Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst möchte ich wieder einmal Gelegenheit nehmen, die Art und Weise festzunageln, wie man hierzulande dem Parlament Beratung von Gesetzen zumutet, u. zw. auch von solchen, die ungemein wichtig und weittragend sind, wie die vorliegenden Vorlagen. Es ist so, daß wochenlang zuvor die Presse, die Öffentlichkeit über alles mögliche munkelt, und dann hört man auf einmal, daß einige wenige Auserwählte, daß so ein Klüngel sich zusammensetzt, die Vorlage sozusagen im geheimen ausarbeitet und dann kommt die Geschichte gleich ins Parlament und ehe der einzelne Parlamentarier imstande ist, sich die Texte ruhig und richtig durchzulesen - zum Nachdenken kommt er überhaupt nicht - so verlangt die Regierung, daß die Vorlage nicht durchberaten, sondern einfach glatt geschluckt wird. Daß man hier auf die Tätigkeit der Opposition gerne und restlos verzichtet, wissen wir ja schon seit Anbeginn, aber daß sich die Koalition das gefallen läßt, müßte einen eigentlich wundern, denn auch ihr ist es mit Ausnahme weniger Bevorzugter sicher nicht möglich gewesen, sich in den Sinn und in die Bedeutung dieser zwei Vorlagen zu vertiefen. Daß die parlamentarischen Regisseure darauf keinen Wert legen, läßt erkennen, wie gering sie die gesetzgeberische Begabung und das volkswirtschaftliche Verständnis ihrer eigenen Leute einschätzen. Unwillkürlich taucht da die Frage auf, die der alte Spötter Ludwig Thoma geschaffen hat, die Figur des bayrischen Landtagabgeordneten Josef Filser, und die Regisseure hoffen offenbar, und sind der Ansicht, daß ihre Schäflein zumeist solche Filser sind, denen sie getrost die schwerwiegendsten Vorlagen mit dem Zuruf "Vogel friß oder stirb" vorsetzen können und die wackere Mehrheit denkt hier an alles eher als an ein freiwilliges Sterben. Sie gleicht eher einer böhmischen Stoppelgans, die vom guten Papa Malypetr zwischen die Füße geklemmt, mit Gesetzesstoppeln zwangsweise gefüttert wird, solange, bis sie einmal endlich an Luftmangel oder Fettentartung ihrer inneren Organe das Zeitliche segnen wird.
Ich will und kann nicht unter solchen Umständen mich mit den einzelnen Bestimmungen der Gesetzentwürfe befassen, sondern ich sehe meine Aufgabe darin, in groben Umrissen den Standpunkt der deutschen Nationalpartei zu diesen Fragen zu zeichnen. Die deutsche Nationalpartei ist sich stets bewußt gewesen, daß die herrschende Arbeitsnot am besten durch Arbeitsbeschaffung bekämpft wird. Wie groß die herrschende Arbeitsnot ist, kann nur derjenige erkennen, der selbst draußen in der Provinz lebt und wirkt und die Dinge an seinen Augen vorüberziehen sieht. Dann weiß er erst, was es heißt, in der heutigen Zeit arbeiten zu wollen und nicht zu können, was es heißt, in der heutigen Zeit mit Weib und Kind das Leben fristen zu müssen. Auch die Ziffern, die man uns nennt, sind bei weitem nicht die richtigen. Wir können heute wohl sagen, daß weit über eine Million hier arbeitslos sind und daß, wenn man alles dazu zählt, was dazu gehört, die Familienmitglieder usw., die Zahl von 3 Millionen nicht zu hoch gegriffen sein dürfte. Daß eine derartige Masse von Arbeitslosen eine Belastung in vieler Beziehung für den Staat ist, ist klar und ebenso klar ist es, daß irgendetwas vorgekehrt werden muß, um diesem nachgerade unhaltbaren Zustand ein Ende zu machen. Es hat sich bereits herausgestellt, daß Nebenerscheinungen eingetreten sind, die auf der moralischen Seite liegen. Zu lange schon hat die Arbeitslosigkeit gedauert, als daß nicht der Arbeiter auch in seinem Arbeitswillen geschädigt worden wäre. Es ist heute keine Ausnahme mehr, daß einige Leute sozusagen schon von Beruf arbeitslos sind und gar kein Interesse mehr zeigen, in den richtigen Prozeß der Produktion der Arbeit und der Wirtschaft eingeführt zu werden. Es gibt eine ganze Menge von Menschen, die sich bei diesen vielen Arten von Unterstützungen sehr wohl befinden und nichts sehnlicher wünschen, als daß es in diesem Tempo so weiter geht. Es ist das ganz ähnlich wie im Kriege, wo es auch eine Menge Menschen gab, die nur den einen Wunsch hatten, daß der Krieg möglichst lange dauern möge.
