Úterý 28. bøezna 1933

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 262. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v úterý dne 28. bøezna 1933.

1. Øeè posl. Zajièka (viz str. 6 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Unsere Wohnungsgesetzgebung basiert auf den Gesetzen aus den Jahren 1928 und 1930. Das Gesetz Nr. 210 aus dem Jahre 1931 führte wesentliche Änderungen durch. Vor allem wurden die Mietzinse für jene Räume erhöht, die Staat, Land, Bezirke und Gemeinden gemietet haben. Aus dem Mieterschutze fielen ganz heraus Personen mit einem Jahreseinkommen von mindestens 75.000 Kronen, dann Fünfzimmerwohnungen, gewerbliche Betriebsstätten, die von Aktiengesellschaften gemietet sind, und endlich die großen Betriebsstätten. Dieses Gesetz wurde zweimal verlängert, das letztemal vor 6 Monaten bis zum 31. März dieses Jahres.

Vor einem halben Jahre wurde von einem Berichterstatter - ich möchte sagen feierlich - versprochen, und zwar nicht das erstemal, daß das neue Gesetz rechtzeitig vorgelegt werden wird und daß es diesmal bestimmt zu keinem Provisorium mehr kommen werde. Während des letzten Halbjahres wurde der Wohnungsausschuß überhaupt nicht einberufen und erst in den letzten Tagen wurde mit den Vorarbeiten begonnen. Die Regierung machte es so wie der Schuljunge, der um 8 Uhr früh seine Hausarbeit abliefern soll, aber erst um 3/4 8 Uhr früh mit der Arbeit beginnt!

Früher hat die heutige Regierung immer wieder verschiedene Ausreden gebraucht. Man sagte uns damals, man könne ein definitives Gesetz nicht vorlegen, da wir keine Wohnungsstatistik hätten. Ich stelle fest, daß diese Wohnungsstatistik nun schon seit Monaten aufliegt. Weiters wurde uns gesagt, die Regierung hätte noch keinen Entwurf eines großen definitiven Wohnungsgesetzes vorgelegt. Auch dieser Einwand ist nicht mehr stichhältig, denn wir haben bereits so einen Regierungsentwurf. Endlich sagte man uns, man habe für diese Aufgabe nicht genügend viel Zeit. Da muß ich feststellen, daß die Regierung im letzten Halbjahr wiederholt Zeit hatte, die Steuern zu erhöhen, daß sie Zeit hatte, Abgeordnete einzusperren, daß sie aber merkwürdigerweise nicht Zeit hat, dieses große Gesetz zu schaffen. Wir tadeln mit vollem Recht, daß dieses Gesetz nicht rechtzeitig vorgelegt wurde, und daß wiederum ein Provisorium vorgelegt wird. Ich habe gestern im sozialpolitischen Ausschuß beantragt, dieses Gesetz mit 30. Juni d. J. zu terminieren, um die Regierung zu zwingen, endlich einmal ein definitives Wohnungsgesetz vorzulegen.

Wir müssen uns auch darüber beschweren, wie dieser Entwurf parlamentarisch behandelt wurde. Es hieß zuerst, daß dieser Entwurf am letzten Dienstag bestimmt ins Haus kommt. Die Regierung hat diesen Entwurf damals nicht vorgelegt und man sagte uns, daß der Entwurf bestimmt nächsten Donnerstag vorgelegt werde. Auch an diesem Tage gingen wir ohne Arbeit heim, am Freitag wurde das Parlament dreimal eröffnet und dreimal geschlossen. Dreimal wurde zum Start angesetzt und niemals kam die Regierung zum Ziel. Endlich gestern um 1/2 3 Uhr nachmittags sollte der Entwurf im Hause aufgelegt werden. Aber wiederum war es nicht möglich. Erst 1 1/2 Stunden später kam der Entwurf auf den Tisch des Hauses. Dann wurde die Sitzung wieder unterbrochen, der sozialpolitische Ausschuß einberufen, und dort mußten wir zu unserem nicht geringen Erstaunen feststellen, daß dieser Regierungsentwurf, daß dieses Produkt eines Kuhhandels nichts anderes ist, als - man verzeihe den Ausdruck - ein provisorisches Provisorium. Der Vorsitzende unterbrach die Sitzung angeblich auf 15 Minuten, aus diesen 15 Minuten sind über 3 Stunden geworden. Die Ursache dieser entwürdigenden Packelei, gegen die wir auf das schärfste protestieren, ist nicht nur in den bekannten Interessentenkämpfen zwischen Sozialisten und Agrariern zu suchen, die Ursache liegt viel tiefer. Gewisse Leute wollen mit Gewalt einen Zustand schaffen, aus dem ein Notstand konstruiert werden kann, der die Handhabe zur Ausschaltung des Parlamentes und zur Aufrichtung einer kleinen Diktatur bieten soll.

