Wenn wir das Budget ansehen, so sehen wir eine Belastung von 19.2 Milliarden, denn wir müssen doch heute die Betriebe mit einrechnen. Die Eisenbahnen sind doch eine große Pleite, darüber sind wir uns doch kla r. Ein Privatunternehmen würde in diesem Fall in Konkurs geh en. Wir müssen also die Gesamtbelastung nehmen. Wenn heute Al. Beneš die Erwerbsteuer zahlt, zahlt er doch am wenigsten Staatssteuer. Bei uns aber in dem Drecknest Nixdorf machen die Umlagen heute schon wieder 867% auf für Land, Bezirk und Gemeinde. Daran liegt es. Wenn man vom Budget spricht, muß man von der Gesamtbelastung der Bevölkerung sprechen, nur das ist maßgebend.
Ich will nun ein anderes Beispiel geben. Man hat unter Titel 3 öffentliche Abgaben über 6 Milliarden ausgewiesen, Steuern, indirekte Abgaben usw. Da müssen wir 2.7 von der Abteilung Ill dazurechnen, das sind die Lehrergehalte, Selbstverwaltungskörper. Diese bekommen nur 1694 Millionen, und bei diesen Beträgen sind die Umlagen nicht dabei. Ich habe mich beim Finanzministerium und beim obersten Rechnungsamt erkundigt, wie hoch die Umlagen sind. Im ganzen Budget kommen sie nicht vor, wiewohl der Staat sie einkassiert. Die Umlagen müßten zumindest als Durchlaufposten da sein. Es ist aber nichts hier. Wenn sie auch den Gemeinden abgeliefert werden, so werden die Umlagen vom Staat einkassiert. Jetzt habe ich keine Stelle mehr, das Parlament kann das nicht kontrollieren, die Selbstverwaltungskörper ebenfalls nicht. Ich möchte das Geld haben, das danebengeht und vermogelt wird. Das ist der Kampf der Selbstverwaltungskörper. Daß unser Budget zu hoch ist, darüber hat Herr Minister Dr. Engliš, wie sich Herr Minister Bradáè erinnern wird, oft gesprochen, indem er gesagt hat, daß die öffentliche Belastung zu hoch ist. Das war in den Jahren 1927 bis 1930, und kein Mensch hat etwas geändert. Es mußte die Krise kommen, damit der 7er-Ausschuß diese Änderung vornimmt.
Ich möchte nun zu einem Kapitel kommen, das Sie vielleicht etwas kränken wird, aber es ist nicht so bös gemeint. Herr Minister Dr. Trapl setzt als Hauptgebot "sparen"! Jetzt will ich Ihnen etwas zeigen, Herr Minister Bradáè. Ich habe im Budgetausschuß die Kanzlei des Parlamentes um eine Übersetzung des Exposés des Herrn Ministers Dr. Trapl gebeten - wir haben sie vom Minister Dr. Engliš immer bekommen - und da hat es geheißen: kaufen Sie sich die "Prager Presse". Also bitte, Herr Minister Trapl setzt "sparen" als Hauptgebot; und ich sage Ihnen, Sparen und Wiedersparen in Staat. Lannd, Bezirk und Gemeinde ist der Grundsatz, der uns heute führen muß. Wozu brauchen wir den Senat - seien wir doch einmal ehrlich - ein zweiter Beratungskörper in derselben politischen Zus amm ensetzung, nur dazu bestimmt, das wiederzukauen, was hier schon durchgekaut wird. Es ist schade um das Geld (Posl. dr. Peters: Es ist ein Ausgedinge!) Es muß auch Pensionisten geben. Dann die volkswirtschaftliche Sektion des Ministerratspräsidiums. (Posl. dr. Bacher: Noch ein Amt!) Ich habe große Hochachtung vor Malypetr. Er macht es ganz gut. Er hat Euch besser am Zipfel wie sein Vorgänger, aber das geht doch nicht, eine volkswirtschaftliche Sektion im Ministerratspräsidium. Da sollen schon Hodža, Matoušek und die Referenten zusammenkommen und über die Sachen sprechen. Und Malypetr hat sie bei der Kappe zu packen, wenn sie nicht zusammenwollen, wenn Landwirtschaft und Handel nicht zusammengehen. (Ministr dr Spina: Das ist ein sehr einfaches Rezept!) Herr Minister Dr. Spina! Durch das Rezept der volkswirtschaftlichen Sektion wird die Sache nicht gelöst. Das kostet uns nur viel Geld, ist eine Überorganisation und sonst nichts.
