Und nun, meine Herren! Sie können uns zumindest nicht in einen geistigen Kerker hineinsperren! Wie selbstverständlich ist, daß in jeder Minderheit der Trieb zur Selbsterhaltung in der Vergeistigung der Arbeit, in der Vergeistigung der politischen Methoden besteht, ist es selbstverständlich, daß wir im Sinne Masaryks immer viel näher einer Revolution, einer Nichtanerkennung geistigen Absolutismus als Ihre Seite stehen werden! Was Sie aber seit einem Jahre gemacht haben, war geistiger Absolutismus, angefangen von der Staatspolizei in Prag über das Innenministerium und Justizministerium bis zur Regierung. Und da kündigen wir Ihnen alle ohne Unterschied, vor allem meine nächsten Freunde und ich an, daß wir in der Abwehr Ihrer staatspolitischen und politischphilosophischen Auffassungen den Kampf ansagen werden - und ich würde wünschen, daß wir auf deutscher Seite schon so weit wären, daß wir mit unserer ganzen, 67 Menschen erfassenden Delegation im Stande wären, Ihnen hier eine geistige Revolution vorzuführen, wie Sie sie brauchen und wie Sie sie aus eigenen Mitteln wahrscheinlich gar nicht aufbringen werden, weil eben die Einkapselung von Ihnen in Ihrer Partei- und Mehrheitsherrlichkeit so ungeheuer ist, daß Sie meines Erachtens eigentlich geistig vor dem Kriege in einer viel glücklicheren und geistig höheren Entwicklung waren als heute.
Ich möchte die dritte Etappe kurz besprechen. Das war der Prozeß in Brünn. Ich habe gewußt, hier ist eine große politische Angelegenheit im Gange, und deshalb habe ich nicht gescheut, meinen Urlaub zu unterbrechen, um durch eigene Wahrnehmung festzustellen, was in Brünn vorgeht. Ich bin also weder auf Zeitungsberichte noch auf Berichte von irgendwelchen Herren, die an dem Prozeß teilgenommen haben, angewiesen, und ich sage Ihnen: mein Eindruck ist von allem Anfang an der, daß wie die Polizei irgendetwas finden mußte, wie die Justizverwaltung trotz aller Warnungen die Anklage bringen und aufrecht erhalten mußte, so mußte auch in Brünn ein strenges Urteil gefällt werden. Ich erkläre Ihnen, wie ich es auch dem Herrn Justizminister gegenüber getan habe, daß wir und auch ich in den ersten drei Tagen des Prozesses geglaubt haben, hier ist kein Prozeß, sondern eine große politische Farce, die schlecht inszeniert und arrangiert war. (Výkøiky posl. dr Rosche.) Aber ich möchte im Zusammenhang mit der Gerichtsverhandlung sagen - ich will nicht wiederholen, was schon gesagt worden ist, sondern nur einige Details anführen - daß sich eine lange Kette von Feststellungen machen ließe, die die Justizverwaltung zumindest in einem außerordentlich ungünstigen administrativen Lichte erscheinen ließe, die ich aber hier doch machen muß, weil es sich hier doch darum handelt, daß vielleicht die ganze Justizverwaltung plötzlich zu einer Polizei wird und daß, wen man nicht acht gibt, das Gericht und die Justiz sozusagen vollenden werden, was alle politische "Klugheit und Weisheit" nicht zustande bringt. Und dagegen wehren wir uns alle ohne Unterschied!
Auf der anderen Seite lassen Sie mich nur eine Sache hervorgehen: Verurteilt wurden in Brünn 7 junge Leute, 5 davon sitzen heute noch, 2 sind auf freiem Fuß. Die 5 sitzen, weil die Justizverwaltung auf dem Standpunkte steht, es bestehe die Gefahr der Wiederholung. Das grenzt schon an Lächerlichkeit. Die Justiz ist eine sehr empfindliche Angelegenheit und wir hätten vor allem von einem freisinnigen Minister, der doch auch schon in der österreichischen Zeit in der Politik gestanden hat, erwartet, daß er mehr Klugheit, aber auch mehr Verantwortlichkeit finden wird, um der Justizverwaltung nicht eine Blöße zu geben, die durchaus nicht in unserem Interesse liegt. Ich erkläre Ihnen, wir positiv eingestellten Politiker, aber auch alle anderen, haben das größte Interesse daran, eine absolut objektive, eine absolut gerechte, eine absolut nur noch vom Recht beherrschte Justitz zu haben. (Výkøiky posl. dr Rosche.)
