Hohes Haus! Im Laufe der Jhre haben die unterschiedlichen Finanzminister immer behauptet, daß die Umsatz- und Luxussteuer nur eine Übergangssteuer sei, deren schwere Belastung für Handel und Wandel auch ihnen nur zu bekannt sei. Auch die sozialistischen Parteien haben in früheren Jahren diese unmoralische und alle Bedarfsartikel des täglichen Lebens verteuernde indirekte Steuer schärfstens bekämpft. Erst Finanzminister Dr. Engliš hat erklärt, daß mit einer Aufhebung der Steuer insolange nicht zu rechnen sei und daß an einen Abbau des Steuersatzes erst geschritten werden könne, wenn das jährliche Erträgnis 2 1/2 Milliarden überschritten haben würde. Seine Nachfolger im Amte haben aber bereits diese Steuer so ins Herz geschlossen, daß man sie zum eisernen Bestande des èechischen Steuerwesens rechnen kann. Ja die sozialistischen Parteien haben, seit sie wieder an der Regierung teilnehmen, einschließlich der deutschen Sozialdemokraten, ihren Kampf gegen diese alle und vor allem die arbeitenden Schichten des Volkes so schwer belastende Steuer nicht nur aufgegeben, sondern im Mai dieses Jahres sich nicht einmal mehr gescheut, die Weiterbewilligung dieser Steuer sogar mit 50 % erhöhten Sätzen zu bewilligen. Nun ist es in Berücksichtigung der heute vorliegehden Novellierung dieses Gesetzes wohl mehr als bezeichnend, daß die sozialistischen Parteien sich anläßlich der im Frühjahr dieses Jahres erfolgten Beratung und Beschlußfassung des Guten nicht genug tun konnten, daß die kleinen Kaufleute und Gewerbetreibenden nur ihrer Einflußnahme zu verdanken gehabt hätten, daß sie - soweit ihr Jahresumsatz nicht die Höhe von 150.000 Kronen erreiche - von dieser Steuererhöhung befreit bleiben. Der Regierungsentwurf sah diesbezüglich eine Grenze von 100.000 Kronen vor. In jenem Zeitpunkte konnten sich die sozialistischen Parteien nicht genug ihres warmen Eintretens für den kleinen Handels- und Gewerbestand brüsten. Schon damals konnte man sich nicht des Eindrucks erwehren, daß man hier ein abgekartetes Spiel trieb und seitens der bürgerlichen Koalitionsparteien den sozialistischen Parteien diesen Erfolg der Heraufsetzung der Sperrgrenze nur zu gerne zubilligte, um die Abwehr der betroffenen Bevölkerung durch die Trennung in zwei Lager zu schwächen. Nunmehr scheuen sich die gleichen sozialistischen Parteien nicht, entgegen der vor Halbjahresfrist im Brustton der Überzeugung vorgebrachten Begründung zu Gunsten der Kleinen - eben diese Kleinen in diese Steuererhöhung einzubeziehen, und zwar sogar in einem Zeitpunkte schwerster Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit, so daß man mit vollem Rechte von einem brutalen Anschlage gegen diesen schwer um seine Existenz ringenden Handels- und Gewerbestand sprechen kann. Es scheint diese Maßnahme ein besonderes Verdienst der berüchtigten Siebenerkommission zu sein, die die, von der Koalition gestellte Aufgabe, unter allen Umständen Abstriche am Zweimilliardenkapitel für das Militärwesen zu verhindern, nur durch den furchtbaren Aderlaß an den Beamtenbezügen und durch weitere rücksi chtslose Steuererhöhungen lösen zu können glaubte. Statt Schaffung produktiver Arbeitslosenfürsorge, statt Ankurbelung der Wirtschaft nur lauter Drosselungsmaßnahmen der Konsumkraft weiter Teile der Bevölkerung, Abzapfung der letzten Notreserven und Unterbindung der Erleichterung der Hilfsmaßnahmen für das Heer der Arbeitslosen, das bekanntlich in den sudetendeutschen Gebieten ein Mehrfaches gegenüber dem der bedeutend größeren èechischen Gebiete beträgt. Nur wer Gelegenheit hatte, diese Hungergebiete unserer Mittelgebirge und Industriegebiete zu besuchen, kann sich ein Bild des dort herrschenden Jammers und Hungerelends machen. Hier sind es oft nur noch die Greisler, die auf Borg