Nun zum Gesetz selbst. Der Motivenbericht ist höchst oberflächlich, er besteht eigentlich nur aus einigen wenigen Phrasen. Es ist kennzeichnend, daß dieser Motivenbericht überhaupt keine einzige Ziffer enthält. Es wäre doch anzunehmen gewesen, daß uns im Motivenbericht gesagt wird, wieviel Vierzimmerwohnungen voraussichtlich aus dem Mieterschutz herausfallen, wieviele Personen mit einem Einkommen von 50.000 Kè voraussichtlich nicht mehr dem Mieterschutz unterliegen werden. Darüber schweigt sich der Motivenbericht ganz aus. Er bringt nicht eine einzige Ziffer über die Baubewegung selbst, was auch der Herr Berichterstatter Chloupek eben gerügt hat. Es wird uns auch nichts darüber gesagt, wie die 1.100 Millionen Staatsgarantie verwendet worden sind, beziehungsweise in wievielen Fällen die Regierung unter dem Titel der Staatsgarantie zur Zahlung tatsächlich verpflichtet worden ist. Es fehlen auch darüber Daten, ob im Vorjahre die Regierung die ganzen 20 Millionen für den staatlichen Baubeitrag verbraucht hat. Es wäre ferner höchst interessant gewesen, wenn uns die Regierung im Motivenbericht gesagt hätte, welchen voraussichtlichen Einfluß die Arbeitsanleihe auf die Baubewegung haben dürfte. Über alles das schweigt der Motivenbericht zur Gänze.

Zur Bauförderung selbst: Durch die Staatsgarantie, den staatlichen Beitrag, die Gebühren- und Steuerbefreiung wurde ohne Zweifel das Bauen bei uns außerordentlich gefördert. Es gibt heute nicht wenige Orte, wo wir von einer Wohnungsnot überhaupt nicht mehr sprechen können. Ja, ich kenne sogar Orte, wo an manchen Wohnungen schon ein gewisser Überfluß bemerkbar ist. Es gibt heute schon genug leere Wohnungen. Allerdings sind die Zettel, die auf manchen Häusern hängen, nicht immer ein Zeichen des Wohnungsüberschusses, sondern manchmal ein Zeichen der Proletarisierung mancher Mieter. Das Gesetz bewilligt ein Plus von 10 Millionen als Baubeitrag, in erster Linie für die Gemeindewohnhäuser. Ich habe gestern beantragt, daß man hier auch die gemeinnützigen Wohltätigkeitsvereine, die bauen wollen, einschließen möge. Der Antrag ist leider abgelehnt worden. Es wäre sozialer und ökonomischer gewesen, wenn man diese 10 Millionen dazu verwendet hätte, nicht neue Häuser zu bauen, sondern alte verfallene Miethäuser zu reparieren. Wir sehen, daß in vielen Orten die alten Miethäuser einfach verfallen, weil der Hauseigentümer nicht die Mittel hat, das Haus zu reparieren. Ich habe geste im Ausschuß einen Fond verlangt, aus dem solchen Besitzern alter Häuser billige Kredite zur Verfügung gestellt werden sollen. Leider ist dieser Antrag abgelehnt worden. Es wirkt aufreizend, wenn in der heutigen schweren Zeit Hunderte Millionen dazu verwendet werden, um in der Hauptstadt prachtvolle Ministerien zu errichten, es wirkt aufreizend, wenn wir lesen, daß das Landwirtschaftsministerium 85 Millionen aus dem Kunstdüngerfond einfach verteilt: für das Landwirtschaftsmuseum in Brünn 15 Millionen, für eine Villa Vagner 200.000 Kè, für die Bauernreiterei einige Hunderttausend Kronen, wenn zur selben Zeit für die Besitzer von kleinen Häusern, für die armen Hausbesitzer keine Gelder zur Verfügung sind, es wäre denn, daß man die Steuerexekutoren, die auch an diese Türen klopfen, als staatliche Hilfe bezeichnen würde.