Ich habe im Budgetausschuß gesagt, die èechische Politik sei erst richtig im alten Österreich gegangen, als das alte Österreich die Dummheit begangen hat, politische Prozesse zu machen. Ja, glauben Sie denn nicht, daß diese Dinge eine starke Rückwirkung auf uns haben werden, glauben Sie, daß eine positive Politik sowohl von den deutschen Regierungsparteien als auch von uns positiv eingestellten Politikern fortgesetzt werden kann, wenn Ihre schlechte Verwaltung und Ihr Eingreifen in unsere politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte so weiter gehen wie bisher? Das können Sie nicht erwarten! Vielleicht ist es Ihr Interesse und Ihr Wunsch, diese positive deutsche Politik zu erschlagen. Für eine solche Entwicklung stelle ich Ihnen ein Vorzugszeugnis aus; Sie könnten es nicht besser - von meinem Standpunkt nicht dümmer - machen, wie Sie es jetzt machen, wenn Sie die positive Politik auf unserer Seite erschlagen wollen.
Ich suche jedoch bei diesen Ausführungen nicht das Auseinandertreibende! Ich weiß, und keiner auf unseren deutschen Bänken leugnet es, daß zwischen den Èechen und uns irgendein Arrangement nach dem hier allerdings unbekannten Prinzip des fair play geschlossen werden muß. Aber auf diesem Wege ist es ausgeschlossen, weil wir, die positiv zum Staat eingestellt sind und bereits seit 1926 positive Politik machen, bald die Schamröte bekommen und nicht wissen, ob wir uns unserer deutschen Bevölkerung Aug in Aug gegenüber stellen können, weil diese positive Politik vielleicht gar nicht vor ihr zu verantworten ist! Wir wollen nicht den Abbruch, wir müssen meines Erachtens immer und immer wieder versuchen, in irgendeiner Weise die Möglichkeit zu finden, eine Politik zu machen, die für unser Volk ebenso erträglich wie notwendig ist.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich mit aller Offenheit nach der deutschen Seite hin Einiges sagen: Ich glaube, ich kann es machen, weil ich in soundsoviel überparteilichen Organisationen tätig bin weil ich hier im Hause ein Mittelsmann zwischen den deutschen Parteien bin und daher mit größerer Offenheit, vielleicht auch mit größerer Rücksichtslosigkeit Einiges sagen darf: Vor allem im Namen all der tausenden enttäuschter und die Zeichen nicht verstehender Volksgenossen, die den Eindruck haben, daß wir hier keine größere Sorge haben und auch gar nichts anderes machen, als uns gegenseitig in kleinlichster und kleinherzigster Weise zu bekämpfen. Ich glaube nicht, daß heute jemand von uns verantworten kann, dies zu tun. Ich habe mich scharf gegen den Koll. Hassold gestellt, als er eine Erklärung im Budgetausschuß abgegeben hat, die den Riß zwi schen den deutschen Parteien vertiefte. Ich stelle mich gegen die Art, wie Koll. Hodina in Saaz gesprochen hat, und ich fühle mich verpflichtet, in Kenntnis der großen Leistung und des guten Willens, den die Verteidigung aufgebracht hat, hier zu erklären, daß es nicht zu verantworten und vom nationalen Standpunkt verwerflich ist, wenn man die Schuld an dem harten Urteil in Brünn der Verteidigung zuschreibt!
Was soll sich unsere Bevölkerung denken, wenn immer wieder Äußerungen dieser Art fallen, die doch anzeigen könnten, daß wir überhaupt keinen sittlichen Ernst in uns haben, ja daß die ganze parlamentarische Delegation nur daran denkt, wie wir uns irgendwelche Stimmen oder irgendwelche Mandate oder irgendwelche Nichtse abjagen können. Aber da ich abgelehnt habe das Vorgehen des Herrn Koll. Hassold und das Vorgehen des Herrn Koll. Hodina, muß ich in ebenso scharfer Weise ablehnen die Schreibweise der nationalsozialistischen Presse, deshalb, weil sie absolut die Möglichkeiten verhindert, irgendwie zu einer Annäherung, zu einer gemeinsamen Arbeit und zu einer positiven Gestaltung unseres Eigenschicksals zu kommen.