diesen hungernden Menschen zu Hilfe kommen, als letzter Hort dieser unglückseligen Menschen. Was es nun bedeutet, diesen kleinen Kaufleuten noch eine neue Steuerlast aufzuladen, kann sich jeder denkende Mensch vorstellen. Die Begründung des Regierungsentwurfes sagt kurz und bündig, daß diese Ausnahme zu fallen habe. Bar jedes sozialen Empfindens berechnen die Regierungsparteien nur, daß auf diesem Wege 70 Millionen Kronen mehr aus der ärmsten Bevölkerung herausgepreßt werden können; das ist bekanntlich jener Betrag, der alljährlich allein für Munition und Explosivstoffe für das Militär benötigt wird. Man hofft so, heuer laut Staatsvoranschlag allein an der Umsatz- und Luxussteuer 2.448,546.000 Kè aus der Bevölkerung herauspressen zu können. Also ohne Rücksicht auf den Zusammenbruch des größten Teiles der Industrie, des Handels- und Gewerbestandes, auf das Heer von 700.000 Arbeitslosen und die gewaltige Kürzung der Beamtengehälter noch ein Mehr gegenüber den früheren Jahren. Und dies alles unter Mitwirkung der sozialistischen Regierungsparteien, die früher immer vor gaben, die sozialen Interessen der Bevölkerung zu vertreten und den Militarismus zu bekämpfen. Die Fortführung dieser Finanzund Steuerpolitik muß naturgemäß zum vollständigen wirtschaftlichen Zusammenbruch führen. Es ist daher höchste Zeit, daß sich alle, durch diese ungeheuerlichen Maßnahmen betroffenen Schichten der Bevölkerung zusammenschließen, um mit diesem verderblichen System zu brechen und mit allen Mitteln zu versu chen, diese Regierung zu stürzen, die trotz all der schweren Mißerfolge der bisherigen Außen-, Zoll-, Handels- und Militärpolitik sich nicht scheut, ohne Rücksicht auf die immer mehr der Verzweiflung anheimfallende Bevölkerung diesen frankophilen Kurs fortzusetzen, der nicht nur zum vollständigen Ruin vor allem unserer sudetendeutschen Wirtschaft, sondern darüber hinaus zur schwersten Erschütterung Mitteleuropas führen müßte. Unser Volk hungert und darbt, jede weitere Vergrößerung der Steuerlasten führt zur Zerstörung der letzten Reste unserer Wirtschaft. Unsere Forderung geht daher dahin: Schluß mit der kostspieligen Großmannssucht in der Staats- und Militärpolitik, Herabsetzung der unproduktiven Staatsausgaben, Herabsetzung der unerträglich hohen Steuern, die, wenn nicht alle Anzeichen trügen, mit mittelalterlichen Methoden, bei denen nur noch die Folterwerkzeuge fehlen dürften, zur Eintreibung gelangen sollen, und heraus mit den notwendigen Hilfsmaßnahmen für unsere sudetendeutschen Notstandsgebiete! Es ist wohl mehr als blutiger Hohn, die Forderung weiter Bevölkerungsteile, vor allem auch der durch eine schwere Krise betroffenen Fremdenverkehrsgebiete nach Erlassung eines Steuermoratoriums mit neuen Steuererhöhungen beantworten zu wollen.
Aus all diesen Gründen lehnen
wir auch den vorliegenden Entwurf mit aller Entschiedenheit ab.
(Potlesk.)
Meine Damen und Herren! Großreinemachen in jedem Haushalt, Großreinemachen auch im Hohen Hause. Denn Weihnachten, das gebefrohe Fest, steht vor der Tür und die Regierungsparteien bemühen sich, ihren Wählern noch ein glückliches Neues Jahr zu bereiten. Bei den durch die Not der Zeit bedingten raschen Erledigungen dieser großen Gesetze, die eine ungeheure Belastung für weite Wirtschaftskreise darstellen, hat man keine Rücksicht darauf genommen, daß die Lebenshaltung von hunderttausenden Menschen erschwert und der Kreislauf der Wirtschaft weiter unterbunden wird. Zuerst hat man den vom Staate am meisten abhängigen Menschen, den Staatsbeamten, die erst vor kurzem bewilligte - Weihnachtsaushilfe genommen, hat ihnen die Gehalte gestrichen, hat die klaren Rechtsansprüche der Pensionisten vermindert und man hat für das Wahljahr 1935 die Aufhebung dieser Sparmaßnahmen angekündigt.
