Pátek 3. února 1933

Meine geschätzten Damen und Herren! Wenn ich in diesem Zusammenhang von Europa gesprochen habe, möchte ich noch drei Momente hervorheben. Was Europa braucht, wäre eigentlich eine deutsch-französische Zollunion. Sie werden für den ersten Moment etwas betroffen sein und sagen, daß dies ein Ding der Unmöglichkeit ist. Da möchte ich bemerken, daß über dieses Problem eigentlich schon in den achtziger Jahren diskutiert wurde und daß die wirtschaftliche Seite dieses Problems schon mehr vorgetrieben wurde, als Sie überhaupt ahnen. Wenn Sie heute die französischen und deutschen Blätter lesen, können Sie oft große Ausführungen über die Zollunion zwischen Deutschland und Frankreich vorfinden und es ist interessant zu wissen, daß zur Zeit, als Stresemann und Briand Außenminister waren, die Ministerien den Auftrag hatten, Gewinn und Verlust bei einer Zollunion zwischen Deutschland und Frankreich abzuwägen. Und da hat sich herausgestellt, daß sich Gewinn und Verlust aufheben.

Das ist die wirtschaftliche Seite. Bis jetzt wurde der Weg der Verständigung immer durch die Politik verrammelt und die Verständigung ist nichts anderes, als das Ergebnis des politischen Wollens. Aber das eine steht fest. Würde es zu einer Zollunion zwischen Deutschland und Frankreich kommen, würde kein Mensch auf der Welt, auch die Kleine Entente nicht, etwas einzuwenden haben, ja sie würde sich im Gegenteil vielleicht sehr rasch dieser Zollunion anschließen.

In Deutschland haben sich in den letzten Tagen große politische Wandlungen vollzogen und wir sind als Politiker verpflichtet, zu den Dingen Stellung zu nehmen. Ich erkläre ganz ehrlich, daß ich es für einen Irrtum halte, wenn man, mag es sein wer wolle, die nationalsozialistische Bewegung unterschätzt hat. Einmal mußte letzten Endes doch diese Entscheidung kommen, wenn sie auch nicht in dem Sinne gekommen ist, wie man sie sich erträumt hat, wenn sie auch nicht in dem Sinne gekommen ist, daß heute Hitler über die absolute Mehrheit verfügt, wenn er sich auch in den Rahmen einer nationalen Regierung einbauen mußte. Aber es ist doch interessant, daß die ersten Kundgebungen der nationalsozialistischen Kanzlerschaft Hitlers gleich darauf hinausliefen, an der Währung und an der Wirtschaft kein Experiment vorzunehmen. Und es ist sehr interessant, wenn Sie die Rundfunkrede Hitlers über den Vier-Jahres-Plan gelesen haben - er hat nicht fünf Jahre gesagt, damit er sich nicht mit Rußland oder mit Stalin identifiziert, er hätte sonst auch fünf oder sechs sagen können - daß er zur Behebung des Elendes der Bauernschaft und der Arbeitslosigkeit der Arbeiter einen Zeitraum von 4 Jahren braucht. Ich sage Ihnen: In der Opposition ist es leicht zu sagen, das müssen wir anders machen, aber in dem Moment, wo sie zur Verantwortung kommen, da wird schon viel Wasser in den Wein gegossen, und da werden sofort vier Jahre daraus. Ich muß erklären, daß wir froh sind, daß die Entscheidung in Deutschland endlich gefallen ist. Die Entscheidung mußte kommen. Und je früher desto besser wird die Entscheidung die Dinge vorwärts bringen und sie entscheidungsreif machen. Vor etwas möchte ich warnen: Hitler, Kanzler, Grenzen, Krieg. Erstens lassen wir sämtliche Ängstlichkeit beiseite. Zweitens haben die Leute draußen im Lande so viel Ordnung zu machen, daß sie sich um andere jetzt nicht kümmern können. Zum Kriegführen gehört sehr viel Geld, und den hohen Militärs wollen wir den Krieg aus dem Kopf schlagen. Wir haben kein Geld zum Kriegführen und mit einer Generation, die den Krieg mitgemacht hat, führt man keinen Krieg. Da muß man schon warten, bis diese Generation weg ist, weil die den Schwindel viel zu gut kennt. Eines muß ich Ihnen sagen: Wehe Hitler und der Regierung, wenn er versagt. Denn wenn er versagt, habe ich das Empfinden, das es dann um Deutschland und auch um das übrige Europa schlecht bestellt ist. Denn wenn Hitler versagt, treten andere Elemente in Erscheinung, dann können wir, um es ehrlich zu sagen, annehmen, daß Deutschland dem Bolschewismus verfällt.