Es ist heute von zwei Berichterstattern darauf aufmerksam gemacht worden, daß wir endlich einmal die Frage des Regresses lösen müssen. Ich bedauere sehr, daß die Regierung diese Gelegenheit wieder vorübergehen läßt. Wir sagen uns, daß die Regierung von dem Recht des Regresses dort keinen Gebrauch macht, wo es sich um kleine Familienhäuser handelt oder um Häuser von Genossenschaften; auf der anderen Seite aber ist es aufreizend, daß die Regierung auch heute noch jahraus jahrein Leuten, die sich mit staatlicher Unterstützung prachtvolle Villen gebaut haben, riesige Beträge hinwirft. Das ist etwas, was in den heutigen Notzeiten einfach nicht verantwortet werden kann und es wäre hoch an der Zeit, wenn die Regierung in dieser Richtung von ihrem Regreßrecht endlich Gebrauch machen würde.

Die staatliche Bürgschaft wurde im Laufe der Jahre von 350 auf 1100 Millionen Kronen erhöht. Der Betrag von 1100 Millionen Kronen wird bis Ende 1933 ganz bestimmt nicht ausreichen. Das wurde gestern im Sozialpolitischen Ausschuß auf meine Frage allgemein zugegeben. Was wird geschehen? Schon heute liegen im Ministerium Hunderte von Gesuchen, die nicht erledigt werden können, da der Betrag für die staatliche Garantie schon heute nicht ausreicht. Im Laufe des Jahres 1933 werden neuerdings Hunderte von Gesuchen dazu kommen. Nachdem das Risiko des Staates bei der Garantie so klein ist - man spricht von 2.5% - wäre die Regierung verpflichtet gewesen, diese Summe zu erhöhen oder aber zu sagen: Wir schränken die staatliche Bürgschaft ein.

Eine ähnliche legislative Unmöglichkeit finden wir an einer anderen Stelle. Durch das Gesetz werden 10 Millionen Kronen an Baubeitrag neu bewilligt. Woher der Finanzminister diese 10 Millionen nehmen soll, wird nicht gesagt. Der Motivenbericht verweist merkwürdigerweise darauf, daß ja dieser Betrag erst im Jahre 1934 auszuzahlen sein wird. Wahrscheinlich rechnet der Fiskus hier mit einem Haupttreffer.

Bei dieser Gelegenheit noch einige Worte über die Bausparkassen. Wir haben schon vor zwei Jahren die Regierung und den Herrn Fürsorgeminister darauf aufmerksam gemacht, daß in England, im Deutschen Reiche und in Österreich diese sehr wichtige Frage durch ein Sondergesetz geregelt worden ist. Es ist zweifellos, daß bei uns ein ähnliches Gesetz außerordentlich notwendig wäre, u. zw. nicht nur im Interesse der Bausparer, sondern auch im Interesse der soliden Bausparkassen, die wir ja Gott sei Dank auch in unserem Staate haben. Es ist eine Tatsache, die niemand wegleugnen kann, daß durch unsolide Sparkassen Hunderte von Personen geschädigt worden sind und weiter geschädigt werden. Es ist traurig, daß die Regierung nicht den Mut gefunden hat, schon vor zwei Jahren, also zur richtigen Zeit ein Bausparkassengesetz vorzulegen, um die Schädigung vieler Leute zu verhindern und um andererseits solide Bausparkassen zu unterstützen. Sie wissen aus Zeitungsberichten ganz gut, daß im Deutschen Reiche und in Österreich nicht wenige solcher unsolider Bausparkassen gezwungen wurden, ihre Tätigkeit einzustellen, ja gezwungen wurden, in Konkurs zu gehen. Ich bin davon überzeugt, daß bei uns ähnliche Maßnahmen getroffen werden müssen.

