Sobota 4. února 1933

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 244. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v sobotu dne 4. února 1933.

1. Øeè posl. Müllera (viz str. 18 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Der zur Beratung stehende Staatsvoranschlag entspricht weder in seinem Aufbau, noch in seinen einzelnen Kapiteln, weder in seinen Erfordernissen, noch weniger in der Art der Bedeckung unseren Auffassungen von einem Staatsvoranschlag. Wenn wir trotzdem an der Gestaltung des Staatsvoranschlages in der Siebenerkommission und im Budgetausschuß mitgearbeitet haben und wenn wir auch für diesen Staatsvoranschlag stimmen wollen, so ist unsere Stellung gegeben durch die harten Notwendigkeiten der Jetztzeit, aber auch durch die politische Machtkonstellation in diesem Staate, die unserem Wollen enge Grenzen zieht, eine Machtkonstellation, die durch das Votum der Wähler, aber auch durch die Zersplitterung der proletarischen Front in diesem Staate und in diesem Parlamente gegeben ist. (Výkøiky posl. dr Sterna a Katze.)

Wenn wir zu einigen Kapiteln dieses Staatsvoranschlages kritisch Stellung nehmen, wollen wir darauf hinweisen, daß die Dotierung bei einzelnen Kapiteln wohl nirgends so stark zum Ausdrucke kommt wie bei einem Vergleich der Dotierung des Schulwesens und des Militarismus. Der Militarismus hat mit dem von den Christlichsozialen beschlossenen Rüstungsfonds im Staatsvoranschlag höhere Summen zur Verfügung als das gesamte Schul- und Volksbildungswesen zusammen. Das kann nach unserer Meinung kein Dauerzustand bleiben, sondern muß in den nächsten Jahren unbedingt eine Änderung erfahren. Die Streichungen beim Schulvoranschlag betragen 34.7 Millionen Kronen. Der Herr Schulminister hat uns zwar gesagt, daß diese Streichungen zum größten Teil den Sachaufwand betreffen und keine katastrophalen Einwirkungen auf die Entwicklung des Schulwesens haben werden. Wir sind der Meinung, daß der Entgang einer so großen Summe für das Schulwesen denn doch eine schmerzliche Einbuße darstellt und auch die Gefahr in sich birgt, daß beim Aufbau der Volksschulen und bei den Schulbauten überhaupt ein Stillstand eintritt, der sehr bedauerlich ist. Ist doch ein großer Teil der heutigen Schulbauten alt und überholt, und in vielen Gemeinden waren Neubauten geplant, die wahrscheinlich durch den Ausfall dieser Gelder gefährdet sind. Der Sachaufwand für die Volksschulen erfuhr eine Kürzung von 8.7 Millionen, die gleiche Summe wurde bei der Post: "Fachschulen" gestrichen. Wir finden diese Streichung äußerst bedenklich und hoffen, daß das Niveau insbesondere der Volksschulen durch diesen Entgang nicht leiden wird. Wir wünschen auch, daß die Ersparungen, die in den letzten Jahren bei der Errichtung von Bürgerschulen gemacht wurden, nicht noch vergrößert werden. Wir haben ja das traurige Beispiel, daß Gemeinden Bürgerschulbauten vollständig fertiggestellt haben, daß diese aber nicht eröffnet werden können, weil der Landesschulrat die Beistellung und Dotierung von Lehrkräften ablehnt. In Zuckmantel z. B. steht eine Bürgerschule seit 3 Jahren vollständig fertig da und die Kinder müssen an dieser Schule vorbei in die weiteren Gemeinden gehen.