Wenn wir gerade bei diesem Namen sind, möchte ich Sie doch eigentlich fragen, ob wir nicht den großen Fehler begehen, das Geschehen in Osten zu unterschätzen; und die Kollegen, die mir manchesmal zugehört haben, werden zugeben müssen, daß ich eigentlich immer und immer wieder auf Rußland aufmerksam gemacht habe. Einmal ist der gewesene Handelsminister Novák in den Saal gekommen und hat mir zugerufen: "Ja, Sie haben es ängstlich mit Rußland. Rußland, und dann die Sintflut." Drehen wir die Sache um. Sind wir denn heute nicht bald so weit, nicht im Stadium der Sintflut, wenn die Èechoslovakei rund 1 Million Arbeitslose hat, zu denen an Familienangehörigen 2 Millionen kommen? Wie lange glauben Sie denn, daß wir diese Menschen ernähren können? Wo glauben Sie denn, sollen wir das Geld dafür hernehmen? (Posl. Fritscher: 800 Millionen Kè im Jahr!) Das wird nicht reichen. Es sind 750 oder 800 Millionen eingesetzt worden. Es wird aber weit die Milliarde überschritten werden.

Ist es nicht interessant: Rußland baut auf, Europa baut ab. Ist es nicht bemerkenswert, daß Ihnen in Rußland das Elend gezeigt wird? Man sieht in Rußland, wie sich die Leute bei den Läden anstellen und kein Brot bekommen und auch sonst nichts. Aber hinter dieser Maske wird aufgebaut. In Europa machen wir es umgekehrt. Es wird Pflanz und Luxus getrieben und innen ist alles faul. In der "Wahrheit" hat ein Ingenieur Beer einen sehr interessanten Artikel mit der Überschrift "Rußland baut auf" geschrieben. Darin zitiert der Verfasser den Philosophen Nietzsche. Nietzsche in seiner prophetischen Genialität meinte einmal vom künftigen ordentlichen Eintritt Rußlands in die europäische Politik, daß dieser phantastische Wahnsinn und diese wirkliche Willenskraft Europa zwingen werden, große Politik zu treiben. Paßt nicht trotz Änderung des Regimes in Rußland dieser Ausspruch auch auf unsere Zeiten? Betrachten Sie doch einmal die Diplomatie! Welche Bedeutung wird da dem russischen Problem beigelegt? Nein, das ist so wie unter den Parteien auf deutscher und èechischer Seite. Wir raufen uns gegenseitig die Haare aus, während Rußland als der Dritte lacht. Ist Rußland heute nicht besser daran als alle anderen Staaten? Was ist mit dem russischen Schuldenproblem, mit den Vorkriegsschulden? Wer spricht über die russischen Schulden? Über die Schulden der anderen wird gesprochen, aber über die russischen Schulden der Vorkriegszeit und der Kriegszeit traut sich kein Mensch zu reden. Was ist mit den russischen Schulden der Nachkriegszeit? Rußland hat keine Auslandsschulden, denn es bekam nichts geborgt; und Rußland kann nichts verlieren, weil es nichts geborgt hat. Es ist richtig, daß die russische Bevölkerung darbt; sie hungert sich den Aufbau ab, aber als Politiker, die wir uns mit solchen Dingen beschäftigen, als Menschen, die wir mit der Wirtschaft zu tun haben, haben wir die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, auf die Dinge aufmerksam zu machen, weil letzten Endes doch das kapitalistische Europa Sowjetrußland aufgebaut hat und weil letzten Endes Sowjetrußland das kapitalistische Europa mit den eigenen Waffen, die es in Form der modernsten Maschinen und besten Ingenieure bekommen hat, schlagen wird.