Bezüglich des Mieterschutzes sagt das Gesetz, daß Personen mit einem Jahreseinkommen von über 50.000 Kronen aus dem Mieterschutz herausfallen. Diese Bestimmung ist bestimmt nicht antisozial. Wenn nach dem vorliegenden Gesetz auch die Vierzimmerwohnungen aus dem Mieterschutz herausfallen, ist damit zu rechnen, daß in den alten Häusern so manche Vierzimmerwohnung frei wird und daß durch das erhöhte Angebot die Mietzinse für Vierzimmerwohnungen in neuen Häusern sinken werden, was zu begrüßen ist. Würde der Mieterschutz noch mehr gelockert werden, so würde das für viele Mieter keine Gefahr mehr bedeuten. Die Zeiten sind vorbei, wo die Hauseigentümer hohe Mieten verlangen konnten. Heute gehen nicht nur die Besitzer von neuen Häusern, sondern manchmal auch die Besitzer von alten Häusern mit den Mietzinsen herunter. Heute sind viele Hauseigentümer froh, wenn sie überhaupt Mieter haben.

Unsere Partei hat öfter denn einmal erklärt, wie wir über ein definitives Wohnungsgesetz denken. Es ist daher heute nicht nötig, neuerlich auf Einzelheiten einzugehen. Wir fordern abermals ein definitives Wohnungsgesetz und in diesem Sinne werden wir für die Vorlage stimmen. (Potlesk.)

2. Øeè posl. dr Bachera (viz str. 14 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Ich hatte gestern bereits im Sozialpolitischen Ausschuß Gelegenheit, mich mit der parlamentarischen Behandlung dieser Vorlage zu befassen. Es ist unzweifelhaft, daß es sich hier um einen Antrag handelt, der auf das tiefste in das wirtschaftliche Leben eingreift und von dem daher zu erwarten wäre, daß er insbesondere mit Rücksicht auf all das, was vorhergegangen ist, auf das sorgfältigste geprüft wird, ehe er zum Gesetz erhoben wird. Zeit zur Verhandlung war genug. Nichtsdestoweniger wurde dieses so wichtige Gesetz gestern in der Kammer vorgelegt und erst am Abend um 9 Uhr konnte der Sozialpolitische Ausschuß in die Behandlung der Materie eingehen. Es stellte sich heraus, daß der Koalitions-Siebener-Ausschuß noch gewisse Änderungen vorzunehmen habe. Nun kann selbstverständlich kein Mensch etwas dagegen haben, daß einzelne Parteien - ob es nun die Regierungsparteien, oder andere Parteien sind - sich zusammensetzen und über einen Gesetzesantrag verhandeln, aber in dem gegebenen Falle wäre es sicher parlamentarischer, dem Sinne des Parlamentarismus entsprechender gewesen, wenn die Sache erst in den sozialpolitischen Ausschuß gekommen und sich dann erst der Siebener-Ausschuß über die dort eventuell vorgenommenen Abänderungen einig geworden wäre, anstatt auch dieses so wichtige Gesetz dazu benützen zu wollen, um die Opposition zur absoluten Untätigkeit oder wenigstens zur Fruchtlosigkeit zu verurteilen und ihr die Überflüssigkeit ihrer Existenz aufs neue vor Augen zu führen.

Der Sozialpolitische Ausschuß stand tatsächlich vor einer abgekarteten Sache, so daß es durchaus nicht mehr möglich war, auch nur die geringsten Abänderungen vorzunehmen. Selbstverständlich konnte keine Rede davon sein, daß eine der interessierten Körperschaften vorher gehört worden wäre, daß ein Gutachten zu diesem Gesetz eingeholt werden konnte. Der neugebildete Wirtschaftsbeirat wurde auf diese Weise neuerlich zur Seite gestoßen und so wiederholte sich das, was wir zuletzt beim Autoverkehrsgesetz erlebt haben, es wiederholte sich, was wir beim Zinsfußgesetz erlebt haben, daß eine der wichtigsten Materien einfach binnen 24 Stunden abgehaspelt wird, nur weil es heißt, bis zu diesem und diesem Termin müsse man fertig werden. Dann wird das Haus wieder auf Tage, eventuell auf Wochen nachhause geschickt und es geschieht nichts. (Posl. Geyer: Da läuft aber das Provisorium inzwischen ab!) Dann wird eben wieder in 24 Stunden etwas gemacht werden müssen.