Diese Abbaugesetze sind ein Signal nicht nur für die Gemeinden und für die Industrie, sondern für alle Arbeitgeber, und bedeuten für die Arbeiterschaft eine Gefahr, aber auch eine Gefahr für den Konsum und dadurch für das Wirtschaftsleben und den Kreislauf der ganzen Wirtschaft. Nicht nur von der Finanzlage des Staates, sondern auch von dem Maße des Widerstandes, den die Staatsangestellten diesen Abbaumaßnahmen entgegenstellen, wird es abhängen, ob dieser Abbau der erste oder der letzte Gehaltsabbau ist. Man hat uns in der Presse und auch hier im Hause gewissermaßen die Legitimation absprechen wollen, etwas gegen den Gehaltsabbau und gegen die Steuererhöhungen zu sprechen mit dem Hinweis auf die Tätigkeit unseres Kollegen Geyer in Karlsbad. Wir möchten hier ausdrücklich erklären, daß Koll. Geyer in Karlsbad, und zwar nach der Ansicht aller einsichtigen Politiker unbedingt den drohenden Zusammenbruch der Finanzwirtschaft dieser großen Kurstadt hintanhalten muß, den Konkurs verhüten muß, und auch hintanhalten muß eine Verwaltungskommission für unsere größte deutsche Bäderstadt. Und der von ihm durchgeführte Abbau ist gar nicht zu vergleichen mit dem Abbau, der hier bei den Bezügen der Staatsangestellten vorgenommen wird, da nach dem Abbau die Leute immer noch mehr haben, als hier die Beamten vor dem Abbau, und daß der Abbau für zu gering geachtet wird, beweisen am besten jetzt die Aufträge der vorgesetzten Aufsichtsbehörde. Man kann überhaupt die Ausgleichung des Staatsbudgets und des Budgets einer Stadt nicht auf gleichen Fuß stellen, weil ja sehr genau bekannt ist, daß der Staat in der Lage ist, ganz andere und größere Ersparungen zu machen wenn er will und weil der Staat vor allem in der Lage ist, infolge seiner Finanzhoheit sich neue Einnahmsquellen zu verschaffen, die man den Gemeinden teilweise genommen und teilweise geschmälert hat. Da aber vor dem Gesetzeist, daß die Gewerbe- und Handelstreibenden durch die Erträgnisse des goldenen Sonntags sich so weit gefestigt haben, daß sie eine neue Steuerbelastung ertragen können, hat man hier wiederum versucht die Steuerschraube anzuziehen.
21 neue Steuern und Abgaben oder die Erhöhung bestehender Steuern und Abgaben wurden durch Gesetze oder Verordnungen für die nächsten Wochen angekündigt. Und die Regierung ist bemüht, ihren Staatsbürgern die Erkenntnis beizubringen, daß es eine Lust ist, in diesem Staate zu leben. Und trotzdem bleibt nach den Worten des Herrn Ministerpräsidenten Malypetr der Brand nur lokalisiert. Wenn also gewissermaßen der Feuerwehrkommandant, das Gebäude der Wirtschaft ruhig weiter brennen läßt und den Brand nur lokalisiert, so bemüht er sich nur, das Nebengebäude des Staates zu retten. Es drängt sich dem Beobachter unwillkürlich die Frage auf, warum denn diese Rettungsmannschaft so spät am Brandplatz erschienen ist und warum man überhaupt geduldet hat, daß der Brandherd sich so gewaltig ausdehnen konnte. Wir erinnern uns der Zeiten, wo man an dem Niederbruch der deutschen Industrie seine helle Freude hatte, wo man nicht durch die Brille des Staatsmannes, sondern durch die Brille des Chauvinisten diesen Niederbruch der blühenden deutschen Industrie geradezu begrüßte und heute erkennt man mit Schrecken, daß nicht nur die wichtigsten Steuerquellen in diesem Staate versiegt sind, daß aus diesen Gebieten keine Einnahmen mehr fließen in dem Maße wie früher, sondern daß vielmehr von dort immer mehr und mehr Ansuchen kommen, um in Form der Arbeitslosenunterstützung die Not der Menschen draußen ein wenig zu lindern. Wir müssen daran erinnern, daß durch die Boden- und Wälderreform ungeheuere Vermögen verschleudert worden sind, ausgiebige Steuerquellen zum Versiegen gebracht wurden, und heute wächst die Steuerschuld des neuen Landadels weiter, es wächst das