Ein paar Worte über unsere Außenpolitik. Wenn wir über unsere Politik in größerem Konzept reden, haben wir immer den Standpunkt vertreten, daß eigentlich Minister Beneš - wir müssen von ihm sprechen, nachdem er 15 Jahre Außenminister ist der Angelpunkt der innen- und außenpolitischen Entwicklung und der Verhältnisse der Èechoslovakei ist. Es können heute der Minister für nationale Verteidigung und alle anderen Minister, wie sie da sind, machen, was sie wollen, sie können Investitionen machen, das nützt alles nichts, wenn Beneš nicht die Politik macht, die die Èechoslovakei braucht. Dabei ist es doch interessant, wie Minister Dr. Beneš als der Repräsentant der Kleinen Entente bei seinen alten Methoden bleibt und nicht daran geht, bei Aufrechterhaltung der politischen Freundschaften andere Kombinationen zu machen. Alle möglichen zieht er herbei, nur nicht die, welche die nächstliegende ist. Minister Hodža - ich weiß nicht, ob er ein Gegner des Dr. Beneš ist oder ob sie miteinander gut sind - setzt sich in direkten Gegensatz zu Beneš und sagt, nach Jugoslavien und Rumänien kann die Industrie überhaupt nicht liefern, bevor diese nicht die Staatsund Privatfinanzen in Ordnung gebracht haben. Wenn Sie heute die Leute fragen, die mit diesen Ländern zu tun haben, so hören Sie, daß das sehr faule und langsame Zahler sind, daß jeder Gläubiger glaubt, daß er überhaupt alles verlieren wird. Die Kleine Entente ist vielleicht eine politische Großmacht mit 47 Millionen Einwohnern, die Kleine Entente ist aber wirtschaftlich so diskrepant, wirtschaftlich so unhomogen, daß sie niemals zusammenpassen wird. Rumänien und Jugoslavien brauchen für ihr Konzept einen größeren Wirtschaftsraum, weil die Èechoslovakei bei der Tüchtigkeit unserer Agrarier, unserer Vollblutagrarier doch gar nicht imstande ist, den Überfluß an agrarischen Erzeugnissen aus Jugoslavien und Rumänien aufzunehmen. Ich habe manchmal das Empfinden - ich kämpfe nicht mit der Person des Herrn Außenministers - als wenn der Herr Außenminister die Dinge tatsächlich nicht so sehen würde, wie sie in Wirklichkeit liegen. Er macht so viel Auslandsreisen. Lassen Sie ihn doch im Inland herumreisen. Schicken Sie ihn doch in den Böhmerwald oder in das Erzgebirge, schicken Sie ihn in die Slovakei. Ich habe mir über die Slovakei erzählen lassen, welche Verhältnisse dort herrschen. Meine geehrten Herren aus der Slovakei, es ist bei uns in Deutschböhmen nicht um ein Haar besser und wenn wir besser daran sind, so werden wir bald auf Ihr Niveau gelangen. Schicken Sie den Herrn Außenminister nach Nord- und Westböhmen. Ich bin bereit, den Herrn Dr. Beneš als Kurzarbeiter einzustellen. Er soll das durchmachen, er soll sehen, wie diese Millionen Menschen hungern und darben. Wenn er diese Dinge in Wirklichkeit und aus eigener Erfahrung beobachten würde, so glaube ich, daß eine solche Reise etwas ganz anderes wäre als seine Reisen bis jetzt, wo er die Dinge nicht aus unmittelbarer Nähe beobachten konnte. Das ist übrigens auch für die anderen Minister empfehlenswert. Die anderen Minister sind auch lauter Stubenhocker. Wenn sie nicht einmal vielleicht eine Parteiversammlung abhalten müssen, bleiben sie zuhause und kurieren auch vom grünen Tisch aus, per Distanz. Das mag vielleicht für den Landesverteidigungsminister anders sein. Aber der hat wieder Brünn zu inspizieren. Wir müssen über diese Dinge ganz leidenschaftslos sprechen, so wie sie in Wirklichkeit sind, und da haben wir Oppositionelle zumindest die Ehrlichkeit für uns, daß wir die Sachen so schildern, wie sie in Wirklichkeit liegen. Die Regierungsparteien dürfen die Dinge nicht so darstellen, wie sie möchten. Die Herren von den Regierungsparteien müssen zu den Regierungsanträgen "Ja" und "Amen" sagen, zu allem, was der Finanzminnister will. Draußen in den Versammlungen schimpfen sie ja doch auf den Finanzminister. Hier reckt der Regierungsabgeordnete die 5 Finger in die Höhe und draußen schimpft er auf den Finanzminister.

