Meine Herren! Die Art und Weise, in welcher ein Gesetzesantrag von großer wirtschaftspolitischer und handelspolitischer Bedeutung hier behandelt wird, muß wirklich Widerspruch erregen. Ich muß zuerst einmal dagegen protestieren, daß das Präsidium, wahrscheinlich mit Rücksicht auf die kommenden Weihnachtsferien, sich veranlaßt gesehen hat, die Redezeit auf 5 Minuten pro Mitglied eines Klubs festzusetzen. Als die Herren von der sozialdemokratischen Seite noch in der Opposition waren da haben gerade sie sich sehr energisch gegen die Drosselung der Redezeit verwahrt. Jetzt, wo die Herren an der Macht sind, müssen wir es erleben, daß wir, die wir damals 10 Minuten Redezeit pro Mitglied bekommen haben, von ihnen, wo sie an der Macht sind, nur 5 Minuten bekommen. (Výkøiky na levici.) Es war schon beschämend, daß im sozialpolitischen Ausschuß zum Durchpeitschen dieser Vorlage ein unvorbereiteter Berichterstatter die Debatte einleiten mußte. Für Freitag vorige Woche, den 16. Dezember, war nach Schluß der Plenarsitzung der Budgetausschuß des Abgeordnetenhauses zur Beratung über diese Vorlage einberufen. Da stand als Referent für den Gesetzesantrag Druck Nr. 2099 der Abg. Adámek auf der Einladung zum Budgetausschuß. Zu dieser Sitzung kam es nicht, sie wurde auf Montag vormittag verlegt, und als der Budgetausschuß Montag vormittag zusammentrat, stellte es sich heraus, daß dieser kleine Adam im èechoslovakischen Parlament plötzlich verloren gegangen ist, und die Berichterstattung über dieses Gesetz mußte der Vorsitzende des Budgetausschusses Herr Dr. Èerný selbst unvorbereitet übernehmen. So behandelt man nicht ein Gesetz, dessen katastrophale Auswirkungen 500.000 - mit Familienangehörigen mindestens 2 Millionen - Menschen am eigenen Leib zu spüren bekommen.
Der Regierungsantrag Druck Nr. 2099 nennt sich bescheiden "Ersparungsmaßnahmen bei den Personalausgaben". Jetzt sehen wir, wenn wir uns die Folgen dieses Gesetzes einmal durchdenken, wie furchtbar sich die allgemeine Wirtschaftskrise auch auf uns auswirkt, wie diese eine Krise der Staatsfinanzen bei uns hervorgerufen hat. Hier ist die herrlichste Illustration zu dem geflügelten Wort des Herrn Außenministers Dr. Beneš, der vor bald einem Jahr im Böhmerwald gesagt hat: "Wir haben diese Krise überstanden, ohne zu wissen wie, wir haben gar nicht gespürt, daß wir in einer Krise waren, wir sind die Insel der Seligen." Ich kann es begreiflich finden, daß die erste Sorge der jungen Regierung Malypetr das Gleichgewicht im Staatshaushalt ist. Ist doch die Parole für unser innerpolitisches Tun hier in diesem Staate immer: "Wir müssen die Krone halten, an der Valuta darf nichts geändert werden." Nun hat die Krone nur zwei Stützen: die eine ist die aktive Handelsbilanz, die zweite das Gleichgewicht im Staatshaushalt. Die aktive Handelsbilanz ist gewesen, die gehört der Vergangenheit an. Unsere Handelsbilanz ist passiv und bleibt passiv, und daran wird sich gar nichts ändern, wenn auch im wi rtschaftspolitischen Teil der Zeitungen manchmal mit fetten Lettern geschrieben steht, daß in diesem oder jenem Monat das Aktivum der Handelsbilanz 10, 15 oder 20 Millionen Kè betragen hat. Das rettungslose Passivum der Handelsbilanz ist die Folge der unglückseligen Handelspolitik, die unter dem Diktat des Herrn Außenministers Dr. Beneš in diesem Staate gemacht wurde. (Výkøiky posl. dr Schollicha, Prauseho a Krebse.) Wir sind mit unseren Waren von den Auslandsmärkten verdrängt, die Autarkiebestrebungen, die Devisenabsperrungen haben das restliche getan und heute schauen wir trostlos ins Leere, weil wir die Befürchtung haben müssen, daß wir uns diese Auslandsmärkte niemals werden zurückerobern können und unsere Handelsbilanz auch fürderhin passiv bleiben wird. (So ist es!)