Bei dieser Gelegenheit urgieren wir dringend die Vorlage des Sprengelbürgerschulgesetzes. Wir fordern, daß mindestens der Zusammenlegung der Schulklassen, die von gewissen Kreisen stark betrieben wird, Einhalt getan wird. Wir haben uns stets bemüht, diese Zusammenlegung zu verhüten, insbesondere bei den Volksschulen, die wir als das höchste Gut der Arbeiterschaft betrachten. Aus diesem Grunde sind wir auch für eine gründliche Reform der Lehrerbildung. Wir fordern die Errichtung pädagogischer Lehrerakademien und verlangen für die Deutschen in diesem Staate besondere Akademien in Prag, Brünn, Aussig, Reichenberg, Karlsbad und Troppau. Diese Akademien sollen autonom sein und keineswegs den Hochschulen unterstellt werden. Bei den Hochschulen ist die Pflege der abstrakten Wissenschaft, der reinen Forschung, die Hauptsache. Wir wünschen, daß bei den Lehrerakademien, die einen ganz neuen Typ der Lehrerbildungsanstalt darstellen sollen, praktische Berufsbildung und Lebenskunde, die die Schüler für den Daseinskampf vorbereiten, an erster Stelle stehen möge. Wir fordern den schrittweisen Umbau der heutigen Lehrerbildung, wir fordern aber, daß diese Art der Lehrerbildung endlich Wahrheit werde. In der Zwischenzeit möchten wir ersuchen, daß insbesondere der deutschen Lehrerbildungsanstalt in Prag ein größeres Augenmerk zugewendet werde, weil die Zustände dort keineswegs erfreulich sind.

Zur Hochschule hätten wir nur zu sagen, daß die vakanten Lehrkanzeln baldigst besetzt werden u. zw. mit Wissenschaftlern modernen Geistes und freiheitlicher Richtung. Hier haben wir auch noch zu betonen, daß durch die Streichung von 2.6 Millionen aus der Studentenhilfe insbesondere das Studium der armen Menschen bedroht ist. Wir wünschen, daß bei der Verteilung dieser Mittel für die Studentenfürsorge insbesondere auch der armen deutschen Studenten gedacht wird, die hier in Prag ein viel schwereres Dasein führen müssen, als die Studenten, die in und um Prag ihre Heimat haben.

Eine Streichung, die uns besonders bedenklich erscheint, ist die Streichung auf dem Gebiete des Volksbildungswesens. Hier hat die Streichung die Summe von 3 Millionen erreicht. Wir ersuchen den Herrn Schulminister, bei einem Revirement diesen Fehler gutzumachen, denn eine Streichung von 3 Millionen bedeutet den Ruin des Volksbildungswesens. Dabei ist das Volksbildungswesen der Èechoslovakei eines der besten in Europa. Wir haben 497 Bezirksbildungsausschüsse, 11.500 Ortsbildungsausschüsse, 21 Volkshochschulen und 16,000 meist gute Büchereien, wir haben also einen Apparat an Volksbildung, um den uns das Ausland sehr beneidet. Zehntausende, nein Hunderttausende freudiger Helfer und Volksbildner haben diese Volksbildung auf eine Stufe gebracht, die wir nicht verlassen dürfen. Insbesonders in dieser Zeit, wo nach Erlaß des Fürsorgeministers auch der geistigen Bildung der arbeitslosen Jugend in Zusammenarbeit von Bezirks-Jugendfürsorge und Bezirksbildungsausschüssen das nötige Augenmerk zugewendet werden muß, müssen unbedingt die nötigen Mittel beigestellt werden, wenn nicht eine ernste Gefährdung des Volksbildungswesens eintreten soll. Bedauerlich ist auch die Streichung von 1.5 Millionen für die Pflege der Musik. Wir hoffen, daß die Musikschulen in Petschau und Preßnitz, die sich eines alten guten Rufes erfreuen, von dieser Streichung nicht betroffen werden. Dasselbe gilt für die deutschen Theater. Die deutschen Provinzstädte haben im Laufe der letzten Jahrzehnte Millionen für das Theaterwesen gewidmet, durch das Gemeindefinanzgesetz und durch die wirtschaftliche Entwicklung sind sie jedoch an die Grenze ihres Könnens gekommen und wir fordern, daß gerade in dieser Zeit das Theaterwesen der deutschen Städte, das vor dem Zusammenbruch steht, die weitestgehende staatliche Unterstützung erfährt.

Wir fordern zugleich, daß auf dem Gebiete des Schulrundfunks ein noch größerer sozialer Einschlag erreicht wird.

