Es ist notwendig, daß man in diesem Zusammenhang auch Vorfälle der letzten Zeit bespricht, die tiefen Einblick in die herrschenden Regierungsmethoden gestatten. Ich möchte hier mit Rücksicht auf die Bespre chung des Militärkapitels vor allem auf einen Vorfall hinweisen, der in seinem Ausklang mich zwingt, unmehr offen damit vor das Parlament zu treten. In der letzten Sitzung des Außenausschusses hatte ich Gelegenheit, in Anwesenheit des Außenministers Dr. Beneš darauf hinzuweisen, daß der Militäraufwand, der in diesem Staate getrieben wurde, unter gar keinen Umständen den Schluß zuläßt, daß es den Verantwortlichen in dies em Staate, also der Regierung, um die Abrüstungsbestrebungen wirklich ernsnst ist, als deren Apostel sich Dr. Beneš bekannt lich als früherer Vorsitzender der Unterkommission der Abrüstungskonferenz ständig ausgibt. Es war eine Irreführung der Welt öffentlichkeit, als man 1926 hinausposaunte, daß das èechische Heeresbudget auf 1400 Millionen limitiert worden sei. Ich habe also in dieser Sitzung des Außenausschusses Herrn Dr. Beneš den Nachweis erbracht, daß die Militärausgaben im Laufe der letzten Jahre nicht verringert wurden u. zw. auf Grund der Ziffern des Staatsrechnungsabschlusses für 1931 und bewiesen, daß die gesamten Militärausgaben im Jahre 1931 den Betrag von 2235 Millionen erreicht haben. Herr Dr. Beneš hat sich daraufhin in seiner Replik zu der unglaublichen Behauptung hinreißen lassen, daß die von mir vorgebrachten Ziffern nicht richtig seien und er hat die Behauptung daran geknüpft, daß seit dem Jahr 1924 die Militärausgaben auf 50 % ermäßigt worden sind. Ich habe daraufhin sofort versucht, zu Wort zu kommen, um diese vollständige Unrichtigkeit zu brandmarken. Der Ausschußvorsitzende, ein sozialistischer Vorsitzender, hat mir daraufhin das Wort entzogen, und, um mich am Weitersprechen zu hindern, sogar die Sitzung geschlossen. Ich habe mich darauf veranlaßt gesehen, am nächsten Tage in der Presse einen Offenen Brief an den Außenminister zu richten, in welchem ich den Nachweis erbrachte, daß die Militärausgaben des Jahres 1924 eine Höhe von 2002 Millionen Kronen erreicht haben und im Jahre 1931 die gesamten Militärausgaben sich auf 2235 Millionen beliefen, also noch höher waren. Ich habe den Herrn Minister Dr. Beneš aufgefordert, zu diesen von mir vorgebrachten Ziffern Stellung zu nehmen. Er hat es bis zum heutigen Tage unterlassen. Ich habe daraufhin dem im letzten Wehrausschuß anwesend gewesenen Wehrminister Bradáè das gleiche Material vorgetragen und ihm zwei Fraggen vorgelegt, mit dem Hinweis auf den Ausspruch des Staatspräsidenten Masaryk, daß in der Politik viel gelogen wird. Ich habe erkllärt, daß hier nur zweierlei Möglichkeiten für die falsche Behauptung des Herrn Dr. Beneš bestehen. Die eine Möglichkeit, daß sich Dr. Beneš geirrt hat. Freilich sollte man annehmen, daß ein Minister, der so viel in Abrüstung macht, sich wenigstens in der Beurteilung der Rüstungsausgaben des eigenen Staates nicht irren soll, falls er überhaupt der richtige Mann am Platze sein will. Die zweite Möglichkeit ist die, daß das Landesverteidigungsministerium Herrn Dr. Beneš falsche Zahlen geliefert hat. Ich habe daher den anwesenden Minister Bradáè aufgefordert, durch seine anwesenden Generäle und Sonderberichterstatter sich das notwendige Material verschaffen zu lassen, um zu meinen Ziffern Stellung zu nehmen. Minister Bradáè erklärte, er sei erst zu kurz in seinem Amte, es sei ihm nicht möglich, gleich auf alle Details einzugehen. Er sei noch nicht entsprechend eingearbeitet, besäße nur große Kenntnisse in dem Ressort, das er früher bekleidete und werde noch einige Zeit brauchen, um sich im Landesverteidigungsministerium ebenfalls so einzuarbeiten. Im übrigen sei es doch eine Angelegenheit des Außenministers Dr. Beneš, seine Behauptungen zu beweisen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Špatný.) Nun, meine Herren, ich wiederhole