Da muß ich genau so wie im Budgetausschuß auf die Prachtbauten hinweisen, die aufgeführt worden sind. Das Arbeitsministerium weist für diese Luxusbauten der Ministerien - da ist das Eisenbahnministerium nicht dabei - einen Betrag von beinahe 500 Millionen aus. Das Ackerbauministerium 47 Millionen, das Handelsministerium 35 Millionen - es genügt gar nicht, übrigens ist dies ein geschmackloser Bau, wie er nicht ärger sein kann - beim Außenministerium kennt man sich überhaupt nicht mehr aus; beim Arbeitsministerium wird das Außenministerium mit 48 Millionen ausgewiesen. Dr. Beneš sagt, es kostet 25 Millionen. Gekostet hat es bereits 65 Millionen und nach Sachverständigen kostet es 80 bis 90 Millionen Kè. Wir haben auf der einen Seite das größte und schönste Außenministerium in Europa und auf der anderen Seite das schandbarste und miserabelste Krankenhaus, das es überhaupt gibt. Da hört das Verständnis der Bevölkerung auf: Auf der einen Seite dieser Luxus und auf der anderen Seite sieht man, wie sich die Beamten abbauen lassen müssen, wie die Kriegsverletzten herhalten müssen, damit diese Prachtbauten aufgeführt werden können und auf der anderen Seite dieser Skandal im Krankenhaus, wo die Schwerkranken auf den Gängen liegen müssen. Da gibt es kein anderes Mittel: ich fordere in aller Öffentlichkeit Herrn Präsidenten Masaryk auf, zu überprüfen, ob wir Recht haben, wenn wir vorbringen, daß diese Zustände direkt eine Schande und ein Kulturskandal für die Èechoslovakei sind. Sie dürfen so etwas nicht zulassen, wenn Sie Anspruch darauf erheben, sozialpolitisch tätig sein zu wollen. Wir können uns doch den Luxus gar nicht leisten, wir leben über unsere Verhältnisse.
Es wird Sie vielleicht interessieren, zu erfahren, daß unsere Schulden 152 Milliarden ausmachen. 37.96 Milliarden der Staat, 15 Milliarden die Selbstverwaltung, 30 Milliarden die Landwirtschaft, hypothekarisch nachgewiesen, 5 Milliarden außerhypothekarisch, Handel, Gewerbe, Industrie, freie Berufe, Beamten 60 Milliarden und 5 Milliarden Sonstiges, macht zusammen 152 Milliarden. Wissen Sie, was den 37.9 Milliarden gegenübersteht? Es ist interessant, wie Herr Präsident Dr. Körner auf meine Frage geantwortet hat. Er hat das Staatsvermögen der Èechoslovakei mit 23 Milliarden ausgerechnet. Da fehlen die staatlichen Wälder und Forste und das bewegliche Eigentum. Die Eisenbahn ist mit 17 Milliarden bewertet übrigens ein großer Mogel. Wenn wir als Geschäftsleute die Bilanz so aufstellen würden, wie das Eisenbahnministerium, da käme Blažek und würde uns nach dem neuen Strafgesetzentwurf einsperren. Das wird gemacht, um Subventionen zu bekommen und das Defizit zu decken. Aber Spaß bei Seite. Sie können die Bahn auch höher bewerten, aber wir haben doch mehr Staatsschulden als unser Vermögen beträgt. Das geht im Prinzip nicht und besonders dann nicht, wenn das Geschäft nicht geht. Wir haben einen großen Vorteil, der in erster Linie Dr. Engliš zu verdanken ist und der darin liegt" daß wir eine ganz geringe Auslandsverschuldung haben. Wir haben in der Èechoslovakei eine Auslandsverschuldung von 8.8 Milliarden bei 37.9 Milliarden. Ich erkläre Ihnen trotz meiner Opposition, daß Sie es diesem Umstande zu verdanken haben, daß die Krone heute noch besteht, weil von diesen 8ÿ8 Milliarden auch nicht der ganze Betrag Auslandsschuld ist, sondern nur ein Teil, weil ein Teil wieder ins Inland zurückgekommen ist. Hätten Sie das umgekehrte Verhältnis, daß Sie sehr hohe Auslandsschulden hätten, so wäre die Krone schon gerasselt, weil die Leute den Kredit zurückziehen.