Defizit in der staatlichen Boden- und Waldwirtschaft. Wir wissen, daß Hunderttausende unseres Volkes durch die Krise brotlos geworden sind, ohne daß sie es verhindern konnten, wir wissen aber auch, daß zehntausende Söhne unseres Volkes brotlos geworden sind, nur deshalb, weil sie Deutsche sind. Dafür aber auf der anderen Seite eine ungeheuere Erhöhung des Pensionsetats steigende Gehaltskontos für neue Angestellte und ein steigendes Defizit bei allen Staatsbetrieben, vor allem bei der Eisenbahn, das man keineswegs durch die Verstaatlichung des Autobusverkehrs aus der Welt schaffen wird. Auf die Ausgaben beim Heere und Schulbudget wurde bereits von anderen Kollegen verwiesen. Als Krönung der ganzen Wirtschaftspolitik und als Hauptursache unserer heutigen Not und des Elends müssen wir die verfehlte Handelsund Außenpolitik bezeichnen und Herr Dr. Beneš hat im Laufe dieses Jahres im Ausschuß die Erklärung abgegeben, daß die Èechoslovakei an der Schaffung von größeren Wirtschaftsgebieten gar nicht interessiert ist; und heute muß der Handelsminister jammern, weil er sieht, wie ein Auslandsmarkt nach dem andern verloren geht infolge der falschen frankophilen Einstellung unserer ganzen Außenpolitik und besonders unseres Außenministers.
Als im Frühjahr die Erhöhung der Umsatzsteuer besprochen und beschlossen wurde, da ist eine gewaltige Welle der Beunruhigung durch die ganze Bevölkerung gegangen und wir erinnern an die großen Demonstrationen der Handels- und Gewerbetreibenden, und es war kein geringerer als Herr Dr. Engliš, welcher immer auf diese unmoralische Steuer hingewiesen hat, der auch den Abbau dieser Steuer verlangt hat. Das Gegenteil ist eingetreten. Nicht der Abbau der Umsatzsteuer steht zur Beratung, sondern deren Verschlechterung und Erhöhung, zur selbenZeit, wo andere Staaten trotz der größten Notzeit sich bemühen, die Umsatzsteuer abzubauen, weil sie ja Wirtschaft, Handel und Verkehr so belastet, daß sie sie geradezu erdrosselt und nicht die Wirtschaft wird angekurbelt, sondern die Steuerschraube, wie Herr Koll. Kallina ganz richtig erklärt hat. Wenn wir auch anerkennen, daß es das Bestreben der Regierungsmehrheit sein muß und bleiben wird, den Staatshaushalt ins Gleichgewicht zu bringen, weil das ja die Voraussetzung einer geordneten Staatswirtschaft ist, so muß aber auch eine Regierungsmehrheit, die sich ihrer Verantwortung den Menschen draußen gegenüber bewußt ist, in erster Linie die Wirtschaft beleben, damit Tausende sich in den Wirtschaftsprozeß einordnen können und dann erst eine entsprechende Steuerbasis zu bilden vermögen. Wir haben nichts übrig für eine Staatsführung, die nicht ein Diener der Wirtschaft und ein Diener der Menschen, sondern Zerstörer der Wirtschaft und Bedrücker der Menschen ist, weil sie nicht nur Arbeit und Verdienst in unerhörtem Maße besteuert, sondern auch die Existenz angreift und sich damit nach und nach selbst jene Quellen verschüttet, aus denen heute noch Einnahmen tröpfeln. Immer nur neue Steuern und Abgaben zu beschließen ohne Rücksicht auf die reale Wirklichkeit gleicht dem wahnsinnigen Beginnen eines Kaufmannes, seinen Umsatz dadurch zu erhöhen, daß er täglich die Preise steigert. Sparmaßregeln in allen Ehren, sie dürfen aber nicht Halt machen bei Kleinigkeiten, bei der Ersparung der Beleuchtung in diesem Hause, obwohl die Regierung die Erleuchtung sehr notwendig hätte, nicht Halt machen bei der Beheizung dieses Hauses, weil dann die Abgeordneten hier in diesem Hause genau so zittern wie die Wähler draußen vor den Gesetzen, die ihnen da beschert werden. Man muß aufs ganze gehen, man muß überflüssige Ministerien, das Bodenamt, die Auslandsvertretungen usw. abbauen. Man darf bei Sparmaßnahmen bei der èechischen Sprachgrenze nicht Halt machen, man muß alle gleich behandeln, man