Auf diese Weise schadet sich der Parlamentarismus selbstverständlich ungemein. Wenn man die Zeitungen liest, namentlich die èechischen Zeitungen, so findet man darin spaltenlange Klagen über eine Gefährdung der Demokratie von links und rechts, man liest über die Mittel, wie man dieser Gefahr steuern könnte. Man fürchtet den Fascismus, man fürchtet den Bolschewismus, man fürchtet die Beispiele des Auslandes, denkt darüber nach, mit welchen Mitteln man die Demokratie militant gestalten könnte, daß sie von vornherein gegen Angriffe von links oder rechts sich zu wehren imstande wäre. Man will nicht daran denken, daß die Kraft der Demokratie in sich selbst begründet sein muß, daß die Demokratie ihren Anspruch auf die Stellung im Staate beweisen muß durch ihre Leistungen (Sehr richtig!) und daß sie ihren Wert für die Staatsbürger nur dadurch beweisen kann, daß sie auf Leistungen zurückblickt, und daß sie auf Leistungen auf demokratischem Wege nur dann hinweisen kann, wenn sie sich der Instrumente der Demokratie in der gegebenen entsprechenden Weise bedient, wenn sie diese Instrumente in der Weise gebraucht, wie sie gedacht ist. Das vornehmste Instrument der Demokratie ist und bleibt die parlamentarische Vertretung. Wenn man aber selbst daran arbeitet, den Wert der parlamentarischen Vertretung dadurch zu untergraben, daß man ihre Verhandlungen zu einer Farce gestaltet, dann darf man sich nicht wundern, wenn das Vertrauen zur Demokratie von Stufe zu Stufe sinkt; und ich erinnere Sie daran, daß ein deutscher Dichter in einer Überschrift ein Wort gebraucht hat, das seitdem ein geflügeltes Wort geworden ist: "Nicht der Mörder, der Ermordete ist schuldig." Wenn einer so arbeitenden Demokratie, die sich nur an das Formellste der Demokratie klammert, sei es von rechts oder von links einmal etwas geschieht, dann darf sie sich nicht wundern, wenn sie in den breiten Massen nicht jene Verteidigung findet, auf die sie glaubt Anspruch zu erheben. Wenn sie selbst ihre Pflicht so schlecht erfüllt, wie es hier durch die Behandlung des Parlamentarismus geschieht, dann darf man sich auch über den Verfall der Demokratie nicht wundern. Ich glaube, das in einem Zeitpunkt sagen zu müssen, wo jedem aufrichtigen Demokraten, jedem, der an den Wert der Demokratie glaubt, daran gelegen sein muß, die Demokratie mit solchen Mitteln zu schützen, die ihr innewohnen und die am geeignetsten sind, sie zu erhalten, indem sie ihren Wert jeden Tag und jede Stunde aufs neue glaubhaft macht.

Was die formelle Ausgestaltung dieses Gesetzes anlangt, so muß ich hier eine Klage aussprechen, die wiederholt erhoben worden ist. Lesen Sie sich bloß den ersten Paragraphen des ersten Artikels durch! Sie sehen hier eine Unmenge von Hinweisen auf Paragraphe und frühere Gesetze, und wenn jemand wissen will, was in diesen Gesetzen steht und ihren Inhalt kennen lernen will, so muß er stets eine kleine Bibliothek der Sammlung der Gesetze und Verordnungen mit sich schleppen. Es hat es heute ein geschulter Berufsjurist schwer, sich in dem Wust von Paragraphen auszukennen, und so mancher der Herren Kollegen in diesem Hause käme in Verlegenheit, wenn er in zwei Stunden gefragt würde, worüber er eigentlich abstimmt. Es wäre möglich, das Gesetz so zu gestalten, daß man Paragraphen aus dem früheren Gesetz, wenn man schon nicht ein einheitliches wirklich umfassendes neues Gesetz schafft, einfach hereinnimmt, weil ja ein Zweifel nicht entstehen kann u. zw. nach dem allgemeinen Grundsatze: Lex posterior derogat priori. Aber zumindest wäre es möglich, im Motivenbericht etwas darüber zu sagen, inwieweit die zitierten Gesetze herübergenommen worden sind und welches ihr Inhalt ist. Dasselbe, was sich beim Bankengesetz und später beim Zinsfußgesetz fühlbar gemacht hat, wiederholt sich auch beim vorliegenden Gesetz, das durch die Unmenge der sich häufenden Hinweise einfach unverständlich wird. Absolut unverständlich ist selbstverständlich ein derart abgefaßtes Gesetz dem Laien.

