die durch die gänzlich mißglückte unglückselige Bodenreform in diesem Staate um ihr Vermögen und um ihre Existenz gebracht wurden. Soll der Aufschub wegen dieser Personen gemacht werden, so müssen alle, die sich als Schöpfer dieser Vorlage bekennen, feststellen, daß dadurch keine Hilfe geschaffen wird, sondern, daß nur eine Verzögerung um ein halbes Jahr eintritt, und ich bin überzeugt, daß Sie nach Ablauf dieser Frist neuerlich gezwungen sein werden, dieses Gesetz zu verlängern. Aber auch für mittlere und kleine Landwirte kommt dieser Exekutions- und Versteigerungsaufschub ebenfalls zu spät, denn wir alle wissen, daß, so wenig diese Leute imstande sind, zu bezahlen, sie ebensowenig nach dem 1. Jänner 1934 imstande sein werden zu zahlen.
Was aber werden die kleinen Gläubiger dieser Schuldner dazu sagen, wenn sie mit ihren Ansprüchen um diese Zeit hinausgeschoben werden; wie z. B. alle Professionisten, Kaufleute und nicht zuletzt die Bürgen, die kurzfristige Wechsel bei ländlichen Kassen, meistens bei Raiffeisenkassen, landwirtschaftlichen Bezirksvorschußkassen unterschrieben haben, die heute alle infolge der großen Geldknappheit Barzahlungen verlangen, da man ihnen von den Verbänden die Kredite gekürzt oder gesperrt hat? Die Bürgen für diese Darlehen haben nun das sehr zweifelhafte Vergnügen, no chmals weiter auf ein halbes Jahr zu bürgen, um dann nach Ablauf der Aufschubfrist das verbürgte Kapital mit den Zinsen für acht Monate mehr zu bezahlen.
Dadurch wird die auf uns lastende Wirtschaftsnot nicht gemildert, sondern im Gegenteil bedeutend verschärft; denn gerade durch die Wirtschaftsleistungen, die in den letzten drei Jahren ins Uferlose gewachsen sind, reißt immer ein Schuldner viele andere mit. Außerdem leiden auch die Gemeinden und Bezirke darunter, da auch diese nicht in dem Besitze der vorgeschriebenen Umlagen kommen und zum Schlusse einen Großteil dieser Forderungen als dubios bezeichnen müssen.
Parallel mit dieser Vorlage hätte eine Vorlage eingebracht werden müssen, die den betroffenen Besitzern Garantien in die Hand gibt, daß sie ihren Verpflichtungen nachkchkommen können. Bisher haben wir alles das vermißt, was der Landwirtschaft, die seit Jahren einen wahren Verzweiflungskampf um ihre Existenz führt, auf die Beine helfen könnte. Die so fest versprochene Erntesicherung ist unterblieben. Das neugeschaftene Getreide-, wie auch das Viehsyndikat haben bisher eine Steigerung der Preise oder wenigstens eine Stabilisierung derselben nicht gebracht. Mutlos sehen die Landwirte mit Bangen der Zukunft entgegen.
An der Regierung ist es nun, in letzter Stunde helfend einzugreifen. Wenn es möglich war, verkrachten Banken und Restgütern zu helfen, so muß es um so eher möglich sein, den breiten Schichten der Landwirtschaft insbesondere der Gebirgslandwirtschaft, helfend unter die Arme zu greifen. Anstatt neue Steuern zu erfinden und bestehende Steuern zu erhöhen, muß eine Steuersenkung eintreten. Nicht zuletzt muß auch durch Sparsamkeit in den Krankenversicherungsanstalten danach getrachtet werden, den Prozentsatz der Beiträge nicht fortwährend hinaufzusetzen, sondern herabzumindern. Die Landwirtschaft, wenigstens die mittleren und kleinen Landwirte, kann sich in der Gegenwart nicht mehr das nötige Dienstpersonal leisten, wodurch die Arbeitslosigkeit ganz bedeutend vermehrt wird. Die Landwirtschaft ist noch nie verwöhnt worden, sie ist genügsam wie kein anderer Stand. Die Arbeitsleistung wird von keinem anderen Beruf auch nur annähernd erreicht, darum gibt es auch keinen Zuzug, sondern eine Abwanderung von landwirtschaftlichen Dienstboten. Selbstgenügsam arbeitet der Landwirt mit seiner Familie jahraus jahrein, ohne auch den Mindestlohn seiner Arbeit irgendwie zu finden.