Weil wir schon dabei sind und weil der Finanzminister Schwierigkeiten hat und Geld hereinkommen soll, möchte ich auf etwas aufmerksam machen. Ich habe gerade davon gesprochen daß wir 37.9 Milliarden Schulden haben und daß der Finanzminister große Schwierigkeiten hat.
Wie wäre es denn mit einer freiwilligen Konversion? Sie werden sagen: Das gibt es nicht. Ich bin auch Ihrer Ansicht. Wenn ich heute an den èechischen Patriotismus denke, können Sie Gift darauf nehmen, daß er bloß bis zur Tasche geht. Herr Minister, glauben Sie mir, würde bei 37.9 Milliarden eine Konversion gemacht, wäre sofort eine Milliarde erspart. Aber wenn Sie das machen werden, muß Al. Beneš die ganze Tasche zunähen, daß niemand hineinkann. Sehen Sie, ich verschaffe Ihnen Beschäftigung, ich bin gut. Ich will 2 Beispiele anführen: England, auf dem die Staatsschulden am meisten lasten, nimmt eine freiwillige Konversion seiner 5% Kriegsanleihe auf 3 1/2% vor. Das ist die größte finanzielle Transaktion der Geschichte. Es handelt sich um 2.085 Millionen Pfund, das sind 228.7 Milliarden Kè. Jetzt werde ich Ihnen noch ein anderes Beispiel zeigen. Sie ahmen doch Frankreich sehr stark nach und da muß ich Ihnen sagen, daß die französische Bevölkerung viel opferbereiter gegen den Staat ist als die èechoslovakische. Die französische Regierung konnte im September des abgelaufenen Jahres eine Konvertierungsoperation durchführen, die bisher in der französischen Finanzgeschichte nicht ihresgleichen hatte. Den Inhabern von 85 Milliarden 7, 6, und 5 %iger Staatsrente wurde die Wahl zwischen Rückkauf oder Austausch in 4 1/2 %ige angeboten. Im Ganzen verlangten die Besitzer von 4.520 Millionen, also von 85 Milliarden die Besitzer von 4.5 Milliarden, Rückzahlung in bar, das heißt rund 5%. Da außerdem aber als Neuzeichnung auf die neuen Renten 2.935 Millionen eingegangen waren, bedeutet die Konvertierung für den Staat nur eine Barausgabe von 1.585 Millionen. Das wäre eine Lösung. Wissen Sie, warum ich mit Ihnen über so eine Konversion spreche? Weil in der heutigen Zeit der Zinsfuß nicht nur so zu regeln ist. Preis, Lohn, Zinsfuß sind keine Probleme, die sich diktieren lassen, das ist ausgeschlossen. Hier müssen Sie die Konkurrenz reden lassen, aber andererseits an den Patriotismus appellieren. Der Staatsbürger, der Angst vor der Krone hatte und nach der Schweiz geflüchtet ist, bekommt Null Prozent. Vielleicht muß er in der Schweiz oder in Holland noch Depotgebühren bezahlen. Andererseits macht aber in der Zinsfußfrage doch gerade der Staat selbst die größte Konkurrenz. Wie wollen Sie den Zinsfuß abbauen, wenn Sie selbst Anleihen von 7 bis 8 % haben? Da müßte doch jeder ein Trottel sein, der den niedrigeren Zinsfuß nimmt. In den beiden erwähnten Ländern haben sie den Zinsfuß von 7ÿ6 und 5% auf 3 1/2, bzw. 4 1/2% abgebaut.
In diesem Zusammenhang möchte ich ein paar Worte über die Anleihe sagen. Die Zinsfußfrage ist eine Anleihefrage. Ist eine Anleihe möglich, ist sie nicht möglich? Meiner Ansicht nach ist der Moment derzeit für eine Anleihenicht tünstig. Eine andere Frage ist, ob die Anleihe hoch oder niedrig verzinslich zu sein hätte. Machen Sie sie hoch verzinslich, so machen Sie sich selbst wieder Konkurrenz.