Die zweite Stütze der Krone ist das aktive Budget. Ich behaupte: dieser Staatsvoranschlag ist überhaupt nicht mehr ins Gleichgewicht zu bringen. Jetzt erfahren wir, wie schlecht in diesem Staate in den ganzen 14 Jahren seines Bestandes gewirtschaftet wurde. Dieser Staat hat mit Null Schulden und einem kolossalen Aktivsaldo begonnen. Die Vermögensabgabe sollte die Grundlage für den Goldschatz dieser Republik sein. Der Staat hat Konjunkturjahre mitgemacht, begreiflicherweise hervorgerufen durch den Warenhunger der Nachkriegszeit. (Posl. Dubický: To by tam nebyli smìli býti socialisté, aby to neprohospodaøili!) Ich habe den Herrn Zwischenrufer nicht verstanden.
Der Staat hat Konjunkturjahre mitgemacht, die Steuereingänge waren kolossal groß und in Kurzsichtigkeit haben die Staatsmänner jedes Jahr ein kolossal aufgeblähtes Budget dem Parlamente vorgelegt. Es wurde derart unverantwortlich gewirtschaftet, daß wir vor kurzer Zeit anläßlich der Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten Malypetr erfahren haben, daß wir an Zinsen für die Staatsschulden ohne Amortisation, ohne die sog. Befreiungstaxe an die siegreiche Entente, jährlich die Kleinigkeit von 1870 Millionen Kronen bezahlen müssen. 6 Milliarden Steuerrückstände hat man auflaufen lassen. Jeder Volkswirtschaftler weiß, daß sich die Volkswirtschaft in Wellenlinien bewegt; es gibt Konjunkturzeiten, es gibt Zeiten des Niederganges und des Tiefstandes. Niemand ist es eingefallen, für die Zeit des Tiefstandes hier in diesem Staate Reserven zu schaffen. Und die Schuldigen an der Staatswirtschaft? Ja, wir kennen sie; aber was nützt uns diese Kenntnis? Jetzt begreifen wir, warum die Èechoslovakei jenes in der Verfassung angekündigte Gesetz über die Ministerverantwortlichkeit bis zum heutigen Tage noch nicht hat. Die Herren wissen genau, warum sie sich durch das Auslassen dieses Gesetzes decken. Jetzt heißt es plötzlich: wir wollen den Staatshaushalt ins Gleichgewicht bringen und da müssen Sparmaßnahmen ergriffen werden. Das Milliardendefizit des Staatshaushaltes soll jetzt beseitigt werden und alle Mittel, die man ergreift, werden dem simpelsten Menschen ohne jede Vorbildung und Schulung zeigen müssen, daß all das, was hier versucht wird, Schläge ins Wasser sind. (Souhlas.) Auf der einen Seite baut man die Bezüge der öffentlichen Angestellten ab, auf der anderen Seite müssen selbstverständlich die Erträge der Einkommensteuer sinken. Wenn der Herr Finanzminister glaubt, daß die Einkommensteuer gegen den präliminierten Betrag des Finanzgesetzes pro 1933 nur um 6 % sinken wird, dann ist er ein Optimist, der durch die tatsächlichen Ereignisse aber furchtbar enttäuscht werden wird. Wir werden nicht enttäuscht werden, wir wissen was kommt. Auf der Ausgabenseite werden die Posten für Investitionen gestrichen, Talsperren, die großangelegten Ausgaben für Meliorationen, für die Elektrifizierung des flachen Landes, sie werden zusammengestrichen auf ein Minimum; die Folge davon, daß diese Ausgabenposten in dem Budget wirklich sinken, wird das gleichzeitige Ansteigen einer anderen Post sein, nämlich der Unterstützung der Arbeitslosen und im gleichen Tempo ein Sinken der Steuererträgnisse. Ich frage Sie, meine Herren: ist mit diesen Methoden das Budget ins Gleichgewicht zu bringen? Das Siebenerkomitee des Budgetausschusses, das die Regierung zu Hilfe genommen hat, um bei der Zusammenstreichung des Budgets auch angeblich das Parlament mit