Was die Landwirtschaft unbedingt braucht, sind vor allem andern billige langfristige Kredite, wozu sich die Regierung endlich aufraffen muß. Das zu diesem Zwecke verwendete Kapital wird im Inland investiert und dadurch wäre ein Wiederaufleben der gesamten Wirtschaft gesichert. Bis vor wenigen Jahren hat die gesamte Landwirtschaft die größten Opfer für das Volk und dem Staat in Form von Naturalien gebracht. Getreide und Vieh wurden beschlagnahmt und ohne Rücksicht auf die Existenz des betreffenden Landwirts zu nehmen, weggenommen. Jetzt wiederum sind es Lasten finanzieller Natur, die den Landwirt an den Rand der Verzweiflung gebracht haben. Grund und Boden sind entwertet. Demgegenüber haben die Steuern eine Höhe erreicht, die bei den gegenwärtigen Preisen der landwirtschaftlichen Produkte niemand mehr zu leisten imstande ist.
G emeinden, Bezirke und Länder sind verschuldet. Doch auch diesen Selbstverwaltungskörpern bürdet man neue Lasten auf, um die Arbeitslosigkeit zu mildern, ohne aber vonseiten der Regierung Sorge für die Beschaffung der nötigen Barmittel zu tragen.
Wenn diese Vorla ge auch nur ein
schwacher Versuch ist, für die Landwirtschaft auch etwas zu tun,
so erhoffen wir, daß mit dieser Vorlage wenigstens der Anfang
gemacht wird, um andeere durchgreifende Sanierungsmaßnahmen folgen
zu lassen. Aus diesem Grunde stimmen wir der Vorlage zu und hoffen,
daß der Exekutionsaufschub bis zum 31. Dezember d. J. auch allen
anderen mit der Landwirtschaft mittelbar oder unmittelbar zusammenhängenden
Berufen zugute kommen mögen. Aus diesem Grunde möchte ich auch
den von mir eingebrachten Resolutionsantrag zur Annahme empfehlen.
(Potlesk.)
Hohes Haus! Die in Verhandlung stehende Vorlage schützt die landwirtschaftlichen Schuldner in der Weise, daß vom Beginn der Wirksamkeit dieses Gesetzes die Feilbietung beweglicher und unbeweglicher Sachen erst nach dem 31. Dezember 1933 und mit gerichtlicher Zustimmung durchgeführt werden darf. In den Kreisen des gewerblichen Mittelstandes wird bemängelt, daß für das Kleingewerbe usw. kein derartiger Schutz vorgesehen ist und die Vorlage daher einseitig ist. Wir selbst hätten gerne auch dem notleidenden Mittelstand einen Schutz angedeihen lassen, der aber aus verschiedenen Gründen momentan nicht durchsetzbar ist. Noch schwieriger ist es, die von mancher Seite gewünschte Entschuldung der Landwirtschaft usw. durchzuführen.
Der von unserer Seite befürwortete, vom Herrn Justizminister Dr. Meissner in Angriff genommene Exekutionsschutz für die Landwirte hat in gewissen Finanzkreisen lebhaften Widerstand gefunden, da man daraus für diverse Kassen geldliche Schwierigkeiten befürchtet. Auch die Privatgläubiger sind von diesem Gesetz nicht erbaut, die Gemeinden ebenfalls nicht. Aber dessen ungeachtet muß der Versuch unternommen werden, für die verschuldeten Landwirte, die vor der Exekution und damit vor dem wirtschaftlichen Ruin stehen, Zeit zur wirtschaftlichen Erholung zu schaffen, soweit das eben möglich ist. Wir wissen sehr wohl, daß auch dieses Gesetz wie son manches andere Gesetz nur ein Palliativmittel ist, wodurch das wirkliche Übel nicht beseitigt, höchstens etwas gelindert werden kann. Aber auch nur eine kleine Linderung des Übels ist schon zu begrüßen, auch wenn diese etwas spät einsetzt.