Dann hat der Staat nichts davon, wenn man niedriger verzinsliche Papiere in höher verzinsliche umtauscht. Er hat auch nichts davon, wenn eine Anleihe durch Abfluß der Einlagen bei den Sparkassen und Banken gezeichnet wird und wenn diese Anleihe zur Folge hat, daß andererseits die Kredite gekündigt werden. Zweck der Anleihe ist nicht, die Substanz, sondern den Überfluß auf dem Geldmarkt abzuschöpfen, Zweck der Anleihe ist, die Gelder aus den Strümpfen herauszubekommen. Allerdings gehört zu dieser ganzen Sache Vertrauen und das muß aufgebaut sein auf dem Vertrauen zur Steuerpolitik, zur Währung, zum ganzen Geldwesen. Es ist doch heute eine komische Erscheinung, daß eigentlich das Interesse der Börse den kurzfristigen Kass enscheinen gilt. Es ist das im Grunde genommen nichts anderes, als der Ausdruck dessen, daß das Vertrauen zu langfristigen Papieren noch nicht da ist. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Stivín.)
Ich hätte bei dieser Gelegenheit noch viel zu sagen. Aber wenn ich das Budget abschließe, möchte ich doch erwähnen, was ich im Budgetausschuß vorgeschlagen habe, um in der Staatsverwaltung zu rationalisieren, zu organisieren und zu modernisieren. Da habe ich gemeint, wir brauchen verschiedene Zentralen: vor allem eine Haftungs- und eine Garantiezentrale. Der Staat übernimmt doch so viel Haftungen und kein Mensch weiß, wie hoch die sind, wie weit gegangen werden darf. Ferner brauchen wir eine Subventionszentrale. Der Staat subventioniert, das Land, die Bezirke usw. und kein Mensch weiß, wie das vor sich geht. Wir brauchen eine Verkehrszentrale: Land, Luft, Wasser, mit anderen Worten Eisenbahn, Post, Straßen, Autos, Flugwesen müssen in einer Verkehrszentrale vereinigt sein. Es ist nicht zu schildern, wie groß die Konkurrenz zwischen Arbeitsund Eisenbahnministerium ist, wie sich dort Wasserstraßenfond, Straßenfond und andere Dinge herumraufen. Das hat doch keinen Zweck. Eine Fahrbarmachung der Flüsse hat auch keinen Zweck, denn all das ist Humbug; das ist durch den Autoverkehr überholt. Den Autoverkehr allerdings bringen wir natürlich um. In den letzten Dezembertagen wurde mit Giltigkeit vom 1. Jänner das Autogesetz beschlossen. Glauben Sie, damit die Eisenbahnen sanieren zu können? Ich habe ferner für sämtliche Ministerien und für sämtliche Ämter eine Lieferungszentrale vorgeschlagen. Wenn dann Korruption vorkäme, so käme sie nur in einem einzigen Amte vor, heute kann sie in 15 oder in noch mehr Ämtern vorkommen. Wenigstens sollte man die Korruption zentralisieren. (Veselost. - Výkøiky: Rationalisieren!) Jawohl rationalisieren! Bauzentrale: Eisenbahnministerium und Post bauen selbständig, die andern Bauten das Arbeitsministerium. Die Aufsichtsbehörde soll nicht gleichzeitig Bauherr sein, das ist schlecht. Der Bauherr kollaudiert sich auch selbst. Dieser Zustand ist unmöglich. Deswegen habe ich vorgeschlagen, daß man eine Bauzentrale errichtet. Ich habe auch eine Zentrale für die Gebäudeverwaltung vorgeschlagen. Wenn ich die Sachen zusammenrechne, so können Sie versichert sein, daß Sie nicht bloß hundert, sondern mehrere hundert Millionen ersparen können.
Ich dürfte kein deutscher Abgeodneter sein, würde ich nicht über die Deutschfeindlichkeit des Budgets sprechen. Spaß beiseite: 500 Millionen weist das Arbeitsministerium für Prachtbauten in Prag aus, Prag wird langsam der Wasserkopf der Republik. Die ganze Provinz gehört nicht mehr zur Republik, alles ist Prag. Und wo kommen die Gewerbetreibenden, Kaufleute und die Industrie in der Provinz hin? Wir müssen die Steuern zahlen, damit in Prag gebaut werden kann. Geben Sie doch der Provinz auch etwas! Von den 500 Millionen haben die Deutschen nicht einen Anteil von 5 Kronen. Nicht von 5 Kronen! Da gibt es einen Rat: Wenn Sie nicht bauen lassen, lassen Sie sie kollaudieren. Doch auch ein guter Vorschlag, Koll. Beneš! An dem Staatsvoranschlag nehmen die Deutschen nicht mit jenem Prozentsatz teil, wie es uns entsprechend unserer Steuerkraft und unserer Wirtschaft zukäme.