einer gewissen Verantwortung zu belasten - Gott sei Dank waren wir Oppositionelle davon ausgeschlossen und tragen keine Verantwortung - dieses Komitee ist seiner Aufgabe absolut nicht gerecht geworden. Denn um diejenigen Ausgabenpost n, wo wirklich Abstriche in nennenswerter Höhe hätten gemacht werden können, sind die Herren wie die Katze um den heißen Brei herumgegangen. (Výkøiky.) Die Opfer, die man heute den Staatsangestellten zumutet und die sie werden bringen müssen, sind vollständig umsonst gebracht. Im April des kommenden Jahres werden wir eine neue Milliarde Defizit haben. Die Regierung ist ja selbst nicht von dem Erfolg ihrer Maßnahmen überzeugt, deshalb hat sie in dieses Gesetz den ominösen Paragraphen aufgenommen, daß die Auszahlung der Gehälter und Pensionen an die öffentlichen Angestellten nicht mehr am 1. eines jeden Monats erfolgen muß, sondern bis zum 15. eines jeden Monats erfolgen kann. Meine Herren, d. h. mit anderen Worten: Trotz aller unserer Bemühungen werden wir bald wieder vor leeren Kassen stehen und man wird versuchen, für die Staatsangestellten in den ersten 14 Tagen des Monats die Gehälter und Pensionen irgendwie zusammenzukratzen.
Ich muß im Zusammenhang mit dieser Befürchtung ganz energisch dagegen protestieren, daß über Antrag des Kollegen Dr. Peters der sozialpolitische Ausschuß die Resolution II angenommen hat, in welcher der Ausschuß im Bewußtsein der Tragweite dieses Gesetzes die Regierung auffordert, dieses Gesetz sofort rechtsunwirksam zu machen oder zu mildern, wenn sich die Wirtschaftslage des Staates mildern sollte oder wenn die bessere Lage der Finanzen es erlauben sollte. Meine Herren, das ist Betrug und Verhöhnung der öffentlichen Angestellten. Denn diese Resolution wurde vom sozialpolitischen Ausschuß angenommen, nachdem der Herr Minister Dr. Vlasák ausdrücklich erklärt hatte, daß die Terminierung des Gehaltsabbaugesetzes bis Ultimo 1934 die kürzeste Frist darstelle. Denn wenn selbst nach den Worten des Ministers Dr. Vlasák das Jahr 1933 ein ausgesprochen gutes Konjunkturjahr wäre, so würde sich dieser Aufstieg der Wirtschaft erst im Laufe 1934 in den Staatskassen auswirken und es ist daher nicht daran zu denken, daß vor Ende 1934 dieses Gesetz außer Kraft gesetzt werden könnte. Meine Herren, das gerade Gegenteil wird eintreten. (Výkøiky.) Wenn es nicht gelingt, die Handelsbilanz aktiv zu machen und das Budget ins Gleichgewicht zu bringen, so müssen wir offen und ehrlich sagen, da wir alle die größten Befürchtungen hegen, daß die Krone nicht zu halten sein wird. Es kommt im Herbst der Sturz der Krone und über die Staatsangestellten namenloses Elend, das überhaupt nicht gutzumachen ist; denn diese Regierung, die heute in dieser furchtbaren Zeit so gar kein Interesse an den Staatsangestellten zeigt, wird sich doch im Momente der Inflation überhaupt nicht mehr um die Staatsangestellten kümmern, wird sie unter Umständen Monate lang mit dem entwerteten Gehalt hungern lassen, ehe sie daran geht, durch Notmaßnahmen, Aushilfen und dergleichen etwas für die Staatsangestellten zu tun. Selbst wenn es gelingen sollte, mit künstlichen Mitteln die Krone zu halten, wird dieses Gesetz gar nicht bis zum Ultimo 1934 wirksam sein. Denn wir werden von heute in einem Jahr einen neuen Gehaltsabbau erleben. So sieht tatsächlich die Zukunft aus. (Posl. Stenzl: Auf der anderen Seite neue Steuern, Belastung der Produktion!) Wir werden noch ganz andere Dinge erleben.