Was den Motivenbericht anlangt, so ist das hier überhaupt kein Motivenbericht, denn ein Motivenbericht soll darüber belehren, was zu der Abfassung der einzelnen Bestimmungen geführt hat, welche Gründe dafür und welche dagegen gesprochen haben, so daß der Motivenbericht beispielsweise dem Richter, der sich einmal im konkreten Fall fragt, was dem Gesetzgeber vorgeschwebt hat, als dieses Gesetz geschaffen wurde, eine Antwort über den Sinn der einzelnen Paragraphen erteilt wird. Dieser Motivenbericht ist gewiß auch auf Sparsamkeit mit Papier zurückzuführen, aber abgesehen von dieser sehr lobenswerten, hier aber unangebrachten Sparsamkeit ist er überhaupt kein Bericht über die Gründe, die zur Fassung dieses oder jenes Paragraphen in der hier vorliegenden Form geführt haben, sondern es handelt sich da nur um eine recht oberflächliche Paraphrase des Gesetzinhalts.

Nur an einer Stelle versucht der Motivenbericht eine Begründung zu geben, und da muß schon der Leser über die Art, wie hier finanziell gewirtschaftet wird, doch etwas stutzig werden.

Es handelt sich um die Begründung jener 10 Millionen, die in diesem Gesetz für Kleinstwohnungen bewilligt werden. Der Sinn des Motivenberichtes ist ungefähr folgender: "Bevor diese Kleinstwohnungen, für die dieser Kredit bewilligt wird, aufgebaut und kollaudiert sind, ist ja das Jahr 1934 schon da. Bis zum Ende des Jahres 1933 dürfte die Flüssigmachung dieser 10 Millionen überhaupt nicht aktuell werden. Wozu haben wir es also notwendig, bereits in diesem Gesetz uns für die Bedeckung dafür zu kümmern, überlassen wir das ruhig dem Jahre 1934, kommt Zeit, kommt Rat, und der Herr Finanzminister soll sich im Jahre 1934 darum kümmern!" Formell ist die Sache gewiß zu begründen, wenn man durchaus will; aber dem Sinn einer gewissenhaften verantwortungsvollen Gesetzgebung kann eine solche Methode, die sehr an das "Apr@es nous le déluge" erinnert, keineswegs entsprechen. Wenn wir weiter so fortfahren, für das Jahr 1933 Gesetze zu geben, indem wir die Lasten einfach dem Jahre 1934 überlassen, so werden wir mit dieser Gesetzgebung kein sehr rühmliches Ende finden. Ich glaube, daß eine derartige Verwendung des Geldes und eine derartige Art für die Bedeckung zu sorgen, die höchsten Bedenken erwecken muß, und ich möchte doch an das römische Zitat: "Principiis obsta - Hüte Dich vor schlechtem Anfang" erinnern, ehe mit dieser Methode der Bedeckung und Nichtbedeckung fortgesetzt wird.

Was den speziellen Inhalt des Gesetzes anlangt, so wird das Gesetz in allen Kreisen, wohin Sie damit kommen, nichts als Enttäuschung hervorrufen. Es muß Enttäuschung hervorrufen, weil es wieder nicht das ersehnte Definitivum bringt, sondern wieder nur ein Provisorium, weil es sich wieder nur um Flickwerk handelt und weil die Unsicherheit, die diese komplizierte Materie seit Jahren belastet, auch weiterhin unter der Herrschaft dieses Gesetzes bestehen bleibt. Der Grundfehler dieses Gesetzes liegt in der Furcht und Besorgnis, endlich einmal reinen Tisch zu machen, u. zw. mit radikaleren Mitteln. Hätte man im Jahre 1926, also zu einer Zeit, wo wir an der Schwelle einer wirtschaftlichen Konjunktur standen, ein definitives Gesetz mit sieben Etappen des Abbaues des Mieterschutzes geschaffen, so wären wir heute bereits im Klaren. Wir hätten heute, im Jahre 1933 wieder eine normale Ordnung im Mietwesen herbeigeführt. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Stivín.) Das wurde 1926, zur Zeit der Konjunktur verabsäumt, und heute, in einer Zeit der Krise, sind natürlich die Hemmungen, zu irgendwelchen radikaleren Maßzu greifen, umso größer. Das ist verständlich. Was aber eigentlich unverständlich ist, und je mehr man darüber nachdenkt, umso unverständlicher wird, ist die Fiktion, auf der dieses Gesetz aufgebaut ist.