von dieser Tribüne die Feststellung, daß die Behauptung Dr. Beneš, daß die Militärausgaben seit 1924 um 50 % herabgesetzt worden seien, vollständig falsch ist, weil in Wirklichkeit die Militärausgaben des Jahres 1924 gegenüber dem Jahre 1931 sich gar nicht geändert haben, im Gegenteil laut Staatsrechnungsabschluß die ges amten Militärausgaben im Jahre 1931 sogar noch etwas höher waren. Aus all dem heute vorgebrachten Ziffernmaterial werden Sie so ziemlich Einblick in die wirklichen Verhältnisse innerhalb der Staatswirtschaft gewonnen haben und es bleibt mir nur noch übrig, darauf hinzuweisen, warum man in das jetzige Ermächtigungsgesetz nicht ein bereits beschlossenes Staatsbudget aufgenommen hat, sondern ein noch von keiner verantwortlichen parlamentarischen Körperschaft beratenes und beschlossenes Elaborat, wie dies auf den Voranschlag für 1933 zutrifft. Die Herren von der Koalition behaupten, daß dies deshalb geschehen sei, weil bereits im Voranschlag für 1933 mit niedrigen Ausgabenziffern gerechnet werde.
Meine Herren! Das mag für die
nicht orientierte Öffentlichkeit verfänglich sein und es wird
vielleicht auch manchen in diesem Hause geben, der dies glaubt.
Nun glaube ich Ihnen verraten zu können, wie es sich in Wirklichkeit
verhalten dürfte. Man hat diesen Voranschlag für 1933 als Beilage
zum Ermächtigungsgesetz wohl nur deshalb genommen, um nicht auf
das letzte Staatsbudget zurückgreifen zu müssen, denn es ist nicht
wahr, daß man in den ersten zwei Monaten des neuen Kalenderjahres
deshalb höhere Ausgaben hätte machen müssen. Man hätte doch festlegen
können, daß die Ziffern der einzelnen Ressorts zur Grundlage genommen
werden, abzüglich etwa 30 %. Wenn man ein solches Ermächtigungsgesetz
gemacht hätte, dann wären eben auch Abstriche beim Heeresministerium
durchgeführt worden und das mußte wohl mit Hilfe der Sozialisten
unter allen Umständen verhindert werden. Das ist die wahre Ursache,
warum man zu diesem Auskunftsmittel gegriffen hat und den noch
nicht beratenen und beschlossenen Voranschlag für das Jahr 1933
zur Grundlage genommen hat. Es mußte unter allen Umständen verhindert
werden, irgendwelche Abstriche am Militärbudget vorzunehmen. Eine
Streichung von 25 oder 30% an allen Ressorts hätte eben auch das
zum größten Teil nur auf unproduktiven Ausgaben bestehende Militärbudget
getroffen. Das ist das Ei des Kolumbus des vorliegenden Ermächtigungsgesetzes.
Freilich, das wird die einzelnen sozialistischen Koalitionsgenossen
nicht hindern, in ihrer Presse weiter antimilitaristische Artikel
zu veröffentlichen, das wird sie nicht hindern, am 1. Mai Transparente
mit der Aufschrift "Nieder mit dem Militarismus" vorantragen
zu lassen. Der Siebenerausschuß hat daher die Aufgabe unternommen,
unter Führung der Sozialisten einen Budgetvoranschlag durchzuarbeiten,
in dem an allen Ressorts mit Ausnahmahme des Militärkapitels Streichungen
vorgenommen werden. Das ist ja der eigentliche Sinn und Zweck
der Beratungen im Siebenerausschuß. Denn es ist bezeichnend, daß
man gerade bei jenen Kapiteln so scharf zusammengestrichen hat,
die für die Belebung der Wirschaft, für Förderung von Handel und
Gewerbe und für die Schaffung von produktiver Arbeit in Frage
kommen. Es wurde an den Investitionsbeträgen gestrichen, die es
allein ermöglicht hätten, daß wieder Zehntausende oder Hunderttausende
arbeitslose Menschen zu Brot und Verdienst gekommen wären. Also
der Siebenerausschuß hatte nur die Aufgabe zu verhindern, daß
an den unproduktiven Ausgaben des Militärkapitels gestrichen wird
und daß überall Streichungen an den Kapiteln durchgeführt werden,
die es wirklich ermöglicht hätten, der produktiven Arbeitslo senfürsorge
Hunderte von Millionen zuzuwenden. Infolge dieser, die Wirtschaft
so schädigenden Maßnahmen des Siebenerausschusses, die dann dem
Ermächtigungsgesetz zugrundegelegt wurden, wird naturgemäß im
kommenden Jahre die Arbeitslosigkeit immer mehr um sich greifen.