Ein besonderes Kapitel ist die körperliche Erziehung an Volks- und Bürgerschulen. Wir können wohl sagen, daß von einer körperlichen Erziehung an diesen Schulen keineswegs die Rede sein kann, es wird zwar der Stundenplan erfüllt, aber wer diese körperlichen Übungen kennt, weiß, daß dies keine Körpererziehung darstellt. Dazu haben wir noch die Feststellung zu machen, daß in vielen Städten nicht einmal die nötigen Turnsäle und Spielplätze vorhanden sind. Ich führe Podersam an, eine Stadt mit 14 vollständig gefüllten Schulklassen, die nicht einmal einen Turnsaal ihr eigen nennt, die aber dafür Räume in der Schule zu Wohnzwecken für den Herrn Direktor beistellen muß. Solche Zustände bedürfen unter der Mitwirkung des Schulministeriums und des Landesschulrates dringendster Änderung. Man versucht nunmehr auf dem Gebiete der körperlichen Schulung durch Schaffung der sog. Tyrš-Hochschule einen Vorstoß zu unternehmen. Wir haben dazu folgendes zu sagen: Wir haben gegen die Schaffung der Tyrš-Hochschule nichts einzuwenden, nur wenden wir uns dagegen, daß die Tyrš-Hochschule vielleicht eine Hochschule ist, die nur einem kleinen Kreis bevorzugter Menschen die Ausbildung auf dem Gebiete der körperlichen Erziehung bringt. Damit sind wir nicht einverstanden. Wir wünschen, daß sich die Tyrš-Hochschule nach allen Richtungen auswirken möge und wir fordern, daß sie ein Volksinstitut wird, in dem insbesondere die Vereine und Verbände, die heute noch tatsächlich die Träger der körperlichen Erziehung in diesem Staate sind, weitestgehende Berücksichtigung finden. Ich verweise darauf, daß die Vereine es sind, die das mangelhafte Schulturnen wesentlich ergänzen, daß die Vereine es sind, die die einzigen Träger moderner Leibesübungen darstellen. Dazu möchte ich noch ein Wort sagen: Die Unterstützung der Leibesübungen treibenden Korporationen in diesem Staate ist gleich Null. Wir müssen uns da hinter anderen Staaten verstecken. Aber auf der anderen Seite wird die Ausüb ung sportlicher und körperlicher Übungen vom Staate noch besteuert; Luxussteuer, Umsatzsteuer, Lustbarkeitssteuer, Stellung von Polizeiassistenz, Stempelgebühren, Gebühren für Amtshandlungen, die ganze Sache stellt sich so teuer dar, daß die jungen Arbeiter, die in ihren freien Stunden statt in der Kneipe zu sitzen Sport betreiben, für diese löbliche Absicht noch bestraft werden, daß die Vereine, die vom Staate unterstützt werden müßten, förmlich Strafe zahlen müssen für ihre kulturellen Bemühungen. Das ist ein grober Unfug, der dringend der Abstellung bedarf. Wir wünschen, daß hier der Staat endlich Stellung dazu nimmt und daß er einen Unterschied macht zwischen jenen sog. Sportverbänden, die den verkappten Professionalismus betreiben, jenen sogenannten Sportverbänden, die mit der sportlichen Fähigkeit machen und jenen Sportverbänden, die die einzigen Träger und Erhalter sportlichen Lebens, wahrer Körperkultur in diesem Staate sind. (Výkøiky posl. dr Sterna a Katze. - Místopøedseda Taub zvoní.)