Ich komme schließlich zu einer Angelegenheit, die wieder mit dem Prozeß zusammenhängt. (Posl. dr Hassold: Sie werden das Vaterland auch nicht retten!) Das bilde ich mir auch gar nicht ein, Koll. Hassold, aber wahrscheinlich bilden Sie es sich ein!
Ich möchte also hier auf eine Sache hinweisen, die in der letzten Zeit geschehen ist und die mir das Recht gibt anzunehmen, daß noch immer die Konstruktion dieses ganzen politischen Prozesses weitergeht. Es ist doch ganz unerhört, daß, nachdem die Anwälte die Berufungsbeschwerde überreicht haben, der Staatsanwalt einen Antrag gestellt hat, daß das Protokoll der Gerichtsverhandlung ergänzt werden soll. Darüber haben schon Kollegen vor mir gesprochen, aber meines Erachtens zeigt es, wie auf Abwegen - ich kann mich nicht anders äußern - bereits das ganze Vorgehen bei Gericht ist, wenn sich Folgendes ereignet hat. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Roudnický.) Der Staatsanwalt beantragte, daß in das Hauptprotokoll des Prozesses eine Ergänzung kommt, daß die Angeklagten im Verlaufe der Vernehmung bei verschiedenen Gelegenheiten wiederholt erklärt haben, daß "sie sich ideengemäß hinter die politischen Richtlinien der reichsdeutschen nationalsozialistischen Arbeiterpartei stellen und daß sie diese ihre politische Gesinnung nicht als eine strafbare Handlung ansehen". Der Gerichtshof hat über diese Ergänzung verhandelt und nun - mir scheint es eine Groteske zu sein - ist die Ergänzung in das Protokoll aufgenommen worden mit Hinweglassung der Silbe "reichs-" in dem Worte "reichsdeutsch"! Überlegen Sie sich den Unterschied, überlegen Sie sich die Tatsache, daß eine Ergänzung des Protokolls erfolgt, die - wie mir Juristen versichern eine unstatthafte Angelegenheit ist, daß der Gerichtshof also sozusagen ein Kompromißlein schließt und im Protokoll ergänzt, daß die Angeklagten zugegeben haben, daß "sie sich hinter die Grundsätze der deutschen nationalsozialistischen Arbeiterpartei stellen".
Nun kann man natürlich wieder sagen: Es steht nicht expressis verbis "in der Èechoslovakei" dabei; und dabei kann man vielleicht auch sagen, es sei ganz identisch das, was der Staatsanwalt gewollt hat, und das, was indirekt der Gerichtshof anerkannt hat. Ja, aber das ist schon geschehen in dem Zuge der Berufung - zwischen Überreichung der Beschwerde und Ans tzen der Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof! Wenn Sie mich überzeugen können, daß das nicht zumindest ein sehr schiefes Licht auf die ganze Sache wirft, weiß ich nicht, ob ich nicht doch vollkommen recht habe, auch wenn Sie es nicht zugeben würden. Mir scheint hier die Konstruktion weiter zu gehen, und ich glaube sicherlich nicht zu Ehren der Justizverwaltung. Wenn der Herr Justizminister da wäre, hätte ich ihn befragt und verzichtet, es vorzubringen, wenn er mir genügeñd Aufklärung gegeben hätte. Leider aber ist er nicht da.
Ich möchte mich mit einem anderen Gegenstand beschäftigen, mit der parlamentarischen Immunität. Ich habe mich bemüht, in der sehr knappen Zeit in unserer Bibliothek die wichtigste Literatur über die Immunität zu bekommen. Wir sind in dieser Richtung mit der Bibliothek sehr schlecht gestellt. Aber ich habe jedenfalls zwei Fälle aus der österreichischen Zeit heraussuchen können und daher einen Gegensatz, bzw. einen Vergleich zwischen der österreichischen und der èechoslovakischen Immunität herstellen können. Im übrigen ist diese Sache strittig und es ist gestern ein Zwischenruf zwischen dem Koll. Knirsch und Pik gefallen. Ich habe den Fall Pik nachgesehen und folgendes festgestellt: Koll. Pik wurde im Juni 1913 wegen der §§ 63 und 64 Strafgesetz, also so um die Majestätsbeleidigung herum zur Auslieferung beantragt. Da hat Dr. Baxa als Referent des Immunitätsausschusses einen Bericht über diese Immunitätsangelegenheit erstattet und einen Antrag gestellt, der doch auch von den Parteien angenommen werden ußte, die hier auf den deutschen Bänken ihre Fortführung gefunden haben.