Schauen Sie, Herr Finanzminister - ich freue mich, daß ich den Herrn Finanzminister wenigstens einmal hier habe. Der Herr Finanzminister weiß am allerbesten, was die èechischen Bankensanierungen gekostet haben. Das interessiert mich sehr. Nun, Herr Minister, ich kann Ihnen ein bischen helfen, wenn Sie es nicht ganz genau wissen sollten. Aus der früheren Zeit kann ich es sagen; in dem Übereinkommen mit der Nationalbank steht auch schon viel drin, aber was sie jetzt kosten, möchte ich wissen. Und da frage ich, mit welchem Anteil wir Deutschen dabei sind.
Sie werden doch nicht sagen, daß Sie mit den Sanierungen nichts zu tun haben, Herr Minister? Aber eines möchte ich sagen, Herr Minister. Ich habe mir für die Bankensanierungen zwei Grundsätze aufgestellt: Einen Gesunden braucht man nicht sanieren, einen Toten zu sanieren nützt nichts, da können Sie Injektionen geben, so viel Sie wollen, der zuckt nicht mehr. Sanieren kann man nur einen Kranken mit Aussicht auf Gesundung. Was die Fusionen anlangt, so möchte ich sagen: Wenn Sie einen Gesunden mit einer. Leiche ins Bett legen, da kann nichts daraus werden, höchstens kann sich der Gesunde durch die Leiche infizieren. Wir haben ja Beispiele.
Weil ich gerade den Herrn Finanzminister hier habe, möchte ich einmal die Steuerrückstände besprechen. Ich muß das andere streichen, aber die Steuerrückstände muß ich hervorheben, weil mit den Steuerruckständen zu viel Schindluder getrieben wird. Jeder, der im Abgeordnetenhaus spricht, spricht über die Steuerrückstände, da können Sie Gift darauf nehmen. Das ist sein gutes Recht und aus demselben Rechte spreche auch ich darüber. Ich erlaube mir, diese Steuerrückstände von einem anderen Gesichtspunkt aus vorzuführen. Vom Jahre 1920 an sind die Steuerrückstände von 6.7 auf 4.6 Milliarden gesunken, bei den direkten Steuern sind sie von 4.9 auf 2.3 Milliarden gesunken. Also insgesamt im Titel Ill des Finanzministeriums 4ÿ6 Milliarden. Nun ist es interessant, einmal festzustellen, was diese Steuerrückstände eigentlich ausmachen. Ich mache den Herrn Finanzminister nicht dafür verantwortlich, ich komme jetzt auf die 12.4 Milliarden, die der Staat haben müßte. Da wären Sie fein heraus, Herr Minister Trapl, wenn Sie heute 12.4 Milliarden hätten! Die müßten Sie aber eigentlich haben, weil vom Jahre 1919 an bis zum Jahre 1932 100ÿ1 Milliarden an Steuern präliminiert wurden und - hören Sie gut zu - 112.5 Milliarden bezahlt wurden. Die Bevölkerung hat also 112.5 Milliarden an Steuern gezahlt. Vorgeschrieben und präliminiert wurden 100.1 Milliarden, die Differenz ist 12.4 Milliarden. Wo sind die hin? Pfutsch, nichts mehr da! Vielleicht hat der Minister in der Schreibtischlade noch etwas, aber ins Große kann es nicht gehen. Wie gut wären heute diese 12.4 Milliarden, wie könnten wir wirtschaften und den ganzen Verpflichtungen nachkommen! Aber das dicke Ende kommt noch. Die 12.4 Milliarden wurden verbraucht, da mußte man Banken sanieren, da mußte man Überschreitungen in den Ausgaben decken, die vom Parlament nicht bewilligt waren. Die ganze Reserve wurde verpulvert. In diesen Beträgen von 100 und 112 Milliarden sind die Umlagen nicht dabei. Diese