Diese Fiktion besteht darin, es gebe Altmieter, die schutzbedürftig sind, und Mieter in neuen Häusern, die nicht schutzbedürftig sind. Was aber 1918 galt, wo sich infolge der unmittelbaren Nachkriegsverhältnisse die Forderung erhob, für die Mieter Sorge zu tragen, für die keine neuen Häuser mit neuen Wohnungen vorhanden waren und für die neue Häuser zu schaffen geradezu eine Unmöglichkeit war bei dem damaligen Geldmangel - damals hat der Staat alles für sich abgeschöpft, in Bons usw. - was für die Leute von 1918 galt, darf für dieselben Personen nicht heute, 1933, weiter gelten.

Wir stehen vor der Tatsache, daß eine neue Generation ihre Forderungen an die Zeit erhebt, und wir stehen der Tatsache gegenüber, daß dem damaligen Mangel an Wohnungen in reichem Maße in den abgelaufenen 15 Jahren Abhilfe geschaffen wurde. Was ist nun die Folge der Aufrechterhaltung dieses Unterschiedes im Sinne der alten Gesetzgebung von 1918? Das Gesetz wird im Sinne einer sozialen Gerechtigkeit beantragt und verhandelt, in Wirklichkeit aber entstehen die schwersten sozialen Ungerechtigkeiten. Denn wer wird denn eigentlich geschützt und wer bleibt ungeschützt? Geschützt werden Personen, die in alten Häusern in alten Wohnungen leben. Das sind zum Teil Kaufleute was ich von Wohnungen sage, gilt auch von den Betriebsstätten - Gewerbetreibende, die mit der Zeit älter und erfahrener geworden sind, das sind Angestellte, die in höhere Rangstufen hinaufgekommen sind, die in den 15 Jahren trotz allem Abbau höhere Gehälter erreicht haben, Personen, deren Kinder längst erwerbsfähig geworden und von den Eltern weggezogen sind. Diese alte Generation wird geschützt. Nicht geschützt wird die neue Generation der Kaufleute, Gewerbetreibenden, Beamten und Angestellten, die Generation jener Menschen, die ihre berechtigten Ansprüche an das Leben stellen, und es wird nun der gewaltige Unterschied in der Lebenshaltung, aber auch in der Geschäftsregie derartiger geschützter Mieter und der nicht geschützten Mieter geschaffen. Was sehr schlimm ist, ist folgende Tatsache: Im Lebenskampfe, im Wettbewerb wird der neuen Generation der Kampf, das Ringen durch diesen Unterschied erschwert. Also nicht nur, daß man den jungen Menschen das Leben nicht erleichtert, man erschwert es ihnen dadurch, daß mit Hintansetzung von Gerechtigkeitsprinzipien alte Mieter eine Vorzugsstellung bekommen. Erst heute Vormittag hat der Koll. Chloupek als Referent des Budgetausschusses den Fall erzählt, daß in der besten Lage von Žižkov ein Delikatessenhändler einen Zins von 1900 Kè zahlt, während ein junger Delikatessenhändler an der Peripherie von Žižkov für einen halb so großen Laden einen Zins von 9.000 Kè tragen muß. Ja, fragt man sich, wie schafft der Staat, der auf dem Standpunkt der Gleichheit aller Staatsbürger steht, durch seine Gesetzgebung solche Unterschiede, daß der eingeführte Delikatessenhändler einen derartigen Geschäftsvorsprung vor dem jüngeren Konkurrenten bekommt, der sich auf diese Weise kaum zu einer Existenz verhelfen kann?