Hören Sie, wie die Auslieferung des Koll. Pik damals abgelehnt wurde. Der Bericht sprach von der allgemeinen politischen Lage, besprach dann das monarchische und republikanische Prinzip und das Verhältnis des böhmischen Volkes gegenüber der Dynastie. Die Ablehnung der Auslieferung wird beantragt und dann heißt es: "Im übrigen ging der Immunitätsausschuß bei Beurteilung der Sachlage von dem Standpunkt aus, daß Abg. Pik bei dieser Versammlung als Abgeordneter seines Bezirkes auftrat und demnach in Ausübung seines Mandates handelte." Nichtauslieferung! (Hluk. - Rùzné výkøiky.) Ich habe dann noch festgestellt, daß Koll. Pik während des Krieges nochmals zur Auslieferung beantragt wurde. Aber das Kreisgericht in Pilsen hat den Antrag auf Auslieferung zurückgezogen. Im "Masarykùv slovník nauèný" habe ich in dem Artikel, wo Koll. Piks Lebensgeschichte behandelt ist, festgestellt, daß er "stíhán", also verfolgt, aber nicht verurteilt wurde.
Aber aus der österreichischen Praxis will ich noch einen Fall anführen. Koll. Soukup, jetzt Senatspräsident, hat über den Fall unseres noch gegenwärtigen Kollegen Prokeš berichtet. Da hat sich ein Gendarmeriewachtmeister zu ihm als Abgeordneten ungebührlich betragen. Wir wissen, was unsere Legitimation heute gilt. Der Immunitätsausschuß hat dem Plenum des Hauses den einstimmigen Beschluß mitgeteilt:
"Das Abgeordnetenhaus drückt gleichzeitig über den vorliegenden krassen Fall von Verletzung des Immunitätsrechtes eines Abgeordneten seine Entrüstung aus und verlangt, daß eine strenge Untersuchung eingeleitet werde und die Schuldtragenden zur Verantwortung gezogen werden." Das war einst und das ist jetzt.
Wenn ich Zeit hätte, würde ich, ohne mich auf das schon vorgebrachte Material berufen zu müssen, zumindesten über die Erhaltung der Immunität des Koll. Kasper sprechen. Schade, daß Koll. Ježek nicht auch in den Parlamentsprotokollen nachgesehen hat! Es sind dicke Bände und darin sind nicht diese zwei Beweise, sondern hunderte Beweise, daß die Selbstachtung des Parlaments, übertragen auf seine einzelnen Mitglieder, in Österreich etwas ganz anderes gewesen ist als hier, daß das Parlament seine Achtung, die es natürlicherweise in der Bevölkerung hätte, verscherzen muß, wenn es nicht die Einzelnrechte des Abgeordneten bezüglich seiner Immunität in vollem Maße achtet!
Deshalb muß ich mich natürlich gegen den Antrag auf Auslieferung der vier Kollegen aussprechen und möchte nur noch auf etwas hinweisen. Es ist im Jahre 1926 für die Organe der Polizei und Gendarmierie bezüglich der Immunität vom Ministerium des Innern eine kleine Anweisung ausgegangen sie trägt die Nummer 79.333 ex 1926, Herr Minister! Es ist ein èechoslovakischer Erlaß, in dem es heißt: "Die Immunität soll dem Abgeordneten den zur Ausübung seines Mandats notwendigen Schutz vor Eingriffen bieten, die die exekutive und richterliche Gewalt gegen ihn im Verlaufe eines - vielleicht tendenziösen - Straf- oder Disziplinarverfahrens vornehmen könnte." Das steht in diesem Erlaß!
Eine einzige Bemerkung zu dem in diesem Prozeß eine so ungeheuere Rolle spielenden militärischen Gutachten. Auch ich kann mich hier nicht damit beschäftigen, weil es vertraulich war und ich die Vertraulichkeit halte. Aber den Schlußsatz kann ich doch herausheben: Es heißt nämlich darin: "Materieller Schade ist nicht enstanden, der ideelle Schaden kann zur gegebenen Zeit nicht festgestellt werden." Und die jungen Leute haben 14 Jahre Kerker bekommen.