Meine Herren! Diese Regierungsvorlage ist in mehrfacher Hinsicht gefährlich. Auf alle Fälle aber widerspricht sie dem Geist der Verfassung und einigen ihrer gesetzlichen Bestimmungen. Im Innern eines jeden Menschen lebt ein sittliches Recht. Dieses sittliche Recht ist das Ergebnis des Kulturniveaus des eigenen Volkes. Dieses sittliche Recht in der Seele eines jeden Menschen kennt die Heiligkeit der Verträge, kennt die Unantastbarkeit erworbener Rechte. Das paragraphierte Recht in diesem neuen Gesetzesantrag steht im Gegensatz zum sittlichen Recht, und darum rüttelt es an der staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung und gibt die Rechtssicherheit vollständig auf. Die Staatsangestellten waren es, welche schon gegen die èechoslovakische Verfassung, die der Revolutionskonvent von 1919 und 1920 beschlossen hat, Bedenken hatten, weil in dieser Verfassung nicht ausdrücklich die Unantastbarkeit erworbener Rechte enthalten war. Die Verfassung des deutschen Reiches, die sogenannte Weimarer Verfassung, enthält die Unantastbarkeit erworbener Rechte, ebenso die Verfassung der nordischen Staaten. Ob es die Verfassung Österreichs kennt, weiß ich nicht, werde mich aber in den nächsten Tagen davon überzeugen. In der èechoslovakischen Verfassung ist sie nicht aufgenommen, weil man gesagt hat, die Unantastbarkeit erworbener Rechte sei eine Selbstverständlichkeit und brauche nicht in die Verfassung aufgenommen zu werden. Die Staatsangestellten haben es im Laufe der letzten Jahre erfahren, was für furchtbare Folgen es hat, daß diese Selbstverständlichkeit nicht in der Verfassung niedergelegt ist. Schon die Gehaltsgesetze Nr. 103 und 104 aus dem Jahre 1926 haben den Staatsangestellten den Verlust der Zeitvorrückung gebracht, in den Jahren 1926 und den folgenden haben die Staatsangestellten vergeblich einen Kampf um die gerechte Forderung nach Valorisierung ihrer Gehälter geführt. Die zweite Enttäuschung haben die Staatsangestellten erfahren mit der sogenannten Weihnachtszulage, nach dem Gesetze 44 aus dem Jahre 1930. Die Regierung hat damals im Motivenbericht erklärt, daß diese Weihnachtszulagen solange ausgezahlt werden sollen, als an eine Valorisierung der Gehälter nicht geschritten wird und so lange als infolgedessen die Bezüge der Staatsangestellten unzureichend sind. Und heute? Ein auf 2 Jahre terminiertes Gesetz hebt die Weihnachtszulagen für immer auf.
Noch größere Enttäuschung erleben die Staatsangestellten jetzt, wenn sie sich dieses Gehaltsabbaugesetz ansehen. Der Beamte hat mit seinem Arbeitgeber einer öffentlich-rechtlichen Vertrag, auf Grund dessen er nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte hat, insbesondere das Recht der Gleichheit vor dem Gesetz und vor der Verfassung. Nach der Verfassung hat jeder Bürger des Staates das Recht, überall, wo immer es sei, eine auf Erwerb abzielende Tätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen auszuüben, Einschränkungen dürfen nur im öffentlichen Interesse und nur auf Grund eines Gesetzes vorgenommen werden. Diese Einschränkungen hat man auch tatsächlich für die aktiv dienenden Staatsbeamten gesetzlich festgelegt. Jetzt auf einmal kommt ohne jeden Zwang ein Gesetz, das den Staatsangestellten jede Nebenbeschäftigung verbietet. Das geschieht nicht im Interesse der Öffentlichkeit, das geschieht nicht einmal im Interesse eines anderen Standes. Dieses Verbot der Nebenbeschäftigung ist bei Pensionisten nicht nur widersinnig, weil diese ja keine aktiv dienenden Staatsangestellten mehr sind und daher durch eine Nebenbeschäftigung in Ausübung ihres Dienstes nichts gefährliches unternehmen können; diese Bestimmung ist eine schwere soziale Gefahr; denn sie bedeutet die Unmöglichkeit, nötigenfalls einen zum Lebensunterhalt nicht ausreichenden Pensionsertrag durch eine Nebenbeschäftigung zu ergänzen.