So äußert sich dieses Mieterschutzgesetz - und dieses Gesetz unterscheidet sich nur höchst unwesentlich von seinen Vorgängern - keineswegs in sozialer, sondern im Gegenteil in einer sehr unsozialen Weise. Man erlebt es heute bei den verschiedensten Gelegenheiten, wie Neumieter gegen Altmieter Stellung beziehen und wie diese zwei Kategorien von Menschen, Altmieter und Neumieter, ihre Argumente gegeneinander ausspielen. (Posl. Geyer: Und ihre Advokaten!) Das gilt für alle Berufe, Herr Kollege! Immer ist derjenige, der eine alte Wohnung hat, sei es für Wohnzwecke, sei es für den Gewerbebetrieb, außerordentlich privilegiert, unter gewissen Umständen monopolisiert gegenüber demjenigen, der auf ein neues Haus angewiesen ist, weil sich der neue Mann häufig dem alten gegenüber wegen dieses Zinsunterschiedes im Wettbewerb nie durchsetzen kann. Das ist der Grundfehler, der sich auch durch dieses neue Gesetz zieht, das nicht einen Abbau dieser Verhältnisse bringt, sondern sie über das Jahr 1934 noch weiter hinaus zu erstrecken beabsichtigt. Es sind die Absurditäten, die sich zu Ungunsten des Hauseigentümers auf diesem Gebiete begeben, bekannt, man hört und liest von ihnen jeden Tag. Ich würde nur Eulen nach Athen tragen, wenn ich mich noch weiter darüber auslassen würde.

Was nun den weiteren Paragraphen betrifft, nämlich die Verhinderung der Exekution oder der Delogierung, so stehen wir vor einer äußerst ernsten Aufgabe. Es wird hier im Art. II einfach das Gesetz vom 28. März 1928, Slg. d. G. u. V. Nr. 45, hervorgezogen, das auf folgendem Standpunkt steht: Wenn jemand aus irgendeinem Grunde sich keine Ersatzwohnung schaffen kann, kann er erzielen, daß die Exekution gegen ihn um ein Vierteljahr hinausgeschoben wird; wenn die Verhältnisse zu seinen Ungunsten andauern, auf ein weiteres Vierteljahr, und wenn die Oberbehörde zustimmt, noch um ein drittes Vierteljahr, so daß er die Delogierung um drei Vierteljahre hinausschieben kann. Diese Hinausschiebung erfolgt nach dem Gesetze auf Kosten des Hauseigentümers. Der Hauseigentümer zahlt die Kosten der Unfähigkeit des Mieters, den Mietzins zu bezahlen und sich eine Ersatzwohnung zu beschaffen. Aber nach diesen drei Vierteljahren hat zwar der Hauseigentümer die Wohnung frei, aber für die Obdachlosen ist in keiner Weise vorgesorgt. Wir haben nun leider eine Zahl von Arbeitslosen, die sich von einer Million nicht weit entfernt, und die Einkommen dieser Arbeitslosen sind derart, daß die meisten von ihnen kaum das nackte Leben fristen können. Viele von ihnen sind nicht imstande, auch nur den geringsten Mietzins zu bezahlen. Wer soll eingreifen? In manchen Fällen, wenn es sich um eine wohlhabende Gemeinde handelt, gibt die Gemeinde einen Mietzuschuß. Wir wissen aber, wie es den Gemeinden geht, wie es um ihre Finanzen bestellt ist und wieviele von ihnen am Ende ihrer Kräfte angelangt sein werden, wenn sie es nicht heute schon sind. Diese Frage der Delogierung der Arbeitslosen, die zugleich obdachlos werden, ist keine bloße Frage der Humanität, ist auch keine rein wirtschaftliche Frage, sondern sie ist gleichzeitig eine soziale Frage von höchster Bedeutung. Wir dürfen nicht vergessen, daß die Arbeitslosigkeit und das um sich greifende Elend eine Gefährdung der ganzen sozialen Struktur unserer Gesellschaft bedeutet und dürfen daher die Augen vor diesem Problem nicht in der Weise zudrükken, wie es in dem heute vorgelegten Gesetz der Fall ist. Es wäre aber meiner Ansicht nach eine vollständige Verkennung der Tatsachen, eine vollständig irrtümliche Lösung, wenn wir die ganze Last auf die Schultern der Hauseigentümer überwälzen würden, jenes Berufsstandes, der längst aufgehört hat, ein Repräsentant des Reichtums oder auch nur der Wohlhabenheit zu sein.


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