darf aber auch nicht Halt machen bei der Polizei und Gendarmerie, bei den Schultrutzburgen, man darf nicht versuchen, das Arbeitslosenproblem dadurch zu lösen, indem man die Ausgaben für den Schießbedarf der Gendarmerie erhöht. Nicht das mächtige Steuerbouquet von 21 neuen Steuern und erhöhten Abgaben darf der Regierungsweisheit letzter Schluß sein. Was wir brauchen ist Belebung, nicht Erdrosselung der Wirtschaft, Maßnahmen, die den Menschen draußen dienen, wir brauchen Brot und Arbeit und wenn man sich keinen Rat weiß und in der Sorge um Menschen aus Gesinnung und Programm keinen Ausweg weiß, dann möge man eben eine Anleihe nehmen aus den Regierungsmethoden anderer Staaten, auch dann, wenn diese Staaten weder der Kleinen noch der Großen Entente angehören.
Die Steuerpraxis führt bei dem vorliegenden Gesetzentwurf zu der Ironie, daß alle sozialistischen Parteien, die sich seinerzeit ungeheuer viel darauf eingebildet haben, die Erhöhung der Mindestgrenze durchzusetzen und ihre Haltung zu dem Gesetze damals damit begründet haben, daß sie den Schutz des kleinen Mannes durch die 150.000 Kè-Grenze festgesetzt haben, daß dieselben sozialistischen Parteien heute für die Aufhebung dieser Grenze eintreten müssen, obwohl die Gründe für die Befreiung heute doppelt so stark und kräftig propagiert werden könnten. Und sie entschuldigen dieses Vorgehen dadurch, daß sie auf der einen Seite eine Pauschalverdächtigung aussprechen, andererseits den Unsinn hier deklarieren, daß durch Umsatzsteuer der Konsum nicht verteuert wird. Beide Behauptungen sind unrichtig und unwürdig und müssen mit aller Schärfe zurückgewiesen werden. Wenn einzelne Steuerträger versucht haben, durch unrichtige Fatierung unter die Befreiungsgrenze zu fallen, so darf nicht der ganze Stand der Handels- und Gewerbetreibenden durch Pauschalverdächtigungen angeprangert werden, ein Stand, der trotz Erschwerung seiner Existenz noch immer eine ganz andere Steuermoral besitzt als jene, die den Staat schon um Millionen geprellt haben und der auch heute noch dem Staate gibt, was des Staates ist. Wenn sich trotzdem einige Fälle von Unregelmäßigkeiten ereignet haben sollten, so werden sie weit aufgewogen durch jene Fälle, wo trotz richtiger Fatierung die Beamten die Befreiung oder nur Milderung der Steuern nicht bewilligt und die Rekurse nicht oder abschlägig erledigt haben. Bei der Umsatzsteuer ist die Belastung des Konsums bekanntlich schon deshalb so schwer, weil sie immer mehreremale auftritt. Sie auf den Abnehmer abzuwälzen ist der Steuerpflichtige berechtigt, ja nach dem Gesetze sogar verpflichtet. Er wird sie also abwälzen, wo dies möglich ist, also auch auf die Arbeitslosen. Wo er sie aber nicht abwälzen kann, bedeutet diese Steuer eine neue ungerechte Besteuerung des Gewerbetreibenden, Kaufmanns und kleinen Landwirts, und zwar eine Belastung, die weder nach dem Wesen noch nach dem Gesetz überhaupt gerechtfertigt ist. Das Trümmerfeld der Wirtschaft wird weiter mit wirtschaftlichen Leichen bedeckt, das Ergebnis von 70 Millionen Kè wird nicht erzielt werden, weil immer weniger Menschen da sind, die diese ungeheure Steuerlast tragen können. Früher galt als Repräsentant der Staatsgewalt der Bezirkshauptmann. Im kommenden Jahr wird es mehr als bisher der Gendarm und Steuerexekutor sein. Niemand hat ein Recht, auf diese republikanischen und demokratischen Errungenschaften stolz zu sein. Geben Sie den Menschen Arbeit und Verdienst und Sie brauchen sich nicht auf Bajonette der Gendarmen zu stützen, auf denen es sich bek anntlich unangenehm sitzt, und Sie brauchen nicht den Steuerbüttel als Schreckgespenst, der sehr oft Vermögenswerte verschleudert und Menschen nach einem arbeitsreichen Leben in ein Nichts zurückschleudert, wodurch das Heer der Almosenempfänger nur vermehrt wird.