Wenn wir uns dieses Problem von der praktischen Seite besehen, so ist es letzten Endes eine finanzielle Angelegenheit. Wie kann diese finanzielle Angelegenheit bereinigt, diese Frage gelöst werden? Vor allem anderen, wie können die notwendigen Gelder dazu bereitgestellt werden? Das geht meiner Ansicht nach auf dreierlei Weise: einmal durch Ersparungen, das andere Mal durch neue Steuern und das dritte Mal durch eine Anleihe. Die deutsche Nationalpartei hat sich mit diesem Problem bereits im Jahre 1931, also zu einer etwas besseren Zeit als heute, befaßt und hat einen Antrag, Druck Nr. 988, eingebracht, der ihren Standpunkt in dieser Frage festlegt. Wir haben uns damals mit Rücksicht auf die Umstände gezwungen gefühlt, Ersparungen und neue Steuern vorzuschlagen und zwar Ersparungen an jenen Orten, die wir im Staatshaushalt als nicht nur möglich, sondern geradezu als wünschenswert und notwendig ansahen und wir haben gefordert, daß z. B. der Rüstungsfonds nach dem Gesetze vom Jahre 1926, Z. 240, insoferne aufgehoben wird, als er nicht mehr Rüstungszwecken zufließen soll, sondern daß er verwendet wird zu dieser Art von neuer Arbeitsbeschaffung, also in einen neuen Fonds zu fließen hat. Dann wollten wir auch im Vorjahre, daß der im Jahre 1930 statuierte Krisenfonds diesem neuen Krisenfonds zufließt und daß der Rest, der gebraucht wird, durch eine neue Einkommensteuer aufgebracht wird. So hätte man einen Fonds gehabt, der den Betrag von 3 Milliarden ergeben hätte, mit dem man immerhin bei einiger Planmäßigkeit und einigem guten Willen schon eine Menge hätte schaffen können. Die Regierung hatte diesen Antrag, wie es zu erwarten war, einfach beiseite liegen gelassen und hat keine Ersparungen vorgenommen und hat weitere Ausgaben nach der alten Art gemacht, hat aber dem Volke in den Jahren seit 1931 eine derartige Menge neuer Steuern aufdiktiert, daß man mit diesen Mitteln Geld zu schaffen, wahrscheinlich am Ende angelangt ist.
So ergibt sich von selbst, da die ersten zwei Wege der Geldbeschaffung nunmehr ungangbar geworden sind, daß man sich dem dritten Weg zuwenden muß: das ist die Anleihe. Dieser Weg wird heute ein ziemlich beschwerlich er sein. Und daß er es ist, beweisen verschiedene Dinge, die vor allem nicht in der Vorlage enthalten sind. Unser Antrag sah eine Summe von 3 Milliarden als genügend vor. Die Anleihe, die jetzt aufgenommen werden soll, ist nach oben hin nicht begrenzt. Sie wird aufgelegt und nun erwartet der Herr Finanzminister wahrscheinlich, daß sich die Leute zur Kassa drängen und ihren letzten Heller dem Staate überantworten, oder aber man könnte auch sagen, er hat begreiflicherweise eine Scheu, irgendeinen Betrag zu nennen, bei dem er stehen bleiben will, weil er fürchtet, sich damit zu blamieren. Denn es wäre zweifellos unangenehm, wenn er drei Milliarden haben wollte und dann mit einer halben Milliarde die Zeichnung schließen müßte. Also man sagt lieber gar nichts und wartet der dinge, die da kommen und die da vielleicht nicht kommen.