Die Hauptaufgabe des Herrn Minister Dr. Beneš sehe ich darin, da er die öffentliche Meinung Frankreichs über die Verhältnisse in Mitteleuropa aufklärt und Verständnis verbreitet. Ich glaube, daß Frankreich heute noch lange nicht in dem Maße vorbereitet ist, wie es notwendig wäre. Das hat vielleicht auch seinen Grund darin, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse in Frankreich besser sind als in den Staaten Mitteleuropas. Für die Èechoslovakei gilt der Satz, daß die ganze Staatswirtschaft und Finanzwirtschaft von der Volkswirtschaft abhängig ist. Stellen wir einmal die Frage so: Wer ist denn der Staat? Macht denn nicht die Bevölkerung den Staat aus? Was ist Staatswirtschaft und was ist Volkswirtschaft, welches ist die primäre und welches ist die sekundäre? Da werden Sie zugeben müssen, daß erst die Volkswirtschaft kommt und daß nur durch die Volkswirtschaft die Staatswirtschaft geführt werden kann. Das heißt umgekehrt: daß die Volkswirtschaft durch die Staatswirtschaft nicht überlastet werden darf, weil sonst eben eine Staatswirtschaft nicht geführt werden kann; und wenn die Volkswirtschaft zugrunde geht, können Sie regieren, wie Sie wollen: Zum Regieren gehört auch Geld oder holt alles der Teufel. (Potlesk posl. èsl. živn.-obchodnické strany støedostavovské. - Posl. Prause: Auch Vernunft gehört dazu!) Selbstverständlich. Wir können alles nur mit Vernunft machen. Wir zwei sind ja vernünftig, wenn nur die anderen auch so vernünftig wären. (Veselost.) Alles hängt von der Wirtschaft ab; und gerade, wenn die Wirtschaft nicht geht, sieht man erst, was sie war. Dann sieht man, was sie für Opfer geleistet hat. Man müßte die Wirtschaft hegen und pflegen, wie ein goldenes Ringlein behandeln. Was hat man aber gemacht? Eine Melkkuh hat man aus ihr gemacht, ausgequetscht hat man sie wie eine Zitrone, daß der ganze Körper blutleer geworden ist. Man hat die ganzen Jahre die Wirtschaft einem ungeheuren Abschröpfungsprozeß unterzogen. Denken Sie an die Kriegsanleihe, Vermögensabgabe, Vermögenszuwachsabgabe, an die Steuern und an die Versicherungen: Unfallversicherung, Pensionsversicherung, Sozialversicherung usw. Das ist ein Abschröpfungsprozeß, bei dem aber das Geld zu den Quellen, aus denen es geflossen ist, niemals zurückgekommen ist. Wir dürfen uns keinen Täuschungen hingeben: heute ist durch die Krise die Kapazität der Wirtschaft vielleicht um 40 bis 50 % abgebaut worden und jedes Prozent vernichteter Produktion hat wieder einen ganzen Prozentsatz vernichteter Existenzen zur Folge. Da ist eine interessante Frage aufzuwerfen. Es ist Schade, daß der Industriejongleur Hodáè nicht hier ist, ich hätte so gerne mit ihm abgerechnet. Ich stelle nun die Frage, ob denn überhaupt unsere Wirtschaft seit der Gründung des Staates schon normale Verhältnisse mitgemacht hat, und ich behaupte: "Nein." Wir haben mit unserer ganzen Wirtschaft bis zum heutigen Tage in abnormalen Verhältnissen gelebt, wir haben auf Kosten abnormaler Verhältnisse in anderen Staaten und namentlich in denen der Umgebung gelebt. Wir wissen heute noch immer nicht, was für eine Kapazität bei normaler wirtschaftlicher Entwicklung unser Staat hat, und das Gefährlichste für die Finanzverwaltung war, daß sie die ganzen Ausgaben des Budgets auf der Konjunktur aufgebaut hat, daß auf Grund der Konjunktur eine Sozialpolitik geführt wurde, die sich heute zum großen Teil als untragbar erweist. Es ist ganz klar, daß wir als sichere, verläßliche Grundlage den Inlandsmarkt brauchen, aber wir dürfen nicht vergessen, daß wir bei der Struktur unserer Industrie unbedingt auf Export angewiesen sind. Ihr Agrarier, wenn Ihr - Bradáè nicht glaubt, daß Ihr den Export hindern könnt, so ist das ein grundlegender Irrtum. Denn merkt Euch das Eine: Wenn die Industrie vernichtet ist, dann muß der Bauer die Steuern übernehmen und der Bauer zahlt nicht gerne. Den Export wird man in seiner Bedeutung so recht erst kennen lernen, wenn wir bedenken, daß er seit dem Jahre 1928 um 14 Milliarden abgenommen hat.