Wiederum möchte ich in diesem
Zusammenhang auf die ungelöste Frage der Gemeindefinanzen aufmerksam
machen, weil fast 3 Dutzend neuer Steuern und Abgaben bereits
bewilligt sind oder in kurzer Zeit bewilligt werden sollen, um
die zerrütteten Staatsfinanzen wieder herzustellen, während kein
Finger gerührt wurde die ganze Zeit über, weil nicht einmal nachgedacht
wurde über die ungeheure Not der Gemeinden. Sonst hätten Sie wenigstens
die zu diesem Zwecke geschaffene Kommission endlich einmal einberufen.
Den Gemeinden ist in dieser ganzen Zeit nicht eine einzige Steuerabgabe
zugute gekommen. Sie haben den Gemeinden nicht nur einen Teil
der Einnahmen durch die Umsatzsteuer genommen, Sie haben ihnen
auch die anderen Einnahmsquellen versperrt. Die sinkende Steuerkraft
bringt automatisch immer weniger Gemeindeumlagen und steigert
die Auslagen. Das Wirtschaftsleben wird immer mehr gedrosselt,
so daß es unmöglich ist, das Gleichgewicht in den Gemeindefinanzen
wieder herzustellen, weil die Einnahmen nicht einmal für den Zinsendienst
reichen. Die meisten Gemeinden sind bereits so weit, daß sie die
Zahlung der Zinsen eingestellt haben. Das bedeutet aber keine
Verhinderung des Konkurses, sondern nur ein Hinausschieben des
Zusammenbruches. Die unbezahlten Rechnungen steigen und die Not
wird immer größer. Sie treiben ein gewagtes Spiel. Der Konkurs
der Gemeinden ist unausweichlich. Die gesamte Wirtschaft wird
zur Verzweiflung getrieben durch die stets steigende unerträgliche
Belastung und Sie übernehmen ein Maß der Verantwortung, um das
wir Sie nicht beneiden. Sie untergraben die Volkswirtschaft des
Staates, das Vertrauen der Bürger, Sie gefährden aber auch die
Währung, auf die Sie so stolz sind, austatt aufbauende Arbeit
zu leisten. Wir sind gerne bereit, uns an aufbauender Arbeit zu
beteiligen, weil wir als Opposition ein Interesse nicht nur an
Kritik, sondern an fruchtbringender Arbeit haben. Aber zum Totengräber
der Arbeit können und werden wir uns nicht hergeben. Wir warnen
Sie in zwölfter Stunde und rufen nach Arbeit und Brot. Deshalb
können wir dieser Vorlage nicht unsere Zustimmung geben und werden
gegen sie stimmen. (Potlesk.)