Sie bedeutet aber die schwerste Gefahr gerade für diejenigen deutschen Beamten, welche nach dem Abbaugesetz Nr. 286/24 aus dem Staatsdienst entfernt wurden. Damals hat man eine Reihe von Leuten unter Zusicherung von Abfertigungen und sonstigen Begünstigungen dazu veranlaßt, sogar freiwillig aus dem Staatsdienste zu gehen in der Hoffnung, daß sie das, was ihnen zum Lebensunterhalt fehlt, sich durch eine entsprechende Nebenbeschäftiung werden hereinholen können. Diese Leute stehen direkt vor dem Ruin ihrer Existenz, wenn das Gesetz auch auf sie ausgedehnt werden sollte. Schließlich gibt so eine Bestimmung nur die Handhabe, um allerhand Schikanen gegen die Staatsangestellten auszuüben. Wir werden sehen, wie diese Paragraphe dazu mißbraucht werden, den Beamten ihre Tätigkeit in den politischen oder gewerkschaftlichen und Standesorganisationen direkt unmöglich zu machen, und damit wird man der sogenannten Demokratie in diesem Staate die Krone aufsetzen.
Die Kürzung der Gehälter widerspricht
fraglos dem öffentlichen Recht. Denn der Gehalt ist nicht nur
eine Entlohnung für geleistete Arbeit, sondern der Gehalt soll
auch eine Sicherung der Lebenshaltung und damit die Verläßlichkeit
und Unabhängigkeit der Beamten mit sich bringen. Dieser Abbau
bedroht die Existenz der Beamten, jene Existenz, die keineswegs
so rosig aussieht wie der Herr Abg. Heller vom Bund der
Landwirte im sozialpolitischen Ausschuß geschildert hat und der
behauptet hat, daß das Steigen der Einlagen in den städtischen
Sparkassen den Schluß zulasse, daß immer noch die Beamten, die
Festbesoldeten, in der glücklichen Lage sind, Rücklagen zu machen.
(Výkøiky posl. dr Schollicha, Krebse, dr Keibla a dr Luschky.)
Das Steigen der Einlagen ist Bluff, der nicht existiert, aber
ich lade den Herrn Abg. Heller ein, nicht nur bei unseren
städtischen Geldanstalten, sondern auch bei manchen Banken, welche
Statistiken führen, einmal Einsicht zu nehmen und sich zu überzeugen,
daß z. B. bei der Kreditanstalt der Deutschen in Prag 58 % aller
Einlagen aus der Landwirtschaft stammen. (Hört! Hört!) Vielleicht
zerbricht sich der Abg. Heller den Kopf, warum die Bauern
gerade von ihren Raiffeisenkassen weggehen und ihr Geld in die
städtischen
Sparkassen und städtischen Geldinstitute einlegen!
Die Kürzung der Gehälter ist auch eines von jenen untauglichen Mitteln, um den Folgen der Weltwirtschaftskrise zu begegnen. Ich habe gesagt, wir haben den Auslandsmarkt verloren. Was wir aus eigener Kraft zur Behebung der Folgen der Krise noch tun könnten, wäre eine Belebung des Inlandsmarktes. Aber durch alle unsere Maßnahmen, mögen sie wie immer heißen, wird gerade der Inlandsmarkt immer mehr geschädigt, indem die Kaufkraft der Konsumenten systematisch gedrosselt wird. Wie da eine Sanierung des Budgets herauskommen soll, ist vollständig schleierhaft. Denn auch das Absinken des Inlandsmarktes muß ein kolossales Sinken des Steuereingangs auf der Einnahmenseite des Budgets zur Folge haben. Geradezu widersinnig ist es, wenn man die Staatsangestellten zwingt, sich jetzt die Gehälter kürzen zu lassen, auf der anderen Seite aber von ihnen verlangt, daß die Pensionsbeiträge und die Heilfondsbeiträge von den ungekürzten Gehältern bemessen und bezahlt werden sollen. Mich wundert es, daß der Herr Finanzminister nicht auf die Idee gekommen ist, nach der Kürzung der Gehälter auch von imaginären Gehältern, die nicht existieren, die Einkommensteuer zu bemessen und bezahlen zu lassen. Seine Steuerbeamten hätten es meisterhaft verstanden. Da wäre wahrscheinlich jedem Staatsangestellten die Einkommensteuer eines Ministerpräsidenten vorgeschrieben worden. Das ist doch unglaublich, daß man jetzt von gekürzten Gehältern erhöhte Pensionsbeiträge verlangt und diese erhöhten Pensionsbeiträge noch von dem früheren verschwundenen Gehalt bemißt und dabei den Staatsangestellten nicht einmal die Sicherheit gibt, daß sie in diesem Staate jemals Pensionen bekommen werden, denn wenn die Dinge so weiter gehen, kommen wir in denselben Zustand, wie er heute in Rumänien besteht, wo man den Staatsangestellten sagt: Bitte, wir zahlen Euch einen oder zwei Monatsgehälter aus, und die restlichen 10 oder 11 Monatsgehälter sucht euch, wo ihr wollt. (Posl. dr Luschka: Ein Beweis, daß das Verhältnis zu Rumänien immer enger wird!) Jetzt strengt man sich an, aus der Èechoslovakei, Rumänien und Jugoslavien die neueste Großmacht in Europa zu schaffen.