Ich glaube nicht, daß es unbedingt notwendig war, das Militär in dieses ganze komplizierte Netz des politischen Prozesses mit hineinzuziehen. Ich glaube, daß ein Soldat wenigstens nach meiner soldatischen, allerdings nicht generalstäblerischen Erinnerung - naturnotwendig nach seinem Reglement und seinem ganzen Denken in der Zusammenkunft von drei Leuten, die irgendwie z. B. eine Dynamitpatrone in der Hosentasche haben könnten, selbstverständlich den Feind sieht. Wenn mein Kollege Dr. Viškovský noch leben würde, würde ich ihn an eine Rücksprache erinnern, die ich mit ihm hatte, und auch an eine Korrespondenz, die dahin ging, nicht den Gerichtsspruch abhängig zu machen von dieser, ich möchte sagen, berufsmäßigen Engherzigkeit des Militärs bei Beurteilung irgendwelcher Zusammenkünfte dieser Art. Sie können vom Soldaten nichts anderes erwarten.
Ich will die mir gesetzte Redezeit nicht mehr überschreiten. Ich schwanke jetzt, ob ich nach der èechischen Seite Havlíèek oder Komenský zitieren soll. (Posl. dr Rosche: Zitieren Sie beide!) Ich will zunächst Havlíèek zitieren, der im "Slovan" im Jahre 1851 sagt: "Würde jeder ein erlittenes Unrecht, jede Umgehung oder Aufhebung des Gesetzes völlig passiv und still ertragen, würde überhaupt bald kein Gefühl für Gesetzlichkeit und Recht bestehen. Je größer die Abwehr, desto weniger oft werden sich die Regierungsorgane einen solchen Schritt zu tun erdreisten. Aber Widerstand gegen Gesetze sollte nicht bis zur Gewalt reichen" - unsere Auffassung - "und soll auch nicht selbst Gewalt werden. Dagegen ist die Vernachlässigung seines Rechtes, sich nicht melden, wo Unrecht geschieht, stumm jede Willkür ertragen, unwürdig eines gewissenhaften Bürgers." (Potlesk.)
Ja, meine Herren können Sie denn von uns überhaupt noch verlangen, daß wir stumm sind, wenn die Polizeigewalt, aber auch wenn die Wirschaftskräfte des Staates uns unser Recht nehmen und dazu zwingen, uns zu verteidigen? Ist es nicht nach Havlíèek unser natürliches und sittliches Recht, uns zur Wehr zu setzen gegen Ihren Unverstand oder gegen Ihre Willkür? (Souhlas na levici.)
Und ich glaube, daß auch der Spruch, den ich mir aus Komenský herausgeschrieben habe, aus "Unum necessarium", doch eigentlich auch als Kritik der jetzigen Situation nicht nur in Bezug auf die Prozessache, sondern überhaupt nach der ganzen wirtschaftlichen und sozialen Situation genommen werden kann: Er dankt den Mährern, den Èechen, den Polen und Ungarn für die freundliche Aufnahme und sagt: "Gott möge Euch als Lohn jenes eine Notwendige geben, d. i., daß Ihr den Segen Eueres glücklichen Landes zu gebrauchen versteht, nicht daß Ihr diesen Segen mißbrauchet. Böhmen hat der Übermut vernichtet . . . Denn der Anfang Sodomas war der Stolz, die Übersättigung und die Überfülle von Gelassenheit."
Meine Herren, ich glaube, wenn ich mit den geistigen Stimmen Ihres eigenen Volkes meine Ausführungen abschließe, am besten zu Ihnen gesprochen zu haben. Es ist uns hier nicht darum gegangen - ich glaube das für alle Herren auf deutscher Seite sagen zu können - irgendjemanden von uns der Verantwortung zu entziehen. Aber wir haben die feste Überzeugung, daß durch die Auslieferung kein Ende Ihrer falschen, verirrten Politik eintritt, sondern, daß Sie genötigt sein werden - schon um das Prestige aller Richter und Minister, die in dieser Frage nicht ein Wohlverhaltungszeugnis bekommen, zu wehren - daß Sie gezwungen sein werden, weiter zu gehen und Persekutionen zu betreiben, daß Sie immer mehr in die geistige Reaktion hineingeraten, die noch nicht in Ihren Zielen und in Ihren Wünschen liegt, mit denen Sie den èechoslovakischen Staat vor 14 Jahren geschaffen und ausgebaut haben!
Und ich sage es ganz offen, mit
Berufung auf meine ganze Einstellung und Arbeit in diesem Hause:
Ich habe mit meinen Ausführungen gewollt und gewünscht, nach der
èechischen Seite zu warnen, weil ich glaube, daß der Irrweg bei
den ganzen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen, in denen
wir heute leben, in den Abgrund führt. (Potlesk.)