(Výkøiky.)
Místopøedseda Špatný (zvoní):
Prosím o klid.
Posl. inž. Kallina (pokraèuje): Und durch die vom Siebenerausschuß mit großem Eifer entdeckten 22 neuen Einnahmsquellen wird die ganze Wirtschaft erschlagen. Den Staatsbeamten wurde bekanntlich ein kleiner Aderlaß von 600 Millionen zugedacht. Heute nachmittag wird bereits das Gesetz über die Umsatzsteuer der Beschlußfassung zugeführt werden, auf Grund dessen alle die mehr oder weniger zus ammenbrechenden kleinen Handels- und Gewerbeleute getroffen werden sollen. Durch alle anderen Maßnahmen wird dafür Sorge getragen werden, daß Handel und Wandel restlos zum erliegen kommt, nur damit die Herren Koalitionsabgeordneten des Siebenerausschusses mit Stolz darauf ninweisen können, daß es ihrer aufreibenden Arbeit gelungen sei, zu verhindern, an den unproduktiven Ausgaben des Militärkapitels auch nur einen Heller streichen zu lassen. Es ist interessant, daß sogar der offizielle Bericht, der dem Staatsvoranschlag für 1933 angeschlossen ist, den Beweis dafür liefert, daß unter dieser ausschlaggebenden Mitwirkung der sozialistischen Parteien die Militärausgaben für 1933 perzentuell gegenüber dem Vorjahre gestiegen sind. Auf Seite 190 ist ausdrücklich ausgewiesen - da sind bekanntlich nur die Militärausgaben, die im Heereskapitel ausgewiesen sind, nicht die versteckten Posten, die in anderen Ressorts stecken - hier ist ausdrücklich ein höherer Prozentsatz angeführt. Im Jahre 1932 betrug der Anteil der Militärausgaben am Gesamtbudget 14.05 %, im Jahre 1933 wird er 14.51% betragen. Hier ist offiziell festgestellt, daß unter Mitwirkung der sozialistischen Parteien der prozentuelle Anteil an den Heeresausgaben gestiegen ist und das in dieser schwersten Krisenzeit, im Augenblick, wo wir vor dem schwersten Krisenwinter stehen.
Ich glaube, alle diese von mir
vorgebrachten Tatsachen beweisen zur Genüge, daß man weder von
einem aktiven noch einem ehrlichen Budget sprechen kann und man
muß sich da an ein Wort Masaryks erinnern, der gesagt hat,
daß in der Politik sehr viel gelogen wird. (Posl. Horpynka:
Die "Prager Presse" hat die Aufschrift: "Budget
1933 im Gleichgewicht", mit so großen Buchstaben!) Ich
werde selbstverständlich bei der sogenannten ordentlichen Beratung
des Staatsvoranschlages noch auf nähere Details eingehen, aber
ein Detail darf ich heute der Öffentlichkeit nicht vorenthalten.
Bei Durchsicht des Voranschlages, Kapitel 4, Auswärtiges Ministerium,
kommt man auf interessante Feststellungen. Wir haben in den vergangenen
15 Jahren immer darauf hingewiesen, daß sich in diesem Kapitel
Auswärtiges Ministerium unter den verschiedensten Posten ein schwarzer
Fonds von rund 40 Millionen verbirgt. Die unterschiedlichen Regierungsabgeordneten,
die den Voranschlag immer verteidigten, behaupteten, das wäre
unwahr, sie erklärten, daß der schwarze Fonds nur aus 12 Millionen
Kronen besteht. Es ist nun interessant, daß nunmehr heuer der
Siebenerausschuß nicht umhin konnte, den Beweis für unsere Auffassung
zu liefern. Er hat interessanterweise zur Streichung fast dieselben
Posten herausgesucht, die wir immer früher als den schwarzen Fonds
angeführt haben und dieser schwarze Fonds wurde zum Teil
gestrichen, nämlich um den Betrag von 30 Millionen Kronen. Der
verbliebene schwarze Fonds von 10 Millionen Kronen blieb erhalten
und trotzdem konnte ich noch Posten im Betrage von 8 Millionen
vorfinden, die sich mit den gestrichenen Posten nicht decken.