Es wurde von den Finanzgrößen dieses Staates behauptet, daß die Kürzung der Pensionen unbedingt notwendig ist, denn der Pensionsetat ist kolossal überlastet. Ja, meine Herren, wer ist denn schuld daran? Nach dem Abbaugesetz Nr. 286 aus dem Jahre 1924 hat man ja Zehntausende arbeitsfähiger und arbeitswilliger Menschen in Pension gejagt. Waren wir daran schuld? Und sollen wir jetzt dafür büßen? Die Kürzung der Pensionen ist ein schweres Unrecht, denn die Pension ist keine Gnade, sondern sie ist ein erworbenes und bezahltes oder gekauftes Recht. (Potlesk.) Während seiner aktiven Dienstzeit begnügte sich der Staatsangestellte mit weitaus kleineren Bezügen als paralell dazu im Privatdienst die gleiche Leistung besoldet wird, er begnügte sich mit den kleinen Bezügen, weil er sich sagte, daß durch den öffentlich-rechtlichen Vertrag mit seinem Arbeitsgeber sein ganzer Lebensabend gesichert ist. Meine Damen und Herren! Diese Pension ist ein Teil des Arbeitsertrages eines ganzen Lebens. Wenn der jetzt weggenommen wird, so ist das eine Konfiskation des erworbenen Arbeitsertrages. Wenn man glaubt, daß man mit solchen Dingen das Budget sanieren wird, dann stehen wir vor der Tatsache, daß man in diesem verkrachten Staate versucht, ein Budget mit den Methoden des Taschendiebstahles zu sanieren. (Pøedseda zvoní.) Die Streichung eines Teiles oder der ganzen sog. zweiten Pension ist genau so eine Konfiskation des persönlichen Privateigentums, eine Erscheinung, die sonst nicht einmal in Kriegszeiten und in größter Notlage der Staatsbeamten zu beobachten ist. Die lächerlichste Bestimmung ist wohl diejenige in dem Gesetz, in welcher es heißt, daß der Staat sich vorb ehält, jeden Pensionisten, der vor dem 60. Lebensjahr auf Grund der Invalidität in den Ruhestand gegangen ist, in den aktiven Dienst zurückzuberufen. Stellen Sie sich vor: Wir haben Zehntausende Menschen nach kurzer Dienstzeit im Staatsdienste in Pension gejagt, und jetzt will man die alten Graseln noch einmal in den Dienst zurückrufen! Menschen, die lange nicht mehr im Dienste waren, die will man zurückrufen in den Dienst, damit sie wieder ein. Jahr lang brauchen, um sich neu einzuarbeiten, weil sie durch ihre Pensionierung eine ganze Menge versäumt haben, die niemals eine vollwertige Arbeitskraft, schon infolge ihres Alters, für den Staat mehr sein können. Wahrscheinlich sieht die Regierung nicht, welch furchtbare Not um Arbeitsplätze herrscht, sie sieht nicht, daß unsere Jugend ins Leere schaut, daß sie ganz verzweifelt dasteht und sagt: "Wird überhaupt in meinem Volkstum noch ein Arbeitsplatz für mich sein, wo man meinen Vater abgebaut und arbeitslos gemacht hat?" Jetzt will man mit solchen Methoden der Jugend noch weiter den Weg versperren, man will die Arbeitsplätze drosseln, man will den Jungen, die schon im Dienste sind, das Avancement unmöglich machen. Wenn das irgendwie verteidigt werden kann, dann bin ich auf die Argumente neugierig, mit denen das geschieht. (Posl. dr Luschka: Mit was wird er reaktiviert?) Ich muß mich mit Rücksicht auf die gedrosselte Redezeit beeilen, der Herr Präsident hat mich schon durch Glockenzeichen ermahnt, daß meine Redezeit abläuft.