Einige Worte müssen wir zu der vom Schulminister zur Diskussion gestellten Schulreform sagen. Wir begrüßen diese Schulreform als einen Schritt moderner Richtung, wir begrüßen sie und werden sie mit allen unseren Mitteln stützen, bedeutet sie doch einen Schritt zur Autonomie des Schulwesens, bedeutet sie doch die Demokratisierung des Schulwesens, die nationale Eigenverwaltung; und vor allem wird die Schule von den politischen Behörden getrennt. Wir werden die Bemühungen unseres modernen Schulministers auf diesem Gebiete mit allen unseren Kräften unterstützen, weil wir darin vor allem einen großen Fortschritt sehen. Es ist interessant, daß sich fast alle anderen, die bürgerlichen und christlichen Parteien gegen diese Schulreform stellen, so hat gestern Koll. Dubický ebenfalls gegen diese Schulreform Stellung genommen, weil er meint, daß durch das bißchen Autonomie, das da gegeben wird, die èechische patriotische Erziehung erschlagen wird. Wenn sich Koll. Dubický auf den sogenannten Patriotismus jener Leute verläßt, die den èechoslovakischen Staat als ein Restgut ansehen, jener Leute, die sich ihren Patriotismus gut honorieren lassen, wird er wahrscheinlich damit nicht weit kommen. Wir glauben, daß die Demokratisierung des Schulwesens, die Interessierung aller Völker und Volkskreise hier ganz anders und besser wirkt, als dieser sogenannte schwindelhafte Patriotismus kleiner Kreise. (Posl. dr Stern: Ihr habt einen ehrlichen Patriotismus!) Herr Stern, mit Ihrer Sophistik machen Sie bei mir keine Geschäfte. Insbesondere wenden wir uns aber gegen den Ansturm der Klerikalen gegen die Schulreform. Diese Herrschaften, die aus dem Staat selbst genug ziehen, die die Kongrua für den Rüstungsfonds, für die Steuer- und für die Verwaltungsreform verschachert haben, haben gar kein Recht, hier allzu scharf gegen diese Schulreform Stellung zu nehmen. Man stellt den Minister Dérer in den èechischen klerikalen Zeitungen förmlich als Teufel mit rollenden Augen und Hörnern hin. "Die christliche Tugend ist in Gefahr", "die Seele ist gefährdet", "die Feinde Gottes sind am Werke". Ich weiß zwar nicht, was der liebe Gott mit der Schulreform zu tun hat, aber immerhin finden wir, daß alle Hilfen herbeigeholt werden, um diese Schulreform möglichst zu Fall zu bringen. Wir finden, daß auch die deutschen Christlichsozialen wie Donath in Leitmeritz, Zajièek und Petersilka bei diesem Kampf ebenfalls eine große Rolle spielen. Wir lesen in klerikalen Zeitungen, daß drei Faktoren in der Erziehung eine große Rolle spielen: "die Kirche, die Familie und der Staat". Die Kirche wird sozusagen als Hüterin der Seele des Menschen dargestellt. Wir dagegen sagen, daß die Kirche in der Erziehung und in der Schule überhaupt nichts zu suchen hat, daß wir unsere alte Forderung nach Trennung von Kirche und Schule schärfer erheben und selbstverständlich in diesem Kampfe nicht erlahmen werden.

Herr Zajièek verläßt sich aber auch nicht auf die himmlische Hilfe, er ruft nicht die 14 Nothelfer an, und auch nicht den Allerhöchsten, sondern wendet sich an realere Gewalten. Er appelliert an den Pater Šrámek und an die Lidová strana, die nach seiner Meinung schon viel mehr Unheil von der Kirche abgewendet hat, als die höhere Gewalt. Er ruft auch nach der katholischen Aktion. Wir erklären den Herrschaften, wenn sie gegen die Schulreform die katholische Aktion ins Leben rufen, werden wir eine entsprechende antikatholische Aktion aufziehen, die den Herren sehr viel zu denken geben würde. Wir stehen wie früher auf dem Standpunkt: heraus mit der Kirche aus der Schule, heraus mit den privilegierten Vertretern der Kirche aus den Orts-, Bezirks- und Landes-Schulräten. Wir lehnen eine religiöse Erziehung in der Schule ab, weil eine 2.000 Jahre alte Erfahrung gezeigt hat, daß diese religiöse Erziehung keineswegs eine gute Erziehung ist.

Wenn man die Publikationen des Statistischen Staatsamtes zur Hand nimmt, finden wir, daß der Prozentsatz der Kriminalität bei sogenannten religiös Erzogenen keineswegs gering ist, daß der Einfluß der katholischen Erziehung keineswegs ein guter ist. Wir sind vielmehr der Meinung, daß man real erziehen soll, ohne Hinblick auf das Übersinnliche. Wir finden deshalb die Schulreform gut und angebracht und wenn die Herrschaften auf klerikaler Seite einen kleinen Kulturkampf haben wollen, sind wir sicher bereit, mit den Freidenkern und mit allen frei denkenden Menschen diesen Kampf zu führen. Wir wollen die Schule frei haben von konfessionellen und kirchlichen Fesseln. Die alten Vorrechte der Kirche müssen fallen. Eine freie Schule, die freie Menschen erzieht, muß erstehen. Und wenn hier von klerikaler Seite ein ganzes Heer von streitbaren Hohepriestern aufgezogen wird, wenn "Religion und Gerechtigkeit" gefordert wird, wenn die Geistlichkeit auf der Kanzel, wo nicht widersprochen werden kann, und überall gegen diese Reform hetzt, so sagen wir den Herren, sie sollen öfter den kleinen Katechismus in die Hand nehmen oder die Äußerungen des von ihnen herausgeschmissenen Erzbischof's Kordáè durchlesen. Die Herrschaften behaupten, es geht uns schlecht, weil die Menschen keine Religion haben. Das ist eine bequeme Erklärung für die Wirtschaftskrise, aber gerade Erzbischof Kordáè sagt uns, daß hier die menschliche Habgier, auch ein Erziehungsprodukt jahrtausendelanger christlicher Erziehung, der wesentliche Angelpunkt bei der Betrachtung dieser Dinge ist.