Hohes Haus! Anläßlich des nahenden Weihnachtsfestes geht auch die Regierung in diesem Staate daran Weihnachtsgaben zu verteilen, aber solche, die keine Freude hervorrufen, sondern bei deren Empfang diejenigen, die es trifft, so manchen Fluch auf ihren Lippen haben werden. Nicht nur daß sie jetzt mit diesem Gesetz die Umsatzsteuer weiter erhöhen wollen, stehen auch noch weitere 11 neue Gesetzesvorlagen auf der Tagesordnung, die die zerrütteten Staatsfinanzen wieder aufrichten sollen. Durch diese geplanten neuen Maßnahmen wird weit über eine Milliarde an Steuern und Abgaben der Wirtschaft entzogen werden, wozu noch die 600 Millionen aus dem Gehaltsabbau kommen. Man vergißt dabei ganz darauf, daß durch den Entzug dieser Geldmittel der Wirtschaft ein ungeheuer schwerer Schlag versetzt wird. Die Erfahrung lehrt, daß neue Steuern und Abgaben bei rückläufiger Bewegung der Wirtschaft niemals jenen Ertrag bringen können, den sich die Herren am grünen Tische vorstellen. Wir haben erleben müssen, daß in diesem Jahre die Umsatzsteuer, die seinerzeit als vorübergehend gedacht war, eine 50 %tige Erhöhung erfuhr, und wir müssen heute erleben, daß die erhöhte Steuer jetzt neuerdings eine Verschärfung erfahren soll, in der Form, daß man die bisher freie Grenze der Erhöhung bis 150.000 Kè fallen läßt. Das bedeutet nichts anderes als eine neue schwere Belastung der ärmsten sozialen Schichten der deutschen Handwerker und Kaufleute und des Gewerbestandes im allgemeinen. Ob jene Parteien, die sonst immer den bedrückten Menschen das Wort zu reden vorgeben, es auch heute übers Herz bringen werden, die Hand für ein solches Gesetz zu erheben, darauf bin ich wirklich sehr neugierig.
Diese kleinen Leute werden aber von der Erhöhung umso härter betroffen, als die Bemessung dieser Steuer auf Grund bindender Richtlinien erfolgt, die geradezu ungeheuerlich sind. So wird als Grundlage der Steuerbemessung bei einem Schuhmacher angenommen, daß ein paar Schuhsohlen 24 bis 30 Kè kosten, eine Arbeitskraft 3 paar Schuhsohlen im Tag anfertigt und der Umsatz für eine Arbeitskraft demnach jährlich 20.000 bis 25.000 Kè beträgt.
Wie Sie sich mit eigenen Augen bei jedem Schuhmacher überzeugen können, beträgt der Preis für ein paar Schuhsohlen nicht einmal 50 % der von der Steuerbehörde angenommenen Höhe. Bei der bekannten Konkurrenz durch die Firma Baa ist es lächerlich anzunehmen, daß ein Schuhmacher jährlich 20.000 bis 25.000 Kè umsetzt. Bei einem Schneider z. B. wird pro Arbeitskraft 20.000 bis 25.000 Kè jährlich, bei Damenschneiderinnen 14.000 bis 17.000 Kè Umsatz jährlich angenommen; ein Uhrmacher, der ja nur auf Reparaturen angewiesen ist, soll nach Annahme der Steuerbehörde 20.000 Kè jährlich einnehmen; ein Friseur soll pro Arbeitskraft einen Jahresumsatz von 14.000 bis 24.000 Kè aufweisen; Bauspenglern wird pro Arbeitskraft und Jahr 55.000 bis 65.000 Kè angedichtet; die Bürstenbinder sind besondere Krösusse, welche bei Handarbeit 30.000 bis 35.000 Kè, bei Maschinenarbeit das Doppelte pro Jahr einnehmen; die Korbmacher erzielen nach Meinung der Steuerbehörde jährlich 25.000 bis 30.000 Kè pro Arbeitskraft; eine Strickerin setzt jährlich 40.000 bis 65.000 Kè um; Schlosser, die ja heute zum größten Teil auf Reparaturen angewiesen sind, erzielen Jahresumsatz pro Arbeitskraft von 30.000 bis 45.000 Kè. Schmiede und Sattler, die ja bekanntermaßen infolge des Aufschwunges des Autowesens um den Großteil ihres Erwerbes gekommen sind, erzielen nach Meinung der Steuerbehörde noch immer 25.000 bis 35.000 Kè Jahresumsatz für eine Arbeitskraft.