Es verbleibt also noch ein schwarzer Fonds von 18 Millionen allein
in diesem Ministerium. Es ist interessant, welche Posten der Siebenerausschuß
gestrichen hat, wir haben diese Posten immer als zum schwarzen
Fonds gehörig bezeichnet. Das sind z. B. die Mitgliedsbeiträge
für ausländische Vereine und Korporationen.
Místopøedseda Špatný (zvoní):
Upozoròuji pana øeèníka, že jeho øeènická lhùta už dávno uplynula.
Posl. inž. Kallina (pokraèuje): Ich wurde wiederholt unterbrochen und diese Zeit muß unbedingt abgerechnet werden.
Ich kann feststellen, daß in dem Augenblick, wo diese Streichung in Kraft treten wird, zum Beispiel die deutsche Friedensgesellschaft unter Führung des berüchtigten Herrn Prof. Foerster ihre Tätigkeit wird einstellen müssen. Entsetzen ist in ihren Kreisen schon ausgebrochen, weil nunmehr der èechische "Vereinsbeitrag" ausbleiben soll. Aus diesen Beiträgen, diesen ausländischen Vereinsbeiträgen und Unterstützungen ausländischer Korporationen, die im Dienste der "Erhaltung des Diktatfriedens" arbeiten, setzten sich vor allem diese Posten zusammen.
Eine weitere interessante Post läßt erkennen, daß im Jahre 1933 plötzlich der Beamtenstand der Zentrale des Außenministeriums um 86 Beamte verringert wird. Ich habe bereits im Budgetausschuß auf diese auffallende Tatsache hingewiesen und der Vermutung Ausdruck gegeben, daß diese 86 Beamte vielleicht überhaupt nicht vorhanden waren. Ich konnte es mir nicht erklären, daß plötzlich über Nacht 86 Beamte aus einem Amt verschwinden können. Der anwesende Minister Vlasák hat mir die Aufklärung gegeben und gesagt, es wäre falsch anzunehmen, daß diese Beamte nicht vorhanden gewesen wären, sie seien vorhanden gewesen, ich möge nur einige Blätter weiter nachsehen und da werde ich finden, daß diese 86 Beamten ab 1. Jänner 1933 den Gesandtschaften zugeteilt werden. Ich bitte sich diese Antwort vor Augen zu halten. Denn aus ihr erhellt, was wir immer behauptet haben, daß es nämlich in einzelnen Zentralstellen zu viel Beamte gibt. Der Beweis ist dadurch erbracht, daß man ab 1. Jänner 1933 im Außenministerium in Prag mit einem Schlage auf die Tätigkeit von 86 Beamten verzichten kann. Vor Jahren hat Herr Dr. Beneš immer die großen Posten für Übersiedlungen damit begründet, daß die Beamten turnusweise aus dem Ausland zurückberufen und nach mehrjähriger Dienstleistung wieder ins Ausland zurückgeschickt werden. Vom dienstlichen Standpunkt ist das erklärlich. Aber wenn auf die Tätigkeit von 86 Beaniten in der Zentrale verzichtet wird, so beweist das, daß diese Beamten keine Arbeit haben, es beweist auch, daß man sie draußen nicht braucht, sonst hätte man sie früher hinausschicken müssen. Hier stimmt etwas nicht, es ist etwas faul im Staate Dänemark und ich hoffe, daß wir uns bei der Beratung dieses Kapitels im Budgetausschuß die notwendigen Erklärungen erzwingen werden, weil wir dann die Möglichkeit haben, uns an die sog. Spar- und Kontrollkommission zu halten, die ja nach dem Wortlaut des Gesetzes und nach der Begründung, die gestern der Referent Herr Dr. Stránský vorgetragen hat, dazu berufen ist, endlich einmal Ordnung in die Staatsverwaltung und Staatswirtschaft zu bringen. Herr Dr. Stránský hat gestern erklärt, er teile die Menschen - da meint er wohl die Abgeordneten - in anständige und unanständige ein. Entweder wird die Mehrheit der Siebenerkommission Ordnung innerhalb der Staatswirtschaft schaffen, dann besteht sie aus anständigen Menschen, oder sie schafft nicht Ordnung, dann hat Herr Dr. Stránský auch schon die Antwort gegeben. Diese Spar- und Kontrollkommission, wie sie sich nennt, bestand schon einmal und es ist für die Verhältnisse bezeichnend, daß man ein neues Gesetz vorlegt, ohne das