Umlagen können Sie auf 20 bis 24 Milliarden beziffern, so daß im Grunde genommen aus der Bevölkerung 140 Milliarden herausgeholt wurden. Eine Bevölkerung, die in dieser kurzen Zeit 140 Milliarden an Steuern ohne Widerstand aufbringt, die verdient jetzt diesen Terrorismus bei der Steuereintreibung nicht, verdient nicht, daß man mit ihr bei der Steuereintreibung, bei den Steuerstrafen und den Steuerexekutionen so umgeht wie es geschieht. Man muß doch für die heutige Zeit Verständnis haben und da möchte ich einmal den Koll. Remeš aufklären, der hier als Berichterstatter im Haus aus der Rolle gefallen ist. Die Steuerrückstände von 4.6 Milliarden machen nicht einmal 5 %, etwas über 4% der gezahlten Steuern aus und, Herr Minister Trapl, die Steuerrückstände machen die Rückstände von etwas über einem halben Jahr aus. Man darf sich nicht einbilden, daß wir Rückstände von 3 bis 4 Jahren haben. Im Gegenteil, diese Rückstände datieren von einem halben Jahr her. Titel 3, öffentliche Abgaben im Finanzministerium macht 6.4 Milliarden, präliminiert für 1933, aus und die Steuerrückstände machen 4.6 Milliarden. Da haben Sie also drei Vierteljahre Rückstand, das ist die ganze Chose!
Bezüglich der Umlagen bei den Selbstverwaltungskörpern habe ich eine große Bitte. Sie können mir aufrichtig glaub en, wenn man draußen vom Lande kommt, dann sieht man erst recht, mit welch großen Schwierigkeiten die Selbstverwaltungskörper zu kämpfen haben. Die Finanzen der Selbstverwaltungskörper sind durch Gesetze nicht in dem Maße geregelt worden, wie es notwendig gewesen wäre. Heute, in der außerordentlichen Zeit, können Sie nur außerordentliche Maßnahmen treffen. Sie können vielleicht die Zuweisungen etwas größer machen; aber wir müssen heute ein Verständnis für die tatsächlichen Zustände der Selbstverwaltungskörper haben, weil diese Verhältnisse, wie sie sich jetzt gestalten, unmöglich fortgeführt werden können. Ich habe hier eine kleine Statistik, die einem sofort einen Begriff über die Wirtschaft der Selbstverwaltungskörper beibringt.
Im Jahre 1932 suchten 1549 böhmische Gemeinden um einen Landesbeitrag an. Der Landesausschuß lehnte die Gesuche von 245 Gemeinden ab und erkannte den restlichen 1304 Gemeinden den Beitrag zu. Das Budgetdefizit dieser Gemeinden betrug 243 Millionen und wurde nach den Schlüsselziffern von 243 auf 106 Millionen herabgesetzt. Diese bereits vom Landesausschuß regulierten Defizite wurden nur zu 40% honoriert, 60 %, das sind 64 Millionen, blieben ungedeckt oder im Ganzen genommen 179 Millionen.
Von den böhmischen Bezirken suchten 92 um Zuschüsse an, er wurde nur 88 Bezirken zuerkannt, die ein Defizit in der Höhe von 225 Millionen aufwiesen. Der Landesausschuß setzte dieses Erfordernis auf 129 Millionen herab, davon zahlte er nur 18%, sodaß 106 Millionen oder im ganzen 202 Millionen ungedeckt blieben. Wie sollen da die Selbstverwaltunskörper die Wirtschaft führen? Herr Finanzminister, Sie dürfen ja nicht übersehen, daß gerade die Selbstverwaltungskörper dem Staate einen Großteil der Sozialfürsorge abnehmen! Heute ist ja nicht einmal die Kompetenz der Gemeinde in Angelegenheit der sozialen Fürsorge festgesetzt. Das fehlt.