Jedenfalls wäre es aber interessant gewesen, wenn uns der Herr Finanzminister in seinem Exposé wenigstens annähernd gesagt hätte, wieviel er sich von der ganzen Sache verspricht und wie lange die Zeichnungsfrist zu dauern hat. Der berühmte 15. Mai, der hier in dieser Vorlage einmal verzeichnet ist, kann doch unmöglich als Ende der Zeichnungsfrist angesehen werden, und andererseits würde eine Zeichnungsfrist, die weiß Gott wie lange dauert, ebenfalls feststellen, daß es mit dem Erfolg der Anleihe von hausaus nicht weit her ist. Die Anleihe ist vom Herrn Finanzminister ausgeschrieben worden und zwar rückzahlbar durch Verlosung mit einer 10%igen Prämie auf 20 Jahre hinaus beginnend vom Jahre 1935. Damit ist eigentlich die Hoffnung auf bessere Zeiten heute schon vorweg eskomptiert. Wir sind nicht der Ansicht, daß das gut ist. Möglich, daß man es heute nicht anders machen kann, aber zweifellos ist es sicher, daß man wahrscheinlich besser abgeschnitten haben würde, wenn man früher sich auf derartige Dinge besonnen hätte. Wenn ich mir unseren seinerzeitigen Antrag anschaue, sehe ich, daß wir die Zeit der Rückzahlung ganz kurz, mit 6 Jahren angesetzt hatten, weil wir der Ansicht waren, daß in Bälde eine Besserung der allgemeinen Wirtschaftslage nicht zu erwarten ist, und daß man mit diesen gegebenen Verhältnissen rechnen muß, daß man also, wenn man schon eine Anleihe aufnimmt, oder etwas in dieser Richtung macht, wie wir es verlangt haben, neue Steuern ausschreibt, alle diese Dinge, alle außerordentlichen Maßnahmen rasch wieder zu beenden hat. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Špatný.)
Es ist vor allem anderen nicht gut und zweifellos zu bemängeln, daß man auf diese Weise, wie es die Vorlage tut, sozusagen ein künftiges Geschlecht - denn 20 Jahre sind schon eine Generation - mit den Sünden der Gegenwart zu belasten sucht. Aber ich gebe zu, daß das Ansichtssache ist. Aber aus all dem schon sieht man, daß die Finanzverwaltung gezwungen ist, geradezu außerordentliche Lockmittel der Bevölkerung vorzusetzen, damit sie hier die Anleihe zeichnet. Diese Lockmittel sind einmal die 10 %ige Prämie, der variable Kupon nach § 2, Abs. 4, die Steuerbegünstigungen nach den §§ 6 bis 12, die Arrosionsmöglichkeit, verbunden mit den alten Staatspapieren und schließlich eine Möglichkeit, sich alten, sagen wir Steuersünden zu entziehen, d. h. eine Steuerabschreibung zu erhalten und eine Befreiung von der gleichzeitig beantragten Kuponsteuer. Was die 10%ige Prämie und den variablen Kupon betrifft, so sind wir im Grunde einverstanden, denn es ist wahr und nicht leugsam, daß man heute dem Zeichner etwas bieten muß, wenn er nach den Erfahrungen der Vergangenheit dem Staate wieder seine Sparpfennige in die Hand drücken soll.