Dieses Gesetz benützt man dazu,
um auch gleich der vierten Gruppe von Altpensionisten die versprochene
Gleichstellung auf zwei Jahre hinauszuschieben. Was das für diese
Leute bedeutet, zumal gerade in dieser vierten Gruppe die zwangsweise
abgebauten Beamten sind, das kann man sich vorstellen. Die psychologische
Auswirkung dieses Gesetzes wird sich auch einstellen. Uns kann
es recht sein, wir haben gewarnt, man hat nicht auf uns gehört.
Die Korruption wird steigen und muß steigen. Denn der Beamte wird
sich sagen: "Wenn der Staat nicht die Pflicht gegen mich
erfüllt, so brauche ich auch nicht die übernommene Pflicht dem
Staat gegenüber zu erfüllen." Den Schaden wird nicht die
Regierung haben, nein, die Bürger dieses Staates werden den Schaden
davon haben. Es macht den Eindruck, als ob die Regierung den Kopf
vollständig verloren hätte, als ob der letzte Rest von logischem
Denken verschwunden wäre. Wir können für ein solches Gesetz nicht
stimmen, denn wir können nicht begreifen, daß normal denkende
Menschen ein solches Gesetz überhaupt zusammengeschrieben haben.
Wir können unserer Entrüstung nur dadurch Ausdruck verleihen,
daß wir sagen : Es ist unser sehnlichster Wunsch und unsere dringlichste
Forderung, daß diese Regierung der Unfähigkeit sobald als möglich
verschwindet. (Potlesk.)
Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Nach unserer Prognose vom Sommer des heurigen Jahres stellt sich der Herbst und Winter des laufenden Jahres richtig als eine außerordentlich politische Zeit dar; das soll nicht heißen, daß wir nicht auch in der Vergangenheit manchmal Zeiten von besonders politischem Charakter erlebt hätten, aber es gibt doch Unterschiede und Schwankungen gegenüber den politischen Zeiten in den zurückliegenden Jahren. Dieser Herbst 1932 ist eine politische Zeit besonderer Art deswegen, weil gewisse politische und wirtschaftliche Entwicklungsgänge des staatlichen Lebens zu einem Abschluß gelangt sind. Äußerlich erkennbar ist dieser Abschluß durch Folgendes: die Wirtschaft ist zusammengebrochen, die soziale Not lastet auf den Bürgern des Staates, die nationalen Verhältnisse haben sich bis heute verschärft. Es kommt zu Reaktionen, die wir in diesen und in den nächsten Tagen wahrnehmen werden können. Diese Reaktionen werden gegen die Regierung laut, weil diese von den schwerwiegenden staatspolitischen, staatswirtschaftlichen und staatssozialen Entwicklungen keine Kenntnis nimmt oder ihnen doch nicht mit jener Sorgfalt begegnet, mit der ihnen begegnet werden müß te. Wir können in diesem Hause getrost die Frage aufwerfen, ob wir nicht recht haben, wenn wir diese Behauptung aufstellen. Jedenfalls bleibt unwidersprochen die Tatsache, daß die Regierungen des Staates gerade in diesem Jahre untätig blieben, obwohl sich alles zum äußersten anspannte und obwohl die geschilderten Entwicklungsgänge sozusagen den letzten Grad ihrer Schärfe erreichten. Die Regierungen blieben untätig, sie ließen eine lange drängende Zeit nutzlos verstreichen. Das gilt im besonderen von der abgetretenen Regierung Udržal, die aus der politischen, wirtschaftlichen und auch sozialpolitischen Lage durchaus keine Konsequenz zu ziehen in der Lage war. Die Regierung begann erst dann Handlungen vorzubereiten, als sie bei der Anlage des Staatsvoranschlages