alte richtig aufgehoben zu haben. Es war im Jahre 1921, wo eine Korruptionsaffäre die andere jagte und man sich unter dem Druck der Öffentlichkeit genötigt sah, wenigstens eine schöne Geste zu machen und eine solche Spar- und Kontrollkommission ins Leben zu rufen. Das Gesetz trägt das Datum vom 12. August 1921. Diese Kommission hat ihre Tätigkeit zwar aufnehmen wollen, und sie ist das erstemal anläßlich der merkwürdigen Affäre zusammengetreten, die sich um den Kauf des Hauses für das Bodenamt abgespielt hat. Als aber in diesem Ausschuß die anständigen Menschen - ich halte mich an die Bezeichnungsweise des Dr. Stránský - verlangten, daß das Ergebnis der Erhebungen der Kontrollkommission in Druck gelegt und dem Abgeordnetenhause zugeleitet werden solle, als also die Kontrollkommission von ihrer Machtvollkommenheit Gebrauch machen wollte, da zerschlug sich die Kommission. Man erklärte, daß bei Durchführung dieses Beschlusses, also der Forderung nach Berichterstattung an das Parlament aut matisch die Koalition sich zerschlagen hätte. Nur um die Koalition zu retten, wurde also die Kommission in die Wüste geschickt. Diese Tatsache läßt tief blicken. Auch jetzt wird wieder eine Kontrollkommission geschaffen und wir wissen, aus den vergangenen Beweisen im Jahre 1921, daß zwar diese Kontrollkommission wird ins Leben treten dürfen, daß sie vielleicht sogar einmal eine Erhebung wird einleiten dürfen, daß sie aber im Interesse der Aufrechterhaltung der Koalition ihre Arbeit nicht wird fortsetzen dürfen. Diese Tatsache müssen wir uns vor Augen halten, wenn wir überhaupt zum Gesetzantrage betreffend die Spar- und Kontrollkommission Stellung nehmen wollen. Es ist wohl anzunehmen, daß man es wieder nur mit einer Geste zu tun hat, die man gegenüber der aufgeregten steuerzahlenden Bevölkerung und der öffentlichen Beamtenschaft macht, um der Beamtenschaft und der Bevölkerung vorzugaukeln, daß nunmehr die Mitglieder dieser Spar- und Kontrollkommission in die Staatswirtschaft Ordnung bringen werden. Meine Herren, der vorliegende Entwurf, bzw. eine Reihe von Bestimmungen lassen erkennen, daß die Verantwortlichen in diesem Staate tatsächlich keine ordentliche Kontrolle haben wollen, denn falls sie diese wollten, so brauchten sie nur die bestehenden Körperschaften damit betrauen, denen diese Aufgaben zufallen sollten. Wir haben emen Budgetausschuß, wir haben ein Oberstes Rechnungskontrollamt, aber wir haben keine Kontrolle. Der Präsident des Obersten Rechnungskontrollamtes hat uns in den Jahren 1925 und 1926 wiederholt im Budgetausschuß, als wir ihn wegen der kontrollosen Wirtschaft im Staatshaushalt schärfer angegriffen haben, erklärt: Meine Herren, ich bin unschuldig, ich habe keine Macht. Wörtlich hat Dr. Körner damals erklärt: "Ich bin nur mehr oder weniger eine Art Oberbuchhalter, der die Ziffern, die die einzelnen Ministerien dem Obersten Rechnungskontrollamt zur Verfügung stellen, fein säuberlich untereinanderzustellen und zu addieren hat. Eine Kontrolle steht dem Obersten Rechnungskontrollamt gar nicht zu." Hier also liegt der Hase im Pfeffer. Hier müßte man, wenn man Ordnung schaffen will, einsetzen. Das Oberste Kontrollamt müßte vor allem mit entsprechenden Machtvollkommenheiten ausgestattet werden. Der Präsident müßte Ministerrang erhalten, müßte gleichberechtigtes Mitglied des Ministerrates sein und müßte das Recht haben tatsächlich die einzelnen Ressorts zu kontrollieren und bei Überschreitungen des Finanzgesetzes die Minister zur Verantwortung und zur Rechenschaft zu ziehen. Mit der jetzt zu schaffenden Spar- und Kontrollkommission meint man es jedenfalls nicht ernst, sondern man will nur mit einer Geste die Öffentlichkeit beruhigen, d. h. irreführen.