Auch bezüglich der Steuerbegünstigungen wäre ohne weiters da zuzustimmen. Es ist nur zu fragen, warum man nicht nach dem Muster der deutschen Regierung es möglich gemacht hat, daß man auch in Zukunft schuldige Steuern dadurch bezahlen kann, daß man diese Anleihe dem Staate wieder zurückgibt, freilich selbstverständlich mit sinkendem Kurs. Das ist ein Mangel, der zu rügen wäre. Was die Arrosion der alten Staatsrenten mit Aufzahlung zur Zeichnung betrifft, ist das ebenfalls eine Not der Zeit. Aber nicht bestimmt ist, mit welchem Kurs diese alten Renten eingesetzt werden bei der Abrechnung und so kann es dann passieren, da der Steuerschuldner vielleicht von der Steuerverwaltung übers Ohr gehauen wird, daß er nichts verdient, sondern am Kursverlust tatsächlich zusetzt. Das ist ein großer Mangel. Und ich vermisse noch etwas anderes. Wieder wäre einmal Gelegenheit gewesen sich etwas näher doch noch mit dem alten Kriegsanleiheproblem zu befassen. Ich weiß, es geht dem Kriegsanleiheproblem so, wie dem deutschèechischen, dem nationalen Problem in diesem Staate. Es wird offiziell als nicht vorhanden, als gelöst angesehen und trotzdem ist es doch vorhanden und trotzdem ist es nicht gelöst. Wenn Sie bei dieser Anleihe, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Mehrheit, an diesem Problem vorübergegangen sind, so werden Sie bei der nächsten Anleihe sich doch damit befassen, und in diesem Staate an diesem Problem doch nicht vorübergehen können. Und wenn Sie wirklich Geld für den Staat werden haben wollen, wird Ihnen schließlich nichts anderes übrig bleiben, als auch da einmal zu sehen, ob es nicht möglich wäre, daß denjenigen, dem Kriegsanleihe einfach ohne Entgelt weggenommen, und ihnen eine bloße Bestätigung über die abgelieferte Kriegsanleihe ausgehändigt wurde, mit dieser Bestätigung nicht auch zu einer Arrosionszeichnung verhelfen könnte. In Zukunft wird jede Anleihe schmackhafter sein müssen und es muß eben dem Geschmack der Kundschaft Rechnung getragen werden und nicht dem eigenen Geschmack. Aus diesem Grunde wird es notwendig sein, auch zu diesem Problem zurückzukehren. Ich fühle mich verpflichtet bei dieser Gelegenheit hier darauf hinzuweisen, wenn ich auch keinen Antrag stelle, weil ich weiß, welches Schicksal ein solcher Antrag von hausaus erleiden würde.
Das Gesetz stellt sich zumindest teilweise vor, daß alle diese Dinge bar bezahlt werden. Ich möchte fragen: gibt es wirklich so viel Bargeld noch hier, ist das Bargeld noch so haufenweise in den Kassen vorhanden, daß man es so ohne weiters herausnehmen kann? Gewiß, bei den Banken und großen Instituten häufen sich die Barbestände. Sie sind aber durchaus nicht das Zeichen einer gesunden Wirtschaft, sind nicht vielleicht der Ausdruck dessen, daß dies der Fall ist, daß das erspart wird, das ist, wie schon so oft hier gesagt wurde, nichts anderes als gestocktes Blut der Wirtschaft und die Wirtschaftskrise in der niemand weiß, wo er sein Geld eigentlich hintun soll. Aber draußen die Provinz verfügt über sehr wenig mobiles Bargeld, da ist Schmalhans Küchenmeister und es scheint so, als ob die Verhältnisse, die scheinbar wenigstens hier in Prag sind, die Herren immer verleiten würden, die Dinge von hier aus zu sehen und zu glauben, daß dieselben Verhältnisse auch draußen in der Provinz herrschen. Prag mag ja reich sein, Prag ist ja in der Nachkriegszeit reich geworden und hat es glänzend verstanden, sich auf Kosten der Provinz reich zu machen. Aber draußen in der Provinz ist die Armut zu Hause und insbesondere das deutsche Randgebiet verarmt von Tag zu Tag und von Woche zu Woche immer mehr.
Man wendet ein, daß die Möglichkeit, wieder einmal eine Art Steuerbeichte abzulegen, eine Prämie für Steuerdefraudationen sei und dadurch der pünktliche Steuerzahler eigentlich zu kurz kommt. Gewiß, es ist etwas Wahres daran. Aber es ist doch zu verlockend, auch diese Frage wieder einmal anzuschneiden, die Frage: Gibt es überhaupt so viel Steuerdefraudanten, als sich das Finanzministerium gemeiniglich vorstellt? Auch da ist ein Unterschied zwischen Prag und der Provinz. Es mag in Prag, wo die reichen Leute zu Haufen sitzen, Steuerdefraudanten genug geben, aber in der Provinz draußen gibt es keine. Denn da sorgt schon die Steueradministration dafür, daß insbesondere dem deutschen Steuerzahler, dem deutschen Gewerbetreibenden, dem deutschen Bürger überhaupt das letzte aus dem Säckel gezogen wird und da bleibt sicher nichts übrig. Ich weise darauf hin, daß wir schon einmal ein Gesetz hatten, welches den Zweck haben sollte, die angeblich ins Ausland verschobenen Gelder wieder heimzubringen. Nun, dieser Versuch ist nicht großartig ausgefallen. Ein ganz verschwindender Teil ist angemeldet worden und wieder in die Republik zurückgekommen. Es wird gewiß so mancher sein Geld wieder draußen gelassen haben, aber immerhin ist doch festzustellen, daß man sich darin geirrt hat, wenn man glaubte, daß weiß Gott wieviel Kapitalien ins Ausland verschoben wurden.