Auf die Industriefürsorge und auf das Verhältnis zwischen Industrie und Landwirtschaft komme ich noch zu sprechen. Ich will hier nur darauf verweisen, daß Italien heute seiner Industrie und auch seiner Landwirtschaft eine viel größere Fürsorge zuwendet. In Italien wurde im Vorjahre für die Industrie das Istituto mobiliare gegründet, das Kredit auf 10 Jahre gibt und jetzt haben wir dort das amtliche Finanzinstitut für den industriellen Wiederaufbau; da gibt der Staat jedes Jahrr 320 Millionen, zusammen 2.560 Millionen der Inndustrie zum Wiederaufbau, und da sehen wir vor allem eins, was wir in der Èechoslovakei so dringend notwendig brauchen: daß Italien für Handel, Industrie und Gewerbe den langfristigen Kredit gibt. Dieses halbamtliche Institut für den Wiederaufbau gibt nämlich billigen Kredit auf 20 Jahre. Das ist nicht lange, aber im Verhältnis zu unserem kurzfristigen und teueren Kredit doch etwas ganz anderes.

Die Kaufkraft der Bevölkerung hat bei uns um 15 bis 20 Milliarden abgenommen. Da stelle ich einmmal die Frage an Sie, meine Herrschaften, ob nicht vielleicht gerade die Èechoslovakei durch die Verhältnisse der Nachkriegszeit ein Opfer des Krieges wird. Wir können aber auch sagen, daß die Wirtschaft in der Èechoslovakei sicher nicht so gewesen ist, wie sie hätte sein müssen. Sie kennen doch das Sprichwort von den sieben fetten und den sieben mageren Jahren. Sie haben in den sieben fetten Jahren keine Reserve zurückgelegt. Staat und Bevölkerung waren sehr, sehr reich, heute sind Staat und Bevölkerung sehr, sehr arm geworden. Ich werde Ihnen den Nachweis erbringen, wie gewirtschaftet worden ist. Man hhat in Großmannsucht Millionen hinausgeworfen, man hat über seine Verhältnisse gelebt und man hat in politischem Unverstand Dinge gemacht, die niemals gemacht werden durften. Der Staat ist systematisch zugrunde regiert worden und heute fehlen ihm die 12 1/2 Milliarden an öffentlichen Abgaben, die er mehr eingenommen hat, als veranschlagt war. Bei den Steuerrückständen werde ich noch darauf zurückkommen. Die Wirtschaftspolitik kann als nationales, aber auch als internationales Problem gewertet und geleitet werden. Sie haben den großen Fehler gemacht, daß Sie die zuerst erwähnte Betrachtungsweise gewählt haben. Die großen Probleme, vor denen wir stehen, würden einen Großteil ihrer Schwere verlieren, wenn sie unter dem Gesichtspunnkte einer konstruktiven international orientierten Wirtschaftspolitik betrachtet würden. Wenn wir heute die Verhältnisse bei uns betrachten, so stellen wir natürlich die Frage: Wie lange halten wir das noch aus, wie lange hält die Bevölkerung diese Lasten noch aus? Sie müssen erkennen, daß Sie heute als Èechoslovakei die Verhältnisse etwas bessern können, Sie können aber die Krise nicht beheben, wenn nicht internationale Änderungen kommen. Alles sind vergebliche Opfer, die Sie bringen, und Sie werden nicht das erreichen, was Sie wollen.