Die schwere Krise in der gesamten Landwirtschaft hängt mit der planlosen kapitalistischen Produktionsweise aufs innigste zusammen. Sie äußert sich in Überproduktion, in Absatzstockung, in sinkenden Preisen und in wachsender Verschuldung. Angesichts der ganzen Lage ist eine grundlegende Besserung in der nächsten Zeit wohl nicht zu erwarten. Ja, die Nachrichten aus Amerika lassen vielmehr einen verschärften Konkurrenzkampf auf dem Markte erwarten. Die Einnahmen des Landwirtes stehen insbesondere dort, wo in Zeiten guter Konjunktur zu hohen Preisen die Wirtschaft übernommen wurde, mit den Ausgaben in keinem Einklang mehr. Auch die Landwirte, welche Fehlinvestitionen durchführten oder leichtsinnig wirtschafteten, stecken heute in der Klemme gleich jenen, die aus purer Spekulation in die Landwirtschaft kamen, wie z. B. eine ganze Reihe von Restgutbesitzern. Sie erwarben um ein Spottgeld Grund und Boden, der viel besser in den Händen kleiner Landwirte wäre, träumten von riesigen Gewinnen und stehen nun am Ende ihres Lateins. Für diese fragwürdigen Elemente haben wir kein Empfinden, dafür desto mehr für die große Mehrheit der arbeitenden Menschen, die in der Landwirtschaft wurzeln und trotz aller ehrlichen Mühe und Plage durch die kapitalistische Mißwirtschaft unverschuldet ins Elend geraten sind. Denen soll das Gesetz in erster Reihe zugutkommen. Dabei darf kein Unterschied gemacht werden, ob es sich um einen kleinen Häusler oder einen Großbauer handelt. Gerade die Kleinlandwirte, die vom Verkauf von Milch, Butter und Gemüse und dergl. leben, sind sehr arg von der Krise betroffen und bedürfen des Schhutzes in ganz besonderem Maße.
Wir wissen, daß gewisse Politiker die Zugehörigkeit zur Landwirtschaft vom Nachweis einer bestimmten Besitzgröße abhängig machen wollen. Dagegen wehren wir uns mit aller Entschiedenheit. Zur Landwirtschaft gehört auch der kleinste Häusler und der ärmste Landarbeiter. Wir appellieren daher, daß die Gerichte den Begriff des Landwirtes nicht eng und einseitig auslegen und auch die Pächter dazu rechnen. Hiebei sei auf die amtliche Statistik hingewiesen, die zu den Landwirten auch hunderttausende Häusler zählt. Hoffentlich ergeben sich bei der praktischen Durchführung dieses Gesetzes keine berechtigten Klagen.
Es ist dankenswert, daß auf Betreiben des Justizministeriums der Schätzwert der zur Versteigerung gelangenden Objekte höher fixiert wurde als bisher. Was aber noch nicht abgestellt ist, ist das Treiben jener Exekutionshyänen, die nicht selten unter Beihilfe der Gerichtsorgane um ein Spottgeld Vieh u. dergl. an sich bringen und sich so auf Kosten der armen Teufel in unverschämtester Weise bereichern. Das Justizministerium sollte diesen korruptionistischen Erscheinungen mit aller Energie steuern.