Es wird im Gesetz vorgeschlagen, daß Steuerabschreibungen bei einer ganzen Reihe von Steuern möglich sind. Ausgenommen ist davon ganz merkwürdigerweise die Vermögensabgabe. Ich muß auch das bemängeln. Die Geschichte mit der Vermögensabgabe ist kein Ruhmesblatt in der Finanzverwaltung dieses Staates. Die ganze Vermögensabgabe hat ihren Zweck an sich eingestandenermaßen verfehlt. Heute, 14 Jahre nach dem Krieg, sollte überhaupt das Wort nicht mehr gebraucht werden, sollte es nicht mehr in Erscheinung treten. Daß Vermögensabgaberückstände da sind, ist richtig, aber warum? (Posl. Babel: Weil sie die Großen nicht gezahlt haben!) Nein, weil sie viel zu spät vorgeschrieben worden ist, weil die Steueradministrationen aus eigenem und fremden Verschulden nicht dazu kamen, rechtzeitig den Leuten zu sagen, was sie zu zahlen haben und infolgedessen die guten Jahre, wo sie es zahlen konnten, längst vorüber sind, und heute, wo die mageren Jahre gekommen sind, überhaupt niemand mehr solche Beträge zahlen kann. Heute ist nichts da und die alten Vermögen, die einmal da waren, sind weg und von diesen heute verflüchtigten Vermögen noch Vermögensabgabe zu verlangen, ist ein Unsinn und der Unsinn wird dadurch bezahlt, daß man einen Haufen von Steuerabschreibungsgesuchen hat und sich oben im Ministerium und bei der Finanzlandesdirektion durch alle solche Dinge durchbeißen muß, ohne fertig zu werden. Wenn man einmal unter diese Dinge einen Strich ziehen würde und hier irgend einen Steuerausgleich machen würde, wäre es für beide Teile das beste und der erste Schritt zu einem derartigen Steuerausgleich wäre es, wenn man diese Steuerabschreibung, die man hier propagiert und den Leuten gewähren will, auch bei der Vermögensabgabe zulassen würde.
Aber das alles sind mehr oder weniger nur Schönheitsfehler. Die schwersten Bedenken erregt wohl der § 4, der von der Verwendung des Erlöses dieser Anleihe spricht. Dieser § 4 hat eigentlich, obwohl er einige Absätze hat, ihrer doch nur zwei und populär gesagt bestimmt er, daß der Erlös eigentlich zur Bezahlung älterer Schulden verwendet wird, die schon gemacht worden sind. Da sollen Löcher gestopft werden, die bereits vorhanden sind. Wir kennen diese Methode, wir haben sie bis jetzt immer dort angetroffen, wenn neue Steuern oder Anleihen gemacht wurden. Die Bevölkerung wird in dem Glauben erhalten, es handle sich um etwas Zukünftiges und doch weiß jeder von uns, daß es sich um etwas Vergangenes handelt. Die Schulden, die bezahlt werden sollen, werden nicht erst gemacht, sondern sind schon gemacht, es werden alte Löcher gestopft. Das war einmal der Zweck dieser Anleihe. Das anderemal bestimmt die Regierung eigentlich selbstherrlich, wozu sie das Geld verwendet, und nur so nebenher wird die Hoffnung ausgesprochen, daß auch die Selbstverwaltungskörper etwas davon bekommen. Auf solche Dinge können wir uns nicht einlassen. Als wir seinerzeit den schon von mir angezogenen Antrag einbrachten, hatten wir uns vorgestellt, daß eine Körperschaft, ein Verwaltungsrat die Verwendung dieser Gelder beschließt und daß dieser Verwaltungsrat nicht nur aus den Beamten des Finanzministeriums zu bestehen hat, sondern auch aus Parlamentariern, und daß insbesondere auch die Opposition gesetzlich das Recht hat, darin zu sitzen, damit sie den Herren auch auf die Finger sehen kann. Derartige Gedanken sind natürlich hier ketzerisch, und werden von Haus aus abgelehnt. Infolgedessen kommt dann wieder ein Gesetz, von dem man heute schon weiß, daß die Deutschen, das deutsche Randgebiet, die deutschen Unternehmer, die deutschen Gewerbetreibenden und die deutschen Arbeiter davon wahrscheinlich gar nichts haben werden. Da