für das Jahr 1933 auch für sich selbst die Wirtschaftskrise verspürte. In Auswirkung dieser Krise blieben die Staatskassen mangels Eingänge leer. Der Mo dus einer schrankenlosen Geldverwirtschaf tung, wie er früher bei der Anlage der Vor anschläge immer in Erscheinung getreten war, mußte infolgedessen zwangsläufig auf gegeben werden. Die Regierung dekretierte auf einmal Spars amkeit, obwohl ihr das die ganzen Jahre her schon hätte einfallen können. Die Budgetziffern der letzten Jahre bewegten sich immer um die 10 Milliardengrenze. Das heißt, es standen Ausgaben von runs 10 Milliarden zu Buch, denen gegenüber allerdings auch immer die nötigen Einnahmen gefunden worden waren, so daß die Voranschläge der vergangenen Jahre sich als ausgeglichen darstellten. Diese Einnahmen waren aber nur zu machen, weil die Wirtschaft noch recht und schlecht funktionierte. Die heutige Wirtschaftslage bringt es nur zu Mindereinnahmahmen und deshalb setzt die Regierung zwangsläufig einen anderen Modus für die kommende Staatswirtschaft fest. Nicht also aus einer notwendigen Erkenntnis, die schon längst hätte eintreten müssen, sondern gezwungen wird der Etat für 1933 als ein Sparetat konstruiert.
Meine Verehrten! Wir hatten niemals etwas dagegen einzuwenden, wenn ein Finanzminister anstatt zu einer schrankenlosen Geldverwirtschaftung zu Sparmaßnahmen gegriffen hätte. Nur war es in der Vergangenheit nicht der Fall. Im Gegenteil waren wir es immer, die diese Sparsamkeit gefordert haben Ich und meine Kollegen haben oftmals auch von dieser Stelle aus das Wort ergriffen, um für eine Form der Staatswirtschaft einzutreten, die eine Sanierung der Staatswirtschaft zur Folge hatte. So sehr wir also grundsätzlich nicht gegen die Sparmaßnahmen für 1933 wären, so sehr haben wir Veranlassung, an der Art, wie dies geschehen soll, Kritik zu üben.
Wie will der Herr Finanzminister die Staatswirtschaft für 1933 sanieren? Das soll im wesentlichen durch die Kürzung der Bezüge der Staatsangestellten, der Angestellten der öffentlichen Unternehmungen und der Pensionisten geschehen. Über dieses Thema wurde ja in den letzten Wochen draußen in der Öffentlichkeit viel gesprochen, hunderte Versammlungen haben zu dem Problem Stellung genommen und es hat sich wohl jeder einzelle verantwortlich Fühlende zu diesem Problem eingestellt. Durch die Traplschen Sparmaßnahmen soll ein Betrag von etwa 600 Millionen Kè gewonnen werden. Es ist selbstverständlich auch unsere Aufgabe und Pflicht, den Gesetzesentwurf Druck Nr. 2099 genau zu unters uchen, zu untersuchen vor allem, ob es überhaupt möglich ist, mit diesem Plan auch nur aufzuwarten. Von den 370.000 öffentlichen Angestellten sind 70.000 Vertragsangestellte, deren monatliche Bezüge durchschnittlich 550 Kè ausmachen. Diese geringsten Einkommensträger des Staates sind allerdings von der Wirkung der neuen Gesetzesmaßnahme ausgeschlossen. Bei 300.000 Angestellten auf systemisiertem Posten beträgt das heutige Monatseinkommen zwischen 700 und 1800 Kè, oder wöchentlich 175 bis 450 Kè, auf den Tag umgerechnet zwischen 25 und 64 Kè. Nur ein verhältnismäßig geringer Prozentsatz der Beamten, nämlich 16.6% aller Beamten, beziehen ein höheres monatliches Einkommen als 1800 Kè. Von allen diesen zusammen sollen 600 Millionen erspart werden.