Ein sehr kluger Gedanknke wurde vom Koll. Klein ausgesprochen: wir stehen heute in dieser Wirtschaftskrise und Landwirtschaft, Handel, Gewerbe und Industrie sind überorganinsiert. Wir wissen uns vor lauter Räten keinen Rat mehr. Wir haben verschiedene Räte, den Eisenbahnrat, den Elektrizitätsbeirat, und ich weiß nicht, was für Räte noch alles. Wir haben einen Wirtschaftsbeirat. Aber haben Sie von ihm schon etwas gehört? Von dem Wirtschaftsbeirat beim Handelsministerium sollte man doch etwas hören! Jetzt ist er neu zus ammengestellt worden und wir können jetzt begierig sein, was herauskommt. Ein sehr guter Vorschlag des Koll. Klein besteht darin, einen Wirtschaftsausschuß des Parlamentes zu bilden. Ich halte es für gut, daß die Parlamentarier, die sich mit den wirtschaftlichen Dingen beschäftigen, ohne Rücksicht auf Gesetz und Verordnung sich zusammensetzen, über die Dinge reden und nachdenken, was zu machen wäre. Es ist ja dieser Ort dazu da, daß wir miteinander sprechen. Im Grunde gen ommen finden wir uns ja hier nicht, und es ist ja eine Ausnahme, daß wir einmal zwei oder drei Minister da haben; die lassen sich sonst nicht sehen. Aber wir wollen ja diskutieren - aus den Zeitungen können Sie es ja nicht entnehmen - und wir Menschen kommen ja nur zusammmmen, wenn wir reden. (Posl. Al. Beneš: A když ten sbor nìco poradí, koalièní strany, když to bude proti jejich zájmùm, to zvrátí!) Die Gewerbepartei ist auch stramm geworden, seit sie oppositionell geworden ist! Ihr habt früher auch nicht das Maul aufgemacht. (Veselost. Potlesk.) Erst jetzt, seitdem Ihr in der Opposition seid, macht Ihr das Maul wieder auf. (Potlesk.)

Die soziale Fürsorge ist durch die Entwicklung der Zeit zu einem unerläßlichen Bestandteil der Volkswirtschaft geworden. Sie kann nicht mehr aus dem ganzen Problem herausgerissen werden, ohne die Staats- und Volkswirtschaft einer Katastrophe entgegenzuführen. Aber ich möchte feststellen: sie kann nur befriedigt werden, wenn eine blühende Volkswirtschaft die notwendigen Vorauss etzungen schafft, sonst nicht. Herr Koll. Beneš, Sie sind mir doch nicht böse, daß ich das offene Wort gesagt habe. (Posl. Al. Beneš: Když vás poslouchám, tak nejsem na vás zlý!) Ich freue mimich sehr darüber, wir gehören ja zus ammen: Gewerbe, Handel und Industrie. Ihr habt ja schon lange herausgehört, Ihr habt nicht so lange hineingehört. Auch die Nationald emokraten gehören heraus. Wie lange sich die Industrie wird das gefallen lassen, daß Dr. Hodáè so herumjongliert, weiß ich nicht, er muß die ganzen Gesetze mitbeschließen, die gegen die Wirtschaft gehen. Und er windet sich und erzählt der Industrie etwas anderes, als er hier redet. Im Grunde genommen gehören die Nationaldemokraten ihrer Gesinnung und ihrem wirtschaftlich en Denken nach hinaus. Sie halten es aber für besser, darin zu bleiben, und sie müssen Ursache dazu haben.