ist so ein Kapitel mit der Betreuung der deutschen Wirtschaft seitens des Staates, ein Kapitel, das sich direkt zu einer rein sudetendeutschen Wirtschaftskrise auswächst, die ihren Grund in der eigentümlichen Einstellung der hiesigen Staatsverwaltung zu unserer sudetendeutschen Wirtschaft hat, einer Einstellung, die auf dem Grundsatze beruht: Hier muß auch das letzte Fünkchen Leben ausgetreten werden! Wir, die wir aus dem Randgebiet kommen, wissen, daß die Wirtschaft dort tot ist, wir kennen den Friedhof, der sich da auftut und wissen auch, daß der Staat gar nichts für uns hat, auch dort nicht, wo es die gottverfluchte Verpflichtung des Staates wäre, sein Schärflein zur Linderung der Not beizutragen. Ich meine da in erster Reihe die Staatsarbeiten und die Staatslieferungen. Es ist nachgerade zum Grundsatz der èechischen Regierung geworden, die Arbeiten die der Staat im sudetendeutschen Gebiet ausübt, nur von èechischen Firmen ausführen zu lassen, nur èechischen Firmen, die Angehörige der Minderheit sind, die Aufträge zu vergeben, um auf diese Weise den deutschen noch um Verdienst und Arbeitsmöglichkeit zu bringen und auch die èechische Minderheit zu stärken.
Ich muß bei dieser Gelegenheit auf einen konkreten Fall hinweisen, der mir erst vor ganz kurzer Zeit mitgeteilt worden ist. Es handelt sich darum, daß die Glashäuser, die früher dem Fürsten Thun auf dem Tetschener Schloß gehört haben und jetzt dem Staate gehören, teilweise in den Besitz der Akademie Liebwerd, also auch einer Staatsanstalt, übertragen werden sollen, damit dort endlich einmal für die Studenten auch Glashäuser, Warmhäuser gebaut werden können, damit die Studenten etwas lernen können. Lange zogen sich die Verhandlungen hin, ehe es gelang, daß der Staat als militärischer Besitzer des Schlosses seine Zustimmung gibt, daß der Staat als Eigentümer der Akademie Liebwerd diese Glashäuser übern immt. Nun kommt die Frage des Abbruches der Glashäuser und ihres Transportes vom Schloß nach Liebwerd und ihres Wiederaufbaues dortselbst. Selbstverständlich mußte das im Offertwege ausgeschrieben werden. Als man sagte, es kommen doch in erster Linie deutsche Baumeister und deutsche Arbeiter in Frage, wurde der Auftrag erteilt, es müsse auch eine bestimmte èechische Firma in Leipa zur Offertstellung herangezogen werden, und es mußte geschehen. Als man nun die Offerten öffnete, ergab sich, daß diese Firma gegenüber allen anderen deutschen Firmen lediglich die Hälfte dessen verlangte, was die deutschen Firmen verlangten, einen Betrag, um den diese Firma nie imstande ist, auf richtige Weise die Arbeit liefern zu können. Es ist nicht möglich, wenn fünf Baumeister für eine Arbeit 60.000 Kè verlangen, daß dann eine èechische Firma kommt und behauptet, sie könne dieselbe Arbeit um 25.000 Kè leisten. Da stimmt etwas nicht. Es ist ganz klar, daß man diese Firma wahrscheinlich schon früher aufmerksam gemacht hat, ihr gesagt hat: Du kannst verlangangen, was du willst, auch 2.000 Kè, es wird nicht dein Schaden sein, du wirst auf deine Rechnung kommen. Denn die èechische Regierung hat einen schwarzen, grünen, gelben und wer weiß was für einen Fonds noch und hat die Umleitung über die Jednota severoèeská und andere Jednoty, um dem èechischen Baumeister zu ersetzen, was er im ordentlichen Offertverfahren zweifellos einbüßen müßte. Die praktische Folge ist, daß wiederum deutsche Arbeiter Arbeit nicht bekommen, daß der deutsche Arbeiter nicht arbeiten kann, daß der èechische Arbeitnehmer hier auftritt und aus dem Inneren Böhmens, wie das immer und überall geschieht, Arbeiter herbringt und dem deutschen Arbeiter seinen Arbeitsplatz vor der Nase wegnimmt. (Výkøiky.)