Ich hätte in dies em Zusammenhange noch Vieles mit Ihnen zu sprechen, über die Arbeitslosigkeit, über das Verhältnis zwischen Industrie und Landwirtschaft, über die Handelspolitik. Vor Schluß meiner Ausführungen möchte ich aber nur noch etwas über das nationale Problem sprechen. Ministerpräsident Malypetr und Finanzminister Trapl finden in ihren Exposés kein Wort über die Mitwirkung der Deutschen; das ist einmal so, damit muß man rechnen. Aber wir möchten feststellen, daß das nationale Problem in dem Staate noch nicht gelöst ist. Das ist nicht nur meine Behauptung, das anerkennen auch Masaryk, Švehla, Beneš und auch ein Großteil der èechischen Öffentlichkeit. Infolgedessen ist es noch zu lösen. Die Chauvinisten auf èechischer Seite behaupten, es sei schon gelöst, die Deutschen hätten mehr erhalten, als ihnen gebührt. Ich glaube, daß das nationale Problem durch èechische Initiative nicht gelöst werden wird. Es gibt keinen Èechen unter Ihnen, der sagte: Ihr Deutschen, wir leben ja seit Jahrhunderten zusammen, wir müssen uns zus ammensetzen und über die Dinge reden. Das machen Sie nicht! Das ist Ihr Grundfehler! Die Teilnahme der Deutschen an der Regierung ist kein Beweis für die Lösung dieses Problems. Im Gegenteil! Sie wirken aus Verantwortungsbewußtsein mit, um das nationale Problem zu lösen. Ich behaupte aber, durch die bloße Teilnahme der Deutschen an der Regierung wird das Problem nicht gelöst werden. Die ganze Welt behauptet, daß man nur durch Zusammenarbeit weiter kommen könne, es wird die Zusammenarbeit der Völker und Staaten propagiert. Es wäre also die Einsicht der Èechen am Platze, daß wir damit zuhause anfangen. Ich habe aber das Empfinden, daß ein Großteil der Politik, der Parteipolitik und der Presse die Völker, die doch im Grunde genommen viel ausgleichsreifer und ausgleichsbereiter sind, abriegelt. Was weiß die èechische Öffentlichkeit von uns deutschen Abgeordneten? Nichts! Was erfährt die èechische Öffentlichkeit, wenn ein Minister spricht? Nichts! Politik, Parteipolitik und Journalistik riegeln alles ab, bringen nur das, was in den Parteikram paßt, und höchstens von uns das, wo wir als Irredentisten hingestellt werden. Und doch habe ich das Empfinden, daß das nationale Problem von unten herauf gelöst werden muß. Deshalb müssen wir trachten, die Mauer zu übersteigen.
Koll. Dr. Peters hat die
Verhältnisse in seinem Leitartikel in der "Bohemia"
vom 15. November 1932 wunderbar gekennzeichnet: "Die èechische
Öffentlichkeit und Staatspolitik hört über uns hinweg, sie hat
kein Interesse an unserem Leben und Denken, sie fühlt sich unbeeinflußbar
durch uns, sie sehen nur sich und behandeln uns Sudetendeutsche
als bedeutungslose Nebensächlichkeit, deren Mitarbeit eben recht,
aber deren seelisches Eigenleben keiner Beachtung wert ist."
Herr Koll. Dr. Èerný, schütteln Sie nicht mit Ihrem Haupte!
Was nützen uns deutschen Abgeordneten die schönsten Reden! Wir
haben sicher in vielen Dingen Recht. Und wenn Sie die Kritik der
deutschen Abgeordneten betrachten, werden Sie sehen, daß sie in
der Kritik direkt prophetisch Recht gehabt haben. Aber das ist
bei Euch Èechen nun einmal so, wir dürfen nicht Recht haben und
wenn wir einmal Recht haben, so steht von der Gegenseite einer
auf und sagt: Nein, Ihr habt nicht Recht und Ihr dürft nicht Recht
haben. Herr Koll. Dr. Èerný, wir schätzen Sie als den Mann,
der eigentlich am meisten geeignet wäre, über die Verständigung
zwischen den Deutschen und den Èechen zu sprechen. Die Deutschen
sind in der Regierung seit dem 12. Oktober 1926. Minister Spina
hat anläßlich des fünfjährigen Jubiläums der Regierungsteilnahme
gesagt: "Taten zu sehen, dieses Begehren ist auf unserer
Seite nach fünfjähriger Mitarbeit ein Gebot der Ehre und Notwendigkeit."