Finanzminister Trapl hat das Budget mit einem Exposée eingeleitet. Er hat auch über die Währung gesprochen. Er hat recht, man soll darüber reden. Ich erkläre Ihnen, daß die Èechoslovakei die stabilste Währung der Welt hat, daß es aber vielleicht kein Land gibt, das die Währung so viel Geld gekostet hat wie die Èechoslovakei. Die Bevölkerung hat sich an der Stabilität der Währung beinahe verblutet. Die groß en Steuererhöhungen, die Vermögensabgabe, die neuen Steuern, sie alle sind mit auf das Kapitel der Stabilität der Währung zurückzuführen. Wenn Sie mich heute fragen, ob die Währung gehalten werden soll oder nicht, erkläre ich Ihnen ganz frisch und frei: es muß alles getan werden, um die Währung zu halten. Wenn wir mit der Währung hätten etwas mach en wollen, dann hätten wir es in einem früheren Zeitpunkte machen müssen, zu einer Zeit, wo der Stritt darum ging: wird bei dem oder jenem Kurse die Krone gehalten werden? Damals konnten wir es machen, damals waren Reserven vorhanden, heute sind sie futschikato, heute können wir nichts machen. Ob das Verhalten der Nationalbank immer richtig war, weiß ich nicht. Aber trotz der größten Sicherung dér Währung brauchen Sie zu Ihrem Festhalten die gedeihliche Entwicklung der Wirtschaft, oder anders ausgedrückt, wenn die Wirtschaft den Krisenweg weitergeht, werden Sie auch die Währung nicht halten können. (K ministru Bradáèovi:) Herr Minister, ein bißl müssen Sie noch warten, ich habe ja gerade Redezeit bekommen.

Ich möchte einen Vergleich zwischen dem früheren Finanzminister und dem jetzigen anstellen. Der frühere Finanzminister war impulsiv, voller Theorien, er hat Verständnis für viele Dinge gehabt, aber einen Fehler: Er hat nämlich zu viel geschrieben und hat es sich das einemal mit den Sozialdemokraten, das anderemal mit den anderen Parteien verdorben. Hören Sie aber etwas von Trapl? Gar nichts. Der ist nicht beschwert von Theorien, er ist ruhig, er pelzt aber der Wirtschaft eine Steuer nach der anderen auf, er treibt die Steuern ein mit einer Rücksichtslosigkeit, wie sie nicht größer sein kann; da hören Sie nichts von Theorien. (Posl. Al. Beneš: To je jeho teorie, kterou spojuje s praksí!)

Mit Trapls Sparplan können wir einverstanden sein, nur müßte er durchgeführt werden. Ich möchte hier ein Wort zu dem Sparplan der Staatsbeamten sagen. Ich stelle fest, daß wir an dem Abbau der Staatsbeamtengehälter keinen Anteil haben, daß wir der Ansicht sind, daß alles andere hätte vorangehen müssen, bevor man an den Gehaltsabbau geht. Die ganze Bevölkerung war mit der Staatsbeamtenschaft soli darisch. Deshalb hat sie es als ein Unrecht empfunden, als dann die Staatsb eamtenschaft ein derartiges Sparprogramm dem Herrn Finanzminister vorgelegt hat, das gerade wieder von der Bevölkerung als schwere Belastung empfunden wird.

Wenn wir das Finanzgesetz übergehen und zum Budget kommen, so ist es ganz selbstverständlich, daß der Budgetausgleich erste Aufgabe des Staates ist, um das Vertrauen der Bevölkerung zu erwerben, Kredit, Anleihe, Zinsfuß usw. Der Staat braucht dieses Gleichgewicht. Aber ich frage, ob dieses Gleichgewicht nicht schon heute problematisch ist, ob es nicht schon heute durch die Verhältnisse überholt ist. Auf dem Papier haben wir ja den Ausgleich. Andererseits konstatiere ich aber, daß die Bevölkerung, daß die Wirtschaft dieses Gleichgewicht ungemein teuer bezahlen muß. Sachaufwand, Personalaufwendungen, Abbau, neue Steuern, da muß ich schon sagen; der Siebenerausschuß hat sehr fleißig gearbeitet, Herr Dr. Èerný, Ihr wart sehr brav. Ihr seid Euer Geld wert. Aber wenn wir schon so gründlich die 2.300 Millionen gestrichen haben, so hättet Ihr auch 250 Millionen Kronen gleich dazu mitnehmen können, die abzubauen wären.

Übrigens, ein neuer Vorschlag an den Siebenerausschuß, eine neue Aufgabe, nicht nur für das Budget, sondern auch für die Wirtschaft! Es wäre doch eine sehr schöne Aufgabe des Siebenerausschusses, sich mit dem Problem des Ausgleiches zwischen Landwirtschaft und Industrie zu befassen.