Ich spreche gerade von der deutschen Wirtschaft draußen, von der man vielleicht glaubt, daß sie sich an dieser Anleihe vielleicht hervorragend beteiligen werde. Das neueste Stückel der Staatsverwaltung ist die Verfükung der Finanzgewaltigen bezüglich des Sammelkonto der Mark. Wissen Sie, daß in demselben Augenblicke, wo Sie das Sammelkonto eingeführt haben und drauß en als Antwort die deutsche Regierung den Kurs der èechischen Krone gestrichen hat, so daß auch hier der Markkurs nur ein nomineller ist, daß seit dieser Zeit drauß en das ganze Leben stockt, daß es nicht möglich ist, die Wirtschaftsverbindungen hinüber und herüber aufrecht zu erhalten? Ja, glauben Sie denn, das wird ohne Folgen bleiben? Was wird denn im Sommer der Fremdenverkehr sagen, was werden unsere Bäder dazu sagen, wie wird es da aussehen? Und die Rückwirkung wird wieder der Fiskus zu verspüren bekommen. Das ist ein schönes Kunststückel gewesen, und ich behaupte, daß das nicht einmal auf dem geistigen Blumenbeet des Herrn Finanzministers Trapl und seiner Herren gewachsen ist, sondern daß ihm der Belzebub Beneš die Feder geführt hat. Ich sehe den Belzebub Beneš hinter Trapl stehen, sein Schwänzchen kokett um seinen linken Arm geschlungen und mit weiß-blau-roter Masche geschmückt. Es wird ihm wenig nützen. Die deutsche Reichsregi erung ist heute schon in der Lage, sich entsprechend revanchieren zu können.
Weil ich gerade bei dem Verhältnis der Èechoslovakei zu Deutschland angelangt bin, das angeblich so korrekt und freundschaftlich sein soll, verwahre ich mich im Namen meiner Partei gegen die Beschimpfungen des deutschen Reichspräsidenten und der jetzigen Reichsregierung seitens der èechischen Presse und der ma rxistischen Parteien beider Nationen, insbesondere gegen die jüngste Rede des Senators Niessner im Senat. Sie alle werden die nationale Wiedergeburt in Deutschland und Österreich nicht aufhalten. Wie Deutschen grüßen sie als ersten Sonnenblick einer besseren Zukunft. (Souhlas a potlesk nìmeckých poslancù.)
Die Unsicherheit bezüglich der Verwendung der Anleihe macht sie uns schon allein vollkommen unannehmbar. Und nun einige Worte über die Couponsteuer.