Alle diese Tatsachen muß man sich vor Augen führen, wenn man zu diesem Gesetzesantrag einer Kontrollkommission Stellung nehmen will. Ich bitte sich vor Augen zu halten, daß fast alle Minister, vor allem die Heeresminister, in den vergangenen 15 Jahren systematisch ihr Budget überschritten und damit die einzelnen Bestimmungen des Finanzgesetztes verletzt haben. Keiner wurde zur Verantwortung gezogen, sondern allen wurde durch die Annahme der Staatsrechnungsabschlüsse Jahr für Jahr das Absolutorium erteilt und es wird systematisch so weitergewirtschaftet werden. Diese neue Kontrollkommission hat selbstverständlich gar keine Möglichkeit, selbst wenn sie nach Dr. Stránský nur aus ständigen Menschen bestünde, denn es ist ja bezeichnend, daß in diesen Gesetzesantrag sofort eine Reihe von Bestimmungen hineingenommen wurden, die auch den Herrn Dr. Stránský sehr merkwürdig anmuteten. Aber er hat sich darüber hinweggesetzt, indem er erklärte, es kommt nicht auf den Wortlaut der Paragraphen an, entscheidend sei der Geist, der Charakter der einzelnen Mitglieder der Kommission. Nun kann ja nicht geleugnet werden, und wer die Bestimmungen dieses Entwurfes durchliest, kann es feststellen, daß auch dieser Kontrollkommission die Kontrolle über das wichtigste Amt in diesem Staate entzogen wurde u. zw. das Bodenamt. In dem Gesetze, mit dem das Bodenamt ins Leben getreten ist, heißt es im § 15 des Gesetzes vom 16. April 1919 ausdrücklich, daß das Bodenamt verwaltet wird von einem Präsidenten, der ernannt wird vom Präsidenten der Republik, und von einem Verwaltungsrat, der von der Nationalversammlung gewählt wird. Seit mehr als 13 Jahren bestehen diese gesetzlichen Bestimmungen, sie wurden aber bis zum heutigen Tage nicht eingehalten. Das Parlament hat sich seines wichtigsten Rechtes, des Kontrollrechtes des Bodenamtes begeben und bis zum heutigen Tage die Wahl dieses Verwaltungsrates des Bodenamtes nicht durchgeführt und jetzt das Bodenamt nicht einmal unter den Einfluß dieser Kontrollkommission gestellt. Das wichtigste Amt des Staates, das von einer kolossalen wirtschaftlichen Bedeutung ist, das über Milliardenwerte in diesem Staate verfügt, wird nach wie vor jeder parlamentarischen Kontrolle entzogen und da tut man so als ob man ernstlich gewillt wäre, Ordnung in den Staatshaushalt, in die Staatsverwaltung zu bringen.