Immer wieder erinnern wir daran, daß der wirtschaftlich Schwächste unserer ganzen Fürsorge bedarf. Eben deshalb fordern wir schon seit Jahren die Wiedereinführung des Pächterschutzgesetzes, das durch agrarische Schuld seinerzeit zu Falle kam. Wenn nun auch deutsche und èechische Agrarier ein Pächterschutzgesetz fordern, so beweist das klar, wie stark und berechtigt dieses Verlangen seitens der zahllosen kleinen Landwirte ist, die infolge Mangels an ausreichendem eigenen Grund auf die Pachtung fremder Felder, Wiesen und dergl. angewiesen sind. Die Zeit drängt. Bis zum Herbste muß die Frage geregelt werden, wenn nicht Wirrwarr und Unheil in weiten Kreisen der kleinen Landwirte entstehen soll. Mit dem Pächterschutzgesetz muß auch die Frage eines erträglichen und gerechten Pachtpreises geregelt werden. Die heutigen Pachtpreise sind derart hoch, daß der kleine Pächter von seiner Arbeit absolut keinen Nutzen hat. Die Herabsetzung des Pachtpreises ist daher eine unbedingte Notwendigkeit, ebenso wie die Herabsetzung der Preise aller jener Waren und Bedarfsartikel, wie z. B. Werkzeuge, Eisen, Kunstdünger, die der Landwirt in seinem Betriebe braucht. Die berüchtigte Preisschere muß geschlossen werden.
Uns, die wir ehrlich bestrebt sind, die begründeten Forderungen der Landwirtschaft zu erfüllen, liegt auch daran, die öffentlichrechtlichen Korporationen derselben auf eine möglich breite Grundlage zu stellen und damit zur größten Geltung zu bringen. Daher fordern wir die Reform der Landeskulturräte im demokratischen Sinne.
Angesichts des Nachdruckes, mit dem die deutschen Landbündler sich zur Demokratie bekennen, hoffen wir auf eine günstige Lösung. Die vom Herrn Koll. Zierhut gestern abgegebene Erklärung der Landbündler zum Exposé des Herrn Außenministers läßt dies erhoffen. Ich nehme an, daß nun Her Koll. Windirsch nicht mehr gegen das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht wettern wird, daß man im Landeskulturrat nicht mehr von einem Schlagwort sprechen wird, wenn die Demokratisierung des Jagdund Fischereigesetzes gefordert wird, daß die Landjugend sich nicht mehr zum fascistischen Ständestaat bekennen und schließlich die gesamte landbündlerische Presse offen und eindeutig jeden Fascismus bekämpfen wird. Ansonsten wäre das Bekenntnis zur Demokratie lediglich eine demagogische Irreführung. Demokratie muß wirklich Tat, Beispiel und Handeln sein, wie Herr Vizepräsident Zierhut ganz treffend bemerkt.
Wir stimmen allen jenen Volkswirtschaftlern zu, die mit Recht erkennen, daß die Krise der Landwirtschaft nur behoben werden kann, wenn die Kaufkraft der Verbraucher gehoben und eine systematische Planwirtschaft betrieben wird. Da jeder Arbeitslose eine direkte Schädigung der Landwirtschaft bedeutet, muß mit allen Mitteln getrachtet werden, die Arbeitslosigkeit zu verringern, um den Konsum zu steigern, wozu auch die Verwirklichung von ernsten Siedlungsplänen in bestimmtem Maße beitragen würde. Immer wieder muß da auf die internationale Regelung der großen Zukunftsprobleme verwiesen werden, vor allem auch auf die Herabsetzung der Arbeitszeit.
Mit aller Kraft wenden wir uns gegen die Absichten auf Herabsetzung der staatlichen Fürsorge zugunsten der Arbeitslosen, wovon letzten Endes die Landwirtschaft nicht den geringsten Nutzen hätte, weil der Konsum noch mehr als bisher gedrosselt würde und der Verzweiflung, ja dem Ver brechen die Bahn geradezu geöffnet würde.
Wenn die Landwirtschaft wirksame Hilfe erzielen will, dann muß sie mit den Konsumenten zusammen den verderblichen Zwischenhandel bek ämpfen, der beide Teile, Produzenten und Kosumenten, ausbeutet. Einige hunderte Menschen beherrschen sozusagen die Situation und schöpfen den Rahm ab, wie gegenwärtig das Beispiel der Hopfenbauern und Händler drastisch zeigt. Von der jetzt so günstigen Konjunktur auf dem Hopfenmarkt profitieren lediglich die Händler. Das zeigt wiederum, wie notwendig es ist, daß die genossenschaftliche Organisation der Landwirte, aber auch der Konsumenten weiter ausgebaut werde, um den direkten Warenverkehr zum Vorteile beider auszugestalten. Die wirtschaftliche Entwicklung drängt zum Zusammenschluß, zur Ersetzung der anarchischen kapitalistischen Wirtschaft durch planvolle soziale Produktion.