Nun rücken auch die Bischöfe aus, nicht mit der Friedenspalme christlicher Nächstenliebe, sondern als streitbare Landsknechte der Kirche, als die politisierenden Kapuzinerprediger aus Wallensteins Lager, nicht nur gegen die Schulreform. Sie glauben, die Zeit sei gekommen, wo sie den Zwang zur Messe, Beichte und religiösen Übungen wieder erneuern könnten, wo die Kirche wieder im Beichtstuhl die Kinder sexuell erziehen möchte, dieselbe Kirche, die jede Reform und jede freie Erziehung als unsittlich bezeichnet. Wir glauben, daß wir hier den Herren entsprechend entgegnen werden. Aber eines will ich besonders hervorheben. Das ist der Aufruf der Kirche an die Kinder, zum Kampf gegen die Schulreform. Das sind doch dieselben Herren, die uns immer sagen, wir sollen die Kinderherzen nicht vergiften, sie nicht zu politisieren. Sie fordern in ihren Zeitungen Gebete und Opferkreuzzüge der Kinder, eine Heuchelei, wie sie nicht mehr klarer dargetan werden kann. Wir werden selbstverständlich, wenn die geistlichen Herren versuchen, die Kinder vor ihren Karren zu spannen, nicht erlahmen, den Arbeiterkindern noch schärfer als bisher die Wahrheit zu sagen von Himmel, Hölle und politisierender Kirche. Die Herren Bischöfe haben auch zu ihren Gebeten kein besonderes Zutrauen, denn sie sagen: "das Gebet allein nützt nichts, wir müssen alle erlaubten Mittel benützen." Wir können jenen streibaren Gottesdienern sagen, daß auch wir alle Mittel benützen, daß auch wir rücksichtslos unseren Kindern die Wahrheit über die Kirche, den Himmel und all das kirchliche Geistesinventar erklären werden.

Nun einige Worte zum Verwaltungswesen. Vorher möchte ich mich kurz mit der Zuteilung der staatlichen Subventionen befassen. Ich spreche nicht von jenen Subventionen, die in unterirdischen Kanälen zu dieser oder jener Partei fließen, sondern von jenen, die im Staatsvoranschlag festgesetzt sind. Die Verteilung ist ungerecht und unkontrollierbar. Es werden nicht nur deutsche Verbände und Vereine direkt benachteiligt, sondern man macht auch einen Unterschied zwischen Verbänden der Bürgerlichen und den Verbänden der Arbeiter. Der Zentralrat der èechischen und deutschen Kultur- und Sportorganisationen hat festgestellt, daß in diesem Staate der Hauptteil der Subventionen nicht dort hinfließt, wo sie am dringendsten gebraucht werden, in die Hände derjenigen Organisationen, die den Arbeitern Kultur, Körperübungen usw. vermitteln, sondern in die Kassen ohnedies reicher Verbände, in die Kassen der Sokoln usw. Bei dieser Gelegenheit will ich sagen, daß die Verteilung der Subventionen öffentlich sein soll. Das wird ja auch von den èechischen Nationalsozialisten gefordert und Koll. Bergmann hat dieselbe Forderung aufgestellt. Der "Klub der èechischen Turisten" z. B. besitzt in allen Gegenden dieses Staates schöne Heime und Hütten, die zum größten Teil aus den Mitteln des Staates errichtet wurden. Wir finden aber wiederum, daß der "Klub der èechischen Arbeiterturisten" und die "Naturfreunde", die eine reiche Betätigung entfalten, mit einem Pappenstiel abgespeist werden. Das muß sich ändern. Wir finden, daß der reiche èechische Automobilklub vom Finanzministerium wieder für 3 Jahre die Bewilligung erhalten hat, die Triptiks und Grenzpapiere auszustellen. Den Arbeiterrad- und Kraftfahrerverbänden verweigert man das gleiche Recht. Der feudale èechische Autoklub betreibt mit diesen Triptiks und Grenzpapieren einträgliche Geschäfte und verdient dabei Hundertausende Kronen. Es wäre eine Aufgabe der Kontrollkommission, diesen bevorzugten Organisationen diese Privilegien zu entreißen.