Meine Herren, ich glaube, diese
wenigen Tatsachen, die ich angeführt habe, lassen erkennen, daß
man gar nicht ernstlich bemüht ist, diese Kontrollkommission kontrollieren
zu lassen. Man hat nur Dr. Stránský, der ja wiederholt
hier schon als öffentlicher Ankläger aufgetreten ist, wieder einmal
in dieser Rolle zur Beruhifung der Öffentlichkeit aufmarschieren
lassen. Aber nach Jahr und Tag wird davon nichts mehr zu hören
sein, es wird so sein wie es mit einer anderen Kommission gegangen
ist, nämlich mit der Unterkommission des Wehrausschusses, die
vor drei Vierteljahren eingesetzt und mit der Aufgabe betraut
wurde, die Ursachen der Soldatenselbstmorde und Soldatenmißhandlungen
zu untersuchen und darüber Bericht zu erstatten. Die Koalitionsabgeordneten
hatten unter Mißbrauch und Verletzung der demokratischen Grundauffassung
bei der Zusammensetzung dieser Unterkommission im Wehrausschuß
alle oppositionellen Abgeordneten ausgeschlossen; wir haben schon
damals erklärt, daß dieser Unterausschuß infolgedessen gar nicht
wirklich die Absicht hat, zu arbeiten und tatsächlich ist er seit
drei Vierteljahren überhaupt noch nicht einmal zusammengetreten,
geschweige denn, daß er einen Bericht erstattet hätte. Wir sehen
also, welchen Zweck man verfolgt, wenn man von vornherein die
oppositionellen Abgeordneten ausschließen will. Auch hier in der
Kontrollkommission ist vorgesehen, daß zwar die Kommission aus
24 Mitgliedern besteht, aber - und das ist die Umsetzung der sozialistischen
Theorie von der Gleichberechtigung und Demokratie in die Praxis
- man teilt diese 24 Mitgieder in zwei Kategorien, in die Einflußlosen
und in die Einflußreichen. In welche Kategorie nach seiner Kennzeichnung
der menschlichen Gesellschaft Dr. Stránský die einen und
die andern zählt, wird die kommende Entwicklung lehren. Man hat
selbstverständlich sofort eine Barriere aufgerichtet durch Einsetzung
eines Ausschusses, einer Subkommission - den Ausschluß der Opposition
vorgesehen. Es heißt da: Dieser sogenannte Ausschuß, der allein
mit Vollmachten ausgestattet wird, besteht aus dem Präsidenten,
den beiden Vizepräsidenten und Schriftführern und weiter aus 3
bis 6 Mitgliedern. Diese 3 bis 6 Mitglieder wurden offenbar deshalb
hineingenommen, um gemäß der Kennzeichnung des Herrn Dr. Stránský
die entsprechende Auswahl treffen zu können. (Posl. dr Stránský:
Aby byla možnost podle jednotlivých vìtšinových stran. Já vám
to otevøenì øíkám, to bude majoritní výbor!) Also unter Ausschaltung
der Opposition. (Výkøiky posl. Babela.)
Místopøedseda Špatný (zvoní):
Volám pana posl. Babela k poøádku.
Posl. inž. Kallina (pokraèuje): Der Berichterstatter hat jetzt die Freundlichkeit, offen zuzugeben, daß die Bestimmung der Zuwahl von 3 bis 6 Abgeordneten nur zu dem Zweck getroffen wurde, um es zu ermöglichen, daß alle Koalitionsparteien in diesem Ausschuß einen Vertreter haben. D. h. also von vornherein, daß der undemokratische Standpunkt von der Koalition vertreten wird, daß kein oppositioneller Abgeordneter in diesen Ausschuß gewählt werden darf. Das ist bezeichnend für die Auffassung der Demokratie und die Nutzanwendung in den Kreisen, die heute in diesem Staate herrschend sind. Man will also unter allen Umständen verhüten, daß ein Abgeordneter der Oppositionsparteien in diesen Ausschuß hineingewählt werde. Also von vornherein zweierlei Recht. Das war also der Sinn und Zweck dieser undemokratischesten Bestimmung, die man sich denken kann. (Posl. dr Stránský: Já vám v doslovu tuto vìc vysvìtlím, pane kolego!) Herr Kollege, Sie waren vorhin nicht anwesend, als ich von der Tätigkeit der ersten Kontrollkommission des Jahres 1921 sprach. Ich glaube, Sie waren auch daran mitbeteiligt. Dieser Ausschuß wurde ebenso nur im Koalitionsinteresse und nicht im Interesse der Kontrolle der Staatswirtschaft beantragt wie der jetzige.
Aus all dem Gesagten geht hervor,
daß man hier systematisch die Opposition an die Wand drängen will
und sie zu Mitgliedern zweiter Klasse in diesem Parlamente stempeln
will, also das, was wir immer behauptet haben, wird hier offen
zugegeben. Und an dieser Politik beteiligen sich hervorragende
Mitglieder der sozialistischen Parteien, was unter allen Umständen
festgehalten zu werden verdient. Ich habe schon darauf hingewiesen,
daß auch die èechische Presse, und zwar die anständige èechische
Presse sich mit diesem Kontrollausschuß beschäftigt hat und daß
diese ausdrücklich erklärt hat, daß nur dann, wenn eine Trennung
dieses Kontrollausschusses von den Koalitionseinflüssen platzgreift,
überhaupt ein Kontrollausschuß Sinn und Zweck hat. Und nun wird
mir soeben vom Herrn Dr. Stránský bestätigt, daß der Kontrollausschuß
in seiner ausschlaggebenden Unterkommission nur von Koalitionsabgeordneten
beschickt werden darf. Das beweist, daß man genau das Gegenteil
von dieser Forderung des anständigen èechischen Blattes macht.