Ich frage ihn: welche Taten haben Sie gesehen? Ich möchte über
die deutschen Regierungsparteien und ihre Tätigkeit einen Vergleich
aus dem Geschäftsleben hernehmen; wir Geschäftsleute haben keinen
Einfluß auf den Preis, den Preis bestimmt bei uns Industriellen
die Konkurrenz und der Kunde; wir Geschäftsleute haben nur noch
zu prüfen, ob wir das Geschäft machen können. Bei den deutschen
Regierungsparteien ist es so: die haben gerade noch zu prüfen,
ob sie es aushalten. (Veselost.) Das ist das Verhältnis,
in dem wir leben. Herunter endlich mit der Maske auf èechischer
Seite! Sie sind nicht ausgleichsbereit trotz der größten und loyalsten
Mitarbeit der Deutschen und es bleibt den Èechen ganz egal, ob
in der Opposition ein Kommunist, ein Irredentist oder ein loyaler
Mitarbeiter spricht. Erklären Sie mir, Herr Dr. Èerný,
den Unterschied zwischen den dreien! Ich werde Ihnen unsere Situation
erklären, sie ist für uns selbst nicht sehr ruhmreich: Wir Sudentendeutschen
machen 25 % der Bevölkerung aus, wir dürfen 50% der Steuern bezahlen,
haben aber einen Dreck zu reden. Das ist unsere Situation, und
diese Situation muß anders werden, wenn Sie nicht durch Radikalismus
unsere loyale Mitarbeit vernichten wollen. (Potlesk.)
Meine Damen und Herren! Der diesjährige Jahresvoranschlag steht im Zeichen eines Begleitwortes, das der Herr Hauptberichterstatter mit den Worten: "Sparen oder drucken!" geprägt hat. Wenn wir dieses Motto näher betrachten, dann verfallen wir leicht in den Glauben, daß es sich um einen bewußten Druckfehler handeln kann und es aussieht, als ob es "Sparen oder drücken!" heißen sollte. Um vom Sparen zu reden! Wer empfindet nicht das Sparen am unrechten Fleck als wirtschaftsvernichtend! Dieses Schlagwort hat heute im Wirtschaftsleben des Staates noch eine Bedeutung, im Privatwirtschaftsleben ist der Begriff "sparen" längst überholt, zumindest trifft er nicht mehr die Allgemeinheit.
Welcher Stand hat denn noch heute eine Einnahme, die ihn ein Scherflein erübrigen ließe? Etwa die Landwirtschaft, die durch den Preisverfall vor dem Bankerott steht, oder die Industrie, die in einer Absatzkrise ohnegleichen sich befindet, oder etwa das umsatzlose Gewerbe, die arbeitslose Arbeiterschaft oder die letzthin schwr verkürzte Beamtenschaft? Es gibt ja gewiß noch Glückliche, die noch immer auf großem Fuß leben können, für sie aber sollte der Ruf nach Sparsamkeit lieber unterbleiben. Diese Nutznießer der neuen Zeit sollten mehr und mehr vom Sparen abgehalten werden, sie wären es, durch die eine Belebung der Wirtschaft eintreten könnte. Allerdings müßten sie sich dazu entschließen, ihre Millionen aus der Schweiz und aus Holland usw. hereinzuholen.
Von einem besonderen Vertrauen zur Staatswirtschaft zeugt der Umstand nicht, daß im Ausland die Barschaften der èechoslovakischen Staatsbürger eine immense Höhe erreichen. Doch daheim wird gespart, aber wo? Dem Arbeitsministerium werden nahezu 200 Millionen im Budget gekürzt, ohne daß man dem Ministerium vorgeschrieben hätte, bei welchen Ausgabenposten gespart werden soll. Und die Wirkung tritt natürlich sofort in Erscheinung. Nicht etwa, daß man die überflüssigen Luxusbauten begrenzen würde, nein, die Verkehrsstraßen, die Meliorationen usw. müssen den Verlust tragen. Dabei wird übersehen, daß ja diese Ersparnisse sofort Neuausgaben seitens eines neuen Ressorts hervorrufen. Was das Arbeitsministerium zwangsläufig erspart, das gibt das Fürsorgeministerium treulich an die unbeschäftigten Arbeitermassen aus. So wird die vielverlangte werktätige Arbeitslosenfürsorge durchkreuzt und die Beträge verlieren sich vollends, ohne irgend eine nutzbringende Leistung geschaffen zu haben. Dagegen wird aber in gewissen Ministerien der Ruf nach Sparsamkeit ganz überhört. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Roudnický.)