Das gleiche haben wir bei den Subventionen des Roten Kreuzes. Wir erkennen an, daß das Rote Kreuz auf vielen Gebieten human wirkt, aber man kann die Subventionsansuchen der Arbeitersamariter, die eine gute Organisation haben und tausende ausgerüsteter Samariter in allen Orten zu Verfügung stellen, nicht damit abspeisen, daß man ihnen sagt: Ihr habt keine Automobile und keine Hilfsstellen. Das ist unrichtig. Hier darf die Verteilung nicht nach dem Grundsatz vorgenommen werden: wo die meisten Gönner der betreffenden Verbände sitzen, sondern nach dem Grundsatz der Bedürftigkeit und in aller Öffentlichkeit.

Zur Verwaltung im allgemeinen haben wir zu sagen, daß es höchste Zeit ist, daß eine neuerliche Reform der Verwaltung in Angriff genommen wird. Ich verweise nur auf die Übergriffe des Bezirkshauptmanns in Sternberg, der für die Ernährungskarten Zwangsarbeit verlangt, Schneeschaufeln und dergleichen. Diese Übergriffe sind nur deshalb möglich, weil den Bezirkshauptleuten durch die Verwaltungsreform eine unumschränkte Macht gegeben wurde; aber auch die sonstigen Amtshandlungen der Bezirkshauptleute sind bedenklich. Man kann das schon nicht mehr eine Politik der Nadelstiche heißen, sondern eine Politik der Rippenstöße. Alles stört die Ruhe und Ordnung, sei es ein Wandkasten mit bereits zensurierten Zeitungen oder ein paar junge Menschen, die in blauen Hemden Wanderungen machen oder eine Gruppe junger Leute, die in rote Fahnen 3 Pfeile sticken oder einfache Ausflüge und Samariterübungen, überall erblickt die Behörde eine Störung der Ruhe und Ordnung. Ich behaupte: hier stören nicht diese Gruppen die Ruhe und Ordnung, sondern die Ruhe und Ordnung wird durch die Behörde gestört. Das gleiche müssen wir auch von der Zensur sagen. Die Zensur schlägt auch heute noch die prächtigsten Purzelbäume. Überall werden die nichtssagendsten Dinge konfisziert und den Zeitungen damit ein großer Schaden bereitet. Mehr Freiheit für die Presse!

Ein paar Worte über unsere Polizei und Gendarmerie. Das Wort "Schutzleute" trifft wahrscheinlich bei der heutigen Erziehung auf unsere Polizei nicht zu. Denn wenn ein gewöhnlicher Mensch mit der Polizei und Gendarmerie in Berührung kommt, fragt er sich gleich: was habe ich denn da wieder angestellt? Die Erziehung der Polizei und Gendarmerie müßte ganz anders sein. Die Harmonie kann nicht durch die Gewalt des Pendreks, sondern durch demokratische Formen, auch der sogenannten Ordnungsformationen erreicht werden. Insbesondere ist das Verhalten von Polizei und Gendarmerie bei Demonstrationen zu verdammen. Man darf nicht vergessen, daß die Menschen, wenn sie auch von gewissen Parteien zu politischen Zwecken mißbraucht werden, doch Menschen sind, die Hunger haben und verzweifelt sind, und wir fordern, daß hier die größte Rücksicht und Nachsicht walten muß. Denn die Polizei und Gendarmerie ist nicht Vertreterin und Schützerin einer kleinen Schicht, sondern sie muß Dienerin des Volkes sein.