Místopøedseda Špatný (zvoní):
Upozoròuji po druhé pana øeèníka, že svoji øeènickou lhùtu
již dávno pøekroèil.
Posl. inž. Kallina (pokraèuje): Ich komme zum Ende.
Aus diesen meinen Ausführungen
geht hervor, daß naturgemäß von einer Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz
betreffend den Staatsvoranschlag seitens unserer Partei überhaupt
keine Rede sein kann, noch viel weniger von einer Zustimmung zur
Schaffung dieser Kontrollkommission, besonders nach den Aufklärungen,
die uns soeben der Berichterstatter Dr. Stránský gegeben
hat, weil durch diese Ausführungen bestätigt wurde, was wir bisher
nur vermutet haben, daß grundsätzlich die Opposition von der Tätigkeit
dieses Kontrollausschusses ausgeschaltet werden soll und daß es
sich tatsächlich nur um eine Geste handelt, die man der erregten
Öffentlichkeit gegenüber macht, um ihr vorzutäuschen, daß von
nun ab in die Staatswirtschaft Ordnung gebracht werden solle.
Aus all diesen vorgebrachten Gründen werden wir sowohl gegen das
Ermächtigungsgesetz, wie auch gegen das Gesetz über die Spar-
und Kontrollkommission stimmen. (Potlesk.)
Hohes Haus! Es ist jetzt zum Schlusse von meinem Vorredner Herrn Ing. Kallina von der Kontrollkommission gesprochen worden, von der Form und vom Geist derselben. Ich überreiche hier eine Miniaturausgabe des Inhaltes, der Form und des Geistes, damit auch diese Kontrollkommission wenigstens in Winzigkeiten Gelegenheit bekommt, ihr Spartalent zu beweisen. Es ist soeben die Tagesordnung ausgewechselt worden. Wenn Sie sie mit der letzten Tagesordnung vergleichen, so fehlt am Rand ein einziger Name. Alle diese Mehrarbeit hätte man sich ersparen können, wenn man nicht an der Form hinge, sondern am Inhalt und wirklich am Geiste.
Zum Budgetprovisorium selbst übergehend, kann man wohl sagen, daß sich das Prager Parlament wohl noch nie in einer größ eren Verlegenheit befand, als jetzt im gegenwärtigen Augenblick, deswegen, weil zu einem Provisorium geschritten werden muß, für das eigentlich die Unterlage da ist. Denn das Provisorium stützt sich auf den bereits gebundenen Staatsvoranschlag. Es wäre infolgedessen praktisch, aber auch theoretisch nach dem Gang der Verhandlungen dasselbe, ob man über die ersten zwei Monate oder über sämtliche 12 Monate abstimmt. Es wäre auch eine Sache der Spar- und Kontrollkommission, die Zeit nicht ein zweitesmal in Anspruch zu nehmen, sondern die Energien auf andere Dinge, zum Nachdenken über andere Probleme zu verwenden. Es muß infolgedessen ein tieferer innerer Grund da sein, der bis zu einem gewissen Grade die Koalition selbst wie vor einer Berri@ere Halt machen läßt, sodaß sie sich selbst innerhalb der Wirtschaft der nächsten 12 Monate nicht klar ist, wie sie die nächsten zwei Monate, Jänner und Feber, überstehen wird. Das läßt darauf schließen, daß die Schere in den Einnahmen und Ausgaben des Staates viel weiter auseinanderklafft, als die provisorischen Ziffern - bis jetzt sind es provisorische Ziffern, weil noch die Genehmigung aussteht - eine solche Überbrükkung möglich erscheinen lassen. Das Budgetprovisorium ist eine momentane Verlegenheit. Es spiegelt nicht den wirklichen Stand der privaten Wirtschaft und ihrer Steuerergiebigkeit wieder, noch weniger ist der eigentliche Stand der Staatswirtschaft oder der staatskapitalistisch betriebenen öffentlichen Betriebe, ob man sie nun als kommerzielle oder als Monopolbetriebe anspricht, gekennzeichnet.