Das Budgetrecht ist im Grunde genommen das Fundament jedes Parlamentarismus. In der Èechoslovakei ist es ein leerer Schatten geworden. Bei aller Hochachtung vor den zwei Präsidenten des Budgetausschusses, dem Minister Bradáè und dem Dr. Èerný: Ihr seid ja beide recht nette Leute, man kann sehr gut mit Euch reden, und vielleicht ist gerade Eure bestrickende Liebenswürdigkeit ein Fehler. Aber bei aller Eurer Liebenswürdigkeit und Freundlichkeit muß man sagen: An dem System hat sich ein alter Dreck geändert. Èerný ist der Erbe des Erblassers Bradáè. Dr. Èerný steht auf der Tribüne und macht der konstruktiven Opposition Dr. Peters, Bacher und Rosche Komplimente. Ich danke vielmals, Herr Dr. Èerný. Aber im Grunde genommen kaufen wir uns dafür nichts. Sie haben von der Kontroll- und Sparkommission gesprochen, Herr Dr. Èerný. Aber es wird der konstruktiven Opposition verwehrt, an dieser Kommission teilnehmen zu können. Wo bleibt Ihr System, daß Sie diejenigen, die bereit sind mitzuarbeiten, einfach ausschalten? Wo sollen wir hingehen? (Posl. Al. Beneš: Oposice nemá žádnou cenu!) Wo bleibt da die Loyalität gegenüber der konstruktiven Opposition? Wo bleibt die Unterscheidung dieser Opposition von der kommunistischen? Es ist ein Skandal und eine Schande, daß eine Opposition, die dermaßen mitzuarbeiten bereit ist, nicht imstande ist, in der Kontrollkommission wenigstens einen Ersatzmann zu bekommen. Vielleicht gibt uns Herr Dr. Spina oder Koll. Hodina darüber Auskunft.

Ich möchte Sie noch auf etwas aufmerksam machen bezügli ch unseres Budgets. Wir haben jetzt auch schon, glaube ich, das 15. Budget. Gibt es einen Kampf um das Budget? Nein, den gibt es nicht. Das tasächliche Budgetrecht begraben Sie als Regierungsmehrheit in sich und lassen die Opposition rücksichtslos an sich vorbeireden. Meine Herren! Ist bei uns ein Kampf um das Budget möglich wie in Frankreich? Warum haben wir denn diese klägliche Beteiligung im Hause? Durch Ihr Verschulden, weil Sie der Opposition keine Gelegenheit zum Arbeiten geben. Sie haben der Opposition 221 Anträge abgelehnt. Die Opposition hat nicht das Recht, eine Änderung um 5 Kronen vorzunehmen. Sie mögen über diese Dinge denken wie Sie wollen, Herr Dr. Èerný und Herr Minister Bradáè, im Grunde genommen, begehen Sie damit ein bitteres Unrecht. Aber auf Dr. Èerný lasse ich nichts kommen, schuld daran ist Bradáè.

Wenn wir die Verhältnisse betrachten und dss wird den Herrn Landesverteidigungsminister wohl auch interessieren - so zeigt sich folgendes: Wenn ich 100 Kronen Steuer zahle, so zahle ich für das Ministerium Bradáè 18.16 Kronen, für das Ministerium des Innern 7.49 Kè, für Schulwesen 5.11 Kè, für soziale Fürsorge 10 Kronen, für die Landwirtschaft 2.30 Kè, für Pensionen 10 Kè, für das Finanzministerium 25 Kè und für das Handelsministerium 30 Heller. (Smích poslancù èsl. živn.-obchodnické strany støedostavovské.) Das ist doch charakteristisch. 18.16 für das Militär. Herr Bradáè ist ein teuerer Mann. Matoušek macht es billiger. Aber meine Herren: System! System! Die Landwirtschaft bekommt bei uns 2.50 Kè, der Handel 30 Heller, da haben wir den Schlüssel. Ihr Agrarier seid politisch mächtig, wirtschaftlich, was die Steuerleistung anbelangt, bedeutet ihr wenig. Wir aber haben handelspolitisch einen Dreck zu reden, doch zahlen dürfen wir. Das ist der Unterschied. Und ich glaube, Sie sollten nicht mehr so weiter fortfahren.


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