Eine kleine Bemerkung zu den Unterhaltsbeiträgen. Hier ereignen sich haarsträubende Dinge. Es kommt öfter vor, daß die Landesunterhaltskommission Entscheidungen der Bezirksunterhaltskommissionen die auf Grund von Erhebungen vo rgenommen wurden, ganz einfach außer Kraft setzt und insbesondere den Arbeitslosen die Zuerkennung mit der eigenartigen Begründung verweigert: "Der Arbeitslose konnte vorher seine Kinder auch nicht unterstützen." Wir haben interessante Fälle; theoretisch ist möglich, daß ein Vater unehelicher Kinder, der zum Militär einrücken mußte und 2 Monate vor dem Einrücken arbeitslos wurde, für sein Kind durch 14 Monate keinerlei Unterstützung bekommt. Wir fordern das Ministerium des Innern dringend auf, hier einmal nach dem Rechten zu sehen und die Verteilung der Unterhaltsbeiträge humaner und der Sachlage entsprechender vorzunehmen.

Bei der Beratung des Budgets müssen wir wiederum die Schaffung eines neuen Vereinsgesetzes urgieren. Wir leben noch nach dem alten österreichischen Vereinsgesetz, das vom praktischen Leben längst überholt ist. Diese Normen sind heute nicht mehr gang und gäbe und es ist dringend an der Zeit, ein modernes freies Vereinsrecht und Vereinsgesetz zu schaffen.

Besondere Kritik fordert die Handhabung der Sprachenverordnungen heraus. Ich will hier auf die Folter der Prüfungen bei Bahn und Post nicht eingehen, das ist eine Sache für sich, aber die alltäglichen Schikanen, die lächerliche sadistische Auslegung des Sprachengesetzes, die Quälereien ohne Sinn und Zweck müssen von uns mit aller Macht bekämpft werden.

Ein drastisches Beispiel dafür ist die Behandlung der deutschen Filmtheater. Durch eine Entscheidung des Obersten Verwaltungsgerichtes glauben sich die Behörden befugt, die größten Schikanen vornehmen zu können. Wir finden, daß in Ortschaften und Städten mit 98 und 83% deutscher Bevölkerung, wie Fischern und Gablonz, verlangt wird, daß die Filme èechische Aufschriften haben, daß die Propagandaplakate èechischen Text tragen und in einer Stadt, wie Gablonz, wurde sogar verlangt, daß, bevor man die Lizenz erhält, man erst zusichert, alle Forderungen einzuhalten, die in der zukünftigen Lizenz enthalten sein werden. Dabei gibt es in Gablonz ein èechisches Kino und es hat keinerlei Reibereien auf diesem Gebiete gegeben. Wir glauben, daß die Triebkräfte zu diesem Vorgehen nicht nur bei den Behörden, sondern auch bei den èechischen Filmgesellschaften zu suchen sind. Eine Sache für sich ist die Filmzensur. Da scheint noch eine Sittenkommission des alten Österreich tätig zu sein. Gute Aufklärungsfilme werden zerrissen und zerstückelt, der Zusammenhang zerstört und sie obendrein für die Jugend noch verboten. Jeder dieser Filme, der der Jugend Aufklärung bringen will, wird als "für Jugendliche nicht geeignet" bezeichnet! Aber diese militärischen Schundfilme, wie das Flötenspiel zu Sanssouci oder die Filme von Harry Piel und ähnlicher Pofel finden vor den Augen der Zensur Gnade. Wir ersuchen dringend, daß baldigst ein Ausschuß gebildet wird, der die Filmzensur objektiv und der heutigen Zeit entsprechend durchführt.