Meine Herren! Diese Ziffern sind
nicht etwa das Produkt eines Insassen der Bohnitzer Anstalt, sondern
die von der Finanzlandesdirektion unter Zahl XIV 6/32 am 15. März
1932 herausgegebenen und für alle Steueradministrationen verbindlich
erklärten Bemessungsgrundlagen. Hiezu kommt noch, daß diese Umsätze
auch als Grundlage zur
Bemessung der Erwerbs- und Einkommensteuer dienen. Durch diese
Richtlinien werden die Steueradministrationen angewiesen, bei
einer Schuhreparaturwerkstätte 70 bis 80 %, bei Damenschneiderinnen
60 bis 70 %, bei Herrenschneidern 50 bis 60 % des Umsatzes als
steuerpflichtiges Reineinkommen zu bemessen. Die auf Grund dieser
Bemessungsgrundlagen im heurigen Jahre ausgegebenen Vorschreibungen
sind daher um 100 bis 300 % höher als in den vorhergegangenen
Jahren und es ist daher kein Wunder, wenn diese wahnsinnig erhöhten
Steuervorschreibungen von Niemandem bezahlt werden können. Diese
Praxis muß aber auch zu einer vollkommenen Zerrüttung der Steuermoral
führen, weil die Aufschreibungen der Steuerträger überhaupt nicht
beachtet werden und einfach nach diesen mit dem Gesetz im Widerspruch
stehenden Steuerschlüsseln vorgegangen wird. Die Anwendung dieser
unangemessen hohen Bemessungsgrundlagen führt ferner unabwendbar
zu einer Unmenge von Berufungen, die dann durch Jahre hindurch
unerledigt liegen bleiben. Nachdem diese Berufungen keine aufschiebende
Wirkung haben und die in doppelter und dreifacher Höhe vorgeschriebenen
Steuern ohne Gnade und Barmherzigkeit, ohne Verständnis für die
Wirtschaftslage des einzelnen Steuerträgers eingetrieben werden,
sollen jedenfalls auf diesem ungesetzlichen Wege der Staatskassa
neue Einnahmen zugeführt werden. Die Behandlung der Rekurse selbst
macht man sich sehr leicht da man auf die Aufzeichnungen der kleinen
Steuerträger überhaupt keine Rücksicht nimmt.
Wie will man aber dann von den Steuerträgern die Einhaltung der Steuermoral fordern, wenn die Finanzbehörden selbst die Steuermoral derart mit Füßen treten?
Wir fordern, daß unverzüglich Maßnahmen getroffen werden, damit diese wahnsinnig erhöhten Steuern nicht zur Eintreibung gelangen, weil sonst eine Unzahl mittelständischer gewerblicher Existenzen vernichtet werden. Wir fordern aber auch Steuergerechtigkeit und die Abschaffung der Begünstigungen der Konsum- und Verwertungsgenossenschaften und der Großindustrie. Der kleine Flickschuhmacher, der seinen Kunden die Umsatzsteuer nicht aufrechnen kann und die drei- bis vierfache Höhe der Umsatzsteuer für das Rohmaterial bezahlen muß, ist offensichtlich im Nachteil gegenüber dem Großindustriellen derselben Branche, der die Verarbeitung von Rohprodukt bis zum Fertigfabrikat und den Detailverkauf in den eigenen Filialen durchführt und im ganzen nur 4 % Umsatzsteuer zahlt. Auch den Verbänden der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften wurden für die Lieferungen für die angegliederten Genossenschaften und dieser Genossenschaften an die Verbände mit Gesetz Nr. 188/1930 Umsatzsteuerbegünstigungen gewährt. Hier liegen Möglichkeiten zur Erfassung vieler Millionen, die die Erhöhung für Kleingewerbetreibende überflüssig machen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Špatný).
Aus diesem hier vorgetragenen Steuerschlüssel ersehen Sie, welche große Gefahr eigentlich dem kleinen Gewerbe und dem kleinen Handel, also Tausenden und Abertausenden Existenzen droht. Es ist nicht richtig, wenn behauptet wird, daß in allen Fällen der Gewerbetreibende und speziell der kleine und mittlere Gewerbetreibende die Steuer auf den Verbraucher abwälzt. Ich erkläre hier ausdrücklich, daß durch die scharfe Konkurrenz infolge der Wirtschaftskrise heute die Umsatzsteuer vom Gewerbetreibenden selbst bezahlt werden muß. Dieser Preisdruck, der heute in Handels- und Gewerbekreisen vor sich geht, scheint fast unglaublich zu sein. Trotzdem gehen noch die staatlichen Behörden daran, einzelne Genossenschaften und Vereinigungen vorzuladen um zu versuchen, die Preise noch mehr herabzudrücken. Ich würde diesen Herren raten, bei den gewaltigen Trusts und Konzernen anzufangen. An diese trauen sie sich aber nicht heran.