Sämtliche Wirtschaftskreise sind darüber einig, daß die Zinsen gesenkt werden müssen. Man muß irgendwo den Anfang machen. Es ist klar, daß man ihn am besten machen kann bei den Aktivzinsen, in erster Linie bei den Zinsen der öffentlichen Schuld. Es ist die Zinssenkung notwendig, sowohl des Debet-, wie des Aktivzinsfußes, und sie muß möglichst allgemein sein. Diese Couponsteuer wirkt sich aus wie eine Zwangskonversion der Staatspapiere beiläufig um 1%. Wir sehen nur nicht ein, warum nur die Renten darunter fallen sollen und nicht auch die Dividendenpapiere. Die Staatspapiere sollen den Einlagen der Sparkassen keine Konkurrenz machen und es sollen alle diese Zinsfüße aneinander angeglichen werden, damit besonders in der jetzigen Zeit die Wirtschaft ihren ordentlichen Weg gehen kann. Nur muß die Staatsverwaltung, wenn sie schon die Couponsteuer einführt, von jetzt ab ein viel größeres Augenmerk auf den Anlagenmarkt richten, es geht nicht an, daß man einfach alles gehen und stehen läßt, und wenn heute Kursverschiebungen, besonders nach unten stattfinden, einfach nicht auf der Börse interveniert; sonst sinken die Kurse, wenn die Zinsen jetzt mit einer neuen Steuer getroffen, also gesenkt werden, sinkt der Kurs herunter und bei niedrigem Kurse sind die alten Zinsfüße automatisch wieder erreicht. Außerdem wissen wir alle, daß sich im Hintergrunde des Wirtschaftslebens große Dinge vorbereiten, von denen ich offen gar nicht reden will. Aber Eingeweihte wissen wahrahrscheinlich, was ich meine und daß, wenn das einmal bekannt sein wird, und es muß schließlich bekannt werden, es wahrscheinlich zur Folge haben dürfte, daß man sein Geld bei den Sparkassen abheben wird. Ein gewisser Run auf die Sparkassen war ja schon in jüngster Zeit da, und er kann sich einmal noch in viel schärferer Weise wiederholen. Die Sparkassen müssen daher die Möglichkeit haben, sich für diesen Fall Gelder zu beschaffen, und sie können das nur tun, indem sie die Staatspapiere, die sie in ihrem Besitze haben, bei der Nationalbank lombardieren. Die Nationalbank hat es bisher wenigstens immer abgelehnt. Es wird Sache der Regierung sein und ich erlaube mir, von dieser Stelle Sie darauf aufmerksam zu machen, endlich einmal dieses Problem ins Auge zu fassen, daß die Nationalbank verhalten wird, in solchen Zeiten wie den jetzigen die Staatspapiere im Besitze der Kassen zu lombardieren.
Wir sind also eigentlich mit der
Couponsteuer grundsätzlich einverstanden. Nun muß dabei festgehalten
werden, daß auch die Couponsteuer nur ein Mittel ist dem Staate
für die Fortf ührung seines uns bei Gott nicht richtig erscheinenden
Systems die Mittel zu schaffen und da wir uns dazu nicht berufen
fühlen, werden wir auch gegen diese Steuer stimmen. (Potlesk.)
Meine Herren! Mit dem Charakterzug der Überrumpelung sind gestern zwei Vorlagen ins Haus gebracht worden, von denen nicht einmal die Koalitionsparteien wußten, was darinnen steht. Man muß also im Gegensatz zu dem ewigen Lamento über die Gefährdung der Demokratie aus dem Munde der waschechten Demokraten selbst erfahren, daß die beiden Vorlagen ein Diktat sind, und zwar ein Kompromißdiktat und darum erübrigt es sich, auf alle in der letzten Zeit gegen andere Diktatoren vorgebrachten Beschuldigungen hier einzugehen.
Man hat gestern im Ausschuß so bis gegen 1 Uhr gesprochen entgegen den ursprünglichen Dispositionen, wonach die Vorlage schon gestern im Hause hätte erledigt werden sollen. Nach 6 Uhr trat dann der Ausschuß wieder zusammen, um bis nach 8 Uhr zuzuwarten, bis die Sedmièka, bezw. die zugezogenen Referenten des Finanzminissteriums bezüglich einiger Paragraphen, über die die Koalitionsparteien noch zu keiner Einigung gekommen waren, schlüssig wird. Grundsätzlich sind aber zu den vorgebrachten Bedenken keinerlei Änderungen im Wege von wirklichen Zusatz- oder Abänderungsanträgen angenommen worden. Was in den §§ 4 und 5 hinzugekommen ist, sind nichts als stilistische Ergänzungen, die dem Sinne nach schon im ursprünglichen Antrag enthalten waren. (Výkøiky komunistických poslancù.)