Die Exzesse der Bürokratie haben auch keineswegs im vergangenen Jahre aufgehört. Der gute Wille der Gemeinden und anderen Korporationen, in dieser schweren Zeit Arbeit zu schaffen und Bauten durchzuführen, scheitert oftmals an der grauen Mauer der Bürokratie. Das ist, wie wenn man Erbsen an die Wand wirft, sie fallen wieder zurück und die Gemeinden können jahrelang warten, ehe ihr Projekt zur Durchführung kommen kann. Ich verweise nur auf den Bau der Elbebrücke zwischen Aussig und Schreckenstein, der schon durch drei Jahre nicht möglich ist, weil eine endgültige ordnungsgemäße Erledigung nicht erfolgt. Wir können feststellen, daß das Mißtrauen gegen unseren Verwaltungsapparat allgemein besteht, nicht nur bei den Deutschen, sondern auch bei den Èechen. Es gibt unsterbliche Akten, die man durch drei bis fünf Jahre durch alle Ämter verfolgen kann, die niemals erledigt werden und deshalb wohl auch die vielen Interventionen der Abgeordneten, über die sich häufig die Beamten aufhalten. Wenn ein gewöhnlicher Sterblicher in diesen Irrgarten der Verwaltung kommt, kennt er sich absolut nicht aus. Dringend ist ein Umbau, eine Reform des Verwaltungsgesetzes, das sich nicht bewährt hat. Wenn der Innnenminister gesagt hat, die doppelgeleisige Amtshandlung habe aufgehört, so ist das nur optisch, in Wirklichkeit gleicht unsere Verwaltung einem Rangierbahnhof ohne Weichensteller, wo das Publikum jederzeit Gefahr läuft, unter die Räder zu kommen. Wir wünschen, daß endlich eine demokratische Verwaltung platzgreife, daß die Schäden schlechter Gesetze möglichst vermieden werden. Wir hoffen, daß unsere Kritik in dieser Hinsicht nicht umsonst sein wird.

Die Kapitel "Schule" und "Verwaltung", die ich kurz besprochen habe, liegen uns ganz besonders am Herzen. Auf dem Gebiete des Schulwesens sehen wir, daß ein moderner Geist Einzug gehalten hat, daß zumindest der Wille besteht, die Schule der neuen Zeit anzupassen. Auf dem Gebiete der Verwaltung können wir nicht dasselbe sagen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Stivín.) Hier herrschen immer noch die alten Zustände. Wir können selbstverständlich diese Zustände nur ändern in enger Zusammenarbeit und im gegenseitigen Einverständnis aller Völker dieses Staates. Deshalb will ich zum Schlusse etwas Innerpolitisches sagen.

Wir verdammen die nationalistische Hetze, die sich wieder besonders in den letzten Wochen und Tagen stärker bemerkbar macht. Wir sind autorisiert, das zu kritisieren und darüber zu sprechen, weil wir uns immer bemüht haben, auf Grund unserer internationalen Einstellung die Zusammenarbeit der Völker des Staates herbeizuführen. Diese Zusammenarbeit ist die Voraussetzung einer gedeihlichen Entwicklung und der dauernden Existenz dieses Staates. Der nationale Chauvinismus wird ihn nicht schützen. Wenn der deutsche Adler kreischt, dann brüllt der böhmische Löwe, und dann haben die Arbeiter nichts zu lachen, denn während dieses nationalen Streites sitzen die industriellen Spitzengruppen, die großlandwirtschaftlichen Verbände und alle bürgerlichen Korporationen einträchtig beisammen und vertreten ihre Interessen, ohne sich nationalistisch zu streiten. Wir weisen es deshalb zurück, wenn èechische Zeitungen, insbesondere die "Národní politika", die letzten Ereignisse in Deutschland zum Anlaß nehmen, um eine neuerliche nationalistische Hetze zu entfachen, die darin gipfelt, die jetzige Zusammenarbeit der deutschen und èechischen Parteien in der Regierung zu verhindern. Die, die das anstreben, sollten doch etwas an die Geschichte Österreichs denken. Diese Herren, die national verhetzen, haben nichts gelernt und alles vergessen. Wir wenden uns mit aller Entschiedenheit gegen diese Hetzereien, die einen Gipfelpunkt in den Brünner Ereignissen erreicht haben, die wir keineswegs als so lächerlich und nebensächlich aufnehmen. Hinter dieser Aktion stehen unserer Meinung nach sehr viele und sehr große Herren, die nur auf den günstigen Augenblick warten, um ihre faszistischen Ideen in diesem Staate anzuwenden. Wir haben den schärfsten Zugriff gefordert. Wir erklären aber auch, daß wir gegen solche Unternehmungen jederzeit mit den èechischen Arbeitern Schulter an Schulter mit Anwendung aller Mittel auftreten werden.


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