Gestatten Sie, daß ich hier eine prinzipielle Erklärung des sozialistischen Agrarausschusses wiedergebe:
"Jede wirksame Hilfe für die schwerarbeitende Landbevölkerung muß von der Anerkennung des unlösbaren Zusammenhanges von Agrarkrise und Industriekrise ausgehen. Linderung der Agrarkrise setzt zielbewußte Bekämpfung der Industriekrise, Hebung der Kaufkraft der Industriebevölkerung, vor allem aber die Einreihung des Arbeitslosenheeres in den Produktions- und Konsumptionsprozeß voraus. Planwirtschaftliche Organisation von Erzeugung und Absatz, Demokratisierung aller landwirtschaftlichen Vertretungskörperschaften, Besserung der Rechtsverhältnisse des kleinen Landvolks, Einreihung der Häusler und Kleinbauern in die öffentliche Alters-, Kranken- und Invalidenversorgung, grundsätzliche Gleichstellung der Land- und Forstarbeiter mit den Industriearbeitern auf allen Gebieten der Sozialpolitik, systematische Hebung des sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Lebensniveaus der arbeitenden Landbevölkerung sind Grundforderungen sozialpolitischer Agrarpolitik."
Wir sind vollständig damit einverstanden, daß viele Redner die Bereitsstellung von billigen Krediten für ausgesprochene landwirtschaftliche Kleinbetriebe aus den öffentlichen Geldanstalten im Wege der genossenschaftlichen Volksgeldinstitute gefordert haben. Wir sind aber auch für eine Änderung des Forstgesetzes in der Richtung, daß der ortsansässigen minderbemittelten Bevölkerung der freie Zutritt zum Wald und die ungehinderte Sammlung von Waldfrüchten sichergestellt wird, wir sind dafür, daß Boden, der von den Restgutbesitzern nicht mehr verwaltet werden kann, Gemeinden und Kleinlandwirten überwiesen wird. Wir fordern eine allgemeine Steuerrevision zur Vereinfachung des gesamten Steuerwesens unter besonderer Berücksichtigung der natürlichen Nachteile der kleinbäuerlichen Betriebe, Beseitigung der ungerechten Staffelung bei der Hausklassensteuer und bei der landwirtschaftlichen Einkommensteuerb emessung. Wir legen grossen Wert auf den Ausbau des öffentlichen Gesundheitsdienstes, der gerade auf dem Lande draußen sehr mangelhaft ist, sowie auf die Ausgestaltung der Mutterberatungstätigkeit und Säuglingsfürsorge in den Dörfern. Die Förderung der ländlichen Volksbildung. Wir fordern aber auch gesetzlichen Schutz für die ländlichen Elektrizitätskonsumenten und die Schaffung einer zentralen landwirtschaftlichen Marktforschungs- und Produktionsberatungsstelle. Das sind alles Dinge, die sich mit einigem guten Willen verwirklichen lassen.
Nicht unmögliche Autarkie, nicht wahnsinnige politische Diktatur, nicht tollwütiger Nationalismus kann die Rettung aller ehrlich arbeitenden Menschen bringen, sondern der sinnvolle Aufbau der Wirtschaft im sozialistischen Sinne zu Gunsten der Gesamtheit. Bei einer geregelten Bedarfsdeckungswirtschaft brauchen nicht Waren für Milliardenwerte vernichtet zu werden, um die Preise der landwirtschaftlichen Produkte steigen zu lassen, während Millionen Menschen auf der anderen Seite in der ganzen Welt darben und hungern, es brauchtetn die Landwirte bei schwerster Arbeit nicht zugrunde zugehen. Wenn die Landwirte sich dem Strudel des Kapitalismus entziehen und ihre Existenz im angedeuteten Sinne sichern wollen, werden sie in uns ihre besten Helfer finden.